Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
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Das Magazin der Nr. 5 Aerztegesellschaft des Oktober 2018 Kantons Bern Themen dieser Ausgabe Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits verfahrens doc.be 05/2018 Editorial 1
Geeignet? Korrekt? Rechtsstaatlich? Die Krankenversicherer haben den gesetzlichen Auftrag zu überprüfen, ob ärztliche Leistungen wirtschaftlich erbracht wurden. Diese A ufgabe ist notwendig in einem System mit solidarischer Finanzierung. Bei Verfehlungen ist der verantwortliche Arzt zu sanktionieren. Zu all dem steht die Ärzteschaft. Es darf nun erwartet werden, dass die für die Überprüfung der Wirt- schaftlichkeit angewendete Methode geeignet ist, korrekt a ngewendet wird und sich ein allfälliges Wirtschaftlichkeitsverfahren an die Grundsätze des Rechtsstaats hält. In allen drei Punkten sieht man sich enttäuscht. Die bisher angewendete ANOVA-Methode weist grobe Schwächen auf. Sie berücksichtigte nur Alter und Geschlecht der Patienten. Ausgerech- net die Erkrankung der Patienten wurde bisher nicht einbezogen. Neu werden die Indizes um die Faktoren Morbidität, Spitaltage im Vorjahr sowie unterschiedliche Franchisen korrigiert. Schon jetzt zeigt sich, dass viele Ärztinnen und Ärzte bei Einbezug dieser Faktoren statistisch nicht mehr auffallen. Dies trifft nun gerade auch auf jene zu, die in den letzten Jahren wegen der schlechten Methode von V erwaltungsgerichten verurteilt wurden. Viele von ihnen würden mit der überarbeiteten Me- thode deutlich tiefere Indizes aufweisen. Dazu gehört auch ein Arzt im Kanton Bern (cf. Seite 12), der noch dieses Jahr nach der alten, fehler haften Methode zur Rückzahlung hoher Beträge wegen angeblicher Überarztung verurteilt wurde. Mängel wies dabei nicht nur die Methode auf, mangelhaft wurde sie auch angewendet. In der Vergleichsgruppe, welche die Krankenkassen heranzogen, hatte es Hausärzte dabei, die sich im Ruhestand befanden, gar nicht als Hausärzte praktizierten oder bereits verstorben waren. Eine solche Praxis, durch unsere Verwaltungsgerichte sanktioniert, untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat. Und gesundheitspolitisch ist es eine fatale Fehlentwicklung, wenn ausgerechnet die Betreuung und Behandlung schwer kranker und sozial benachteiligter Patienten einem Arzt zum Verhängnis werden kann. Marco Tackenberg Leiter Presse- und Informationsdienst Aerztegesellschaft des Kantons Bern 2 doc.be 05/2018 Editorial
Inhalt Beschlüsse der Delegiertenversammlung 5 «Wir haben die Weltspitze vor Augen» Antrag der Taskforce DMA (Direkte Medikamenten lehnen. Gestützt auf das Ergebnis der Konsultativabstimmung anlässlich der Uwe E. Jocham, Direktions- und Ver- abgabe = Selbstdispensation) erwähnten erweiterten Präsidentenkon- waltungsratspräsident der Insel-Gruppe, zuhanden Delegierten ferenz hat der Kantonalvorstand auf einen will das Wir-Gefühl in der Insel-Gruppe versammlung vom 18. Oktober Gegenvorschlag verzichtet und der Dele- stärken. 2018 giertenversammlung ebenfalls empfohlen, den Antrag abzulehnen. Für die ausführ- 10 Das Anliegen DMA wird derzeit nicht weiterverfolgt Wortlaut des Antrags: 1. Aufbau eines Teams zur Erarbeitung lichere Begründung und Zusammenfas- sung der durchgeführten Analysen sowie Der grosse finanzielle und personelle eines Informationskonzeptes für Poli- der anlässlich der Delegiertenversamm- Einsatz, der geleistet werden müsste, tiker und Politikerinnen, insbesondere lung geführten Diskussionen verweisen steht derzeit in keinem Verhältnis zu den der GSoK wir auf den Artikel «Das Anliegen DMA Erfolgsaussichten. 2. Im direkten persönlichen Gespräch wird derzeit nicht weiterverfolgt» auf mit 10 bis 20 Parlamentariern (GSoK) Seite 10. 12 Ein guter Arzt Ein älterer Hausarzt gerät in die Mühlen herausfinden wie die Situation wirklich ist. Bei positivem Verlauf Gespräche/ eines Wirtschaftlichkeitsverfahrens. Personenkreis ausbauen Wahl eines neuen Vorstands- mitglieds (auf Antrag des ABV 15 Cavete Collegae: Gesetzes änderung Abstimmung: Abgelehnt mit 28 Nein bei 3 Ja und Berner Oberland) Seit dem 1. Januar 2018 ist das neue 5 Enthaltungen Die Delegierten wählen Medizinalberufegesetz in Kraft. Das hat Dr. med. Matthias Streich, Innertkirchen, direkte Auswirkungen auf den Praxis- Begründung: Chefarzt Gynäkologie, Spital Interlaken alltag. Die erweiterte Präsidentenkonferenz vom einstimmig zum neuen Vorstandsmitglied 20. September 2018 hatte sich einstim- der BEKAG. 17 Die MPAs von morgen FMH-Präsident Jürg Schlup und weitere mig gegen den Antrag der Taskforce entschieden und dem Vorstand und der BEKAG-Mitglieder betreuten an Delegiertenversammlung der BEKAG emp den Berufsmeisterschaften Swiss Skills fohlen, den Antrag vollumfänglich abzu- einen Informationsstand zum Beruf «Medizinische Praxisassistentin». 19 Ein innovatives, landesweites Bürgerwissenschafts-Projekt Die Daten aus dem Schweizer MS Register können Ärztinnen und andere Gesundheitsfachpersonen darin unterstützen, MS-Symptome zielgerich- teter zu behandeln. Lohnempfehlungen MPA 2019 Impressum doc.be, Organ der Aerztegesellschaft des Kantons Einstiegslohn Funktionszulage Bern; Herausgeber: Aerztegesellschaft des Kantons Fr. 4’050.– × 13 bei einer Wochenarbeits- Es wird empfohlen, Medizinischen Praxis Bern, Postgasse 19, 3000 Bern 8 / erscheint zeit von 42 Stunden und 4 Wochen Ferien. assistentinnen mit abgeschlossenem Lehr- 6 × jährlich; Verantwortlich für den Inhalt: meisterkurs und Ausbildungsfunktion in der Vorstandsausschuss der Aerztegesellschaft des Dienstalterszulage Praxis eine Funktionszulage auszurichten. Kantons Bern; Redaktion: Marco Tackenberg, Fr. 100.– pro Monat Erhöhung (je Dienst- Simone Keller und Markus Gubler, Presse- und jahr) für die dem ersten folgenden Dienst- Lehrlingslöhne Informationsdienst BEKAG, Postgasse 19, jahre. Die Dienstalterszulage soll ein Thema 1. Lehrjahr Fr. 400.– 3000 Bern 8, T 031 310 20 99, F 031 310 20 82; des jährlichen Qualifikationsgespräches (cf. elektronischer Newsletter BEKAG tackenberg@forumpr.ch, keller@forumpr.ch, bilden. vom 12.09.2018) gubler@forumpr.ch; Inserate: Simone Keller, 2. Lehrjahr Fr. 900.– keller@forumpr.ch; Gestaltung / Layout: Definitiv 3. Lehrjahr Fr. 1’300.– Design, Bern; Druck: Druckerei Hofer Bümpliz AG, 3018 Bern; Titelbild: Marco Zanoni Ein 13. Monatslohn wird ausgerichtet. doc.be 05/2018 Neuigkeiten 3
