Unsere Mitgliederinformation - Lessing-Gymnasium Döbeln
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T r a d i t i o n s - u n d F ö r d e r v e r e i n L e s s i n g - G y m n a s i u m D ö b e l n e . V. Unsere Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Vorstand █ Festrede des Schulleiters zum 150. Jubiläum des LGD S ehr geehrter Herr Oberbürgermeister Liebhauser, sehr geehr- te Eltern, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Schüle- rinnen und Schüler, sehr geehrte Gäste, wir feiern heute mit einem kleinen Festakt den 150. Geburtstag des Gymnasiums in Döbeln. Das ist eine recht grobe Information, die ich etwas präzisieren möchte. Am 27. Oktober 1868 beschließt das Sächsische Cultusministerium, damals noch mit „C“ geschrieben, dass in Döbeln eine „Königliche Realschule I. Ordnung mit land- wirtschaftlicher Abteilung“ eröffnet werden darf. Im Vorfeld war, ein bisschen ist das ja auch noch heute so, in Dresden einige Lob- byarbeit nötig, damit hier die Einsicht reifte: Die aufstrebende Mul- denstadt Döbeln mit ihren vielen Industrieansiedlungen und der fruchtbaren Lommatzscher Pflege gleich in der unmittelbaren Nähe braucht eine höhere Schule für die Söhne des städtischen Bürger- tums und der mittleren Landwirte und Gutsbesitzer des Umlands. In Döbeln hält man sich nach der Genehmigung aus Dresden nicht lange bei der Vorrede auf und beginnt mit dem Schulbetrieb, ob- wohl die Schule noch gar nicht gebaut ist. Prof. Dr. Stößner aus Annaberg wird als Rektor eingesetzt. Er startet am 12. April 1869 mit 91 Schülern und fünf Lehrern in der gerade fertiggestellten Bürgerschule auf dem Schloßberg. Sie fragen sich vielleicht, warum eigentlich im April? Damals en- dete das Schuljahr vor und das neue Schuljahr begann nach den Osterferien. Das Gymnasium ist also, wenn man es genau nimmt, heute am 06.09.2019, genau 150 Jahre und 147 Tage alt, am Mon- tag, wenn unsere Festwoche beginnt - ein schöner Zufall - 150 Jah- re und 150 Tage. Parallel zum Unterrichtsstart auf dem Schloßberg begannen hier an diesem Ort die Bauarbeiten für die neue Schule. Die Stadt Döbeln hatte am „Weg zur Haltestelle“ -wir hoffen, dass Für einen Fotowettbewerb zum Jubiläumsjahr setzten Felix Hand- diese Straße bald wieder als Weg zu einer Haltestelle genutzt wer- schack, Lucas Grabmann und Ben Wittig (Klasse 10) das Naturwis- senschaftliche Gebäude des LGD futuristisch in Szene. den kann- ein Grundstück von 3,24 ha zur Verfügung gestellt. Nach zwei Jahren Bauzeit wurde dann am 18. April 1871 die Königliche Realschule I. Ordnung mit 180 Schülern an diesem Standort, hier Straße des Friedens. Wenn es nach uns geht, kann es dabei jetzt in dieser Aula, eröffnet. bleiben. Frieden ist immer gut. Die bizarre Vielfalt der Straßenna- men macht deutlich, dass die Schule eine wechselvolle Geschichte 1874, ein nächster Meilenstein in der Schulgeschichte, war es dann hinter sich hat. Das Gymnasium bildete und erzog Schüler in der soweit: Die ersten fünf Schüler absolvierten in Döbeln ihre Maturi- Kaiserzeit, der Weimarer Republik, der NS-Zeit, in der Zeit der tätsprüfung. So nannte man früher das „Abgangs- und Sittenzeug- Besatzungszonen nach dem Zweiten Weltkrieg, in der DDR und nis“ für Absolventen höherer Schulen, die sich an einer Universität im wiedervereinten Deutschland. Dass die Schule für viele auch immatrikulieren wollten. In diesem Jahr wurden also zum 145. Mal in schwierigen Zeiten die „alma mater Doblensis“, die „nährende in Döbeln Abiturzeugnisse ausgehändigt. Freudig ihrem Zeugnis Mutter Döbelns“, blieb, war häufig eine schwierige Gratwande- entgegen blickten allerdings nicht nur fünf junge Herren, sondern rung. 61 junge Frauen und 33 junge Männer. Dass im Jubiläumsjahr der Schule alle 94 Prüfungsteilnehmer das Abitur bestanden haben, Schule ist ein anfälliges System. Besonders in Diktaturen miss- freut uns natürlich ganz besonders. braucht der Staat seinen Einfluss auf das Bildungswesen. Das war auch hier so. 174 Schüler der Schule, vorher auf Heldentaten fürs In den folgenden Jahren änderte sich der Name der Schule genauso Vaterland eingeschworen, fielen dem Ersten Weltkrieg zum Opfer, häufig wie der Name der Straße in der Postadresse. Gestartet war 125 Männer aus den Reihen der Lehrer und ehemaligen Schüler man als „Königliche Realschule I. Ordnung mit landwirtschaftli- waren bis November 1944 im Zweiten Weltkrieg gefallen. Viele cher Abteilung“ am „Weg zur Haltestelle“, das „Königlichen Re- folgten noch. Beispiele für die Verquickung einer herrschenden algymnasiums mit Landwirtschaftsschule“ gab in der Adresszeile Ideologie und der Schule gibt es zahlreiche. Sie sind gut dokumen- „Königsstraße“ an, das „Staatsrealgymnasium mit Höherer Land- tiert und teilweise auch schon veröffentlicht. Die Relegation der wirtschaftsschule“ fand sich in der Walter-Rathenau-Straße, die letzten beiden jüdischen Schüler 1938 gehört hier genauso genannt, „Staatliche Oberschule für Jungen“ in der Adolf-Hitler-Straße, die wie der Ausschluss von Schülern, die unter Ulbricht und Honecker Lessing-Oberschule in der Stalinstraße und die Erweiterte Lessing- der Schule verwiesen wurden, nur weil sie der Jungen Gemeinde Oberschule, die wir seit 1992 Lessing-Gymnasium nennen, in der angehörten. Wir wissen auch von der Anwerbung inoffizieller Mit- „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 1
arbeiter in der Lehrer- und Schülerschaft durch das Ministerium unternehmen, den Buchstaben seines Namens Eigenschaften zuzu- für Staatssicherheit. Minderjährige wurden mit ihren Studienwün- ordnen, die Lehrer dieser Schule ihren Schülern über alle Zeiten schen erpresst, damit sie mit dem Geheimdienst kooperierten und hinweg vermittelt haben. Lassen Sie uns das Experiment starten. ihre Mitschüler denunzierten. LESSING hat sieben Buchstaben. Das ist die eine Seite der Medaille. Sie ist wichtig. Sie kennen ja Wir beginnen mit dem „L“. Das könnte für „leistungs- und lernbe- den Lessing-Spruch, der im Foyer der Schule ausgestellt wird: reit“ stehen. Unser Gymnasium war immer eine Schule, die sich Ohne die Geschichte bleibt man ein unerfahrenes Kind. Seit 1947 zum Leistungsgedanken bekannte. Sie hat deshalb den Ruf, dass trägt diese Schule den Namen Lessings. Vorgeschlagen hatte das es hier nicht leicht ist. Ich finde das sehr gut. Damit Kinder und der Lateinlehrer Max Aßmann, der von 1946 bis 1954 an dieser Jugendliche sich weiterentwickeln können, brauchen Sie Heraus- Schule unterrichtete. Nun ist die Frage berechtigt, warum