Literatur|Kultur 2018|2019 - Wilhelm Fink - Wilhelm Fink Verlag
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2 Autorinnen und Autoren Adamowsky, Natascha 53 Harzer, Friedmann 75 Rinck, Monika 30 Adler, Hans 22 Heeschen, Volker 71 Runge, Philipp Otto 64 Albracht, Miriam 13 Heimgartner, Stephanie 58 Rychterová, Pavlína 41 Albrecht, Andrea 68 Heller, Jakob Christoph 20 Sauer-Kretschmer, Simone 58 Allkemper, Alo 74 Helmbold, Ludwig 41 Schirren, Thomas Carl 67 Amslinger, Julia 8, 35 Herrmann, Britta 57 Schlegel, August Wilhelm 69 Anderson, Inga 57 Homann, Andreas 49 Schlegel, Friedrich 66, 67 Annuß, Evelyn 6 Hörisch, Jochen 8 Schmidt, Roman Léandre 30 Arweiler, Alexander 17 Hornuff, Daniel 58 Schmitz-Emans, Monika 44 Asendorf, Christoph 28 Huizinga, Johan 48 Schmitz-Esser, Romedio 55 Assmann, Aleida 47 Humboldt, Wilhelm von 71 Schneider, Marlen 52 Assmann, David-Christopher 51 Husel, Stefanie 48 Schnyder, Mireille 53, 54 Assmann, Jan 46, 47 Jablonski, Heike 73 Schöning, Andrea 50 Bakshi, Natalia 44 Jost, Torsten 37 Schröter, Julian 62 Balint, Iuditha 13, 50 Jürgensen, Christoph 60 Schubert, Caroline 32 Bartl, Andrea 40 Jütte, Robert 55 Schuller, Marianne 12 Bartuschat, Johannes 53, 54 Karczmarzyk, Nicole 49 Schumacher, Regine 75 Baumann, Christiane 61 Kasper, Norman 21 Sinning, Glenna 21 Becker, Katrin 33 Kaulbarsch, Vera 28 Söffner, Jan 42 Benne, Christian 68 Keller, Thomas 43 Sollte-Gresser, Christiane 52 Blamberger, Günter 4, 30 Kellner, Beate 10 Sorg, Reto 9 Born, Marcus Andreas 5 Kemper, Dirk 44 Steinhart, Matthias 73 Börnchen, Stefan 11 Kerschbaumer, Sandra 69 Steurer, Hannah 56 Breitenwischer, Dustin 55 Keuper, Ulrike 54 Stiegler, Bernd 9 Bross, Martina 72 Kimmich, Dorothee 5 Stocker, Peter 9 Bruendel, Steffen 24 Kirchmeier, Christian 68 Strohschneider, Peter 4 Burck, Joachim a 41 Klein, Jürgen 23 Strowick, Elisabeth 7 Büttner, Christoph 19 Klimek, Sonja 60 Stutterheim, Kerstin 42 Caduff, Corina 39 Klocke, Sonja E. 22 Taškenov, Sergej 44 Chaitas, Linda 72 Knödler, Stefan 69, 70 Thanner, Veronika 7 Cuonz, Daniel 29 Koerrenz, Ralf 65 Theile, Gert 21 Detering, Heinrich 30 Kolle, Andreas 14 Thurn, Nikolaus 41 Dierkes, Hans 66 Komorowska, Agnieszka 29 Tietz, Christiane 70 Dieter, Anna-Lisa 26 Kopca, Natalija 43 Till, Dietmar 70 Dingeldein, Hannah 13 Kössinger, Norbert 41 Trabant, Jürgen 12, 71 Doering, Sabine 16 Kraus, Martin 40 Tschachtli, Sarina 36 Dröscher-Teille, Mandy 25 Kreuder, Friedemann 48 Unger, Thorsten 19 Durst, Uwe 52 Kreuzer, Stefanie 52 Utz, Peter 15 Efimova, Svetlana 32 Krotz, Elke 41 Vielberg, Meinolf 73 Eke, Norbert O. 74 Krüger, Tobias 39 Vogel, Juliane 35 Erhardt, Sonja 43 Kunz, Tanja Angela 38 Vogl, Joseph 7 Erk, Corina 40 Lachmann, Tobias 45 Vöhler, Martin 16 Erlinghagen, Armin 67 Lang, Bernhard 65 Wälchli, Tan 39 Ernst, Thomas 34 Lange, Martin 18 Walzer, Dorothea 7, 31 Erwig, Andrea 27 Lepper, Marcel 33 Warstat, Matthias 4 Estelmann, Frank 24 Lichtenthal, Julia 56 Weber, Sabine 17 Fabré, Sven 14 Lillge, Claudia 19 Weiher, Frank 13 Fangerau, Heiner 58 Lindorfer, Bettina 71 Weinkauff, Gina 74 Ferran, Íngrid Vendrell 62 Lück, Christian 34 Werlitz, Julian 38 Fetscher, Justus 13 Lüscher, Kurt 9 Werner, Klaus Ulrich 32 Fischer, Saskia 36 Marchal, Hugues 53, 54 Wesche, Jörg 35, 37 Folie, Ulrike 71 Matuschek, Stefan 69 Westerwelle, Karin 17, 20 Franke, Ursula 61 Mauz, Andreas 70 Wetters, Kirk 68 Franz, Michael 16 Max, Katrin 25 Wetzel, Michael 56 Freimuth, Axel 4 Mayer, Mathias 38 Weyand, Björn 19 Fromholzer, Franz 35, 38 Mein, Georg 34 Wichert, Lasse 24 Gann, Thomas 12 Mix, York-Gothart 64 Zilles, Sebastian 13 Gehrlach, Andreas 5 Müller, Stephan 41 Zimmer, Frank 71 Geisenhanslüke, Achim 6 Müller-Tamm, Jutta 32 Zittel, Claus 5 Geist, Kathrin 40 Müller-Wille, Klaus 31 Gess, Nicola 53, 54 Narr-Leute, Sabine 56 Gilbert, Annette 22 Nesselhauf, Jonas 23 Gisbertz, Anna-Katharina 13 Nickenig, Annika 29 *Einige unserer Titel stehen zum Glasenapp, Gabriele von 74 Nohe, Hanna 15 Abonnement zur Verfügung. Die Goth, Sebastian 30 Oster, Patricia 51 Abonnementpreise sind jeweils Gotterbarm, Mario 70 Otto, Barbara 67 angegeben. Die Frist für das Graziadei, Daniel 27 Pfeifer, Annie 9 Abonnement endet mit dem Grizelj, Mario 10 Pfeiffer, Helmut 18 Erscheinen des letzten Bandes Grünewald, Jennifer 43 Piotrowski, Carolin 19 des Werkes/der Reihe. Haehling, Raban von 73 Plaggenborg, Stefan 45 Hansen-Löve, Aage A. 26 Reinstädler, Janett 51 Hardtke, Thomas 11 Retzlaff, Stefanie 15
3 Liebe Freundinnen und Freunde unserer Verlage, wir freuen uns, Ihnen unseren ersten gemeinsamen Prospekt für Literatur- und Kulturwissenschaften zu präsentieren. Auf den folgenden Seiten fijinden Sie eine aktuelle Auswahl von Titeln der Verlage Wilhelm Fink, mentis und Ferdinand Schöningh, sowie eine utb-Auswahl. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Stö- bern. Ihr Brill Deutschland – Team INHALT Wilhelm Fink S. 4-58 S. 59-62 S. 63-73 S. 74/75
4 Matthias Warstat Günter Blamberger, Axel Freimuth, Soziale Theatralität Peter Strohschneider (Hg.) Die Inszenierung der Gesellschaft Vom Umgang mit Fakten In aktuellen Debatten wird Gesellschaft Antworten aus Natur-, Sozial- und oft zu jenen großen Erzählungen ge- Geisteswissenschaften rechnet, die vom Poststrukturalismus erfolgreich verabschiedet wurden – zu Mit der Rede von „alternativen Fakten“ Unrecht; ihre sinnliche Erfahrung ist an treten Fragen nach legitimen Wahr- Theatralität gebunden. Nicht abstraktes heits- und Wissensansprüchen auf den Wissen, sondern konkrete Bilder und Plan, deren gesellschaftliche Klärung Szenen vermitteln uns das Gefühl, in ei- von unbedingter Relevanz ist. ner Gesellschaft zu leben. Was für eine Art von Theater wird im sozialen Leben Welche Rolle spielen die Wissenschaf- gespielt? ten und ihr Vermögen, methodisch ver- lässliches Wissen zur Urteilsbildung Wie tragen die Einzelnen durch ihr the- verfügbar zu machen? Wie kann Wis- atrales Handeln zur Darstellung von senschaftsfeindlichkeit abgebaut wer- Gesellschaft bei – und was für eine Ge- den und wie kann das Vertrauen zwi- sellschaft entsteht auf diese Weise? In schen Wissenschaft und Gesellschaft zentralen Positionen aus der Sozialthe- bewahrt werden, ohne populistischen orie der Moderne sind theatrale Denk- Vereinfachungen und Engführungen fijiguren überdeutlich präsent. Das Buch Raum zu geben? Das ist die zentrale verfolgt diese Linie bis zu prägenden Fragestellung dieses Sammelbandes, Positionen der letzten Jahrzehnte, um auf die renommierte deutsche Natur-, daraus ein eigenes Verständnis gesell- Geistes- und Sozialwissenschaftler*in- schaftlicher Theatralität zu entwickeln. nen mit Fallstudien aus ihrer eigenen Disziplin zu antworten versuchen. 2018. ca. 240 Seiten, 2018. 277 Seiten, kart. Festeinband € 49,90 € 39,90 ISBN 978-3-7705-6310-4 ISBN 978-3-7705-6381-4