«Wir haben die Weltspitze vor Augen» Uwe E. Jocham, Direktions- und Verwal- tungsratspräsident der Insel Gruppe, ist ein ehrgeiziger Mensch. Früher im Sport, heute im Beruf. Ehrgeizige Ziele hat er auch für die Insel Gruppe. Im Gespräch mit doc.be erklärt er, wie er diese erreichen will. Uwe E. Jocham: «Es gibt Interview: Marco Tackenberg und Simone Bereich der Wirtschaftlichkeit zusammen- international wenige Gesund- Keller, Presse- und Informationsdienst gekommen. Wir sind noch in einer frühen heitssysteme, die hinsichtlich Bilder: Marco Zanoni Phase nach dieser Fusion; das Zusammen- Qualität und Versorgung der führen und vor allem die Entwicklung eines Bevölkerung das leisten, was doc.be: Herr Jocham, wir würden gemeinsamen Wir-Gefühls ist eine grosse wir in der Schweiz geboten gerne mit einer SWOT-Analyse der Herausforderung. Dieses «Wir» steht bei bekommen.» Insel Gruppe einsteigen. Zu den uns im Zentrum von vielen Aspekten der Stärken gehören sicherlich die lange neuen Strategie. Nur gemeinsam sind wir Tradition dieser Institution sowie stark. der Ruf, der bis ins Ausland reicht. Was noch? Welches sind Chancen, die sich aus Uwe E. Jocham: Was die Insel Gruppe dem Umfeld ergeben? speziell macht, ist die Verbindung von Eine grosse Chance sehe ich im Thema der Klinik, Lehre und Forschung am Insel- Digitalisierung. Diese wollen wir anneh- spital und die Gruppierung von insgesamt men und mitgestalten. Eines unserer stra- fünf Spitalstandorten rund um Bern mit tegischen Ziele lautet: Wir übernehmen bis unterschiedlichen Profilen und Aufträgen. 2022 eine Vorreiterrolle in der digitalen Diese Verbindung wollen wir als Profil in Medizin. Insbesondere setzen wir darauf, die Zukunft tragen. die internen Kompetenzen zu stärken und vermehrt Wissen von innen heraus zu ge- Welches sind die Schwächen? nerieren. Ganz generell muss ich sagen: Schwächen sehe ich immer als Chancen. Die Insel Eine weitere Chance ist die Verlagerung Gruppe, wie sie heute besteht, ist ein re- von stationär zu ambulant. Das ist nicht lativ junges Gebilde. Beim Zusammen- nur in wirtschaftlicher Hinsicht eine grosse schluss des Inselspitals mit dem Spitalnetz Herausforderung. Unsere Infrastrukturen, Bern sind unterschiedliche Kulturen, un- unsere Prozesse und Abläufe kommen aus terschiedliche Kernkompetenzen sowie der stationären Tradition. In diesem Wan- unterschiedliche Herausforderungen im del müssen wir uns überlegen: Wie können doc.be 05/2018 Interview 5
Die neue Angebotsstrategie wir unsere Infrastruktur so weiterentwi- und die neue Direktion – wichtige Wei- der Insel Gruppe sieht vor, ckeln, dass wir weiterhin in der Lage sind, chenstellungen entwickeln. Wir haben al- jedem Spital nebst der Grund- unsere Dienstleistungen wirtschaftlich les, das heisst die Angebotsstrategie, die versorgung ein spezifisches nachhaltig zu realisieren? Werte und die Vision, intern erarbeitet. Profil zu geben. In Riggisberg Das war gut so und ich denke, es hat das steht beispielsweise die Sie sind nun seit bald einem Jahr Vertrauen in die Insel Gruppe gestärkt. Neurorehabilitation im Fokus, bei der Insel Gruppe. Vor vier Jahren im Spital Tiefenau die Alters- haben wir Ihren Vorgänger Holger Im selben Interview sagte Baumann medizin. Baumann gefragt, wieso er diese gegenüber doc.be, dass es künftig Aufgabe angenommen hat. Hier kann nur noch ein einziges Stadtspital ge- man doch nur alles falsch machen! ben könne, weil die Belegungszahlen Dieselbe Frage wurde mir bei meinem nicht mehr hergeben. Wie ordnen Antritt oft gestellt. Als mich der Regie- Sie diese Aussage heute ein? rungsrat angefragt hat, ob ich bei der In- Damals gab es zwei Stadtspitäler; das sel Gruppe Verantwortung übernehmen Zieglerspital wurde mittlerweile geschlos- möchte, befand sich das Unternehmen in sen. Eines unserer strategischen Kernele- einer schwierigen Phase. Ich musste nur mente ist die Etablierung von Spezialan- kurz überlegen. Ich bin seit 25 Jahren im geboten und die Weiterentwicklung der Berner Gesundheitsbereich tätig. Die Ent- ambulanten Angebote. Und zwar auf eine wicklung bei der Insel Gruppe habe ich Art und Weise, die nachhaltig und zu- immer verfolgt. Dieser Leuchtturm des kunftsgerichtet ist. Das Spital Tiefenau hat, Medizinalstandortes Bern befand sich in wie die Landspitäler, eine wichtige Rolle in einer Krise; dabei ist er so wichtig für die der Grundversorgung und in der Vernet- Wirtschaft des Kantons. Ich sah in der An- zung mit den niedergelassenen Hausärztin- frage eine Möglichkeit, meinen Teil dazu nen und Hausärzten. Gleichzeitig werden beizutragen, diesen Leuchtturm wieder sich die Profile aller Standorte an die sich zum Strahlen zu bringen. Es war fast wie ändernden Bedürfnisse der Erkrankten eine innere Verpflichtung. und der zuweisenden Kolleginnen und Kollegen anpassen müssen. Und derzeit tun Sie dies mit einem Doppelmandat. Das hat sich so ergeben. Die Doppelrolle war in der Zeit des Übergangs gut. Ge- meinsam konnten wir – der Verwaltungsrat 6 doc.be 05/2018 Interview
