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HPImgzn Hasso-Plattner-Institut Ausgabe 26 – Sommersemester 2020 Deine Karriere Zeit für Zukunftspläne Master oder Doktor? ONE Youth Ambassador Digitalisierung an Schulen
Im Gespräch 45 Zwei unserer neuen Professor*innen stellen sich und ihren Fachbereich vor HPIkarriere HPIkultur 4 Master oder Doktor? 31 Gedicht 10 Meaning over Money? 32 ONE Youth Ambassador Wie ich auszog, die sinnhafte Arbeit zu finden Zwischen Bundestag und Europaparlament 18 »Women in Tech«-Events 36 VR Gaming Das ist nur für Frauen! Oder? 44 Sprachgeschichten 22 Mentoring Plus Du gehst mir auf den Biskuit 24 Karrierestart am HPI Sonnige Aussichten 26 Interviews mit HPI-Alumni*ae Auf Karrierewegen HPIintern HPIwissen 45 Interview mit Prof. de Melo 58 Armin empfiehlt Artificial Intelligence and Intelligent Systems Change the Running System 48 Interview mit Prof. Renard 60 Road to Open Source Data Analytics and Computational Statistics 64 Fermentierte Ingwerlimonade 52 HPI Schul-Cloud Von wilden Hefen und Zeitbomben Schule und Digitalisierung – ein ewiges in Bierflaschen Paradoxon? 66 Dr. Krohns Rechtstipps 2
Erstellen wir eine Ausgabe? Und wenn ja, wie viele externe Autor*innen gewonnen, die viele Exemplare sollen wir drucken? Drucken uns dabei unterstützt haben. Sandra Willoh wir überhaupt? Dieses Semester hat uns eini- stellt die Arbeit des Connect-Klubs vor. Die ges an Kraft und Nerven gekostet. Die Klub- Gleichstellungsbeauftragten berichten von treffen waren sonst immer ein gemütliches der »Women in Tech«-Veranstaltungsreihe, Miteinander, wo Artikelideen gemeinsam die nicht nur was für die Studentinnen ist, entstanden sind. Doch als eigentlich unser und Kira Grammel von Mentoring-Plus. Kick off stattfinden sollte, befand sich das HPI Nebenbei erfahrt ihr in dieser Ausgabe, Die Redaktion im Betriebsurlaub. Danach startete das digi- was ONE Youth Ambassador sind und welche dieser Ausgabe tale Semester und somit auch die digitalen Spiele sich in den virtuellen Welten lohnen. (Gesichter v. l. n. r.) Klubtreffen. Leider hatten wir wie alle Klubs Wir stellen euch außerdem zwei neue Profes- mit weniger Beteiligung zu kämpfen und oft soren vor: Prof. Bernhard Renard und Prof. Maximilian Stiede saßen wir Klubsprecher*innen alleine im vir- Gerard de Melo. Außerdem hat sich wieder Leonard Geier Johannes Wolf tuellen Call und diskutierten über die Zukunft einmal die Wichtigkeit von Digitalisierung in Lukas Wagner des Magazins. Trotzdem beschlossen wir auch den Schulen gezeigt und ihr erfahrt den neu- Silvan Verhoeven in diesem Ausnahme-Semester ein neues esten Stand der HPI Schul-Cloud. Dr. Timm Lisa Baumann Magazin zu erstellen und jetzt haltet ihr das Krohn stellt euch auch dieses Mal wieder Hanna Dräger Ergebnis in den Händen oder schaut es euch Gerichtsurteile vor, unter anderem warum wir Marie Jarisch virtuell als PDF an. gelesene E-Books nicht einfach weiter verkau- Lisa Ihde Wir haben uns im Titelthema mit der fen dürfen oder warum Netflix nicht einfach Nikkel Mollenhauer Karriereplanung beschäftigt. Dazu führten seine Abo-Preise erhöhen kann. Viel Spaß Joana Bergsiek wir Interviews mit ehemaligen HPI-ler*in- beim Lesen! Felix Roth nen über ihre Karrierewege und stellten uns –– Für den Zeitungsklub Tobias Markus die Frage, wieso man einen Master oder eine Lisa Baumann, Lisa Ihde, Tobias Markus Jonathan Kreidler Promotion machen sollte. Wir haben sehr 3
Warum sollte man einen Master oder Doktor machen? Nach eigentlich jedem Bildungsabschluss, den man im Laufe seines Lebens macht, stellt sich die immer gleiche, wenn auch jeweils anders ausgeprägte Frage: Soll ich einen weiteren Abschluss anschließen oder lieber gleich ins Berufsleben einsteigen? Natürlich gibt es dafür keine allgemein- gültigen Antworten und niemand kann einem eine solche Entscheidung abnehmen, nichtsdesto- trotz kann es sehr hilfreich sein, Erfahrungen von anderen zu kennen, um sich ein breiteres Bild von seinen Optionen zu machen. Hier findet ihr eine kleine, selbstverständlich unvollständige Sammlung genau solcher Erfahrungen und Meinungen von verschiedenen HPI-ler*innen. Um einen Beitrag von möglichst vielen Leuten Fast gleich viele der Befragten haben als Nächs- zu erhalten, haben wir eine Umfrage unter allen tes vor, einen Master anzufangen wie Vollzeit Studierenden und Doktorand*innen durchge- in das Berufsleben einzusteigen. Im Hinblick führt. Dabei ging es vor allem darum, heraus- auf die Zahl der Bachelorstudierenden möchte zufinden, wie gut sie sich auf das Berufsleben der Großteil von ihnen nach ihrem Abschluss vorbereitet fühlen. Teilgenommen haben 111 noch einen Master machen, da im Regelfall nur Personen, an dieser Stelle danke an euch alle! sie diese Option gewählt haben. Einen Doktor, Fast zwei Drittel der Teilnehmenden waren Bachelorstudierende, ungefähr ein Drittel Mas- Bachelor/Master/Doktor? terstudierende und den Rest, mit immerhin acht Befragten, bildeten die Doktorand*innen. Die Antworten auf die nächste Frage fielen über- Doktor wiegend positiv aus. Mit 51 Personen fühlt sich die Mehrheit ziemlich gut auf das Berufsleben Bachelor vorbereitet, nur 16 Befragte wenig und nur zwei schlecht. Erwähnenswert ist dabei, dass sich der Großteil der Teilnehmenden im Bachelor Master befindet und die Anteile im oberen Spektrum trotzdem deutlich stärker vertreten sind. In welchem Semester Wie gut vorbereitet siehst befindest du dich in deinem du dich auf das Berufsleben aktuellen Studiengang? mit deinem Stand im Studium? schlecht >6 1 sehr 6 2 wenig ziemlich 5 mittelmäßig 4 3 4 HPIkarriere
Welchen nächsten Schritt planst du nach Erreichen deines aktuellen Abschlusses? • Voraussetzung für wenige hohe Research- Positionen • tiefes Interesse an einem Thema Master • an der Uni bleiben können • Spezialist*in in einem Gebiet werden anderes • Geld Praktikum Doktor • … Berufseinstieg Hendrik befindet sich gerade im 6. Masterse- mester, schreibt an seiner Masterarbeit und hat uns seine Erfahrungen geschildert: ein Praktikum oder etwas anderes zu machen, ziehen weniger Leute in Betracht. Wie hast du dich für den aktuellen Weg ent- Den Abschluss der Umfrage bildeten die schieden, welche Gründe sprachen dafür, Fragen nach Gründen, einen Master bzw. welche dagegen? Hattest du Zweifel? Doktor zu machen. Die Antworten fielen sehr →→ Hendrik: Ich wusste, dass ich nach dem vielfältig aus, die meisten Aspekte wurden Bachelor ins Ausland gehen wollte. Ich musste jedoch mehrfach ähnlich genannt. mich dann nur noch zwischen einem Praktikum und einem Auslandsstudium entscheiden. Im Gründe, einen Master zu machen: Endeffekt fiel die Entscheidung auf ein Erasmus- • Spezialisierung nach eigenem Interesse Semester. Natürlich war dieses Studium auch an • Vertiefung