Kunden wissen, was sie wollen - Den perfekten Finanzpartner finden Strategiediskussionen schreiten fort - Universal Postal Union
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Der Postsektor im Vormarsch seit 1875 JUNI 2015 / NR. 2 Den perfekten Finanzpartner finden Strategiediskussionen schreiten fort ISSN 0041-7009 UPU, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen Kunden wissen, was sie wollen
post Be part of it. Today. The postal community’s dedicated top-level domain name opens up a unique, secure internet space for innovative postal applications to enable cross-border business. More information: www.info.post dotpost@upu.int
INHALTSVERZEICHNIS DOHA-POST-STRATEGIE Vier Ziele für die Post bis 2016 Umschlag: Carlos Coelho 1 Netzwerke verbessern TITELGESCHICHTE 2 Fachwissen und Know-how 8 Kunden bevorzugen physische Postzustellung bereitstellen Die «aufgezwungene Digitalisierung» stösst bei den Kunden auf immer grösseren Widerstand; sie beginnen sich zu wehren 3 Innovationen fördern STRATEGIE 4 Nachhaltigkeit 14 Die UPU bereitet sich auf Veränderungen vor anstreben Weltstrategiekonferenz 2015 im Brennpunkt WEITERE INFORMATIONEN UNTER: DAS INTERVIEW http://news.upu.int/insight/world-postal-strategy/doha-postal-strategy 18 Partnerschaften Postfinanzexperte Hans Boon sagt, worauf es ankommt REGULIERUNG 22 Westafrikanische Postbetreiber treiben Reformen gemeinsam voran Juni 2015 Wie eine Region in enger Zusammenarbeit Veränderungen CHEFREDAKTEURIN: Faryal Mirza (FM) im Postbetrieb zuwege bringt BEITRÄGE: Emmanuel Duh (ED), David Koch (DK), Catherine McLean (CM) E-COMMERCE GRAPHISCHE GESTALTUNG: Die Gestalter, Schweiz DRUCK: Weltpostverein, Schweiz 25 EU baut digitale Barrieren ab ÜBERSETZUNG: Michael Visser, Schweiz Die EU stellt ihre «Digital Single Market»-Strategie vor ABONNEMENTS: publications@upu.int WERBUNG: faryal.mirza@upu.int EXPRESS MAIL SERVICES 27 KONTAKT: Union Postale Importe sorgen für rekordhohe EMS-Volumen in China Internationales Büro Phänomenales Wachstum im Jahr 2014 Weltpostverein Postfach 312 3000 BERN 15 E-COMMERCE SCHWEIZ TELEFON: +41 31 350 35 95 28 UNCTAD fordert universellen Ansatz FAX: +41 31 350 37 11 Status quo und Tipps E-MAIL: faryal.mirza@upu.int WEBSITE: http://news.upu.int POSTFINANZDIENSTLEISTUNGEN Union Postale ist die renommierte Publikation des Weltpostvereins. Das 31 Die Post will in Indonesien vermehrt Kunden seit 1875 in sieben Sprachen erscheinende Magazin berichtet über die ohne Bankverbindung ansprechen Aktivitäten des Weltpostvereins sowie über Geschehnisse und Entwick- Pos Indonesia plant Lancierung einer Postsparbank lungen im weltweiten Postsektor. Union Postale enthält sorgf ältig recherchierte Berichte über wichtige und aktuelle Themen, die den Post- sektor betreffen, sowie Interviews mit führenden Persönlichkeiten aus RUBRIKEN der Welt der Post. Die in Farbe erscheinende Publikation wird an die Post- 4 In Kürze: spezial UNION POSTALE 02/2015 betreiber in den 192 Mitgliedländern verteilt und dient einflussreichen 5 Entscheidungsträgern als wichtige Informationsquelle. Union Postale erscheint auch in englischer, französischer, arabischer, Leitartikel chinesischer, russischer und spanischer Sprache. Die UPU empfiehlt weder Produkte oder Dienstleistungen von Dritt anbietern noch gewährleistet sie die Richtigkeit von Aussagen derselben. 33 Umschau Diese Publikation wurde auf FSC-zertif iziertem Papier und mit nach- haltig hergestellter Farbe gedruckt. Die in den einzelnen Artikeln zum Ausdruck gebrachten Meinungen entsprechen nicht unbedingt jenen der UPU.
IN KÜRZE: SPEZIAL U N ION LESERU POSTALE S agen MFR AG Sie un s Ihre M E 2015 ww w.su einung r ve y m au f : onkey.c union _ om /r/ pos tale _ de STRATEGIE E-Commerce in Europa und der GUS wichtigstes Traktandum 4 Der UPU DG besucht eine Poststelle in Minsk (Foto: Belpochta). Die Verbesserung der operativen Effi- «Wir werden die Hindernisse für private Anbieter aussetzten. Diese zienz und die Entwicklung des E-Com- grenzüberschreitende Postzustellun- Liberalisierung, zusammen mit neuen merce wurden von den Postdelegier- gen abbauen», betonte er und fügte Technologien und dem veränderten ten an der Strategiekonferenz der hinzu, dass ECOMPRO, das neue Kundenverhalten, zwangen die Post- Region Europa und GUS im Juni als E-Commerce-Programm der UPU, betreiber sich mit vom Markt diktier- wichtigste Prioritäten genannt. eine der Lösungen ist, mit denen die ten Themen, wie der Service-Qualität, Die Teilnehmer wurden von Postintegration vertieft werden soll. auseinanderzusetzen. UPU-Generaldirektor Bishar A. Hus- Hussein appellierte ausserdem an den Als zweitrangige Prioritäten legten sein aufgefordert, sich Veränderun- Postsektor, die ökonomische, finanzi- die Delegierten an der Minsker Konfe- gen nicht zu verschliessen und sich elle und soziale Eingliederung zu för- renz u.a. E-Services und Diversifika- auf neue Technologien und Ge- dern. tion fest. Letztere wurde im regiona- schäftsmodelle einzulassen. Er be- len Entwicklungslplan der UPU des tonte die Notwendigkeit von Innova- Prioritäten aktuellen Zyklus als notwendig für die tion, um die Bedürfnisse der Kunden Die von den Anspruchsgruppen an zukünftige Entwicklung eingestuft, zu erfüllen, und wünschte sich gleich- der Konferenz formulierten Prioritä- um «den rückläufigen Briefpostvolu- zeitig eine engere Integration der ten basieren auf den eingeleiteten men entgegenzuwirken». Poststellen weltweit, um eine naht- Massnahmen in der Region, zu denen Zu den weiteren zweitrangigen lose universelle Lieferkette zu ge- die Verbesserung der Dienstleistungs- Prioritäten gehören Finanzdienstleis- währleisten. qualität und der Effizienz sowie die tungen und die Entwicklung des Post- UNION POSTALE 02/2015 «Die UPU und die Postdienstleister internationale Weiterentwicklung des sektors. müssen sich neu erfinden, um innova- E-Commerce gehören. Die regionalen Treffen dienen der tive, integrierte und allumfassende Der Fokus auf diese Massnahmen- Vorbereitung auf den Weltpostkon- Entwicklungslösungen anzubieten bereiche ergab sich, als die Postbetrei- gress, der 2016 in Istanbul, Türkei, und so ihre Relevanz heute wie auch ber mit Marktreformen konfrontiert stattfinden und wo die Roadmap für morgen unter Beweis zu stellen», wurden, welche die öffentlichen den nächsten Arbeitszyklus verab- sagte er. Monopolisten der Konkurrenz durch schiedet werden wird. DK
