Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens

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Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
Das Magazin der
Nr. 5                                 Aerztegesellschaft des
Oktober 2018                                  Kantons Bern

Themen dieser Ausgabe

Insel-Chef Uwe E. Jocham
im ­Gespräch

Änderungen
­Medizinalberufegesetz

Die Mühlen eines
Wirtschaftlichkeits­
verfahrens

                           doc.be 05/2018 Editorial       1
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
Geeignet? Korrekt? Rechtsstaatlich?

                               Die Krankenversicherer haben den gesetzlichen Auftrag zu überprüfen,
                               ob ärztliche Leistungen wirtschaftlich erbracht wurden. Diese A ­ ufgabe
                               ist notwendig in einem System mit solidarischer Finanzierung. Bei
                               ­Verfehlungen ist der verantwortliche Arzt zu sanktionieren. Zu all dem
                                steht die Ärzteschaft.

                               Es darf nun erwartet werden, dass die für die Überprüfung der Wirt-
                               schaftlichkeit angewendete Methode geeignet ist, korrekt a­ ngewendet
                               wird und sich ein allfälliges Wirtschaftlichkeitsverfahren an die
                               ­Grundsätze des Rechtsstaats hält. In allen drei Punkten sieht man sich
                                enttäuscht.

                               Die bisher angewendete ANOVA-Methode weist grobe Schwächen auf.
                               Sie berücksichtigte nur Alter und Geschlecht der Patienten. Ausgerech-
                               net die Erkrankung der Patienten wurde bisher nicht einbezogen. Neu
                               werden die Indizes um die Faktoren Morbidität, Spitaltage im Vorjahr
                               sowie unterschiedliche Franchisen korrigiert. Schon jetzt zeigt sich,
                               dass viele Ärztinnen und Ärzte bei Einbezug dieser Faktoren statistisch
                               nicht mehr auffallen. Dies trifft nun gerade auch auf jene zu, die in den
                               letzten Jahren wegen der schlechten Methode von V   ­ erwaltungsgerichten
                               verurteilt wurden. Viele von ihnen würden mit der überarbeiteten Me-
                               thode deutlich tiefere Indizes aufweisen. Dazu gehört auch ein Arzt im
                               Kanton Bern (cf. Seite 12), der noch dieses Jahr nach der alten, fehler­
                               haften Methode zur Rückzahlung hoher Beträge wegen angeblicher
                               Überarztung verurteilt wurde. Mängel wies dabei nicht nur die Methode
                               auf, mangelhaft wurde sie auch angewendet. In der Vergleichsgruppe,
                               welche die Krankenkassen heranzogen, hatte es Hausärzte dabei,
                               die sich im Ruhestand befanden, gar nicht als Hausärzte praktizierten
                               oder bereits verstorben waren.

                               Eine solche Praxis, durch unsere Verwaltungsgerichte sanktioniert,
                               ­untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat. Und gesundheitspolitisch
                                ist es eine fatale Fehlentwicklung, wenn ausgerechnet die Betreuung
                                und Behandlung schwer kranker und sozial benachteiligter Patienten
                                einem Arzt zum Verhängnis werden kann.

                               Marco Tackenberg
                               Leiter Presse- und Informationsdienst
                               Aerztegesellschaft des Kantons Bern

2   doc.be 05/2018 Editorial
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
Inhalt                                              Beschlüsse der
                                                         ­Delegiertenversammlung
5    «Wir haben die Weltspitze
     vor Augen»
                                                         Antrag der Taskforce DMA
                                                         (Direkte Medikamenten­
                                                                                                        lehnen. Gestützt auf das Ergebnis der
                                                                                                        Konsultativabstimmung anlässlich der
     Uwe E. Jocham, Direktions- und Ver-                 abgabe = ­Selbstdispensation)                  erwähnten erweiterten Präsidentenkon-
     waltungsratspräsident der Insel-­Gruppe,            zuhanden Delegierten­                          ferenz hat der Kantonalvorstand auf einen
     will das Wir-Gefühl in der Insel-Gruppe             versammlung vom 18. Oktober                    Gegenvorschlag verzichtet und der Dele-
     stärken.                                            2018                                           giertenversammlung ebenfalls empfohlen,
                                                                                                        den Antrag abzulehnen. Für die ausführ-

10   Das Anliegen DMA wird
     ­derzeit nicht weiterverfolgt
                                                         Wortlaut des Antrags:
                                                         1.	Aufbau eines Teams zur Er­arbeitung
                                                                                                        lichere Begründung und Zusammenfas-
                                                                                                        sung der durchgeführten Analysen sowie
      Der grosse finanzielle und personelle                  eines Informationskonzeptes für Poli-      der anlässlich der Delegiertenversamm-
      Einsatz, der geleistet werden müsste,                  tiker und Politikerinnen, insbesondere     lung geführten Diskussionen verweisen
      steht derzeit in keinem Verhältnis zu den              der GSoK                                   wir auf den Artikel «Das Anliegen DMA
      Erfolgsaussichten.                                 2.	Im direkten persönlichen Gespräch          wird derzeit nicht weiterverfolgt» auf
                                                             mit 10 bis 20 Parla­mentariern (GSoK)      Seite 10.

12   Ein guter Arzt
     Ein älterer Hausarzt gerät in die Mühlen
                                                             heraus­finden wie die Situation wirklich
                                                             ist. Bei positivem Verlauf Gespräche/
     eines Wirtschaftlichkeitsverfahrens.                    Personenkreis ausbauen                     Wahl eines neuen Vorstands-
                                                                                                        mitglieds (auf Antrag des ABV

15   Cavete Collegae: Gesetzes­
     änderung
                                                         Abstimmung:
                                                         Abgelehnt mit 28 Nein bei 3 Ja und
                                                                                                        Berner Oberland)

     Seit dem 1. Januar 2018 ist das neue                5 Enthaltungen                                 Die Delegierten wählen
     Medizinalberufegesetz in Kraft. Das hat                                                            Dr. med. Matthias Streich, Innertkirchen,
     direkte Auswirkungen auf den Praxis-                Begründung:                                    Chefarzt Gynäkologie, Spital Interlaken
     alltag.                                             Die erweiterte Präsidentenkonferenz vom        einstimmig zum neuen Vorstandsmitglied
                                                         20. September 2018 hatte sich einstim-         der BEKAG.

17   Die MPAs von morgen
     FMH-Präsident Jürg Schlup und weitere
                                                         mig gegen den Antrag der Taskforce
                                                         entschieden und dem Vorstand und der
     BEKAG-Mitglieder betreuten an                       Delegiertenversammlung der BEKAG emp­
     den Berufsmeisterschaften Swiss Skills              fohlen, den Antrag vollumfänglich abzu-
     einen Informations­stand zum Beruf
     «­Medizinische Praxis­assistentin».

19   Ein innovatives, landesweites
     Bürgerwissenschafts-Projekt
     Die Daten aus dem Schweizer MS
     Register können Ärztinnen und andere
     Gesundheitsfachpersonen darin
     unterstützen, MS-Symptome zielgerich-
     teter zu behandeln.

