LUIGI & VANESSA RISOLI - Leben im Moment - NR. 1 FEBRUAR 2020 - Schweizerische Multiple Sklerose ...
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FORTE NR. 1 FEBRUAR 2020 Schweizerische Multiple Sklerose Gesellschaft www.multiplesklerose.ch LUIGI & VANESSA RISOLI Leben im Moment ANGEHÖRIGE Hilfe bieten – und annehmen KINDERWUNSCH Wie lässt sich eine Schwangerschaft mit der Diagnose MS vereinbaren?
Rabatt beim Autokauf MS-Betroffene, die aufgrund ihrer Behinderung auf ein Auto angewiesen und Mitglied der MS-Gesellschaft sind, erhalten beim Kauf eines neuen Wagens der folgenden Automarken einen Flottenrabatt: Erholung, Ferien und Therapie – mit oder ohne Rollstuhl P 39 gemütliche Zimmer P Kurhotel P Pflegebetten P Pflegerische Unterstützung P Fitness- und Therapieräume P Therapieangebot mleu_tad_22.08.2017 P Restaurant, Bistro und Sonnenterrasse P Eigene Parkplätze ZENTRUM ELISABETH Um vom Flottenrabatt zu profitieren, benötigen Hinterbergstrasse 41 Sie eine Bestätigung der MS-Gesellschaft. CH - 6318 Walchwil Das Antragsformular können Sie bei der Telefon 041 759 82 82 MS-Infoline bestellen: 0844 674 636 kontakt@zentrum-elisabeth.ch www.zentrum-elisabeth.ch advert_Maya_188x135_5.indd 1 07/01/2020 13:59
E DITORIAL MS BETRIFFT AUCH INHALT DIE ANGEHÖRIGEN RE P ORTAGE N Liebe Leserinnen, liebe Leser Portrait: Familie Risoli 4 Kinderwunsch mit MS 8 Angehörige sind Mitbetroffene. Und LE BE N MIT M S sie leisten jeden Tag Unglaubliches. Angehörige sind mitbetroffen 10 Deshalb widmen wir ihnen dieses Heft. Meienbergs Meinung 11 Auch bei Familie Risoli ist die MS Tag der pflegenden Angehörigen 13 von Mutter Vanessa ein ständiger Kinder kranker Eltern 14 Begleiter im Alltag. Eine Sehbehinde- Betreutes Wohnen oder Heimeintritt 16 rung und insbesondere die stark ausgeprägte Fatigue belasten die Neues Medikament 17 jungen Eltern und den 5-jährigen ME RC I Federico. Trotzdem leben sie ein Grosser Dank an alle Freiwilligen 18 erfülltes Leben und geniessen die Postfinance «E-Kässeli» 18 gemeinsame Zeit umso intensiver. Regionalgruppentagung 19 Benefizkonzert 21 Genau wie Betroffene müssen sich auch Angehörige mit den Auswirkungen der chronischen Krankheit auseinandersetzen: AGE NDA Pläne müssen überdacht, Einschränkungen in Kauf genommen MS Spendenlauf Oberrieden 22 und die Familiengründung gut geplant werden. Was Mitgliederversammlung & MS-Preis 22 das bedeutet, erfahren Sie auf den nachfolgenden Seiten. Veranstaltungen 23 Welt MS Tag 24 Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre! M S INTE RN Herzlich, Ihre Schweizer MS Register 25 Angehörigen-Forum Community 26 Impressum 26 Patricia Monin State of the Art Symposium 27 Direktorin Vorstellung Regionalgruppen 28 Kontakte knüpfen 29 AUSKL ANG Gilde-Rezept 30 Rendez-vous mit Tim Wielandt 31 Teilnahme MS Register 32 Nr. 1 | Februar 2020 | 3
RE P ORTAGE LUIGI & VANESSA RISOLI LEBEN IM MOMENT Eine starke Sehbehinderung und die immer wiederkehrende Fatigue schränken den Alltag von Vanessa Risoli ein. Ihr Ehemann Luigi ist eine wichtige Stütze, gemeinsam meistern sie den Alltag zwischen Arbeit, Freunden und Sohn Federico. «Wir haben gelernt, miteinander zu reden.» Vanessa und Luigi wohl, wenn sie damit unterwegs sei. Die Leute ver- Risoli werfen sich einen kurzen, ernsten Blick zu. Die beiden stünden nicht, wie sie gleichzeitig etwas sehen sind 36 und 35 Jahre alt, ein junges, sympathisches Paar. Und sie und einen Blindenstock nötig haben könne. haben schon einiges gemeinsam durchgestanden. Kennenge- lernt hatten sich die beiden während der Lehre, die sie beim glei- «Heute war es schön mit dir» chen Arbeitgeber absolvierten. Zusammengekommen sind sie Im Alltag empfinden Luigi und Vanessa Risoli Jahre später, das war 2007. Nach einiger Zeit erzählt Vanessa aber nicht die Seheinschränkung als grösstes Risoli von ihrer Sehbehinderung, Luigi kann es nicht glauben: Problem: «Die Fatigue wird immer mehr «Du und sehbehindert?» Von der MS hat er schon gewusst, Va- und immer öfter zu einem echten Hinder- nessa ist während der Lehre offen mit der Diagnose umgegangen. nis», hält Luigi Risoli fest. Oft müssen Plä- Aber dass ihr Sehvermögen durch die MS stark beeinträchtigt ist, ne über den Haufen geworfen werden, überrascht ihn. «Wir haben uns immer im Umfeld von Birsfelden weil Vanessa Risoli schlicht die Kraft getroffen, wo sie aufgewachsen ist und sich auskennt. Da ist mir fehlt. Sohn Federico ist mit den Ein- nicht aufgefallen, wie schlecht sie sieht.» In Wahrheit ist beim schränkungen seiner Mutter aufge- rechten Auge praktisch keine Sehkraft mehr vorhanden, auf dem wachsen und weiss, dass sie regelmäs- linken nimmt sie nur Umrisse wahr. sig Pausen braucht, in denen sie schlafen, sich erholen kann. Trotz- dem kommt es vor, dass der Kleine «Eines Morgens wollte ich spielen oder ihr etwas zeigen will. Dann ist es schwierig, ihm zu er- den Wecker abstellen, aber habe klären, dass seine Mutter gera- de keine Kraft hat und Ruhe ihn einfach nicht gesehen.» braucht. In diesen Momenten nicht vollumfänglich für ihren Vanessa Risoli beschreibt einen MS-Schub Sohn da sein zu können, ist für Vanessa Risoli schwer «Eines Tages hat am Morgen der Wecker geklingelt und ich woll- erträglich und schmerzhaft. te ihn abstellen, wie immer. Ich habe den Arm ausgestreckt und Es gibt auch Tage, an denen die Augen geöffnet, aber den Wecker einfach nicht gesehen.» An sie fit und energiegeladen jenem Tag hatte