5 Marcus Andreas Born, Andreas Gehrlach, Claus Zittel (Hg.) Dorothee Kimmich (Hg.) Literarische Denkformen Diebstahl! Zur Kulturgeschichte eines Der traditionell behauptete Gattungs- Gründungsmythos unterschied von wahrheitsorientierter philosophischer Prosa und fijiktionaler Kaum ein kulturwissenschaftliches The- Literatur stellt sich nicht zuletzt dann ma wurde im zwanzigsten Jahrhundert als problematisch heraus, wenn For- umfassender untersucht als die Gabe. men des Denkens und Erkennens aus Ihr Gegenstück, der Diebstahl, ist al- der Betrachtung herausfallen, die sich lerdings erst ansatzweise erforscht. Die keinem der beiden Modelle zuordnen Beiträge dieses Bandes vereinen inter- lassen. nationale und interdisziplinäre Perspek- Das Konzept der „Literarischen Denk- tiven auf den Diebstahl. formen“ soll dazu dienen, philosophi- Zu allen Zeiten waren Diebe nicht nur sche und literarische Modi des Erken- eine Bedrohung für Eigentum, Macht nens gleichermaßen einzufangen. Die und Ordnung, sondern sie traten im- Leitfragen der vorliegenden Analysen mer auch als wirkmächtige Kultur- sind somit, ob und auf welche Weise gründer auf. Neben den in diesem Band philosophische Texte auf „dichterische“ herausgearbeiteten soziologischen, po- Mittel angewiesen sind und inwiefern litologischen, philosophischen und kri- Literatur in Philosophie umschlägt, minologischen Aspekten des Dieb- wenn man sich denkend in sie versenkt. stahls verdeutlichen die Untersuchun- gen, dass es sich bei Diebstählen und verwandten Verbrechen auch um Er- zählungen von ebenso illegitimen wie erfolgreichen Aneigungsstrategien, um heimliche Rebellion und um ambiva- lente Bewunderung für kriminelle Hel- den handelt. 2018. 329 Seiten, 2018. 297 Seiten, 2 s/w Abb., 1 s/w Tab., kart. 10 s/w Abb., kart. € 59,00 € 49,90 ISBN 978-3-7705-6184-1 ISBN 978-3-7705-6058-5
6 Evelyn Annuß Achim Geisenhanslüke Volksschule des Theaters Die Sprache der Infamie II Nationalsozialistische Massenspiele Literatur und Niedertracht Als Volksschule des Theaters werden Die Geschichte der Infamie ist die der populistische Massenspiele nach der Verfemten, die aufgrund ihrer fragwür- Machtübernahme entwickelt. Modern digen Lebensweise, des Verstoßes ge- choreographiert, sollen sie das kollekti- gen soziale Normen und Vorgaben aus ve Bedürfnis hervorrufen, formiert und der Gesellschaft ausgeschlossen wer- geführt zu werden. Dabei allerdings den. Dieses Buch legt den Schwerpunkt wandelt sich ihre Ästhetik grundlegend auf den zwischen Recht, Moral und Po- von einem chorischen Theater, das von litik schillernden Begrifff der Nieder- der Liturgie und vom kollektiven Auf- tracht. treten her gedacht wird, zum spektaku- lären Event. Es thematisiert die Figurationen der Niedertracht auf dem Theater von So zeugt die bislang ungeschriebene Shakespeare über Schiller und Kleist Formgeschichte dieser Massenspiele ex- bis zu Büchner, bevor sie anhand von emplarisch von veränderten afffektpoli- ausgewählten Texten sich dem Zusam- tischen Regierungskünsten im National- menhang von Niedertracht, Sexualität sozialismus. Nach deren Formspezifijika und Religion in der Literatur der Mo- und Fortleben fragend, untersucht Eve- derne zuwendet. lyn Annuß die gouvernementale Dimen- sion des NS-Massentheaters, analysiert Vom selben Autor: zeitgenössische mediale Dispositivwech- sel, internationale wie innenpolitische Die Sprache der Infamie Konkurrenzen und die widersprüchli- Literatur und Ehrlosigkeit che Relation zwischen Propaganda und künstlerischer Avantgarde. 2014. 296 Seiten, kart. € 41,90 ISBN 978-3-7705-5671-7 2018. ca. 560 Seiten, 129 s/w und 27 farb. Abb., kart. 2018. 240 Seiten, kart. € 49,90 € 49,90 ISBN 978-3-7705-6373-9 ISBN 978-3-7705-6297-8
7 Elisabeth Strowick Veronika Thanner, Joseph Vogl, Dorothea Walzer (Hg.) Gespenster des Realismus Zur literarischen Wahrnehmung von Die Wirklichkeit des Wirklichkeit Realismus Die Gespenster des Realismus – so die Die emphatische Bezugnahme realis- These – sind Gespenster der Moderne. tischer Texte und Kunstformen auf Nicht nur situieren die Wahrnehmungs- ein ominöses „Wirkliches“ provoziert gespenster Realismus in epistemischen Nachfragen: Warum häufen sich gerade Formationen der Moderne; aus ihrem dort, wo der Bezug zur Wirklichkeit ex- Bezug zum Gespenstischen generieren plizit gemacht wird, darstellerische Un- realistische Texte zudem eine moderne schärfen, blinde Flecken und pararea- Poetologie und Epistemologie. listische Elemente? Die Studie untersucht Wahrnehmung Gerade in diesen prekären Wirklich- dabei als grundlegendes Darstellungs- keitsbezügen identifijiziert der Band zur und Experimentierfeld der Literatur des „Wirklichkeit des Realismus“ mit Bei- Realismus. Wie die Lektüren der Insze- trägen von Elisabeth Strowick, Hal Fos- nierung von Wahrnehmung bei Stifter, ter, Natalie Binczek, Friedrich Balke u.a. Storm und Fontane zeigen, erweist sich einen Indikator des Realistischen in Li- Wahrnehmung nicht nur als konstitutiv teratur und Kunst. Realismus wird für Wirklichkeit, sondern überdies als demnach ausdrücklich nicht im Sinne Schauplatz eines Gespenstischen. Es einer historischen Epochenbeschrei- scheint mit anderen Worten, dass sich bung verstanden, sondern als spezifiji- Realismus gerade dadurch auszeichnet, sche Schreibweise der Erzeugung, Er- dass ihm „Wirklichkeit“ epistemolo- probung und Ver(un)sicherung von gisch radikal problematisch geworden Wirklichkeit. ist. 2018. ca. 319 Seiten, 2018. 296 Seiten, 6 s/w Abb., kart. 10 s/w und 3 farb. Abb., kart. € 59,00 € 49,00 ISBN 978-3-7705-6366-1 ISBN 978-3-7705-6169-8
8 Jochen Hörisch Julia Amslinger Klassiker und Eine neue Form Lieblingsbücher von Akademie Das Wissen der Literatur II „Poetik und Hermeneutik“ – die Anfänge Die Frage, ob schöne Literatur nicht nur unterhält und erfreut, sondern auch Die in den frühen 60er Jahren gegrün- sachlich relevantes Wissen zur Diskus- dete Forschungsgruppe Poetik und Her- sion stellt, beschäftigt die Philosophie meneutik hat maßgeblichen Anteil an und Wissenschaftstheorie seit ihren An- der intellectual history der Bundesrepu- fängen. blik. Das vorliegende Buch ist die erste wissenschaftsgeschichtliche Monogra- Die Positionen, die in dieser Diskussi- phie zu dieser bemerkenswerten „Aka- on vertreten werden, haben einen ho- demie“. hen Wiedererkennungswert. Die deut- lich stärkere Fraktion argumentiert Amslinger beschreibt entlang der Nach- seit Hesiod und Platon, dass fijiktio- lässe von Hans Blumenberg, Hans Ro- nale Literatur bestenfalls ein indifffe- bert Jauß und anderer Teilnehmer die rentes Verhältnis zur Wahrheit hat, in Anfangsphase der Forschungsgruppe. schlechteren Fällen aber frivol mit den Der Traum einer forschenden Gemein- Kategorien Lüge und Wahrheit spiele. schaft wurde unter Ausschöpfung intel- Die schwächere Fraktion vertraut mit lektueller, fijinanzieller, theoretischer, bü- Horaz u.a. darauf, dass schöne Litera- rokratischer und medientechnischer tur nicht nur erfreut, sondern auch un- Mittel in die Tat umgesetzt und gestalte- konventionelle Wahrheiten liefert. Die te sich dann in der Realität gänzlich an- hier versammelten Studien kreisen um ders als geplant. das Verhältnis von Wahrheit, Wissen und Erkenntnis in der Literatur. 2017. 277 Seiten, 6 s/w Abb., 2017. 386 Seiten, Festeinband 7 s/w Abb., kart. € 49,90 € 51,00 ISBN 978-3-7705-6260-2 ISBN 978-3-7705-5384-6