Seinem Vater hat Uwe E. Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, dass Jocham am meisten zu ver- die Insel Gruppe die Zuweiser sich die Mitarbeitenden der Insel Gruppe danken. Er würdigt ihn problematik komplett unterschätzt? aktiv in den standespolitischen aber auch mit dem E. in seinem Namen. Wir haben in unserer strategischen Aus- in den Fachgremien und Arbeitsgruppen Es steht für Erwin, den richtung die Bedeutung der Zuweiser auf- einbringen. Wir als Spitalgruppe müssen Vornamen des Vaters. genommen. An allen Standorten wollen uns öffnen und Kooperationen mit ver- wir die Kommunikation mit den nieder- schiedenen Stakeholdern, beispielsweise gelassenen Kolleginnen und Kollegen ver- mit der BEKAG, eingehen. bessern. Die Insel Gruppe macht viel für die ärztliche Fortbildung, ebenso leistet sie Punkto Zusammenarbeit: Wie einen erheblichen Beitrag in der Notfall- f unktioniert die Zusammenarbeit versorgung und der Spezialversorgung im mit Privatspitälern? Schliesslich Kanton Bern. Wir hoffen, das Vertrauen sind Sie ja Konkurrenten. durch aktive Bereitschaft zum Austausch Alle Spitäler, die selbständig agieren, egal und durch gute Erreichbarkeit zu stärken. ob öffentlich oder privat, sind Wettbewerber Für uns ist es ein wichtiges Element in der in der Gesundheitsbranche. Der Austausch Kommunikation nach aussen, dass jedes und Kontakt mit verschiedenen Playern, Spital ein klar erkennbares Angebotsprofil auch über die Kantonsgrenze hinweg, ist hat. entscheidend. Ich habe in den letzten Mo- naten sehr viel Engagement und Zeit dafür Welche Rolle spielt die Aerzte aufgewendet, um zu prüfen, wo wir gemein- gesellschaft des Kantons Bern in sam mit anderen etwas tun können. Es be- Ihren Überlegungen? stehen viele Kooperationsvereinbarungen Ich befinde mich noch in der Phase der mit anderen Spitälern und zum Teil mit «Assimilierung» mit dem medizinischen Gruppenpraxen, die für die Öffentlichkeit Bereich. Was ich heute schon sagen kann: gar nicht sichtbar sind. Ich konnte erste Kontakte knüpfen und be- schäftige mich natürlich mit den Themen Wie steht es eigentlich um das der BEKAG, beispielsweise Hausärzte- Projekt «Stärkung Medizinalstandort mangel und lokale Versorgung. Mit Freude Bern»? stelle ich fest, dass Kadermitarbeitende der Das ist nach wie vor aktiv. Der Medizi- Insel Gruppe in der kantonalen Ärztege- nalstandort Bern, und damit ist nicht nur sellschaft und anderen Fachgesellschaften das Spitalwesen, sondern auch die Pharma- mitwirken und sich mit ihnen austauschen. und die Biotechbranche gemeint, ist ein doc.be 05/2018 Interview 7
Wirtschaftsfaktor von herausragender Be- werden. Initiativen, die den Nachwuchs deutung. Die Forschungsverzahnung ist fördern, sind für die Zukunft des Gesund- dabei ein Schlüsselelement. Ein Vorzeige heitswesens genauso wichtig wie die Fra- beispiel ist die sitem-insel AG, das nationa- gen der Finanzierbarkeit. Beide Themati- le Zentrum für Translationale Medizin und ken sind so komplex, dass es alle Player an Unternehmertum in Bern. Dieses Modell einem Tisch braucht. Und die Individual wird derzeit weiterentwickelt und soll als interessen müssen so ausbalanciert werden, Muster für ähnliche Projekte dienen. dass wir dem gemeinsamen Gesamtinter esse folgen können. Gleichzeitig hat der Kanton Bern die Visi- on entwickelt, dass er langfristig nicht mehr Von wem haben Sie im Laufe Ihrer vom Nationalen Finanzausgleich (NFA) Karriere am meisten gelernt? abhängig sein will. Vor zwei Jahren wurde Ich hatte das Glück, in meinem Leben vie- diese Vision erstmals ausgesprochen. Im ak- le Mentoren und Begleiter zu haben. Am tuellen Jahr zahlt der NFA bereits 15 Milli- meisten zu verdanken habe ich aber mei- onen weniger an Bern aus. Das zeigt: Wir nem Vater. Er war ein sehr ehrgeiziger sind unterwegs in die richtige Richtung. Mensch und ein herausfordernder Vater. Lange hatte ich ein schwieriges Verhältnis Das ist eine ähnlich ambitionierte zu ihm, weil er Schwierigkeiten hatte, dass Vision, wie die der Insel Gruppe. sein Sohn ihn in irgendeinem Bereich über- Ich bin der Meinung, dass man grosse Vi- flügeln könnte, ob im Sport oder im Beruf. sionen haben muss. Wir wollen uns weiter Erst in den letzten Jahren vor seinem Tod entwickeln und eine der weltweit führen- konnte er auch seinen Stolz auf meine Leis- den Spitalgruppen für universitäre und tung ausdrücken. Als Zeichen meines Dan- integrierte Medizin werden. Wir haben kes trage ich das E. in meinem Namen. Es die Weltspitze vor Augen; dorthin wollen steht für Erwin, seinen Vornamen. wir uns bewegen. Wir wissen: Der Ruf der Insel ist umso besser, je weiter man vom Standort weggeht. In der Forschung aber auch in der Dienstleistung haben wir im- Uwe E. Jocham mer wieder Richtungsweisendes entwickelt. Uwe E. Jocham war vor seinem Einstieg bei der Insel Gruppe während siebzehn Jahren zunächst Was denken Sie, wenn Sie in den als Produktionsdirektor und später als Direktions- Medien Berichterstattungen über präsident des australischen Biotechunternehmens unser Gesundheitswesen lesen? CSL Behring in Bern tätig. Der 55-Jährige studier- Viele Stimmen sagen, unser Gesundheits- te in München Pharmazie, machte die Weiterbil- wesen sei in einem herausfordernden Zu- dung zum Fachapotheker für Pharmazeutische stand. Ich muss dagegenhalten: Es gibt Technologie und erwarb ein Diplom für Unterneh- international wenige Gesundheitssysteme, mensführung an der HSG. Zudem hat er einen Ab- die hinsichtlich Qualität und Versorgung schluss als Marketingplaner mit eidgenössischem der Bevölkerung das leisten, was wir in Fachausweis. Seit 2014 ist Jocham Präsident des der Schweiz geboten bekommen. Was wir Kantonalverbandes der Berner Arbeitgeber, 2017 nun tun müssen, ist dafür zu sorgen, dass erhielt er von der Medizinischen Fakultät der Uni- diese herausragende Qualität nachhaltig versität Bern den Ehrendoktortitel. finanzierbar bleibt für künftige Generati- onen. Wir als Insel Gruppe müssen uns im- Seit 1994 lebt Jocham mit seiner Ehefrau und den mer wieder fragen: Wie können wir unsere beiden erwachsenen Söhnen in der Region Thun, Leistungen effizienter und kostengünstiger seit 2013 in Gerzensee. anbieten? Einen wirklich kritischen Punkt sehe ich im enormen Fachkräftemangel. Wir müssen die nachfolgenden Generationen motivieren, im Gesundheitswesen tätig zu 8 doc.be 05/2018 Interview