LEITARTIKEL IN KÜRZE: SPEZIAL Zuhören Der Begriff «Strategie» ist bei der UPU nach der Weltstrategiekonferenz, die im April in Genf, Schweiz, stattfand, in aller Munde. Die Konferenz rief allen Teilnehmern ins Bewusstsein, wie wichtig es ist, die künftige Strategie der UPU festzulegen. Daher wird im Vorfeld des bereits im nächsten Jahr stattfindenden UPU-Weltpostkongresses in den Regionen Input für die Strategie des kommenden Arbeitszyklus gesammelt. Wie Sie in der vorliegenden Ausgabe lesen können, wurden bereits drei regionale Strategiekonferenzen abgehalten. Dabei hat sich der E-Commerce als ein Bereich von hoher Priorität herauskristallisiert. Zum Glück sind sich die Postunternehmen durchaus gewahr, dass sie vom E-Commerce-Boom kaum profitieren werden, wenn sie ihre Dienstleistungsqualität nicht anheben. In der Titelgeschichte berichten wir über die veränderten Kundenbedürfnisse und eine über raschende Erkenntnis: Denn wer hätte gedacht, dass die Kunden in den Industrieländern physische Postsendungen nachfragen? Der Postsektor sollte vielleicht weniger laut über die sinkenden Brief- postvolumen klagen, sonst überhören sie noch die Stimme ihrer Kunden. Es dreht sich alles um Wahlfreiheit, und zwar wie sie von den Kunden und nicht von der Post definiert wird. Mitgestalten Nicht nur die UPU wendet sich den Anspruchsgruppen zu, um die künftige Strategie zu formen, auch Union Postale tut dies. Alle zwei Jahre erhalten unsere Leserinnen und Leser Gelegenheit, ihre Stimme geltend zu machen und uns zu sagen, wie sie über unser Magazin denken. Also, was gefällt Ihnen an Union Postale und wo können wir uns verbessern? Es weht ein neuer Wind, und wir alle müssen die Veränderungen mitgestalten. FARYAL MIRZA, CHEFREDAKTEURIN ZOLL Post- und Zollbehörden wollen mit gemeinsamen Schulungen die Qualitätsziele erreichen 5 Förderung des grenzüberschreitenden Kunio Mikuriya, Generalsekretär der Anforderungen, die es laut WZO effizi- Handels in Asien-Pazifik – dieses Thema Weltzollorganisation, hob hervor, dass ent einzuhalten gilt. stand im Mittelpunkt eines gemeinsam dieser Workshop in eine wichtige Phase Zudem bot die Veranstaltung Gele- von der UPU und der Weltzollorganisa- fällt. genheit, sich mit den Kolleginnen und tion (WZO) veranstalteten Workshops «Die Ausbreitung des Internets und die Kollegen aus anderen Ländern auszu- letzten Mai in Guangzhou, China. Rund Erschwinglichkeit des Online Shopping tauschen und mit ihnen Fallstudien und 100 Vertreter aus 33 Ländern der bieten ein enormes Potenzial für weite- Best Practices zu diskutieren. Region nahmen während einer Woche res E-Commerce-Wachstum. Das Volu- «Wenn wir eng zusammenarbeiten, an verschiedenen Sessionen teil. Der men von Kleinpaketen wird dadurch können wir den Fluss von internationa- Workshop wurde von den chinesischen exponentiell zunehmen. Die Postbetrei- len Postsendungen erleichtern und Post- und Zollbehörden organisiert. ber weltweit sind aber in der Lage, die- sicherstellen, dass die Millionen von UPU-Vizegeneraldirektor Pascal Cli- sen Mengen Herr zu werden und zeitge- Empfängern weltweit rasch und sicher vaz unterstrich in seiner Ansprache, wie recht zu befördern», sagte er. bedient werden», sagte Mikuriya. FM wichtig eine verstärkte Kooperation Um die Abwicklung von Postsen- zwischen Post und Zollbehörden sei. dungen zu erleichtern, muss die elektro- «Weil der Zoll eine zentrale Stellung in nische Schnittstelle zwischen Post und der globalen Postzustellkette einnimmt, Zoll indes verbessert werden. Daran muss die Schnittstelle zwischen Post gearbeitet wird schon lange. So hat die und Zoll so effizient und straff wie mög- UPU den Weltpostvertrag 2012 ent- lich funktionieren, um die hohe Post- sprechend angepasst, um den Aus- dienstleistungsqualität zu wahren. Die tausch von elektronischen Daten mit Postbetreiber wenden viel Arbeit und den Zollbehörden zu ermöglichen. Des Ressourcen auf, um diese Schnittstelle Weiteren haben UPU und WZO gemein- zu verbessern», sagte Clivaz. sam auch IT-Lösungen auf Basis der UNION POSTALE 02/2015 «Beide Organisationen haben im sich Standards für elektronische Nachrich- stets verändernden Umfeld mit neuen ten entwickelt. Herausforderungen zu kämpfen. Der Die Workshop-Teilnehmer erfuhren zugenommene Handel fördert die glo- mehr über die technischen Lösungen, bale Wirtschaftsentwicklung, und die verfügbar sind, einschliesslich der sowohl Post als auch Zoll müssen ihre von der UPU und WZO entwickelten Rolle in diesem Prozess finden», fügte er Tools. Ein weiteres Thema waren die hinzu. unterschiedlichen regulatorischen Konferenzeröffnung in Guangzhou (Foto: China Post).
IN KÜRZE: SPEZIAL STRATEGIE Höhere Dienstleistungsqualität als Priorität in Afrika Delegierte der Konferenz diskutieren über die wichtigsten Herausforderungen in ihrer Region (Foto: PAPU). An der regionalen Strategiekonfe- ten, dass Massnahmen zu ergreifen verfügten bzw. die öffentlichen renz in Afrika waren sich die nationa- seien, um sicherzustellen, dass der Anbieter nicht benachteiligt würden. len Anspruchsgruppen wie Regierun- Postuniversaldienst den sich wan- Die Infrastruktur ist laut UPAP eine gen und öffentliche Postanbieter delnden Bedürfnissen des Marktes weitere Baustelle bei vielen afrikani- 6 einig, dass der betrieblichen Effizienz und der Kunden gerecht werde. Dazu schen Postunternehmen. Mehr als und der Entwicklung von E-Com- gehörten eine bessere Dienstleis- 20% der Poststellen in Afrika haben merce-Lösungen höchste Priorität tungsqualität für nationale und inter- keinen Anschluss ans Elektrizitäts- beizumessen sei. nationale Briefsendungen, das Ange- netz. Aber um den Kunden neue Die zweittägige Konferenz fand bot neuer Finanz- und E-Services, die Dienstleistungen wie Finanzprodukte vom 31. Mai bis 1. Juni in Khartum, Beseitigung von Defiziten bei der anbieten zu können, sind die Post- Sudan, statt und wurde vom Panafri- Regulierung und Adressierung. stellen auf eine verlässliche Energie- kanischen Postverein (UPAP), einem quelle sowie den Anschluss ans Inter- engeren Postverein, ausgerichtet. Qualität net angewiesen. Gerade Finanz- Wie bei den anderen regionalen Stra- Die Konferenzteilnehmer besprachen dienstleistungen sind eine vielver- tegiekonferenzen drehten sich die auch das Thema Service-Qualität, die sprechende Einnahmequelle, da drei Gespräche um die Entwicklung der bei den afrikanischen Postanbietern Viertel der afrikanischen Bevölkerung nächsten Weltpoststrategie. Sie ist