ein Schub nach dem linken nun auch den Seh- ist, dann unternehmen nerv des rechten Auges angegriffen. Danach musste sich Vanes- sie und Federico viel sa Risoli erst einmal an die neuen Umstände gewöhnen, Blin- zusammen, und er be- denschrift lesen und Hilfsmittel anwenden lernen – die Lupe, dankt sich am Abend: das vergrössernde Lesegerät oder den «Vorlesecomputer». In der «Mami, heute war es Wohnung müssen alle penibel darauf achten, alles immer wie- schön mit dir.» Lei- der am gleichen Ort zu versorgen und nichts liegen zu lassen, der kommen diese auch der 5-jährige Sohn Federico. Wenn nicht, kommt es vor, Momente nicht dass Vanessa Risoli stundenlang nach etwas suchen muss, und so oft vor, wie es es besteht die Gefahr, dass sie über etwas stolpert, und sich ver- sich Vanessa Risoli letzt. Wenn sie das Haus verlässt, hat sie stets ihren Blindenstock wünschen wür- dabei, obwohl sie diesen überhaupt nicht mag. Sie fühle sich un- de. Erschwerend 4 | Nr. 1 | Februar 2020
RE P ORTAGE mehr geht, das heute normal ist? Viel- leicht kann Vanessa irgendwann keinen Kaffee mehr trinken gehen. Darum le- ben wir im Moment.» Auch wäre es schön, wenn sie noch etwas von der Welt sehen könnten, solange Vanessa über- haupt noch etwas sieht. Aber sie lassen die Zukunft auf sich zukommen und machen keine Pläne, weder für eine «Die MS-Gesellschaft hat für uns gekämpft. Man fühlt sich einfach daheim, auch als Angehöriger.» Luigi Risoli Weltreise noch für ein zweites Kind. «Ich will mein Glück nicht herausfor- dern», sagt Vanessa Risoli mit nach- denklichem Gesichtsausdruck. … bis die MS überhand nimmt – Federico ist enttäuscht, Mit Unterstützung aus der Krise wenn sein Mami keine Energie zum Spielen hat. Die Auswirkungen der MS haben unter anderem dazu geführt, dass Vanessa Ri- soli 2018 in eine Depression gerutscht kommt hinzu, dass die Birsfelderin ohne drei sehr. Luigi sieht in der Unberechen- ist. Ein weiterer Faktor war Stress, wie Gehstock nur ein paar Hundert Meter zu barkeit der MS einen guten Grund da- das junge Paar rückblickend feststellt. Fuss unterwegs sein kann, dann braucht für: «Was ist, wenn etwas plötzlich nicht Anfang 2018 arbeitet sie noch und küm- sie eine Pause. «Es fühlt sich nach ein paar Schritten an, als ob ich auf Watte gehen würde.» Diese Einschränkungen gehen auch an Luigi Risoli nicht spurlos vorüber. Oft macht er sich Sorgen. Um seine Frau, um den gemeinsamen Sohn, um die Zukunft. Wenn es Vanessa Risoli nicht gut geht, kümmert er sich um Federico, über- nimmt im Haushalt, was ansteht: Kochen, Waschen, Staubsaugen. Zusätzlich zu ei- nem Vollzeitjob. Auch hat er ein Auge auf ihren Gesundheitszustand: «Wenn sie eine Grippe hat, steckt oft mehr dahinter», sagt er und denkt dabei an den letzten MS-Schub, der sich durch eine Grippe an- kündigte, die wochenlang nicht bessern wollte. Trotz allem ist es beiden wichtig, dass jeder seinen Freiraum behält und auch mal etwas mit Freunden oder alleine unternehmen kann. Aber auch das Die Augen von Vanessa Risoli sind durch die MS schwer geschädigt worden. Zusammensein als Familie geniessen alle Sie sieht kaum noch etwas und auf ein Vergrösserungsgerät zum Lesen angewiesen. 6 | Nr. 1 | Februar 2020
mert sich um Sohn Federico. Sie hat viel um die Ohren, ist abends öfter gestresst oder sitzt weinend auf dem Sofa. Und plötzlich meldet sich die MS mit einem heftigen Schub zurück. In der Folge ver- schlechtert sich der psychische Gesund- heitszustand der jungen Mutter, sie lei- det unter Stimmungsschwankungen und Wutausbrüchen. Glücklicherweise ist sie eine Kämpfernatur und erfährt viel Verständnis und Hilfe von ihrem Mann. Gemeinsam meistert die kleine Familie die schwierige Zeit. Zusätzlich melden sie sich bei der MS-Gesellschaft und erhalten Beratung zu möglichen Medikamenten und umfassende Unter- stützung bei der IV-Beantragung. «Bei der MS-Gesellschaft arbeiten tolle, kompetente Leute. Es ist immer jemand da, der helfen kann – sei es moralisch, psychisch oder auch finanziell», fasst Vanessa Risoli ihre Erfahrungen zusam- men. Lange Zeit hat sich Vanessa Risoli gegen eine Krankschreibung gewehrt: «Ich Auch für kürzere Spaziergänge braucht Vanessa Risoli ihren Blindenstock. habe mich immer geweigert, eine 100-prozentige Rente zu beantragen.» Doch als die Rente zugesprochen wird, fällt beiden eine Last von den Schultern. Stück Sicherheit und andererseits ist es Gedanken, als junge MS-Betroffene «Dass sie eine volle Rente hat und zu- gut, dass sie ihre Ruhezeiten jetzt so vielleicht nie mehr arbeiten gehen zu hause sein kann, gibt uns einerseits ein planen kann, wie sie es braucht.» An den können, muss sich Vanessa Risoli noch gewöhnen. Dass die MS-Gesellschaft ih- nen zur Seite gestanden ist, schätzen die beiden Baselbieter sehr. Luigi Risoli drückt es so aus: «Bei der MS-Gesellschaft wird auf den Menschen geschaut, sie hat für uns gekämpft und geholfen, dranzu- bleiben. Man fühlt sich einfach daheim, auch als Angehöriger.» Positive Erfah- rungen haben sie auch im Seminar «Ge- meinsam stark» gemacht. Dort haben sie andere Paare in der gleichen Situation kennengelernt, mit denen sie teilweise noch immer Kontakt halten. Und sie ha- ben viele Ideen erhalten, wie sie im All- tag mit der MS umgehen können. «Wir nehmen uns bewusst Zeit, um miteinan- der über die MS und die Schwierigkeiten zu reden, die dadurch entstehen. Dann tauschen wir uns aus, wir weinen und wir lachen zusammen, aber dann ist auch wieder Schluss. Denn MS, Sympto- me und Probleme sollen nicht tagtäglich im Mittelpunkt stehen.» Multiple Sklerose wirkt sich auf die ganze Familie aus: Luigi Risoli gibt seiner Text: Milena Brasi Frau Vanessa die Kraft, die ihr die MS nimmt. Bilder: Ethan Oelman FORTE Nr. 1 | Februar 2020 | 7