Robert Walser-Studien 9 Annie Pfeifer, Reto Sorg (Hg.) Kurt Lüscher, Reto Sorg, Bernd Stiegler, Peter Stocker (Hg.) „Spazieren muß ich unbedingt“ Robert Walsers Robert Walser und die Kultur Ambivalenzen des Gehens Der Band veranschaulicht in 13 sys- Die Kultur des Gehens entwickelt sich tematisch angelegten Beiträgen aus parallel zur mechanisierten Fortbewe- unterschiedlichen wissenschaftlichen gung in Eisenbahn und Automobil und Disziplinen, wie sehr Robert Walsers knüpft an die alte Tradition an, die Schreiben von vaszillierenden Erschei- zwischen Gehen, Denken und Schrei- nungsformen des Ambivalenten ge- ben Korrespondenzen entdeckt. Walser prägt ist. Er bildet ein besonderes Kom- setzt seinen romantischen Vorläufern pendium zu seinem Werk und soll und den urbanen Flaneuren seiner Zeit außerdem zu einem diffferenzierten in seinem Schwellentext Der Spazier- Verständnis eines kulturwissenschaft- gang von 1917 eine eigene, selbstreflexi- lich zentralen Begrifffs beitragen. ve Gangart entgegen. Schon Walter Benjamin erkannte bei Die deutsch- und englischsprachigen Robert Walser den produktiven Wi- Beiträge untersuchen Walsers Spazie- derspruch von „Geschwätzigkeit“ und ren als poetisches Konzept und als „Sprachscham“ und dass „jeder Satz nur Schreibbewegung, als Form der Na- die Aufgabe hat, den vorigen vergessen turästhetik und als Absage an die Alpe- zu machen“. Im Rückblick erscheint nideologie, im Kontext der Psychiatrie Walsers Werk als literarische Umschrei- und im Vergleich zu Lessings ambulan- bung des „Endes der Eindeutigkeit“ ter Rhetorik, Lucius Burckhardts Pro- (Zygmunt Bauman) und damit letztlich menadologie sowie den zeichnerischen als eine Positionsbestimmung der Mo- und architektonischen Spaziergängen derne. von Paul Klee und Adolf Loos. 2018. ca. 280 Seiten, Festeinband € 59,00 ISBN 978-3-7705-6377-7 2018. 229 Seiten, Franz. Broschur = Robert Walser-Studien, € 59,00 Band 1 ISBN 978-3-7705-6273-2
10 Beate Kellner Mario Grizelj Spiel der Liebe Wunder und Wunden im Minnesang Religion als Formproblem von Literatur Der deutsche Minnesang ist eine der Klopstock – Kleist – Brentano wichtigsten Ausprägungen der europäi- schen Liebeslyrik im Mittelalter. Die vor- Die Frage nach der Dialektik der Säku- liegende Monographie unternimmt in larisierung und nach den Formen des vielerlei Hinsicht eine Neudeutung die- Fortlebens des Religiösen in der Mo- ser hoch artifijiziellen Liebesdichtung. derne ist im Zuge des aktuellen „reli- Bis heute fijinden wir oft ein zu eindi- gious turn“ virulenter denn je. Mario mensionales Verständnis von Minne- Grizelj zeichnet die Genese dieses Fort- sang, nach dem besonders der Hohe lebens in einer Studie zum 18. und Sang auf ein monotones Kreisen um 19. Jahrhundert nach. die Unerfüllbarkeit der Liebe festgelegt Spezifijische Formen von Religiosität wird. Unter der Oberfläche eines Zeleb- (Wunder, Stigmata, Reliquien, die Eu- rierens von Idealen kann man jedoch charistiefeier und die mystische Rede) ein breites Spektrum von erotischen sind Prägeformen dessen, was wir ab Phantasmen, Spielarten des Begehrens, dem 18. Jahrhundert als moderne Lite- Imaginationen von Rache und Gewalt, ratur verstehen. In der Aneignung me- Drohungen, Voyeurismus, Liebe und dialer, semiotischer, ästhetisch-techni- Krieg, selbstquälerische Zweifel und scher und rhetorischer Verfahren, wie Narzissmus entdecken. Diesen Imagi- sie Religion ausgebildet hat, konstitu- nationen geht das Buch ebenso nach iert sich Literatur als moderne Literatur. wie den Idealisierungen der Dame, den Dabei zeigt sich, dass die Darstellung damit verbundenen Verkehrungen der des Unbestimmten, Uneindeutigen und mittelalterlichen Geschlechterordnung Überdeterminierten das Kernproblem und der Reflexion der höfijischen Gesell- von sowohl Literatur als auch Religion schaft in den Liedern. ist und dass damit beide auf der Forme- bene koexistieren. 2018. 583 Seiten, 2018. 307 Seiten, 16 farb. Abb., Festeinband 5 s/w und 3 farb. Abb., kart. € 49,90 € 59,00 ISBN 978-3-7705-6314-2 ISBN 978-3-7705-6183-4
11 Thomas Hardtke Stefan Börnchen Wahn – Glaube – Fiktion „Alles ist eins“ Die Pathologie devianter Religiosität Romantische Metaphorologie im medizinischen, religiösen und des Mediums literarischen Diskurs seit 1800 Das „Medium“, so Novalis, ist die „Verei- Marienerscheinung, Christus-Imitation, nigung“ von „Körper“ und „Seele“ – also religiös motivierte Tötung: Zahlreiche eine Metapher. Mit dieser Metapher ver- Texte des medizinischen, religiösen und lagert sich das Körper-Geist-Problem, literarischen Diskurses widmen sich das die Anthropologie der 1770er Jahre diesen Ausprägungen devianter Religi- immer noch nicht gelöst hat, von der osität. Philosophie in die Literatur. Das Buch beschäftigt sich mit der Kul- So zeigt es sich bei Schiller, der seine tur- und Wissensgeschichte dreier Phä- zwei medizinischen Dissertationen nomene, bei denen das Problem der über das commercium mentis et corporis Abgrenzung von „gesundem“ Glauben für den Schauerroman Der Geisterseher und religiösem Wahn hochgradig viru- wiederverwendet. Topologisch geht das lent ist. Im Mittelpunkt steht die Frage Problem auf die antike Dichotomie von nach der Produktion, Rezeption und hýlē und eîdos, Stofff und Form, zurück. Beschafffenheit medizinischen, religiö- Schon Aristoteles hat über ihre Aufhe- sen und literarischen Wissens über die bung im periéchon als dem „Allumfas- Pathologie devianter Religiosität in der senden“ spekuliert. In der Romantik Moderne. Insbesondere wird gezeigt, tritt es als „Weltseele“ und „Medium“ wie die Wechselwirkung von realen auf. Medien-Szenen bietet die Roman- Fällen, medizinischen und religiösen tik in vielen Spielarten: Schiller etwa Texten sowie literarischen und fijilmi- lässt aquarellierend seinen Freund Kör- schen Verarbeitungen kulturgeschicht- ner buchstäblich aus dem eigenen lich modelliert werden kann. Körper herauslaufen. 2018. ca. 640 Seiten, 1 s/w und 71 farb. Abb., 2018. 257 Seiten, kart. Festeinband € 49,90 € 198,00 ISBN 978-3-7705-6307-4 ISBN 978-3-7705-6369-2