noch nicht genügend sei. Unter keinen Zugang zu Bankdienstleistun- die globale Roadmap für 2017–2020 anderem müsse der globale Standard gen hat. und wird nächstes Jahr am Weltpost- für die Zustellung von internationalen kongress beschlossen. Briefpostsendungen eingehalten Sicht der UPU Zu den Herausforderungen, werden, wonach diese bei 85% der Von Seiten der UPU versicherte der denen der Postsektor gegenüber Sendungen innerhalb von fünf Werk- Generaldirektor den Delegierten, steht, meint UPU-Generaldirektor tagen nach Aufgabe erfolgt sein dass die UPU selber eine umfassende Bishar A. Hussein: «Die Post in Afrika müsse (J+5). Prüfung der Lage vornehmen werde, darf in ihrem Pioniergeist nicht nach- In einer Region, in der starker Kon- um den Bedürfnissen der einzelnen lassen und muss mit geballter Innova- kurrenzdruck von privaten Anbietern Mitgliedsstaaten besser Rechnung tionskraft auf die veränderten Kom- herrscht, ist die Regulierung ein wei- tragen zu können. «Die Entschei- UNION POSTALE 02/2015 munikationsbedürfnisse ihrer Kun- teres wichtiges Thema. Die Teilneh- dungsprozesse innerhalb der UPU den reagieren. mer appellierten an die Regierungs- müssen schneller werden, damit wir Innovation und Integration sind vertreter, zu evaluieren, ob die mit mehr Flexibilität auf diese Her- die Triebkräfte, welche die Zukunft aktuelle Regulierungsvorschriften ausforderungen reagieren können», des Postsektors bestimmen.» auch dem heutigen Marktumfeld so Bishar A. Hussein. CM Younouss Djibrine, Generalsekre- entsprechen würden und alle Markt- tär des UPAP, ermahnte die Delegier- teilnehmer über gleich lange Spiesse
IN KÜRZE: SPEZIAL STRATEGIE Lateinamerika will operative Verbesserungen und E-Commerce Stärkere und effizientere vorgese- hene Betreiber und die Entwicklung des E-Commerce erwiesen sich als die Top-Prioritäten an der regionalen Strategiekonferenz der lateinameri- kanischen Staaten im Juni. Eine der wichtigsten Herausforde- rungen in Lateinamerika sei die geschwächte Position der vorgesehe- nen Postdienstleister infolge der unregulierten Konkurrenz, meinte Bishar A. Hussein, Generaldirektor der UPU, in seiner Rede vor den Dele- gierten. «Das grenzüberschreitende Vordrin- Der UPU-Generaldirektor macht sich für eine bessere Dienstleistungsqualität stark gen auf das Gebiet anderer Anbieter (Foto: UPAEP). im Zuge der Liberalisierung und des 7 freien Wettbewerbs hat das Postum- Sie war die zweite regionale Konfe- Expresszustellung (EMS). Die Dienst- feld radikal verändert», sagte er. Er renz, nach der Strategiekonferenz leistungsqualität und Handelserleich- wies darauf hin, dass die Postanbieter der afrikanischen Länder im Sudan. terungen über das Postnetz gehören in den Entwicklungsländern zuneh- am Anfang des neuen Zyklus zu den mend von finanzstarken Unterneh- Vier Prioritäten wichtigsten Interessen der latein- men bedrängt werden. Die Delegierten waren sich einig, amerikanischen Länder. «Es ist an der Zeit, dass die Mitglie- dass der wichtigste Fokusbereich für Zu den Massnahmen, die punkto der der UPU sich diesem heiklen den kommenden Arbeitszyklus die Priorität an zweiter Stelle rangieren, Thema annehmen», fuhr er fort. operative Stärkung des Postnetzes gehöre laut Delegierten die Entwick- Die vom Amerikanisch-spa- sein müsse. Die Post müsse effizien- lung eines Finanzdienstleistungs nisch-portugiesischen Postverein ter werden. Ausserdem sei das angebots. Es sei wichtig, dass den (UPAEP) organisierte Konferenz, will E-Commerce-Geschäft voranzutrei- Menschen in Lateinamerika, die vom sich als Plattform etablieren, wo auf ben. Finanzsystem ausgeschlossen sind, höchster Ebene über die nächste glo- Zu den operativen Bereichen zäh- Zugang zu diesen Leistungen ange- bale Poststrategie debattiert wird. len Transport, Sicherheit und die boten werde. Die allgemeine Entwicklung des Postsektors steht auf der gleichen Prioritätenstufe. Hierzu zählen recht- liche und regulatorische Reformen, wobei auf der im vorherigen Zyklus geleisteten Arbeit aufgebaut werden soll. Zudem müsse die Diversifikation vorangetrieben werden, d.h. Berei- UNION POSTALE 02/2015 che wie Konnektivität, E-Services, E-Government und hybride Kurier- dienste. DK Mehr zu den regionalen Strategiekonfe- renzen finden Sie unter strategy2015. upu.int
TITELGESCHICHTE Kunden bevorzugen physische Postzustellung Der Trend zur «aufgezwungenen Digitalisierung» stösst auf immer mehr Wider- stand bei den Kunden, die es satt sind, dass ihnen die Unternehmen E-Billing vorschreiben. 9 TEXT: Emma-Kate Francis (36), Schmuckdesignerin und wie Kontoauszüge, Telefonrechnungen usw. statt per DAVID Geschäftsinhaberin, ist keine Anfängerin, was das Inter- Post elektronisch versenden. Wenn sich dieser Trend KOCH net angeht. Sie führt ein reales Geschäft in Cowsbridge, wenigstens verlangsamen würde, käme dies in erster ILLUSTRATIONEN: Wales, und betreibt ausserdem eine Webseite, über die Linie den Postbetreibern und den Papier- und Couvert CARLOS sie den grössten Teil ihres Kunsthandwerks verkauft. Ihre herstellern zugute. Deshalb kämpfen die Postanbieter COELHO Rechnungen und Kontoauszüge möchte sie aber immer quasi um jeden Brief. noch lieber in Papierform erhalten und nicht als E-Mail-Nachricht, in der sie aufgefordert wird, eine Datei Widerstand gegen E-Post herunterzuladen. Diese Forderung seitens der Kunden hat in einigen Län- «Wenn ich meine Buchhaltung mache, ist es für mich dern bereits zu gerichtlichen Auseinandersetzungen einfacher ein physisches Dokument in Händen zu halten», geführt. So bestätigte der Bundesgerichtshof in Deutsch- sagt sie. land letzten Oktober ein Urteil einer niedrigeren Instanz, Ausserdem benötigt sie die Papierbelege für die Steu- wonach Mobiltelefonanbieter keine Gebühr für in Papier- ererklärung und ist generell der Meinung, dass Briefe form versandte Rechnungen erheben dürfen. vertrauenserweckender sind als Ausdrucke elektroni- In Australien entschied das höchste Gericht letzten scher Auszüge. Juli, dass Telekommunikationsunternehmen, die ihre «Ich habe einfach mehr Vertrauen in einen Brief mit rich- Kunden ohne deren ausdrückliche Zustimmung elektro- tigem Briefkopf als in ein Blatt, das aus meinem Printer nische statt Papierrechnungen zusenden, gegen das kommt», sagt Francis, die ihre Waren über Plattformen Gesetz verstossen – auch wenn der Kunde die Gelegen- wie Etsy, Twitter, Pinterest und Facebook verkauft. heit zur Ablehnung ungenutzt verstreichen