RE P ORTAGE KINDERWUNSCH BEI MS Wie geht man mit der Sehnsucht nach einem Kind um, wenn die Diagnose MS lautet? Als Betroffene kennt die Hebamme Stephanie Zingg beide Seiten. Bei jedem Familienbesuch mit von der Partie: die Babywaage. Stephanie Zingg ist Hebamme und zugleich MS-Betroffene. Sie möchte Frauen mit Kinderwunsch ganz einfach Mut machen. «Sie haben MS.» Der Befund ist meist Umgekehrt erhöht es sich aber nach der stillende Mütter, gewährt in dieser inten- ein Schock und stellt die eigene Existenz Geburt wieder. Wird mein Kind irgend- siven ersten Familienzeit fachliche und von einem Tag auf den anderen auf den wann eine sichtbar kranke Mutter ha- emotionale Unterstützung. Nicht alle Kopf. Die Krankheit mit den tausend ben? Diese Frage löst Ängste aus. Frauen sind bei der Geburt ihres Kindes Gesichtern kennt unterschiedliche Ver- laufsszenarien. Diese Unvorhersehbar- Die Hebamme Stephanie Zingg bereitet keit ist umso belastender, da sie Men- schen oft dann trifft, wenn sie mitten im in ihrer Wohnung in Goldswil einen Kaf- fee zu. Hund Chica schnarcht leise neben «Neben dem körperli- Leben stehen, zwischen zwanzig und vierzig, in einer Phase der Weichenstel- ihr auf dem Boden. Am Küchenschrank hängen Fotos, eine Collage aus Gesich- chen Gesundheitszu- lungen, des Gestaltens und der Entschei- dungen. Es ist die Zeit der Familien- tern von Familie, Freunden, Kindern. Auch in ihrem Berufsalltag ist die junge, stand ist auch das gründung. Gegen eine Schwangerschaft spricht medizinisch nichts, auf Frucht- warmherzige Frau von Leben umgeben. Als Wochenbetthebamme arbeitet sie subjektive Empfinden barkeit, Schwangerschaft und Geburt Vollzeit im Spital, betreut Mütter und de- der Frau wichtig.» hat die MS keinen Einfluss. Studien un- ren Säuglinge direkt nach der Geburt. behandelter MS-betroffener Frauen zei- Zusätzlich besucht sie in einem kleinen gen sogar, dass das Schubrisiko im Ver- Pensum Jungfamilien als freischaffende gesund. Die Gedanken, Fragen, Unsi- lauf der Schwangerschaft abnimmt. Hebamme zuhause, wägt das Baby, berät cherheiten von Frauen mit MS sind 8 | Nr. 1 | Februar 2020
Stephanie Zingg aber nicht nur aus ih- rem Beruf vertraut. Sie selber hat vor vier Jahren die Diagnose MS erhalten. Da- mals war sie 25. Beim Erstgespräch mit dem Neurologen brannte ihr eine Frage auf der Seele: «Kann ich noch Kinder be- kommen?» Bedachtes Planen ist wichtig Die Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft könne einem niemand abnehmen, so Zingg. Ganz allgemein empfindet sie die Lebensgestaltung seit der Diagnose als Balanceakt zwischen den Polen, richtig abzuschätzen, womit Wird mein Kind irgendwann eine sichtbar kranke Mutter haben? man sich aufgrund der MS tatsächlich Diese Frage löst bei MS-betroffenen Frauen Ängste aus. zu viel zumutet und was umgekehrt Energie zuführt, einen auch psychisch stärkt. Wer als MS-Betroffene in Be- handlung schwanger werden will, kann Und wie steht es mit der Gesellschaft? Gibt wunsch bei chronischer Krankheit am den Wunsch nicht dem Zufall überlas- es da vonseiten Nichtbetroffener womög- Herzen, es ist ihr ein Anliegen, darüber sen und die Natur einfach walten lassen. lich Vorbehalte, wenn eine Frau bei einer zu reden. «Ich möchte Frauen da abho- «Ein bedachtes Vorgehen ist wichtig», chronischen Krankheit mit ungewissem len, wo sie stehen: in der Entscheidungs- sagt Zingg, denn viele MS-Medikamen- Verlauf ein Kind bekommt? Stephanie findung, der konkreten Kinderplanung te sind schädigend für das ungeborene Zingg relativiert. Sie erinnert sich an eine oder der Schwangerschaft. Wichtig ist Kind. Das trifft übrigens auch auf einige MS-betroffene Jungmutter, die sich mit mir dabei aber, ausschliesslich fachliche zu, die der Kindsvater in der Zeugungs- dem Rollator zum Wickeltisch fortbewegte. und emotionale Unterstützung zu ge- zeit einnimmt. «Das Medikament muss «Natürlich fragt man sich, wie sie all die ben, ich steuere keine Entscheidungen.» also vorgängig abgesetzt und auf Herausforderung meistern wird.» Aber Welchen Weg auch immer Frauen ein schwangerschaftskompatibles um- ihre Erfahrung lehrt Zingg, von voreiligen gehen, wie sie im Thema Kinderwunsch gestellt werden.» Mit positivem Schwan- Schlüssen abzusehen. «Man kann über nie- gemeinsam mit ihren Partnern ent- gerschaftstest endet die medikamentöse manden urteilen», sagt sie. «Neben dem scheiden, Stephanie wünscht sich, den Therapie schliesslich bis zum Ende der körperlichen Gesundheitszustand ist auch Frauen ganz einfach Mut machen zu Stillzeit. Ob es nach der Geburt zu ei- das subjektive Empfinden der Frau wichtig, können. Die Frage nach einem Kind hat nem Schub kommt, ist nicht vorherseh- ihr psychisches Wohlergehen. Der Kinds- sie, was sie selbst angeht, vor einiger bar, zudem bringt jeder Medikamenten- vater, das Umfeld spielen eine bedeutende Zeit entschieden: Stephanie und ihr wechsel Risiken mit sich. Gleichzeitig Rolle. Das Private ist mitentscheidend.» Mann wollen zu gegebener Zeit Eltern besinnt sich Zingg auf die Worte ihres werden. Neurologen, dass ein Kind zu bekom- Doppelperspektive nutzen men nicht bedeute, sich gegen die eigene Als Hebamme, die selber von MS be- Gesundheit zu entscheiden. troffen ist, liegt ihr das Thema Kinder- Text und Bild S. Zingg: Esther Grosjean Schneller unterwegs mit dem neuen Modell SWT-1S. Jetzt Probefahren! Händler in Ihrer Nähe: www.swisstrac.ch FORTE Nr. 1 | Februar 2020 | 9
