Inklusion mit medien - ein gewinn für alle - Blick auf bundesweite Projekte und Aktionen

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Inklusion mit medien - ein gewinn für alle - Blick auf bundesweite Projekte und Aktionen
INFORMATIONSDIENST

  LANDESARBEITSGEMEINSCHAFT LOKALE MEDIENARBEIT NRW E.V. (LAG LM)       01/2014

  Blickrichtung Inklusion
  Wissenschaft und Praxis im Fokus
  Treffen, Vernetzen und Perspektiven schaffen
  Rückblick auf den 3. Fachtag zur Inklusiven Medienarbeit

  Inklusion mit Medien – Ein Gewinn für Alle
  Blick auf bundesweite Projekte und Aktionen

         :
thema
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Inklus
   d i e n a rbeit
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Inklusion mit medien - ein gewinn für alle - Blick auf bundesweite Projekte und Aktionen
Inhalt
                                                            Dr. Christine Ketzer
                                                            Geschäftsführerin

02       >> Editorial                                       Liebe Kolleginnen und Kollegen,

         >> hintergrund                                     das Thema Inklusive Medienarbeit beschäftigt uns         an die Rubrik Hintergrund einige Projektideen von
04         Blickrichtung Inklusion                          nun schon seit einigen Jahren und in Kooperation         Kolleginnen und Kollegen aus NRW. Und bei den Be­
           2 Prof. Dr. Saskia Schuppener                    mit der Technischen Jugendfreizeit- und Bildungs­        richten sind es diesmal die Regionalen Workshops,         Facebookgruppe
                                                            gesellschaft (tjfbg) gGmbH haben wir bereits eini­ges    die wir im Projekt NIMM! vor Ort durchgeführt ha-
08         Inklusion mit Medien – Ein Gewinn für alle
           2 Thomas Tekster                                 in Sachen Inklusiver Medienbildung in NRW er­­rei­­      ben, um zu ermöglichen, dass Interessierte zu spezi-      Inklusive
                                                            chen können. Grund genug, in der aktuellen Ausga­­       ellen Themen der Inklusion Wissen erwerben.
12         Treffen, Vernetzen und Perspektiven
           schaffen Rückblick auf den 3. Fachtag zur        be der InterAktiv noch einmal das Thema zu fo-                Die gute Nachricht: NIMM! – Das Netzwerk Inklu­      Medienarbeit –
           Inklusiven Medienarbeit 2 Carola Werning         kussieren und es von unterschiedlichen Seiten zu         sion mit Medien, geht weiter – als NIMM 2.0! Dafür

         >> projekte
                                                            beleuchten. Informationen und Anregungen kann            möchten wir uns beim Ministerium für Familie, Kin-        Diskutieren
                                                            man schließlich nie genug haben!                         der, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW be-
17         Inklusion in der Kinder- und Jugendförderung         Daher beginnen wir die InterAktiv mit einem          danken. Wir freuen uns, dass unsere Weiterbildung         Sie mit!
           Stadt Gütersloh nimmt am Modellprojekt des       Artikel von Professorin Dr. Saskia Schuppener, die       Anfang Juni in die dritte Runde geht und auch die
           Landes NRW teil 2 Lena Bökenhans
                                                            in ihrem Text ein Plädoyer für eine differenzfreund-     Regionalen Workshops wieder stattfinden können.
20         vibelle.de: Informations- und eLearning-Portal   liche Pädagogik und für Bildungsgerechtigkeit hält.      Neu in der Version 2.0 sind u. a. die Methodenkarten     Unter dem Motto „Austausch, Diskussion,
           Neue Medien bieten neue Bildungschancen          Inklusion ist für sie ein Prozess und eine Aufgabe,      zur Inklusiven Medienarbeit, die praxiserprobte Me-      Vernetzung“ hat die LAG Lokale Medienar-
           für gehörlose und hochgradig schwerhörige
                                                            die niemals abgeschlossen sein kann, sondern im-         thoden für Fachkräfte aufbereiten und im wahrsten        beit, gemeinsam mit den Kolleginnen und
           Menschen. 2 Dr. Florian Kramer
                                                            mer wieder unserer Reflexion bedarf und in unseren       Sinne des Wortes greifbar machen. Bitte informie-        Kollegen der Technischen Jugendfreizeit- und
23         „Lieblingsorte in Münster“ von Menschen          Köpfen beginnt.                                          ren Sie sich auf www.inklusive-medienarbeit.de.          Bildungsgesellschaft gGmbH, die Facebook-
           mit Down-Syndrom 2 Nadja Zaynel
                                                                Wie weit dieser Prozess in anderen Bundeslän-             Die Landesarbeitsgemeinschaft Lokale Medien­        gruppe Inklusive Medienarbeit gegründet.
         >> berichte                                        dern ist und was sich in punkto Inklusiver Medien-       arbeit NRW e.V. wird in diesem Jahr 35 Jahre alt! Wir    Derzeit diskutieren über 160 Mitglieder
                                                            bildung in Deutschland tut, das hat unser ehemali-       haben uns ein paar Dinge einfallen lassen, um dieses     zum Thema Inklusion und Medien. Schauen
26         Unterstützende Computertechnologien
                                                            ger Kollege Thomas Tekster recherchiert. Dabei sind      Jubiläum zu begehen. Als Beispiel möchte ich Ihnen       Sie doch mal vorbei – wir freuen uns über
           Workshop bei barrierefrei kommunizieren!
           2 Birgitt Nehring und André Naujoks              einige interessante Projekte zusammengekommen,           unser Vernetzungstreffen und die Mitgliederver-          Meinungen, Hinweise und Informationen zum
                                                            nur wenige allerdings, die sich konkret dem Thema        sammlung plus ans Herz legen, die am 30. Oktober in      Thema Inklusive Medienarbeit.
28         Wie und warum? Untertitelung bei Filmen
                                                            Medien verschrieben haben. Der Text auf Seite 8 gibt     Düsseldorf stattfinden wird. Mehr dazu finden Sie un-
           Workshop im Bennohaus 2 Maria Frahling
                                                            einen Überblick und stellt heraus, dass Inklusion mit    ter Termine. Im Namen des Vorstands und des Teams
30         Inklusiv arbeiten mit Fotografie und             Medien ein Gewinn für alle sein kann.                    der Geschäftsstelle lade ich Sie herzlich dazu ein.
           Trickfilm Workshop bei Die Welle gGmbH
                                                                Diesen Eindruck hatten wir auch auf unserem
           2 Zbigniew Pluszynski
                                                            mittlerweile dritten Fachtag zur Inklusiven Medien-
32         Spielen ohne Grenze Workshop beim                                                                                                                                  Gefördert vom
                                                            arbeit, den wir im März dieses Jahres in der Jugend-
           ComputerProjekt Köln e.V. 2 Daniel Heinz
                                                            herberge Düsseldorf durchgeführt haben. Die Ver-
         >> Beteiligung                                     netzung und das Lernen voneinander standen hier
                                                            im Mittelpunkt. Der Artikel von Carola Werning, S. 12,        Impressum                                           Auflage: 400
34         Wünschen Sie sich was! Zum 35-jährigen
           Jubiläum der LAG Lokale Medienarbeit NRW e.V.    fasst die Tagung zusammen.                                    Herausgeberin: Landesarbeitsgemeinschaft            V.i.S.d.P.: Arnold Hildebrandt
                                                                Wir meinen: Es ist ermutigend und inspirierend            Lokale Medienarbeit NRW e.V. (LAG LM)               Redaktion: Arnold Hildebrandt, Dr. Christine Ketzer
           2 Dr. Christine Ketzer                                                                                         Emscherstr. 71, 47137 Duisburg
                                                            zu sehen, wie andere es machen, die sich auch auf             Tel. 0203 / 41058 - 10, Fax 0203 / 41058 - 20       Korrektur: Irina Ditter
35         Jugendforum NRW auf der gamescom                                                                               info@medienarbeit-nrw.de, www.medienarbeit-nrw.de
           2 Dr. Christine Ketzer                           den Weg gemacht haben, Inklusion in ihrer Arbeit                                                                  Layout: Alessandro Riggio
                                                            sichtbar zu machen. Daher finden sich im Anschluss                                                                Kosten: Jahresabonnement 7,00 EUR, Einzelnummer 2,50 EUR

35       >> Termine & Impressum
     2   InterAktiv 01|14                                                                                                                                                                                        InterAktiv 01|14        3
hintergrund

                       Blickrichtung
                       Inklusion                                                2 Prof. Dr. Saskia Schuppener

                        „Egal, wie ein Kind beschaffen ist, es hat das Recht, alles Wichtige über
                        die Welt zu erfahren, weil es in dieser Welt lebt.“ Feuser 1998, 19