                                                         Lohnempfehlungen
                                                         MPA 2019
     Impressum
     doc.be, Organ der Aerztegesellschaft des Kantons    Einstiegslohn                                  Funktionszulage
     Bern; Herausgeber: Aerztegesellschaft des Kantons   Fr. 4’050.– × 13 bei einer Wochenarbeits-      Es wird empfohlen, Medizinischen Praxis­
     Bern, Postgasse 19, 3000 Bern 8 / erscheint         zeit von 42 Stunden und 4 Wochen Ferien.       assistentinnen mit abgeschlossenem Lehr-
     6 × jährlich; Verantwortlich für den Inhalt:                                                       meisterkurs und Ausbildungsfunktion in der
     Vorstands­ausschuss der Aerztegesellschaft des      Dienstalterszulage                             Praxis eine Funktionszulage auszurichten.
     Kantons Bern; Redaktion: Marco Tackenberg,          Fr. 100.– pro Monat Erhöhung (je Dienst-
     Simone Keller und Markus Gubler, Presse- und        jahr) für die dem ersten folgenden Dienst-     Lehrlingslöhne
     ­Informationsdienst BEKAG, Postgasse 19,            jahre. Die Dienstalterszulage soll ein Thema   1.	Lehrjahr Fr. 400.–
     3000 Bern 8, T 031 310 20 99, F 031 310 20 82;      des jährlichen Qualifikationsgespräches            (cf. elektronischer Newsletter BEKAG
     ­tackenberg@forumpr.ch, keller@forumpr.ch,          bilden.                                            vom 12.09.2018)
     ­gubler@forumpr.ch; Inserate: Simone Keller,                                                       2. Lehrjahr Fr. 900.–
     keller@forumpr.ch; Gestaltung / Layout: Definitiv                                                  3. Lehrjahr Fr. 1’300.–
     Design, Bern; Druck: Druckerei Hofer Bümpliz AG,
     3018 Bern; Titelbild: Marco Zanoni                                                                 Ein 13. Monatslohn wird ausgerichtet.

                                                                                                          doc.be 05/2018 Neuigkeiten            3
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
4          05/2018 Editorial
    doc.be 03/2018 Interview
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
«Wir haben
                                 die Weltspitze
                                 vor Augen»
                                 Uwe E. Jocham, Direktions- und Verwal-
                                 tungsratspräsident der Insel Gruppe, ist ein
                                 ehrgeiziger Mensch. Früher im Sport, heute
                                 im Beruf. Ehrgeizige Ziele hat er auch
                                 für die Insel Gruppe. Im Gespräch mit doc.be
                                 erklärt er, wie er diese erreichen will.

Uwe E. Jocham: «Es gibt          Interview: Marco Tackenberg und Simone        Bereich der Wirtschaftlichkeit zusammen-
international wenige Gesund-     Keller, Presse- und Informationsdienst        gekommen. Wir sind noch in einer frühen
heitssysteme, die hinsichtlich   Bilder: Marco Zanoni                          Phase nach dieser Fusion; das Zusammen-
Qualität und Versorgung der                                                    führen und vor allem die Entwicklung eines
Bevölkerung das leisten, was     doc.be: Herr Jocham, wir würden               gemeinsamen Wir-Gefühls ist eine ­grosse
wir in der Schweiz geboten       gerne mit einer SWOT-Analyse der              Herausforderung. Dieses «Wir» steht bei
bekommen.»                       Insel Gruppe einsteigen. Zu den               uns im Zentrum von vielen Aspekten der
                                 Stärken gehören sicherlich die lange          neuen Strategie. Nur gemeinsam sind wir
                                 Tradition dieser Institution sowie            stark.
                                 der Ruf, der bis ins Ausland reicht.
                                 Was noch?                                     Welches sind Chancen, die sich aus
                                 Uwe E. Jocham: Was die Insel Gruppe           dem Umfeld ergeben?
                                 speziell macht, ist die Verbindung von        Eine grosse Chance sehe ich im Thema der
                                 Klinik, Lehre und Forschung am Insel-         Digitalisierung. Diese wollen wir anneh-
                                 spital und die Gruppierung von insgesamt      men und mitgestalten. Eines unserer stra-
                                 fünf Spitalstandorten rund um Bern mit        tegischen Ziele lautet: Wir übernehmen bis
                                 unterschiedlichen Profilen und Aufträgen.     2022 eine Vorreiterrolle in der digitalen
                                 Diese Verbindung wollen wir als Profil in     Medizin. Insbesondere setzen wir darauf,
                                 die Zukunft tragen.                           die internen Kompetenzen zu stärken und
                                                                               vermehrt Wissen von innen heraus zu ge-
                                 Welches sind die Schwächen?                   nerieren.
                                 Ganz generell muss ich sagen: Schwächen
                                 sehe ich immer als Chancen. Die Insel         Eine weitere Chance ist die Verlagerung
                                 Gruppe, wie sie heute besteht, ist ein re-    von stationär zu ambulant. Das ist nicht
                                 lativ junges Gebilde. Beim Zusammen-          nur in wirtschaftlicher Hinsicht eine grosse
                                 schluss des Inselspitals mit dem Spitalnetz   Herausforderung. Unsere Infrastrukturen,
                                 Bern sind unterschiedliche Kulturen, un-      unsere Prozesse und Abläufe kommen aus
                                 terschiedliche Kernkompetenzen sowie          der stationären Tradition. In diesem Wan-
                                 unterschiedliche Herausforderungen im         del müssen wir uns überlegen: Wie können

                                                                                           doc.be 05/2018 Interview      5
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
Die neue Angebotsstrategie            wir unsere Infrastruktur so weiterentwi-       und die neue Direktion – wichtige Wei-
der Insel Gruppe sieht vor,           ckeln, dass wir weiterhin in der Lage sind,    chenstellungen entwickeln. Wir haben al-
jedem Spital nebst der Grund-         unsere Dienstleistungen wirtschaftlich         les, das heisst die Angebotsstrategie, die
versorgung ein spezifisches           nachhaltig zu realisieren?                     Werte und die Vision, intern erarbeitet.
Profil zu geben. In Riggisberg                                                       Das war gut so und ich denke, es hat das
steht beispielsweise die              Sie sind nun seit bald einem Jahr              Vertrauen in die Insel Gruppe gestärkt.
­Neurorehabilitation im Fokus,        bei der Insel Gruppe. Vor vier Jahren
im Spital Tiefenau die Alters-        ­haben wir Ihren Vorgänger Holger               Im selben Interview sagte Baumann
medizin.                              Baumann gefragt, wieso er diese                 gegenüber doc.be, dass es künftig
                                      Aufgabe angenommen hat. Hier kann               nur noch ein einziges Stadtspital ge-
                                      man doch nur alles falsch machen!               ben könne, weil die Belegungszahlen
                                      Dieselbe Frage wurde mir bei meinem             nicht mehr hergeben. Wie ordnen
                                      Antritt oft gestellt. Als mich der Regie-       Sie diese Aussage heute ein?
                                      rungsrat angefragt hat, ob ich bei der In-      Damals gab es zwei Stadtspitäler; das
                                      sel Gruppe Verantwortung übernehmen            Ziegler­spital wurde mittlerweile geschlos-
                                      möchte, befand sich das Unternehmen in          sen. Eines unserer strategischen Kernele-
                                      einer schwierigen Phase. Ich musste nur         mente ist die Etablierung von Spezialan-
                                      kurz überlegen. Ich bin seit 25 Jahren im      geboten und die Weiterentwicklung der
                                      Berner Gesundheitsbereich tätig. Die Ent-      ambulanten Angebote. Und zwar auf eine
                                      wicklung bei der Insel Gruppe habe ich         Art und Weise, die nachhaltig und zu-
                                      immer verfolgt. Dieser Leuchtturm des           kunftsgerichtet ist. Das Spital Tiefenau hat,
                                      Medizinalstandortes Bern befand sich in         wie die Landspitäler, eine wichtige Rolle in
                                      einer Krise; dabei ist er so wichtig für die    der Grundversorgung und in der Vernet-
                                      Wirtschaft des Kantons. Ich sah in der An-      zung mit den niedergelassenen Hausärztin-
                                      frage eine Möglichkeit, meinen Teil dazu        nen und Hausärzten. Gleichzeitig werden
                                      beizutragen, diesen Leuchtturm wieder           sich die Profile aller Standorte an die sich
                                      zum Strahlen zu bringen. Es war fast wie        ändernden Bedürfnisse der Erkrankten
                                      eine innere Verpflichtung.                      und der zuweisenden Kolleginnen und
                                                                                     ­Kollegen anpassen müssen.
                                      Und derzeit tun Sie dies mit einem
                                      Doppelmandat.
                                      Das hat sich so ergeben. Die Doppelrolle
                                      war in der Zeit des Übergangs gut. Ge-
                                      meinsam konnten wir – der Verwaltungsrat