publix.ch Resultat bleibt Resultat. Wir nehmen es persönlich. Take iT easy Das medizinisch-diagnostische Mit der Praxissoftware der Ärztekasse können alle gängigen Funktionen Labor an der Südbahnhofstrasse 14c leicht und mühelos genutzt werden. Wer von Anfang an alle Möglichkeiten voll ausschöpfen und individuell anpassen will, wählt das «Customizing» in Bern. und die Ärztekasse stimmt alle Softwareelemente genau auf Ihre Praxis ab. Beratung + Service + Software + Schulung = Ärztekasse professionell www.aerztekasse.ch www.medics.ch und persönlich «Ich stelle mir eine Medizin vor ...» Briefwechsel einer jungen Ärztin mit einem erfahrenen Hausarzt Terminplan 2018 Aerztegesellschaft des Lisa Bircher ist auf dem Weg, Hau- Kantons Bern särztin zu werden, Bruno Kissling steht am Ende seiner beruflichen 24. Oktober Laufbahn als Hausarzt. In einem FMH Ärztekammer, intensiven Briefwechsel diskutie- nachmittags ren die beiden unter anderem über ihr Verständnis von Medizin, die 25. Oktober fachärztliche Weiterbildung im Spi- FMH Ärztekammer, tal und die Definitionen der Begriffe ganzer Tag in Biel «krank» und «gesund». Eines bleibt dabei immer im Blick: Die Frage 15. November nach einem würdevollen Umgang Bezirksvereins aller Beteiligter bei einer Krankheit. versammlungen, kantonsweit 144 Seiten, CHF 19.80 ISBN 978-3-906304-39-7 Bestellung/Leseprobe: T 044 381 77 30 info@ruefferundrub.ch www.ruefferundrub.ch doc.be 05/2018 Anteige 9
Das Anliegen DMA wird derzeit nicht weiterverfolgt Die Delegierten haben sich an der Delegiertenver sammlung vom 18. Oktober 2018 gegen eine flächendeckende Einführung der DMA (Direkte Medikamentenabgabe in der Arztpraxis = Selbst- dispensation) ausgesprochen und den Antrag der Taskforce DMA zur Erarbeitung eines Infor- mationskonzeptes mit grossem Mehr abgelehnt. Die Delegierten sind damit der Empfehlung des Vorstands gefolgt. Text: Simone Keller, Presse- und Die Taskforce DMA hat das Büro Vatter (Politik- Informationsdienst forschung & -beratung, Bern) mit einer Situations- Bild: Carmelo Agovino analyse beauftragt. Herr Christian Bolliger vom Büro Vatter hat die wichtigsten Ergebnisse an der In der Schweiz liegt es in der Kompetenz der Kan- Delegiertenversammlung vorgestellt: tone zu regeln, ob und unter welchen Bedingungen – Eine Umfrage bei den Mitgliedern und Ersatz- niedergelassene Ärztinnen und Ärzte eine Privat mitgliedern der grossrätlichen Gesundheits- apotheke führen und somit Medikamente abgeben und Sozialkommission (GSoK) zeigt eine eher dürfen. Der Kanton Bern erlaubt das Führen einer niedrige Bereitschaft, sich aktiv mit dem Thema Privatapotheke nur, wenn es in der Ortschaft der DMA auseinanderzusetzen. Praxis weniger als zwei Apotheken gibt. – Eine Umfrage bei den gesundheitspolitischen Organisationen zeigt, dass ausserhalb der Ärzte Das Thema ist politisch umstritten. Neben grossem schaft eher nicht mit grosser Unterstützung für Aufwand und ungewissen Erfolgschancen birgt ein die DMA zu rechnen ist. Ausserdem wird im politischer Vorstoss für die Selbstdispensation ge- Moment weitgehend mit oberflächlichen Vor- wisse Reputationsrisiken. Zu befürchten ist etwa urteilen für oder gegen die DMA argumentiert. der Vorwurf, den Ärzten ginge es nur ums Geld. Fundiertes Wissen ist nicht verbreitet. Auch könnte er die Zusammenarbeit der standes- – Ein starkes Engagement aller Ärztinnen und politischen Organisationen der Ärzteschaft mit ih- Ärzte ist für den politischen Erfolg der DMA ren Partnern beeinträchtigen. erforderlich. Es ist fraglich, ob die Bereitschaft zum persönlichen Engagement für die DMA Situationsanalyse zur DMA im Kanton Bern unter den Hausärztinnen und Hausärzten genü- Aufgrund dieser Unwägbarkeiten haben die Ärzte- gend gross ist. gesellschaft des Kantons Bern, der Verein Berner Haus- und Kinderärzte und einzelne Ärztenetz- Geringe Erfolgsaussichten werke eine Arbeitsgruppe (Taskforce DMA) gebil- Angesichts dieser Ergebnisse kommt das Büro det. Sie sollte die Erfolgschancen einer Forderung Vatter zum Schluss, dass die Chancen für einen po- zur Einführung der flächendeckenden direkten litischen Vorstoss zugunsten der DMA schwierig Medikamentenabgabe bewerten. Zum einen ging abzuschätzen sind. Ein Erfolg sei nur mit einem es dabei um eine Beurteilung der politischen grossen und geschlossenen Einsatz der gesamten Chancen der Selbstdispensation, zum andern um Ärzteschaft möglich, aber auch dann keineswegs die Frage, ob innerhalb der Ärzteschaft eine ge- gesichert. Gemäss Bolliger ist die Bevölkerung in nügend grosse Bereitschaft besteht, den Vorstoss der Schweiz zunehmend kritisch gegenüber der durch den gesamten politischen Prozess zu tragen. direkten Medikamentenabgabe eingestellt. Hinzu 10 doc.be 05/2018 Delegiertenversammlung