man in forderungen, sie müssen, und das ist mitunter ein schmerzhafter Döbeln auf die Idee kommt, eine der ältesten Schulen der Stadt Prozess, erkennen, dass Erfolg das Ergebnis von Fleiß und harter nach Gotthold Ephraim Lessing zu benennen. Nach dem Zweiten Arbeit ist. Wir wissen, dass wir in unserer hedonistisch angehauch- Weltkrieg wurde immer mehr Menschen bewusst, wie groß das Un- ten Freizeitgesellschaft, in der viele glauben, mit einem schnellen heil war, das Deutsche in diesem Krieg über die Welt gebracht hat- Klick Probleme lösen zu können, damit manchmal etwas anachro- ten. Der Holocaust steht für einen moralischen Abgrund, der finste- nistisch daherkommen. Sicher unterscheidet sich der Unterricht rer nicht vorstellbar ist. Es waren Menschen wie Max Aßmann, die heute von dem, der hier vor 50 Jahren gehalten wurde. Dass es nach dem ersten Schock die Frage stellten: Wie kann man einem einen gravierenden Absturz des Niveaus gegeben hätte, kann ich Volk nach Jahren der ideologischen Verblendung wieder eine mo- nicht bestätigen. Wer das nicht glaubt, kann gern einmal das letzte ralische Orientierung geben? Mathematik-, Physik- oder Deutsch-Abitur durchblättern. Die Ideen der Aufklärer im 18. Jahrhundert eigneten sich hierfür. Wir haben hier vermeintliche Innovationen wie den offenen schü- Einer von ihnen war Lessing, ein junger Mann aus Kamenz, der in lerzentrierten Unterricht, bei dem der Lehrer zum Lernbegleiter Meißen zur Schule gegangen war, in Leipzig studiert hatte und dann degradiert wird, nur wohldosiert zur Anwendung gebracht und den als Autor Stücke schrieb, in denen er sich für religiöse Toleranz Hype um einen vermeintlich kompetenzorientierten Unterricht bei einsetzte. In seinem Drama „Nathan der Weise“ fragte er, „Sind uns nicht zum Hype gemacht. Wir sind der Auffassung, dass ein Christ und Jude eher Christ und Jude als Mensch?“ und empfiehlt lehrerzentrierter Unterricht mit klaren Leistungsanforderungen „Es eifre jeder seiner unbestochnen von Vorurteilen freien Liebe hilfreich ist, um der Beliebigkeit unserer Zeit etwas entgegenzuset- nach!“ Lessing ist eine gute „Medizin“ gegen -wie er es nannte- die zen, um Kindern und Jugendlichen das zu geben, was sie brauchen, „Menschenmäkelei“ derer, die glauben, dass sie qua Geburt besser um erwachsen zu werden - klare Orientierung. Absolventen bestär- wären als andere. Er macht die Vernunft zum Kompass der Welter- ken uns in unserem Beharren und berichten uns, dass es gerade die kenntnis. Auf diese kostbaren Traditionen ihres Volkes sollten sich hohen Ansprüche dieser Schule waren, die ein Scheitern im ersten die Deutschen zurückbesinnen. oder zweiten Semester an der Universität verhindert haben. Bei der Konzeption dieser Rede war mir bewusst, dass es an dieser Bei der Sprachspielerei mit unserem Namensgeber geht es jetzt Stelle zwei Möglichkeiten gibt. Entweder man kehrt zur histori- mit dem „E“ weiter. Was halten Sie von „empathisch“? Das Wort schen Chronologie der Schulgeschichte zurück. Das wäre für sie „edel“ würde auch gut passen, ist aber heute leider fast ausgestor- ein hartes Pensum, weil ja noch über 70 Jahre zu betrachten sind. ben. „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ sind die ersten beiden Das möchte ich Ihnen nicht zumuten. Gestatten Sie mir stattdes- Verse aus der Ode „Das Göttliche“. Goethe benutzte „edel“ in der sen eine kleine Sprachspielerei, zu der ich mich ermutigt fühlte, Bedeutung von „menschlich“, „von vornehmer Gesinnung“. Kön- als ich mich etwas genauer mit Lessing beschäftigte. Immer wieder nen wir uns das auf die Fahnen schreiben? Ich denke schon. schrieb der kleine Leistenverse, Akrosticha, bei denen die Buch- staben eines Wortes, untereinandergeschrieben, die Grundlage für Zuerst fällt mir unser Spendenlauf für krebskranke Kinder und ihre neue Wörter oder ganze Verszeilen liefern. Wenn sich am Ende Familien ein. Empathie, also die Bereitschaft und Fähigkeit, sich noch ein inhaltlicher Zusammenhang ergibt: Voilá! in andere Menschen einzufühlen, und edle Gesinnung sind hier mit Händen zu greifen. Für uns ist der Lauf mit Herz nicht nur Wie wäre es nun, die zweite Seite der Medaille ergänzend, wenn irgendeine außerunterrichtliche Aktivität, sondern das Bemühen, wir uns unseren Namensgeber Lessing vornehmen und den Versuch unsere Schüler zu mitfühlenden Menschen zu erziehen, für die es Sternenhimmel überm LGD, Ufos oder Silvesterraketen? Alina Spar- Dieses beeindruckende Bildmotiv dachte sich Jannis Rauzus aus rer (Klasse 5) reichte dieses Foto zum Wettbewerb ein. der sechsten Klasse aus. „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 2
Den besondere Reiz des Winters am LGD hiel- Buchstaben-Gymnastik auf dem Schulhof: Für den Fotowettbewerb machten Sarah Voigt, ten Thea Scholz, Alma Luci, Elisa Klein und Lu- Leonie Kiss und Emma Simon aus der achten Klasse gemeinsam mit ihren Mitschülern zie Sonntag im Foto fest. Sport à la L, G und D. selbstverständlich ist, anderen zu helfen. Es ist auch der Versuch beim Bundeswettbewerb Fremdsprachen zwei erste Plätze, vertra- zwei wichtige Eigenschaften zusammenzubringen. Leistungsbe- ten den Freistaat Sachsen beim Bundessprachenfest in Bayern. Sie reitschaft und Intelligenz allein, vielleicht sogar noch ausschließ- merken, „Sprachbegabungen fördern“ gehörte und gehört zur DNA lich fokussiert auf die eigene Karriere, reichen für Absolventen, die dieser Schule. Führungsverantwortung anstreben, nicht aus. Die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle korrekt wahrzunehmen, zu verstehen und zu Haben Sie die LESSING-Buchstabenfolge noch im Blick? Wir beeinflussen, ist genauso wichtig. Mit emotionaler Intelligenz wird sind beim „i“ angekommen. Was halten Sie von „innovativ, ideen- man aber nicht geboren. Man lernt sie. Wo? Zum Beispiel an dieser reich“? Beispiele gefällig? Jederzeit und gern. 1900 fand in Paris Schule. eine Weltausstellung statt. Unsere Schule, damals als Doppelanstalt bezeichnet, weil Realgymnasium und Landwirtschaftsschule unter Jetzt wird es knifflig. Bei Lessing folgt jetzt zweimal der Buchstabe einem Dach untergebracht waren, präsentierte Ausbildungsstruktu- „S“. Da „sozial“ und „solidarisch“ irgendwie eine Teilmenge des ren und Erzeugnisse der Landwirtschaftsschule und wurde dafür „edlen Charakters“ sind, plädiere ich für „sportlich“ und „sprachbe- mit einer Silbermedaille prämiert. Das muss man in einem euro- gabt“. Sport, gerade auch mit seinem persönlichkeitsformenden Po- paweiten Wettbewerb erst einmal hinbekommen. Beeindruckt war tenzial, wurde an dieser Schule immer großgeschrieben. 