12 Jürgen Trabant (Hg.) Thomas Gann, Marianne Schuller (Hg.) Wilhelm von Humboldt: Sprache, Dichtung und Fleck, Glanz, Finsternis Geschichte Zur Poetik der Oberfläche bei Adalbert Stifter Humboldts Begegnung mit der Antike, vor allem mit der griechischen Sprache Die Literatur Adalbert Stifters (1805– und Dichtung, ist das erste prägende 1868) ist durch das ästhetische Phäno- geistige Erlebnis, das Humboldts Leben men der Oberfläche geprägt. Dieser Be- von der Tegeler Jugend an durchzieht. grifff gewinnt durch die in diesem Band vorgenommenen Konstellationen zwi- Das zweite ist die Begegnung mit Schil- schen Malerei, Visualität und Literatur ler und Goethe, Weimar. Im Nachden- an Kontur. ken über Schillers und Goethes Dich- tung erfasst Humboldt zum ersten Mal Während im Epochenkontext des Re- das Wesen der Sprache. Der Vielfalt der alismus um 1850 „Oberfläche“ sich vor Sprachen der Welt widmet er dann sein allem als Kategorie der Mimesis von vergleichendes Sprachstudium. Rom ist Wirklichkeit behauptet, werden bei der Ort, an dem Griechenland und Wei- Stifter vornehmlich gestaltlose Oberflä- mar weitergedacht werden. Das Schick- chenphänomene wie Fleck, Glanz und sal Griechenlands bestimmt seine Ge- Finsternis aufgerufen. In dem Maße, schichtsaufffassung und die Horizonte wie diese Phänomene im Sinne einer seines politischen Handelns. Die drei Verschränkung von Erscheinen/Sicht- Begrifffe des Buchtitels Sprache, Dich- barmachen und Verlöschen/Verschwin- tung und Geschichte entstammen der den literarisch verarbeitet werden, trägt Begegnung mit Griechenland, Weimar sich, wie sich im Kontext der Beiträge und der Welt. abzeichnet, ein moderner Zug in Stif- ters Prosa des 19. Jahrhunderts ein. 2018. 200 Seiten, kart. 2017. 219 Seiten, 20 s/w Abb., kart. € 49,90 € 49,90 ISBN 978-3-7705-6344-9 ISBN 978-3-7705-6171-1
13 Hannah Dingeldein, Miriam Albracht, Iuditha Balint, Anna-Katharina Gisbertz, Frank Weiher (Hg.) Sebastian Zilles, Justus Fetscher (Hg.) Goethe und die Arbeit Schwellenprosa (Re-)Lektüren zu Goethes Zu Lebzeiten Goethes erfährt die Ar- „Wahlverwandtschaften“ beit eine essenzielle mentalitätsge- schichtliche Veränderung, die eng an Die „Schwelle“ ist Ausdruck des krisen- das Zusammendenken von Arbeit und anfälligen Grenzübergangs zwischen Technik geknüpft ist. Diesen Wandel zwei oder mehreren Sphären mit ihren dokumentieren Goethes Werke in jeweils ganz eigenen, oftmals konträr mehrfacher Hinsicht. zueinanderstehenden Welt- und Ord- So greifen sie etwa die Vielfalt der Vor- nungsvorstellungen. stellungen über Arbeit auf, die von einer Wie Goethes Wahlverwandtschaften mühevollen, nützlichen Tätigkeit bis diese Symbolik der Schwelle aufgreift hin zu einem hervorbringenden, sinn- und auf bestimmte Konfliktlinien zwi- haften Tun reichen, und reflektieren schen Tradition und Moderne hin zu- somit die Ausweitung des Arbeitsver- spitzt, diskutiert der Band aus der Sicht ständnisses von einer ökonomischen prominenter Literatur- und Kulturwis- zu einer anthropologischen Konstante. senschaftlerInnen. Darüber hinaus spiegeln sie das Alltags- wissen im proto-industriellen Zeitalter über die Bipolarität der Arbeit als pro- duktives und gleichzeitig destruktives Phänomen. Die Beiträge in diesem Band befassen sich mit verschiedenen Ausprägungen von Arbeit bei Goethe und nehmen dabei sowohl Werk und Biographie als auch die Rezeption in den Blick. 2018. 132 Seiten, kart. 2018. 171 Seiten, kart. € 49,90 € 59,00 ISBN 978-3-7705-6237-4 ISBN 978-3-7705-6261-9
14 Andreas Kolle Sven Fabré Instabile Weltverhältnisse Das Credo des Kaufmanns Augenblick und Ambivalenz der Über Poetiken kreditökonomischen Zeitwahrnehmung bei Goethe Wissens in der Prosa von Freytag und Keller Dieses Buch rückt zerklüftete Bilder von Gegenwart bei Goethe in den Mit- Dichten mit der Feder des Bankiers. telpunkt. Andreas Kolle zeigt, dass Goe- Sven Fabré dokumentiert Verstrickun- the in einem Teil seines poetischen gen zwischen Literatur und Kreditöko- Werks imaginativ Leerezustände von nomie. Welt eindeutig oder doch in Ambiva- lenz konturiert, die flüchtige Augenbli- Nach Jahren fijinanzieller Kalamitäten cke aus sich heraus entstehen lassen. könnte man leicht vergessen, dass die Kreditökonomie um die Mitte des Auch dort, wo das Individuum sich si- 19. Jahrhunderts in hohem Ansehen cher in der Welt eingerichtet glaubt, stand. Denn wer in jener rapide aufbre- Gott und Natur als zuverlässige Stüt- chenden Welt die Chancen sehen woll- zen betrachtet oder wenigstens auf te, brauchte keinen betrübten, sondern Vernunft und kommunikative Kompe- einen zuversichtlichen Blick, der die tenzen als Garanten seiner personalen Keime einer schöneren gemeinsamen Identität vertraut, bedroht eine Zeit- Zukunft erkennt – und die der Mitmen- konstruktion von Flüchtigkeit den schen gewährt. Gerade dieses geschäft- Stand des Einzelnen. Die Untersu- lich geschulte Hinschauen hat in der chung widmet sich namhaften Werken Literatur des deutschsprachigen Rea- wie Gottfried von Berlichingen, den Lei- lismus Karriere gemacht. Auch dieser den des jungen Werthers, Torquato Tas- beabsichtigte eine Wirklichkeitserfas- so, den Wahlverwandtschaften sowie sung, die nicht im Zeichen der Skepsis den Wanderjahren. Flankiert wird die stand, sondern in der undurchschauba- Erörterung von Goethes Zeitaufffas- ren und bedrohlichen Realität den sung durch Exkurse über Schopenhau- noch kommenden Ertrag vorauszuah- er, Nietzsche und Thomas Mann. nen vermochte. 2016. 320 Seiten, kart. 2018. ca. 242 Seiten, kart. € 39,90 € 59,00 ISBN 978-3-7705-6170-4 ISBN 978-3-7705-6176-6