die Aufnahme des Masterstudiums gekoppelt, • Prestige weshalb sich für mich nicht die Frage stellte, ob • Voraussetzung für wenige Stellen ich weiter am HPI studieren will. • mehr Zeit für Zukunftsplanung Was gegen ein Praktikum oder den Einstieg • bessere Bezahlung in den Arbeitsmarkt sprach, war die Tatsache, • nicht arbeiten wollen dass ich im Bachelor zwar viel gelernt, aber mich • mehr Wissen in keinem Feld spezialisiert hatte. Dies wollte • Spaß am Studieren ich im Master nachholen. • Interesse an Wissenschaft und Forschung Ein Grund für die Fortsetzung des Studiums • im Wohnheim bleiben können am HPI war auch, dass fast alle meine Freunde • persönliche Entwicklung weiter hier studierten und ich die Umgebung • Zeit am HPI noch nicht vorbei und vor allem die Community am HPI sehr • Auslandsaufenthalt möglich schätze. • der meistvertretene Weg Im Nachhinein fallen mir keine Gründe • … ein, die gegen ein Masterstudium gesprochen hätten und dementsprechend hatte ich auch Gründe, einen Doktor zu machen: keine Zweifel. • Spaß an Wissenschaft • man kann sich Dr. nennen • selbstständige Forschung • Voraussetzung für akademische Karriere • Prestige HPIkarriere 5
War die Entscheidung bisher richtig oder Bachelorarbeit am HPI. Wenn man schon im haben sich diese Gründe schon bewahrhei- Bachelor den wissenschaftlichen Teil des Studi- tet? ums, wie z. B. das Schreiben der Bachelorarbeit, →→ Hendrik: Tatsächlich habe ich durch mein gehasst hat, sollte man sich allerdings nochmal Auslandssemester Einblicke in das Themen- überlegen, ob ein Master das Richtige ist. Um das gebiet Machine/Deep Learning gewonnen, in Schreiben der Masterarbeit wird man schließlich welchem ich mich durch meine Masterarbeit nicht drum herum kommen. Zugegebenerma- auch spezialisiert habe und bin damit mehr ßen habe auch ich meine Bachelorarbeit gehasst, als zufrieden. was allerdings an schlechter Themenwahl und Die Entscheidung, wegen der Commu- zu engem Zeitrahmen lag. Bei der Masterar- nity am HPI zu bleiben, war auch definitiv beit sieht zumindest die Themenwahl deutlich richtig. Ich bin heute noch stärker am HPI besser aus. vernetzt als ich es schon im Bachelor war und Ansonsten gibt es auch im Master Klausu- bin sehr froh über die ganzen Freundschaf- ren, Projektabgaben und Vorträge, die gehal- ten, die ich in den letzten Jahren auf- und ten werden müssen. Wenn man darauf keine ausbauen konnte. Lust hat, sollte man vermutlich keinen Master Allerdings fühle ich mich immer noch nicht anstreben, auch wenn man in der Arbeitswelt bereit für den Einstieg in den Arbeitsmarkt, was ebenso nur bedingt um Vorträge und Deadlines aber vermutlich einfach daran liegt, dass ich herumkommen wird. keine Lust habe, das HPI zu verlassen. Da die wenigsten Personen im Bachelor ein Auslandsstudium gemacht haben, ist der Master Hast du Tipps für andere, die gerade vor auch deshalb zu empfehlen. Ich fand mein erstes der Entscheidung stehen was sie als nächs- Auslandssemester im Master so gut, dass ich tes machen sollen oder ob sich ein Master nach Abschluss meiner Masterarbeit noch ein beziehungsweise Doktor lohnt? weiteres Semester im Ausland verbringen werde. →→ Hendrik: Man sollte sich überlegen, welche Eine Chance, dermaßen einfach ins Ausland Teile des Studiums man geschätzt hat und zu gehen und dort viel Zeit mit gleichaltrigen welche man weniger mochte. Wenn man, wie Studierenden aus verschiedenen Ländern zu ver- ich, Lust darauf hat, sich zu spezialisieren, weil bringen, bekommt man nach der Uni nicht mehr man dies im Bachelor noch nicht ausreichend so einfach. tun konnte, sollte man definitiv ein Masterstu- dium in Betracht ziehen. Weißt du schon, wie es nach Abschluss des Sollte man noch keine Ahnung haben, in jetzigen Abschnitts für dich weitergeht? welchem Gebiet man sich spezialisieren will, →→ Hendrik: Jein. Der eigentliche Plan ist, nach bietet vor allem der ITSE-Master am HPI die der Masterarbeit in meinem 2. Erasmus-Semes- Möglichkeit, sich verschiedene Themengebiete ter mit der Jobsuche zu beginnen und mich auf anzuschauen und die richtige Spezialisierung Coding-Interviews vorzubereiten. Allerdings zu finden. denke ich auch immer wieder über eine Promo- Auch bietet ein Master die Möglichkeit, tion nach. Zurzeit habe ich noch zu viel Respekt endlich etwas Forschung zu betreiben, Paper zu davor, am Ende eine Dissertation zu schreiben, schreiben und eventuell auch zu veröffentlichen. um einen Doktor anzufangen. Das kann sich Gerade die Masterarbeit hat nochmal einen ganz aber noch ändern, je nachdem wie gut meine anderen wissenschaftlichen Anspruch als die Masterarbeit am Ende wird. 6 HPIkarriere
Hast du noch weitere Gedanken, Anekdoten dann am Ende aussehen kann – sowas kann oder Meinungen zum Thema einen Master ich also empfehlen. Häufig sind Praktika in oder Doktor zu machen? der Informatik auch bezahlt, was einem auch →→ Hendrik: die Finanzierung des Masters erleichtern kann. • In meinem Master habe ich tatsächlich nur Will man eine akademische Laufbahn ein- an einem Lehrstuhl mehr als einen Kurs schlagen, sollte man vermutlich einen Master belegt. Der ITSE-Master eignet sich also oder Doktor ins Auge fassen. Wiederum braucht perfekt dazu, einfach komplett verschiedene man nicht unbedingt einen Master oder Doktor, Dinge zu machen. Allerdings wird daran um bei Google und Co. anzufangen. Einige gearbeitet, dass das in Zukunft nicht mehr meiner Kommiliton*innen haben nach dem so stark der Fall ist. Bachelor direkt dort angefangen. Der Abschluss • Wenn der Betreuer der Masterarbeit sagt, ist ja nicht alles, worauf es ankommt. Wenn dass man für eine Promotion geeignet ist, man etwas Bestimmtes im Auge hat, sollte man sollte man zumindest mal drüber nachden- sich aber nochmal genauer informieren. Man ken. kann nach dem Bachelor auch erstmal etwas • Wenn man sich noch nicht bereit für »die »praktisch« arbeiten und dann nochmal ein echte Welt« fühlt, ist ein Master vermutlich Masterstudium aufnehmen, wenn man das will. eine gute Idee, um das weiter hinauszuzö- Zwischen Bachelor und Master gibt es neben gern. dem Format und den Inhalten noch weitere Unterschiede. So gibt es im Master viele von den Weitere Erfahrungen und Tipps von Mas- Teilnehmer*innenanzahl kleinere, spezialisier- terstudierenden tere Veranstaltungen, was u. a. auch dazu führt, »Für mich stand immer fest, dass ich einen dass man nicht mehr alle Kommiliton*innen so Master machen wollte; das hatte ich nie hinter- regelmäßig sieht, wie es im Bachelor noch der fragt. Außerdem hätte ich auch nicht gewusst, Fall war. Auch sind Masterprojekt und -arbeit was ich sonst nach meinem Bachelor machen weniger verknüpft als im Bachelor. sollte. Ich wurde dann bei meiner ersten Mas- Man sollte natürlich auch im Hinterkopf terbewerbung abgelehnt und erst ein Semester behalten, dass es auch noch tolle Möglichkeiten später angenommen, worüber ich im Nachhin- abseits des HPIs gibt. Vor allem, wenn sich ein echt froh bin. Ich hätte wohl ansonsten auf während des Bachelors gezeigt hat, dass der Autopilot weiterstudiert, ohne mich zu fragen, eigene Interessenschwerpunkt vielleicht in ob das eigentlich das Richtige für mich ist, was einem Bereich liegt, in dem am HPI nicht so ich eigentlich will, was ich von meinem Studium viel geforscht wird.