                       D
                                ieses Zitat zeigt eigentlich sehr eindring-      verstehen bzw. an diese gekoppelt. Im Gegenteil:
                                lich, dass es beim Thema Inklusion in der        Das Ziel der Realisierung von Chancengleichheit
                                Pädagogik um den Anspruch einer BILDUNGS-        be­­­deutet eine explizite Berücksichtigung von Dif-
                       GERECHTIGKEIT geht. Wesentlich ist es, Kindern un-        ferenz und Ungleichheit. Die Verschiedenheit von
                       abhängig von unterschiedlichen Voraussetzungen,           Sozialisations- und Entwicklungsbedingungen ist
                       Merkmalen oder Lebenssituationen gleiche Chancen          demzufolge beim Verständnis von Chancengleich-
                       im Bereich des Zugangs zu Bildung zu ermöglichen,         heit nicht nur mitgedacht, sondern steht im Fokus,
                       um ihnen daraufhin individualisierte und differen-        wenn es um barriere- und diskriminationsfreie Zu­
                       zierte Bildungsangebote in gemeinsamen heteroge-          gänge zu Bildung geht (Schuppener, Bernhardt, Hau­­­ser
                       nen Lerngemeinschaften machen zu können.                  & Poppe 2014).
                           Der notwendige Zusammenhang von Chancen­                    In Deutschland werden gegenwärtig nach wie
                       gleichheit und Inklusion im Bereich von Schule und        vor primär Barrieren und Hemmnisse im Hinblick
                       Bildung ist offenkundig. Er wird u. a. in der UN-Be-      auf das Thema Chancengleichheit im Kontext von
                       hindertenrechtskonvention grundgelegt: „Die Ver-          Bildung identifiziert. Daher lässt sich realitätsange-
                       tragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen            passt eher vom Ziel einer Verbesserung der Bildungs-
                       mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht            chancen für benachteiligte Personen sprechen:
                       ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der            „Ins­­­besondere die Gruppen unter den Bildungs-
                       Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten         teilnehmern, die bisher in ihren Bildungschancen
                       die Vertragsstaaten ein inklusives Bildungssystem         benachteiligt sind, müssen bevorzugte Adressaten
                       auf allen Ebenen ...“ (UN-BRK, Artikel 24(1), 35). Die    eines individuellen Bildungsmanagements sein, um
                       Realisierung gleicher Bildungschancen in Form von         ihre Bildungschancen zu verbessern“ (Bildung in
                       gleichen Zugangs- und Partizipationsrechten für           Deutschland 2012, 13). Das lässt sich auch mit einem
                       ALLE verkörpert gleichsam Voraussetzung und Ziel          allgemeinen Verständnis von „Inklusiver Pädago-
                       für den immer wieder reflexionsbedürftigen Weg            gik“ ausdrücken: „Inklusive Pädagogik bezeichnet
                       zur Schaffung einer inklusiven Lern- und Lebens-          Theorien zur Bildung, Erziehung und Entwicklung,
                       welt. Der Begriff der Chancengleichheit ist hier nicht    die Etikettierungen und Klassifizierungen ableh-
                       im Sinne einer Gleichheit von Voraussetzungen zu          nen, ihren Ausgang von den Rechten vulnerabler

4   InterAktiv 01|14                                                                                              InterAktiv 01|14    5
hintergrund                                                                                                                                                                                                              hintergrund

>> Von einer Chancengleichheit
                                                           Notlage auf. Vor dem Hintergrund des nachgewie­         um die Frage der Haltung, der Einstellung und des         Begehren verstehen und dadurch auch eine selbst-
   und Bildungs­gerechtigkeit                              senen Zusammenhangs zwischen familiärer Le-             Menschenbildes. Die Reflexion und Beantwortung            verständliche Wirkung entfalten können:
                                                           benssituation und Bildungserfolg haben demzu-           der Frage nach der eigenen Haltung, der eigenen
   sind wir in Deutschland nach                            folge ca. ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen     Einstellung und des verinnerlichten Menschenbil-

   wie vor weit entfernt.
                                                           erhebliche Nachteile im Hinblick auf Bildungschan-
                                                           cen und qualifizierende Schulabschlüsse. Von einer
                                                                                                                   des verkörpert die Basis und den zentralen Zugang
                                                                                                                   zu einer inklusiven Praxis.
                                                                                                                                                                             >> „Das Anderssein des anderen
                                                           Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit sind            „Inklusion ist kein einmal errungener und immer             als Bereicherung des eigenen
   und marginalisierter Menschen nehmen, für deren         wir in Deutschland also nach wie vor weit entfernt      bestehen bleibender Zustand“, sondern ein stetiger
   Partizipation in allen Lebensbereichen plädieren        (Schuppener, Bernhardt, Hauser & Poppe 2014). Ins-      Reflexionsanspruch und Reflexionsprozess. Es gilt,              Seins zu begreifen; sich
   und auf strukturelle Veränderungen der regulären        besondere Familien in marginalisierten Lebensla-        die Willkommensstrukturen bei sich selbst, bei den
   Institutionen zielen, um der Verschiedenheit der        gen erfahren zu wenig individuelle Unterstützung        Angeboten, die man macht, und bei der Einrichtung,              verstehen, sich verständigen,
   Voraussetzungen und Bedürfnisse aller Nutzer/in-        durch das System Schule und durch außerschulische       in der man arbeitet (z. B. Schule), ständig neu zu ana-
   nen gerecht zu werden“ (Biewer 2010, 193).              Strukturen, um dem Anspruch auf Chancengerech-          lysieren und zu verändern. „JEDER ist willkommen“               miteinander vertraut werden,
       Der aktuelle Bildungsbericht von 2012 weist         tigkeit im Bereich von Bildung (vgl. Chancenspiegel     bedeutet, dass ich mich als Gegenüber bzw. mit mei-
   noch mal deutlich auf die Problematik hin, dass         2012) Rechnung zu tragen. Daher sollten sich alle       ner Angebots- und Einrichtungsstruktur auf jeden                darin liegt die Zukunft der
   trotz steigender schulischer Integrationsquoten         schulischen und außerschulischen Einrichtungen,         einstelle, der kommt. Und es bedeutet auch, zu hin-
   „in den meisten Ländern keine Verringerung des          Vereine, Träger etc. fragen, wie sie Strukturen eines   terfragen, wen ich mit meinen Angebotsstrukturen                Menschheit.“ Lothar Arabin
   Förderschulbesuchs“ (7) stattgefunden hat. Auch         humanen, entwicklungs- und leistungsförderlichen        bisher (noch) nicht erreiche und warum das so ist: Wo
   der Anteil an Schulanfängerinnen und Schulanfän-        Umgangs mit Diversity (vgl. Prengel 2012) (weiter)      gibt es Informations- und Kommunikationsbarrie-
   ger, die direkt in einer Sonder-/Förderschule einge-    entwickeln und etablieren können.                       ren? Für wen ist der Zugang nicht oder nur erschwert
   schult werden, wird als weiterhin hoch identifiziert.       Die folgenden Aspekte können hierbei eine Art       möglich? Wie kann ich es schaffen, eine gleichbe-         l i t e r a t u r
   29% aller Kinder wachsen in einem bildungsfernen        „Anker- und Prüffunktion“ haben: „Inklusion beginnt     rechtigte Teilhabe- und Teilnahmechance für ALLE zu       DIPF (2012): Deutscher Bildungsbericht. Online unter:
                                                                                                                                                                             www.bildungsbericht.de.
   Elternhaus, einer finanziellen oder einer sozialen      im Kopf“. Es geht beim Thema Inklusion zunächst         gewährleisten? Wie können alle Kinder, Jugendlichen
                                                                                                                                                                             Bertelsmann Stiftung, Institut für Schulentwicklungsfor-
                                                                                                                   und Erwachsenen dort lernen, wo alle lernen?              schung (Hrsg.) (2012): Chancenspiegel. Zu Chancengerech-
                                                                                                                                                                             tigkeit und Leistungsfähigkeit der deutschen Schulsys-
                                                                                                                       „Inklusion ist ein Menschenrecht“. Dieses Men-        teme. Verlag Bertelsmann Stiftung, 2. Auflage.
                                                                                                                   schenrecht gilt es besonders dort einzufordern, wo        Biewer, G. (2010): Grundlagen der Heilpädagogik und
                                                                                                                   es noch verletzt wird. Eine „Pädagogik der Vielfalt“      Inklusiven Pädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, UTB, 2.
                                                                                                                                                                             Auflage.
                                                                                                                   (Prengel 2006) sollte daher auch immer besonders
                                                                                                                                                                             Feuser, G. (1998): Gemeinsames Lernen am gemeinsamen
                                                                                                                   die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen im Blick         Gegenstand. In: A. Hildeschmidt & I. Schnell (Hrsg.): Inte-
                                                                                                                                                                             grationspädagogik. Auf dem Weg zu einer Schule für alle.
                                                                                                                   haben, deren (Bildungs)Rechte aktuell noch unein-         Weinheim: Juventa, 19–36.
                                                                                                                   gelöst oder nicht vollständig eingelöst sind.             Prengel, A. (2006): Pädagogik der Vielfalt. Verschiedenheit
                                                                                                                       Wir sollten Differenzerfahrungen wertschätzen         und Gleichberechtigung in interkultureller, feministischer
                                                                                                                                                                             und integrativer Pädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für
                                                                                                                   und Ausgrenzungserfahrungen strukturell durch             Sozialwissenschaften, 3. Auflage.
                                                                                                                   eine „Differenzfreundliche Pädagogik“ aktiv ent-          Prengel, A. (2012): Humane entwicklungs- und leistungs-
                                                                                                                   gegenwirken. Wir sollten eine Willkommenskultur           förderliche Strukturen im inklusiven Unterricht. In: V.
                                                                                                                                                                             Moser (Hrsg.): Die inklusive Schule. Standards für die
                                                                                                                   leben, die durch eine Atmosphäre von gegenseiti-          Umsetzung. Stuttgart: Kohlhammer, 175–183.
                                                                                                                   gem Vertrauen, Anerkennung und Wertschätzung              Schuppener, S., Bernhardt, N., Hauser, M. & Poppe, F. (Hrsg.)
                                                                                                                                                                             (2014): Inklusion und Chancengleichheit. Diversity im Spie-
                                                                                                                   geprägt ist.                                              gel von Bildung und Didaktik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
                                                                                                                       Inklusion darf kein leerer Signifikant sein. Er       Seitz, S. (2004): Forschungslücke inklusive Fachdidaktik –
                                                                                                                   darf nicht zu einem falsch verwendeten oder gar           ein Problemaufriss. In: Sander, A. & Schnell, I. (Hrsg.): Inklusi-
                                                                                                                                                                             ve Pädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 215–231.
                                                                                                                   missbrauchten Begriff werden. Er sollte sich als          UN-Behindertenrechtskonvention. Übereinkommen über
                                                                                                                   Anspruch und gesellschaftliches sowie politisches         die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