Laboratorium Aufklärung 15 Hanna Nohe Stefanie Retzlafff Fingierte Orientalen Observieren und erschafffen Europa Aufschreiben Zur Konstruktion kultureller Identitä- Zur Poetologie medizinischer ten im Reisebriefroman der Aufklärung Fallgeschichten (1700–1765) Dieser Band zeigt auf, wie im 18. Jahr- Die in Fallgeschichten aufgezeichnete hundert Autoren aus Italien, Frankreich, „Menschenbeobachtung“ bildet die England, Spanien und dem deutsch- empirische Basis für die im späten sprachigen Raum Bilder vom Nahen, 18. Jahrhundert entstehenden Wissen- Mittleren und Fernen Osten dazu nutz- schaften vom Menschen. Exemplarisch ten, Europa in seinen kulturellen Eigen- zeigt sich hier, dass ihre Wissensbe- heiten zu konturieren. stände nicht gegeben, sondern ein Ef- fekt von Beobachtungs- und Darstel- Orient und Okzident erscheinen aktuell lungsverfahren sind. immer wieder als Gegensätze, die sich gegenseitig in ihrer Existenz bedro- Ausgehend davon, dass das Paradigma hen. Dabei stellt das „Andere“ zugleich der Beobachtung einzelner Fälle in der eine wesentliche Notwendigkeit für Medizin bereits lange zuvor einen zen- die Selbstdefijinition dar. Dieses Buch tralen Stellenwert einnimmt, verfolgt zeigt anhand der vergleichenden Un- Stefanie Retzlafff die Genealogie der tersuchung von zahlreichen Werken in medizinischen Fallgeschichte zurück italienischer, französischer, englischer, bis ins 18. Jahrhundert. Vor dem Hinter- spanischer und deutscher Sprache, wie grund der im 17. Jahrhundert institutio- eine Textsorte in besonderer Weise zur nalisierten Techniken der nova scientia Konstruktion kultureller Identitäten werden die Strategien der Beobachtung beigetragen hat: Briefromane, in denen und Darstellung ebenso wie die episte- ein fijiktiver Reisender aus dem Nahen, mologischen Implikationen einer vom Mittleren oder Fernen Osten westeuro- Einzelfall ausgehenden medizinischen päische Gesellschaften an seine Lands- Wissensproduktion untersucht. leute beschreibt. 2018. 332 Seiten, kart. 2018. 231 Seiten, € 99,00 2 s/w Abb., kart. ISBN 978-3-7705-6288-6 € 59,00 = Laboratorium Aufklärung, Band 31 ISBN 978-3-7705-6146-9
16 Hölderlin-Jahrbuch Peter Utz Sabine Doering, Michael Franz, Martin Vöhler (Hg.) „Nachreife des fremden Wortes“ Hölderlin-Jahrbuch Hölderlins „Hälfte des Lebens“ Vierzigster Band 2016–2017 und die Poetik des Übersetzens Begründet von Friedrich Beißner und Paul Kluckhohn Hölderlins Gedicht Hälfte des Lebens Im Auftrag der Hölderlin-Gesellschaft von 1803 fordert mit seiner bestürzen- herausgegeben von Sabine Doering, den Aktualität die Leser und Überset- Michael Franz und Martin Vöhler zer immer neu heraus. Im vielfachen Echo seiner französischen und engli- Das Hölderlin-Jahrbuch 40, 2016-2017, schen Übertragungen, die hier erstmals dokumentiert die 35. Jahresversamm- dokumentiert und analysiert werden, lung der Hölderlin-Gesellschaft 2016 in erscheinen neue Facetten des Origi- Bad Homburg vor der Höhe, deren The- nals. ma das Homburger Folioheft war. Peter Utz zeigt in dem vorliegenden Zu diesem wichtigsten Manuskript Band, wie Hölderlins Bildsprache die Hölderlins erscheinen weitere Aufsät- Übersetzer herausfordert, vom „heilig- ze, darüber hinaus Abhandlungen zu nüchternen Wasser“ bis zu den „klirren- Hero, Heidelberg, Am Quell der Donau den Fahnen“. Doch das Gedicht enthält und Andenken. Rezensionen, darunter auch schon in sich eine Poetik des ein Kurzessay zu Dieter Henrichs Sein Übersetzens. In seinen vielfachen frem- oder Nichts, sowie Berichte aus den Ar- den Lesarten erscheint das Verhältnis beitsgesprächen runden den Band ab. von Original und Übersetzung als dyna- misch und komplementär: Die Über- setzungen realisieren die implizite „Übersetzbarkeit“ des Originals und zeigen sich so als seine „Nachreife“, sei- ne andere, verborgene „Hälfte“. 2017. 334 Seiten, 20 s/w und 3 farb. Abb., kart. 2017. 122 Seiten, kart. € 39,90 € 24,90 ISBN 978-3-7705-6276-3 ISBN 978-3-7705-6177-3 = Hölderlin-Jahrbuch, Band 40
17 Alexander Arweiler, Sabine Weber Karin Westerwelle (Hg.) Todesbildlichkeit und Flauberts „Salammbô“ „compassio“ in Flauberts Der Tod der schönen Antike Werk 1862 erscheint Gustave Flauberts Ro- Zeitlebens beschäftigt sich der Ro- man Salammbô. Ort und Handlung mancier Gustave Flaubert intensiv mit sind in ferner Vergangenheit angesie- Denk- und Vorstellungsformen von delt. Endlichkeit und Abschied. In seinem Nordafrikanische Landschaften, Stadt- literarischen Werk setzt er dem Tod, ansichten der Seerepublik Karthago, der radikalen Sinnvernichtung, ein pompöser Reichtum, monumentale Kunstwerk entgegen, das sich in der Schlachten, grausame Bilder des Krie- ästhetischen Überformung des toten ges und der ausschweifenden Gewalt weiblichen Körpers zeigt. an Mensch und Tier bilden die Szenen Wie auf einer Schaubühne ist der Leich- des neuen Romans. „Leute von schlech- nam Emma Bovarys hinter Vorhängen tem Geschmack“ sind nach Flaubert aufgebahrt. Eine kalte Aura umgibt das solche, die „verschönern, reinigen und Todestableau der karthagischen Prin- sich illusionieren, die verändern, krat- zessin Salammbô. Die kühle Darstel- zen und wegnehmen“ und gleichwohl lungsform des Flaubertschen Erzählers meinen, sie seien Klassiker. Die Auf- erscheint ohne Mitleid. Flauberts Ro- sprengung der normativen Antike-An- manfijiguren beklagen den Tod im leeren sicht bedeutet für Flaubert, Klischees Pathos, in verstellten Trauergebärden, und abgenutzte Phrasen aufzubrechen die an ein Schauspiel erinnern. Kultu- neue Sprachformen zu erfijinden. Er er- relle Formen des Abschieds und des An- öfffnet damit den Blick auf eine archai- gedenkens werden als scheinhafte In- sche Antike und auf das Phänomen der szenierungen aufgedeckt. Gewalt in der Moderne. 2018. X + 505 Seiten, 17 s/w und 11 farb. Abb., 2018. ca. 200 Seiten, kart. Festeinband € 24,90 € 189,00 ISBN 978-3-7705-5975-6 ISBN 978-3-7705-6368-5
18 Helmut Pfeifffer Martin Lange Montaignes Revisionen Essayistische Formen Wissen und Form der „Essais“ zwischen Öfffentlichkeit und Privatheit Die Essais werden als eine spezifijisch Michel de Montaigne und seine moderne Textform in der Dynamik von englischen Leser des 17. Jahrhunderts Lesen und Schreiben, der Konstruktion und Revision von Wissen und Erfah- rung vor dem Hintergrund einer epo- Michel de Montaigne hat mit seinen Es- chalen Erschütterung ethischer, ökono- sais eine Form des Schreibens erfunden, mischer, philosophischer und religiöser die früh auch in England Fuß fasst. Ent- Gewissheiten interpretiert. scheidend für die innovative Form ist eine Neubestimmung des Verhältnisses Gegenstand des Buches ist Montaignes zwischen Öfffentlichkeit und Privatheit. Auseinandersetzung mit dem Wissen und den Formen der Bücher seiner um- Die Relevanz der Kategorien Öfffentlich- fangreichen Privatbibliothek. Sie um- keit und Privatheit ist in der Forschung fasst die Literatur der Antike, aber auch zur Geschichte des Essays bislang un- Werke des Mittelalters und der frühen terbelichtet geblieben. Die Arbeit er- Neuzeit. Der Leser Montaigne ist weder schließt ihre Semantik bei Montaigne vom Anspruch der Nachahmung noch und arbeitet sie als zentrales Element vom Gestus der Überbietung geprägt. der Formgebung der Essais heraus. Wie Thematisiert werden Montaignes Aus- an John Florios früher Montaigne- einandersetzung mit Rhetorik und Poe- Übersetzung gezeigt wird, etabliert sich tik der Antike, exemplarische Formen die neue Form schnell in England. Ihrer des Umgangs mit antiker Größe, die Funktion wird anhand einer verglei- Lektüre und Relektüre zentraler Auto- chenden Analyse der moralphilosophi- ren, schließlich der Parcours einer an- schen und politischen Reflexion bei thropologischen Selbstreflexion, vor al- Montaigne und seinen Lesern Francis lem in den späten Essays. Bacon und William Cornwallis nachge- gangen. 2018. XX + 431 Seiten, 2018. ca. 400 Seiten, 7 farb. Abb., Festeinband Festeinband € 79,00 € 148,00 ISBN 978-3-7705-6354-8 ISBN 978-3-7705-6371-5