« erwarte und auf welches Ziel ich da eigentlich »Schaut unbedingt über den fachlichen hinarbeite. Das zusätzliche Semester habe ich Tellerrand eures Studiums hinaus, und zwar dann genutzt, um mich zu orientieren. Am HPI am besten nicht erst zum Ende des Studiums zu bleiben war schlicht am einfachsten, weil hin. Geht auf Messen und Konferenzen, nehmt ich hier wohne, meine Freunde hier sind und an Meetups und Workshops teil, redet mit ich die Lehrstühle schon kenne. Mittlerweile den Menschen, fragt nach ihren Werdegän- kann ich aber viel selbstbestimmter studieren.« gen, nach ihren Erfahrungen und Ratschlägen, »Ich fand das Praktikum zwischen Bachelor baut ein Netzwerk auf. Lernt Lebensrealitä- und Master war eine gute Möglichkeit, um zu ten abseits des Standardweges kennen. Nur so sehen, wie das Arbeiten in einem Unternehmen könnt ihr herausfinden, was zu euch passt und HPIkarriere 7
was nicht, was ihr wollt und braucht und was das Gehalt deutlich geringer und natürlich ist nicht. Fragt eure Kommiliton*innen nach ihren die Anzahl an Informatikprofessuren begrenzt. Plänen und Zielen (und nicht nur die eigenen Falls ihr nicht wisst, wo ihr eigentlich Freund*innen). Vielleicht stellt ihr fest, dass anfangen sollt, könnten die Workshops und noch kaum jemand einen konkreten Plan hat; die Beratung des Career Service der Uni euch dann schleppt euch eben gegenseitig zu Veran- weiterhelfen. Für die Studentinnen unter euch staltungen. Oder ihr erfahrt dadurch von neuen ist außerdem das Karriere-Zertifikat für MINT- coolen Ideen, die ihr selbst noch nicht hattet. Frauen (Fokus Informatik) eine gute Empfeh- Erzählt anderen von euren Plänen, Wünschen lung.« und Bedürfnissen, dann könnt ihr euch gegen- Für Informationen zum Karriere-Zertifikat seitig helfen. Erzählt auch von euren Zweifeln, könnt ihr euch an Nele Noack wenden, sie hat Sorgen und Ängsten. Ihr seid da nicht allein! am ersten Durchgang teilgenommen. Und an alle, die das Glück haben, schon genau »Wenn du darüber nachdenkst, wo dich zu wissen, was ihr mit eurem Leben anfangen dein Leben weiter hinführen soll und sich dein wollt: Es ist echt cool, dass ihr das schon wisst. Bachelor am HPI langsam dem Ende neigt, ist Wenn euch andere danach fragen, könnt ihr dir vermutlich schon mal der Gedanke durch die Gelegenheit nutzen, den anderen zu helfen. den Kopf geflogen, auch einfach für den Master Bitte werdet nicht überheblich; das nützt nie- hierzubleiben. Für einige ist das sicherlich eine mandem etwas. sehr gute Entscheidung. Du kannst in einem Sucht euch eine*n Mentor*in. Macht ein bekannten Umfeld mit guter Ausstattung Praktikum oder mehrere. Das Unternehmen bleiben und musst nicht über viele Alterna- und die Aufgaben müssen übrigens nicht perfekt tiven oder sogar Umzüge nachdenken. Aber zu euch passen oder zu hundert Prozent euren trotz dieser Vorteile empfehle ich dir, deine Interessen und Fähigkeiten entsprechen. Seht Entscheidung sehr ausgiebig mit dir selbst aus- das Praktikum eher als Möglichkeit, herauszu- zudiskutieren. Stell fest, ob dich der Master finden, ob das Unternehmen/die Aufgaben/das am HPI glücklicher machen wird. Du solltest Gebiet zu euch passen; vielleicht werdet ihr ja ihn nicht nur machen, weil die meisten deiner überrascht? Hinterfragt eure Glaubenssätze: Freund*innen hier weitermachen wollen oder Will ich wirklich einen Master/Doktor machen du nicht umziehen willst. Gründe dagegen oder glaube ich nur, dass man das halt so macht? wären auch, dass dich die Kurse im Master nicht Wie stelle ich mir den Alltag als Doktorand*in/ begeistern, du unbedingt in Regelstudienzeit Softwareentwickler*in/Produktmanager*in/ fertig werden möchtest oder ziemlich sicher Cyber Security Expert*in vor und wie ist er wirk- weder Vollzeit-Software-Entwickler*in noch lich. Nützlich dafür: Informational Interviews IT-Doktorand*in werden möchtest. und Jobshadowing/Tagespraktikum. Falls du weiterhin studieren möchtest, schau Evaluiert auch unbedingt eure Fähigkeiten. wenigstens kurz in die Angebote, die die anderen Gerade introvertierte Menschen neigen dazu, Institute und Hochschulen im Berliner Groß- sich zu unterschätzen. raum in deinem Interessenbereich anbieten und Den Master oder Doktor zu machen, ist vielleicht nach sogenannten Bindestrich-Infor- auch eine Kostenfrage. Auch ›nur‹ mit einem matik-Studiengängen. Nimm dir wenn möglich Bachelor ist in der Industrie ein Einstiegsgehalt nach deinem Bachelorabschluss mindestens von 40.000–50.000 € im Jahr realistisch. Will ein Semester Auszeit vom HPI, bevor du dein man hingegen in der Forschung bleiben, ist Studium fortsetzt (z. B. durch ein Praktikum, 8 HPIkarriere
ein Auslandssemester oder Kurse an anderen vielleicht auch erst mal nur für ein Praktikum. Instituten und Universitäten). Auch der Basic Einen kurzen Einblick in das Berufsleben kann Track der D-School ist hierfür eine gute Alter- ich in jedem Fall empfehlen. Ein Master lohnt native, um andere Ansätze kennenzulernen.« sich dann, wenn das Interesse nach mehr Tiefe in informatischen Themen groß ist und vielleicht Nachdem es jetzt sehr viel um das Thema auch Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten, Master ging, wechseln wir abschließend insbesondere dem Veröffentlichen von Papern, noch einmal die Perspektive. Johannes ist besteht. Das lässt sich im Master in einigen Promotionsstudent im 8. Fachsemester, hat Veranstaltungen ausprobieren. In einem Pro- den Bachelor und Master vorher auch am motionsstudium muss man an einem Thema so HPI gemacht und ein paar Fragen zu seinen interessiert sein, dass man es mindestens vier Erfahrungen beantwortet. Jahre lang (häufig länger) bearbeiten möchte. Weil es hier keinen Stundenplan mehr gibt, muss Wie hast du dich für den aktuellen Weg ent- man sich auch sehr stark selbst motivieren und schieden, welche Gründe sprachen dafür, vorantreiben, damit etwas vorwärts geht. In welche dagegen? Hattest du Zweifel? einer Promotion hat man zwar auch eine gewisse →→ Johannes: Ich war mir nach dem Master Betreuung durch seine*n Professor*in, aber man nicht sicher, was ich machen will und habe mich ist stärker als jemals zuvor auf sich allein gestellt. am Ende unter den Optionen Arbeit suchen, im Es ist im Wesentlichen Einzelarbeit