Christian Bolliger: «Die kommt, dass viele Gemeinden die DMA nicht oder Der BEKAG-Vorstand hat empfohlen, den Antrag Bevölkerung in der Schweiz nicht mehr kennen. Bei Abstimmungen stimmt der Taskforce DMA abzulehnen. Der Vorstand be- ist gegenüber der direkten man dann für das, was man kennt, also den Status gründete seine Empfehlung damit, dass der grosse Medikamentenabgabe zuneh- quo. Der Problemdruck in der Bevölkerung – not- finanzielle und personelle Einsatz, der geleistet mend kritisch eingestellt.» wendig für eine erfolgreiche Kampagne – ist in der werden müsste, derzeit in keinem Verhältnis zu Frage der DMA zu wenig gross. Es ist bekannt, den Erfolgsaussichten steht. Zudem könnte ein dass auch die schweizerischen Patientenorgani- Scheitern des Vorstosses auch das derzeit geltende sationen sich eher gegen die DMA aussprechen Mischsystem in Gefahr bringen. dürften. Zudem würde der Abstimmungskampf auf der Apothekerseite wahrscheinlich durch den Die Delegierten sind dieser Einschätzung mit nationalen Verband Pharmasuisse mit beträchtli- g rossem Mehr gefolgt. chem Aufwand geführt. Antrag der Taskforce DMA Die Taskforce DMA hat, gestützt auf die oben ge- Neues Vorstandsmitglied nannte Analyse, an der Delegiertenversammlung An der Delegiertenversammlung vom 18. Oktober wurde beantragt, dass Dr. med. Matthias Streich einstimmig in den Vorstand der – ein Team zur Erarbeitung eines Informations- Aerztegesellschaft des Kantons Bern gewählt. Streich ist konzeptes für Politiker und Politikerinnen (ins- seit 2007 Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe am Spital besondere GSoK) aufgebaut wird; Interlaken. Im Vorstand der BEKAG ist er Vertreter des ABV – ein Gespräch mit zehn bis 20 Parlamentariern Berner Oberland. geführt wird, um herauszufinden, wie die Situa- tion wirklich ist. An der erweiterten Präsidentenkonferenz vom 20. September 2018 hat der Vorstand einen Ge- genvorschlag zum Antrag der Taskforce vorgelegt. Dieser sah vor, eine Informationskampagne zum Thema DMA durchzuführen, eventuell mit an- schliessender Abstimmungskampagne. Die erwei- terte Präsidentenkonferenz hat jedoch e ntschieden, den Delegierten den Gegenvorschlag nicht zu unterbreiten, weil das Anliegen im gegenwärtigen gesundheitspolitischen Umfeld chancenlos ist. doc.be 05/2018 Delegiertenversammlung 11
Ein guter Arzt Ein älterer Hausarzt ist rund um die Uhr für seine Patienten da. Er betreut sie in Pflegeheimen und macht Hausbesuche. Dadurch verhindert er teure Hospitalisierungen. Die Folgen für ihn: Er gerät in die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits- verfahrens und wird verurteilt, über eine halbe Million Franken an die Krankenkassen zu zahlen. Text: Marco Tackenberg, Presse- und Hausbesuche verhindern Informationsdienst Hospitalisierungen Bild: Marco Zanoni Obwohl es wissenschaftlich erwiesen ist, dass Hausbesuche bei älteren Menschen die Einwei- Wie stellen wir uns eine gute Hausärztin, einen sung in ein Spital oder ein Pflegeheim verzögern guten Hausarzt vor? Vielleicht so, wie es ihn oder oder verhindern können, werden ihm ausgerechnet sie heute nur noch selten gibt. Also einer, der an diese Hausbesuche im Urteil als «unwirtschaft- sieben Tagen der Woche rund um die Uhr für seine lich» vorgeworfen. Bei einem Wirtschaftlichkeits- Patienten da ist. Einer, der seinen Patienten – und verfahren werden die Kosten einer bestimmten sie ihm – über Jahre und Jahrzehnte hinweg treu Arztpraxis mit den durchschnittlichen Kosten ei- bleibt. Einer, der die Patienten auch im Pflegeheim ner Gruppe von anderen Arztpraxen verglichen. weiter betreut. Einer auch, der Sterbebegleitungen Weichen die Kosten dieser Praxis erheblich von macht. den Kosten der Vergleichsgruppe ab, so gehen die Gerichte von einer Überarztung aus – es sei denn, Werner Kaiser aus Biel ist so ein Hausarzt. Wäh- die Praxis könne Besonderheiten geltend machen. rend 35 Jahren ging er mit seiner eigenen Praxis einer – wie er meinte – guten, sinnvollen und kos- Ein Experte*, der schon zu manchem Wirtschaft- tensparenden Tätigkeit nach. «Es ist erstaunlich», lichkeitsverfahren beigezogen wurde, hat die Da- so Kaiser, «was einem im Alter von 70 Jahren noch ten von Werner Kaiser geprüft.Seine Aussagen zu passieren kann.» Schaut man seine Praxis näher diesem Fall sind eindeutig: «Herr Kaiser betreut an, so wird ersichtlich, dass der Facharzt für All- sehr viele Heimpatienten. Keine andere Praxis im gemeinmedizin überdurchschnittlich viele alte Pa- Kanton Bern weist derart viele externe Patienten tienten, die an mehreren Krankheiten gleichzeitig auf. Dies müsste in einem Verfahren als Besonder- leiden, behandelt. Diese polymorbiden Patienten heit der Praxis anerkannt werden. Herr Kaiser ist bedürfen einer ständigen Betreuung und regelmäs- ja gerade ein gutes Beispiel für einen kostengüns- siger Kontrollen des Gesundheitszustandes. tigen Mediziner. Er arbeitet viel mehr als andere Ärzte. Durch seine hohe Verfügbarkeit vermeidet 2014 und 2015 geriet Kaiser in die Mühlen eines er unnötige Hospitalisierungen und verhindert da- sogenannten Wirtschaftlichkeitsverfahrens durch mit die wirklich hohen K osten. Die K rankenkassen die Krankenkassen. Im Juni 2018 verurteilte ihn und das Gericht haben nur angeschaut, welche ein Schiedsgericht im Kanton Bern zur Rückzah- Kosten er verursacht hat. Aber all die Kosten, die lung von insgesamt 570 000 Franken an 31 Kran- kenkassen. Der Vorwurf: Er habe seine Patienten überbetreut und damit zu viele Kosten verursacht. * Name der Redaktion bekannt. 12 doc.be 05/2018 Wirtschaftlichkeitsverfahren