1919 wird man in Paris besonders von der engen Verzahnung bei der Vermitt- ein Turnverein und 1920 ein Verein für Leibesübungen gegründet. lung wissenschaftlicher Grundlagen der Landwirtschaft und der Turn-, Spiel- und Sportfeste sind Höhepunkte im Schuljahr und praktischen Anwendung dieser auf Versuchsfeldern, die rund um werden teilweise auf dem Schulhof durchgeführt. Sie enden meist die Schule angelegt wurden. Dieser Anspruch, Theorie und Praxis mit einem Marsch durch die Stadt. Unter dem Kürzel „LOS“, das miteinander zu verbinden, für mich ein stückweit die Mutter der für Lessing-Oberschule stand, starteten in den 60er, 70er und 80er Weisheit, findet sich auch bei einem aktuellen Projekt des Lessing- Jahren Schüler bei vielen Wettkämpfen. Besonders im Handball, Gymnasiums. Unsere Schule wurde im vergangenen Jahr als erste Volleyball und in der Leichtathletik waren wir erfolgreich. Auch Mitteldeutschlands mit dem Titel „Smart School“ ausgezeichnet. heute gehören das Hallenfußballturnier, der Ballathon und der Lauf Prämiert wurde auch hier der Ansatz theoretisches Wissen über di- mit Herz als sportliche Highlights fest zum Schuljahresplan dazu. gitale Medien mit konkreten Anwendungsszenarien zu verknüpfen. Die Bedingungen für unsere Schüler, dem Schulträger sei Dank, Bildung für Schüler erlebbar machen. Will jeder. Klingt gut. Ist sind hervorragend. Ich kenne nur wenige Schulen, die eine Dreifel- schwierig. Wir machen es. derhalle gleich in unmittelbarer Schulnähe haben und in denen die Schüler in Klasse 7 im Rahmen des Sportunterrichts eine zweite Klar kann man Französisch ausschließlich im Klassenzimmer ver- Schwimmart erlernen können. mitteln, aber man kann sich auch eine Partnerschule in Frankreich suchen und einen Austausch auf die Beine stellen. Klar kann man Moderne Fremdsprachen in den Mittelpunkt stellen und sprach- Händel ausschließlich im Musikunterricht behandeln, aber man begabte Schüler fördern, auch das ist von Anbeginn das Credo kann auch das Oratorium „Judas Maccabäus“ mit Schulchor und dieser Schule. Dass man in Döbeln kein klassisch humanistisches Gymnasium mit viel Latein und Altgriechisch gründet, sondern ein, für die damaligen Verhältnisse modernes, Realgymnasium, war bemerkenswert. Bewusst setzte man den Schwerpunkt auf moderne Fremdsprachen und Naturwissenschaften, welche früher als Realien bezeichnet wurden. Ich sehe den vertieften Russisch- unterricht, der zu DDR-Zeiten angeboten wurde, auch in dieser Tradition. Natürlich war er verwoben mit dem Selbstverständnis der DDR, aber am Ende wurden eine Fremdsprache und die Kul- tur eines wichtigen europäischen Landes vermittelt. Und das mit großem Erfolg. 1965 wird Annerose Probsthain Republiksiegerin bei der Russisch-Olympiade in Ost-Berlin. An der herausragenden Bedeutung des Fremdsprachenunterrichts hat sich nichts verändert. Das Lessing-Gymnasium trägt seit 2010 den Titel „Europaschule in Sachsen“, bietet mittlerweile fünf Fremdsprachen an. Es gibt bilin- gualen Unterricht, man kann drei Sprachzertifikate erwerben, wir pflegen Partnerschaften mit Schulen in der Tschechischen Republik Den Schulhof in einen kreativen Rahmen setzen - das dachte sich und in Frankreich. Im letzten Schuljahr gewannen unsere Schüler Kevin Matthes aus Klasse 12. Und nutzte dafür gleich den Neubau. „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 3
Schulorchester in der Aula aufführen, wie Studienrat Schaller es mit derselben kniffligen Aufgabe beschäftigen, solange, bis man 1929 tat. Man könnte die Palette der Beispiele fortsetzen. es draufhat. Manche Kinder kommen damit schlecht zurecht, sind schnell erschöpft und verstehen die Welt nicht mehr. Weil es ja auch Ich komme lieber zum vorletzten Buchstaben, zum „N“. „N“ wie gar keinen Spaß macht. Und dennoch ist Geduld eine wesentliche neugierig. Viele von Ihnen erinnern sich sicher noch an die DDR- Schlüsselkompetenz, die hier seit 150 Jahren vermittelt wird, ob- Unterhaltungssendung „Außenseiter. Spitzenreiter“, bei der der wohl sie nicht im Lehrplan steht. Moderator immer mit demselben Schlusssatz endete: „Bleiben Sie schön neugierig.“ Marie von Ebner-Eschenbach sagte einmal: Kinder haben oft ein gutes Gerechtigkeitsgefühl. Das weiterzuent- „Wenn Neugier sich auf ernsthafte Dinge richtet, nennt man sie wickeln ist auch eine Aufgabe von Schule. Bei der Beschäftigung Wissendrang.“ Ich glaube, dass es unsere Schule gut verstand und mit unserer Schulgeschichte war ich oft auch von kleinen Episoden gut versteht, in diesem Sinne Schüler neugierig zu machen. Zum beeindruckt. Eine davon rankt sich um die letzte jüdische Schü- Beispiel auf fremde Kulturen und Religionen im Wahlgrundkurs lerin dieser Schule Ruth Glasberg. Ihre dreizehnjährige Freundin „Jüdische Geschichte und Kultur“ und im fächerverbindenden Un- Eva Finsterbusch besuchte sie auch dann noch in der Bahnhofstra- terricht oder auf komplexe naturwissenschaftliche Phänomene im ße zum Spielen, als sie angefeindet wurde, weil sie den Kontakt Astronomie- oder Informatikunterricht. zu einer jüdischen Familie weiterpflegte. Sie wurde deshalb auf der Straße von SA-Männern angepflaumt und ist am nächsten Tag trotzdem wieder zu ihrer Freundin gegangen. Sie hat sie nicht allein gelassen. Die 12-jährige hat gespürt, dass es ungerecht ist, Men- schen auszugrenzen. Es ist gut, wenn sich Schule dem Ziel widmet, bei Schülern ein Gefühl für gerecht und ungerecht zu entwickeln. Schaut man auf die Vita ehemaliger Schüler, ist dieses Gefühl hier gut angebahnt worden. Harald Bretschneider, zuletzt Oberlandeskirchenrat, Abi- turjahrgang 1960, wollte die verlogene Politik der DDR nicht mehr unkommentiert lassen und entwickelte 1987 das Symbol „Schwer- ter zu Pflugscharen“ und den Slogan „Frieden schaffen ohne Waf- fen“. Er gilt heute als einer der Gründerväter der DDR-Bürger- rechtsbewegung, die die Grundlagen für die Friedliche Revolution 1989 legte. Viele Initiativen des Lessing-Gymnasiums heute, ich nenne als Bei- spiel die Projektgruppe „Schule ohne Rassismus, Schule mit Cou- rage“, versuchen bei Schülern jenes Gefühl für Gerechtigkeit zu LGD-Fingerspiele im Jubiläumsjahr. Für die Fotoidee von Maxi Rich- entwickeln. Unseren Namensgeber, wir starteten mit dem „L“ und ter aus der zehnten Klasse brauchte es dazu fünf Hände. sind jetzt beim „G“ gelandet, würde das freuen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Lessing-Gymnasium