und wenn Ausland promovieren, woanders in Deutschland man selbst nicht motiviert genug ist, kann man promovieren und am HPI promovieren für das schnell in einer Abwärtsspirale landen. Wenn HPI entschieden. Dafür sprach, dass ich mein man sich aber motivieren kann, dann hat man Studium am HPI sehr genossen habe und gerne die wohl größte Freiheit des gesamten Ausbil- noch weiter am Institut bleiben wollte. Zudem dungs- und Berufslebens. habe ich mich im Master mit ein paar spannen- den Themen beschäftigt, die ich so noch weiter Weißt du schon, wie es nach Abschluss des vertiefen konnte. jetzigen Abschnitts für dich weitergeht? →→ Johannes: Ich werde mir eine Arbeit War die Entscheidung bisher richtig außerhalb der Universität suchen. Wie oder haben sich diese Gründe schon diese genau aussehen soll, muss ich mir aber bewahrheitet? noch überlegen. →→ Johannes: Die Entscheidung war richtig, ich bereue sie nicht. Ich konnte während der Wir bedanken uns bei jeder*m, deren*dessen Promotion viel Fachliches lernen und mich Aussagen hier zitiert wurden. auch in der Lehre engagieren, das hat mir viel –– Marie Jarisch Freude bereitet. Hast du Tipps für andere, die gerade vor der Entscheidung stehen was sie als nächs- tes machen sollen oder ob sich ein Master beziehungsweise Doktor lohnt? →→ Johannes: Wer »richtige Praxis« sucht, sollte nach dem Bachelor arbeiten gehen, HPIkarriere 9
Meaning over Money? Wie ich auszog, die sinnhafte Arbeit zu finden In diesem Artikel plädiere ich für eine neue Sicht auf den Dritten Sektor. Ich komme zu dem Schluss, dass ein Job in einem Sozialunternehmen mindestens so sexy ist wie ein Job in einem hippen Berlin-Mitte-Startup. Und dass wir alle unser Gewissen nicht aus dem Fenster werfen müssen, um Karriere zu machen. Da mein eigenes LinkedIn-Profil jedoch vor Laurent Dellere ist Team Lead des Products allem durch Leere glänzt, wollte ich von Men- Team bei der NGO Tactical Tech mit Sitz in schen hören, die quasi Expert*innen auf dem Berlin. Tactical Tech leistet wichtige Aufklä- Gebiet der sinnhaften Arbeit sind. Sie arbeiten rungsarbeit über den Einfluss von Techno- für Non-Governmental Organizations (NGOs), logien auf die Gesellschaft. Dabei nutzen sie Think Tanks und Sozialunternehmen, also dort, zum Beispiel Ausstellungen wie The Glass wo über Technologie nachgedacht, mit ihr gear- Room (www.theglassroom.org), um die Zivil- beitet und sie genutzt wird, um die Gesellschaft gesellschaft beim Schutz der eigenen Daten zu voranzubringen. bestärken, und unterstützen Aktivist*innen in Stefan Wehrmeyer ist HPI-Absolvent. Zu digitalen Räumen beim richtigen Umgang mit seinem unternehmerischen Erbe zählt nicht Hate Speech und Online Harassment. nur der Qualitätsjournalismus des HPImgzn Menschen wie Stefan, Sven, Katja und (Stefan war einer der Gründer), sondern auch Laurent sind für breite Teile der Bevölkerung ein die Plattform FragDenStaat. Darüber können Mysterium. Wer bei einer NGO arbeitet, steht Bürger*innen von ihrem Recht auf Informa- erstmal prinzipiell unter Kapitalismus-Aus- tionsfreiheit Gebrauch machen und Anfragen steiger*innen- und Baumumarmer*innen-Ge- an Behörden stellen. neralverdacht. Und bei der Suche nach einem Sven Seeberg arbeitet als Chief Technology Job vorrangig seinen inneren Werten zu folgen, Officer bei Integreat, einem deutschem Sozial- hört sich zwar aufopferungsvoll an, aber auch unternehmen. Die Plattform hilft Kommunen so, als wäre es furchtbar schlecht bezahlt. Das bei der Integrationsarbeit und den neuen Mit- alles habe ich mir nicht ausgedacht, sondern im bürger*innen dabei, sich schnell heimisch zu Rahmen einer Umfrage in meinem familiären fühlen. So leistet Integreat einen wichtigen Umfeld aufgeschnappt, als ich die Frage stellte: Beitrag zur Integration geflüchteter Menschen »Was würdet ihr davon halten, wenn ich nach an ihrem neuen Wohnort. dem Studium bei einer NGO anfange?«. Katja Jäger forscht im betterplace lab, einem Diese Umfrage ist zwar nicht repräsenta- Berliner Think Tank, daran, wie man Digitali- tiv, aber ich bin mir sicher, dass du bei genau- sierung gerechter und nachhaltiger gestalten erem Nachfragen ähnlichen Gedankengängen kann. Außerdem vertritt sie das lab, welches zu (oder benennen wir sie richtig: Vorurteilen) Deutschlands größter Spendenplattform better- in deinem Umfeld und vielleicht auch bei dir place.org gehört, nach außen. Durch Workshops, selbst begegnen wirst. Studien und Events zeigen die Mitarbeiter*in- Nicht weil du, ich oder meine Verwandten nen, wo es digital hingehen kann und wie wir schlechte Menschen ohne moralischen Kompass alle digitale Zukunft gestalten können. sind, sondern weil wir das alle so gelernt haben. 10 HPIkarriere
Einen »ordentlichen Job« suchen wir eben ich noch am ehesten sehe, ist, dass meinen traditionell in der »richtigen« Wirtschaft, wo Kolleg*innen und mir von einem CEO keine das große Geld gemacht wird, ein eigenes Büro Mission eingebläut werden muss, sondern wir wartet und schnieke Menschen sich zu ihren alle voneinander wissen, dass wir ähnliche Beförderungen gratulieren, die Geld und Büro Werte vertreten. Der Erfolgsdruck ist geringer, exponentiell wachsen lassen. Auch die richtige der Erfolg dafür sinnhafter. Fortune-500-Firma auf dem LinkedIn-Profil ist →→ Sven: Das ist aus meiner Sicht schwierig starker Indikator für beruflichen Erfolg, wie er zu beantworten, da es sehr fließende Über- in unserer Gesellschaft bemessen wird. Karriere gänge sind. Ich würde es so formulieren: Je macht nur, wer sich an diesem gesellschaftlichen stärker ein Team bzw. die Angestellten durch Regelwerk des »ordentlichen Jobs« entlang andere Faktoren als nur den eigenen Verdienst hangelt. Alle anderen fallen da irgendwie runter. motiviert sind, desto stärker tragen sie diese Aber was ist, und das ist die Frage, der ich hier Meinungen auch ins Unternehmen. Ich kenne nachgehe, wenn der Aufprall gar nicht so hart kein Unternehmen mit sozialen Zielen, in ist wie angenommen und man Alice-im-Wun- denen die Mitarbeiter*innen nicht auch ein derland-mäßig in einer ganz neuen Welt landet? gehöriges Mitspracherecht haben oder es Und wie sieht dieses »Wunderland« eigentlich sich verschaffen. aus? Das wollte ich genauer wissen und reiche →→ Katja: Das Tolle an der Arbeit in unserem deshalb nun das Mikrofon weiter. Think Tank ist, dass man sich tiefergehend mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinan- Was unterscheidet eure Arbeit von der Arbeit dersetzen kann. Außerdem sind wir mit unserer in einem profitorientierten Unternehmen? Trendforschung am Puls der Zeit, versuchen zu →→ Stefan: So große Unterschiede sehe ich gar erkennen, wo es in großen gesellschaftlichen nicht. Es gibt große NGOs, die wie klassische Fragen hingeht und denken