   6   InterAktiv 01|14                                                                                                                                                                                               InterAktiv 1|13       7
hintergrund                                                                                                                                                                                              hintergrund

Inklusion mit Medien                                                                                        Inklusion …

                                                                                                           Inklusiv zu arbeiten heißt, Verantwortung auf vie-
                                                                                                                                                                   NIMM! – Über das Projekt

                                                                                                                                                                  Als NRW-weites Netzwerk Inklusion mit Medien

Ein Gewinn für alle                                                                                        len Schultern zu verteilen. Ganz wichtig für eine
                                                                                                           erfolgreiche Projektumsetzung ist die Ergänzung
                                                                                                           der eigenen Kompetenzen durch Dritte und ge-
                                                                                                                                                                  (NIMM!) verstetigen die Projektpartner, die LAG Lo­
                                                                                                                                                                  kale Medienarbeit NRW e. V. und die Technische
                                                                                                                                                                  Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (tjfbg)
Aktuelles
2             Projekt
  Thomas Tekster          der LAG Lokale Medienarbeit NRW e. V. und der                                    nügend (Fach-)Personal. Denn niemand kann von          gGmbH, ihr langjähriges Engagement rund um das
                                                                                                           Anfang an alles leisten. Inklusiv zu arbeiten heißt    Thema Inklusive Medienarbeit. Ziel des Projekts ist,
    tjfbg gGmbH rund um Inklusive Medienpädagogik in NRW!                                                  immer, Ausgrenzungserfahrungen zu vermeiden            diejenigen, die inklusive Medienprojekte umsetzen
                                                                                                           und Wahlmöglichkeiten für alle zu ermöglichen. Es      (wollen), noch besser zu vernetzen und zu qualifi-

D
         er 3. Fachtag zur Inklusiven Medienarbeit    auszuprobieren und von einer Defizitperspektive      gilt, voneinander zu lernen. So kann aus Verschie-     zieren mit dem Ziel, Inklusive Medienarbeit in NRW
         ist für alle Beteiligten mit vielen neuen    abzurücken sowie die Fähigkeit, unterschiedliche     denheit Gewinn für alle gezogen werden. Inklusion      voranzubringen und zu etablieren.
         Eindrücken und Anregungen erfolgreich        Begabungen und Stärken zu erkennen und in die je-    ist deshalb kein Zugeständnis an vermeintlich be-
zu Ende gegangen. Zurück bleibt die Erkenntnis,       weiligen Projektkontexte einzubinden. Dazu ist ein   nachteiligte soziale Gruppen, sondern ein Gewinn
dass Inklusion ein Lern- und Erkenntnisprozess ist,   kontinuierlicher Austausch über Schwierigkeiten      für die ganze Gesellschaft.                             Qualifizieren
der alle betrifft. Dazu gehört die ständige Bereit-   und Lösungswege (anderer) notwendig, um dem Ge-
schaft, über die eigene Arbeit nachzudenken, Neues    fühl der Überforderung vorzubeugen.                                                                         Im Sinne der Nachhaltigkeit startete im Mai 2013 die
                                                                                                            … mit Medien                                          2. Weiterbildung zur Inklusiven Medienpädagogik, die
                                                                                                                                                                  mit einer Präsentation der Praxisprojekte im Rahmen
                                                                                                           Medienprojekte eignen sich hervorragend für inklu-     der Abschlussveranstaltung von NIMM! im März 2014
                                                                                                           sive Gruppen, weil (fast) alle Kinder und Jugendli-    in Düsseldorf erfolgreich zu Ende ging. Als wichtige
                                                                                                           chen mit Medien Spaß und gemeinsame Interessen         Ansprechpartner in der Region wurden darüber hin-
                                                                                                           verbinden. Es geht nicht um therapeutischen Nut-       aus vier regionale Kompetenzzentren für Inklusion
                                                                                                           zen oder Leistungsdruck, sondern darum, sich einer     mit Medien in Köln (ComputerProjekt Köln e.V.), Bonn
                                                                                                           Aufgabe motiviert zuzuwenden. Medienprojekte           (barrierefrei kommunizieren!), Münster (Bürgerhaus
                                                                                                           bieten vielfältige Zugänge und Möglichkeiten, sich     Bennohaus) und Remscheid (Die Welle gGmbH) ge-
                                                                                                           einzubringen, sodass es für jeden entsprechend sei-    gründet. Zusammen mit den Inklusions-Scouts ver-
                                                                                                           ner Neigungen und Fähigkeiten garantiert eine Auf-     breiten sie die Ideen der Inklusiven Medienarbeit in
                                                                                                           gabe gibt. Wer Schreibschwierigkeiten hat, macht       NRW. Die Auftaktworkshops in den Kompetenzzentren
                                                                                                           Audioaufnahmen, wer keine Interviews führen will,      zeigen, wie Inklusive Medienarbeit gelingen kann, ma-
                                                                                                           fotografiert, führt Regie oder kümmert sich um die     chen aber auch deutlich, dass es aufgrund der Vielzahl
                                                                                                           Beleuchtung. Eine kinderleicht zu bedienende Tech-     unterschiedlicher Zielgruppen mitunter schwierig ist,
                                                                                                           nik (z. B. Tablets, Easy-Speak-Mikrofone etc.) macht   einen gemeinsamen Nenner zu finden. Hier hilft der
                                                                                                           es möglich, dass wirklich jeder dabei sein kann.       kollegiale Austausch, um Lösungen zu finden.
                                                                                                           Überdies ergab eine Studie der Aktion Mensch aus
                                                                                                           dem Jahr 2011, dass Menschen mit Behinderung das
                                                                                                           Internet überdurchschnittlich häufig und intensiv       Vernetzen
                                                                                                           nutzen und im Vergleich zur Gesamtbevölkerung
                                                                                                           internetaffiner sind. Inklusive Medienprojekte kom-    Um das Netzwerk weiter mit Leben zu füllen, in-
                                                                                                           men da wie gerufen.                                    formiert die Website inklusive-medienarbeit.de re-

8     InterAktiv 01|14                                                                                                                                                                            InterAktiv 01|14    9
hintergrund

