Bürger:innenbrief - Linksfraktion Hamburg
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Bürger:innenbrief 18. Mai 2021 Abgeordnete der Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft 1. Mai-Nachlese +++ Mieten: Deckel! +++ Haushalt: Stadt, Verkehr, Wohnen +++ Kinderrechte +++ Sozialindex Schulen Liebe Leserinnen und Leser, 13.5.2021: Kundgebung vor Planten un Blomen (Christiane Schneider) Manchmal ist es schon bizarr, wie unterschiedlich, besser Nur gut, dass sich rund 1.000 Hamburger:innen nicht haben wohl: wie parteiisch die Polizeiführungen – gerade auch die einschüchtern lassen und am 13. Mai – sozusagen in Form Direktion in Hamburg – mit öffentlichen Kundgebungen un- eines Nachholspiels – an zehn verschiedenen Orten rund um ter freiem Himmel umgehen. Da sind über mehrere Monate die Außenalster demonstriert haben. Ihre Parole: Sozialer Covidiot:innen auf der Straße, getreu der Leugnung irgend- Protest lässt sich nicht verbieten! eines Problems mit Corona überwiegend ohne Abstand und Über 20.000 Menschen waren es, die am Abend des 16. Maske, und die Polizei schaut zu. Es sind halt Rechte und ver- April, nur wenige Stunden nach dem Urteil des Bundesver- schiedene dubiose Gruppen. Da wollen Menschen am 1. Mai fassungsgerichts gegen den Berliner Mietendeckel, in der – ja sowas – an mehreren Orten in Hamburg gegen die wach- Hauptstadt auf die Straße gegangen sind. Da flossen Tränen sende Kluft zwischen Arm und Reich demonstrieren, selbst- nach der juristischen Niederlage vormittags … und machten redend mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept, Abstand abends Platz für Wut und Entschlossenheit. Dieses Urteil wird und Maske inklusive, und die Innenbehörde verbietet diese den Wohnungskonzernen und ihren klagenden Abgeordne- Veranstaltungen. Ja, alle Versuche, in kleinen Gruppen an die ten der CDU und der FDP noch mächtig auf die Füße fallen, Tradition des Kampftages der Arbeiter:innenbewegung an- sei es durch die stärker gewordene Bewegung für einen bun- zuknüpfen, werden von einem massiven Polizeiaufgebot zu- desweiten Mietendeckel, der jetzt vielleicht sogar die Bundes- nichte gemacht. Es sind ja Linke, da darf schon mal stärker zu- tagswahl maßgeblich beeinflussen könnte, sei es durch ein gelangt werden. Eine aufrechte GRÜNE (und im Hintergrund siegreiches Volksbegehren gegen die Deutsche Wohnen und wohl noch der eine oder die andere) kritisiert das Verhal- andere große Berliner Wohnungsunternehmen, die sich wo- ten von Innenbehörde und Polizei öffentlich und wird sofort möglich in nicht allzu weiter Ferne vor eine Enteignung ge- von ihren Parteikolleg:innen abgecancelt, von der polizeiver- stellt sehen, weil Volkes Wille zu seinem Recht kommt. So liebten SPD mal ganz abgesehen. Und die Gewerkschaften? gesehen, der Griff zum Sprichwörterlexikon verweist da auf Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 2 ein ermutigendes, angeblich japanisches Sprichwort: Manche guter Anlass, den Dutzenden Autor:innen für ihre Beiträge Niederlage soll sich schon als Sieg erwiesen haben. In diesem und den vielen Hundert Leser:innen für ihr Interesse und die Sinne hat sich die Linke ja noch manchen Sieg verdient. Wir eine oder andere kritische, meist aber anerkennende Reak- bleiben dran. tion zu danken. Dies ist übrigens die 175. Ausgabe unseres Netzperiodi- Bleibt, bleiben Sie auch in dieser hoffentlich letzten Coro- kums, seitdem er vom ehemaligen Abgeordneten der LIN- na-Etappe gesund! KEN, Joachim Bischoff, kurz nach dem erstmaligen Einzug ei- Sabine Boeddinghaus und Heike Sudmann ner Linksfraktion in die Hamburgische Bürgerschaft im März Michael Joho und Hanno Plass 2008 als »BürgerInnenbrief Mitte« begründet wurde. Ein Versammlungsfreiheit ausgehebelt Christiane Schneider über den 1. Mai in Hamburg 1.5.2021: Rechts der Kessel, links die Sinnstiftung (Foto: Christiane Schneider) Die Versammlungsbehörde, die anders als in fast allen an- zu einem Zeitpunkt, in dem das Ausmaß der dritten Welle deren Bundesländern in Hamburg Teil des Polizeiapparates schon deutlich war, ließ die Polizei zwar nur die 200 »geneh- ist, hat mehrere linke Kundgebungen am 1. Mai verboten, migten« Querdenker:innen auf den durch Gitter abgetrennten darunter allein drei des Bündnisses »Wer hat, der gibt«. Die Bereich des Rathausmarktes, doch rund um die Gitter hat- Polizei begründete das Verbot mit der Eindämmungsverord- ten sich laut Polizei ca. 400 weitere Teilnehmer:innen versam- nung. Doch obwohl sie Unterstützung durch das Verwaltungs- melt, fast vollständig ohne Maske und ohne jeden Abstand. gericht erhielt, ist die Kritik, dass das Verbot politisch moti- Die Polizei ließ sie wie bei allen früheren und auch späteren viert war, meines Erachtens vollständig berechtigt. Verboten Versammlungen gewähren. waren nämlich nur explizit linke Versammlungen, DGB und Das Verbot der linken 1.-Mai-Versammlungen war unver- ver.di etwa konnten ihre Veranstaltungen problemlos durch- hältnismäßig. Es ging nicht um die Pandemie, sondern um führen. die Unterdrückung sozialen und politischen Protestes. Aber Die allermeisten linken Versammlungen seit Beginn der es ging auch um die Versammlungsfreiheit selbst. Ich be- Pandemie haben sich durch sorgfältige Hygienekonzepte und haupte nicht, dass die Eingriffe in zahlreiche Grundrechte, durch ein weitgehend achtsames und solidarisches Verhalten die seit Beginn der Pandemie vorgenommen wurden, alle- ausgezeichnet. Im Gegensatz zu den kleineren und größeren samt grundlos und unberechtigt waren bzw. sind und dass Versammlungen der Querdenker:innen, bei denen unter dem sie, wie Verschwörungserzählungen behaupten, nur Vorwand wohlwollenden Blick der Polizei immer wieder sämtliche Auf- für die Errichtung einer Diktatur durch dunkle Mächte sind. lagen, ja, einfachste Schutzmaßnahmen ignoriert wurden. Die meisten waren angemessen und verhältnismäßig, denn es Bei einer Veranstaltung dieser Szene am 13. März z.B., also gilt in einer Pandemie natürlich, kollidierende Grundrechte Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 3 abzuwägen, und zu den Grundrechten gehört eben auch das Recht auf Schutz der Gesundheit. Autoritäre Formierung Doch es gibt Tendenzen im Staatsapparat, die krisenhafte Si- tuation für eine autoritäre Formierung zu nutzen. So stellte 1.5.2021: Polizei, wohin man schaut (C. Schneider) der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) bereits im April 2020 das Grundrecht der Versammlungsfrei- heit infrage. Auf einer Sitzung des Innenausschusses des NRW-Landtags sagte er: »Ich sehe … keinen Grund zu einer … Privilegierung der Grundrechtsausübung nach Artikel 8 des Grundgesetzes (also der Versammlungsfreiheit – C.S.), zu- mal ich mich mit vielen anderen in der Meinung einig weiß, dass deren teils doch recht einseitig anmutende staatsprak- tische Bevorzugung in der Folge des sogenannten Brokdorf- Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts … einmal auf den Prüfstand gestellt werden sollte.« Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Brokdorf- Beschluss 1985 der Versammlungsfreiheit als »Stück ur- sprünglich-ungebändigter Demokratie« einen hohen Rang eingeräumt und das Recht der Bürger:innen, durch Ausübung Dudde muss gehen! der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungs- Ich war mit dem Bürgerschaftsabgeordneten der LINKEN De- und Willensbildungsprozess teilzunehmen, als »unentbehr- niz Celik am 1. Mai einige Zeit am Rande des Kessels in der liches Funktionselement eines demokratischen Gemein- St. Petersburger Straße. Rund 30 überwiegend jüngere Men- wesens« bezeichnet. Damit hat es die hohe Bedeutung der schen waren, aus Planten und Blomen kommend, von der Po- Versammlungsfreiheit ausdrücklich bekräftigt. lizei eingekesselt worden. Sie verbrachten viereinhalb Stun- Reul ließ den Worten Taten folgen und ein neues Versamm- den im Kessel – ohne Möglichkeit, zur Toilette zu gehen –, lungsgesetz für Nordrhein-Westfalen ausarbeiten, das inzwi- wurden dann zur Wache gebracht und dort einer Leibesvi- schen vor der Verabschiedung steht. Sollte es dazu tatsächlich sitation unterzogen. Viele von ihnen wurden dann noch zum kommen, dann werden nach Auffassung der Kritiker:innen, Polizeikommissariat Billstedt gefahren und dort kurz vor der darunter Gewerkschaften und Verbände von Jurist:innen, die Sperrstunde freigelassen. Wir haben den Einsatzleiter vor Autonomie der Ausgestaltung der Versammlung, die Staats- Ort nach dem Grund des Kessels gefragt. Seine Antwort: Die freiheit, der freie Zugang zu Versammlungen und die Abwe- Gruppe habe den Mindestabstand nicht eingehalten. Die Ein- senheit von Observation und Registrierung ausgehebelt und kesselung und Ingewahrsamnahmen seien deshalb vom »Po- damit Grundpfeiler der Versammlungsfreiheit angetastet. lizeiführer« – auf Nachfrage: ja, von Hartmut Dudde – persön- Nicht erst seit dem G20-Gipfel, aber spätestens seitdem lich angeordnet worden. Über Stunden waren die Betroffenen ist allgemeine Erfahrung, dass die Versammlungsfreiheit in eng zusammengepfercht, ohne Möglichkeit, den Mindestab- Hamburg unter Vorbehalt steht und dass sie nicht für alle stand einzuhalten! Die Einkesselung und Ingewahrsamnahme gleich gilt. Die Polizei hat ein Ampelsystem entwickelt, mit waren, das wird dadurch deutlich, pure Schikane in der Ab- denen sie Versammlungen in Kategorien einteilt: grün – gelb sicht, einzuschüchtern und abzuschrecken. – rot. Auf Fragen der Linksfraktion, was das konkret bedeu- Der Polizeiführer Dudde steht wie kaum ein anderer für tet, hat sie stets die Antwort verweigert. Aber es ist offen- ein autoritäres Verständnis von Gesellschaft. Er hat die Ver- sichtlich: »Grün« heißt bürgerlich, also gut – deshalb hat die sammlungsfreiheit in Hamburg seit vielen Jahren nachhaltig Polizei auch so ein wohlwollendes Verhältnis zu Querdenker- beschädigt. Ihm kommen die unter Bedingungen des Ausnah- versammlungen und deren überwiegend bürgerlichem Publi- mezustandes nahezu unbegrenzten Möglichkeiten der Behin- kum. »Gelb«, das ist schon kritisch, alternativ, und muss im derung und Unterdrückung linker Versammlungen nur gele- Auge behalten werden. »Rot« steht für linksradikal, strenge gen. Er muss endlich gehen. Auflagen, Schikanierung, starkes Polizeiaufgebot mit der Op- Zur Bekräftigung der sozialen und politischen Forderungen tion, jeden Vorwand, auch den selbst geschaffenen, dazu zu zum 1. Mai – nicht zuletzt der Forderung: »Wer hat, der gibt!«, nutzen, eine Demonstration zu stoppen und aufzulösen. eine Forderung, die in den Auseinandersetzungen um die Be- Dieses Ampelsystem zum Umgang mit Versammlungen zahlung der Pandemiekosten eine große Rolle spielen wird ist diskriminierend und versammlungsfeindlich. Es stellt ein – und zur Verteidigung des Grundrechts auf Versammlungs- zentrales Grundrecht für Teile der Stadtgesellschaft, für un- freiheit gegen die Polizei und den rot-grünen Senat waren für liebsame Demonstrationen und Demonstrierende infrage. den 13. Mai zehn Kundgebungen rund um die Alster angemel- Letztlich steht es für ein polizeiliches Feindbild, das Feind- det worden. Trotz schlechten Wetters und langem Wochen- bild links. ende beteiligten sich deutlich über 1.000 Menschen. Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 4 Jetzt erst recht: Mieten runter, Deckel drauf! Von Heike Sudmann Aktion der Volksinitiative am 25.3.2021 im Münzviertel (M. Joho) Was für ein Schlag ins Kontor und was für eine Enttäuschung: Auf Bundesebene gibt es also kein juristisches, um so Am 15. April entschied das Bundesverfassungsgericht im mehr aber ein politisches Problem: CDU und FDP werden sich Rahmen einer Normenkontrollklage von CDU- und FDP-Bun- garantiert nicht gegen die Immobilienwirtschaft stellen. Für destagsabgeordneten, dass den Bundesländern keine Gesetz- die CDU dürfte sich sonst auch die Frage stellen, ob sie wei- gebungskompetenz zur Begrenzung von Wohnungsmieten zu- terhin Spenden in Millionenhöhe von der Immobilienlobby stehe und deshalb der Berliner Mietendeckel nichtig sei. Dem bekommt, wenn sie es wagt, in den »Markt« einzugreifen. SPD vorausgegangen waren etliche Gutachten von renommierten und GRÜNE haben zwar in Berlin den Mietendeckel mitgetra- Jurist:innen und Verfassungsrechtler:innen über die