vita activa 19 Claudia Lillge, Thorsten Unger, Christoph Büttner, Björn Weyand (Hg.) Carolin Piotrowski (Hg.) Arbeit und Müßiggang in Im Rhythmus der Romantik Entwürfe alternativer Arbeitsweisen von 1900 bis in die Gegenwart Die Zeit von der Mitte des 18. bis zur Mit- te des 19. Jahrhunderts ist für die Ent- Als der Nationalökonom Karl Bücher wicklung des modernen Arbeitsbegrifffs 1896 die Konjunktion aus Arbeit und von außerordentlicher Relevanz. Litera- Rhythmus prominent machte, barg sie tur und Künste der Romantik bringen in für ihn zunächst eine Antwort auf Ent- diesen Prozess spezifijische Anregungen fremdungserfahrungen durch die in- ein, weil sie sich nicht auf die von der dustrielle Moderne. Seitdem wird der Aufklärung etablierte Gegenüberstel- Rhythmus in zahlreichen Diskursen – lung von positiv bewerteter Arbeit und bis in aktuelle Debatten hinein – mobi- negativ bewertetem Müßiggang redu- lisiert, um auf Herausforderungen der zieren lassen, sondern häufijig gerade das Arbeitswelt zu reagieren. „Andere“ des tätigen Lebens aufwerten. Der Band untersucht aus interdiszi- Die Beiträge des Bandes erkunden die plinärer Perspektive die Vorstellung kultur-, sozial- und ästhetikgeschicht- einer nicht-entfremdeten Arbeitswei- lichen Dimensionen dieser Thematik. se, die auf einen als ursprünglich und Sie suchen die von den Romantikern natürlich verstandenen Rhythmus des bevorzugten Inszenierungsräume von Menschen zurückgreift. Er versammelt Arbeit und Müßiggang auf, sie betrach- unter anderem geschichtswissenschaft- ten die ästhetischen Eigenzeiten von liche, kulturwissenschaftliche und phi- industrieller Arbeit, Handwerk und losophische Beiträge, die den „Rhyth- Landwirtschaft sowie von Fußreisen mus“ in unterschiedlichen Kontexten in und Tagträumen; und sie schafffen Be- den Blick nehmen, etwa in Kunst, Psy- gegnungen mit einem facettenreichen chiatriepraxis und Arbeitswissenschaft. Spektrum romantischer Figuren. 2017. 494 Seiten, 1 s/w Grafik, 9 s/w Abb., 2018. ca. 215 Seiten, 1 s/w Tab., Festeinband 5 s/w und 2 farb. Abb., kart. € 69,00 € 59,00 ISBN: 978-3-7705-5938-1 ISBN 978-3-7705-6227-5 = vita activa = vita activa
20 Karin Westerwelle Jakob Christoph Heller Baudelaire und Paris Masken der Natur Flüchtige Gegenwart und Zur Transformation des Hirtengedichts Phantasmagorie im 18. Jahrhundert Kein anderer Schriftsteller des 19. Jahr- Dem 18. Jahrhundert wurde das Hirten- hunderts ist Paris so eng verbunden wie gedicht zum Ärgernis: Scharfsinnige Charles Baudelaire. Die Hauptstadt bie- Schäfer widersprachen der poetologi- tet Museen, Kunstausstellungen und schen Forderung nach Wahrscheinlich- Galerien, aus denen sich sein Vergnü- keit. Doch wie mit dem Erbe der Antike gen an Bildern und seine Kunstkritik umgehen? entfalten. Die Studie untersucht in Detaillektüren, Manets Gemälde Die Musik im Garten wie die Poetiken von u.a. J. C. Gottsched, der Tuilerien (1862) zeigt Baudelaire als C. Batteux und S. Geßner auf die Her- städtischen Typus im schwarzen Anzug ausforderung reagierten, die die Artifiji- und mit Zylinder, nicht als Bohemien. zialität der Hirtendichtung für eine Poe- Der Dichter, wie ihn Manet malt, hat tik im Zeichen der Naturnachahmung Anteil an der Öfffentlichkeit und ist ihr darstellte. Entgegen der verbreiteten li- doch zugleich fremd. Baudelaires Ge- teraturwissenschaftlichen Position, die dichte, die Tableaux parisiens, verge- die Idylle von der Bukolik abtrennt, ar- genwärtigen bedrohliche Szenen des beitet das Werk die Gattungskontinui- Bewusstseins, die die Ordnung städti- tät – die metapoetische und allegori- scher Topographie überlagern. Der sche Dimension der Idyllik – heraus. städtische Raum verwandelt sich im Die unscheinbare Idylle wird somit Blick des Betrachters in das Unheimli- sichtbar als zentraler Reflexionsort der che und Monströse der Phantasmago- aufklärerischen und empfijindsamen rie. Diskurse. 2018. ca. 160 Seiten, 2018. 302 Seiten, 10 s/w Abb., kart. 1 s/w Abb., kart. € 19,90 € 59,00 ISBN 978-3-7705-5977-0 ISBN 978-3-7705-6303-6
21 Glenna Sinning Norman Kasper, Gert Theile (Hg.) Erkenntnispoesie Asozialität und Aura Strategien literarischer Erkenntnis bei Wolfgang Hilbig und die Romantik Rainald Goetz Wolfgang Hilbigs Beziehung zur Ro- Goetz’ wildes Denken zwischen Fried- mantik ist facettenreich – der vorlie- rich Nietzsche und Niklas Luhmann gende Band geht unterschiedlichen setzt sich mit der Kommunikation der Spuren nach, die ihn mit der Zeit um Gesellschaft auseinander – bruchstück- 1800 ins Gespräch bringen. haft, radikal subjektiv, fast schon uni- Auch wenn die Einflüsse der symbolisti- versalpoetisch. schen und klassischen Moderne prä- Seine erkenntnispoetische Literatur ver- gend gewesen sein mögen – ohne den steht sich als Kunst, die das Aufbrechen Bezug zur Romantik lässt sich das Werk des Verstehens in einer unübersicht- Hilbigs nur schwer verstehen. Noch lichen Welt des Geredes begreiflich vor der Rehabilitation romantischer macht, indem sie das Unbestimmte, Schreibweisen in der DDR-Literatur der das Vieldeutige und das Widersprüch- 1970er Jahre entdeckt Hilbig Autoren liche einschließt. Die literarische An- wie E.T.A. Hofffmann und Novalis für verwandlung philosophischer Ansätze sich und verwandelt sich deren Stim- u.a. von Nietzsche, Luhmann, Adorno men in seiner Lyrik und Prosa an. Im und Derrida bildet das Fundament des Ergebnis spiegelt Hilbigs hier erstmalig ekstatischen Denkens bei Rainald Goe- ausführlich diskutierte Geisteshaltung tz. Grundlegend für die literarische Er- und Lebensform der Asozialität die kenntnis ist das dialektisch angelegte identitätsskeptische und gesellschafts- Wechselspiel zwischen dionysischer kritische Attitüde der Romantiker um Leidenschaft und apollinischer Analyse. 1800 in den deutsch-deutschen Aben- teuern des späten 20. Jahrhunderts: gro- tesk, sprachbewusst und bildversessen. 2018. 253 Seiten, kart. 2017. 234 Seiten, 3 s/w Abb., kart. € 59,00 € 59,00 ISBN 978-3-7705-6325-8 ISBN 978-3-7705-6153-7