LE BE N MIT M S ANGEHÖRIGE: HILFE BIETEN UND ANNEHMEN Angehörige sind ebenfalls von MS betroffen. Sie müssen sich mit einem veränderten Ge- sundheitszustand eines geliebten Menschen und den entsprechenden Auswirkungen aus- einandersetzen, die sie möglicherweise das ganze Leben begleiten. Angehörige sind alle Personen, die jemandem nahestehen, der oder die an MS erkrankt ist. Dabei kann es sich unter an- derem um Lebenspartner, Eltern, Geschwister, Freunde, Ar- beitskolleginnen oder Nachbarn handeln, die mit Betroffe- nen in Kontakt stehen, sich mit ihnen verbunden fühlen und sich möglicherweise um sie kümmern. Fragt man Angehöri- ge, wie sie ihre Beziehung verstehen, bekommt man vielfälti- ge Antworten: Einige begleiten, sind einfach da, andere spre- chen von unterstützen oder managen, manche übernehmen die Pflege oder einen Teil davon. Krankheitsbedingte Verschlechterungen lösen Gefühle wie Zukunftsangst, Wut, Frust und Verzweiflung aus, die auch die Angehörigen erleben. Sowohl Betroffene als auch Ange- hörige fragen sich, wie das veränderte Leben zu bewältigen Dino und Ivana Dillena sind seit über 40 Jahren ein ist, suchen nach Antworten und Lösungen, denken positiv Paar und lassen sich von der MS nicht bremsen. und fühlen sich stark, hadern oder sind komplett überfordert. Nicht immer verläuft dieser Krankheitsbewältigungsprozess synchron und parallel zwischen den beiden. Trotzdem zeigt bewusst oder unbewusst gefordert. In der Folge bleibt Angehö- sich in Studien, dass die objektive und subjektive Belastung rigen kaum Raum zur Verarbeitung der eigenen, durch die der Angehörigen eng mit dem aktuellen Wohlbefinden des Krankheit bedingten Veränderungen der Lebensumstände. oder der Betroffenen verknüpft ist. Und dann ist wieder Alltag Die Anfangszeit und der «Diagnoseschock» Ist seit dem ersten Schock etwas Zeit vergangen, tritt vielfach Gerade in dieser Phase sind nahestehende Menschen besonders eine Form der Normalisierung ein. Trotzdem ist vieles nicht gefordert. Angehörige nehmen in der ersten Krankheitsphase mehr so, wie es war, denn die MS wird zu einem festen Bestand- oft eine unterstützende Rolle ein, indem sie sich gemeinsam mit teil des Lebens und beeinflusst die Lebensgestaltung. Dies den Betroffenen informieren und sie durch viele medizinische zwingt auch Angehörige, sich laufend mit den krankheitsbe- Untersuchungen und sozialrechtliche Institutionen begleiten. dingten Veränderungen auseinander zu setzen, auf diese zu re- Zugleich bieten sie Entlastung, indem sie in dieser ausserge- agieren und ihre Lebenspläne und -gewohnheiten anzupassen. wöhnlichen Situation für die Betroffenen ein Gesprächspartner Fragen drängen sich auf: Wie funktioniert das mit dem Arzt und sind, ihnen Zuversicht demonstrieren, ihnen ihre Nähe und Ver- den Therapieterminen? Was wird mit der Berufstätigkeit? Soll bindlichkeit versichern. Während also Angehörige aufmerksa- man den Haushalt und die Zuständigkeiten umstellen, braucht me Zuhörer, sensible Partner und eine besonders starke Stütze es eine praktischere Wohnung? Gibt es finanzielle Einbussen? sind, stellen sie ihre eigenen Belange oftmals weitgehend zurück. Ist externe Hilfe nötig? Wie soll man es den Kindern erklären, Dies wird teilweise vom Umfeld durch entsprechende Aussagen wie dem Arbeitgeber, den Freunden, den Nachbarn? Bei MS 10 | Nr. 1 | Februar 2020
LE BE N MIT M S können solche Fragen schnell oder schleichend über einen lan- gen Zeitraum auftreten. Es entwickelt sich eine Dynamik, bei MEIENBERGS MEINUNG der die Angehörigen selbstverständlich, und oft wenig reflek- tiert, stetig mehr Aufgaben oder Verantwortung übernehmen. Viele Angehörige handeln nach dem eigenen Anspruch, den Betroffenen fortwährend die bestmögliche Unterstützung bie- ten zu müssen. Auch das professionelle Versorgungssystem der Schweiz zählt indirekt auf die Angehörigen und plötzlich finden sich diese in der Rolle des Vermittlers bei ärztlichen und sozialrechtlichen Problemen, aber auch als Hilfsperson bei pflegerischen Tätigkeiten wieder. Das Zusammenleben neu erfinden Durch die MS entstehen veränderte Rollen und Abhängigkeiten. Tatsächlich ist es schwierig, mit einer Lebenssituation umzuge- hen, die beispielsweise einem ehemals alleinverdienenden Fami- lienvater nun die Rolle eines hilfsbedürftigen Teilzeitangestellten aufdrängt und damit der Ehefrau neben der Rolle der Erzieherin zugleich pflegerische und existenzsichernde Funktionen aufbür- det. Oder die Mutter im Seniorenalter zwingt, ihren MS-betrof- fenen Sohn wieder zu umsorgen und ihn trotz ihrer sinkenden körperlichen Gesundheit im Alter zu pflegen. Beispiele für solche Interview Rollenumstellungen gibt es so viele, wie die MS Gesichter hat. Die schleichende Rollenverschiebung kann bei Angehörigen Einem 18-jährigen Gymnasium-Schüler erzählte ich drei Stunden lang aus meinem Leben mit Multipler Sklerose. Es ging um seine Maturaabschlussarbeit. Er hatte dieses Projekt gewählt, weil sein Vater ebenfalls mit dieser Krankheit lebt und immer noch zu Fuss un- terwegs ist, wenn auch etwas unsicher mit einem Stock. Sein Sohn wollte aus diesem Grund