auch mal ganz expe- Unternehmen funktionieren. Der gemeinnüt- rimentell über Zukunft nach. Das macht Spaß zige Verein, für den ich jetzt arbeite, könnte und beinhaltet viel Gestaltungsspielraum, der vom Arbeitsumfeld auch ein Startup sein: in »klassischen« Strukturen vielleicht nicht Großraumbüro, bring your own device, Mate ganz so groß ist. im Kühlschrank. Statt um VC-Gelder geht es um Förderanträge, statt sales funnel heißt es Spendengewinnung. Den Unterschied, den Was bedeuten VC und Sales Funnel? Venture Capital, kurz VC, ist Ein Sales Funnel oder auch am Ende nur wenige übrig eine Finanzierungsform von Verkaufstrichter ist ein Mittel bleiben, die das Produkt jungen Unternehmen, bei der zur Optimierung des Verkaufs- tatsächlich kaufen. Durch den sich Investor*innen Anteile an prozesses, wobei davon ausge- Sales Funnel können Ressour- diesen sichern, um diese dann – gangen wird, dass innerhalb des cen in jedem Abschnitt des so der Plan – später für viel Geld Trichters aus einer potenziellen Verkaufsprozesses effektiver wieder zu veräußern. großen Kundengruppe immer eingesetzt werden. mehr Menschen wegfallen, bis HPIkarriere 11
eine Sammlung meiner Gedanken, die mir bei der Recherche kamen, aufgeteilt in drei Teile: Karriere, Sinn und Geld. Ich hinter- frage, was diese Dinge (für mich, dich, die Gesellschaft) bedeuten und lasse die Men- schen zu Wort kommen, für die Karriere etwas Anderes bedeutet, etwas Humaneres, Sinnvolleres, Erfüllenderes. Sinn Werfen wir einen Blick in die Pflichtlektüre für diesen Artikel, das Oxford Handbook for Meaningful Work. Laut diesem ist sinnvolle Arbeit vor allem ein Wertekonsens zwischen den eigenen und den Werten des Unternehmens, für das man arbeitet. (s.hpimgzn.de/26-sinn) Ein solches Unternehmen gilt es also zu finden und schon stellt sich die sinnvolle Arbeit von ganz alleine ein. Ha! Ha? Was so einfach klingt, kann sich leider als wahre Sisyphusarbeit entpuppen. Denn während wir uns noch fragen, wo wir diesen Sinn finden können, haben andere ihn schon lange für sich entdeckt: Die Suche nach Sinn Auf der Suche →→ Laurent: Unser Ziel bei Tactical Tech ist verläuft im Silicon Valley scheinbar so erfolg- Viele von uns wissen ein langfristiger Impact. Dadurch unterscheidet reich, dass sich nun jedes Tech-Startup mit nicht, wo es in Zukunft sich die Arbeitsweise im Products Team im Zeit- einer halbwegs guten Idee sicher ist, die Welt hingehen wird. Welchen horizont zum Beispiel von Agenturen. Zudem zu einem besseren Ort zu machen. Schöner Weg soll ich einschlagen? haben wir bei Tactical Tech alle unterschiedliche als ich es hier beschreiben kann, wurde dieses Den Weg, den alle gehen? Backgrounds: Die Mitarbeiter*innen kommen Phänomen in einer Szene der ersten »Silicon Oder will ich etwas ganz aus allen möglichen europäischen Ländern Valley«-Staffel parodiert (s.hpimgzn.de/26-sili- anderes? sowie aus Ägypten, Pakistan, der Türkei, USA convalley). Einer der »Silicon Valley«-Showrun- und UK. Viele waren oder sind aktivistisch in ner bringt es vielleicht noch etwas Nüchterner verschiedensten Feldern tätig. auf den Punkt: 80 % des Senior Managements und 58 % der Belegschaft sind weiblich. Ich denke schon, dass It's capitalism shrouded in the fake das die Art und Weise, wie wir zusammenarbei- hippie rhetoric of ‘We're making ten, und die ganze Teamatmosphäre wesentlich the world a better place,’ because bestimmt.☐ it's uncool to just say ‘Hey, we're crushing it and making money’. Im Laufe dieses Artikels werden Stefan, Sven, Mike Judge Katja und Laurent immer wieder ihre Erfah- rungen teilen. Dieser Artikel ist jedoch auch 12 HPIkarriere
Natürlich sind nicht nur Tech-Startups noto- Was ist dir wichtig? Wenn du ein Problem rische Weltverbesserer. Viele Unternehmen auf dieser Welt angehen könntest, welches präsentieren sich gerne als nachhaltiger, fairer, wäre das? anti-rassistischer als sie es eigentlich sind. Unter Begriffen wie »Green Washing«, »Woke Was waren die Gründe, aus denen ihr euch Washing« und »Rainbow Washing« versteht für eure jetzige Arbeit entschieden habt? man Praktiken wie Solidaritätsbekundungen War »die Welt zu verbessern« einer davon? mit #BlackLivesMatter in den sozialen Medien, →→ Stefan: FragDenStaat ist ein typisches das lautstarke Ankündigen einer nachhaltig deutsches Copy-Cat-Projekt: Die Idee habe produzierten Modekollektion oder Werbung ich aus Großbritannien übernommen. Das Ziel mit »diverser« Besetzung und seichten politi- war natürlich die Welt zu verbessern, dabei die schen Botschaften, die jedoch davon überschat- eigenen Fähigkeiten zu nutzen und Spaß zu tet werden, dass die besagten Unternehmen haben. Das ist auch insofern gelungen, als dass an ihren umweltschädlichen Produktionsbe- FragDenStaat erfolgreich das Thema Informa- dingungen, ausbeuterischen Arbeitspraktiken tionsfreiheit besetzt hat und mittlerweile ein und diskriminierenden Einstellungsprozessen anerkannter Teil der Zivilgesellschaft ist. Den festhalten. Spaß, mit technischen und rechtlichen Mitteln Was also auf den ersten Blick urkomisch ist Behörden zu mehr Transparenz zu verhelfen, (kommt schon, »… making the world a better haben wir immer noch. Wer heute noch ohne place through scalable, fault tolerant, distributed Not einen Job annimmt, der zwar gut bezahlt ist, databases with ACID transactions«? Ich liebe aber kein soziales Gewissen hat, wird sich von es!), entwickelt sich für uns zu einem Problem. seinen Kindern milde gesagt ein paar Fragen Da die meisten Versuche, das Wort sinnvoll anhören müssen – und zwar noch dringendere von Unternehmen definieren zu lassen, zum Fragen als die, die wir heute der Boomer-Ge- Scheitern verurteilt sind, müssen wir uns hier neration stellen. selbst Gedanken machen. →→ Sven: Ich bin ursprünglich zum Projekt Dabei kann auch ich jedoch nur begrenzt gekommen, weil ich selbst ein ähnliches Projekt meine Hilfe anbieten. Was wir als sinnvoll erach- (eine Info-App für Geflüchtete) gestartet ten, hängt auch immer damit zusammen, was habe. Das wiederum ist aus dem konkreten wir als wichtig empfinden. Bedarf einer Initiative entstanden, in der ich Das althochdeutsche sinnan, man könnte es 2015 engagiert war. Hintergrund war, und das mit »streben« oder »reisen« übersetzen, liefert haben damals viele gemerkt, dass Flyer, kaum einen Ansatz. Den Sinn sehen wir nicht immer waren sie gedruckt, wieder veraltet waren. Im in einem Jetzt-Zustand. Es kann auch ein Hinar- Herbst 2015 wurde das Projekt dann mit Integ- beiten auf etwas sein, das unserem Leben einen reat »fusioniert«. Sinn gibt. So kämpft Amnesty International für →→ Katja: Ich bin damals der betterplace-Fa- eine Zukunft, in der Menschenrechte weltweit milie beigetreten, weil die Organisation für geachtet werden, und Black Girls Code für eine mich »Gutes tun« auf eine sehr moderne Zukunft, in der afroamerikanische Mädchen Weise verkörpert. Sowohl Online-Fundraising Zugang zu gut bezahlten Jobs im Technologie- auf der Spendenplattform betterplace.org, als sektor haben. auch das Treiben digital-sozialer Themen im betterplace lab sind für mich ein spannender Mix aus Idealismus, Experimentiergeist und HPIkarriere 13