22 Annette Gilbert Hans Adler, Sonja E. Klocke (Hg.) Im toten Winkel Protest und Verweigerung der Literatur Protest and Refusal Grenzfälle literarischer Werkwerdung Neue Tendenzen in der deutschen seit den 1950er Jahren Literatur seit 1989 New Trends in German Literature Ausgehend von den Rändern der ge- since 1989 genwärtigen literarischen Praxis wirft Annette Gilberts komparatistische Stu- Literatur, die sich in gesellschaftlichen die neues Licht auf eine zentrale Kate- und politischen Prozessen kritisch gorie der Literatur(wissenschaft): das zu Wort meldet, ist seit 1989 auch in Werk als pragmatische Instanz literari- Deutschland wieder deutlicher zu ver- scher Kommunikation. nehmen. Sie nimmt Stellung zu den Unter Anwendung eines erweiterten dringend anstehenden Problemen wie Literaturbegrifffs werden avantgardisti- (Im)-Migration, Re-Nationalisierung, sche und experimentelle Positionen im Rassismus, Globalisierung, Überwa- Grenzbereich von Literatur und Kunst chungsstaat, Neoliberalismus. seit den 1950er Jahren gesichtet, die AutorInnen wie Ulrich Peltzer, Juli Zeh, eine starke Reflexion ihres eigenen Kerstin Hensel, Navid Kermani, Uwe Werkseins erkennen lassen. Entspre- Tellkamp, Antje Rávic-Strubel, Ilija Tro- chende Versuchsanordnungen – etwa janow, aber auch neue und neu insze- von Elfriede Jelinek, Timm Ulrichs, nierte Erzählgenres wie Dorfgeschich- Sherrie Levine, Elaine Sturtevant, Mar- te, Reisebericht oder Kriminalroman cel Broodthaers – werden als substanti- werden untersucht. eller Beitrag zur literaturtheoretischen Grundlagenforschung gelesen. 2018. 464 Seiten, 111 s/w Abb., kart. 2018. ca. 255 Seiten, kart. € 79,00 € 69,00 ISBN 978-3-7705-6293-0 ISBN 978-3-7705-6390-6
23 Jonas Nesselhauf Jürgen Klein Der ewige Albtraum Dialog mit Koeppen Zur Figur des Kriegsheimkehrers in der Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts In Dialog mit Koeppen geht es darum, dem Leser einen lebendigen Eindruck Der aus dem Krieg zurückkehrende Sol- vom Schreiben und Denken des Dich- dat ist eine paradigmatische Sozial- ters zu geben. Der fijiktive Dialog mit und Reflektionsfijigur des 20. und frühen Koeppen macht den unverwechselba- 21. Jahrhunderts und seit dem Ersten ren Sound dieses Autors erlebbar. Weltkrieg vielfach in Kunst und Litera- Dialog mit Koeppen ist ein Kaleidoskop tur verhandelt worden. von Suchbewegungen nach einem be- Seit 1914 nicht nur Millionen junger sonderen Ton und Denken. Verschiedene Männer in den ersten „Massenkrieg“ Facetten bilden das Muster des Buches: der Moderne einzogen, sondern auch Die Lebensgeschichte von Koeppen ver- unzählige Soldaten verwundet oder anschaulicht, wie er sich über eine un- traumatisiert wieder nach Hause zu- bändige Liebe zur Literatur aus sozialer rückgekommen sind, wurde die litera- Not einen dornigen Weg zur Schriftstel- rische Figur des Kriegsheimkehrers lerei bahnt. Die Betrachtungen zu den zu einer dauerhaften Erscheinung in Reisebüchern zeigen, wie es ihm gelingt, den europäischen und nordameri- seine erstaunlichen Bildungsgüter mit kanischen Literaturen. Die Untersu- den lebendigen Reiseerfahrungen so in- chung widmet sich in dieser Form tensiv zu verknüpfen, dass der Leser in zum ersten Mal in der deutschsprachi- die fremden Welten hineingezogen wird, gen Forschung der literarischen Figur dabei aber Schönheit wie Schrecken ge- des Kriegsheimkehrers aus kompara- wärtigt. Die Briefwechsel mit Siegfried tistischer Perspektive. Unseld und Marcel Reich-Ranicki eröfff- nen einen Blick auf das persönlich schwere Leben Koeppens. 2018. 353 Seiten, 1 s/w Grafik, Franz. Broschur 2017. 243 Seiten, kart. € 74,00 € 39,90 ISBN 978-3-7705-6200-8 ISBN 978-3-7705-6211-4
24 Genozid und Gedächtnis Lasse Wichert Stefffen Bruendel, Frank Estelmann (Hg.) Personale Mythen des Nationalsozialismus Disasters of War Die Gestaltung des Einzelnen in Perceptions and Representations from literarischen Entwürfen 1914 to the Present Die Studie untersucht auf breiter Experiences of war and violence are en- Quellenbasis die politische Mythisie- graved in historical memory for genera- rung historischer Herrschergestalten tions, influencing individual as well as und zeitgenössischer Personen in der collective attitudes in diffferent con- nationalsozialistischen Literatur. flicts. Analysen der nationalsozialistischen Starting with World War I, the contribu- Ideologie zeichnen häufijig ein Bild, in tions in this volume examine such dem der Einzelne gegenüber dem ima- complex interrelationships using con- ginierten Kollektiv der „Volksgemein- crete examples, such as the presenta- schaft“ abgewertet würde. Die Studie tion of soldiers and veterans in modern folgt demgegenüber dem Befund, dass German art, the theatre of Brecht and personenbezogene Mythen im Umfeld Heiner Müller as well as representa- der nationalsozialistischen Bewegung tions of war in fijilm and literature. The einen hohen Stellenwert besaßen und authors focus on the perception and fragt nach deren Funktionen und Funk- cultural processing of war and violence tionsweisen. Mit Arminius, Friedrich and reveal astonishing examples of dem Großen, Albert Leo Schlageter und their afterefffects in the period from 1914 Horst Wessel stehen Figuren im Fokus, to the present. die bisher meist nur unter dem Aspekt der Heldenverehrung betrachtet wur- den. 2018. 628 Seiten, 2019. ca. 280 Seiten, 19 s/w Abb., kart. 16 s/w Abb., kart. € 89,00 € 79,00 ISBN 978-3-7705-6342-5 ISBN 978-3-7705-6290-9 = Genozid und Gedächtnis = Genozid und Gedächtnis
25 Katrin Max Mandy Dröscher-Teille Bürgerlichkeit und Autorinnen der Negativität bürgerliche Kultur in der Essayistische Poetik der Schmerzen bei Literatur der DDR Ingeborg Bachmann – Marlene Streeruwitz – Elfriede Jelinek Auch in jüngerer Zeit noch ist die litera- turwissenschaftliche Forschung darauf Bachmann, Streeruwitz und Jelinek ge- fokussiert, in der DDR-Literatur vor- hen von einer Negativität der Gesell- nehmlich Lebenswelten arbeiterlicher schaft aus, die sie in den Schmerz- und Milieus gespiegelt zu fijinden. Eine in- Gewalterfahrungen ihrer literarischen tensive Auseinandersetzung mit den Figuren und durch die performative Texten erweist jedoch, dass darüber hi- Inszenierung ihrer weiblichen Autor- naus Aspekte des Bürgerlichen von schaft ebenso kritisch wie (sprach-) nicht zu unterschätzender Bedeutung spielerisch reflektieren. sind. Erstmals werden die Vernetzungen der Elemente von Bürgerlichkeit und bür- Texte und Autorschaften untereinander gerlicher Kultur sind auf der inhaltli- und mit dem Negativen, Schmerzhaften chen Ebene ebenso zu erkennen wie herausgearbeitet. Das strukturelle Inei- hinsichtlich der vermittelten geistes- nandergreifen der Autorinnen-Poetiken geschichtlichen und sozialhistorischen sowie ihre inter- und metatextuellen Kontexte. Außerdem treten sie formal Verstrickungen werden als essayistische z. B. durch Gattungskonventionen und Textkonstellation lesbar gemacht: Die bestimmte literarische Schreibweisen Autorinnen kommentieren sich wech- in Erscheinung. Das wird im vorliegen- selseitig und schreiben ihre Dramen, den Buch anhand eines umfangreichen Prosatexte, Gedichte, Essays und Reden Textkorpus nachgezeichnet. motivisch fort, während sie zugleich selbstreflexiv den Blick auf das eigene Schreiben richten. 2018. X + 535 Seiten, Festeinband 2018. X + 533 Seiten, kart. € 148,00 € 89,00 ISBN 978-3-7705-6332-6 ISBN 978-3-7705-6317-3