Neugier beschränkt sich aber nicht nur auf theoretisches Wissen, wird 150 Jahre alt. Wir freuen uns, dass Sie dieses Jubiläum ge- sondern auch auf zwischenmenschliches Interagieren. Wo lernt meinsam mit uns begehen. man das? Zum Beispiel in Klasse 9 beim Sozialen Praktikum des Lessing-Gymnasiums. Neugier auf den anderen Menschen, das Michael Höhme, 6. September 2019 Sich-Einlassen auf den Dreijährigen im Kinderhaus „Am Hollän- der“, auf die 90jährige im Seniorenpflegeheim „Berta Börner“ in Die Fotos zu diesem Artikel wurden im Rahmen eines Fotowettbe- Roßwein oder auf das syrische Mädchen aus Aleppo, das mit 5 werbs im Jubiläumsjahr von Schülern eingereicht und von einer Jahren von dort floh, ihre Kindheit in Lagern im Libanon, in der Jury prämiert. Türkei und in Griechenland verbrachte und nun bei uns in der Kör- nerplatzschule sitzt und Deutsch lernen möchte. Neugier, im Sinne von Offenheit für die Welt und für andere Menschen, ist die Grund- voraussetzung für ein gutes Zusammenleben in einer Gesellschaft, die nicht von Hass und Angst geprägt wird. Wir versuchen hier mit unserer Bildungs- und Erziehungsarbeit einen Beitrag zu leisten. Und der scheint mir wichtig zu sein – in Sachsen – im Jahr 2019. Wir sind nun beim letzten LESSING-Buchstaben angekommen. Das „G“ soll für „geduldig“ und „gerecht“ stehen. „Geduld ist das Schwerste und das Einzige, was zu lernen sich lohnt. Alle Natur, al- les Wachstum, aller Friede, alles Gedeihen und Schöne in der Welt beruht auf Geduld, braucht Zeit, braucht Stille, braucht Vertrau- en.“ hat Hermann Hesse einmal gesagt. Lernen geduldig zu sein, klingt banal, ist aber in einer Zeit, in der Kinder und Jugendliche gewöhnt sind, Probleme mit einem Wischen übers Tablet zu lösen, ein schwieriges Geschäft. Auch Erwachsene befinden sich zu oft im Katastrophenmodus, widmen sich ihrem Smartphone mehr als ihren Kindern. Unter diesen Umständen ist es nicht leicht, Schü- lern Geduld, auch Geduld mit sich selbst beizubringen. Frustra- tionstoleranz ist ein hohes Gut, eigentlich die Voraussetzung für erfolgreiches Lernen in der Schule, weil man eben in Mathematik Auch Regenpfützen haben ihren Reiz - im Foto von Sarah Voigt, nur durch fleißiges Üben zum Erfolg kommt. Sich immer wieder Leonie Kiss und Emma Simon (Klasse 8) allemal. „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 4
█ Rückblick in Bildern - das Jubiläumsjahr 2019 Beim „Lauf mit Herz“ kamen im Mai 26.900 Euro zusammen. Die „African vocals“ traten am 8. Mai mit dem Jugendchor in der Aula des Gymnasiums auf. Der Poetry-Slam-Abend begeistert viele Gäste. Die Jazzband zeigt ein ausgefeiltes Repertoire. Jubiläumsfilm feiert im September Premiere: Im Kurzfilm „Vergiß dein nicht“ werden Geschichte und Gegen- wart der Schule miteinander verknüpft. Die Welt zu Gast am LGD: Das Fremdspra- chenfest zeigt im Sep- tember die bunte Vielfalt des Sprachunterrichts. Das 17. Ballsportfest war Der Präsident des Zentral- am 12. September einer rats der Juden in Deutsch- der sportlichen Höhe- land, Dr. Josef Schuster, be- punkte im Festjahr. suchte Mitte Juni das LGD. Sterben zu Italo- Pop: Im Jubiläums- jahr wurde Lessings „Emilia Galotti“ am 26. Juni auf der gro- ßen Bühne des Dö- Musikalische Vielfalt im Jubiläumsjahr: Chöre belner Stadttheaters und Bands der Schule begeistern Ende Mai ihr aufgeführt. Publikum beim traditionellen Frühlingskonzert. „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 5
Lessings Erben ganz kreativ: Beim großen Wettbe- werbsfinale im Ap- ril werden Beiträge aus den Fächern Deutsch, Mathe- matik und Kunst vorgestellt. Festschrift zum runden Geburtstag – Auf zwei- hundert Seiten wird die Geschichte der Schule vorstellt und es werden Einblicke in das vielfäl- tige schulische Leben gegeben. Die Gymnasiasten lassen im September 150 Von Döbeln nach London - Wie geht’s Luftballons fliegen. Die Festwoche des Les- nach dem Abi weiter? – Absolventen des sing-Gymnasiums startet mit einem großem Gymnasiums stellen ihren Beruf vor und Schulhoffest. beantworten die Fragen unserer Elft- klässler. Vom Licht der Erkenntnis: In einer naturwissenschaftlichen Vorlesung werden spannen- de Phänome erklärt. Als Streichhölzer durch Döbeln lie- fen - Ein Histori- kerplausch gibt im April Einblicke in die 150-jährige Ge- schichte des Gym- nasiums. Die Kindertheater- gruppe spielte ein Stück, in dem be- kannte ehemalige Schüler des Gym- nasiums auftau- chen. Der andere Blick auf die Schule - Das Lessing-Gym- nasium hat zu sei- nem 150-jährigen Bestehen einen Fotowettbewerb Beswingt und heiter - Unter dem Motto gestartet. Die Er- „Zwanziger reloaded“ lief im Jubiläumsjahr gebnisse können der Schulball des Gymnasiums. Höhepunkt sich sehen lassen. war eine Feuershow auf dem Schulhof. „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 6
█ Herzliche Glückwünsche zu Jubiläumsgeburtstagen unseren Vereinsmitgliedern zum 94. Geburtstag 08.09. Dr. Klaus Maye (Mannheim) 04.07. Sigrid Schmidt (Kassel) 02.10. Gundula Wagner (Neu Fahrland) 06.10. Wilfried Prüfer (Döbeln) 16.10. Hans Portig (Pinneberg) 26.11. Gerhard Winkler (Remscheid) 13.12. Karl Simon (Dessau) zum 81. Geburtstag 01.07. Ulrike Weber (Döbeln zum 92. Geburtstag 04.07. Ursel Bleicher (Wetter) zum 80. Geburtstag 20.09. Dr. Dankmar-Raphael Stein (Kierspe) 04.08. Eva Günther (Döbeln) zum 91. Geburtstag zum 70. Geburtstag 20.09. Johanna Voigt (Chemnitz) 09.07. Dr. Wolfgang Gaitzsch (Düren-Birgel) 10.12. Klaus-Jürgen Friedland (Berlin) zum 89. Geburtstag 07.07. Brigitte Mogk (Gummersbach) zum 65. Geburtstag 03.08. Prof. Dr. Lothar Kny (Schöneiche) 06.07. Dr. Wolfgang Hanke (Tragnitz) 10.09. Wolfgang Albert (Ostrau) zum 88. Geburtstag 03.08. Erika Schäfer (Döbeln) zum 60. Geburtstag 28.12. Helmut Voigt (Quickborn) 09.07 Martin Wagner (Döbeln) 03.12. Sylvia Köhler (Döbeln) zum 85. Geburtstag 22.07. Dr. med. Christian Wolf (Döbeln) zum 50. Geburtstag 24.10. Brigitte Gruner (Falkensee) 16.08. Karin Wittig (Mochau) 23.12. Christine Maulbecker (Hanau) 31.10. Evelin Werchau (Döbeln) 25.11. Franka Busch (Döbeln) zum 84. Geburtstag 27.11. Sven Werner (Zschaitz) 08.08. Prof. Dr. Christian Wegerdt (Freiberg) zum 40. Geburtstag zum 83. Geburtstag 24.07. Daniel Heinrich (Döbeln) 19.07. Jochen Kieper (Wedel) 29.08. Susanne Porzig (Döbeln) 07.08. Lothar Rüdiger (Essen) 17.09. Ronny Gribowski (Lüttewitz) 31.10. Dr. Christian Meyer (Bad Pyrmont) 25.09. Kathrin Staer (Großweitzschen) 28.11. Ursula Hirsch (München) 26.09. Silvio Gatzsche (Döbeln) 08.10. Henning Homann (Döbeln) zum 82. Geburtstag 27.11. Toni Brunzel (Großweitzschen) 19.07. Bärbel Kunath (Ellwangen) Wir trauern um unsere Vereinsmitglieder Herr Herr Frau Herr Peter Löwe Volker Höhme Luise Martina Lantzsch Dr. Fritz Westien *05.02.1936 *24.10.1943 *04.06.1947 *10.04.1925 +05.07.2019 +10.08.2019 +22.05.2019 +23.01.2019 Frau Lieselotte Lohmeyer In der Dunkelheit der Trauer *15.05.1931 leuchten die Sterne der +18.12.2018 Erinnerung. „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 7