6          doc.be 05/2018 Interview
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
Seinem Vater hat Uwe E.       Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass              Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, dass
Jocham am meisten zu ver-     die Insel Gruppe die Zuweiser­                  sich die Mitarbeitenden der Insel Gruppe
danken. Er würdigt ihn        problematik komplett unterschätzt?              aktiv in den standespolitischen aber auch
mit dem E. in seinem Namen.   Wir haben in unserer strategischen Aus-         in den Fachgremien und Arbeitsgruppen
Es steht für Erwin, den       richtung die Bedeutung der Zuweiser auf-        einbringen. Wir als Spitalgruppe müssen
­Vornamen des Vaters.         genommen. An allen Standorten wollen            uns öffnen und Kooperationen mit ver-
                              wir die Kommunikation mit den nieder-           schiedenen Stakeholdern, beispielsweise
                              gelassenen Kolleginnen und Kollegen ver-        mit der BEKAG, eingehen.
                              bessern. Die Insel Gruppe macht viel für
                              die ärztliche Fortbildung, ebenso leistet sie    Punkto Zusammenarbeit: Wie
                              einen erheblichen Beitrag in der Notfall-       f­ unktioniert die Zusammenarbeit
                              versorgung und der Spezialversorgung im          mit Privatspitälern? Schliesslich
                              Kanton Bern. Wir hoffen, das Vertrauen          sind Sie ja Konkurrenten.
                              durch aktive Bereitschaft zum Austausch         Alle Spitäler, die selbständig agieren, egal
                              und durch gute Erreichbarkeit zu stärken.       ob öffentlich oder privat, sind Wettbewerber
                              Für uns ist es ein wichtiges Element in der     in der Gesundheitsbranche. Der Austausch
                              Kommunikation nach aussen, dass jedes           und Kontakt mit verschiedenen Playern,
                              Spital ein klar erkennbares Angebots­profil     auch über die Kantonsgrenze hinweg, ist
                              hat.                                            entscheidend. Ich habe in den letzten Mo-
                                                                              naten sehr viel Engagement und Zeit dafür
                              Welche Rolle spielt die Aerzte­                 aufgewendet, um zu prüfen, wo wir gemein-
                              gesellschaft des Kantons Bern in                sam mit anderen etwas tun können. Es be-
                              Ihren Überlegungen?                             stehen viele Kooperationsvereinbarungen
                              Ich befinde mich noch in der Phase der          mit anderen Spitälern und zum Teil mit
                              «Assimilierung» mit dem medizinischen           Gruppenpraxen, die für die Öffentlichkeit
                              Bereich. Was ich heute schon sagen kann:        gar nicht sichtbar sind.
                              Ich konnte erste Kontakte knüpfen und be-
                              schäftige mich natürlich mit den Themen         Wie steht es eigentlich um das
                              der BEKAG, beispielsweise Hausärzte-            Projekt «Stärkung Medizinalstandort
                              mangel und lokale Versorgung. Mit Freude        Bern»?
                              stelle ich fest, dass Kadermitarbeitende der    Das ist nach wie vor aktiv. Der Medizi-
                              Insel Gruppe in der kantonalen Ärztege-         nalstandort Bern, und damit ist nicht nur
                              sellschaft und anderen Fachgesellschaften       das Spitalwesen, sondern auch die ­Pharma-
                              mitwirken und sich mit ihnen austauschen.       und die Biotechbranche gemeint, ist ein

                                                                                          doc.be 05/2018 Interview      7
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
Wirtschaftsfaktor von herausragender Be-        werden. Initiativen, die den Nachwuchs
                               deutung. Die Forschungsverzahnung ist           fördern, sind für die Zukunft des Gesund-
                               dabei ein Schlüsselelement. Ein Vorzeige­       heitswesens genauso wichtig wie die Fra-
                               beispiel ist die sitem-insel AG, das nationa-   gen der Finanzierbarkeit. Beide Themati-
                               le Zentrum für Translationale Medizin und       ken sind so komplex, dass es alle Player an
                               Unternehmertum in Bern. Dieses Modell           einem Tisch braucht. Und die Individual­
                               wird derzeit weiterentwickelt und soll als      interessen müssen so ausbalanciert werden,
                               Muster für ähnliche Projekte dienen.            dass wir dem gemeinsamen Gesamtinter­
                                                                               esse folgen können.
                               Gleichzeitig hat der Kanton Bern die Visi-
                               on entwickelt, dass er langfristig nicht mehr   Von wem haben Sie im Laufe Ihrer
                               vom Nationalen Finanzausgleich (NFA)            Karriere am meisten gelernt?
                               abhängig sein will. Vor zwei Jahren wurde       Ich hatte das Glück, in meinem Leben vie-
                               diese Vision erstmals ausgesprochen. Im ak-     le Mentoren und Begleiter zu haben. Am
                               tuellen Jahr zahlt der NFA bereits 15 Milli-    meisten zu verdanken habe ich aber mei-
                               onen weniger an Bern aus. Das zeigt: Wir        nem Vater. Er war ein sehr ehrgeiziger
                               sind unterwegs in die richtige Richtung.        Mensch und ein herausfordernder Vater.
                                                                               Lange hatte ich ein schwieriges Verhältnis
                               Das ist eine ähnlich ambitionierte              zu ihm, weil er Schwierigkeiten hatte, dass
                               Vision, wie die der Insel Gruppe.               sein Sohn ihn in irgendeinem Bereich über-
                               Ich bin der Meinung, dass man grosse Vi-        flügeln könnte, ob im Sport oder im Beruf.
                               sionen haben muss. Wir wollen uns weiter­       Erst in den letzten Jahren vor seinem Tod
                               entwickeln und eine der weltweit führen-        konnte er auch seinen Stolz auf meine Leis-
                               den Spitalgruppen für universitäre und          tung ausdrücken. Als Zeichen meines Dan-
                               integrierte Medizin werden. Wir haben           kes trage ich das E. in meinem Namen. Es
                               die Weltspitze vor Augen; dorthin wollen        steht für Erwin, seinen Vornamen.
                               wir uns bewegen. Wir wissen: Der Ruf der
                               Insel ist umso besser, je weiter man vom
                               Standort weggeht. In der Forschung aber
                               auch in der Dienstleistung haben wir im-        Uwe E. Jocham
                               mer wieder Richtungsweisendes entwickelt.       Uwe E. Jocham war vor seinem Einstieg bei der
                                                                               Insel Gruppe während siebzehn Jahren zunächst
                               Was denken Sie, wenn Sie in den                 als Produktionsdirektor und später als Direktions-
                               Medien Berichterstattungen über                 präsident des australischen Biotechunternehmens
                               unser Gesundheitswesen lesen?                   CSL Behring in Bern tätig. Der 55-Jährige studier-
                               Viele Stimmen sagen, unser Gesundheits-         te in München Pharmazie, machte die Weiterbil-
                               wesen sei in einem herausfordernden Zu-         dung zum Fachapotheker für Pharmazeutische
                               stand. Ich muss dagegenhalten: Es gibt          Technologie und erwarb ein Diplom für Unterneh-
                               international wenige Gesundheitssysteme,        mensführung an der HSG. Zudem hat er einen Ab-
                               die hinsichtlich Qualität und Versorgung        schluss als Marketingplaner mit eidgenössischem
                               der Bevölkerung das leisten, was wir in         Fachausweis. Seit 2014 ist Jocham Präsident des
                               der Schweiz geboten bekommen. Was wir           Kantonalverbandes der Berner Arbeitgeber, 2017
                               nun tun müssen, ist dafür zu sorgen, dass       erhielt er von der Medizinischen Fakultät der Uni-
                               diese herausragende Qualität nachhaltig         versität Bern den Ehrendoktortitel.
                               finanzierbar bleibt für künftige Generati-
                               onen. Wir als Insel Gruppe müssen uns im-       Seit 1994 lebt Jocham mit seiner Ehefrau und den
                               mer wieder fragen: Wie können wir unsere        beiden erwachsenen Söhnen in der Region Thun,
                               Leistungen effizienter und kostengünstiger      seit 2013 in Gerzensee.
                               anbieten?