Frage gen, doch ihre Parteifreund:innen in Hamburg beispielsweise der Gesetzgebungskompetenz, die Mehrheit bejahte diese sind strikt gegen den Deckel. Wer die Bundestagswahl mit ei- Kompetenz für die Länder. Auch eine Mehrzahl Berliner Rich- ner klaren Aussage für eine soziale Wohnungs- und Mietenpo- ter:innen hatte in ihren Beschlüssen den Mietendeckel als litik und gegen die Parole »Der Markt wird es schon richten« verfassungsgemäß betrachtet. Selbst der Erste Senat des Bun- verbinden will, hat eigentlich keine (Aus-)Wahl mehr: Er/sie desverfassungsgerichts hatte am 10. März 2020 in einem Be- kann nur die LINKE wählen. schluss zu einem Eilantrag gegen den Berliner Mietendeckel noch ausdrücklich erklärt, dass die Kompetenzfrage offen sei. Ein Akt der Notwehr gegen explodierende Mieten Die Zuständigkeit beim Bundesverfassungsgericht wechselte Der Mietendeckel in Berlin war ein Akt der Notwehr gegen die jedoch vom Ersten zu dem als konservativ bekannten Zwei- explodierenden Mieten. Sämtliche Bundesregierungen sind ten Senat. Dieser hat noch nicht mal die übliche mündliche bisher vor der Immobilienlobby eingeknickt und haben keine Erörterung mit den Prozessbeteiligten für notwendig befun- gesetzlichen Grundlagen geschaffen, die Mieter:innen nach- den, sondern lieber gleich mit einem großen Knall den Deckel haltig schützen. Das rot-rot-grüne Berlin hat daher auf Lan- vom Ländertopf runtergeworfen. desebene versucht, mehr für die Mieter:innen zu tun. 340.000 Mieter:innen haben von dem Mietendeckel unmittelbar profi- Mietendeckel ist möglich – der Bund muss handeln tiert, ihre Miete um monatlich bis zu mehreren hundert Euro Bei aller Enttäuschung über die Entscheidung darf nicht über- senken können. Nun drohen ihnen Nachforderungen der Ver- sehen werden, dass der Mietendeckel selbst nicht als verfas- mieter:innen. Deshalb ist es gut, dass der Berliner Senat ei- sungswidrig angesehen wurde, sondern nur die Zuständig- nen Nothilfefonds für betroffene Mieter:innen aufgelegt hat. keit eines Bundeslandes. Wenn auf Bundesebene die dem Soweit ich es aus Hamburg beurteilen kann, sind die Mie- Mietendeckel entsprechenden Regelungen – Mietenstopp, ter:innen in Berlin nicht auf ihren Senat sauer, sondern auf Festlegung von Mietobergrenzen, Verbot überhöhter Mieten das Bundesverfassungsgericht und natürlich die klagenden – getroffen werden, ist das zulässig. CDU- und FDP-Fraktionsmitglieder. 20.000 Menschen gingen Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 5 am Abend des Urteils auf die Straße und demonstrierten für n DIE LINKE will im gesamten Bundesgebiet Mietendeckel einen Mietendeckel. Das laufende Volksbegehren »Deutsche nach Berliner Vorbild haben, die Explosion der Mieten Wohnen & Co. enteignen« bekommt durch das Urteil und die soll nicht nur gebremst, sondern beendet und rückgän- Empörung der Mieter:innen noch mehr Zulauf – immerhin gig gemacht werden. Wo es einen »angespannten Woh- eine erfreuliche Entwicklung nach dem Urteil. nungsmarkt« gibt, soll ein Mietenstopp eingeführt werden. (Die Suche nach »Miete« führt im Wahlprogrammentwurf Und nun? zu 76 Treffern.) … gucken wir auf die Wahlprogramme für die Bundestags- n Das Wahlprogramm der CDU ist noch nicht geschrieben/ wahl. entworfen worden. n Die SPD will in »angespannten Wohnlagen« ein »zeit- n Die FDP will mehr Eigentumsförderung, die Mietpreis- lich befristetes Mietenmoratorium« einführen, d.h. Mie- bremse abschaffen und ist gegen einen Mietendeckel. ten dürfen dann nur im Rahmen der Inflationsrate er- (Die Suche nach »Miete« führt im Wahlprogrammentwurf höht werden. Die Mietpreisbremse soll entfristet und zu 7 Treffern.) Schlupflöcher geschlossen werden. Der Mietenspie- Keine rosigen Aussichten für die Mieter:innen. Ich erinnere gel soll die Mieten der letzten acht Jahre erfassen. von den zahllosen Umfragen in den ersten Tagen und Wochen (Die Suche nach »Miete« führt im Wahlprogramm zu 11 nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Mieten- Treffern.) deckel interessante Ergebnisse. Es gab breite Mehrheiten für n Die GRÜNEN haben in ihrem Programmentwurf »faire und Mietenregulierungen. Da waren selbst CDU-Wähler:innen bezahlbare Mieten« stehen. Mietobergrenzen sollen per Bun- und sogar Vermieter:innen für einen Mietendeckel. Vielleicht desgesetz ermöglicht, Mieterhöhungen auf 2,5% innerhalb bräuchte es direkt nach den Wahlen einen Coup im Bundes- des Mietenspiegels begrenzt werden. Für den Mietenspiegel tag: Ohne Fraktionszwang wird über ein Gesetz abgestimmt, sollen die Mieten der letzten 20 Jahre herangezogen werden. das es den Bundesländern ermöglicht, einen Mietendeckel zu (Die Suche nach »Miete« führt im Wahlprogrammentwurf erlassen. Mit entsprechendem Druck auf die Wahlkreisabge- zu 25 Treffern.) ordneten im Bundestag müsste da doch was zu machen sein?! Geld für Verkehr – Stadtentwicklung – Wohnen Heike Sudmann über Forderungen an den Doppelhaushalt 2021/2022 Für den Ausbau des Nahverkehrs und des Hauptbahnhofs (M. Joho) Neue grüne Verkehrsbehörde mit viel altem Wein wenn die Grünen das machen, können sich die Freund:innen in alten Schläuchen einer ökologischen Verkehrspolitik entspannt zurücklehnen. In dieser Legislaturperiode gibt es etwas Neues: eine Behörde Doch die Realist:innen wussten schon früh, dass auch mit den für Verkehr und Mobilitätswende (BVM). An der Spitze der Be- Grünen weiterhin Autobahnen gebaut werden (A26 Ost) und hörde stehen zwei Grüne, Senator Anjes Tjarks und Staatsrat eine Neuaufteilung des Straßenraumes zugunsten von Fuß, Martin Bill. Der eine oder die andere hat bestimmt gedacht, Rad, Bus und Bahn nicht kommt. Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 6 Ob das Radfahren (noch) das Lieblingsthema der Grünen ich übrigens ein Plädoyer dafür gelesen, nicht mehr von Park- ist, weiß ich nicht. Klar ist, dass sie während der Corona-Pan- plätzen, sondern von »Autolagerflächen« zu sprechen. Schließ- demie nicht die Chance genutzt haben, mit vielen kurzfristig lich werden die Autos mehr als 23 Stunden am Tag dort ein- errichteten Radfahrstreifen auf bisherigen Autospuren (sog. fach nur gelagert. pop up bikelanes) bessere Bedingungen für den Radverkehr zu schaffen. Dabei hätte ein Blick nach Berlin genügt, um zu Immer noch zu wenig leistbare Wohnungen, wissen, wie das geht. Gereicht hätte natürlich auch, wenn sie immer noch keine echte Bürger:innenbeteiligung unseren Antrag aus dem Frühjahr 2020 angenommen hätten Hätte ich nicht im Laufe der Jahre gelernt, dass DIE LINKE (Drs. 22/114: »Platz (ist) da – für mehr Fuß- und Radverkehr in mit ihren Anträgen und Bürgerschaftsdebatten doch was be- Corona-Zeiten«, www.buergerschaft-hh.de/parldok/vorgang/ wirkt, würde ich bei den Haushaltsanträgen verzweifeln. 63941) Hinsichtlich des Haushalts 2021/22 fordern wir, für Seit DIE LINKE in der Bürgerschaft ist, fordert sie, mehr den Ausbau der Velorouten den Bezirken deutlich mehr Geld Sozialwohnungen zu bauen. Zu Anfang haben die anderen zur Verfügung zu stellen. Die Veloroute 6 soll im Bereich Ler- Parteien das noch milde belächelt und sich gefragt, wo denn chenfeld und Wagnerstraße nach holländischem Vorbild eine das Problem sei. Mittlerweile ist allen aufgegangen, dass es Unterführung erhalten, damit die Radfahrenden für die Que- in Hamburg viel zu wenig Sozial- und leistbare Wohnungen rung dieser hochbelasteten Straßen nicht mehr so lange an gibt. Doch die Vorschläge der anderen, besonders natürlich Ampeln warten müssen. Daraus könnte dann ein Vorbild für von SPD und Grünen, greifen – immer noch – zu kurz. 2011 andere wichtige Radrouten werden. ist die SPD mit 1.000 geförderten Neubauwohnungen jähr- Im Zuge der Erweiterung des Hauptbahnhofes und der lich gestartet, jetzt sind es 3.000. Doch das ist immer noch Überplanung seines Umfelds wollen wir an der südlichen zu wenig, da in den letzten elf Jahren viel mehr Sozialwoh- und nördlichen Seite Fahrradparkhäuser mit jeweils 5.000 nungen aus der Bindung gelaufen sind als neugebaut wurden. Stellplätzen errichten. Die Zahl der neu zu bauenden Sozialwohnungen muss minde- Mehr Busse und Bahnen können das Ziel des Hamburger stens verdoppelt werden, damit wenigstens die anspruchsbe- Klimaplans, bis zum Jahr 2030 den Anteil der zurückgelegten rechtigten Haushalte versorgt werden können. Die Beschrän- Wege – modal split – mit dem Öffentlichen Personennahver- kung auf eine »soziale Zwischennutzung« für einen Zeitraum kehr (ÖPNV) um acht Prozent zu steigern, realisieren helfen. von 30 Jahren bei einer dreimal so langen Lebensdauer Dafür müsste die Zahl der Fahrten mit dem ÖPNV um 50% der Wohngebäude muss beendet werden. Wir fordern, die steigen. Dazu passt jedoch nicht, dass die großen und teuren 30jährige Miet- und Belegungsbindung durch den Grundsatz U-Bahn-Projekte (U5, U4-Verlängerung) erst weit nach 2030 »Einmal gefördert, immer gebunden« zu ersetzen. fertig werden sollen. Schneller und kostengünstiger ist der Leistbare, günstige Wohnungen neben den Sozialwoh- Bau einer Stadtbahn/Tram zu schaffen. Daher fordert DIE nungen gibt es auf dem Hamburger Wohnungsmarkt vor LINKE, jetzt mit der Planung eines Stadtbahnnetzes zu begin- allem bei den Genossenschaften. Damit dieses günstige nen und die ersten 50 Kilometer bis zum Jahr 2030 fertigzu- Wohnungssegment erweitert werden kann, beantragen wir stellen. eine Förderung von gemeinwohlorientierten Genossenschaf- Ein Großteil der Pendler:innen kommt aus dem Süden Ham- ten. So sollen sie Unterstützung beim Erwerb von Bestands- burgs. Vor allem für diese brauchen wir endlich eine zweite wohnungen erhalten und bei der Vergabe von städtischen Elbquerung auf der Schiene. Damit kann eine S-Bahn-Verbin- Grundstücken im Erbbaurecht bevorzugt werden. Und apro- dung von Hausbruch/Neugraben nach Altona geschaffen wer- pos Erbbaurecht. Der Senat hat zwar 2019, wenige Monate den (eine Forderung, die viele Verkehrsinitiativen schon in vor der Bürgerschaftswahl, verkündet, dass er nunmehr ver- den 80er Jahren des letzten Jahrtausends anstelle der vierten stärkt die städtischen Grundstücke im Erbbaurecht vergeben Elbtunnelröhre erhoben hatten). will. Doch er hat sich selbst viele Schlupflöcher geschaffen. Die Mobilitätswende für Hamburg braucht auch eine Deutlich wird das im Haushaltsplanentwurf, der für die Jahre Preiswende beim HVV. Deshalb werden wir nicht müde, 2021 und 2022 den Anteil des Erbbaurechts bei der Grund- auch für den Haushalt 2021/22 eine Fahrpreisreduzierung stücksvergabe nur auf 20 bzw. 25% festlegt. DIE LINKE hat und den Einstieg in das 365-Euro-Jahresticket zu beantragen. sich schon immer gegen den Verkauf von städtischen Grund- Dem folgt im nächsten Schritt der fahrscheinlose, für die Nut- stücken ausgesprochen, deshalb fordern wir die Erhöhung zer:innen kostenlose HVV. des Anteils auf 100%. Die »Straße zurückgewinnen« ist ein weiterer Aspekt In einem weiteren Antrag wollen wir verhindern, dass die unserer Haushaltsanträge. Mittlerweile können nur noch SAGA Überschüsse an die Stadt abführt. Das städtische Woh- alte Menschen erzählen, wie es war, als Kinder noch auf der nungsunternehmen hat im letzten Jahr knapp 25 Mio. € aus ih- Straße spielten, als die Autos noch nicht den Stadtraum do- ren Überschüssen an die Stadt abgeführt. Damit hat die Stadt minierten. Wie der öffentliche Raum neu aufgeteilt, wie Platz einen »Stadtentwicklungsfonds Lebendige Quartiere« (Druck- für Fußgänger:innen, für Erholung und Entspannung geschaf- sache 22/1916) gebildet, der für die Verbesserung der Wohn- fen werden kann, soll nach unseren Vorstellungen mit einer und Lebensqualität in Großwohnsiedlungen genutzt werden Studie untersucht werden. Diese soll auch explizit die Abstell- soll. Klingt gut, aber: Warum sollen die SAGA-Mieter:innen, flächen für private Pkw mit aufs Korn nehmen. Gerade habe die mit ihren Mieten diese Überschüsse überhaupt erst er- Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 7 zeugt haben, für einen Stadtentwicklungsfonds zahlen? Die Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität ist eine öffent- liche Aufgabe der Stadt und keine der SAGA-Mieter:innen. Deshalb fordern wir die ersatzlose Streichung dieser Abfüh- #reich(t)füralle. Ein LINKER Haushalt für Hamburg rung. Mit zwei Anträgen widmen wir uns dem Thema Betei- Donnerstag, 