lässt. Gemäss Die Forderung, selbst über das Medium für ihre australischem Recht obliegt diese Entscheidung einzig Geschäftspost bestimmen zu können, spiegelt die und allein dem Kunden. Bedürfnisse von Menschen wie Francis. Sie hat das Und in Österreich wehrte sich die in Wien angesie- UNION POSTALE 02/2015 Gefühl, es fehle etwas, wenn sie keine physischen, per delte Verbraucherorganisation VKI (Verein für Konsu- Post versandten Belege hat. Gleiches gilt für Menschen menteninformation) bereits zum zweiten Mal gegen ohne Internetzugang, die oftmals zu den weniger privi- T-Mobile Austria. Die höchste Gerichtsinstanz in Öster- legierten Bevölkerungsschichten gehören. reich entschied 2012 in einem vom VKI angestrengten Der anhaltend starke Rückgang der Briefpostvolumen Verfahren, dass es gesetzlich unzulässig sei, den Ver- lässt sich zu einem erheblichen Teil darauf zurückführen, brauchern, die sich nicht mit der E-Rechnung einverstan- dass die Anbieter Kosten sparen, indem sie Dokumente den erklärten, eine Gebühr für die Rechnungsstellung in
TITELGESCHICHTE Digitale Kluft Mit zunehmender Integration von Informations- und Kommunikationstechnologien in unser tägliches Leben geht leicht vergessen, dass auch in den Industriestaaten viele Menschen ohne Internetzugang auskommen müssen. Derweil Unternehmen dazu übergehen, stan- dardmässig Post online zu versenden, werden viele der weniger privilegierten Menschen diese Kluft nicht über- winden können. 10 Laut einer Erhebung des europäischen statistischen Büros Eurostat für das Jahr 2013 haben in den 28 Mit- Papierform zu belasten. Dies berichtet Petra Leupold, gliedsstaaten der Europäischen Union 21% der Bevölke- Rechtsexpertin beim VKI. rung im Alter zwischen 16 und 74 Jahren das Internet «Die Kunden sollen nicht damit rechnen müssen, dass sie noch nie genutzt. Diese Zahl widerspiegelt die niedrige für eine Rechnung in Papierform eine Gebühr zu entrich- Internetdurchdringung in Ländern wie Bulgarien, Grie- ten haben, zumal die Rechnungstellung eine vertragliche chenland und Rumänien, wo weniger als 60% der Haus- Verpflichtung und geforderte Leistung des Telekom halte über einen Internetanschluss verfügen. anbieters ist», erklärt Leupold. Sogar in Ländern mit relativ gut ausgebautem Inter- Die Kosten von Papierrechnungen müssen bereits in netzugang gibt es immer noch viele Menschen ohne der Dienstleistungsgebühr enthalten sein, sagt sie weiter. Internet. So verfügen in Grossbritannien 88% der Haus- Ansonsten seien die Geschäftsbedingungen «gemäss halte über einen Internetanschluss, dennoch haben 8% österreichischem Vertragsrecht nicht billig und daher der Briten – so Eurostat – das Internet noch nie benutzt. gesetzlich unzulässig.» Bezeichnend ist zudem die Tatsache, dass gemäss der Der VKI entschloss sich, erstmals gegen das Unterneh- Wohltätigkeitsorganisation Go ON UK jedem fünften men vorzugehen, nachdem sich die Beschwerden wegen Erwachsenen die grundlegende digitale Kompetenz der Extragebühr für Papierrechnungen zu häufen began- fehlt, um eine sichere Finanztransaktion über das Web nen. Zudem erhielt die Verbraucherorganisation auch auszuführen. Diese Menschen laufen Gefahr, benachtei- sonst häufig Beschwerden über T-Mobile, weil die Firma ligt zu werden, wenn Unternehmen für die physische «zu hohe und ungesetzliche» Gebühren verlange, so Zustellung von Korrespondenz Gebühren erheben und Leupold. Aufgrund solcher Praktiken sollten die Kunden günstigere Produkte nur über den Online-Kanal anbie- ihre Rechnungen sehr genau kontrollieren. Leupold stellt zudem fest, dass die Beschwerden UNION POSTALE 02/2015 häufig von Menschen kommen, die nicht über einen Internetzugang verfügen, insbesondere ältere Men- schen. Dies beweist, dass viele Kunden physische Rech- nungen nicht nur bevorzugen, sondern auf sie angewie- sen sind.
TITELGESCHICHTE ten. David Gold, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei der Royal Mail, nennt dies die «Armutsprämie». Über die Hälfte der Briten, die das Internet noch nie genutzt haben, leiden unter einer Behinderung, berich- ten die Kampagnenführer von Keep me Posted UK, eine 2013 lancierte Initiative, an der sich auch die Royal Mail beteiligt. Ausserdem gehört rund die Hälfte derjenigen, die kein Internet haben, zur unteren Gesellschaftsschicht. «Der ‹digitale Drang› hat viele unvorhergesehene Folgen, 11 unter denen die ärmsten und verletzlichsten Bevölke- rungsschichten zu leiden haben», sagt Gold. Geldangelegenheiten Ein im Rahmen der britischen Kampagne veröffentlichter Bericht kommt zum Schluss, dass die Verbraucher die Informationen in einem Brief besser verstehen als in einem Online-Auszug und in der Folge eher vernünftige Auszug aufgeführten Informationen zu verstehen. Von finanzielle Entscheidungen treffen. Die Studie stützt die den Teilnehmern, denen der Auszug per Post zugestellt Beschwerden derjenigen, die den Online-Informationen worden war, konnten 82% den Schlusssaldo identifizie- misstrauen. ren, in der E-Mail-Gruppe waren dies nur 32%. Im Rahmen dieser Studie wurde knapp 2400 Verbrau- Ähnlich waren 60% der Befragten, die über einen chern ein fiktiver Kontoauszug sowie ein Begleitschrei- Papierauszug verfügten, eher in der Lage, korrekt einzu- ben mit Informationen zu einer Gebührenerhöhung schätzen, ob sie an einem bestimmten Datum genügend zugestellt, entweder via Post oder online. Die Befragten Saldo für eine Zahlung verfügten, während dies bei den mussten anschliessend einen Online-Fragebogen ausfül- Empfängern eines Online-Auszugs nur noch 44% waren. len und Fragen zu den im Auszug und Schreiben enthal- Die Empfänger des postversandten Auszugs waren tenen Informationen beantworten. ausserdem eher in der Lage, die auf dem Auszug aufge- Die im Februar veröffentlichten Ergebnisse zeigen führten Informationen zu behalten. So erinnerten sich erstaunliche Differenzen zwischen den beiden Gruppen. 82% korrekt daran, dass das Schreiben über veränderte Insbesondere auch in Bezug auf deren Fähigkeit, die im Gebühren für Kontoüberziehungen informierte, derweil dies in der E-Mail-Gruppe nur gerade 42% waren. Physi- sche Schreiben scheinen mehr Vertrauen einzuflössen als UNION POSTALE 02/2015 E-Mail-Sendungen. Gemäss der Studie erachten die Empfänger Rechnungen und Kontoauszüge in Briefform als echt und korrekt. So bevorzugten 25% der Teilneh- mer die physische Briefzustellung, derweil 16% der Befragten die Informationen lieber online empfangen.