                               Einen wirklich kritischen Punkt sehe
                               ich im enormen Fachkräftemangel. Wir
                               müssen die nachfolgenden Generationen
                               motivieren, im Gesundheitswesen tätig zu

8   doc.be 05/2018 Interview
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
publix.ch
                                                                                        Resultat bleibt
                                                                                        Resultat.
                                                                                        Wir nehmen es
                                                                                        persönlich.

Take iT easy                                                                            Das medizinisch-diagnostische
Mit der Praxissoftware der Ärztekasse können alle gängigen Funktionen                   Labor an der Südbahnhofstrasse 14c
leicht und mühelos genutzt werden. Wer von Anfang an alle Möglichkeiten
voll ausschöpfen und individuell anpassen will, wählt das «Customizing»
                                                                                        in Bern.
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Schulung = Ärztekasse                                                                                                  professionell
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                                                                                        ­Medizin vor ...»
                                                                                         Briefwechsel einer jungen Ärztin mit einem
                                                                                        ­erfahrenen Hausarzt
              Terminplan 2018
              	Aerztegesellschaft des                                                                        Lisa Bircher ist auf dem Weg, Hau-
                    Kantons Bern                                                                              särztin zu werden, Bruno Kissling
                                                                                                              steht am Ende seiner beruflichen
              24. Oktober                                                                                     Laufbahn als Hausarzt. In einem
              	FMH Ärztekammer,                                                                              intensiven Briefwechsel diskutie-
                    nachmittags                                                                               ren die beiden unter anderem über
                                                                                                              ihr Verständnis von Medizin, die
              25. Oktober                                                                                     fachärztliche Weiterbildung im Spi-
              	FMH Ärztekammer,                                                                              tal und die Definitionen der Begriffe
                    ­ganzer Tag in Biel                                                                       «krank» und «gesund». Eines bleibt
                                                                                                              dabei immer im Blick: Die Frage
              15. November                                                                                    nach einem würdevollen Umgang
              	Bezirksvereins­                                                                               aller Beteiligter bei einer Krankheit.
                    versammlungen,
                     ­kantonsweit                                                                             144 Seiten, CHF 19.80
                                                                                                              ISBN 978-3-906304-39-7

                                                                                                              Bestellung/Leseprobe:
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                                                                                                                     doc.be 05/2018 Anteige            9
Insel-Chef Uwe E. Jocham im Gespräch Änderungen Medizinalberufegesetz Die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-verfahrens
Das Anliegen DMA
                          wird derzeit nicht
                          weiterverfolgt
                          Die Delegierten haben sich an der Delegiertenver­
                           sammlung vom 18. Oktober 2018 gegen eine
                          ­flächendeckende Einführung der DMA (Direkte
                          Medikamentenabgabe in der Arztpraxis = Selbst-
                           dispensation) ausgesprochen und den Antrag
                           der Taskforce DMA zur Erarbeitung eines Infor-
                           mationskonzeptes mit grossem Mehr abgelehnt.
                          Die Delegierten sind damit der Empfehlung des
                          Vorstands gefolgt.

                           Text: Simone Keller, Presse- und                      Die Taskforce DMA hat das Büro Vatter (Politik-
                           Informationsdienst                                    forschung & -beratung, Bern) mit einer Situations-
                           Bild: Carmelo Agovino                                 analyse beauftragt. Herr Christian Bolliger vom
                                                                                 Büro Vatter hat die wichtigsten Ergebnisse an der
                           In der Schweiz liegt es in der Kompetenz der Kan-     Delegiertenversammlung vorgestellt:
                           tone zu regeln, ob und unter welchen Bedingungen      –	Eine Umfrage bei den Mitgliedern und Ersatz-
                           niedergelassene Ärztinnen und Ärzte eine Privat­         mitgliedern der grossrätlichen Gesundheits-
                           apotheke führen und somit Medikamente abgeben            und Sozialkommission (GSoK) zeigt eine eher
                           dürfen. Der Kanton Bern erlaubt das Führen einer         niedrige Bereitschaft, sich aktiv mit dem Thema
                           Privatapotheke nur, wenn es in der Ortschaft der         DMA auseinanderzusetzen.
                           Praxis weniger als zwei Apotheken gibt.               –	Eine Umfrage bei den gesundheitspolitischen
                                                                                    Organisationen zeigt, dass ausserhalb der Ärzte­
                           Das Thema ist politisch umstritten. Neben grossem        schaft eher nicht mit grosser Unterstützung für
                           Aufwand und ungewissen Erfolgschancen birgt ein          die DMA zu rechnen ist. Ausserdem wird im
                           politischer Vorstoss für die Selbstdispensation ge-      Moment weitgehend mit oberflächlichen Vor-
                           wisse Reputationsrisiken. Zu befürchten ist etwa         urteilen für oder gegen die DMA argumentiert.
                           der Vorwurf, den Ärzten ginge es nur ums Geld.           Fundiertes Wissen ist nicht verbreitet.
                           Auch könnte er die Zusammenarbeit der standes-        –	Ein starkes Engagement aller Ärztinnen und
                           politischen Organisationen der Ärzteschaft mit ih-       Ärzte ist für den politischen Erfolg der DMA
                           ren Partnern beeinträchtigen.                            erforderlich. Es ist fraglich, ob die Bereitschaft
                                                                                    zum persönlichen Engagement für die DMA
                           Situationsanalyse zur DMA im Kanton Bern                 unter den Hausärztinnen und Hausärzten genü-
                           Aufgrund dieser Unwägbarkeiten haben die Ärzte-          gend gross ist.
                           gesellschaft des Kantons Bern, der Verein Berner
                           Haus- und Kinderärzte und einzelne Ärztenetz-         Geringe Erfolgsaussichten
                           werke eine Arbeitsgruppe (Taskforce DMA) gebil-       Angesichts dieser Ergebnisse kommt das Büro
                           det. Sie sollte die Erfolgschancen einer Forderung    Vatter zum Schluss, dass die Chancen für einen po-
                           zur Einführung der flächendeckenden direkten          litischen Vorstoss zugunsten der DMA schwierig
                           Medikamentenabgabe bewerten. Zum einen ging           abzuschätzen sind. Ein Erfolg sei nur mit einem
                           es dabei um eine Beurteilung der politischen          grossen und geschlossenen Einsatz der gesamten
                           Chancen der Selbstdispensation, zum andern um         Ärzteschaft möglich, aber auch dann keineswegs
                           die Frage, ob innerhalb der Ärzteschaft eine ge-      gesichert. Gemäss Bolliger ist die Bevölkerung in
                           nügend grosse Bereitschaft besteht, den Vorstoss      der Schweiz zunehmend kritisch gegenüber der
                           durch den gesamten politischen Prozess zu tragen.     direkten Medikamentenabgabe eingestellt. Hinzu