 gelmäßig über Neuigkeiten rund um Inklusion mit           … und auf Bundesebene
 Medien und gibt Gastautoren Gelegenheit, über ihre
 Arbeit zu berichten und Projekte bekannt zu machen.      Der Stand der außerschulischen Inklusiven Medien-
 Mehr als 40 Autorinnen und Autoren haben davon           arbeit ist in einzelnen Bundesländern unterschied-
 bereits Gebrauch gemacht. Dem mehr informellen           lich weit vorangeschritten. In der Mehrzahl der
 Austausch dient die kürzlich gegründete Facebook-        Bundesländer existieren nach einer bundesweiten
 gruppe Inklusive Medienarbeit, die mit Vertretern        Recherche im Rahmen von NIMM! aktuell (Stand:
 von Bürgermedien, Landesmedienzentren, Landes-           März 2014) weder gebündelte Vorhaben noch gibt
 medienanstalten, Wissenschaft sowie Trägern der          es größere Medienprojekte, die einen explizit inklu-
 Kinder- und Jugendhilfe ein buntes Bild der Inklusi-     siven Ansatz verfolgen. Häufig sind es die lokalen
 ven Medienarbeit auf Bundesebene widerspiegelt.          Bürgermedien, die Inklusive Medienarbeit leisten
                                                          und Projektideen vor Ort realisieren. Als Schwer-       hinaus wurde in Thüringen die interministerielle Ar-   die möglicherweise irgendwann auch in beruflichen
                                                          punktthema ist Inklusion in jüngster Zeit öfter im      beitsgruppe „Stärkung und Weiterentwicklung der        Kontexten relevant werden können. Inklusive Medi-
     Inklusive Medienarbeit in NRW …                      Rahmen von Schulkinowochen (z. B. SchulKinoWo­          Vermittlung von Medienkompetenz in Thüringen“          enprojekte können neue Perspektiven eröffnen und
                                                          che Rheinland-Pfalz 2013), Filmfestivals (z. B. Abge­   (IMAG) eingerichtet, die in ihre Überlegungen u. a.    jungen Menschen Anstöße geben, an ihre im Frei-
 Auf inklusive-medienarbeit.de sind aktuell über 30       dreht – das Ahauser Filmfest 2013), Fachtagungen        auch Fragen zur außerschulischen (inklusiven) Me-      zeitbereich erlangte Selbstständigkeit anzuknüpfen
 Einrichtungen aus NRW dokumentiert, die im Be-           (z. B. 10. IMedia oder Stuttgarter Kinderfilmtage       dienbildung einbezieht und künftig die Projekt- und    und Wege in die professionelle Medienarbeit zu fin-
 reich Inklusion mit Medien aktiv sind. Dass es nicht     2013) oder Preisverleihungen anzutreffen. In eini-      Vernetzungsarbeit intensivieren will.                  den. Ermutigende Beispiele für diese berufliche Va-
 noch mehr sind, liegt daran, dass trotz intensiver Re-   gen Bundesländern nehmen sich auch die Landes-                                                                 riante einer Inklusiven Medienarbeit sind noch rar,
 cherche Projekte „unentdeckt“ geblieben sind, weil       medienanstalten des Themas Inklusion an.                                                                       aber es gibt sie. Beispielsweise das Hamburger Pro-
 sie entweder in Planung sind oder über keine Online-                                                              Beispiel Bremen                                       jekt barner 16 (www.barner16.de). Als Betriebsstätte
 Präsenz verfügen. Träger dieser Projekte sind im We-                                                                                                                    der alsterarbeit gGmbH ist barner 16 ein inklusives
 sentlichen Vereine, gemeinnützige GmbHs, Einrich-         Beispiel Thüringen                                     Im Bundesland Bremen vernetzt beispielsweise die       Netzwerk professioneller Kulturproduktionen von
 tungen der Wohlfahrt, Stiftungen oder Kommunen,                                                                  (bre(ma, die Bremische Landesmedienanstalt, als        rund 80 festen und freien Künstlern mit und ohne
 die in Kooperation mit lokalen Partnern Inklusive        In Thüringen realisieren beispielsweise die Landes­     Koordinationsstelle für Medienkompetenzprojekte        Handicaps, die dort sozialversicherungspflichtig be-
 Medienprojekte durchführen. Beispielhalt ist die         medienanstalt (TLM) und die regionalen Bürger-          im Land Bremen medienpädagogisch arbeitende Ein-       schäftigt sind. Im Kontext unterschiedlicher Projek-
 langjährige Kooperation von barrierefrei kommuni­        medien bereits seit mehreren Jahren unterschied-        richtungen miteinander und setzt durch eine regel-     te entstehen dort Kurzfilme, Musikvideos, Trickfilm-
 zieren! in Bonn mit dem Bonner Kinder- und Jugend­       liche Projekte zur Inklusiven Medienpädagogik. Im       mäßig stattfindende Medienkompetenzmesse Im-           videos etc. Des Weiteren befindet sich in Sachsen der
 zentrum HiP, dessen Medienarbeit durch Technik,          Rahmen des Thüringer Themenjahres 2013, „Ge-            pulse – auch zum Thema Inklusion. Auf Projektebene     Mediendienst KAMERA-INKLUSIV (www.kamera-in-
 Personal und Know-how unterstützt wird.                  meinsam leben. Miteinander lernen“, hat die TLM         bietet die (bre(ma aktuell das Video-Projekt Go/NoGo   klusiv.de) im Aufbau, eine inklusive Medienagentur,
      Auf kommunaler Ebene startete 2013 das Mo-          gemeinsam mit den Thüringer Bürgermedien und            zum Thema Scripted Reality an, das 2014 zwei Mal mit   die künftig Redaktionen mit Texten, Fotos, Ton- und
 dellprojekt Inklusion in der Kinder- und Jugendför­      weiteren Kooperationspartnern unter dem Motto           inklusiven Gruppen durchgeführt wird. Zurzeit über-    Videomaterial beliefern will. Ziel ist es, Menschen
 derung 2013 – 2015, das vom Land NRW über den            „BUNT – statt Schwarz-Weiß-Denken“ vielfältige          prüft die (bre(ma alle ihre bestehenden medienpäda-    mit Behinderung zu professionellen Mediendienst-
 Kinder- und Jugendförderplan finanziert und von          Aktionen und Projekte zur Inklusiven Medienpäda-        gogischen Angebote auf Barrierefreiheit, um künftig    leistern zu qualifizieren, um langfristig das „Behin-
 den Landesjugendämtern Westfalen-Lippe und               gogik in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, wie      alle Projekte inklusiv durchführen zu können.          dertenbild“ in der Öffentlichkeit zu beeinflussen
 Rheinland fachlich begleitet wird. Beteiligt sind        beispielsweise eine inklusive Radiosendung beim                                                                und mitzubestimmen. Spannend ist auch das Kieler
 die Jugendämter der Städte Bonn, Dortmund, Gü-           Wartburg-Radio oder eine inklusive Sendereihe im                                                               Projekt Inklusive Bildung (www.inklusive-bildung.
 tersloh, Köln, Siegen sowie Oberbergischer Kreis. In     Geraer Bürgerfernsehen. Überdies vergibt die TLM         Ausblick                                              org), das Inklusion als Thema in der Bildungsarbeit
 Kooperation mit freien Trägern und Behinderten-          im Rahmen der Preisverleihung Geschichten der                                                                  verankern will und hierzu Menschen mit Behinde-
 verbänden entwickeln die Jugendämter gemeinsa-           Vielfalt 2014 den Sonderpreis „Inklusion und Medi-      Inklusion mit Medien bietet für junge Menschen         rung für die Lehre an Fach- und Hochschulen qualifi-
 me Strategien zur Umsetzung einer inklusiven Ju-         en“. Auch der Rundfunkpreis Mitteldeutschland lobt      vielfältige Möglichkeiten, sich auszuprobieren und     ziert – mit dem Ziel der Schaffung langfristiger und
 gendarbeit über konkrete Praxisprojekte.                 für 2014 einen Sonderpreis „Inklusion“ aus. Darüber     im Umgang mit Medien Kompetenzen zu erlangen,          sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze.

10     InterAktiv 01|14                                                                                                                                                                                  InterAktiv 01|14   11
hintergrund                                                                                                                                                                                                         hintergrund

                                                                                                                                   >> Man muss wirklich sehen, dass es ein Prozess ist,
                                                                                                                                         […]insofern ist es gut, wenn man sich austauscht
                                                                                                                                         und darüber spricht, was es für Probleme gibt.

                                                                                                                      Die beiden Projektleiterinnen stellten anschließend     [i:si] – Raum für Medien im Bürgerhaus Benno-
                                                                                                                      Inhalte und Intentionen des Projekts NIMM! vor: die     haus Münster und Inklusions-Scout für das Projekt
                                                                                                                      Weiterbildung, die Workshops in den regio­nalen         NIMM!.
                                                                                                                      Kompetenzzentren für Inklusion mit Medien, das               Prof. Schuppener, die im Gespräch die Perspekti-

 Treffen, Vernetzen                                                                                                   Netzwerk der Inklusions-Scouts und nicht zuletzt
                                                                                                                      die Plattform inklusive-medienarbeit.de sowie die
                                                                                                                      Facebook-Gruppe Inklusive Medienarbeit. Christine
                                                                                                                                                                              ve der Wissenschaft vertrat, betonte, dass Inklusion
                                                                                                                                                                              grundsätzlich im Kopf beginne und die Vorausset-
                                                                                                                                                                              zung eine grundlegende Offenheit für alle sei, auch

 und Perspektiven                                                                                                     Ketzer betonte noch einmal den Prozesscharakter
                                                                                                                      der Umsetzung von mehr Inklusion: „Man muss
                                                                                                                                                                              für diejenigen mit komplexem Unterstützungsbe-
                                                                                                                                                                              darf. Auch sie betonte, dass Inklusion ein Prozess sei,

 schaffen
                                                                                                                      wirklich sehen, dass es ein Prozess ist, […]insofern    der immer wieder auch kritisch hinterfragt werden
                                                             2 Carola Werning
                                                                                                                      ist es gut, wenn man sich austauscht und darüber        müsse. Chancengleichheit, Chancengerechtigkeit
                                                                                                                      spricht, was es für Probleme gibt. Es ist ein Prozess   und gleichberechtigte Mitwirkungsmöglichkeiten
                                                                                                                      und wir sind auf dem Weg, aber wahrscheinlich           für alle seien die Essenz des Inklusionsprozesses.
 Rückblick auf den 3. Fachtag zur Inklusiven Medienarbeit
                                                                                                                      wird dieser Prozess niemals beendet sein.“              Sie betonte auch den Perspektivwechsel, der mit
                                                                                                                           Wie wichtig der Austausch unterschiedlicher        der UN-Behindertenrechtskonvention für Men-