█ ENTDECKUNGEN IM TAUSENDJÄHRIGEN DÖBELN Denkmäler des Ersten Weltkriegs – Steinerne Mahnmale (3. Teil) V or hundert Jahren fand der Erste Der Architekt Franz Oswin Hempel Weltkrieg sein Ende. Er forder- te unter den Soldaten fast zehn Der Architekt des Denkmals, Oswin Hempel, ist ebenfalls ein Millionen Todesopfer und etwa 20 Mil- ehemaliger Schüler des „Staats-Realgymnasiums und der höheren lionen Verwundete. In ganz Europa ist Landwirtschaftsschule zu Döbeln“. Geboren am 13. Februar 1876 man schockiert von diesem verheeren- in Oberlützschera bei Döbeln und gestorben am 19. August 1965 den Ausmaß der Vernichtung. Auch in in Dresden, war er ein deutscher Architekt und Hochschullehrer an Döbeln hatten viele Familien den Sohn der Technischen Hochschule Dresden. oder den Vater verloren. Um der Gefal- lenen zu gedenken, wurden in verschie- Von Franz Oswin Hempel liegt eine Geburtsurkunde vom Standes- denen Stadtteilen Denkmale errichtet. amt Kiebitz vor, welche am 15. Februar 1876 verfasst wurde. Von Einige von ihnen sind erhalten, andere wurden im Verlauf der wei- dieser lässt sich entnehmen, dass seine Eltern Agnes Minna Hem- teren Geschichte wieder abgetragen. Schüler des Leistungskurses pel geb. Nietzsche und der Gutsbesitzer Hermann Franz Hempel Geschichte haben sich unter Leitung ihrer Lehrerin Katrin Niekra- waren. Beide gehörten der evangelischen Konfession an und waren wietz das Ziel gesetzt, die Geschichte dieser Denkmale in Döbeln wohnhaft in Oberlützschera Nr.3. Jedoch lässt sich aus einem Ver- zu erforschen. Unterstützt von den Döbelner Heimatfreunden ent- merk in der Geburtsurkunde erkennen, dass es nicht sicher gewesen stand eine beeindruckende Arbeit, die hier erstmals in Auszügen ist, ob die Mutter Hempels auch wirklich bei seinem Vater wohnte. vorgestellt wird. Weiterhin kann man aus ihr entnehmen, dass die Hebamme Hem- pels Franziska Erfurth geb. Tümmler gewesen ist, welche in Ober- Hanna Rose Bergmann: Ehrenmahl für die steina Nr. 23 wohnhaft war. gefallenen Schüler des Realgymnasiums Weitere Vermerke geben außerdem auch Auskunft über die Ehe- Als im Sommer 1914 der Erste Weltkrieg begann, bestand vieler- schließungen Franz Oswin Hempels. Die erste Ehe wurde am 23. orts an einem raschen und für das Deutsche Reich siegreichen Aus- März 1912 in Dresden geschlossen und ist in einer Urkunde des gang kein Zweifel. Die Kriegsbegeisterung führte dazu, dass sich Standesamtes Dresden XI Nr. 13 / 1912 vermerkt. Der Name der in den ersten Kriegsmonaten viele Männer und auch Schüler frei- Frau ist nicht bekannt. Am 2. Juli 1959 wurde seine zweite Ehe willig meldeten, um für ihre Heimat zu kämpfen. Jedoch dauerte mit Pauline Mather geb. Pass in Dresden geschlossen. Dies lässt es nicht lange, bis der Kriegsalltag immer stärker in das Leben der sich auch in einer Urkunde des Standesamtes Ost Dresden unter der Zivilbevölkerung eingriff. Die ersten Gefallenen sind zu beklagen Nummer 454 / 1959 nachweisen. Ein weiterer Vermerk zeigt, dass und die Hoffnung auf einen schnellen Sieg des Deutschen Reiches sich seine Sterbeurkunde im Standesamt Mitte Dresden Nr. 1209 / schwindet immer mehr. Zahlreiche Schüler waren nun der Gefahr 1965 befindet. ausgesetzt an die Front zu kommen. Franz Oswin Hempel ist mit der Nummer 1047 im Hauptbuch der Auch die Schüler des „Staats-Realgymnasiums und der höheren Schule vermerkt und besuchte diese von Ostern 1886 bis Ostern Landwirtschaftsschule zu Döbeln“ waren vom harten Kriegsalltag 1892. Unter dem Stichpunkt „Bestimmung“, welcher angibt, wel- betroffen und wurden an die Front geschickt. Somit hat die Doppel- chen Beruf man später ergreifen möchte, ist der Landwirt angege- anstalt, wie zahlreiche andere Schulen, auch Gefallene zu beklagen. ben. Unter dem Punkt „Bemerkung“ steht, dass er ein „Freiwilli- Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Einrichtung kam es am 5. genzeugnis“ erhalten habe. Juli 1919 zur Einweihung des Ehrenmals für die gefallenen Schüler der Schule. Diese fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung Von Hempels Leben ist weiterhin bekannt, dass er ab 1897 Archi- (1600 Gäste) statt. Das Ehrenmal wurde von ehemaligen Schülern tektur an der Technischen Hochschule Dresden und an der Akade- der Doppelanstalt gestiftet und befindet sich links vor dem Haupt- mie der Bildenden Künste Dresden studierte. Unter anderen zähl- eingang des Gymnasiums. ten Paul Wallot und Karl Weißbach zu seinen Lehrern. Außerdem absolvierte Hempel in München ab 1901 ein Malereistudium. In Dresden war er ab 1903 Mitarbeiter der Deutschen Werkstätten für Handwerkskunst. Ab 1904 arbeitete er als Assistent an der Hoch- bau-Abteilung der Technischen Hochschule Dresden. In dieser Zeit unternahm er zahlreiche Studienreisen, unter anderem nach Eng- land und Belgien. Ab 1907 lehrte er als Professor an der Techni- schen Hochschule Dresden und übernahm dort 1920 die Professur für Freihand-, Ornament- und Figurenzeichen von Fritz Schuma- cher. Er wirkte bis 1945 als Professor an der Hochschule. Außerdem war Hempel Ehrendoktor der Technischen Hochschule Dresden und Mitglied im Deutschen Werkbund (DWB) und im Bund Deutscher Architekten (BDA). Zu seinen Werken zählen unter anderem: • 1913: Villa der Textilfabrikanten-Familie Wolf mit Park in Freital-Hainsberg • 1914: architektonische Gestaltung des Schillerdenkmals auf dem Albertplatz in Dresden • 1925–1930: Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs Einweihung des Denkmals im Jahr 1919. auf dem alten Friedhof in Wurzen „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 8