20. Mai, 18.00 bis 20.00 Uhr ligung. Zum wiederholten Male weisen wir auf die Arbeit der Quartiers- und Stadtteilbeiräte hin. Sie sind nicht nur ein Wie sieht der rot-grüne Entwurf für den Sozialhaus- wichtiger Teil von Bürger:innenbeteiligung, sondern können halt der kommenden zwei Jahre aus? Der Senat auch einen Beitrag gegen Politikverdrossenheit leisten. Ob- redet immer wieder davon, nicht gegen die Krise wohl in Sonntagsreden der Regierungsfraktionen diese Ar- ansparen zu wollen und einen soliden und ausgewo- beit gelobt wird, gibt es keine auch nur ansatzweise ausrei- genen Haushaltsentwurf vorzulegen, der vor allem chende und vor allem verlässliche Förderung der Beiräte. Aus im Bereich Soziales keine Kürzungen vorsieht. Ist diesem Grund versuchen wir auch im Haushalt 2021/22, SPD das so? Oder haben wir es eher mit einem Kür- und GRÜNE mit einem Antrag zur Bereitstellung von jährlich zungshammer auf leisen Pfoten zu tun? Darüber 1 Mio. € für die Beiräte zu bewegen. wollen wir mit verschiedenen Expert:innen sprechen Ganz neu ist die Idee eines unabhängigen Bür- Die Veranstaltung findet digital per Zoom statt. ger:innen-Büros, das als Anlauf- und Clearing-Stelle für In- formationen, Transparenz und Konfliktbearbeitung in der Übertragung im Livestream bei Facebook, Youtube Stadt(teil)entwicklung agieren soll. und Twitter. Vielen (Groß)Projekten in der Stadt ist eins gemeinsam: Zoom-Meeting beitreten: n Die Beteiligung erschöpft sich in mal mehr, mal weniger In- https://zoom.us/j/99857375870 formationen, die preisgegeben werden. Meeting-ID: 998 5737 5870 – Kenncode: 676685 n Eine Änderung von Planungen findet fast nie statt. n Den Kritiker:innen wird vorgeworfen, dass sie nur vor ih- rer Haustür oder in ihrem Hinterhof keine Veränderungen haben wollen und sich also aus rein egoistischen Gründen wehren würden. n Das war und ist so bei der Aufstockung des Bunkers in der Feldstraße, beim »Paulihaus«, bei der Sternbrücke, bei der Schiller-Oper, beim Elbtower, beim Elbdome, beim Schul- campus und Überseequartier in der HafenCity, beim Pro- jekt Oberbillwerder, bei der Beiersdorf-Erweiterung, bei den Kleingärten am Diekmoor undundund … Während die Stadt zig Fachleute (Stadtplaner:innen, Ju- rist:innen, Wirtschaftsberater:innen u.a.) auffährt, müssen die Bürger:innen sich ehrenamtlich einarbeiten, sich (wei- tere) Informationen beschaffen und selbst fortbilden. Die- ses Engagement führt immer wieder zu tollen Alternativpla- nungen, zu Lösungen, deren Realisierung der Stadt als Ganzes gut tun würde. Das niedrigschwellige Bürger:innenbüro soll von Bür- ger:innen bei lokalen Auseinandersetzungen über geplante Projekte in Anspruch genommen werden können. Die Schaf- fung von Informationen und Transparenz gehört ebenso zur Aufgabe des Büros wie die Klärung von Konfliktfällen, in de- nen alle Beteiligten an einen Tisch geholt werden. Die Mitarbeiter:innen des Büros bekommen ein Vortrags- recht bei allen behördlichen Stellen bis zur Ebene der Se- nator:innen sowie in den Bezirksversammlungen und ihren Ausschüssen eingeräumt. Behörden und Bezirksämter sind gegenüber dem Büro informations- und auskunftspflichtig. Mit einem solchen Bürger:innenbüro wird ein starkes Zei- Foto: Michael Joho chen für die Bürger:innenbeteiligung gesetzt werden. Zudem eröffnet eine solche Stelle die Möglichkeit, Konflikte in der Stadt(teil)entwicklung konstruktiv zu bearbeiten und zu lö- sen. Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 8 Kinderrechte ins Grundgesetz: Ja, aber richtig! Zwischenruf von Sabine Boeddinghaus Grafik: www.unicef.de (dort auch als Poster in DIN A1 oder DIN A2 erhältlich) Fast 30 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskon- forderungen der UN-KRK zurückbleibt und so die Rechte der vention (UN-KRK) in Deutschland am 5. April 1992 und na- Kinder eher geschwächt denn gestärkt werden. hezu ebenso lang andauernder kontroverser Diskussionen Die UN-KRK gründet die Rechte der Kinder auf drei Pfei- darüber, ob Kinderrechte überhaupt ins Grundgesetz gehö- ler: das Recht auf Schutz, das Recht auf Förderung und das ren, wird es jetzt ernst: Die Große Koalition (GroKo) plant mit Recht auf Beteiligung. Und das Kindeswohl muss bei allen einem nun vorgelegten Gesetzentwurf die Verankerung der Entscheidungen, die die Kinder betreffen, vorrangig berück- Kinderrechte im Grundgesetz und setzt damit ihre eigene Ver- sichtigt werden. einbarung aus dem Koalitionsvertrag kurz vor Ende der Le- Nimmt mensch diese Rechte wirklich ernst und hebt sie gislaturperiode um. Die erste Initiative dazu gab es übrigens in einen grundgesetzlichen Verfassungsrang, so wird schnell in der 14. Wahlperiode von der PDS-Bundestagsfraktion, die klar, dass sich daraus erhebliche Ansprüche und Anforde- bereits 2000 einen Gesetzentwurf eingebracht hatte, um die rungen ableiten lassen und ein grundsätzliches Umdenken in Kinderrechte im Grundgesetz festzuschreiben. unserer Gesellschaft eingeleitet werden muss. Denn die Kin- Eine Bund-Länder-Gruppe, zusammengesetzt aus Fachpo- der sind eben keine kleinen Erwachsenen. Sie haben beson- litiker:innen von SPD und CDU, hatte mit ihrem Abschluss- deren Anspruch auf Schutz, sie haben besonderen Anspruch bericht die Vorlage für den Gesetzesentwurf der GroKo ge- auf Förderung und besonderen Anspruch auf Beteiligung. schaffen. Sowohl die Bundestagsfraktionen der GRÜNEN Ein eigenständiges Grundrecht für Kinder und Jugendliche als auch der LINKEN hatten bereits vor zwei Jahren eigene ist daher keine Symbolpolitik. Es bindet vielmehr die gesetz- Gesetzesentwürfe eingebracht, deren Befassung und Bera- gebende Seite. Es verpflichtet die Gerichte, Gesetze verfas- tung im Fachausschuss aber seitens der GroKo verhindert sungskonform anzuwenden, sodass vor allem das Kindeswohl wurde. Auch die Interessenvertretungen der Kinder und Ju- gewährleistet ist. Es bewirkt, dass sich Kinder gegen die Ver- gendlichen, wie z.B. der Deutsche Kinderschutzbund, waren letzung ihrer Rechte mit einer Verfassungsbeschwerde weh- nicht in den Beratungsprozess vorab eingebunden worden. ren können. So wundert es nicht, dass der jetzt vorliegende rot-schwarze Bleibt nun zu hoffen, dass sich die GroKo doch noch auf Gesetzesentwurf sowohl von den GRÜNEN und LINKEN als eine ernsthafte und angemessene Debatte mit den Fachleuten auch von über 100 Organisationen aus dem gesamten Bun- einlassen wird, denn ein bisschen Kinderrechte im Grundge- desgebiet scharf kritisiert wird. setz wird es nicht geben können! Im Kern geht es um die fachliche und rechtliche Einschät- Kinder haben eigene Rechte und sie gehören ohne faule zung der Kritiker:innen, wonach der Entwurf hinter den An- Kompromisse ins Grundgesetz! Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 9 Gute Absichten brauchen eine gute Umsetzung Hanno Plass zur Neuberechnung des Sozialindex der Schulen Barmbek-Nord, Claus-Joachim Dickow/CC BY-SA 2.5 Kooperative Gesamtschule Benzenbergweg in Die Schulen in Hamburg werden seit 1996 nach einem so ge- ben. Diese Änderungen nun sollen im neuen Sozialindex ab- nannten KESS-Faktor (Kompetenzen und Einstellungen von gebildet werden. Schülerinnen und Schülern), seit 2013 nach einem Sozialin- In der Vereinbarung über den »Schulstrukturfrieden« aus dex eingestuft. Die Zahlen des Sozialindexes laufen entge- dem Jahr 2020, den Rot-Grün mit CDU und FDP vereinbart gen der Schulnoten: 1 ist die bottom line und 6 die crème de hatten, wurde festgehalten, dass zum 1. August 2021 und von la crème. Der Faktor bzw. Index wurde mehrmals angepasst, da an in einem Fünf-Jahres-Turnus der Sozialindex neu be- 2005 (für weiterführende Schulen), 2007/08 (für Grundschu- rechnet werden soll. len) und 2011/12, 2013 dann der Sozialindex eingeführt. Nun liegt die Neuberechnung vor. An 44 Grundschulen Wenn Schulen in den unteren Kategorien 1 bis 3 eingrup- steigt der Sozialindex, bei 41 sinkt der Sozialindex ab; an den piert sind, werden ihnen mehr Ressourcen zugewiesen als Gymnasien steigt der Sozialindex bei sechs Gymnasien um den Schulen in den oberen Kategorien. Die Ressourcen be- eine Stufe und sinkt zugleich bei 21 Gymnasien um eine, bei ziehen sich besonders auf die sozialen und Lernförderaufga- einem Gymnasium um zwei Stufen; an den Stadtteilschulen ben der Schulen. Schulbegleitungen werden aus den Mitteln steigt der Sozialindex in zwölf Fällen um eine Stufe, wiede- ebenso bezahlt wie zusätzliche Förderstunden für die Lern- rum bei zwölf Stadtteilschulen sinkt der Sozialindex gleicher- hilfe. Insgesamt konnten Schulen durch die zusätzlichen Mit- maßen. Insgesamt sinkt der Sozialindex bei 75 Schulen und tel, die sie ihrem Sozialindex verdanken, spezielle pädago- steigt bei 62. gische Konzepte aufbauen. Dies taten sie auch. Soviel zum Stand des Faktischen, vorerst. Unsere Abfrage In den Schulen mit KESS-Faktor 1 und 2 wurde auch die zur Neuberechnung, in der der Senat eine Aufstellung der Klassenfrequenz, d.h. die Klassengröße, abgesenkt, was auch Prozente der einzelnen Kriterien des Sozialindexes für jeden schulgesetzlich verankert ist. Überfrequentierung war und Sozialindex je Schulform und im allgemeinen Mittel angege- ist regelmäßige Ausnahme. ben hat, zeichnet eindeutig die Reproduktion der sozialen Dabei basierten einige der Berechnungswerte auf »wei- Spaltung der Stadt in den Schulen nach (siehe Abbildung 1). chen« Daten: auf Elternfragebögen, die nicht unbedingt rich- Zudem sind die Vergleiche, wie sie die einzelnen Schulen tig ausgefüllt wurden oder zur Aufnahme in die Berech- im Feld der Schulen nach Schulform und im Feld der Schulen nungen zurückliefen. Dabei sollten diese Fragebögen gerade nach Sozialindex (Abbildung 2) verorten, unstimmig. Hinweise auf die soziale Lage der Kinder und Jugendlichen Im ersteren Fall macht es Sinn, die einzelnen Kriterien bieten: welche Sprache zuhause gesprochen wird, ob Bilder des Sozialindexes bei den Schulen nach Schulformen zu ver- an den Wänden hängen und Bücher in den Regalen stünden. gleichen, also zu vergleichen, wie die Faktoren der einzelnen Es wurde unsererseits lange eingefordert, den Sozialindex Schule im Vergleich zu den anderen Schulen gleicher Schul- den realen Lebenslagen der Schüler:innen einer Schule an- form sind. Jedoch wird im vorliegenden Fall hinsichtlich des zupassen. Bekanntlich haben in den letzten Jahren an Schu- Sozialindexes nicht die eine Schule (eine Stadtteilschule) mit len massive Veränderungen stattgefunden, sei es die Aufgabe allen Schulen mit dem gleichen Sozialindex verglichen, son- der Integration, sei es die Aufgabe der Inklusion, sei es die dern nur mit Stadtteilschulen gleichen Sozialindexes – dabei Ausgestaltung des schulischen Ganztages – für die die Volks initiativen »Gute Inklusion« und »Guter Ganztag« jeweils dem 1 www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/68000/rahmenvereinba- Senat Zugeständnisse und Verbindlichkeiten abgerungen ha- rungen_zur_sicherung_des_schulstrukturfriedens.pdf Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 10 müsste es doch auf dieser Ebene egal sein, welche Schulform die Ballung bei der Verantwortungsübernahme für Integra- die jeweilige Schule hat oder täusche ich mich? Ich denke tion und Inklusion bei den Stadtteilschulen, wie die Abbil- nicht und somit zeigt die Differenzierung zwischen Stadt- dung 3 zeigt. teilschule und Gymnasium in der Sozialindizierung an, dass Zuletzt findet die Umverteilung der Stellen statt, ohne dass beide Schulen nicht vom gleichen Grund ausgehen, dass zusätzliche Stellen ins Schulsystem eingespeist werden. Das Gymnasien strukturell von Grund auf sozio-ökonomisch bes- heißt, es lag bei der Neuberechnung des Sozialindexes von ser dastehen – ein Klassenvorteil sozusagen. vornherein der Deckel auf dem zur Verfügung stehenden Res- Dabei ist auch ersichtlich, dass die sozial-ökonomische sourcentopf. Dies beschied der Senat schon im Januar, also be- Last vor allem auf den Stadtteilschulen liegt, wie die Auswer- vor die Neuberechnung des Sozialindexes abgeschlossen war. tung der Einstufungen ergibt. Keine Stadtteilschule verfügt Diese zusätzlichen Mittel werden dort, wo der Sozialindex über den höchste Sozialindex 6, kein Gymnasium über den verringert ist, reduziert – mit der Folge, dass Konzepte wie in- niedrigsten