 Z
          um mittlerweile 3. Mal trafen sich die Netzwerk-     Engagement der Absolventinnen und Absolventen          Sichtweisen auf Inklusion ist, zeigte auch das nach-    schen mit Behinderungserfahrungen einhergehe:
          mitglieder des Kooperationsprojekts NIMM!            der Weiterbildung, die sich berufsbegleitend weiter-   folgende Expertinnen-Gespräch zwischen Prof. Dr.        Jetzt gehe es nicht mehr um die „Qual der Wahl“
          und Praktikerinnen und Praktiker aus den             gebildet und inklusive Medienprojekte geplant und      Saskia Schuppener, Professorin für Geistigbehin-        zwischen Angeboten, die offen sind für alle, und
 Be­­­reichen Inklusion und Medien in der Jugendher-           durchgeführt haben. Das Projekt NIMM! bezeichne-       dertenpädagogik an der Universität Leipzig, Sandra      speziellen „Sonder-Angeboten“, sondern die Pers-
 berge Düsseldorf, um die Abschlussprojekte der Ab-            te sie als herausragendes Beispiel, um Wissen und      Meinert vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt             pektive müsse sein: Wie müssen Angebote und Ein-
 solventinnen und Absolventen der 2. Weiterbildung             Erfahrungen rund um Inklusion mit Medien in die        Leben Rheinland und Maria Frahling, pädagogische        richtungen gestaltet sein, dass sie auch wirklich für
 Inklusive Medienpädagogik zu würdigen, sich über              Breite zu geben. Vor allem den Vernetzungscharak-      Co-Leiterin im medienpädagogischen Fachbereich          alle zugänglich sind?
 bundesweite inklusive Medienprojekte zu informie-             ter des Projekts, z. B. durch die vier Kompetenzzen-
 ren und über ihre Arbeit auszutauschen. So vielfäl-           tren für Inklusive Medienarbeit und das Netzwerk
 tig wie die Themen, so vielfältig das Publikum – und          der Inklusions-Scouts, nannte sie einen hervorra-
 so war ein interessantes Programm für die über 100            genden Ansatz, das Thema Inklusion mit Medien
 Teilnehmenden des 3. Fachtags garantiert.                     nachhaltig in der Breite zu verankern.
       Frau Anke Mützenich vom Ministerium für Fa-                 Gemeinsam mit Dr. Christine Ketzer, Geschäfts-
 milie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes            führerin der LAG Lokale Medienarbeit NRW e. V.,
 NRW eröffnete mit einem Grußwort die Veranstal-               und Susanne Böhmig, Leiterin von barrierefrei kom-
 tung. Sie lobte die Potenziale von Medienprojekten,           munizieren!/tjfbg gGmbH, den beiden Leiterinnen
 die gemeinsame Aktionen zwischen Heranwach-                   des Kooperationsprojekts NIMM! überreichte Frau
 senden mit unterschiedlichen Voraussetzungen                  Mützenich im Anschluss unter großem Applaus die
 fördern und damit auch einen Beitrag zum Voran-               Abschlusszertifikate an die Absolventinnen und Ab-
 bringen von Inklusion im gesamten Bildungssystem              solventen der Weiterbildung Inklusive Medienpäda­
 leisten. Sie würdigte in ihrer Ansprache das große            gogik.

12    InterAktiv 01|14                                                                                                                                                                                         InterAktiv 01|14    13
hintergrund                                                                                                                                                                                                      hintergrund

>> Wie können Ausgrenzungserfahrungen vermie­den werden                                                                                                                       Visitenkarten zu verteilen und im besten Falle Ko-
   und wie können wir Verschiedenheit annehmen und frucht-                                                                                                                     operationspartner für neue Projekte zu finden. Die
                                                                                                                                                                               neu geknüpften Kontakte konnten anschließend
   bar werden lassen? Wie können wir eine Willkommenskultur                                                                                                                    bei der Mittagspause Plus vertieft werden.
                                                                                                                                                                                   Das Plus stand hierbei für die Präsentation der
   entwickeln, die auf Vertrauen und Anerkennung basiert,                                                                                                                      Praxisprojekte der Weiterbildungsabsolventinnen
                                                                                                                                                                               und -absolventen. An den elf kreativ dekorierten
   gegenüber uns selbst und gegenüber allen Teilnehmenden?                                                                                                                     Projektständen konnte sich das Publikum einen
                                                                                                                                                                               überzeugenden Eindruck von der Vielfalt der Ab-
                                                                                                                        chen, Medientage, inklusive Ferienbetreuung, Foto­­-   schlussprojekte verschaffen und mit den Absolven-
                                                                                                                        workshops, Theater- und Tanzworkshops und Com-         tinnen und Absolventen ins Gespräch kommen.
       „Wie können Ausgrenzungserfahrungen vermie­           Betroffenheit waren die Schlagworte ihrer Rede:            puter- und Internetkurse. Im letzten Jahr wurden           Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen
   den werden und wie können wir Verschiedenheit             Das Prinzip des Peer-Counseling, Menschen mit Be-          über 700 Heranwachsende erreicht. Inklusion be-        der Praxisforen. Eingeladen waren interessante Ak-
   annehmen und fruchtbar werden lassen? Wie kön-            hinderung beraten Menschen mit Behinderung, ist            inhalte neben der sozialen durchaus auch die me-       teure und Projekte aus ganz Deutschland, sich und
   nen wir eine Willkommenskultur entwickeln, die            leitend für die Arbeit des Kompetenzzentrums bzw.          diale Teilhabe, damit gehen Lernprozesse für alle      ihre Inklusive Medienarbeit vorzustellen.
   auf Vertrauen und Anerkennung basiert, gegenüber          der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung überhaupt.               einher: die Auseinandersetzung mit den eigenen             Welche Möglichkeiten haben Einrichtungen der
   uns selbst und gegenüber allen Teilnehmenden?“,                „Wir möchten als selbst betroffene Experten als       Unsicherheiten und die Bereitschaft, sich auf Neu-     Offenen Jugendarbeit, inklusiv zu arbeiten? So die
       so die zentralen Fragen von Prof. Schuppener.         Vorbild zur Seite stehen und zeigen, man kann auch         es einzulassen. Ganz wichtig sei die Ergänzung der     Leitfrage von Praxisforum I. Medienprojekte und
   An zwei Beispielen, dem integrativen Kunstfestival        in einer schwierigen Lebenssituation Lösungen              eigenen Kompetenzen durch Dritte, niemand kön-         Medienarbeit sind eine Möglichkeit, exemplarisch
   Ohne Wenn und Aber sowie dem Kulturführer Ein-            finden… Öffentlichkeitsarbeit ist ein weiterer wich-       ne von Anfang an alles leisten. Medienarbeit sei       dafür ist die Kooperation von barrierefrei kommu-
   fach Leipzig, zeigte sie Beispiele, wie die Uni Leipzig   tiger Punkt: Wir versuchen, das Bild behinderter           ideal geeignet, Heranwachsende mit den verschie-       nizieren! (Bonn) mit dem HiP, einem Jugendzentrum
   diesem Ziel einen Schritt näher kommen will. Inte-        Menschen in der Öffentlichkeit zu verändern, auf           densten Voraussetzungen mitzunehmen, da in             des Trägers Kleiner Muck e. V. im Bonner Stadtteil
   ressant auch der Verweis auf das Trinity College in       Stärken hinzuweisen […]. Dadurch, dass wir selbst in       Medienprojekten so viele verschiedene Aufgaben         Neu-Villich. barrierefrei kommunizieren! unter-
   Dublin: Hier gibt es auch für Menschen ohne Abitur        der Öffentlichkeit auftreten, ergibt sich ein anderes      anfielen – vom Storyboard schreiben bis zum Ku-        stützt seit Längerem durch Technik, Personal und
   die Möglichkeit zu studieren – eine Perspektive, die      Bild von behinderten Menschen.“                            lissenbau –, dass garantiert für jeden etwas dabei     Know-how die Medienarbeit des HiP und trägt auf
   momentan für Deutschland noch weit entfernt zu                 Auch Sandra Meinert betonte die Bedeutung             sei. Das fertige Medienprodukt stünde dabei nur        diesem Weg dazu bei, das inklusive Profil der Ein-
   sein scheint.                                             der UN-Konvention, gleichzeitig mahnte sie an, wie         auf den ersten Blick im Vordergrund: „Wenn ich ein     richtung zu schärfen. Eine andere Strategie ist, den
       Frau Meinert vom Kompetenzzentrum Selbst-             viel noch passieren müsse: Auch nach 5 Jahren UN-          Medienprojekt erstelle, brauche ich Teamarbeit, ich    jugendlichen Besucherinnen und Besuchern einer
   bestimmt Leben Rheinland stellte die Aufgaben             Konvention sei der Inklusionsprozess noch ganz am          brauche Kommunikationsfähig­keit und die Fähig-        Einrichtung selbst viel Verantwortung zu übertra-
   des Kompetenzzentrums vor, in dessen Fokus die            Anfang, immer noch fänden zu häufig Standortbe-            keit, in einer großen Gruppe zusammenzuarbeiten.       gen, auch denjenigen mit einer Behinderung. Ein-
   Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention              stimmungen statt oder würde der Begriff einfach            Das ist ein Training von sozialen Kompetenzen, das     drucksvoll demonstrierte diesen Weg Anne Skribbe,
   durch Beratung, Interessenvertretung und Öffent-          synonym, aber entgegen der eigentlichen Bedeu-             total wichtig ist. Das Beste zum Schluss: Wir arbei-   Leiterin des Café Leichtsinn aus Bergisch-Gladbach,
   lichkeitsarbeit steht. Unabhängigkeit, Parteilich-        tung für Integration benutzt. Modellprojekte wie           ten beim Film mit einem Medium, wo Jugendliche
   keit, Ganzheitlichkeit, Emanzipation und eigene           NIMM! und die Ausbildung und die Erweiterung des           unglaublich motiviert sind, das ist deren Ding. […]
                                                             Netzwerks der Inklusions-Scouts seien enorm wich-          Auf der anderen Seite ist das kreative Arbeiten auch