drei ausführliche Interviews mit MS-Betroffenen schreiben. Ich kenne seinen Vater und war darum gern bereit, mitzuma- chen. Ich tue das nur auf diesbezügliche Nachfragen, weil ich damit niemanden langweilen will. Sein Vater hatte ihn hergebracht und sich bald darauf wieder ver- abschiedet. Er kann noch selbst Auto fahren, worum ich ihn sehr beneide, was ich ihm aber natürlich auch gönne. Also erzählte ich seinem sympathischen Sohn ausführlich, wie bei meinem England-Aufenthalt al- les begonnen hatte. Und wie es dann weiter ging. Mit allen «ups and downs». Meinen diversen Spitalauf- enthalten, meiner Karriere und meinem Privatleben. Eine Woche später erhielt ich von dem Gymnasiasten den ersten Entwurf. Er hatte mein ganzes bisheriges spannendes Leben auf drei Seiten zusammengefasst. Ich machte einige Korrekturen und schickte es ihm zurück. Schön wäre es, wenn ich auch bei meinem Dino Dillena wendet für den Papierkram im Zusammenhang Gesundheitszustand Korrekturen anbringen könnte. mit der Krankheit seiner Frau Ivana viel Zeit und Geduld auf. Einfach so per Telefon. langfristig zu Überlastungssituationen führen. Grund dafür ist nicht selten die dauerhafte Unterordnung eigener Bedürfnisse bei gleichzeitiger maximaler Ausschöpfung körperlicher und emoti- Reto Meienberg onaler Ressourcen. So erstaunt es nicht, dass pflegende Angehö- rige gegenüber der Durchschnittsbevölkerung häufiger sowohl körperliche als auch psychische Erkrankungen entwickeln und einen höheren Konsum von Schmerzmitteln und Psychopharma- FORTE Nr. 1 | Februar 2020 | 11
LE BE N MIT M S ka aufweisen. Mit der Krankheit können Veränderungen des Körpers einhergehen – etwa eine durch die Spastik bedingte ver- änderte Körperhaltung, Störungen beim Gehen, Blasenstörungen oder Hautprobleme. Eine eingeschränkte Mobilität führt nicht selten zu einer Abnahme sozialer Aktivitäten, wovon auch die An- gehörigen betroffen sind. Aus Rücksicht äussern diese wiederum ihre eigenen Bedürfnisse nach Sozialkontakten häufig nicht oder schränken sich stillschweigend ein. Lieber nehmen sie eine Ein- schränkung der eigenen sozialen Kontakte in Kauf, als dem oder der Betroffenen das Gefühl zu geben, unzulänglich oder eine Last zu sein. Dies kann zu Unzufriedenheit, Resignation und Aggres- sionstendenzen führen. Gemeinsam stark lautet die Devise: Pro- bleme managen, Hilfe bieten und diese auch annehmen sind wichtige Schritte, um gemeinsam das Leben mit MS zu meistern. Text: Susanne Kägi, Co-Leitung Beratung & Marc Lutz, Leitung Wissen & Entwicklung Gemeinsamer Umgang mit MS Für einen gemeinsamen erfolgreichen Umgang mit MS empfiehlt es sich, folgende Fragen klären: Angehörige: Was bedeutet die MS für mich? Wie würde ich mich fühlen, wenn ich selber erkrankt wäre? Macht mir die MS Angst? Welche Stärken Dino Dillena übernimmt einen grossen Teil der Pflege seiner Frau Ivana. Für Angehörige in der gleichen Situation, kann dies zu einer helfen mir? Welche Betreuungsaufgaben kann und grossen Belastung führen. will ich übernehmen, welche nicht? Betroffene: Wie geht meine Partnerin, mein Partner mit meiner MS um? Kann ich seine Gefühle nachvollzie- hen? Empfinde ich die Reaktion als angemessen? Pflegende Angehörige: «Ich gehe nicht gerne weg. Wenn Gemeinsam: Was ist uns in unserer Beziehung wichtig? Hat sich das durch die MS verändert? Hat sich unsere etwas passiert, bin ich schuld!» Beziehung verändert? Positiv oder negativ? Was macht Pflege- oder Betreuungssituationen verlangen Angehö- uns als Paar stark? rigen viel ab und bedeuten nicht selten erhebliche körperliche und seelische Anstrengungen. Oft ist Die MS-Gesellschaft kann Sie dabei unterstützen. der Anspruch da, dass man es alleine schaffen kann. MS-Infoline: 0844 674 636 Schliesslich ist man ja der Gesunde und muss stark bleiben. Daran festzuhalten kann längerfristig überfor- dern und krank machen. Pflegende Angehörige sind auf Entlastungsstrategien angewiesen, um der eigenen Rotobed® psychischen und körperlichen Überlastung entgegen- zuwirken und vorzubeugen. Die eigene Rückzugsmög- dieses Bett hilft Ihnen lichkeit, die eigene Regeneration ernst zu nehmen, bedeutet auch, Hilfe anzunehmen und sich beispiels- weise von professionellen Diensten wie der Spitex helfen zu lassen. Die MS-Gesellschaft berät (pflegende) Angehörige und unterstützt sie dabei, individuelle Strategien zu entwickeln. Sie verschafft Ihnen einen Überblick über die Sozialversicherungen und Ihre Leistungsansprü- che. Die Gruppenaufenthalte der MS-Gesellschaft und denen, die Ihnen helfen ermöglichen Angehörigen eine Verschnaufpause. Erfahren Sie mehr unter smart-assist.ch 12 | Nr. 1 | Februar 2020