Sozialindex 1. Und auch zwischen 1 und 6 liegt dividuelle Förderungen und Begleitungen von Schüler:innen bedroht sind. Diese Umverteilung betrifft ökonomisch be- nachteiligte Kinder unmittelbar. Dem Senat selbst scheint un- Abb. 1: Verteilung der Kriterien im Durchschnitt (%) klar zu sein, wie viele Lehrer:innenstellen umverteilt werden, Hilfen zur in seiner Pressemeldung spricht er von 115 Stellen, in sei- Erziehung ner Antwort auf unsere Schriftliche Kleine Anfrage (SKA) nur noch von 108. Wie dem auch sei, auch rund einhundert Stel- Hilfebedarf SGB II len sind angesichts der enormen Bedarfe der Schüler:innen an den 75 Schulen nur der berühmte Tropfen auf die heißen Bildung und Steine. Teilhabe Die Konsequenz dieser Umverteilung bewirkt also eine Förderbedarf LSE 0 5 10 15 20 25 30 2 www.hamburg.de/contentblob/15023768/1998269c42c61c48916ad- 5058048d4e4/data/2021-04-15-sozialindex-veraenderungen.pdf Gymnasium Stadeilschule 3 www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/73969/neuberechnung_ LSE = Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung der_kess_faktoren_gibt_es_bereits_einen_entwurf.pdf Abb. 2: So stellt die Schulbehörde einer Stadtteilschule ihren Sozialindex im Vergleich dar Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 11 Abb. 3: Anzahl Schulen nach Schulform und Sozialindex Da sich niemand der bildungspolitischen Entscheider:innen 20 durch irgendeinen kreativen, zukunftsweisenden Weg in die- ser Krise hervorgetan hat, um Kindern und Jugendlichen Bil- 15 dung nahezubringen und sie endlich aus ihrer sozialen Iso- lation und zumeist großer Not herauszuholen, auch wenn 10 Schulgebäude geschlossen sind, müssen die regierenden Bil- dungspolitiker:innen doppelt liefern, wenn die Schulen wie- 5 der geöffnet werden (was über kurz oder lang der Fall sein wird). 0 Es wäre hinsichtlich des Lehrer:innenmangels (der ein mög- SI 1 SI 2 SI 3 SI 4 SI 5 SI 6 liches Argument gegen einen »Bestandsschutz« sein könnte) Stadeilschulen Gymnasium durchaus interessant, nach Brandenburg zu blicken. Dort werden an der Universität Potsdam geflüchtete und zugewan- Verschärfung der Bildungsungerechtigkeit: entweder auf derte Lehrer:innen für den Schuldienst ausgebildet. Seit 2016 der einen Seite, wo die Ressourcen abgezogen werden, oder läuft dieses Programm, weist bisher nicht euphorisch stim- – blieben die Zuweisungen aufrechterhalten – auf der ande- mende, aber positive Zahlen aus, und mehrere Universitäten ren Seite, wo die Ressourcen als Stellen eingeplant, aber nicht wie Flensburg und Kiel haben es übernommen. Warum Ham- mit Personen besetzt werden. Solange die Schulbehörde nicht burg eigentlich nicht? Klar, es ist ressourcenauslösend, auch die Ressourcen zur Bekämpfung der Bildungsungerechtigkeit die Studiengänge müssten wahrscheinlich erweitert werden, insgesamt massiv erhöht – denn die Versäumnisse sind Jahr- aber es würde sich angesichts der dringend benötigten Leh- zehnte alt –, wird sie zwischen Scylla und Charybdis navigie- rer:innen lohnen. Und eigene Lehrkräfte in einem noch grö- ren müssen. ßeren Umfang auszubilden würde der Konkurrenz der Bun- Dies vor Augen haben wir einen Bestandsschutz für die desländer um Lehrkräfte einen Riegel vorschieben und wäre Schulen beantragt sowie eine Erhöhung der nötigen Ressour- eine angemessene Antwort auf die sozialen Verwerfungen cen, um die Mehr- und Neubedarfe an den Schulen zu de- und Herausforderungen auch in unseren Schulen. cken. Der Antrag mag Kontroversen auslösen, jedoch sind ge- nau diese Kontroversen nötig. Nicht um Recht zu behalten und auch nicht, sich im Klein-Klein der Finanzierung zu ver- lieren – wir wollen auch den Sondertopf Corona anzapfen. 4 Unser Antrag zum Sozialindex ist in der Parlamentsdokumentation als Denn Geld ist genug da. Sondern die drängende Frage ist die Drs. 22/4238 erfasst. www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/75544/ fortdauernde und sich verschärfende Bildungsungerechtig- neuberechnung_des_sozialindexes_bestandsschutz_fuer_die_bildung.pdf keit, aktuell noch einmal verstärkt durch die Folgen der Pan- 5 www.neues-deutschland.de/artikel/1151238.universitaet-potsdam- demie. Dieser muss sofort und dauerhaft begegnet werden. eine-chance-fuer-gefluechtete-lehrer-und-das-bildungswesen.html Neubau (Hauptgebäude mit Klassen- und Fachräumen) der Stadtteilschule Rissen, 2019 (Minderbinder, CC BY-SA 4.0) Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 12 In memoriam Stefan »Teddy« Dührkop Mann antifaschistische und antirassistische Kämpfe in der Hafenstraße ausgetragen. Über die Jahrzehnte seiner politischen Aktivität hinweg ist er sich immer treu geblieben, auf seine ganz eigene, ungemütliche, herzliche Art. Mit seiner Kodderschnauze hat er die Bezirksver- sammlung Mitte das eine oder andere Mal ordentlich aufgemischt und stets alle Anwesenden kurzerhand mit »Moin Präsidium und Kolleg:innen« auf dem Podi- um begrüßt. Wir sagen nun »Tschüss, Teddy!« Du wirst mit deinem großen Herzen und deinem unermüdlichen Kampf in unserer Fraktion, auf der Veddel und deinen vielen Freunden sehr fehlen! Deine Linksfraktion in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte: Ina – Alexander – Maureen – Marinus – Steffen – Ronald – Theresa Einige Monate vor den Bezirkswahlen 2019 bekam Teddy seine Diagnose. Er sagte zum Arzt in der Poli Herausgeber:innen und Redaktion des »Bürger:innen- klinik Veddel, dass er sich beeilen solle, denn zum briefs« schließen sich dem Nachruf an und wünschen Wahlkampf müsse er wieder fit sein. Leider hat er allen Freund:innen und Gefährt:innen von Teddy viel dieses Ziel nicht geschafft. Am 6. Mai 2021 ist unser Kraft und das Vermögen, in seinem Sinne sozial und Fraktionsmitglied Stefan »Teddy« Dührkop (Jahrgang politisch weiter zu wirken. 