• 1927–1929: Apostelkirche mit Gemeindezentrum in Dresden- Erhaltung Trachau • 1934–1937: Holzhäuser in Hellerau Das Ehrenmal besitzt einen besonderen Stellenwert, denn es hat als • 1937: Mitarbeit an der Evangelischen Lutherkirche in Crimmit- einziges Gefallenendenkmal Döbelns die Zeitläufe überdauert, ob- schau-Leitelshain wohl es auch Versuche der Beseitigung gab. Dies ist vor allem dem • 1961–1962: Anstaltskirche des Diakonissenhauses in Dresden- Verein „Ehemalige Realgymnasiasten“ zu verdanken, welcher sich Neustadt der Erhaltung des Ehrenmals angenommen hat. Auch Spenden vor • mehrere Kriegerdenkmäler allem aus den alten Bundesländern und die Unterstützung durch das Schulamt Döbeln und die Denkmalschutzbehörde Leipzig sorg- Gestalt des Denkmals ten dafür, dass das Denkmal immer in einem ehrwürdigen Zustand erhalten blieb. Das Ehrenmal, welches aus Sandstein besteht, ist aufgebaut aus fünf Tafeln, welche die Namen der gefallenen Schüler enthalten. Die Bedeutung des Denkmals heute Darüber befindet sich ein Gebälk, welches von zwei Säulen ge- stützt wird. Somit enthält das Denkmal architektonische Elemente Das Denkmal ist heute vor allem als Mahnmal zu verstehen. Es gibt aus der griechischen Architektur korinthischer Ordnung. Weiterhin Hinweise auf die gesellschaftlichen Hintergründe und wird so zum sind aber auch typische Elemente des Jugendstils (ca. 1880 – 1920) zeitgeschichtlichen Zeugnis. Der Betrachter wird dazu angehalten zu erkennen, wie die Ornamente im oberen Teil der Sockel und sich aktiv mit der Vergangenheit, im speziellen der des Gymna- am oberen Teil des Gebälks. Hier wurden außerdem zwei Figuren siums, auseinanderzusetzen und über den dargestellten Inhalt des angebracht. Zum einen ein Engel, welcher eine Fackel hält und zum Denkmals nachzudenken. Besonders bei Ehrungen wird versucht anderen ein Soldat, erkennbar an der Kopfbedeckung, welcher ein Schwert hält. Diese beiden Figuren stellen den Mut der Soldaten für das Heimatland zu kämpfen und das Gedenken an diese dar. Außerdem ist auch das Ehrenkreuz erkennbar, welches auf Bestre- ben des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gestiftet wurde und die erste staatliche Auszeichnung zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg war. Des Weiteren kann man an der linken Außenseite den Namen des Architekten Franz Oswin Hempel erkennen. Thema des Denkmals Das Denkmal enthält die Namen aller gefallenen Schüler des „Staats-Realgymnasiums und der höheren Landwirtschaftsschule zu Döbeln“ von 1914 bis 1918. Insgesamt fielen 174 Schüler der Schule dem Ersten Weltkrieg zum Opfer. 1914 fielen 34 Schüler, 1915 27 Schüler, 1916 25 Schüler, 1917 28 Schüler und 1918 50 Schüler an der Front. Außerdem ist bekannt, dass 1915 insgesamt 352 Schüler und 1916 374 Schüler und zehn kriegsbeurlaubte Schüler an der Schule waren. Diese Zahlen sind Das Denkmal heute. im folgenden Diagramm dargestellt. den Bezug zu dem gegebenen Anlass und den davon betroffenen Opfern aufzuzeigen. So soll ein symbolischer Dialog zwischen dem mahnenden „Stein“ und jenen Bürgern, die sich bewusst zur Eh- rung eingefunden haben, entstehen. Ehrungen finden zum Vereinstreffen des Traditions- und Förder- verein e.V. Ende September/Anfang Oktober jeden Jahres und zu Jubiläen statt. Teil nehmen, dem Anlass entsprechend, angereiste Mitglieder des Vereins. Dazu kommen ehemalige Schüler, die zur Verleihung des Goldenen und Diamantenen Abiturs eingeladen wurden. Zu den Ehrungen erfolgt eine Gedenkansprache, wo auf aktuelle Bezugspunkte in Verbindung mit dieser Ehrung hingewie- sen wird. Danach erfolgt die Kranzniederlegung durch Mitglieder des Vorstandes. Das Gedenken an den Ersten Weltkrieg spielt somit im Traditions- und Förderverein des Gymnasiums noch immer eine Rolle. Veranschaulichung der Anzahl der gefallenen Schüler Heute, einhundert Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und Ehrungen nach dem Zweiten Weltkrieg, steht neben der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auch das Pflegen von Partnerschaften zwi- Besonders in der Zeit der Weimarer Republik, aber auch später, schen europäischen Staaten und auch Schulen im Mittelpunkt. Zu war das Gedenken an die gefallenen Schüler der Schule ein fes- erwähnen ist hier der Besuch französischer Schüler aus Evron am ter Bestandteil im Schulalltag. Es gehörte zur Tradition, dass die Gymnasium. Vor einhundert Jahren wäre das undenkbar gewesen. Abiturienten nach bestandener Reifeprüfung in ehrendem Geden- Auch nach dem Zweiten Weltkrieg hat es großer Anstrengungen ken Kränze vor das Ehrenmal legten. Seit 1991 gibt es aus Anlass bedurft, um das freundschaftliche Verhältnis zu entwickeln. Heu- der wieder durchgeführten Vereinstreffen in jedem Jahr eine Kranz- te gestaltet die Partnerschaft von Paris und Berlin die europäische niederlegung vor dem Denkmal. Idee. „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 9
█ ALLES HAT SEINE ZEIT - HEIKE GEISSLER VERLÄSST DAS LGD „Lauf mit Herz“ eingingen, wurden verbucht und Spendenquittun- I ch erinnere mich noch ziemlich genau. Als Matthias Müller 2010 unerwartet starb, verloren wir das wichtigste Bindeglied gen erstellt. Die gesamten Zuweisungen aus der Ganztagsschul- zwischen Verein und Schule. Schnell stand die Frage: Wie geht förderung des Freistaates Sachsen wurden finanztechnisch über es weiter? Heike Geißler, damals gerade frischgebackene stellver- den Förderverein abgewickelt. Allein bei diesen beiden „Groß- tretende Schulleiterin des Gymnasiums, ließ sich nicht lange bitten projekten“ reden wir über einen riesigen finanzbuchhalterischen und übernahm seitdem für Schule und Verein eine wichtige Rol- Aufwand, der „hinter den Kulissen“ nötig ist, damit Schulprojekte le. Man könnte viel über das Engagement Heike Geißlers für den verwirklicht werden können. Die Verantwortung für das Konto war Traditions- und Förderverein berichten. Zwei Beispiele sollen es keine öffentlichkeitswirksame Arbeit, sie war nicht mit Glamour verdeutlichen: verbunden, aber sie war für die positive Entwicklung der Schule in den letzten 10 Jahren von entscheidender Bedeutung. Vielen Ehemaligen und vielen Mitgliedern des Fördervereins wird sie vor allem als Cheforganisatorin des Goldenen und des Diaman- Wir danken Heike Geißler für ihr jahrelanges Engagement für den tenen Abiturs in Erinnerung bleiben. Mit detektivischem Spürsinn Förderverein der Schule und wünschen ihr für ihre neue Tätigkeit recherchierte sie die Adressen unserer Ehemaligen und stellte in als Schulleiterin des Martin-Luther-Gymnasiums Hartha viel Er- jedem Jahr ein aufwendiges Programm zusammen. Die Goldenen folg. und Diamantenen Abiturienten konnten sich freitags über einen Be- Michael Höhme grüßungsabend an ihrer alten „Penne“ freuen, wurden Sonnabend durch die Schule geführt, erlebten eine Festveranstaltung, bei der Erinnerungsfotos geschossen und Jubiläumsurkunden überreicht wurden. Seinen Abschluss fand der