TITELGESCHICHTE Kommunikationsverantwortlicher für die Öffentlichkeits- arbeit der österreichischen Post. 12 Die Post hat zudem eine virale Marketing-Kampagne mit dem Titel «Better No Letter» lanciert, welche die US-amerikanische Spionagetätigkeit aufs Korn nimmt und gleichzeitig den Kunden bewusst machen will, dass die Privatsphäre mit herkömmlichen Briefen besser geschützt ist. Ein kurzes Video (in Deutsch mit engli- schen Untertiteln) auf der Webseite www.better-no-let- ter.org zeigt einen Agenten der «United Secret Service «Zweifellos fühlen sich die Konsumenten in ihren Agencies» (USSA), der die Zuseher davon zu überzeugen Geldangelegenheiten sicherer, wenn sie die Auszüge versucht, besser keine Briefe mehr zu versenden, sodass oder Rechnungen in Papierform vor sich haben», so das es den Geheimdiensten leichter fällt, Informationen Fazit von Gold. übers Internet abzuhören. Wer noch Briefe erhält, solle diese doch einscannen und die Datei via E-Mail an die Kerngeschäft «USSA» übermitteln. Bis Januar 2015 wurde das Video In Österreich wurden die Bemühungen, die Briefpost insgesamt 200 000 Mal angeschaut. volumen zumindest zu halten, verstärkt, seit der CEO der Christian erklärt, dass die Menschen in Österreich österreichischen Post, Georg Poelzl, letztes Jahr bekannt besorgt über die Gefahren sind, die im Internet lauern. gegeben hatte, «um jeden Brief kämpfen zu wollen.» Die Die Post versucht, auf diese Ängste einzugehen und Post befürchtet eine Beschleunigung des Abwärtstrends empfiehlt, sensitive Informationen per Briefpost zu ver- bei den Briefvolumen und hat einen mehrere Stossrich- schicken. Die mit dem Video im Zusammenhang ste- tungen umfassenden Massnahmenplan lanciert, der hende Webseite www.schreibweise.at vermittelt Hinter- auch politische Lobbying- und Öffentlichkeitsarbeit grundinformationen über den Datenschutz und das umfasst, um das Kerngeschäft zu stützen. Brief- und Postgeheimnis in Österreich. Auf der Seite Ein Element dieser Initiative ist eine Reihe von Insera- finden sich zudem Artikel über Themen wie die Kunst UNION POSTALE 02/2015 ten in einer beliebten Gratiszeitung in Wien, in der der des Schreibens, ein Briefpost-Knigge und andere Vorteile Leiter des Rechtsdienstes des VKI Fragen beantwortet der Briefpost. Die Initiative bedient sich eines humorvol- und klar stellt, dass Kunden das Recht auf die Zustellung len Ansatzes, um über ein ernsthaftes Thema zu infor- von physischer Geschäftspost haben. mieren, so Kathrin Schrammel, Sprecherin der öster- «Wir hoffen, dass viele Kunden unsere Inserate lesen und reichischen Post. sich anschliessend bei ihrem Anbieter über die Art der «Es gibt gute Gründe dafür, dass vertrauliche Bankdaten Rechnungsstellung beschweren», sagt Adam Christian, nicht (...) über das Internet versandt werden», weiss
TITELGESCHICHTE «In den 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben 21% der Bevölkerung im Alter zwischen 16 und 74 Jahren das Internet noch nie genutzt.» Quelle: Eurostat S chrammel. «Die Informationen können leicht in die fal- schen Hände geraten, wie die jüngsten Spionageskan- 13 dale und Hackerangriffe gezeigt haben.» Obwohl die Briefpostvolumen weiter sinken, erken- nen die Postverantwortlichen neuerdings wieder Terrain- gewinne. In Grossbritannien haben sich mehrere Versor- gungsunternehmen – darunter drei Wasserversorger, die zusammen über 11 Millionen Kunden beliefern – ver- pflichtet, dass sie ihren Kunden die Möglichkeit einräu- men, per Briefpost zu kommunizieren, ohne zusätzliche Gebühren. Es gibt zurzeit in Grossbritannien 77 Grup- pen, welche die Kampagne unterstützen, darunter Gewerkschaften, Wohltätigkeitsorganisationen, Ver- braucherschutzgruppen und Unternehmen. Auch viele Politiker sind auf diesen Zug aufgesprun- gen. So bekunden EU-Parlamentarier aus zehn Ländern und allen drei Parteiengruppierungen sowie über 100 Unterhausabgeordnete in Grossbritannien die «Keep Me Posted-EU»-Initiative. «Wir stehen heute in einem fruchtbaren Dialog mit den Regulatoren, Politi- kern und anderen Entscheidungsträgern», berichtet Gold. Und Emma-Kate Francis und ihr Schmuckhandwerk? Sie erzählte Union Postale, dass sie wegen der Online-Rechnungsstellung mittlerweile ihren Telefon anbieter gewechselt habe. Sie ist nur ein Beispiel dafür, UNION POSTALE 02/2015 dass die freie Wahl über den Informationskanal auch im digitalen Zeitalter vielen Kunden wichtig ist. DK LESEN SIE MEHR www.keepmeposteduk.com www.better-no-letter.org
STRATEGIE Die UPU bereitet sich auf Veränderungen vor Postbetreiber, Aufsichtsbehörden und internationale Organisationen berichten an der Weltstrategiekonferenz der UPU im April sowohl über die grossen Heraus forderungen als auch über die grosse Chancen, welche die Innovation für alle Sektoren der Postwirtschaft bereithält. 14 TEXT: Bishar A. Hussein, Generaldirektor der Universal Postal in eine sichere Zukunft führen», forderte Hussein die CATHERINE Union (UPU) appellierte an die 750 Delegierten des Delegierten von 135 Mitgliedsstaaten und die anderen MCLEAN UPU-Weltstrategiekongresses 2015, die Methoden für Anspruchsgruppen der Postbranche auf. FOTOS: die Entwicklung und Erbringung von Postdienstleistun- Die Erkenntnisse der Strategiekonferenz werden in PIERRE gen kritisch zu hinterfragen. Hussein forderte die Teil- die Weltpoststrategie einfliessen, welche 2016 am ALBOUW nehmer auf, traditionelle Geschäftsmethoden hinter sich Weltpostkongress in Istanbul, Türkei, formuliert wer- zu lassen. Er vertritt die Ansicht, die UPU bedürfe bis den soll. 2020 selbst einer «grundlegenden Reform». So müssen die Entscheidungsprozesse effizienter werden und E-Commerce-Chancen sichergestellt werden, dass Innovationen ihre Wirkung Der E-Commerce-Sektor hat sich als Katalysator für Ver- im ganzen Postuniversum entfalten können. änderungen im Postsektor erwiesen. Damit die Post wirt- «Innovation und die Integration von Netzwerken, Pro- schaftlich geschäften kann, muss sie ihren Platz im digi- dukten und Dienstleistungen sind der Schlüssel für ein talen Markt finden. Und das ist nicht so einfach: Die nahtloses Postnetz, das dem sich verändernden globalen Bedürfnisse der Kunden in Bezug auf die Zustellung von Umfeld entspricht», erklärte Hussein den Delegierten, E-Commerce-Bestellungen verändern sich ständig. Und die dem im April unter dem Vorsitz von Côte d’Ivoire in es ist beispielsweise noch unklar, ob E-Commerce-Riesen Genf durchgeführten Kongress beiwohnten. wie Amazon überhaupt noch interessiert sind, kurzfris- Der Generaldirektor richtete seine Worte just zu tige Zustellungen selber auszuführen. einem Zeitpunkt an das Publikum, an dem der Postsek- Die Postanbieter reagieren auf den E-Com- tor unter enormen Druck steht, sich an vielen Fronten merce-Boom, indem sie Paketschliessfächer einführen radikal zu erneuern. So erörterten Referenten, wie die und Zustellungsbescheide via SMS übermitteln. Man Post vom boomenden E-Commerce profitieren könne. dürfe aber nicht vergessen, dass Transparenz und Ver- Sie beleuchteten die veränderten Voraussetzungen für lässlichkeit immer noch wichtige Anliegen der Kunden UNION POSTALE 02/2015 den Postuniversaldienst und die Notwendigkeit, die seien, mahnten einige Referenten. regulatorischen Vorschriften zu überprüfen. Schliesslich Dimitry Strashnov, Generaldirektor der russischen untersuchten sie, wie Regierungen mit den Postanbietern Post, ermutigte die Postbetreiber, genau zu untersuchen, kooperieren und die finanzielle und soziale Eingliederung welche Zustellungsleistungen ihre Kunden benötigen aller Bevölkerungsgruppen fördern können. und erwarten. «Verlassen wir unseren Behaglichkeitsbereich und versu- «Müssen wir wirklich alle Pakete in ein oder zwei Tagen chen wir, neue Ideen umzusetzen, mit denen wir die Post zustellen?», fragte er.