«Ich bin ein Hausarzt, dank seiner Tätigkeit als Arzt nicht anfallen, wer- gleich teuer, jung gleich günstig». Die Methode der 35 Jahre lang das Gefühl den in die Rechnung nicht einbezogen.» berücksichtigt zwar das Durchschnittsalter der Pa- hatte, eine gute, sinnvolle tienten, nicht aber, wie krank die Patienten des be- und kostensparende Tätigkeit Empörende Sprache des Gerichts treffenden Arztes effektiv sind. Eigentlich haben zu machen.» Die vielen Heimpatienten, die im Vergleich zu die Krankenkassen diesen Sachverhalt anerkannt. Gleichaltrigen höhere Kosten verursachen, w erden Darum wurde die Methode überarbeitet. Aber Kaiser nun zum Verhängnis. Diese Patienten kön- beim Urteil von Werner Kaiser kam vollumfäng- nen meist nicht mehr ohne Weiteres zu ihrem lich die viel zu grobe Methode zum Zuge. Dabei Hausarzt in die Praxis. Sie sind darauf angewie- weiss man, dass die konkrete Erkrankung eines sen, dass der behandelnde Arzt zu ihnen kommt. Patienten den grössten Einfluss auf die Kosten hat. Kaiser dazu: «Heimpatienten brauchen sehr viel Die bei Kaiser angewendete statistische Methode Zeit. Gerade wenn sie kurz vor dem Tod stehen. Da ist damit nicht nur schlecht, sie wurde obendrein führe ich sehr viele Gespräche mit den Patienten, noch schlampig angewendet. Betrachtet man die aber auch mit den Angehörigen und dem Pflege- Gruppe der Ärzte in Biel, mit welchen Werner personal.» In der Sprache des zuständigen Richters Kaiser verglichen wurde, dann fallen erhebliche wird der Sachverhalt dann in empörender Weise Fehler in den Daten auf: So ist der eine Arzt An- kommentiert: Werner Kaiser «animiere» seine fang 2014 verstorben, der andere seit Mitte 2013 im Patienten, «jederzeit bei ihm Leistungen einzufor- Ruhestand und ein Dritter gar nicht als Hausarzt dern». Wer solche «Komfortleistungen» für seine tätig. Aber auch diese Einwände vermochten das Patienten erbringe, handle unwirtschaftlich. Gericht nicht zu beeindrucken. Schlechte Methode, fehlerhaft angewendet Durch das Urteil des Schiedsgerichts ist der Arzt Statt die Patientendossiers aus der Praxis von in eine existenzielle Notlage geraten. Sowohl sein Herrn Kaiser durch einen geschulten Hausarzt Anwalt wie der angefragte Experte haben Werner prüfen zu lassen, beschränkt sich das Gericht auf Kaiser nun geraten, den Fall ans Bundesgericht eine statistische Methode, die – wie heute weithe- weiterzuziehen. rum anerkannt ist – grobe Mängel aufweist. Was es bräuchte, wäre eine Einzelfallprüfung durch Dieser Artikel ist in Politik+Patient 3/18 erschienen. einen sachverständigen Arzt. Werner Kaiser wür- Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung de dies begrüssen. Denn das Hauptproblem mit der Zeitschrift. der angewendeten statistischen Methode liegt vor allem darin, dass ausgerechnet die Erkrankungen des Patienten nicht berücksichtigt werden. Verein- facht gesagt folgt die Methode dem Grundsatz «alt doc.be 05/2018 Wirtschaftlichkeitsverfahren 13
14 doc.be 05/2018 Reminder Änderungen Medizinalberufegesetz
Cavete Collegae: Gesetzesänderung An dieser Stelle rufen wir noch einmal eine seit dem 1. Januar 2018 geltende Gesetzesänderung in Erinnerung. Seit Anfang Jahr ist das neue Medizinal berufegesetz (MedBG) in Kraft. Dies hat direkte Auswirkungen auf den Praxisalltag, vor allem von Praxen mit angestellten Ärztinnen und Ärzten. Das neue Medizinalberufe Text: Thomas Eichenberger, Sekretär eine K-Nummer. Ihre Leistungen müssen mit ihrer gesetz nimmt Praxisinhaber Bild: iStockphoto K-Nummer unter der ZSR-Nummer des Praxis in die Pflicht. Ein Fehlen inhabers oder der Einrichtung, die der ambulanten von Bewilligungen oder Nach- Neu müssen sich alle Ärztinnen und Ärzte (wie auch Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dient, weisen kann Konsequenzen die Zahnärztinnen, Chiropraktoren, Apothekerin abgerechnet werden, weil sie nach abgeschlossener haben. nen und Tierärzte) ins Medizinalberuferegister Weiterbildung per definitionem in eigener fachlicher (MedReg) eintragen lassen. Sie erhalten bzw. benö Verantwortung Patienten behandeln. Sie benötigen tigen eine sogenannte Global Location Number. dann nebst der Berufsausübungsbewilligung auch eine Zulassung zur Tätigkeit zu Lasten des KVG, Verantwortung liegt beim Arbeitgeber müssen Notfalldienst leisten und können nicht Und neu wird auch eine Berufsausübungsbewilli- mehr länger unter fachlicher Aufsicht tätig sein. gung (BAB) für die «privatwirtschaftliche Berufs- ausübung in eigener fachlicher Verantwortung» für Erhalt der K-Nummer Angestellte benötigt und nicht nur, wie bis anhin, Um die K-Nummer erteilen zu können, benötigt für die AHV-, BVG- und steuerrechtlich «selbstän- die SASIS AG folgende Dokumente (Kopien A4, dige» Berufsausübung. Die notwendige Berufsaus- einseitig kopiert) bzw. Angaben (www.sasis.ch)*: übungsbewilligung ist zudem für Ärztinnen und Ärzte im Kanton Bern mit der Verpflichtung ver- – Formular Ein- und Austritt Kontrollnummer bunden, beim allgemeinen ambulanten ärztlichen (K-Nr.) Notfalldienst des Bezirksvereins mitzuwirken. Nur – Kantonale Berufsausübungsbewilligung der vom Bezirksverein geregelte allgemeine ärztli- – Kantonale Bewilligung zulasten der OKP (ob- che Notfalldienst oder ein stattdessen für gewisse ligatorische Krankenpflegeversicherung) tätig Fachrichtungen vom Bezirksverein organisierter sein zu dürfen, sofern der Arzt gemäss kan- und anerkannter Spezialistennotfalldienst gelten tonalem Recht dem Zulassungsstopp gemäss als Notfalldienst im Sinne des Gesetzes. Die Kon- Art. 55a KVG unterliegt trolle der Eintragung im MedReg liegt zu einem – Eidgenössisches Diplom oder ausländisches grossen Teil in der Verantwortung des Arbeitge- Diplom mit Anerkennungsverfügung, ausge- bers. Auch wenn die