10   doc.be 05/2018 Delegiertenversammlung
Christian Bolliger: «Die      kommt, dass viele Gemeinden die DMA nicht oder         Der BEKAG-Vorstand hat empfohlen, den Antrag
Bevölkerung in der Schweiz    nicht mehr kennen. Bei Abstimmungen stimmt             der Taskforce DMA abzulehnen. Der Vorstand be-
ist gegenüber der direkten    man dann für das, was man kennt, also den ­Status      gründete seine Empfehlung damit, dass der grosse
­Medikamentenabgabe zuneh-    quo. Der Problemdruck in der Bevölkerung – not-        finanzielle und personelle Einsatz, der geleistet
mend kritisch eingestellt.»   wendig für eine erfolgreiche Kampagne – ist in der     werden müsste, derzeit in keinem Verhältnis zu
                              Frage der DMA zu wenig gross. Es ist bekannt,          den Erfolgsaussichten steht. Zudem könnte ein
                              dass auch die schweizerischen Patientenorgani-         Scheitern des Vorstosses auch das derzeit geltende
                              sationen sich eher gegen die DMA aussprechen           Mischsystem in Gefahr bringen.
                              dürften. Zudem würde der Abstimmungskampf
                              auf der Apothekerseite wahrscheinlich durch den         Die Delegierten sind dieser Einschätzung mit
                              nationalen Verband Pharmasuisse mit beträchtli-        g­ rossem Mehr gefolgt.
                              chem Aufwand geführt.

                              Antrag der Taskforce DMA
                              Die Taskforce DMA hat, gestützt auf die oben ge-       Neues Vorstandsmitglied
                              nannte Analyse, an der Delegiertenversammlung          An der Delegiertenversammlung vom 18. Oktober wurde
                              beantragt, dass                                        Dr. med. Matthias Streich einstimmig in den Vorstand der
                              –	ein Team zur Erarbeitung eines Informations-        Aerztegesellschaft des Kantons Bern gewählt. Streich ist
                                 konzeptes für Politiker und Politikerinnen (ins-    seit 2007 Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe am Spital
                                 besondere GSoK) aufgebaut wird;                     Interlaken. Im Vorstand der BEKAG ist er Vertreter des ABV
                              –	ein Gespräch mit zehn bis 20 Parlamentariern        Berner Oberland.
                                 geführt wird, um herauszufinden, wie die Situa-
                                 tion wirklich ist.

                              An der erweiterten Präsidentenkonferenz vom
                              20. September 2018 hat der Vorstand einen Ge-
                              genvorschlag zum Antrag der Taskforce vorgelegt.
                              Dieser sah vor, eine Informationskampagne zum
                              Thema DMA durchzuführen, eventuell mit an-
                              schliessender Abstimmungskampagne. Die erwei-
                              terte Präsidentenkonferenz hat jedoch e­ ntschieden,
                              den Delegierten den Gegenvorschlag nicht zu
                              unterbreiten, weil das Anliegen im gegenwärtigen
                              gesundheitspolitischen Umfeld chancenlos ist.

                                                                                           doc.be 05/2018 Delegiertenversammlung            11
Ein guter Arzt
                            Ein älterer Hausarzt ist rund um die Uhr für
                             seine Patienten da. Er betreut sie in Pflegeheimen
                             und macht Hausbesuche. Dadurch verhindert
                             er teure Hospitalisierungen. Die Folgen für ihn:
                            Er gerät in die Mühlen eines Wirtschaftlichkeits-
                            verfahrens und wird verurteilt, über eine halbe
                            ­Million Franken an die Krankenkassen zu zahlen.

                             Text: Marco Tackenberg, Presse- und                    Hausbesuche verhindern
                             ­Informationsdienst                                   ­Hospitalisierungen
                              Bild: Marco Zanoni                                   Obwohl es wissenschaftlich erwiesen ist, dass
                                                                                   Hausbesuche bei älteren Menschen die Einwei-
                             Wie stellen wir uns eine gute Hausärztin, einen       sung in ein Spital oder ein Pflegeheim verzögern
                             guten Hausarzt vor? Vielleicht so, wie es ihn oder    oder verhindern können, werden ihm ausgerechnet
                             sie heute nur noch selten gibt. Also einer, der an    diese Hausbesuche im Urteil als «unwirtschaft-
                             sieben Tagen der Woche rund um die Uhr für seine      lich» vorgeworfen. Bei einem Wirtschaftlichkeits-
                             Patienten da ist. Einer, der seinen Patienten – und   verfahren werden die Kosten einer bestimmten
                             sie ihm – über Jahre und Jahrzehnte hinweg treu       Arzt­praxis mit den durchschnittlichen Kosten ei-
                             bleibt. Einer, der die Patienten auch im Pflegeheim   ner Gruppe von anderen Arztpraxen verglichen.
                             weiter betreut. Einer auch, der Sterbebegleitungen    Weichen die Kosten dieser Praxis erheblich von
                             macht.                                                den Kosten der Vergleichsgruppe ab, so gehen die
                                                                                   Gerichte von einer Überarztung aus – es sei denn,
                             Werner Kaiser aus Biel ist so ein Hausarzt. Wäh-      die Praxis könne Besonderheiten geltend machen.
                             rend 35 Jahren ging er mit seiner eigenen Praxis
                             einer – wie er meinte – guten, sinnvollen und kos-    Ein Experte*, der schon zu manchem Wirtschaft-
                             tensparenden Tätigkeit nach. «Es ist erstaunlich»,    lichkeitsverfahren beigezogen wurde, hat die Da-
                             so Kaiser, «was einem im Alter von 70 Jahren noch     ten von Werner Kaiser geprüft.Seine Aussagen zu
                             passieren kann.» Schaut man seine Praxis näher        diesem Fall sind eindeutig: «Herr Kaiser betreut
                             an, so wird ersichtlich, dass der Facharzt für All-   sehr viele Heimpatienten. Keine andere Praxis im
                             gemeinmedizin überdurchschnittlich viele alte Pa-     Kanton Bern weist derart viele externe Patienten
                             tienten, die an mehreren Krankheiten gleichzeitig     auf. Dies müsste in einem Verfahren als Besonder-
                             leiden, behandelt. Diese polymorbiden Patienten       heit der Praxis anerkannt werden. Herr Kaiser ist
                             bedürfen einer ständigen Betreuung und regelmäs-      ja gerade ein gutes Beispiel für einen kostengüns-
                             siger Kontrollen des Gesundheitszustandes.            tigen Mediziner. Er arbeitet viel mehr als andere
                                                                                   Ärzte. Durch seine hohe Verfügbarkeit vermeidet
                             2014 und 2015 geriet Kaiser in die Mühlen eines       er unnötige Hospitalisierungen und verhindert da-
                             sogenannten Wirtschaftlichkeitsverfahrens durch       mit die wirklich hohen K
                                                                                                          ­ osten. Die K
                                                                                                                       ­ rankenkassen
                             die Krankenkassen. Im Juni 2018 verurteilte ihn       und das Gericht haben nur angeschaut, welche
                             ein Schiedsgericht im Kanton Bern zur Rückzah-        Kosten er verursacht hat. Aber all die Kosten, die
                             lung von insgesamt 570 000 Franken an 31 Kran-
                             kenkassen. Der Vorwurf: Er habe seine Patienten
                             überbetreut und damit zu viele Kosten verursacht.     * Name der Redaktion bekannt.