STRATEGIE Uno-Generalsekretär Ban Ki-Moon richtet sich in einer Videobotschaft an die Konferenzteilnehmer. 15 «Wären Kunden nicht auch mit drei bis fünf Tagen zufrie- Arancha Gonzalez, Geschäftsführende Direktorin des den, wenn sie sich darauf felsenfest verlassen könnten? International Trade Centre, ist der Auffassung, dass die Können wir unsere Versprechen einhalten? Diese Fragen Höhe der Handelskosten darüber entscheidet, ob Kleinst- werden immer wichtiger, denn eine Zustellfrist von fünf und Kleinunternehmen den Sprung vom heimischen Tagen kostet erheblich weniger als eine solche von einem Markt auf die internationale Bühne wagen. Tag.» «Logistik-Effizienz und mehr Handelserleichterungen sind Es gibt noch einen sehr attraktiven Markt für die Post die Schlüsselfaktoren, die über die Wettbewerbsfähigkeit industrie: Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen dieser Unternehmen entscheiden», weiss Gonzalez. (MSMEs). Mit ihrem weitreichenden Netzwerk – rund «Daher ist es umso wichtiger, dass die UPU sich dieses 640 000 Geschäftsstellen weltweit – sowie ihrem umfas- Themas annimmt und entsprechende Priorität einräumt.» senden Dienstleistungsangebot von Digital-, Finanz- und Philippe Wahl, Präsident der französischen La Poste, Logistikprodukten ist die Post in der Lage, die MSMEs im ist ähnlicher Auffassung. Er erachtet die Weiterentwick- globalen E-Commerce-Umfeld zu unterstützen. lung des globalen integrierten Postprogramms der UPU, E-Commerce eröffnet den KMUs neue Märkte und ECOMPRO, von zentraler Bedeutung für die Weiter Geschäftsgelegenheiten bei niedrigeren Transportkos- entwicklung des E-Commerce-Marktes. ten, sodass sie wettbewerbsfähiger werden. Dies sagte «Wir müssen mit allen Mitgliedern der UPU kommunizie- Xiaozhun Yi, Stellvertretender Generaldirektor der Welt- ren und Informationen austauschen», sagte Wahl. «Dies handelsorganisation, in seiner Ansprache. Bisher hätten ist der nächste grosse Schritt, den wir gemeinsam aber die grossen Unternehmen am stärksten vom explo- machen müssen», so er weiter. siven Wachstum des E-Commerce profitiert. Zukunft Neue Regeln Auch andere Bereiche des Postsektors erfuhren auf- Es gibt zahlreiche und je nach Land unterschiedliche Hin- grund der IT-Revolution starke Veränderungen. Derweil UNION POSTALE 02/2015 dernisse, welch die MSMEs daran hindern, die Chancen die Briefpost ab- und die Paketsendungen rasant zuneh- des E-Commerce vollumfänglich zu nutzen. So erweist men, schauen die Postbetreiber vermehrt auf die USO. In sich in den Entwicklungsländern oftmals der Internet Europa, wo die Internet- und Mobiltelefondurchdrin- zugang als schwierig. Überdies schrecken langwierige gung hoch ist und die Postnetze in urbanen als auch Zollformalitäten Kleinstunternehmen davon ab, ihre ländlichen Gebieten gut ausgebaut sind, muss der Fokus Waren zu exportieren, zumal sie es sich nicht leisten kön- in Zukunft auf den Aufbau eines besseren und sichereren nen, einen Intermediär damit zu beauftragen. Paketnetzes gerichtet werden, so Torstein Olsen, Gene-
STRATEGIE William Lacy Swing, Generaldirektor der Internationalen Orga- nisation für Migration, verwies auf die Bedeutung der Post bei der finanziellen Eingliederung. Die Geschäftsführende Direktorin des International Trade Centre will die Handels kosten senken. raldirektor der norwegischen Post und Telekommunika- In Indonesien beauftragte die Regierung die Post mit tionsaufsicht. der Durchführung eines Pilotprojektes in sechs Provinzen 16 «Möglicherweise muss man die Postdienstleistungen mit der Bezeichnung «Postsparkonto». Denn immer noch neu definieren», meinte er weiter. horten weite Teile der Bevölkerung ihr Bargeld zu Hause, In Afrika wartet noch besonders viel Arbeit auf den weiss Kalamullah Ramli, der Generaldirektor des indone- Postsektor, namentlich wenn es um die Expansion des sischen Ministeriums für Kommunikations- und Informa- Poststellennetzes in den ländlichen Gebieten geht, tionstechnologie. Andere Postunternehmen versuchen, sodass alle Menschen Zugang zu Postdiensten erhalten. auf dem Markt für Geldüberweisungen Fuss zu fassen, So hat die Post in Äthiopien ein Projekt in Angriff genom- auf dem die aktuellen Gebühren als «überrissen hoch» men, in dessen Rahmen Telekommunikationszentren in gelten, besonders für Migranten, die ihren in den Ent- kleinen Dörfern aufgerüstet werden, damit dort neben wicklungsländern zurückgebliebenen Familienmitglie- Telekom-Dienstleistungen auch IT- und Postdienstleis- dern Geld überweisen wollen. tungen angeboten werden können. Und die Elfenbein- Ob es darum geht, Menschen Zugang zu Finanz- küste ersetzte 2013 ihr altes Postleitzahlsystem mit dienstleistungen oder MSMEs bei der Erschliessung aus- einem gänzlich neuen, sodass die ganze Bevölkerung ländischer Märkte zu unterstützen, oder aber die pünkt- vom Postuniversaldienst profitieren kann. liche Zustellung von Briefen und Paketen der Kunden Tatsächlich ist das Fehlen eines flächendeckenden sicherzustellen, die Post erfüllt eine wichtige Funktion in Adressensystems in Afrika ein erhebliches Manko, weiss der globalen Wirtschaft und bei der nachhaltigen Younouss Djibrine, Generalsekretär des UPAP. Die Ver- zukünftigen Entwicklung, so die Sprecher an der Konfe- besserung der Infrastruktur ist neben der Diversifikation renz. und der Postregulierung denn auch die dringendste Pri- «Die Post kann und muss Teil der Lösung sein, wenn die orität, um einen «modernen Postuniversaldienst» anbie- Welt sich aufmacht, eine neue, nachhaltige Entwicklungs ten zu können. agenda zur Bekämpfung des Klimawandels umzuset- zen», fordert der Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon in Postfinanzdienstleistungen einer Videogrussbotschaft an die Konferenzteilnehmer. Im Hinblick auf die Diversifikation in neue Märkte sind CM UNION POSTALE 02/2015 die Postfinanzdienstleistungen für die Postanbieter von besonderem Interesse. Die Post ist gut positioniert, um Menschen ohne Bankzugang am globalen Finanzsystem teilhaben zu lassen. Denn sie verfügt über ein globales und weit reichendes Poststellennetz, das vielen zugäng- VIDEOBOTSCHAFT VON BAN KI-MOON lich ist. Ausserdem geniesst die Marke grosses Vertrauen, www.tinyurl.com/ban-ki-moon-message so die Referenten an der Konferenz.