26 Theorie und Geschichte der Literatur und Schönen Künste Aage A. Hansen-Löve Anna-Lisa Dieter Schwangere Musen – Eros – Wunde – Rebellische Helden Restauration Antigenerisches Schreiben. Stendhal und die Entstehung des Von Sterne zu Dostoevskij, Realismus von Flaubert zu Nabokov 1814 kehren die bourbonischen Könige Wenn es ums Schafffen geht oder gar nach Frankreich zurück, „um die letz- ums Schöpferische, liegt nichts so nahe ten Wunden der Revolution zu schlie- wie das scheinbar unerschöpfliche Feld ßen“ – Restauration als Projekt der der Geburtsmetaphern, das Reden vom Wundheilung mit den Mitteln der Poli- Zeugen und Empfangen, vom Austragen tik. und Gebären eines Werkes, das für das Stendhals literarisches Werk leistet die- Kind steht – ja dieses gar ersetzen soll. ser Politik Widerstand und macht den Es geht um die Projektionsfijigur der Mu- Raum der Widersprüche, in dem das sen und ihrer Kollision mit der Dichter- Regime der Restauration operiert, äs- geliebten, um die permanente Autori- thetisch produktiv. Den restaurativen tätskrise im Verhältnis des Autors zu Wunsch nach Heilung und Vergessen seinen eigenen Geschöpfen und um die beantworten seine Romane durch ein Entdeckung eines Kunstschafffens und Öfffnen und Erinnern der durch die Ge- Schreibens, das alle genetischen wie ge- schichte beigebrachten Wunden. Das nerischen Modi der Hervorbringung Scheitern der Restauration verdichtet gegen den Strich dichtet und also kon- Stendhal zu sexuellen Phantasmen. sequent antigenerisch verfährt. Vorge- Anna-Lisa Dieter geht diesen Phantas- führt werden diese drei Problemkreise men auf den Grund und zeichnet die an klassischen Texten des Antigeneri- Entstehung des Realismus aus der Ab- schen wehr der Restauration nach. 2018. ca. 650 Seiten, 20 s/w und 13 farb. Abb., kart. € 99,00 2018. ca. 280 Seiten, 3 s/w Abb., kart. ISBN 978-3-7705-6380-7 € 34,90 = Theorie und Geschichte der ISBN 978-3-7705-6002-8 Literatur und der Schönen Künste, = Periplous, Münchener Studien Band 121 zur Literaturwissenschaft
Periplous, Münchener Studien zur Literaturwissenschaft 27 Andrea Erwig Daniel Graziadei Waiting Plots Insel(n) im Archipel Zur Poetik des Wartens um 1900 Zur Verwendung einer Raumfijigur in den zeitgenössischen anglo-, Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bricht franko- und hispanophonen in der europäischen Literatur eine War- Literaturen der Karibik tezeit an, die quer steht zum Paradigma von Fortschritt, Beschleunigung und Wie entstehen aus Buchstaben Inseln Produktivität. An die Stelle zielgerich- und Archipele? Wie steht es um diese teter Erwartungen tritt ein Verharren Verbindungen aus Wasser und Land in im Übergang, das neue dramatische zeitgenössischen literarischen Werken und erzählerische Formen begründet. der Karibik? Können sie den kolonialen Andrea Erwig geht den Darstellungsfor- und touristischen Blick überwinden, men, Eigenzeiten und Phantasmen des der die Insel als Sehnsuchtsort begehrt Wartens u. a. bei Maeterlinck, Rilke, und mit den paradoxen Qualitäten to- Musil und Freud nach und widmet sich taler Abgeschiedenheit und leicht zu- dabei auch Warteräumen und instituti- gänglicher Verfügbarkeit belegt? onellen Machttechniken. Das literari- Insel(n) im Archipel untersucht die Ver- sche Warten zeigt sich in ihrer Studie wendung der regionalen Geographie in von einer subversiven Seite: Die Waiting karibischen Kulturtheorien, verknüpft Plots der frühen Moderne stemmen sich diese mit den Erkenntnissen der Island gegen die Bestimmtheit von Erwartun- Studies, der Geopoetik sowie der Raum- gen und unterbrechen das lineare Fort- theorie und entwickelt hieraus Fragen schreiten von Geschichte, um sich dem zur literarischen Erzeugung von Inseln Unbestimmten und Singulären der und Archipelen. Beantwortet werden Wirklichkeit zu verschreiben. diese durch besonders Insel-afffijine Wer- ke der karibischen Literaturen in engli- scher, französischer und spanischer Sprache. 2018. ca. 480 Seiten, 3 s/w Abb., kart. 2017. 395 Seiten, kart. € 59,00 € 59,00 ISBN 978-3-7705-6252-7 ISBN 978-3-7705-6180-3 = Periplous, Münchener Studien = Periplous, Münchener Studien zur Literaturwissenschaft zur Literaturwissenschaft
28 Periplous, Münchener Studien zur Literaturwissenschaft Vera Kaulbarsch Christoph Asendorf Untotenstädte Planetarische Perspektiven Gespenster des Ersten Weltkriegs Raumbilder im Zeitalter der frühen in der literarischen Moderne Globalisierung Der Erste Weltkrieg stellte nicht nur Globalisierung ist nicht zu trennen von eine traumatische Zäsur dar, welche einem veränderten Umgang mit Raum. das Fortschrittsnarrativ der Industriali- An der Kunst- und Kulturgeschichte sierung brutal unterbrach. Er hinterließ der frühen Neuzeit soll gezeigt werden, auch eine gespenstische Leerstelle in wie sich damit das gewohnte Gefüge den europäischen Gesellschaften der auflöst und ganz neue Raumbilder ent- Nachkriegszeit. stehen. Die diskursiven Einflusslinien des Krie- Das betriffft nicht nur Handlungsreich- ges werden zunächst über eine Aufar- weiten, sondern überhaupt die Maßstä- beitung von zeitgenössischen Doku- be, Anschauungen und Begrifffe von menten aufgezeigt, um die historische Räumen. Untersuchungszeitraum sind Situation in Deutschland, Frankreich die Jahre zwischen 1500 und 1850, in und Großbritannien zu rekonstruie- denen die Grundformen des heutigen ren. Die Lektüre von Großstadttexten, Weltsystems entstehen. Der Wandel die Berlin, Paris und London ins Zen- der Raumbilder lässt sich auf mehreren trum rücken, zeigt schließlich, wie die Ebenen beobachten. Neue theoretische Schlachtfelder der Westfront in die wie gestalterische Zugrifffsweisen zei- Räume der Metropolen einbrechen. In gen sich in Malerei, Architektur und Werken von Alfred Döblin, André Bre- Städtebau ebenso wie bei der Durch- ton, Louis Aragon und H.D. (Hilda Doo- formung von Landschaften oder den little) werden die Gespenster des Krie- Modellen der Kosmologie – und darü- ges auf Berliner Friedhöfe, in Pariser ber hinaus in der Praxis der Politik wie Passagen und Londoner Kinos verfolgt. bei den ständig weiterentwickelten Verkehrs- und Kommunikationstech- nologien. 2018. ca. 429 Seiten, 3 s/w Abb., kart. € 79,00 2017. 498 Seiten, 158 s/w Abb., ISBN 978-3-7705-6315-9 Festeinband mit Schutzumschlag = Periplous, Münchener Studien € 59,00 zur Literaturwissenschaft ISBN 978-3-7705-6123-0
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