LE BE N MIT M S «HELDINNEN UND HELDEN DES ALLTAGS» Am 30. Oktober 2019 war der Tag der pflegenden und betreuenden Angehörigen in der Schweiz. Unter den 600’000 Angehörigen sind mehrere tausend Menschen, die MS-Betroffene betreuen. Nicht selten bis an die Grenzen der Belastbarkeit. Das ist die Realität, die am 30. Oktober vielschichtig beleuchtet wurde. ihren Mann bis zu dessen Tod 2004 küm- merte. Auch sie kam irgendwann an ihre physischen und psychischen Grenzen. Bis jener Punkt erreicht war, den sie als ext- rem wichtigen Schritt in Erinnerung hat. Sich selbst eingestehen zu müssen: «Ich schaffe das nicht mehr alleine.» Sie betont aber auch: Jeder steht erst einmal indivi- duell in der Verantwortung, sein Leben im Alter zu regeln. Krankheit sei aber eben nicht immer planbar. Wo es dann an Kraft oder Finanzen fehle, sei der Staat gefordert. ... und ein Bundesrat Um 19 Uhr hat Bundesrat Alain Berset seinen Auftritt. Er macht klar, hier und heute sei er Betroffener, wie alle anderen im Saal, denn alle würden älter – und bräuchten Betreuung. Die Frage sei nicht ob, sondern nur wann. Bundesrat Berset (links am Pult) sagt: «Das Gesamtsystem der Schweiz kann den gewaltigen Beitrag der Angehörigen nicht ersetzen.» Berset räumt freimütig ein, dass das Ge- samtsystem Schweiz den gewaltigen Bei- Zum Tag der pflegenden Angehörigen hat zialer Teilhabe ausgleichen und finanzi- trag der Angehörigen gar nicht ersetzen die MS-Gesellschaft in Zürich eine telefo- elle Einschränkungen puffern, kann nicht könne. Solidarität sei eine der wichtigsten nische Spezial-Infoline eingerichtet. Eine hoch genug eingeschätzt werden. Pardini Ressourcen und Stärken eines Landes. In gute Entscheidung. Es rufen Angehöri- sieht die Pflege umfassend gesetzlich ge- diesem Kontext sind betreuende Angehö- ge an, die Fragen haben und mehr Hilfe regelt, im Gegensatz zur Betreuung. Der rige für Berset «Heldinnen und Helden benötigen. Das Beratungsteam hat Men- Soziologe bringt als Lösungsansatz «Be- des Alltags». Es sei aber zwingend, über schen am Hörer, die nicht mehr weiterwis- treuung» als gesetzlich verankerten An- politisches Handeln die Rahmenbedin- sen, oder nicht mehr weiterkönnen. Viele spruch ins Spiel, für den es die politischen gungen neu zu schaffen. Mit den am Vor- der Gespräche sind lang, eines 45 Minu- Rahmenbedingungen zu setzen gelte. tag beschlossenen bezahlten Betreuungs- ten, ein anderes eine knappe Stunde. zeiten für Eltern kranker Kinder sei hier Praxis … ein sehr wichtiger Schritt gelungen. Theorie … Eine spannende Podiumsdiskussion Bern, Inselspital. Der Einladung des Ent- schliesst sich an. Forscher Pardini ist In der Gegenwart wird es die Heldinnen lastungsdienstes Schweiz zur Veranstal- dabei. Mit Marianne Schütz eine Frau, die und Helden des Alltags noch eine ganze tung «Alt werden und selbstbestimmt ihre Schwiegermutter und ihren schwer- Weile brauchen. Und auch Aktionen, die bleiben – am liebsten daheim» folgen behinderten Bruder betreut, dazu noch die Notwendigkeit nächster Schritte laut zahlreiche Interessierte und Betroffene. in einem 80%-Pensum arbeitet. Pierette und deutlich und immer wieder anmah- Im Auditorium Maurice E. Müller bleibt Glutz vertritt ihr Unternehmen, das Be- nen. Es gibt da eine grosse Anzahl Men- kein Platz leer. Der Soziologe Ricardo treuungsfragen mit seinen Mitarbeiten- schen, die Hilfe braucht, um helfen zu Pardini steckt den wissenschaftlichen den auf Augenhöhe und für beide Seiten können. Rahmen ab, mit Studien, Zahlen, Fakten. konstruktiv angeht. Christine Egerszegi- Die Bedeutung Angehöriger, die gesund- Obrist als Fünfte in der Runde ist Alt-Na- Bild: Entlastungsdienst Schweiz, heitlich unterstützen, den Verlust an so- tionalrätin und Angehörige, die sich um Romel Janeski FORTE Nr. 1 | Februar 2020 | 13
LE BE N MIT M S KINDER KRANKER ELTERN Die Diagnose MS ist selbst für erwachsene Menschen ein tiefer Einschnitt. Welches Gefühlschaos mag die Nachricht «Mama/Papa hat eine unheilbare Krankheit» dann erst in den Köpfen von Kindern auslösen? Albtraum der Kinder ist der Tod des Der einzige Weg: Reden und Erklären schlechten Zustand des Elternteils bei betroffenen Elternteils. Daraus resul- Eltern wollen ihre Kinder schützen, ih- sich suchen. Zu möglichen Verlustängs- tiert die herzzerreissendste aller Fragen: nen Sorgen ersparen. Krankheiten, noch ten gesellen sich Scham, Schuld- und «Musst Du wegen MS sterben?» Diese dazu unheilbare, sind da ein Thema, das Unzulänglichkeitsgefühle. Auch die Furcht bleibt, wenn auch abgeschwächt. man gerne verheimlicht. Aber das bringt Krankheit nicht beim Namen zu nennen Es schliessen sich Fragen an: So folgt oft nichts: Kinder und Jugendliche haben - «Mami ist krank» – ist keine Alternati- zeitverzögert jene, ob MS ansteckend sei. ganz feine Antennen, wenn es einem El- ve. Das kann dazu führen, dass Kinder Mit zunehmendem Alter dann die Sorge, ternteil nicht gut geht. Die Krankheit zu Symptome der Eltern nicht einordnen man trage die Krankheit selbst in sich, sie verschweigen kann im Gegenteil dazu können und sie sogar – bewusst oder sei also vererbbar. Wie damit umgehen? führen, dass Kinder den Grund für den unbewusst – imitieren. 14 | Nr. 1 | Februar 2020
LE BE N MIT M S verhältnissen wahrscheinlicher. Diese können aber nicht vor- ausgesetzt werden. Gerade die MS ist nicht selten zu bedroh- lich, zu mächtig, Bindungen werden gelöst, die Partner gehen getrennte Wege. Insbesondere da, wo beispielsweise der Vater die Familie verlassen hat (oft eben aus Gründen, die mit der Erkrankung der Mutter zu tun haben), ist das Leben der Kin- der sehr schwierig. Zur Sorge um die Mutter kommt der Part als «Vater-Ersatz», die Übernahme von Pflichten im Haushalt (Problematik der «Young Carers», jungen Menschen, die Be- treuungs- oder Pflegeaufgaben übernehmen), das sich Küm- mern um Geschwister, die Gedanken an die eigene vernachläs- sigte Ausbildung, der Verlust an Sozialkontakten, pubertäre Einflüsse und letztlich auch noch die Zeitschiene: Die MS ver- schlimmert sich in aller Regel langfristig. Und damit werden die Zukunftssorgen nicht geringer. Im Kindercamp geniessen 7- bis 16-Jährige aus einer Familie mit MS-betroffenem Elternteil eine unbe- schwerte