STRATEGIE Roberto Cavanna (l.) von der (UPAEP) und Tammy Whitcomb, United States Postal Service. 17 Delegierte in Genf. UNION POSTALE 02/2015 Von rechts nach links: Kommunikationsminister Bruno Koné, Premierminister Daniel Kablan Duncan (Côte d’Ivoire), UPU-General- direktor und Stellvertretender Generaldirektor.
DAS INTERVIEW Partnerschaften Als Experte für internationale Postfinanzdienstleistungen hat Hans Boon interes- sante Vorschläge, wie Postunternehmen Finanzpartnerschaften bilden können. Zurzeit ist er für den Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) tätig und gehört einem Team an, das die «African Postal Financial Services»-Initiative auf den Weg bringt, an der auch die UPU als Partner beteiligt ist. Im Rahmen dieser Initiative werden derzeit Projekte in Ghana, Benin, Madagaskar und Senegal umgesetzt. Für sieben weitere Länder sind Projekte in der Vorbereitung. 18 TEXT: Union Postale: Ist das Eingehen einer Partnerschaft im eigenen Finanzdienstleistungsgeschäft entwickelt FARYAL eine kurzzeitige Sache? werden und auf die man anschliessend aufbaut, MIRZA Hans Boon: Der Anlauf zur Bildung einer Partner- wobei man das Heft selbst in der Hand behält. Zeit ist schaft kann sehr lange dauern – Monate oder gar hier ein wichtiger Faktor. Jahre. Manchmal ist diese Vorlaufphase indes zu lang, sodass Gelegenheiten verpasst werden. Die Heraus- Weshalb geht man eine Partnerschaft ein? forderung liegt darin, einen effizienteren Weg für den Dies kann aus rechtlichen oder regulatorischen Grün- Aufbau von Partnerschaften zu finden. An Konferen- den geschehen. Häufig hat der Postanbieter für das zen und Seminaren hört man immer wieder Erfolgs- Erbringen bestimmter Finanzdienstleistungen gar geschichten, doch Realität ist auch, dass der Prozess keine Lizenz. Und eine Lizenz zu erhalten, kann sehr scheitern kann, und zwar aus vielen Gründen. Part- schwierig sein, sei es aus politischen oder finanziellen nerschaften funktionieren einfach nicht mehr, Banken Gründen. Zudem ist die Möglichkeit für organisches gehen in Konkurs, Mikrofinanzinstitute verschwinden. Wachstum mit Blick auf das erforderliche Kapital oder Oder es gibt Veränderungen bei der Post mit der die Finanzierung vielfach eingeschränkt, da für die Folge, dass die Partnerschaft nicht weitergeführt Investition in neue Dienstleistungen oder den Ausbau wird. bzw. die Verbesserung bestehender Finanzservices nur beschränkt Mittel zur Verfügung stehen. Solche Hin- Wie lässt sich das Scheitern einer Partnerschaft ver- dernisse lassen sich mithilfe einer Partnerschaft umge- hindern? hen. Grundsätzlich braucht es mehr Wissensaustausch, Ein anderer Grund ist fehlendes Wissen oder feh- damit die Post überhaupt in der Lage ist, eine Partner- lende Managementkapazitäten. Eine Postorganisation UNION POSTALE 02/2015 schaft aufzubauen. Sie muss von den Erfahrungen verfügt nicht über die notwendigen Experten für anderer lernen. Gerade die Analyse der Ursache des bestimmte Bank- oder Finanzbereiche, die man für ein Scheiterns und wie man es hätte besser machen Projekt benötigt, sodass eine Partnerschaft mit einem können, ist sehr wertvoll. Was spricht für eine Part- Finanzinstitut angezeigt ist. Aber man muss sich nerschaft, was für organisches Wachstum? Unter genau überlegen, was man tut. Jede Postorganisation organischem Wachstum verstehen wir übrigens muss wissen, weshalb sie einen Partner sucht und was Modelle, die innerhalb der eigenen Organisation und für einen Partner sie sucht.
DAS INTERVIEW Was bewegt andere Organisationen zu einer Partner- schaft mit der Post? Auch hier ist die Motivation unterschiedlich. Dass ein Postbetrieb 1000 Geschäftsstellen hat, ist für sich noch keine Basis für eine solide Partnerschaft. Es könnte ja sein, dass man in den letzten 30 Jahren nichts mehr investiert hat und die Poststellen veraltet sind. Ich glaube, wir wissen alle: Eine Partnerschaft 19 birgt immer auch Risiken. Was zeichnet den idealen Partner aus? Beide Seiten müssen sich voll und ganz einsetzen. Eine Partnerschaft ist keine lockere Beziehung, aus der man jederzeit aussteigen kann. Die Post hat einen guten Ruf, eine gesellschaftliche Aufgabe und eine Ziel des UPU-IFAD-Projekts ist es, Familien auf dem Land zu helfen, wie hier Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit. Als Part- in Senegal (Foto: Oliver Asselin/IFAD). ner kommen daher nur top-seriöse Institutionen in Frage, die sich langfristig engagieren wollen, um ein Geschäft aufzubauen. Es darf niemals nur um schnelle Wie können Postunternehmen ihre Marke bewerten? Gewinne gehen. Der Postsektor benötigt Instrumente, um den Marken- wert realistisch einzuschätzen. Beide Partner verfügen Was sind die wesentlichen Bausteine für eine Bezie- über eine Reputation. Ein Postanbieter kann mit hung? bestimmten Finanzdienstleistern keine Partnerschaft Zum einen der Markenwert der Post. Der Wert einer eingehen, ohne diesem Ruf zu schaden. Ein potenziel- Marke ist Ausdruck des Vertrauens und des guten ler Partner muss ein gut etabliertes Finanzinstitut sein, Rufs. Gerade die Reputation ist ein wichtiges Gut der das seine soziale Verantwortung wahrnimmt und Post und bildet einen finanziellen Wert. Der United langfristig für die finanzielle Eingliederung einsteht. States Postal Service schätzte den Wert ihrer Marke Das heisst aber auch, dass man die Voraussetzungen kürzlich auf 3,7 Milliarden USD. Das klingt nach einem und Bedingungen einer möglichen Partnerschaft fest- enorm hohen Betrag, ist meines Erachtens jedoch zu legt. So sollte die Post eine klare Sektorpolitik verfol- tief angesetzt. Dies sollte allen Postanbietern, die eine gen, über eine transparente Rechnungslegung sowie Partnerschaft eingehen wollen, bewusst sein, beson- klare Verantwortungsstrukturen verfügen. Es wäre UNION POSTALE 02/2015 ders wenn ein potenzieller Partner kritisiert, dass von Vorteil, wenn das eigene Poststellennetz mit «kein erstklassiges Postnetz vorhanden ist, die Mitar- anderen Netzen verbunden ist. Falls dies nicht der Fall beiter geschult werden müssen oder die Ausrüstung ist, sollte man sich überlegen, wie die Anbindung mangelhaft ist». Viel wichtiger, besonders in der erfolgen könnte. Und dann muss sich die Post im Finanzdienstleistungsbranche, ist, dass die Post über Klaren sein, was sie vom Partner erwartet. eine Marke, einen Namen und eine starke Reputation verfügt – und das hat seinen Preis.