Geld dem Umgang mit der großen Frage »In welcher The problem of Silicon Valley Zukunft wollen wir leben?«. is its relationship with capital. →→ Laurent: Es war zuerst reiner Zufall, da ein It's the profit motive. A better Kollege damals in einer Usergroup nach Hilfe tech industry would be one that gefragt hatte. Ich habe erst nach und nach die doesn't have such an astronomical Tragweite der Arbeit bei Tactical Tech erkannt. return to capital. It's one that Ich muss sagen, dass die Arbeit an sinnvollen doesn't create billionaires, or even Projekten eine enorme Motivation für mich ist. millionaires. Es macht einen großen Unterschied für mich, ob Wendy Liu durch meine Arbeit Konsumprodukte verkauft werden oder an einer gerechteren, digitalen Die Idee der Separierung technologischer Inno- Welt gearbeitet wird. vation von Profitdenken ist nicht neu und wurde schon von zahlreichen Denker*innen und Autor*innen aufgegriffen. Zu nennen ist hier etwa Wendy Liu, die in ihrem Buch »Abolish Silicon Valley« das Erwachen gegenüber den Missständen ihrer Arbeit im berühmtesten Valley der Welt beschreibt und welche Rolle Geld dabei für sie spielte, diese zu überdecken. Auch bei uns soll es in einer weniger dis- kussionsfördernden Manier um die Reflektion der eigenen Beziehung in oder am Rande einer Branche gehen, in der die finanziellen Erwartun- gen grotesk nach oben verschoben sind. Nach Für was brennst du? »The best minds of my generation are thinking dem Studium erwarten wir alle (im Gegensatz Geld brauchen wir alle, about how to make people click ads«, wird der zu vielen Kommiliton*innen anderer Studien- aber wie viel ist genug? ehemalige Facebook-Mitarbeiter Jeff Hammer- richtungen), gut zu verdienen und durch breit Und auf was verzich- bacher oft zitiert. Tatsächlich sind es oft mone- geöffnete Tore in den Arbeitsmarkt zu spazieren. ten wir für das »große täre Gründe (zuallererst Ängste), aus denen Inwiefern beeinflusst das meine Bereitschaft, für Geld«? wir uns dafür entscheiden, Probleme zu lösen, eine »sinnvollere Arbeit« auf dieses potenzielle die keine sind. Wir wollen uns nun also damit Gehalt zu verzichten? Oder anders gedacht: beschäftigen, welche Rolle Geld bei unseren Wenn ich weiß, dass ich eigentlich sehr viel Karriereentscheidungen spielt und welche es Geld verdienen könnte, habe ich dann Angst spielen sollte. als nicht erfolgreich zu gelten, wenn ich mich mit weniger Geld zufrieden gebe? Vor wem? Meinen Kommiliton*innen, Eltern, mir selbst? First World Problem, ich weiß. Aber natürlich geht es im Zeitalter der Reiz- überflutung und Selbstdarstellung bei einem Job nicht nur um das Geld, das wir von einem Unternehmen erhalten, sondern auch um Geld, das dieses Unternehmen für uns ausgeben wird. 14 HPIkarriere
Wir wollen die hippen Büroräume, die mehr an Auch da, wo Stefan, Sven, Katja und Laurent Abenteuerspielplatz erinnern als an alles andere, arbeiten findet man flexible Arbeitszeiten, die wir wollen in bunten T-Shirts und Stickern mit Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten, coole Kol- dem Unternehmenslogo drauf versinken, damit leg*innen, ein schönes Office, faire Bezahlung auch jeder sieht, wo wir arbeiten. Geld ist cool, und Anerkennung für die eigene Arbeit. Aber aber nicht genug. Besonders große Technolo- eben noch mehr. Man findet seine eigenen gie-Unternehmen sind als Arbeitgeber bekannt Werte reflektiert in der Arbeit, der man jeden und beliebt für ihre employee perks, die extra- Tag nachgeht. Arbeitskolleg*innen sind Mit- vaganten Vorzüge, die sie Mitarbeiter*innen streiter*innen für eine größere Sache. Und genau bieten. Dazu zählen kostenloses Essen (Google), das ist, wir erinnern uns, die Definition von unbegrenzter bezahlter Urlaub (Netflix) und sinnhafter Arbeit. Spotify bezahlt interessierten Mitarbeiter*innen das Einfrieren ihrer Eizellen. Karriere Aber während bezahlte Elternzeit und eine Ist das, was wir für Geld tun, Beruf oder Beru- Krankenversicherung zumindest in einigen fung? Glaubt man den deprimierenden Zahlen, Ländern unbezahlbar sind, liefert ein Büro die mit einer gewissen Kontinuität in den Zei- voller Pingpong-Tische und Massagesessel frag- tungen auftauchen, sind zu viele Menschen trotz würdigen Mehrwert. Dennis Eusebio zieht in bequemer Gehälter unzufrieden mit ihrer Arbeit. seinem Artikel »Why Office Perks Are Traps, Gehört zur großen Karriere eigentlich auch ein Not Benefits« die Grenze zwischen perks (Ping- Glücksgefühl? pong-Tische und Massagesessel) und benefits Ich persönlich bin ein Mensch, den es sehr (Krankenversicherung und bezahlte Elternzeit). glücklich macht an Dingen zu arbeiten, die mir (s.hpimgzn.de/26-perks) Perks entpuppen sich hilfreich und wichtig erscheinen. Von Stefan, mit der Zeit als versteckte Benefits für Unter- Sven, Katja und Laurent wollte ich wissen, was nehmen, die Mitarbeiter*innen mit Spaß- und diese Dinge für sie sind. Coolness-Faktor 100 auch 100 % länger im Büro haben wollen. Und auch der Spaß-Faktor ist Womit verbringt ihr euren Tag? dann nach dem zehnten Bad im Bällebad nicht →→ Stefan: Bei FragDenStaat kümmere ich mehr ganz so hoch. Benefits wiederum können mich um den Betrieb der Website, die Weiter- unsere Lebensqualität nachhaltig verbessern. entwicklung der Software, helfe dabei Informa- Deshalb gilt es aufzupassen: Ist das, was dir tionsfreiheits-Kampagnen zu entwickeln und ein Unternehmen bietet, perk oder benefit? arbeite auch gelegentlich an datenjournalisti- Und sollten wir bei dieser Abwägung nur an schen Recherchen. Unsere Kampagnen und uns denken? Recherchen decken eine große Themenvielfalt Wir arbeiten nicht in einem Vakuum, des öffentlichen Diskurses ab – von unserem sondern unsere Arbeit beeinflusst auch das Kernthema Informationsfreiheit über Lebens- Leben der Menschen außerhalb unserer Büros. mittelhygiene bis hin zu Archivrecherchen – Bei der Arbeit mit Technologie ist es oft noch langweilig wird es also nicht. Ab und zu twittere schlimmer: Hier ist potenziell jeder Mensch ich auch aus Verwaltungsgerichten, wenn wieder betroffen, der eine Internetverbindung hat. Was eine unserer Klagen auf Dokumentenherausgabe bringt uns das Bällebad im Office, wenn wir gegen eine Behörde verhandelt wird. (Anm. der diese Verantwortung ignorieren? Redaktion: Zuletzt veröffentlichte FragDenStaat den kompletten Urteilstext zum NSU-Prozess.) HPIkarriere 15