Zeit mit Gleichgesinnten. Das gemeinsame Schicksal verbindet die Kinder & Jugendlichen. Besser ist es, den Nachwuchs altersgerecht und schrittwei- se über MS zu informieren. Fakten und eigene Emotionen nicht zu unterschlagen, aber auch nicht die jungen Menschen mit Dingen zu überfrachten, nach denen sie gar nicht gefragt haben. Fragen zulassen und wann immer ein Kind eine Fra- ge stellt, verständlich und verständnisvoll darauf eingehen. Zudem kann man mit ihnen klären, wie sie mit Fragen und Sorgen künftig umgehen wollen. Das macht es den Kleinen leichter, sich später wieder zu getrauen, Fragen zu stellen und sich offen mitzuteilen. Helfen können dabei passende Medi- en: Für die ganz Jungen zum Beispiel Bilderbücher, die MS «spielerisch» erklären. Für etwas Ältere und Teenager aber auch Erklärvideos im Comic-Style, wie sie auch die MS-Ge- sellschaft auf ihrem Youtube-Kanal anbietet. In den Erklärvideos wird Kindern auf verständliche Weise erklärt, was ein Leben mit MS bedeutet. Mehr Videos Gute und schlechte Konsequenzen auf dem Youtube-Kanal der Schweiz. MS-Gesellschaft. Ein MS-betroffener Elternteil verändert das Familienleben in einer Bandbreite von «leicht» bis «extrem». Im positiven Fall kann die Krankheit zusammenschweissen. Und auf Ebe- ne der Kinder tatsächlich dazu führen, dass Sozialkompetenz Angebote der Schweiz. MS-Gesellschaft und Verantwortungsbewusstsein stärker ausgeprägt sind als Hilfe in Anspruch zu nehmen, früh- und rechtzeitig, ist so bei Gleichaltrigen. Negativ gesehen zwingt die Krankheit die wichtig wie der familiäre Ansatz: Eine individuelle Beratung Kinder aber auch (viel zu) früh in Erwachsenenrollen. Oder kann die Familie insgesamt in ihrer Krankheitsverarbeitung aber sie stellen eigene Wünsche und Bedürfnisse zurück, um unterstützen. Dazu sind Erfahrung und Einfühlungsvermö- eine schwierige Situation nicht noch schwieriger zu machen. gen nötig. Geschulte Fachpersonen der MS-Gesellschaft ha- Ein Gefühl, zu kurz zu kommen, gegenüber Freunden und ben beides. Ziel muss es sein, Lösungen zu finden, die auf die Klassenkameraden aussen vor zu sein, ein Stück Kindheit zu familiäre Situation passen, die Ungewissheit der Krankheit verpassen, kann die Langzeitfolge sein. mildern und es ermöglichen, ein Vertrauen in die Zukunft zu entwickeln. Was tun, wenn die Last zu gross ist? Der Effekt des Zusammenschweissens ist in intakten Familien- Text: Rainer Widmann FORTE Nr. 1 | Februar 2020 | 15
LE BE N MIT M S BETREUT WOHNEN ODER INS HEIM: EINE AUSLEGEORDNUNG Das Leben zu Hause kann trotz körperlichen Einschränkungen eine erhöhte Lebensqualität bieten. Es ist eines der wichtigsten Bedürfnisse von Personen mit einer chronischen Krank- heit. Ein Patentrezept, ob und wann ein Heimeintritt sinnvoll und entlastend sein kann, gibt es eben so wenig wie eine richtige oder falsche Lösung. Bei einer unberechenbaren Krankheit wie MS geben die vertrauten Räume mit der gewohnten Einrichtung das Gefühl von Sicherheit und Konstanz: der eigene Gar- ten, die bekannten Geschäfte in der Um- gebung, der Austausch mit langjährigen Nachbarn, die Nähe zum Hausarzt, das Mitwirken im Verein, der selbstbestimmte Tagesablauf. Der Gedanke an ein Leben im Heim ist oft mit Vorbehalten und Ängsten verbunden: «Verfüge ich noch über Pri- vatsphäre?», «Bin ich den ganzen Tag von sehr alten Menschen umgeben, die früh ins Bett gehen?», «Bin ich zu aufwendig, werde ich abgeschoben?», «Kann ich mir ein Heim überhaupt leisten, wer zahlt das alles?» Solche Fragen erschweren es, sich seine Hilfsbedürftigkeit einzugestehen oder sich mit einem möglichen Heimein- tritt auseinanderzusetzen. Angehörige, insbesondere Ehe- oder Lebenspartner, aber auch andere nahestehenden Personen stehen in einem engen Verhältnis zu den von MS betroffenen Menschen. Oft sind sie emotional stark mit ihnen verbunden und leiden mit ihnen unter den direkten und indirekten Folgen, welche die Krank- heit mit sich bringt. Zusätzlich überneh- men Angehörige oft stillschweigend den pflegerischen Aufwand und kommen da- bei nicht selten an ihre Grenzen, emotio- Silvia Steiner wohnt von Sonntag bis Donnerstag im Betreuten Wohnen. So ist nal und auch körperlich. sie tagsüber nicht immer alleine, wenn ihr Mann Markus bei der Arbeit ist. Er wiederum hat mehr Zeit für sich und kann nachts wieder durchschlafen. Menschliches Verhalten In den einzelnen Phasen einer Krank- heitsverarbeitung reagieren Menschen Depression führt. Die bereits vorhande- Weltbezug und der Bereitschaft, die Si- sehr ähnlich, jedoch können die Reaktio- nen Verluste in Form von körperlichen tuation bewältigen zu wollen. Dazu kön- nen unterschiedlich ausgeprägt sein und Einschränkungen werden wahrgenom- nen auch Überlegungen zur jetzigen und verschieden lange andauern. Nach dem men. Die unbekannte Zukunft macht zukünftigen Wohnform gehören. Viele anfänglichen Schock oder dem Nicht- Angst. Diese Phase wird unter anderem Paare versprechen sich, füreinander da Wahrhaben-Wollen folgt eine Zeit der in der Trauerforschung das «Tal der zu sein, «in guten wie in schlechten Zei- aufbrechenden Emotionen. Wut, Trauer, Tränen» genannt. Das Überwinden dieser ten». Für die einen Menschen kann die- Angst oder die Suche nach Schuldigen Zeit dauert bei jeder Person unterschied- ses Versprechen eine Kraftquelle sein, führen oft zu Aktionismus, der in eine lich lang und mündet in einer Anpassung für andere wird es zu einer Bürde, die sie Phase der Ermüdung, Trauer oder auch an die Realität mit neuem Selbst- und nicht alleine tragen können. Schuld- und 16 | Nr. 1 | Februar 2020