1963) nach längerer Krankheit verstorben. Teddy war ein besonderer, humorvoller, empathi- Selbst im Angesicht einer lebensbedrohlichen scher Mensch. Mit bewundernswerter Willenskraft Diagnose war für Teddy offenbar das Wichtigste, hat er gegen seinen »Krebsi« gekämpft, unendlich an- wieder Politik für die Menschen, eine gerechtere Ge- strengende Behandlungen über sich ergehen lassen sellschaft und eine bessere Welt machen zu können. und (sich) nicht aufgegeben. Danke, Teddy, für die Er hat für diese Ziele gelebt und schon als junger gemeinsame Arbeit! Tipps und Termine Der noch nicht veröffentlichte bzw. allgemein zugängliche Jahresbericht 2020 der Kommission für Boden- ordnung hat bereits Spuren in der Presseberichterstattung hinterlassen. Danach hat die Freie und Hansestadt Hamburg im vergangenen Jahr Flächen für rund 1.000 Wohnungen verkauft, obwohl es doch seit Ende 2019 hieß, der Senat würde weitgehend auf die Vergabe im Erbbaurecht umstellen. Doch weit gefehlt. 17 städtische Flächen gingen an private Bauträger, und die bauten darauf zu 57% geförderte Wohnungen, 43% dagegen waren teure freifinanzierte oder noch teurere Eigentumswohnungen. Auf städtischen Flächen (www.ndr.de/nachrich- ten/hamburg/Nur-60-Prozent-Sozialwohnungen-auf-ehemaligem-Stadtgrund,wohnungsbau440.html)! Am 20. März 2021 hatten der BUND Hamburg, der DGB und die Diakonie in Zusammenarbeit mit der Hein- rich-Böll-Stiftung eine Online-Tagung zum Komplex Bauen, Wohnen, Sanieren in Hamburg durchgeführt. Die damaligen Inputs u.a. von Katrin Brandt (Stattbau), Katja Karger (DGB) und dem Autor Daniel Fuhrhop können jetzt im Netz aufgerufen und nachvollzogen werden: www.youtube.com/channel/UC_ZebQYqSWCIlBpb8o- z6t_Q. Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Boeddinghaus, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | Bürger:innenbrief 18.5.2021 Seite 13 Wer aufmerksam die Medien verfolgt, wird permanent auf neue Studien, Gutachten und Erhebungen aufmerk- sam gemacht, gerade auch im Wohnungsbereich. Im April hat die HypoVereinsbank ein siebenseitiges Ma- terial veröffentlicht, den Wohnimmobilien-Marktbericht Hamburg. Darin geht es um Kaufpreise für Häuser, Eigentumswohnungen und Bauland sowie Mietpreise, aktuelle Projekte, Trends und Perspektiven«. Auch wir LINKE schauen immer gebannt auf neue Untersuchungen zur Mietpreisentwicklung und müssen (auch uns selbst) bisweilen daran erinnern, dass es natürlich Zusammenhänge, ja, direkte Auswirkungen der Boden- und Immobilienpreise auf den Mietwohnungsmarkt gibt. Ein interessantes Ergebnis auch dieser Studie belegt, dass in den letzten Jahren die Kaufpreise für Eigenheime und Baulandpreise für individuellen Wohnungsbau schneller wachsen als die Mietpreise und Baulandpreise für Geschosswohnungsbau. Die HypoBank konstatiert Phäno- mene einer zunehmenden »Marktüberhitzung«. Anders formuliert: Das Betongold könnte in den nächsten Jahren zu einer Katastrophe für viele Haushalte führen, die sich überschuldet haben, um ein zu hoch bewer- tetes Eigenheim zu erwerben. Der Marktbericht listet auch recht anschaulich die großen Wohnbauprojekte der 2020er Jahre auf. Und zwar hier: https://immobilien.hypovereinsbank.de/immobilien-marktberichte/. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat den Ratgeber Neues Wohnen im Alter neu herausgegeben. Auf 196 Seiten geht es u.a. um diese Fragen: Umziehen oder bleiben? Worauf sollte bei der Suche nach einer barrierefreien Wohnung geachtet werden? Was genau meint »betreutes Wohnen« und wie funktioniert es? Mehrgenerationenwohnen als gegenseitige Hilfe über Generationen hinweg – wie lässt sich diese Idee verwirkli- chen? Woran lässt sich ein gutes Pflegeheim erkennen und was leisten Pflegewohnge- meinschaften? Das Buch kostet 16,90 Euro und kann sicher bald wieder im Infoladen der Verbraucherzentrale (Kirchenallee 22) erworben oder direkt heruntergeladen wer- den. Mehr unter www.vzhh.de/shop/energie/718114/neues-wohnen-im-alter.aspx. Es ist doch immer gut zu wissen, wer in Hamburg die wirklichen Strippenzie- her:innen sind. In der Immobilien- und Maklerbranche gehört ganz sicher der österreichische Milliardär und In- vestor René Benko dazu, hier und da liebevoll auch als Kaufhauskönig bezeichnet, der einige Unternehmen in den Abgrund gerissen und die Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit getrieben hat. So auch in der sehenswerten, dreiviertelstündigen ARD-Hintergrundreportage über diesen Akteur, der an der Mönckebergstraße ebenso sein Unwesen treibt wie beim Elbto- wer (realisiert von der Signa Prime Selection AG, einem Unternehmen der Signa Holding von – traratrara – René Benko). Eben ein Gestalter nicht zuletzt des hamburgischen Stadtbildes, zwar mit viel Geld, aller- dings ohne jedwede demokratische Legitimation, die verschaffen ihm erst andere … Wie ein Multimillionär Karstadt und Kaufhof versil- berte ist zu sehen unter: www.daserste.de/information/reportage-do- kumentation/dokus/sendung/der-kaufhauskoenig-100.html. Nicht nur die Rosa-Luxemburg-Stiftung, auch DIE LINKE im Allgemei- nen und unsere Bundestagsfraktion im Besonderen gibt immer wieder sehr informative Schriften heraus, oft auch zum Downloaden. Da ist zum einen das am 24. März auf einer Bundespressekonferenz vorgestellte nur vierseitige, aber umso inhaltsschwerere Material der Bundespartei mit dem Titel Föderale Fairness: 8-Punkte- Plan für gleichwertige Lebensverhältnisse bis 2025. Es geht z.B. um solche Renner wie die Vermögens- steuer, Pflege und Krankenhäuser, aber auch um Gerechtigkeit zwischen Ost- und Westdeutschland, Ideen zum Stopp der Verödung von Innenstädten und ein Bundesministerium für gleichwertige Lebensverhältnisse. Wen’s interessiert: www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/foederale-fairness-8-punkte-plan-fuer-gleich- wertige-lebensverhaeltnisse-bis-2025/. Und das zweite Material ist so gut, dass wir hier auch die zweite, erweiterte Auflage bewerben: Mietenwahnsinn und Wohnungsnot vor Ort bekämpfen! 32 pralle Seiten mit Anregungen der Bundestagsfraktion zum Umgang mit der Mieten- und Bodenpreisexplosion, mit Sozialwoh- nungsbau und Zwangsräumungen: www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Broschueren/ mietenwahnsinn-und-wohnungsnot-vor-ort-bekaempfen.pdf. Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Sabine Boeddinghaus ( 040 / 303 948 74 | sabine.boeddinghaus@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
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