Tag beim Zusammensein im Ratskeller oder in den letzten Jahren in der „Weißen Taube“. Sonn- tags wurde eine Exkursion organisiert und es bestand die Mög- lichkeit eine Sehenswürdigkeit der näheren Umgebung neu ken- nenzulernen. Zu Recht kann das Vereinstreffen im Herbst als das Herzstück der Arbeit des Fördervereins bezeichnet werden. Dass Heike Geißler die Organisation desselben zehn Jahre lang fest in ih- ren Händen hielt, ist eine große Leistung, für die sich der Vorsitzen- de des Fördervereins VF Reinhard Zerge bei einer Verabschiedung Heike Geißlers am 04.07.2019 herzlich bedankte. Für das Gymnasium war es ein großes Glück, dass Heike Geiß- ler auch die Führung des Schul- und Spendenkontos übernahm. Es gab kaum eine schulische Aktivität, die nicht von den finanziellen Möglichkeiten profitierte, die sich über den Förderverein ergaben. Dr. Christian Wolf überreicht Heike Geißler während der Mitglieder- Beispiele gefällig: Hunderte Spenden, die bei unserem jährlichen versammlung 2017 eine alte Schülermütze des Gymnasiums. █ LICHT UND SCHATTEN LIEGEN NAH BEIEINANDER - VEREINSTREFFEN 2019 Das Vereinstreffen der Mitglieder des Traditions- und Fördervereins des Lessing-Gymnasiums Döbeln e.V. war ein - erwartet - gelun- gener Höhepunkt im Jubiläumsjahr. Bereits der Begrüßungsabend stellte die Gäste vor die Qual der Wahl: naturwissenschaftliche Vorlesungen der Fachlehrer mit interessanten Experimenten aus dem Bereich der Physik und der Chemie, die alle Anwesenden in ihren Bann zogen, oder ein heimatgeschichtlicher Vortrag von Jür- gen Dettmer, der seine Erkenntnisse zum Verlauf der friedlichen Revolution 1989 hier in Döbeln erstmalig einem größeren Publi- kumskreis vorstellte. Der Samstag begann mit unserer traditionellen Kranzniederlegung. Die Vertreter des Goldenen und Diamantenen Abiturs erschienen zahlreich, um die Wertigkeit des Gedenkens, gerade jetzt und in unserem mitunter verschreckendem Alltag, zu unterstreichen. Die Festveranstaltung in der Aula und das schon traditionelle gemütli- che Beisammensein in der „Weißen Taube“ gab den Jubilaren einen Während der Feierstunde in der Aula überreicht Schulleiter Michael würdigen Rahmen mit ausreichend Gelegenheit, an Vergangenes zu Höhme die Urkunden zum Goldenen Abitur. erinnern. Zurück zum Alltag – mitten im Leben. Zur Mitglieder- versammlung im Anschluss an die Kranzniederlegung standen wir ein so stark wie nie zuvor. Die Beiträge, die wir an den Schüler- plötzlich ziemlich allein. 16 Mitglieder, alles Mitbürger, die auch förderfond überweisen, sind existenziell wichtig, um den bunten sonst sehr aktiv im gesellschaftlichen Leben stehen, waren gekom- Strauß der Aktivitäten, insbesondere bei den Ganztagsangeboten men, um die Jahresveranstaltung ihres – unseres – Traditions- und der Schule zu unterstützen. Die schulischen Ergebnisse unserer Fördervereins mit zu gestalten. Das ist neuer trauriger Rekord. Wir Gymnasiasten sind - fast schon traditionell - beachtlich und besser haben aber gleichzeitig auch einen anderen Rekord zu vermelden: als im sächsischen Durchschnitt. Die Schule leistet eine hervorra- mit 429 eingetragenen und zahlenden Mitgliedern ist unser Ver- gende Arbeit. Davon konnte man sich nicht nur bei den zahlreichen „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 10
Veranstaltungen im Festjahr überzeugen. Davon künden solche Ti- tel wie „Europaschule in Sachsen“, „SmartSchool“, „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, „Schule mit Idee“ und weitere Titel, die nicht zufällig zu unseren Markenzeichen zählen und im- mer wieder erobert werden. Tolle Sache! Wir sind stolz, dass unser Verein einen kleinen Beitrag dazu leisten kann. Andererseits bedrückt es uns aber auch, dass es in unseren Reihen niemanden aus der aktiven Elternschaft im Vorstand gibt. Der alte Traditionsverein hat über viele Jahre die Fahne hoch gehalten und solide Grundlagen geschaffen. Mit der Umstrukturierung, mehr in Richtung Förderverein, haben wir uns gern dieser Plattform bedient und die Voraussetzungen für das heutige, erfolgreiche Wirken für die Interessen der Schule geschaffen. Jetzt ist es an der Zeit, Eltern- schaft und Lehrer verstärkt einzubinden, den Verein in eine neue Epoche mitzunehmen. Wir brauchen neue Formate, um auch zu- künftig in die Zeit zu passen. 50 Jahre nach dem Abitur folgten 70 Absolventen dem Ruf ihrer Schule und trafen sich zur Verleihung des Goldenen Abiturs. Dazu müssen wir alte, vielleicht auch lieb gewonnene Zöpfe ab- schneiden, um neue Ideen wachsen zu lassen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: niemand will die gute alte Tradition über Bord werfen. Um die Zukunft erfolgreich zu gestalten ist es ganz wich- tig, die Geschichte zu kennen und vernünftig einzuschätzen. Unser Schulmuseum ist ein echtes Schätzchen und beredtes Zeugnis da- für. Aber damit unser Verein weiter wachsen und gedeihen kann, brauchen wir neue Wege, auf denen wir die jungen Menschen mit- nehmen können. Vielleicht nur für eine kurze Zeit, so lange die Kinder an unserer Schule sind. Gern auch für länger. Ein weiteres richtig schönes Element echter sächsischer Tradition haben wir am Sonntag in Meißen mit der Porzellan-Manufaktur erleben dürfen. Die dort geleistete Arbeit ist klasse. Weltspitze. Atemberaubend schön. Und auch dort wird es immer schwieriger diese kleine heile Welt am Leben zu erhalten, wie wir in einer hochemotionalen Füh- rung erfahren mussten. Ein echt gelungener Ausflug nach Meißen. Ach ja. In unserem Bus wäre noch viel Platz gewesen… 31 Diamantene Abiturienten fanden 60 Jahre nach ihrem Schulab- Hubert Paßehr schluss den Weg zurück nach Döbeln. Bei der Mitgliederver- sammlung in der Schulbib- liothek wurde ein Rückblick auf die Feier- lichkeiten des 150. Schul- jubiläums gegeben. Beim Begrüßungsabend in der Schule wurden unsere Absolventen Die Exkursion führte nach Meißen. Eine Führung durch die Porzel- zu einer naturwissenschaftlichen Vorlesung eingeladen. lanmanufaktur gab interessante Einblicke. „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 11