   !
       Weitere Infos zum Projekt Netzwerk Inklusion          tig, um nächste Schritte in der Praxis zu gehen.           losgelöst von Noten und Leistungsdruck, das birgt
       mit Medien (NIMM!), zur Weiterbildung Inklusi-             Maria Frahling stellte ihre Sicht auf Inklusion als   eine ganz andere Qualität.“
       ve Medienpädagogik, zu den Kompetenzzent-             Medienpraktikerin dar: Das Bennohaus in Münster                 Im Anschluss daran fand das allseits beliebte
       ren für Inklusive Medienarbeit, den Inklusions-       hat in diesem Bereich bereits seit 2007 Erfahrung          Speed-Dating statt: Hier hatte das Fachtagspubli-
       Scouts und viele weitere Infos mehr finden Sie        und führt jedes Jahr eine beeindruckende Bandbrei-         kum Gelegenheit, mit den anderen Fachtagsteilneh-
       auf www.inklusive-medienarbeit.de.                    te an inklusiven (Medien-)Projekten durch, z. B. Film      menden ins Gespräch zu kommen, sich über die In-
                                                             und Fernseh-AGs, medienpädagogische Projektwo­             teressen und Arbeitsschwerpunkte auszutauschen,

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projekte                                                                                                                                                                                                                    projekte

                                                                                                                  Inklusion                                                     2 Lena Bökenhans

                                                                                                                  in der Kinder- und
                                                                                                                  Jugendförderung:
                                                                                                                   Stadt Gütersloh nimmt am Modellprojekt des Landes NRW teil

                                                                                                                  J
                                                                                                                     eder Mensch hat das Recht auf Inklusion, also darauf,      Inklusion ist ein lebendiger Prozess
                                                                                                                     ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein.
 in dem auch inklusive Medienprojekte zunehmend           Sehbehinderung ging. Zumeist müssen die Akteure            Dies zu realisieren, hat sich auch die Stadt Gütersloh     Das Übereinkommen der Behindertenrechtskon-
 eine wichtige Rolle spielen.                             kaum vom Wert der Filmarbeit überzeugt werden,          zum Ziel gesetzt und startet mit dem Fachbereich Jugend       vention aus dem Jahr 2006 verlangt, dass alle Men-
     In Praxisforum II diskutierten Blickwechsel e. V.,   wichtig ist jedoch in jedem Fall genug (Fach-)Perso-    und Bildung eine Weiterentwicklung auf diesem Gebiet.         schen gleich behandelt werden und die gleichen
 Medienblitz e. V. und Die Welle gGmbH, wie inklusi-      nal, um die Projekte erfolgreich umzusetzen.            Als eine von sechs Kommunen nimmt sie in den kom-             Rechte haben: „Jeder Mensch erhält die Möglich-
 ve Medienprojekte produktiv im Offenen Ganztag               Praxisforum IV mit den Diskutanten Daniel Heinz     menden zwei Jahren an dem Modellprojekt Inklusion in          keit, sich vollständig und gleichberechtigt an allen
 eingesetzt werden können, um inklusive Prozesse          von Spieleratgeber NRW e. V., Dirk Poerschke vom LVR    der Kinder- und Jugendförderung des Landes Nordrhein-         gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen – und
 zu fördern. Wie können Kooperationen mit dem Ak-         Zentrum für Medien und Bildung und Annette Bauch,       Westfalen teil. Nachdem in der Vergangenheit der Blick der    zwar von Anfang an und unabhängig von individu-
 teur „Schule“ gelingen? Die Praxisforisten brachten      Entwicklerin einer Autismus-App, war deutlich kon-      Inklusionsarbeit fast ausschließlich auf das Setting Schule   ellen Fähigkeiten, ethnischer wie sozialer Herkunft,
 es auf die Formel „Engagement plus Marketing plus        troverser angelegt, weil, wie Moderatorin Susanne       gerichtet wurde, rückt nun die Jugendarbeit verstärkt in      Geschlecht oder Alter“ (vgl. § 13 SGB VIII „Jugendso-
 die Königin einer Schule überzeugen, dass Medien-        Böhmig anmerkte, „Computerspiele und soziale Netz-      den Fokus. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Arbeit in      zialarbeit“). Dabei stehen die Interessen und Bedürf-
 arbeit etwas Tolles ist.“                                werke immer zwei Seiten haben, die man nicht beide      Praxisprojekten, mit denen versucht wird, neue Ansätze        nisse von Menschen mit Behinderungen besonders
     In Praxisforum III ging es ganz konkret um das       vorbehaltlos lieben kann“. Wichtig sei in jedem Fall,   zu entwickeln und diese zu erproben. Der Prozess wird be-     im Fokus, um ihnen die gleichen Chancen zu ermög-
 Medium Film. Welche Möglichkeiten bietet film-           unabhängig von einem bestimmten „Mode-Netzwerk“,        gleitet durch Qualifikationsmaßnahmen, Reflexionen und        lichen. „Inklusion kann überall anfangen, hört aber
 basierte Medienarbeit, Heranwachsende mit den            die Grundlagen zu vermitteln: Was mache ich mit den     Evaluationen.                                                 nie auf“ (vgl. Montag Stiftung 2012, S. 19). Sie ist ein
 unterschiedlichsten Voraussetzungen und Ein-             Daten, wie gebe ich Informationen weiter, wie gehe
 schränkungen anzusprechen? Maria Frahling vom            ich mit der Kommunikation im Netz um? Außerdem sei
 Bennohaus präsentierte ein Filmprojekt mit hörbe-        wichtig, die Vorlieben der Heranwachsenden für Com-
 hinderten Heranwachsenden, in dem viel Wert auf          puterspiele und soziale Netzwerke nicht zu negieren,
 die Herausbildung einer starken Körpersprache, un-       sondern aufzugreifen und kreativ anzuverwandeln:
 terstützt durch theaterpädagogische Übungen, ge-         Warum nicht aus Computerspielen Live-Rollenspiele
 legt wurde. Claudia Ziegenfuß und Christian Coes-        machen und damit quasi Theater spielen?
 feld vom doxs!-Projekt Wir zeigen es allen! stellten
 ebenfalls zwei spannende Filmprojekte vor. Einmal
 Filmarbeit mit Dokumentarfilmen in verschiedenen
 Schulen mit den Förderschwerpunkten Lernen und
                                                          !   Eine Übersicht über die Praxisprojekte der Absol-
                                                              ventinnen und Absolventen der Weiterbildung
                                                              Inklusive Medienpädagogik finden Sie auf der
 Geistige Entwicklung, und zum anderen ein Film-              Projektwebseite www.inklusive-medienarbeit.
 projekt, bei dem es um die Erstellung von Audiode-           de unter „Weiterbildung“.
 skriptionen mit Heranwachsenden mit und ohne

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projekte                                                                                                                                                                                                                      projekte