→→ Sven: Anfangs war ich hauptsächlich bei der Konzeption und dem Anforderungs- Entwickler für unser Content Management management zu unterstützen, Designvorlagen System, letztendlich ein fast normales Word- zu besprechen, mit dem Team an UX-Lösungen press. Inzwischen hat sich das etwas verlagert zu arbeiten, Budgetbesprechungen zu führen, und ich kümmere mich mehr um den Betrieb Programmcode zu schreiben und zu reviewen, der Server. Ich versuche aber immer dort zu ein gemischtes Team von Designer*innen und helfen, wo es gerade klemmt. Wir haben zwar Programmierer*innen zu leiten, Recruiting im Team definierte Rollen, aber diese sind nicht sowie ständig in der Kommunikation mit den sehr fest, wir passen das kontinuierlich dem Teams die Momente zu finden, in denen an Bedarf an. einem Projektablauf nachjustiert oder eingehakt →→ Katja: Meine Aufgaben im betterplace werden muss. lab sind sehr vielseitig: Als Außenministe- Meine Arbeit ist dabei sehr vielfältig: Ich rin vertrete ich das lab übergeordnet für den muss sowohl das große Ganze als viele Details Bereich digital-sozial und baue unsere Part- im Blick behalten. Ich programmiere viel selbst, nernetzwerke weiter aus. Als Themenlead mache Projektmanagement mit den üblichen für digitale Demokratie beschäftige ich mich Tools und bin in vielen Gesprächen mit meinen damit, wie Digitalisierung und Demokratie Teammitgliedern.☐ in der Praxis zusammengehen und wir die die Potentiale der Digitalisierung stärker Die Arbeit von Stefan, Sven, Katja und Laurent ausschöpfen können, um Teilhabe an der ist abwechslungsreich und fordernd. Bei allen digitalen Gesellschaft zu ermöglichen. Einen fiel mir sofort auf, dass sie nicht fest an eine An der Spitze typischen Arbeitstag: den gibt es im lab Tätigkeit oder einen Titel gebunden sind, Einsam ist es, das wissen wirklich nicht! sondern ihr Wissen in vielen Bereichen einbrin- wir. Trotzdem wagen →→ Laurent: Als Products Team Lead trage gen und ausweiten können. Dabei arbeiten sie viele den Aufstieg auf der ich die Verantwortung dafür, dass alle unsere jedoch alle auf ein festes Ziel hin: eine stärkere traditionellen Karrierelei- Digital- und Printprodukte zur rechten Zeit (digitale) Gesellschaft. ter. Doch was erwarten sie und in hoher Qualität veröffentlicht werden. Wer hier beim Lesen schon enthusiastisch so weit oben? Glück? Mein Arbeitstag besteht darin, Project Leads nebenbei den Lebenslauf überarbeitet, sei gewarnt. Ein Sentiment, das meine Umfrage zu Tage brachte, war, dass man in sozial motivier- ten Unternehmen und Organisationen erstmal jeden nimmt. Das, nicht verwunderlich, ist sehr weit an der Wahrheit vorbei. Die Ansprüche sind hoch, denn die großen Ziele erreicht man eben nur mit engagierten und kompetenten Mitarbeiter*innen. Wie anspruchsvoll seid ihr bei der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen? Was muss man mitbringen? →→ Stefan: Unser Anspruch ist nicht nur fachlich. Es hilft natürlich, wenn man mit unserem Stack vertraut ist oder schon mal an 16 HPIkarriere
Open-Source-Software gearbeitet hat. Aber Jobs, die Sinn versprechen und sind quasi das es ist einfacher ein Web-Framework oder eine ElitePartner für Jobsuchende. Hier kommen Programmiersprache zu lernen als Teamfähig- nur Unternehmen rein, die ihre Sinnhaftig- keit oder politisches Interesse. keit nachweisen können. Von hier aus kann →→ Sven: Die Suche nach Mitarbeiter*innen die Reise also losgehen zur sinnvollen Arbeit. ist für uns kein großes Problem, da wir nach wie Los geht's! vor in einer starken ehrenamtlichen Commu- Oder doch noch nicht? Ansozialisierte nity verankert sind. Dadurch haben Menschen Vorstellungen von der »großen« Karriere die Möglichkeit, sich ungebunden das Projekt sind schwer abzuschütteln und ich erwarte anzuschauen. Wir betrachten dabei Integreat nicht, dass dieser Artikel alle dazu anspornt, durchaus auch als Möglichkeit zum Lernen in sozial motivierte Arbeitgeber*innen in den allen Bereichen. Wir fordern keine fortgeschrit- Bereich des Möglichen zu rücken. Das ist tenen harten Kenntnisse, sondern intrinsische okay. Ich hoffe trotzdem, dass er ein Umden- Motivation und Wille zum Lernen und Arbeit ken anstößt. Was ist dir wirklich (wirklich!) im Team. wichtig an einem Job? Welche Rolle spielen →→ Katja: Im betterplace lab ist neben dem deine Wertvorstellungen dabei? Welchen Brennen für digital-soziale Themen – ein breites Einfluss kann das haben, auf dich, aber auch Feld, das wir mit neuen Mitarbeiter*innen stets auf andere? Das Nachdenken lohnt sich, ich thematisch erweitern, hier kommt es ganz drauf verspreche es. an, welche thematische Expertise der*die pros- Vielleicht liegt der Fehler ja auch darin, pektive Mitarbeiter*in mitbringt – vor allem die Normalität eines sozial motivierten Jobs wichtig, dass man sich auf unsere Arbeits- überhaupt zu hinterfragen. Vielleicht sollte alle weise einlässt. Wir arbeiten in einem Team mit Arbeit nach ihrem positiven Output gemessen kompetenzbasierten Hierarchien. Das erfordert werden und Arbeit mit Sinn der Standard sein. viel Eigeninitiative, Verantwortungsbewusstsein Vielleicht sind das die »ordentlichen Jobs«, und auch eine ordentliche Portion Selbstrefle- nach denen wir suchen. Weil wir so mit unserer xionsfähigkeit und -willen. Arbeit einen Beitrag leisten können, der in Geld →→ Laurent: Wir sind sehr anspruchsvoll bei sowieso nicht zu bemessen ist. Und das, ich der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen. Ich bin nur ehrlich, ist doch viel hipper als jedes schaue genau hin, ob Bewerber*innen fundier- Bällebad. tes Fachwissen mitbringen und an unseren Ich danke meinen Interviewpartner*innen Themen interessiert sind oder nur ein kurzes für ihre Offenheit. Bootcamp in Design oder Webentwicklung –– Lisa Baumann absolviert haben. Wir haben einen abgestuften Bewerbungsprozess, in dem wir schauen, ob Kandidat*innen auch menschlich ins Team passen.☐ Informiere dich hier über die Arbeit von Stefan, Sven, Katja und Laurent: Die Ansprüche sind hoch, aber wir alle lieben https://fragdenstaat.de/ doch eine gute Herausforderung. Zahl- https://integreat-app.de/ reiche Internetplattformen wie GoodJobs, https://www.betterplace-lab.org/en/ NachhaltigeJobs, Jobverde und die Grüne https://tacticaltech.org/ Jobbörse spezialisieren sich mittlerweile auf HPIkarriere 17