12   doc.be 05/2018 Wirtschaftlichkeitsverfahren
«Ich bin ein Hausarzt,         dank seiner Tätigkeit als Arzt nicht anfallen, wer-   gleich teuer, jung gleich günstig». Die Methode
der 35 Jahre lang das Gefühl   den in die Rechnung nicht einbezogen.»                ­berücksichtigt zwar das Durchschnittsalter der Pa-
hatte, eine gute, sinnvolle                                                          tienten, nicht aber, wie krank die Patienten des be-
und kostensparende Tätigkeit    Empörende Sprache des Gerichts                       treffenden Arztes effektiv sind. Eigentlich haben
zu machen.»                     Die vielen Heimpatienten, die im Vergleich zu        die Krankenkassen diesen Sachverhalt anerkannt.
                               Gleichaltrigen höhere Kosten verursachen, w ­ erden   Darum wurde die Methode überarbeitet. Aber
                               Kaiser nun zum Verhängnis. Diese Patienten kön-        beim Urteil von Werner Kaiser kam vollumfäng-
                                nen meist nicht mehr ohne Weiteres zu ihrem          lich die viel zu grobe Methode zum Zuge. Dabei
                                Hausarzt in die Praxis. Sie sind darauf angewie-     weiss man, dass die konkrete Erkrankung eines
                                sen, dass der behandelnde Arzt zu ihnen kommt.       Patienten den grössten Einfluss auf die Kosten hat.
                               ­Kaiser dazu: «Heimpatienten brauchen sehr viel       Die bei Kaiser angewendete statistische Methode
                               Zeit. Gerade wenn sie kurz vor dem Tod stehen. Da     ist damit nicht nur schlecht, sie wurde obendrein
                                führe ich sehr viele Gespräche mit den Patienten,    noch schlampig angewendet. Betrachtet man die
                               aber auch mit den Angehörigen und dem Pflege-         Gruppe der Ärzte in Biel, mit welchen Werner
                                personal.» In der Sprache des zuständigen Richters   Kaiser verglichen wurde, dann fallen erhebliche
                                wird der Sachverhalt dann in empörender Weise        Fehler in den Daten auf: So ist der eine Arzt An-
                                kommentiert: Werner Kaiser «animiere» seine          fang 2014 verstorben, der andere seit Mitte 2013 im
                                Patienten, «jederzeit bei ihm Leistungen einzufor-   Ruhestand und ein Dritter gar nicht als Hausarzt
                                dern». Wer solche «Komfortleistungen» für seine      tätig. Aber auch diese Einwände vermochten das
                                Patienten erbringe, handle unwirtschaftlich.         Gericht nicht zu beeindrucken.

                                Schlechte Methode, fehlerhaft angewendet             Durch das Urteil des Schiedsgerichts ist der Arzt
                                Statt die Patientendossiers aus der Praxis von       in eine existenzielle Notlage geraten. Sowohl sein
                                Herrn Kaiser durch einen geschulten Hausarzt         Anwalt wie der angefragte Experte haben Werner
                                prüfen zu lassen, beschränkt sich das Gericht auf    Kaiser nun geraten, den Fall ans Bundesgericht
                                eine statistische Methode, die – wie heute weithe-   weiterzuziehen.
                                rum anerkannt ist – grobe Mängel aufweist. Was
                                es bräuchte, wäre eine Einzelfallprüfung durch       Dieser Artikel ist in Politik+Patient 3/18 erschienen.
                                einen sachverständigen Arzt. Werner Kaiser wür-      Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung
                                de dies begrüssen. Denn das Hauptproblem mit         der Zeitschrift.
                                der angewendeten statistischen Methode liegt vor
                               ­allem darin, dass ausgerechnet die Erkrankungen
                                des Patienten nicht berücksichtigt werden. Verein-
                                facht gesagt folgt die Methode dem Grundsatz «alt

                                                                                       doc.be 05/2018 Wirtschaftlichkeitsverfahren      13
14   doc.be 05/2018 Reminder Änderungen Medizinalberufegesetz
Cavete Collegae:
                               ­Gesetzesänderung
                               An dieser Stelle rufen wir noch einmal eine seit
                               dem 1. Januar 2018 geltende Gesetzes­änderung in
                               Erinnerung. Seit Anfang Jahr ist das neue Medizinal­
                               berufegesetz (MedBG) in Kraft. Dies hat direkte
                               Auswirkungen auf den Praxisalltag, vor allem von
                               Praxen mit angestellten Ärztinnen und Ärzten.

Das neue Medizinalberufe­      Text: Thomas Eichenberger, Sekretär                  eine K-Nummer. Ihre Leistungen müssen mit ihrer
gesetz nimmt Praxisinhaber     Bild: iStockphoto                                    K-Nummer unter der ZSR-Nummer des Praxis­
in die Pflicht. Ein Fehlen                                                          inhabers oder der Einrichtung, die der ambulanten
von Bewilligungen oder Nach-   Neu müssen sich alle Ärztinnen und Ärzte (wie auch   Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dient,
weisen kann Konsequenzen       die Zahnärztinnen, Chiropraktoren, Apothekerin­      abgerechnet werden, weil sie nach abgeschlossener
haben.                         nen und Tierärzte) ins ­  Medizinalberuferegister    Weiterbildung per definitionem in eigener fachlicher
                               (MedReg) eintragen lassen. Sie erhalten bzw. benö­   Verantwortung Patienten behandeln. Sie benötigen
                               tigen eine sogenannte Global Location Number.        dann nebst der Berufsausübungsbewilligung auch
                                                                                    eine Zulassung zur Tätigkeit zu Lasten des KVG,
                               Verantwortung liegt beim Arbeitgeber                 müssen Notfalldienst leisten und können nicht
                               Und neu wird auch eine Berufsausübungsbewilli-       mehr länger unter fachlicher Aufsicht tätig sein.
                               gung (BAB) für die «privatwirtschaftliche Berufs-
                               ausübung in eigener fachlicher Verantwortung» für    Erhalt der K-Nummer
                               Angestellte benötigt und nicht nur, wie bis anhin,   Um die K-Nummer erteilen zu können, benötigt
                               für die AHV-, BVG- und steuerrechtlich «selbstän-    die SASIS AG folgende Dokumente (Kopien A4,
                               dige» Berufsausübung. Die notwendige Berufsaus-      einseitig kopiert) bzw. Angaben (www.sasis.ch)*:
                               übungsbewilligung ist zudem für Ärztinnen und
                               Ärzte im Kanton Bern mit der Verpflichtung ver-      –	Formular Ein- und Austritt Kontrollnummer
                               bunden, beim allgemeinen ambulanten ärztlichen          (K-Nr.)
                               Notfalldienst des Bezirksvereins mitzuwirken. Nur    –	Kantonale Berufsausübungsbewilligung
                               der vom Bezirksverein geregelte allgemeine ärztli-   –	Kantonale Bewilligung zulasten der OKP (ob-
                               che Notfalldienst oder ein stattdessen für gewisse       ligatorische Krankenpflegeversicherung) tätig
                               Fachrichtungen vom Bezirksverein organisierter           sein zu dürfen, sofern der Arzt gemäss kan-
                               und anerkannter Spezialistennotfalldienst gelten         tonalem Recht dem Zulassungsstopp gemäss
                               als Notfalldienst im Sinne des Gesetzes. Die Kon-       Art. 55a KVG unterliegt
                               trolle der Eintragung im MedReg liegt zu einem       –	Eidgenössisches Diplom oder ausländisches
                               grossen Teil in der Verantwortung des Arbeitge-          Diplom mit Anerkennungsverfügung, ausge-
                               bers. Auch wenn die Arbeit, insbesondere bei noch        stellt durch die Medizinalberufekommission
                               nicht abgeschlossener Weiterbildung, unter fachli-      ­M EBEKO des BAG (Kontaktangaben siehe
                               cher Aufsicht erfolgt, muss ein Eintrag im M
                                                                          ­ edReg      Kasten Seite 16)
                               vorhanden sein. Für diese Überprüfung ist der Ar-    –	Eidgenössischer Weiterbildungstitel oder aus-
                               beitgeber verantwortlich, eine Unterlassung kann         ländischer Weiterbildungstitel mit Anerken-
                               mit Busse bestraft werden. Bei f­remdsprachigen          nungsverfügung, ausgestellt durch die Medi-
                               Angestellten ist überdies die Überprüfung und            zinalberufekommission MEBEKO des BAG
                               gegebenenfalls der Nachweis der notwendigen             (Kontaktangaben siehe Kasten Seite 16)
                               Sprachkenntnisse erforderlich.