 lebendiger Prozess, aber auch eine persönliche Ein-                                                                                                                      dabei ist die Einrichtung einer barrierearmen On-
 stellung/Haltung, die sich in unserem Denken und                                                                                                                         line-Anmeldung. Durch die Anmeldung via Inter-
 Handeln widerspiegelt.                                                                                                                                                   net ist es derzeit nicht allen Güterslohern möglich,
     Das Projekt Inklusion in der Kinder- und Jugend­                                                                                                                     an den Angeboten teilzunehmen, sei es aufgrund
 förderung in der Stadt Gütersloh besteht aus den                                                                                                                         eines nicht vorhandenen Computers oder durch
 Bausteinen Sensibilisierung, Bestandsaufnahme,                                                                                                                           fehlende unterstützende Maßnahmen wie speziel-
 Praxisprojekten und Evaluation. Angesprochen wer-                                                                                                                        le Programmierregeln für ein barrierefreies HTML.
 den sollen damit Jugendliche mit – aber ebenso auch                                                                                                                      Ein weiteres Teilziel ist die Schulung der Mitarbei-
 ohne – Beeinträchtigungen, Fachkräfte in der Kinder-                                                                                                                     terinnen und Mitarbeiter der Angebote, sodass die
 und Jugendförderung sowie Träger der Jugendhilfe.                                                                                                                        Teilnahme von mehr Jugendlichen und Kindern mit
                                                                                                                                                                          Einschränkungen erreicht wird.
                                                         rungsdruck zu verringern. In der dritten Dimension     und anschließend ausgewertet werden. Die Ergeb-                Bei dem Projekt Rap ‘n‘ Jam setzen sich Jugend-
     Baustein: Sensibilisierung                          steht die Gestaltung von Praktiken im Vordergrund,     nisse sollen dann als Handlungsempfehlungen in            liche mit und ohne Beeinträchtigungen in einem
                                                         die die inklusiven Strukturen und Kulturen wider-      den „Kommunalen Kinder- und Jugendförderplan der          Jugendtreff mit dem Thema Hip-Hop auseinander.
 Im ersten Baustein werden verschiedene Sensibili-       spiegeln (vgl. Boban, Ines/Hinz, Andreas 2003 und      Stadt Gütersloh 2016 – 2020“ eingehen, um die Inklusi-    Bei der Erstellung von Texten und Musik werden sie
 sierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen durchge-         Montag Stiftung 2012).                                 on auch nachhaltig in den Standards zu verankern.         gecoacht, sodass eigene Lieder geschrieben und im
 führt. Als Erstes fand im November des vergangenen          Gestartet wurde bei den ersten Fortbildungsta-                                                               eigenen Tonstudio aufgenommen werden können.
 Jahres eine Auftaktveranstaltung für die Fachkräfte     gen auf der sogenannten „Ich-Ebene“ (Person/Indi-                                                                Parallel dazu entsteht ein Musikvideo. Ziel ist es, ein
 der Jugendförderung und deren kooperierenden            viduum), auf der es um die eigenen Einstellungen,       Baustein: Praxisprojekte                                 Gefühl des Miteinanders zu entwickeln und weiter
 Bereichen statt. In verschiedenen Fachvorträgen         persönliche mentale Modelle und Sichtweisen auf                                                                  zu fördern sowie Toleranz gegenüber anderen Al-
 wurden zahlreiche Grundinformationen über das           die Welt sowie Annahmen, Urteile und Vorurteile        Im dritten Baustein werden zwölf Praxisprojekte           tersklassen, Kulturen und natürlich Menschen mit
 Thema Inklusion vermittelt.                             geht, also um die Bereitschaft zur Entwicklung ei-     durchgeführt. Die Projekte werden entweder in             Behinderung. Zudem steht die Begegnung junger
     Der andere Bereich des Bausteins richtet sich       ner inklusiven Haltung. Im Weiteren folgen dann die    städtischen Einrichtungen durchgeführt, von freien        Menschen mit und ohne Behinderung in dem Jugend-
 speziell an die Personen, die die Praxisprojekte        Ebenen „Sozialraum/Nachbarschaft“ („Ich mit dir“),     Trägern oder liegen im Bereich der Behindertenhilfe.      zentrum im Fokus des Projekts. Gewünscht ist selbst-
 durchführen. Sie bilden über den ganzen Projekt-        „Einrichtung/Organisation/Initiative“, „Vernetzung“    Dies sind zum Beispiel eine inklusive Streetsoccer-       verständlich, dass die Menschen mit Beeinträchti-
 zeitraum eine Arbeitsgruppe, die den gesamten Im-       und die „kommunale/politische Ebene“. Dabei ist be-    Liga, ein inklusiver Jugendtreff, Angebote im Sport-      gungen, welche an dem Projekt teilnehmen und in
 plementierungsprozess begleitet und mitgestaltet.       sonders zu beachten, dass die Basis der inklusiven     und Hobbybereich oder auch eine Theatergruppe,            dessen Rahmen die Angebote des Jugendzentrums
 Außerdem werden sie durch spezifische Schulun-          Gestaltung die Tragfähigkeit der ersten Ebene ist:     in der beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte          kennenlernen, dieses auch im Anschluss besuchen.
 gen unterstützt, deren Aufbau sich an der Systema-      die Klarheit über die eigenen Handlungsmotive, die     Menschen zusammen auf der Bühne stehen. In ei-                 Gestärkt mit dem neuen Wissen und vielen Er-
 tik des „Index für Inklusion“ und des „Kommunalen       Werte und Haltungen (vgl. Montag Stiftung 2012).       ner projektbegleitendenden Arbeitsgruppe werden           fahrungen gehen die Mitarbeiter in den Projekten
 Index für Inklusion“ orientiert. Dabei wird auf drei                                                           die Projekte reflektiert und Standards von Inklusi-       in die Praxis, denn vieles lässt sich nicht nur aus
 Dimensionen des Index eingegangen: „Inklusive                                                                  on in der Kinder- und Jugendförderung erarbeitet,         Büchern lernen, wenn die Realität mit plötzlich auf-
 Kulturen schaffen“, „Inklusive Strukturen etablie-       Baustein: Bestandsanalyse                             sodass die Mitglieder für die Thematik sensibilisiert     tretenden Ereignissen eine ganz andere ist. Und so
 ren“ und „Inklusive Praktiken entwickeln“. Die erste                                                           und qualifiziert werden.                                  stehen weiterhin viele Aufgaben bevor, denn Inklu-
 Dimension zielt darauf ab, eine gut zusammenarbei-      Der zweite Baustein ist eine Bestandsanalyse, in der        Ein Beispiel ist das Projekt Ferienspiele – inklu­   sion lässt sich nicht einfach abschließen, sondern
 tende Gemeinschaft zu schaffen, in der jedes Mit-       zahlreiche vorhandene Einrichtungen und Angebote       siv. Die Ferienspiele bieten jährlich rund 5000 Kin-      ist ein immer weiter laufender Prozess.
 glied respektiert und geschätzt wird. Dafür sollen      der Kinder- und Jugendförderung untersucht werden.     dern und Jugendlichen vielfältige Möglichkeiten
                                                                                                                                                                          q u e l l e n
 gemeinsame inklusive Werte entwickelt und weiter        So soll beispielsweise erschlossen werden, welche      der aktiven Freizeitbeschäftigung in den Oster- und
 vermittelt werden. Die Dimension „Inklusive Struk-      Kinder mit Behinderungen die Angebote nutzen oder      Sommerferien. Das Angebot soll nun vermehrt dem           z § 13 SGB VIII „Jugendsozialarbeit“
 turen etablieren“ soll absichern, dass Inklusion alle   warum einige nicht erreicht werden. Dafür wurde ein    Bedarf von Menschen mit Beeinträchtigungen ge-            z Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft: Inklusion vor Ort,
                                                                                                                                                                             der kommunale Index für Inklusion – ein Praxishandbuch
 Strukturen durchdringt, um dadurch die Teilhabe         Fragenkatalog entwickelt, mit dem leitfadengestützte   recht werden, dabei wird sowohl an den Strukturen
                                                                                                                                                                          z Boban, Ines/Hinz, Andreas (Hrsg.) (2003): Index für Inklusion.
 aller zu ermöglichen und Tendenzen zu Aussonde-         Interviews geführt werden, deren Daten protokolliert   als auch an den Angeboten gearbeitet. Ein Teilziel           Lernen und Teilhabe in der Schule der Vielfalt entwickeln

18     InterAktiv 01|14                                                                                                                                                                                           InterAktiv 01|14      19
projekte                                                                                                                                                                 projekte

 vibelle.de Informations-
                                                                   H
                                                                             örbehinderte Menschen unterliegen einer          vibelle.de (Visuelles zu Beruf, Leben und Lernen). Vi­
                                                                             besonderen Bildungserwerbssituation. Infol­­­­   belle ist das deutsche Internetportal für berufsrele-

 und eLearning-Portal                                                        ge der Hörschädigung ist Gehörlosen und
                                                                   hochgradig Schwerhörigen, die in ihrer Kommunika­
                                                                   tion ganz oder teilweise auf den Gebrauch von
                                                                                                                              vantes Wissen und eLearning in Gebärdensprache.
                                                                                                                                  In einem früheren Projekt, dem Aachener Test­
                                                                                                                              verfahren zur Berufseignung von Gehörlosen (ATBG),