»Women in Tech«-Events Das ist nur für Frauen! Oder? Bachelor, Master und dann Softwareentwickler bei SAP oder Google. Viele Studierende empfinden das als den Standardkarriereweg in unserer Branche. Doch das ist nicht für jede*n erstrebenswert und alternative Karriereoptionen sind nicht leicht zu finden. Die »Women in Tech«-Events am HPI haben das Ziel, Einblicke in verschiedenste Karrierewege von Frauen zu geben – wovon jede*r profitieren kann. Vielen Studierenden am HPI bleibt neben Üblicherweise fällt es Menschen wesentlich dem Studium (Regelstudienzeit, Nebenjob, leichter, sich etwas vorzustellen, wenn sie es Engagement in Klubs etc.) keine Zeit, um sich bereits selbst erlebt oder bei anderen gesehen eingehend mit den eigenen Wünschen und haben – ganz nach dem Motto: »Wenn XY ein persönlichen sowie beruflichen Zielen ausei- Unternehmen oder einen Lehrstuhl leiten, einen nanderzusetzen. Was als Option übrig bleibt, Award gewinnen, oder kurz als Informatikerin ist der vermeintliche Standardweg: Nach dem erfolgreich sein kann, dann kann ich das auch«. Bachelor erstmal weiterstudieren, dann ein für Oder andersherum: »Was ich nicht kenne, kann sich interessantes etabliertes Unternehmen ich mir nicht oder nur schwer vorstellen bzw. oder Start-Up finden und coden – oder doch erachte es als weniger erfolgversprechend«. noch eine Promotion? Das kann tatsächlich Dieses Phänomen ist Teil der sogenannten auch der richtige Weg für manche Menschen Verfügbarkeitsheuristik oder englisch Availa- sein. Doch für alle anderen bedeuten fehlende bility Bias und damit ein Denkfehler, dem alle leicht verfügbare Perspektiven vor allem eines: Menschen natürlicherweise unterliegen. keine Möglichkeit zu haben, herauszufinden, ob Nun kann man sich natürlich wundern, andere Optionen besser zu einem passen. Die warum das nun für Frauen in der Informatik Gefahr besteht dann, sich mit dem Standard- überhaupt ein Problem sein sollte. Schließlich weg abzufinden, da es erfolgversprechender könne ja auch ein Mann beziehungsweise seine erscheint und weniger zeitintensiv ist als selber Leistungen eine Vorbildfunktion einnehmen. verschiedene Wege auszuprobieren. Ganz nach Doch so einfach ist es leider nicht. Als Identi- dem Motto: »Das hat ja bereits für viele Men- fikationsfigur kann jemand nämlich nur dienen, schen funktioniert – für mich dann ja sicher wenn er*sie einem selbst ähnelt. Einfluss darauf auch«. hat beispielsweise das Alter, der Bildungsgrad oder gemeinsame Interessen, aber eben auch das Geschlecht. Und deshalb ist die männer- »If you can #seeher, you can be her« dominierte Informatik für Frauen ganz automa- tisch ärmer an Perspektiven, was als ein Grund gesehen wird, warum wenige Frauen den Weg Für Frauen in unserer Branche kommt ein wei- in die Informatik finden bzw. in der Branche teres Problem hinzu. Aufgrund des geringen bleiben. Das Sichtbarmachen von erfolgreichen Frauenanteils fehlt es oft an Vorbildern. Damit Frauen und weiblichen Perspektiven wird als sind allerdings keine Idole, die angehimmelt eine Gegenmaßnahme gesehen. und nachgeahmt werden gemeint, sondern etwas viel subtileres: 18 HPIkarriere
»Women in Tech« – Eine Maßnahme für die Sichtbarkeit von Informatikerinnen Ende letzten Jahres feierte das HPI sein 20-jäh- riges Bestehen und durfte auch endlich die »Vielen Dank für das Berichten erste Professorin begrüßen. Lange Zeit konnte unser Institut somit keine Frau in der Rolle eurer Erfahrungen und die einer Professorin vorweisen. Diesen Miss- stand bemerkten auch die Gleichstellungsbe- vielen Tipps! Mir hat es wieder auftragten der Digital Engineering Fakultät, die im Jahr 2017 zum ersten Mal gewählt wurden sehr gut gefallen!« »WIT meets HPI-Alumnae«-Teilnehmerin und damals einen Gleichstellungsplan auf- gestellt haben (dazu wurde auch schon im HPImgzn in der Ausgabe 21 berichtet). Eine (vermeintliche) Tabuthemen zu sprechen. der Maßnahmen des Gleichstellungsplans ist Beispielsweise können Dinge wie Zweifel am die »Women in Tech«-Reihe. Ziel ist es, starke Studium, Studienabbruch/-wechsel, Gehälter Frauen aus der Informatik einzuladen, die einen und Gehaltsvorstellungen oder Sexualisierte Vortrag über ihre aktuelle (wissenschaftliche) Diskriminierung und Gewalt (SDG) thema- Arbeit und ihren persönlichen Werdegang tisiert werden. Zudem befinden sich viele halten. Auf diese Weise soll in erster Linie dem Studierende im Laufe ihres Studiums immer Mangel an weiblichen Vorbildern zur Identifi- wieder in Orientierungsphasen und sind sehr kation entgegengewirkt werden. Doch natürlich interessiert daran, welche Möglichkeiten ihnen sind die weiblichen Perspektiven für alle Stu- mit ihrem Abschluss offen stehen. Daher sind dierenden bereichernd (Stichwort: »Horizont gerade Einblicke in persönliche Entscheidungen erweitern«). sehr wertvoll. Auch Themen wie Erfahrungen Die »Women in Tech«-Reihe hat noch mit Gender-Aspekten in der Arbeitswelt werden viel mehr zu bieten: Neben dem Erschaffen angesprochen. Die WIT-Talks sind dabei offen von Vorbildern und Aufzeigen von Perspek- für alle interessierten Mitglieder des Instituts; tiven bieten die WIT-Talks auch einen Raum, jede*r ist willkommen, Männer also explizit um nützliche Ratschläge zu erhalten und über auch. WIT meets HPI-Alumnae Ehemalige HPI-Studen- tinnen berichten über ihre Karriere. HPIkarriere 19
Der erste WIT-Talk Formate: Talks, Workshops, Alumnae, Filma- Prof. Dr. Vosseberg bende, Buchpräsentationen eröffnete die »Women in Mittlerweile haben sich verschiedene Veranstal- Für das dritte WIT-Event waren wir Gastgebe- Tech«-Reihe. tungsformate der WIT-Events etabliert. Gestar- rinnen für ein Code Pub Meet-up. Code Pub ist tet sind wir mit den »Women in Tech«-Talks, eine Initiative mit dem Zweck, den Frauenan- die nach dem ursprünglichen Gedanken eines teil in der IT-Branche zu erhöhen, und richtet Vortrages mit anschließendem Get-together sich deshalb exklusiv an Frauen (anders als bei durchgeführt werden. unseren anderen WIT-Events). Das bei uns Zusätzlich existiert als zweites Format das stattgefundene Meet-up war ein Workshop Podiumsgespräch mit ehemaligen HPI-Studen- zum Thema Machine Learning. tinnen. Unter dem Label »WIT meets HPI- Natürlich waren auch unsere Pläne für Alumnae« werden so ehemalige HPI-lerinnen WIT-Events in 2020 von der COVID-19-Pan- verschiedener Karrierewege zusammengebracht demie betroffen. Während Filmabende und und durch eine Moderation zu ihrem Werde- Buchpräsentationen in der FQ Lounge geplant gang, ihren Erfahrungen und Meinungen befragt. waren, fanden stattdessen ein »WIT meets Fragen, die den Studierenden im Publikum HPI-Alumnae«-Event und ein Workshop zum auf den Herzen liegen, können auch jederzeit Thema Karriereplanung via Zoom statt. gestellt werden. »Vielen lieben Dank für das Gespräch, es ist sooo nützlich Zum Wiederfinden und interessant! Wir sollten Die Galerie unserer bisherigen Gäste findet ihr hier: unbedingt eine Episode 2 [mit s.hpimgzn.de/26-wit Die Aufzeichnungen der bisherigen WIT- den gleichen Gästen] machen :)« Events findet ihr hier: »WIT meets HPI-Alumnae«-Teilnehmerin www.tele-task.de/series/1271/ 20 HPIkarriere
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