DAS INTERVIEW «Ein potenzieller Partner muss ein gut etabliertes Finanzinstitut sein, das seine soziale Verantwortung wahrnimmt und langfristig für die finanzielle Eingliederung einsteht.» 20 Welche Überlegungen könnten einer Partnerschaft Welche Rolle spielt die Technologie? zugrunde liegen? Die Einzelhandelstechnologie und Konnektivität sind Denkbar wäre eine Partnerschaft für eine bestimmte von entscheidender Bedeutung. Die UPU muss der Produktlinie. So liegt der Fokus beim gemeinsamen Konnektivität der Poststellen, speziell in Afrika, Projekt der IFAD und UPU auf Zahlungsüberweisun- höchste Priorität einräumen. Ein Netzwerk ist nur gen, also einem Produkttyp. Für den Postbetreiber dann auch vernetzt, wenn es über eine Anbindung stellt sich die Frage, wie dieses Produkt in das verfügt. Die Einzelhandelstechnologie umfasst Sicher- Gesamtproduktspektrum passt, das man den Kunden heitsscanner, Drucker und dergleichen, die es braucht, anbietet. Man könnte aber auch eine Partnerschaft im um überhaupt Dienstleistungen erbringen zu können. Hinblick auf ein gewisses Kundensegment oder spezi- Die Herausforderung hier liegt bei dem, was wir Inter fische Einzelprodukte wie Versicherungen, Kredite operabilität nennen. Es geht nicht um eine separate oder Wertschriften basieren. Technologie für separate Operationen, sondern um Wichtig für den Postanbieter ist vor allem, dass er die Notwendigkeit, eine Verbindung zu Bezahlkarten, definiert, wie er seine Kunden noch besser betreuen Zahlungssystemen und anderen Finanzsystemen her- kann. Und vielleicht das allerwichtigste Element einer zustellen. Partnerschaft ist das Vertriebsnetz des Postunterneh- mens, über das die Finanzdienstleistungen angeboten Wo passt hier das Cash Management dazu? werden sollen. Cash Management ist ein sehr wichtiger Faktor. Wir Poststellen bilden keinen separaten Vertriebskanal, verstehen verschiedene Dinge darunter. Hat der sie passen vielmehr in ein «Monokanal-Umfeld». In Hauptsitz zum Beispiel den Echtzeit-Überblick über diesem «Ökosystem» gibt es zahlreiche Vertriebs die Bargeldbestände der einzelnen Postgeschäftsstel- kanäle, ob Mobiltelefon, Terminals, Selbstbedienungs- len? Der Begriff bezeichnet aber auch, wie die Lage- terminals, Internet, Bankgeschäftsstellen oder Agen- rung von Bargeld in den Poststellen organisiert ist. ten. Die Poststelle ist ein spezifischer Kanal, der für Wie viel Geld wird idealerweise in der Poststelle vor- UNION POSTALE 02/2015 viele – aber nicht alle – attraktiv ist. Es ist immer hilf- gehalten? Wie wird Bargeld transportiert? In gesicher- reich zu schauen, wo die bestehenden oder potenziel- ten Wagen? Hat man den Überblick über die Routen len Poststellenstandorte sind. Wo befinden sie sich im dieser Wagen? Wie erfolgt die Kosten-Nutzen-Abwä- Vergleich zu den Bankfilialen, Agenturen und Geld gung der Sicherheitsmassnahmen? Wie erreicht man automaten? Und wie können die Poststellen mögliche eine Balance? Lücken schliessen? Manche Postbetreiber haben ein zentralisiertes Treasury-System eingeführt, das ihnen jederzeit einen
DAS INTERVIEW recht genauen Überblick über die Barbestände bietet. kommerzieller Banken und kundenfreundlicher Spar- Doch kenne ich auch genügend Postanbieter, die banken gibt, daher liegt eine Partnerschaft mit der nicht über solche Prozesse verfügen. Im Rahmen des Post gar nicht im Interesse der Zentralbank. IFAD-Projektes dient eine Initiative der Entwicklung Ein wichtiges Element im Zusammenhang mit dem eines Toolkit für Cash Management, Liquiditäts Aufsichtsrecht ist das Bestreben, die Probleme sowohl management und Cash-Logistik, das zu einer optima- in der Finanz- als auch der Postaufsicht lösen zu len Bewirtschaftung dieser Bereiche beitragen soll. können. Was als optimal betrachtet wird, unterscheidet sich Es ist klar, dass die Poststellen eine sehr wichtige von Land zu Land und von Monat zu Monat. Es hängt Rolle für den universellen Zugang zu Finanzdienstleis- 21 aber auch von saisonalen Mustern und vom Kunden- tungen spielen. Zudem besteht grundsätzlich Inter- verhalten ab. Wichtig ist, dass es eine Basis für die esse und ein Engagement auf Seiten der internationa- gemeinsame Zukunft gelegt wird. len Entwicklungsorganisationen, um den Zugang zu Finanzdiensten über die Post zu fördern und auszu- Sind Partnerschaften kompliziert? bauen. Die Partnerschaft ist eigentlich nur ein kleines Stein- chen im ganzen Mosaik. Voraussetzung ist, dass die Was ist das Besondere an der Partnerschaft der IFAD verschiedenen Organisationsebenen bei beiden Part- und der UPU? nern funktionieren. Und dies gehört zu den grössten Es handelt sich um eine besondere internationale Part- Herausforderungen. Auf der Postseite wird manchmal nerschaft, weil sie zeigt, dass die internationalen Ent- unterschätzt, wie viele Kontaktpunkte zwischen sich wicklungsorganisationen die Nutzung der Post selbst und dem Finanzpartner benötigt werden. infrastruktur zum Zweck der finanziellen Eingliederung Auf beiden Seiten muss eine vollständige vorantreiben wollen. Es besteht ein weiter Konsens, Teamstruktur mit Arbeitsgruppen vorhanden sein. dass die Post über grosses Potenzial verfügt, um den Aber auch wenn dieser Punkt geregelt ist und gut Zugang zu Finanzdienstleistungen zu verbessern, doch funktioniert, müssen wir bedenken, dass diese Part- dass dieses Potenzial oft nicht ausgeschöpft wird. nerschaft zwischen zwei Organisationen geschlossen Nicht nur in Afrika, sondern weltweit bestehen wurde mit sehr unterschiedlicher Unternehmenskultur. Partnerschaften zwischen der Post und einem Finanz Verschiedene Unternehmenskulturen erhöhen das institut – sei dies nun eine Bank, ein Mikrofinanzie- Risiko von emotionalen Auseinandersetzungen. All rungsanbieter oder ein Anbieter von Geldüberweisun- diesen Faktoren gilt es vonseiten der Führungs-Crews gen. Diese Partnerschaften werden in mehr als 80% Rechnung zu tragen der Länder entwickelt, in denen die Post auch aktiv Finanzdienstleistungen anbiet. Wie sieht es mit regulatorischen Aspekten aus? Dabei kommen verschiedenste Modelle zur Anwen- UNION POSTALE 02/2015 Wir alle wissen, dass die Zentralbanken es nicht so dung, von einfachen Standardvereinbarungen mit nur gerne sehen, wenn eine Post ihr Finanzdienstleis- geringen Vorteilen für die Post, bis hin zu langfristi- tungsgeschäft ausbauen will. Dabei kennen sich die gen Vereinbarungen und Joint-Ventures für Investitio- Zentralbanken oft nicht aus, wenn es um die Erbrin- nen. Es wäre wünschenswert, wenn diese unter- gung von Finanzdienstleistungen via eigener Poststelle schiedlichen Ansätze klar definiert und die Vor- und geht, und legen ihr Veto ein. Sie könnten aber auch Nachteile mit Blick auf die Interessen der Postdienst- dagegen sein, weil es bereits eine begrenzte Anzahl leister gegeneinander abgewogen würden. FM
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