                               Nach abgeschlossener Weiterbildung benötigen an-     * Die männliche Form gilt im Folgenden analog auch immer für
                               gestellte Ärztinnen und Ärzte bei der SASIS AG        die weibliche Form

                                                                                doc.be 05/2018 Änderungen Medizinalberufegesetz               15
–	Fähigkeitsausweise, Schwerpunkte, bzw. inter-       MedReg ausreichend sind. Im Zweifelsfall kann
                               disziplinäre Schwerpunkte (falls vorhanden)        die ­M EBEKO einen Nachweis für die Beherr-
                           –	Nur leitende Ärzte und Stellvertretungen:           schung der Sprache verlangen. Für das Melden
                             Aktuelle Bestätigung TARMED Vertrags-                einer Hauptsprache (Muttersprache) ist eine selbst
                               beitritt, ausgestellt durch die kantonale Ärzte­   verfasste, datierte und unterzeichnete Selbstde-
                              gesellschaft (entweder als Mitglied oder Ein-       klaration notwendig, in welcher Gesuchstellende
                               zelbeitritt als Nichtmitglied über die kantonale   bestätigen, dass dies ihre Hauptsprache ist. Im
                             Ärztegesellschaft).                                  Zweifelsfall behält sich die G­ eschäftsstelle der
                           –	GLN Global Location Number: Alle Ärzte              MEBEKO vor, zusätzliche Nachweise zu verlan-
                               mit einem eidgenössischen oder einem von der       gen. Hinweis: Aus technischen Gründen ist die
                              ­MEBEKO anerkannten Diplom finden ihre GLN          Kontrolle der Eintragung der Sprachkenntnisse
                               unter: www.medreg.admin.ch. Sollten Sie dort       im Register erst ab Herbst 2018 möglich. Ein Ein-
                               keine GLN finden, können Sie diese beim BAG        tragungsgesuch der Sprachkenntnisse beläuft sich
                               unter der E-Mailadresse medreg@bag.admin.ch
                                                         ­­                       auf 50 bis 100 Franken pro Sprache.
                              anfragen.
                                                                                  Jeder Praxisinhaber muss sich dieser Verantwor-
                           Nachweis der Sprachkenntnisse                          tungen bewusst sein, vor allem da ein Fehlen von
                           Jede angestellte Person muss der SASIS AG pro          Bewilligungen oder der Einträge und Nachweise
                           Arbeitgeber separat mit dem Formular Ein- und          im MedReg oder bei der SASIS AG in gewissen
                           Austritt Kontrollnummer (K-Nr.) gemeldet wer-          Fällen schon Konsequenzen gehabt hat: z. B. Busse
                           den. Neu ist auch ein obligatorischer Eintrag von      und Verpflichtung zur Rückzahlung von Leistun-
                           Sprachkenntnissen im MedReg. Nichts unter-             gen, welche durch Medizinalpersonen ohne ent-
                           nehmen müssen schon vor dem 1. Januar 2018 im          sprechende Nachweise erbracht wurden.
                           MedReg eingetragene Inhaberinnen und Inhaber
                           eidgenössischer Diplome für die Sprachen, in de-
                           nen sie die Ausbildung abgeschlossen haben, sowie
                           Inhaberinnen und Inhaber anerkannter ausländi-         Kontaktangaben
                           scher Diplome für die im Rahmen des Anerken-
                           nungsverfahrens gegenüber der ­M EBEKO nach-            Kontakt für eidgenössische Titel:
                           gewiesene Landessprache. Diese Sprachkenntnisse        SIWF (Schweizerisches Institut für ärztliche
                           werden automatisch eingetragen und es wird keine       ­Weiter- und Fortbildung)
                           Gebühr für ihre Eintragung fällig.                     c/o FMH Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte
                                                                                   Elfenstrasse 18, Postfach 300, 3000 Bern 15
                           Sie können jedoch jederzeit eine weitere Sprache       T 031 359 11 11, F 031 359 11 12
                           eintragen lassen, sobald Sie mindestens ein dem        siwf@fmh.ch, www.siwf.ch
                           Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Refe-
                           renzrahmens für Sprachen gleichwertiges Niveau         Kontakt für ausländische Titel:
                           erreicht haben.                                        Bundesamt für Gesundheit (BAG)
                                                                                  MEBEKO Medizinalberufekommission
                           Wer den Medizinalberuf am 1. Januar 2018 in der        Ressort Ausbildung
                           Schweiz ausübt, hat ab diesem Datum zwei Jahre         Schwarzenburgstrasse 157, 3003 Bern
                           Zeit, um das Gesuch um Spracheintrag ins Register      T 058 462 94 83
                           zu stellen. Für die Eintragung ins Register müssen     mebeko-ausbildung@bag.admin.ch
                           mindestens dem Niveau B2 entsprechende Sprach-         www.bag.admin.ch
                           kenntnisse nachgewiesen werden. Als Nachweis
                           dienen:

                           –	ein international anerkanntes Sprachdiplom,
                               das nicht älter als sechs Jahre ist;
                           –	ein in der entsprechenden Sprache erworbener
                              Aus- oder Weiterbildungsabschluss des univer-
                               sitären Medizinalberufs; massgebend ist die
                               Sprache, in der die Aus- oder Weiterbildung
                              ­absolviert wurde und nicht die Ausstellungs-
                               sprache der Urkunde; oder
                           –	Arbeitserfahrung in der entsprechenden Spra-
                               che im betreffenden universitären Medizinal­
                               beruf von drei Jahren innerhalb der letzten zehn
                              Jahre.