 für Gehörlose                              2 Dr. Florian Kramer   Ge­­­bärdensprache angewiesen sind, nicht nur die
                                                                   Wahrnehmung von Lautsprache verwehrt, sondern
                                                                   auch der Schriftspracherwerb unterscheidet sich
                                                                                                                                haben wir psychologische Testverfahren in Ge-
                                                                                                                              bärdensprache entwickelt. Mit dem ATBG konnten
                                                                                                                              über 1.000 Gehörlose und Schwerhörige barrierefrei
 Neue Medien bieten neue Bildungschancen für gehörlose             grundsätzlich von dem Hörender. Der Erwerb von             erfahren, für welche berufliche Branche sie beson-
                                                                   Schriftsprache ist bei Gehörlosen am ehesten mit           ders geeignet sind. Dabei haben wir unter anderem
 und hochgradig schwerhörige Menschen
                                                                   dem Erwerb einer Zweitsprache zu vergleichen (Lou-         herausgefunden, dass Gehörlose und Schwerhörige
                                                                   is Nouvertné 2001). Somit verfügen Gehörlose und           zwar im Durchschnitt über eine vergleichbare intel-
                                                                   hochgradig Schwerhörige im Vergleich zu nicht hör-         lektuelle Leistungsfähigkeit gegenüber Hörenden
                                                                   behinderten Menschen über eine im Mittel niedrigere        verfügen, bei gelerntem Wissen aber häufig hinter
                                                                   Schriftsprachkompetenz. Das bedeutet, dass sie von         ihren Möglichkeiten zurückbleiben (Kramer 2003).
                                                                   lautsprachlichen (Radio, Fernsehen, Schulunterricht,       Das hat sicher viele Ursachen, eines aber ist sicher:
                                                                   Lern-DVDs) und schriftsprachlichen Informations- und       Gehörlose und Schwerhörige haben kaum die Mög-
                                                                   Bildungsangeboten (Lehrbücher, Zeitung, Internet)          lichkeit, Informationen oder Lernmaterialien in ihrer
                                                                   nicht in gleicher Weise profitieren können, wie das        Sprache, der Gebärdensprache, zu nutzen. Es gibt
                                                                   hörenden Menschen möglich ist. Inklusive Bildungs-         bis heute einfach viel zu wenig Lern- und Informa­
                                                                   arbeit muss dies berücksichtigen und barrierefreie         tionsangebote in Gebärdensprache. So kamen wir
                                                                   Bildungsangebote für diese Zielgruppe anbieten.            auf die Idee, ein Internetportal zu entwickeln, das
                                                                                                                              Informationen und Lernangebote durchgängig in
                                                                                                                              Gebärdensprache und Schrifsprache (Untertitel oder
                                                                    Barrierefreie Anwendungen                                 Begleittext) anbietet.
                                                                    für Neue Medien

                                                                   Im SignGes, dem Kompetenzzentrum für Gebär­                 Barrierefreie Informationen
                                                                   densprache und Gestik an der RWTH Aachen, wer-              für gehörlose und schwerhörige
                                                                   den von einem interdisziplinären Team, das sich            User
                                                                   paritätisch aus gehörlosen und hörenden Wissen-            In Vibelle-Info, einem der zwei großen Bereiche des
                                                                   schaftlern zusammensetzt, neben der Lehre der              Portals, liegt der Schwerpunkt auf der barrierefrei-
                                                                   Deutschen Gebärdensprache für Studenten und                en Vermittlung von Wissen über die „Arbeitswelt“.
                                                                   der Erarbeitung von Grundlagenforschung zur Ge-            Hier kann der gehörlose und schwerhörige User
                                                                   bärdensprache auch barrierefreie Anwendungen               sich über Berufe, Verträge, Rechte und Pflichten
                                                                   Neuer Medien entwickelt. Diese Anwendungen för-            im Arbeitsleben oder aber über Aus- und Weiterbil-
                                                                   dern den Bildungsprozess Gehörloser und hochgra-           dung und vieles mehr informieren.
                                                                   dig Schwerhöriger und leisten so einen Beitrag zur             Im Bereich Vibelle-eLearning können Gehörlo-
                                                                   inklusiven Teilhabe am gesellschaftlichen Leben            se und Schwerhörige für den Beruf wichtige Fer-
                                                                   (mehr Informationen unter www.gebaerdenspra-               tigkeiten wie Deutsch, Mathematik, Englisch oder
                                                                   che.de). Eine solche Anwendung ist das gebärden-           BWL auffrischen. Ein Kurs zum Themenkomplex
                                                                   sprach-basierte Lern- und Informationsportal www.          „Mensch & Gesellschaft“ ergänzt dieses Angebot

20   InterAktiv 01|14                                                                                                                                         InterAktiv 01|14    21
projekte                                                                                                                                                                                                                             projekte

                                                        Das beliebteste Format auf Vibelle ist unsere Web-
                                                        TV-Sendung VibelleTV. Bisher haben wir über 100
                                                        Sendungen mit einer Dauer von 10 bis maximal 20
                                                                                                                                Lieblingsorte
                                                        Minuten veröffentlicht. In VibelleTV berichten wir
                                                        von Veranstaltungen und beleuchten für Gehörlose
                                                        und Schwerhörige interessante Themen aus unter-
                                                                                                                                in münster
                                                        schiedlichen Blickwinkeln. Gastmoderatoren ergän-
                                                        zen unser Moderatorenteam. VibelleTV-Sendungen
                                                        liefen bereits in Sport1 und werden in regelmäßigen
                                                                                                                                von menschen mit
                                                        Abständen von unserem Kooperationspartner Spec­
                                                        trum 11 wiederveröffentlicht. Zusätzlich zu diesen
                                                        Kanälen veröffentlichen wir die meisten Sendun-
                                                                                                                                Down-Syndrom
 um gesellschaftliche Aspekte. Die über 12.000 Ge-      gen auch auf YouTube, wo ausländische Interes-                           Unterstützende Techniken für Kinder und Jugendliche                                  2 Nadja Zaynel
 bärdensprachvideos auf Vibelle werden bilingual        sierte sich die Untertitel übersetzen lassen können.

                                                                                                                                S
 von Texten oder Untertiteln flankiert. Vibelle ist     User aus 69 verschiedenen Ländern haben diese                                  chon lange beschäftige ich mich theoretisch       am Anfang vor vielen Fragen und konnte auf wenig
 das Ergebnis des Forschungsprojekts Aachener In­       Möglichkeit bereits genutzt.                                                   mit der Frage, wie man Menschen mit Down-         bereits Vorhandenes zurückgreifen. Klar war, dass ak-
 ternet-Lernsoftware zur Berufsqualifizierung von                                                                                      Syndrom die Nutzung des Internets erleichtern     tiv gearbeitet werden soll und eigene Inhalte generiert
 Gehörlosen (AILB), das seit 2003 entwickelt wurde.     l i t e r a t u r                                                       kann. Dabei habe ich schon einige Gespräche mit Eltern   werden sollen. Schnell bin ich auf die Idee gekommen,
 Doch nicht nur die sprachliche Ausrichtung von         z Louis-Nouvertné, U. (2001): Muss man hören können, um zu             von Kindern mit Down-Syndrom als Experten geführt        einen Blog ins Leben zu rufen. Durch die mittlerweile
                                                           lesen? Probleme des Schriftspracherwerbs Gehörloser. In:
 Vibelle haben wir an die Bedürfnisse Gehörloser                                                                                und mir einige Gedanken dazu gemacht, wie man Per-       nutzerfreundlichen Blog-Plattformen ist die Erstellung
                                                           Ludwig Jäger (Hrsg.): Themenheft Gebärdensprache der Zeit-
 und Schwerhöriger angepasst. Auch die visuelle,           schrift Sprache und Literatur (SuL) 88                               sonen mit Down-Syndrom die Struktur und Komplexi-        eines eigenen Blogs relativ leicht, da man keine Ah-
                                                        z F. Kramer (2007): Kulturfaire Berufseignungsdiagnostik bei
 technische und didaktische Umsetzung des Portals          Gehörlosen und daraus abgeleitete Untersuchungen zu den              tät des Internets vermitteln kann. Trotzdem stand ich    nung von Programmiersprache haben muss.
 bedurfte spezieller Lösungen. Schauen Sie mal rein:       Unterschieden der Rechenfertigkeiten bei Gehörlosen und
                                                           Hörenden. Dissertation an der RWTH-Aachen, http://darwin.
 www.vibelle.de.                                           bth.rwth-aachen.de/opus3/volltexte/2007/1929/

                                                        Weitere Beschreibungen des Projekts Vibelle
                                                        z F. Kramer, S. Kortlepel (2008): Vibelle-eLearning. In: Hörgeschä-
     eLearning im Stile von Edutainment                    digten Pädagogik 62/4, S. 159–162
                                                        z K. Grote, F. Kramer, S. Kortlepel (2009): Vibelle. Das multimedia-
                                                           le interaktive Informations- und Lernportal für Gehörlose. In:
                                                           DAS ZEICHEN 81 – Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehör-
 Mit Vibelle-eLearning haben wir ein videobasiertes,       loser, S. 66–77
 neues eLearning-Format entwickelt, das im Stile von    z K. Grote, D. Raabe-Driesen, K. Knoerzer, E. Karar, F. Kramer
                                                           (2009): www.vibelle.de, Visuelles zu Beruf, Leben und Lernen.
 Edutainment Lernen (Education) und Unterhaltung           In: Lesen statt Hören. Zeitschrift für Gehörlosenkultur 17/1,
 (Entertainment) miteinander verknüpft. In diesem          S. 3–5
 Format haben wir eLearning-Kurse für die Bereiche
 „Englisch“, „Deutsch schreiben“ und „Mensch & Ge-
 sellschaft“ umgesetzt. Die Kurse haben wir durch
                                                        k o n t a k t
 Wissensfragen ergänzt, mit denen der User seinen
 Lernfortschritt überprüfen kann.                       SignGes Kompetenzzentrum
     Die durchweg positiven Rückmeldungen seitens       für Gebärdensprache und Gestik RWTH Aachen
 der Gehörlosen-Community bestätigten diesen An-        Theaterplatz 14 · 52062 Aachen
 satz. Vibelle-eLearning wird inzwischen an verschie-   Dr. Florian Kramer · Tel. 0241-8095837
 denen Schulen als unterstützendes Unterrichtsma-       Email f.kramer@isk.rwth-aachen.de
 terial eingesetzt.                                     Skype rwth_aachen

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