Arbeit, insbesondere bei noch stellt durch die Medizinalberufekommission nicht abgeschlossener Weiterbildung, unter fachli- M EBEKO des BAG (Kontaktangaben siehe cher Aufsicht erfolgt, muss ein Eintrag im M edReg Kasten Seite 16) vorhanden sein. Für diese Überprüfung ist der Ar- – Eidgenössischer Weiterbildungstitel oder aus- beitgeber verantwortlich, eine Unterlassung kann ländischer Weiterbildungstitel mit Anerken- mit Busse bestraft werden. Bei fremdsprachigen nungsverfügung, ausgestellt durch die Medi- Angestellten ist überdies die Überprüfung und zinalberufekommission MEBEKO des BAG gegebenenfalls der Nachweis der notwendigen (Kontaktangaben siehe Kasten Seite 16) Sprachkenntnisse erforderlich. Nach abgeschlossener Weiterbildung benötigen an- * Die männliche Form gilt im Folgenden analog auch immer für gestellte Ärztinnen und Ärzte bei der SASIS AG die weibliche Form doc.be 05/2018 Änderungen Medizinalberufegesetz 15
– Fähigkeitsausweise, Schwerpunkte, bzw. inter- MedReg ausreichend sind. Im Zweifelsfall kann disziplinäre Schwerpunkte (falls vorhanden) die M EBEKO einen Nachweis für die Beherr- – Nur leitende Ärzte und Stellvertretungen: schung der Sprache verlangen. Für das Melden Aktuelle Bestätigung TARMED Vertrags- einer Hauptsprache (Muttersprache) ist eine selbst beitritt, ausgestellt durch die kantonale Ärzte verfasste, datierte und unterzeichnete Selbstde- gesellschaft (entweder als Mitglied oder Ein- klaration notwendig, in welcher Gesuchstellende zelbeitritt als Nichtmitglied über die kantonale bestätigen, dass dies ihre Hauptsprache ist. Im Ärztegesellschaft). Zweifelsfall behält sich die G eschäftsstelle der – GLN Global Location Number: Alle Ärzte MEBEKO vor, zusätzliche Nachweise zu verlan- mit einem eidgenössischen oder einem von der gen. Hinweis: Aus technischen Gründen ist die MEBEKO anerkannten Diplom finden ihre GLN Kontrolle der Eintragung der Sprachkenntnisse unter: www.medreg.admin.ch. Sollten Sie dort im Register erst ab Herbst 2018 möglich. Ein Ein- keine GLN finden, können Sie diese beim BAG tragungsgesuch der Sprachkenntnisse beläuft sich unter der E-Mailadresse medreg@bag.admin.ch auf 50 bis 100 Franken pro Sprache. anfragen. Jeder Praxisinhaber muss sich dieser Verantwor- Nachweis der Sprachkenntnisse tungen bewusst sein, vor allem da ein Fehlen von Jede angestellte Person muss der SASIS AG pro Bewilligungen oder der Einträge und Nachweise Arbeitgeber separat mit dem Formular Ein- und im MedReg oder bei der SASIS AG in gewissen Austritt Kontrollnummer (K-Nr.) gemeldet wer- Fällen schon Konsequenzen gehabt hat: z. B. Busse den. Neu ist auch ein obligatorischer Eintrag von und Verpflichtung zur Rückzahlung von Leistun- Sprachkenntnissen im MedReg. Nichts unter- gen, welche durch Medizinalpersonen ohne ent- nehmen müssen schon vor dem 1. Januar 2018 im sprechende Nachweise erbracht wurden. MedReg eingetragene Inhaberinnen und Inhaber eidgenössischer Diplome für die Sprachen, in de- nen sie die Ausbildung abgeschlossen haben, sowie Inhaberinnen und Inhaber anerkannter ausländi- Kontaktangaben scher Diplome für die im Rahmen des Anerken- nungsverfahrens gegenüber der M EBEKO nach- Kontakt für eidgenössische Titel: gewiesene Landessprache. Diese Sprachkenntnisse SIWF (Schweizerisches Institut für ärztliche werden automatisch eingetragen und es wird keine Weiter- und Fortbildung) Gebühr für ihre Eintragung fällig. c/o FMH Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte Elfenstrasse 18, Postfach 300, 3000 Bern 15 Sie können jedoch jederzeit eine weitere Sprache T 031 359 11 11, F 031 359 11 12 eintragen lassen, sobald Sie mindestens ein dem siwf@fmh.ch, www.siwf.ch Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Refe- renzrahmens für Sprachen gleichwertiges Niveau Kontakt für ausländische Titel: erreicht haben. Bundesamt für Gesundheit (BAG) MEBEKO Medizinalberufekommission Wer den Medizinalberuf am 1. Januar 2018 in der Ressort Ausbildung Schweiz ausübt, hat ab diesem Datum zwei Jahre Schwarzenburgstrasse 157, 3003 Bern Zeit, um das Gesuch um Spracheintrag ins Register T 058 462 94 83 zu stellen. Für die Eintragung ins Register müssen mebeko-ausbildung@bag.admin.ch mindestens dem Niveau B2 entsprechende Sprach- www.bag.admin.ch kenntnisse nachgewiesen werden. Als Nachweis dienen: – ein international anerkanntes Sprachdiplom, das nicht älter als sechs Jahre ist; – ein in der entsprechenden Sprache erworbener Aus- oder Weiterbildungsabschluss des univer- sitären Medizinalberufs; massgebend ist die Sprache, in der die Aus- oder Weiterbildung absolviert wurde und nicht die Ausstellungs- sprache der Urkunde; oder – Arbeitserfahrung in der entsprechenden Spra- che im betreffenden universitären Medizinal beruf von drei Jahren innerhalb der letzten zehn Jahre. Es wird davon ausgegangen, dass die mündlichen und schriftlichen Kenntnisse der Hauptsprache (Sprache, die die Person am besten beherrscht und in der sie denkt) für die Registrierung im 16 doc.be 05/2018 Änderungen Medizinalberufegesetz