                           Es wird davon ausgegangen, dass die mündlichen
                           und schriftlichen Kenntnisse der Hauptsprache
                           (Sprache, die die Person am besten beherrscht
                           und in der sie denkt) für die Registrierung im

16   doc.be 05/2018 Änderungen Medizinalberufegesetz
Die MPAs von
                               morgen

                               Text: Simone Keller, Presse- und                       Sogar der FMH-Präsident Jürg Schlup war persön-
                               ­Informationsdienst                                    lich vor Ort. doc.be hat ihm drei Fragen zu seinem
                                Bild: Carmelo Agovino                                 Engagement gestellt:

                               Vom 12. bis 16. September 2018 trafen sich in Bern     doc.be: Herr Schlup, wieso braucht
                               die besten jungen Berufsleute aus Handwerk, Indus-     es einen MPA-Stand an den Swiss Skills?
                               trie und Dienstleistung zu den Schweizer Berufs­       Dr. med. Jürg Schlup: An der grössten Show der
                               meisterschaften Swiss Skills. Bereits zum zweiten      Schweizer Berufslehre darf der wichtige Gesund-
                               Mal nach 2014 war Bern der Austragungsort dieses       heitsberuf MPA nicht fehlen!
                               Grossevents, der rund 115 000 Besucherinnen und
                               Besucher aus der ganzen Schweiz anlockte. Auf          Der Beruf ist so wichtig, dass Sie sogar an
                               dem Messegelände von 100 000 Quadratmetern             einem Sonntag den Stand betreuen.
                               (entspricht rund 14 Fussballfeldern!) waren 135 ver-   Ja, das mache ich einerseits aus Wertschätzung
                               schiedene Berufe vertreten; in 75 Berufen wurden       für die medizinische P­ raxisassistentin und deren
                               die Schweizer Berufsmeisterschaften ausgetragen.       Verbände. Und andererseits, weil die medizinische
                                                                                      Praxisassistentin die wichtigste Mitarbeiterin des
                               Knapp 80 Berufsverbände waren in die Organi-           praktizierenden Arztes ist. Für eine effiziente ärzt-
                               sation involviert. Darunter auch die Verbindung        liche Berufsausübung ist sie eine unverzichtbare
                               der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) und            Partnerin!
                               der Schweizerische Verband Medizinischer Praxis-­
                               Fachpersonen (SVA). Gemeinsam betreuten sie            Was gefiel Ihnen an den Swiss Skills 2018
                               den Informationsstand «Medizinische Praxisas-          besonders gut?
                               sistentin» (MPA). Damit machten sie Schulabgän-        Die hohen Besucherzahlen. Darunter waren viele
                               gerinnen und Schulabgänger ebenso wie weitere          Schülerinnen und Schüler, die in der Berufswahl
                               I nteressierte auf den MPA-Beruf aufmerksam.
                               ­                                                      stehen und reichlich Interesse für eine B
                                                                                                                              ­ erufslehre
                               Auch BEKAG-Mitglieder haben tatkräftig mitge-          zeigen. Für mich ist so ein Anlass sehr motivierend –
                               holfen und den Informationsstand mitbetreut.           auch für ein Engagement an den nächsten Swiss
                                                                                      Skills.

FMH-Präsident Jürg Schlup
anlässlich den Swiss Skills
2018: «Die medizinische
Praxis­a ssistentin ist die
wichtigste Mitarbeiterin des
praktizierenden Arztes.»

                                                                                                        doc.be 05/2018 Swiss Skills     17
18   doc.be 05/2018 Schweizer Multiple Sklerose Register
Ein innovatives,
                                 landesweites
                                 Bürgerwissen-
                                 schafts-Projekt
                                 Wie viele Personen mit Multipler Sklerose leben in
                                 der Schweiz? Wie bewältigen sie ihren Alltag? Und
                                 welche Gesundheitsversorger und Behandlungen
                                 nehmen sie in Anspruch? Diese und viele weitere
                                 Fragen will das Schweizer MS Register beantworten.

Multiple Sklerose ist eine       Text: Viktor von Wyl, MS Register                     Verfügung. Mit statistischen M
                                                                                                                    ­ ethoden wurden die
entzündliche Erkrankung des      Bild: iStockphoto                                     Symptome und deren Einfluss auf die Lebensqua-
Nervensystems. Laut Schät-                                                             lität unter die Lupe genommen. Es hat sich heraus-
zungen sind in der Schweiz       Das MS Register ist im Juni 2016 lanciert worden.     gestellt, dass Gang- und Gleichgewichtsstörungen,
rund 15 000 Menschen             Das einzigartige Forschungsprojekt der Schweize-      Depressionen und Fatigue diejenigen MS-Sympto-
von dieser chronischen und       rischen Multiple Sklerose Gesellschaft wird in Zu-    me mit den grössten negativen Auswirkungen auf
unheilbaren Krankheit be-        sammenarbeit mit dem Institut für Epidemiologie,      die Lebensqualität sind. Solche Daten können für
troffen; jeden Tag erhält eine   Biostatistik und Prävention (EBPI) der Universität    Fachpersonen hilfreich sein, indem sie Hinweise
Person die Diagnose MS.          Zürich umgesetzt.                                     darauf geben, welche Symptome der MS, auch ge-
                                                                                       messen an deren Häufigkeit, die grösste Belastung
                                 Aussergewöhnlich hohe Beteiligung                     darstellen. Diese Veröffentlichung zeigt zudem,
                                 Bis Anfang August 2018 haben sich bereits             dass das Schweizer MS Register – als Projekt von
                                 2200 Betroffene und Angehörige registriert. Eine      und mit Betroffenen – auch in der Fachwelt zuneh-
                                 so grosse Teilnehmerzahl innerhalb von zwei Jah-      mend an Akzeptanz gewinnt.
                                 ren ist für eine Schweizer Forschungsstudie ausser-
                                 gewöhnlich. In einem Fachartikel haben Forschen- Auch Sie als Fachperson können uns u     ­ nterstützen,
                                 de des Registers kürzlich mögliche Erklärungen        indem Sie auf das MS Register hinweisen. Das
                                 für den grossen Erfolg dargelegt 1: Der Einbezug     MS R ­ egister Zentrum, die Betroffenen und die
                                 von Betroffenen, welche von Anfang an in die          Schweiz. MS-Gesellschaft bedanken sich für Ihre
                                 Entwicklung involviert waren und auch künftig        Unterstützung!
                                 über den Kurs mitbestimmen können, sowie die
                                 sehr enge Zusammenarbeit mit der Schweiz. MS-­ Weitere Informationen und Auswertungen sind
                                 Gesellschaft fördern die Identifikation der Teilneh­ ­einsehbar unter www.ms-register.ch.
                                 menden mit ihrer Studie.

                                 Hilfreiche Daten für Fachpersonen                     Literatur
                                 Die Daten aus dem Schweizer MS Register können        1
                                                                                           	Puhan MA et al, A digitally facilitated citizen-­science driven
                                 aber auch Ärzte und andere Gesundheitsfachper-               approach accelerates participant recruitment and increases
                                 sonen darin unterstützen, MS-Symptome zielge-                study population diversity, Swiss Medical Weekly, 2018
                                 richteter zu behandeln, wie ein kürzlich erschiene-   2
                                                                                           	Barin L et al, The disease burden of Multiple Sclerosis from
                                 ner Forschungsartikel des Schweizer MS Registers             the individual and population perspective: which symptoms
                                 in einem international renommierten Fachjournal              matter most, Multiple Sclerosis and Related Disorders, 2018
                                 aufzeigt 2 . Für diese Studie standen Daten von
                                 855 Personen aus dem Schweizer MS Register zur

                                                                                 doc.be 05/2018 Schweizer Multiple Sklerose Register                     19
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                  Die BEKB wurde dieses Jahr als Gesamtsiegerin des unabhängigen Private-Banking-
                  Ratings des Wirtschaftsmagazins BILANZ ausgezeichnet. Damit belegt die BEKB seit
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                  zur langjährigen Qualitätsleaderin.

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                  sache. Entscheiden Sie sich für eine Bank,
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                  bekb.ch/bilanz

20   doc.be 05/2018 Editorial
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