█ AUS DER SCHULSTADT BERICHTET vollem Gang. Ende des Jahres gibt es noch einmal eine Umstellung. Gakendelle ist Geschichte - die neue B 175 Dann soll ein noch fehlendes Stück Straße vom Gewerbegebiet Ost Ia zur Brücke gebaut werden. Dann wird der Verkehr zum Ge- Seit Anfang Oktober ist die Bundesstraße B 175 auf ganzer Strecke werbegebiet 1b und nach Mochau noch einmal für kurze Zeit über freigegeben. Somit kann endlich der gesamte Abschnitt zwischen die Chausseehauskreuzung geführt. Zeitgleich zum Ausbau der dem Kreisverkehr Dresdener Straße, am Chausseehaus vorbei bis Kreuzung hat auch der Rückbau der alten B 175 begonnen. Der ist zur Autobahnanschlußstelle Döbeln Ost befahren werden. Wie kein zu großen Teilen im November erfolgt und die alte Bogenbrücke anderes Bauvorhaben hat es ewig gedauert und die vorgestellten über den Bielbach konnte bereits entsorgt werden. Der alte Trassen- Planungsentwürfe fanden wenig Sympathie bei den Autofahrern verlauf bleibt nur in bestimmten Abschnitten als Wirtschaftsweg er- und Anliegern. Umso bemerkenswerter ist das befahrbare Resultat. halten. Bis Ende des Jahres sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Hier kann man sehr einhellig von Anerkennung und einer gelunge- Dann wird das Lasuv im Auftrag des Bundes mehr als 16 Millionen nen Verkehrsführung sprechen. Die neue B 175 passt zu Döbeln, Euro für den Ausbau der Straße auf einer Länge von 2,3 Kilometern wird voll angenommen und entschärft viele der heiklen Probleme über einen Zeitraum von zwei Jahren ausgegeben haben. Der Land- der ehemaligen Gake. Mehr Sicherheit für alle Autofahrer, ein gu- kreis Mittelsachsen und die Große Kreisstadt Döbeln sind finanziell tes Gefühl! an dem Bauvorhaben beteiligt. Der Anteil des Landkreises beträgt 1,2 Millionen Euro. Die gleiche Summe muss für das Verlegen von Abgeschlossen sind die Bauarbeiten noch nicht ganz. Momentan Ver- und Entsorgungsleitungen des Abwasserzweckverbandes, des laufen die Aktivitäten beim grundhaften Ausbau der Anschlussstra- Wasserverbandes Döbeln- Oschatz und der Stadtwerke Döbeln ein- ße nach Zschäschütz und des provisorisch hergestellten Abschnittes gerechnet werden. bei A.T.U. am Gewerbegebiet. Die Eröffnung des ersten neuen Teil- abschnittes der B 175 erfolgte am Montag, den 05. August 2019, unspektakulär. Ganz ohne Bändchendurchschneiden von Politikern Polizeirevier wird Energiesparwunder selbst in Zeiten des Wahlkampfs. Nach 9 Uhr versammelten sich Vertreter zuständiger Fachämter des Landesamtes für Straßenbau Der blickdichte Bauzaun steht schon. In Kürze werden die Arbeiten und Verkehr (Lasuv), von Kreis und Stadt und der Baufirma auf am neuen Polizeirevier in Döbeln zwischen Grimmaischer Straße der neuen Brücke über die B 175. Eine Kehrmaschine der Strabag und Eichbergstraße beginnen. Rund 8,5 Millionen Euro steckt der schrappt bei laufendem Verkehr noch den Dreck der letzten Monate Freistaat in das neue Gebäude. „Früher hat man ein Polizeirevier von der Straße. Absperrungen wurden auf die alte B 175 gestellt, für die Hälfte gebaut“, sagte Peter Voit, Niederlassungsleiter des andere weggenommen. Um 9.35 Uhr bretterte das erste Auto die Staatsbetriebs Immobilien- und Baumanagement (SIB). Er stellte lange Gefällestrecke von der Autobahnanschlussstelle Döbeln Ost das Projekt dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretsch- hinunter bis zu den Gewerbegebieten. mer (CDU) und anderen Gästen vor. Für die hohen Kosten gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind es die deutlich gestiegenen Bau- Dort endet der freigegebene Abschnitt vor der Chausseehauskreu- preise – in einigen Gewerken bis zu zehn Prozent in einem Jahr, zung. Denn mittendrin fehlen noch hundert Meter Straße, die bis sagte Voit. Zum anderen steckt das Haus für mehr als 80 Polizisten Ende September fertig werden sollen. So nimmt der gesamte Ver- voller Technik. Allein die kostet zwei Millionen Euro. Außerdem kehr von der Bundesstraße weiter die Umleitung durchs Gewerbe- sei der Bau sehr nachhaltig und ökologisch geplant. gebiet Ost Ia. Dazu ist am Montag auch die neue Brücke über die Bundesstraße in Betrieb genommen worden. Mit der Straßenfreiga- „Wir übertreffen die Energiesparverordnung um 35 Prozent“, sagte be ist eine Ära zu Ende gegangen. Die „Gake“, besser, die Gaken- Voit. Das rechne sich über die Jahre durch die eingesparte Ener- delle, wird aus dem Bewusstsein der Döbelner verschwinden. Vor gie. Auf dem Dach hat das Haus eine Photovoltaikanlage für die weit über 100 Jahren war die Chaussee angelegt worden, die im Eigenversorgung mit Strom. Eine effiziente Solewärmepumpe soll rechten Winkel das Tal des Bielbachs durchquert. Damals war das im Winter für Wärme und im Sommer für Kühlung sorgen. Der ein enormer Fortschritt, heute genügt die Straße den Anforderun- Bau wird hochwertig ausgeführt. Die nächsten 100 Jahre kann er gen nicht mehr. Geringe Straßenbreite, schlechte Sichtverhältnisse genutzt werden, schätzte Voit ein. Als Dreigeschosser soll er sich und enorme Gefälle und Steigungen sorgten dafür, dass sich viele angenehm zwischen der Wohnbebauung und den Gewerbebetrie- Unfälle ereigneten und im Winter liegengebliebene Laster die Stra- ben der Umgebung einfügen. Er bekommt im Erdgeschoss eine ße blockierten. verklinkerte Fassade, im Obergeschoss eine Fassade aus anthrazit- farbenen Faserbetonplatten. In einem Seitengebäude kommen acht Bis Ende des Jahres wird das Lasuv die Lücke im Straßenverlauf Einsatzfahrzeuge unter und ein Notstromaggregat. schließen. An der Chausseehauskreuzung sind die Bauarbeiten in Bei der Bauzeit ist der Niederlassungsleiter vorsichtig. Geplant ist die Fertigstellung für Herbst 2021. Aber schon die ersten beiden Ausschreibungen seien schwierig gewesen und hatten zu Verzöge- rungen geführt. Problematisch ist auch der Baugrund, denn er ist nicht tragfähig genug. Der Bau wird auf 260 sogenannten Rüttel- stopfsäulen aus Schotter gestellt, die zehn Meter in den Untergrund reichen. „Ich habe es mal ausgerechnet. Wir brauchen dafür 100 bis 125 große Lkw-Ladungen Schotter“, sagte Voit. Auf einen Keller verzichtet der Bauherr, weil der nicht nur teuer ist, sondern auch wegen des möglicherweise steigenden Grundwasserspiegels bei einem Hochwasser. Denn hochwassersicher soll das Revier dieses Mal werden. 2002 und 2013 war das alte Revier wegen Überflutung nicht einsatzfähig, die Führung musste in ein Ausweichquartier um- ziehen. „Wir wollen in der Krise unsere Kraft aber zu 100 Prozent für die Bürger einsetzen“, sagte die Chemnitzer Polizeipräsidentin Die neue B 175 aus der Vogelperspektive. Seit Anfang Oktober rollt Sonja Penzel. Der Schaden am Revier hatte 2013 bei rund 600 000 der Verkehr auf der neuen Strecke. Euro gelegen. „Wir mussten komplett bei null anfangen.“ „Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln“ e.V. Mitgliederinformation Nr. 57 vom 20. Dezember 2019 Seite 12
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