Die MPAs von morgen Text: Simone Keller, Presse- und Sogar der FMH-Präsident Jürg Schlup war persön- Informationsdienst lich vor Ort. doc.be hat ihm drei Fragen zu seinem Bild: Carmelo Agovino Engagement gestellt: Vom 12. bis 16. September 2018 trafen sich in Bern doc.be: Herr Schlup, wieso braucht die besten jungen Berufsleute aus Handwerk, Indus- es einen MPA-Stand an den Swiss Skills? trie und Dienstleistung zu den Schweizer Berufs Dr. med. Jürg Schlup: An der grössten Show der meisterschaften Swiss Skills. Bereits zum zweiten Schweizer Berufslehre darf der wichtige Gesund- Mal nach 2014 war Bern der Austragungsort dieses heitsberuf MPA nicht fehlen! Grossevents, der rund 115 000 Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Schweiz anlockte. Auf Der Beruf ist so wichtig, dass Sie sogar an dem Messegelände von 100 000 Quadratmetern einem Sonntag den Stand betreuen. (entspricht rund 14 Fussballfeldern!) waren 135 ver- Ja, das mache ich einerseits aus Wertschätzung schiedene Berufe vertreten; in 75 Berufen wurden für die medizinische P raxisassistentin und deren die Schweizer Berufsmeisterschaften ausgetragen. Verbände. Und andererseits, weil die medizinische Praxisassistentin die wichtigste Mitarbeiterin des Knapp 80 Berufsverbände waren in die Organi- praktizierenden Arztes ist. Für eine effiziente ärzt- sation involviert. Darunter auch die Verbindung liche Berufsausübung ist sie eine unverzichtbare der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) und Partnerin! der Schweizerische Verband Medizinischer Praxis- Fachpersonen (SVA). Gemeinsam betreuten sie Was gefiel Ihnen an den Swiss Skills 2018 den Informationsstand «Medizinische Praxisas- besonders gut? sistentin» (MPA). Damit machten sie Schulabgän- Die hohen Besucherzahlen. Darunter waren viele gerinnen und Schulabgänger ebenso wie weitere Schülerinnen und Schüler, die in der Berufswahl I nteressierte auf den MPA-Beruf aufmerksam. stehen und reichlich Interesse für eine B erufslehre Auch BEKAG-Mitglieder haben tatkräftig mitge- zeigen. Für mich ist so ein Anlass sehr motivierend – holfen und den Informationsstand mitbetreut. auch für ein Engagement an den nächsten Swiss Skills. FMH-Präsident Jürg Schlup anlässlich den Swiss Skills 2018: «Die medizinische Praxisa ssistentin ist die wichtigste Mitarbeiterin des praktizierenden Arztes.» doc.be 05/2018 Swiss Skills 17
18 doc.be 05/2018 Schweizer Multiple Sklerose Register
Ein innovatives, landesweites Bürgerwissen- schafts-Projekt Wie viele Personen mit Multipler Sklerose leben in der Schweiz? Wie bewältigen sie ihren Alltag? Und welche Gesundheitsversorger und Behandlungen nehmen sie in Anspruch? Diese und viele weitere Fragen will das Schweizer MS Register beantworten. Multiple Sklerose ist eine Text: Viktor von Wyl, MS Register Verfügung. Mit statistischen M ethoden wurden die entzündliche Erkrankung des Bild: iStockphoto Symptome und deren Einfluss auf die Lebensqua- Nervensystems. Laut Schät- lität unter die Lupe genommen. Es hat sich heraus- zungen sind in der Schweiz Das MS Register ist im Juni 2016 lanciert worden. gestellt, dass Gang- und Gleichgewichtsstörungen, rund 15 000 Menschen Das einzigartige Forschungsprojekt der Schweize- Depressionen und Fatigue diejenigen MS-Sympto- von dieser chronischen und rischen Multiple Sklerose Gesellschaft wird in Zu- me mit den grössten negativen Auswirkungen auf unheilbaren Krankheit be- sammenarbeit mit dem Institut für Epidemiologie, die Lebensqualität sind. Solche Daten können für troffen; jeden Tag erhält eine Biostatistik und Prävention (EBPI) der Universität Fachpersonen hilfreich sein, indem sie Hinweise Person die Diagnose MS. Zürich umgesetzt. darauf geben, welche Symptome der MS, auch ge- messen an deren Häufigkeit, die grösste Belastung Aussergewöhnlich hohe Beteiligung darstellen. Diese Veröffentlichung zeigt zudem, Bis Anfang August 2018 haben sich bereits dass das Schweizer MS Register – als Projekt von 2200 Betroffene und Angehörige registriert. Eine und mit Betroffenen – auch in der Fachwelt zuneh- so grosse Teilnehmerzahl innerhalb von zwei Jah- mend an Akzeptanz gewinnt. ren ist für eine Schweizer Forschungsstudie ausser- gewöhnlich. In einem Fachartikel haben Forschen- Auch Sie als Fachperson können uns u nterstützen, de des Registers kürzlich mögliche Erklärungen indem Sie auf das MS Register hinweisen. Das für den grossen Erfolg dargelegt 1: Der Einbezug MS R egister Zentrum, die Betroffenen und die von Betroffenen, welche von Anfang an in die Schweiz. MS-Gesellschaft bedanken sich für Ihre Entwicklung involviert waren und auch künftig Unterstützung! über den Kurs mitbestimmen können, sowie die sehr enge Zusammenarbeit mit der Schweiz. MS- Weitere Informationen und Auswertungen sind Gesellschaft fördern die Identifikation der Teilneh einsehbar unter www.ms-register.ch. menden mit ihrer Studie. Hilfreiche Daten für Fachpersonen Literatur Die Daten aus dem Schweizer MS Register können 1 Puhan MA et al, A digitally facilitated citizen-science driven aber auch Ärzte und andere Gesundheitsfachper- approach accelerates participant recruitment and increases sonen darin unterstützen, MS-Symptome zielge- study population diversity, Swiss Medical Weekly, 2018 richteter zu behandeln, wie ein kürzlich erschiene- 2 Barin L et al, The disease burden of Multiple Sclerosis from ner Forschungsartikel des Schweizer MS Registers the individual and population perspective: which symptoms in einem international renommierten Fachjournal matter most, Multiple Sclerosis and Related Disorders, 2018 aufzeigt 2 . Für diese Studie standen Daten von 855 Personen aus dem Schweizer MS Register zur doc.be 05/2018 Schweizer Multiple Sklerose Register 19
anlagebank Die BEKB wurde dieses Jahr als Gesamtsiegerin des unabhängigen Private-Banking- Ratings des Wirtschaftsmagazins BILANZ ausgezeichnet. Damit belegt die BEKB seit zehn Jahren immer einen Spitzenplatz – diese einzigartige Kontinuität macht sie zudem zur langjährigen Qualitätsleaderin. Ausgezeichnete Anlagekompetenz Das Anlegen Ihres Vermögens ist Vertrauens- sache. Entscheiden Sie sich für eine Bank, deren langjährige Anlageerfahrung jedes Mal ausgezeichnet wird. bekb.ch/bilanz 20 doc.be 05/2018 Editorial
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