LE BE N MIT M S Versagensgefühle können die Folge sein Stufen, der Einbau eines Lifts oder An- spannteren und besseren Verhältnis und sogar eine naheliegende und entlas- passungen im Sanitärbereich. Eine weite- zwischen den beiden gesorgt hat. tende Lösung verhindern. re Möglichkeit ist das Wohnen in einer Wohnung oder Wohngemeinschaft mit Die linke Körperseite von Ivana Dillena Unterstützung der MS-Gesellschaft Assistenz, d.h. integrierten Pflege- und ist gelähmt. Sie sitzt im Rollstuhl und Die Schweiz. MS-Gesellschaft unter- Versorgungsdiensten, die punktuell bezo- lebt mit ihrem Mann Dino zuhause. Eine stützt Betroffene und Angehörige bei gen werden können. Residenzen, meistens Beraterin der MS-Gesellschaft hat auf der umfassenden Auseinandersetzung private Institutionen, bieten behinderten- den Assistenzbeitrag der IV aufmerksam mit der Situation. Das Akzeptieren von gerechte Wohnungen oder Einzelzimmer gemacht. Das Ehepaar erhält nun eine persönlichen Grenzen, das sich Befreien mit Serviceleistungen an. Weiter gibt es Entschädigung für eine Assistentin, die von hohen Fremd- oder Selbstansprü- die privaten oder öffentlich-rechtlichen Ivana Dillena tagsüber betreut. Zudem chen, das Eingeständnis von eigenen Pflegeheime und auch Wohnheime für nimmt sie regelmässig an den Gruppen- Unzulänglichkeiten sind erste Schrit- jüngere Menschen mit Behinderung. Eine aufenthalten teil, organisiert durch die te für ein konstruktives Weitergehen. neu erstellte Wohnmöglichkeit bietet das MS-Gesellschaft. Auch Dino Dillena ge- Sandra Künzli, Co-Leiterin Beratung, kürzlich eröffnete Haus «Solaris» des niesst diese freie Zeit für sich, nebst sei- weiss, wie erleichternd eine «Auslegeord- Zentrums Elisabeth, Walchwil. Die 15 ge- nem Job und kann Kraft tanken. nung» der Themen für alle sein kann: «Da- räumigen Zimmer mit massgeschneider- bei geht es darum, Themen und Umstände tem Pflege- und Therapieangebot stehen Heinz Buchs ist pensionierter Lehr- benennen zu können. Das können Fakten, MS-Betroffenen für längere Aufenthalte meister, Ehemann, Opa, Hausmann und aber auch Gefühle, Ängste, Beziehungs- offen. Das Zentrum Elisabeth wirkt mit pflegt seine von MS betroffene Ehefrau. dynamiken oder Rollenverständnisse dem neuen Angebot dem Problem entge- Die beiden tauschten ihr Haus nach sein. Egal welche Konstellation vorliegt: gen, dass Betroffene mangels Alternativen 38 Jahren gegen eine rollstuhlgängige Es gilt, in jedem Fall den passendsten oftmals in Alters- oder Pflegeheimen un- Wohnung und holen sich Unterstützung Weg zu finden. Es gibt dabei keine richtige tergebracht werden müssen. Deshalb hat in den Kinaesthetics-Seminaren, den oder falsche, gute oder schlechte Lösung. die MS-Gesellschaft das Bauvorhaben mit Gruppenaufenthalten, die Esther Buchs Die frühzeitige Auseinandersetzung mit einem substanziellen finanziellen Beitrag regelmässig besucht und mit einer Pfle- der eigenen Wohnform erleichtert die unterstützt. gehilfe, die Esther täglich beim Anziehen Bewältigung der Situation.» und der Morgenpflege hilft. Beispiele aus dem Alltag Ausserdem unterstützt die MS-Gesellschaft Die Betroffene Silvia Steiner lebt von Ein früher Anruf bei der MS-Gesellschaft bei der Suche nach möglichen passenden Sonntagabend bis Donnerstagmorgen lohnt sich, um die ideale Lebensform, Angeboten, steht zur Klärung finanzieller im externen Wohnhaus. Der Ehemann passend zur persönlichen Lebenssituati- Fragen zur Verfügung. Möglichkeiten im Markus Steiner nutzt diese Zeit für sich. on, zu finden. Wohnbereich gibt es einige: Dies können Was zuerst ein schlechtes Gewissen ver- bauliche Massnahmen daheim sein, wie ursachte, ist mittlerweile für beide eine Text: Antonella Rossi z. B. die Entfernung von Schwellen oder Entlastung geworden, die zu einem ent- Bilder: Ethan Oelman NEU KRANKENKASSENZULÄSSIG Ab dem 1. Dezember 2019 ist Fampyra® in der Spezialitäten- liste (SL) geführt und wird so- mit aus der Grundversicherung der Krankenkassen vergütet. Das neu zugelassene Medikament ist verschreibungspflichtig und wird zur Verbesserung der Gehfähigkeit von er- wachsenen MS-Betroffenen angewen- det. Der Einsatz des Präparats muss durch einen Arzt mit Erfahrung in der Behandlung von MS begonnen und überwacht werden. Das MS-Infoblatt über das neue Medikament enthält verlässliche und neutrale Fachinformationen. FORTE Nr. 1 | Februar 2020 | 17
ME RC I DANKE DEN FREIWILLIGEN Ehrliche Wertschätzung: Die MS-Gesellschaft hat sich dies am Samstag, 8. Februar 2020 an der Dankesveranstaltung für die freiwilligen Helfenden zur Aufgabe gemacht. Dafür, dass sie MS-Betroffene in den Begegnungswochen und Gruppenaufenthalten begleiten, betreuen und pflegen. Ein Mitglied der Geschäftsleitung und die Mitarbeitenden des Bereichs Kongress- und Veranstaltungsmanagement begrüssten die Gäste im Pfarrzentrum St. Josef in Zürich mit einem freundlichen Lächeln und einem herzlichen Dankeschön. Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich, man freute sich über das Wiedersehen. Beim Brunch blieb viel Zeit, um sich auszutauschen und gleichzeitig das ausgezeichnete Essen zu geniessen. Dem freischaffenden Künstler Hannes vo Wald gelang es, mit viel einfühl- samem Humor und umwerfend verwirren- den Situationen alle Anwesenden ins Stau- nen zu versetzen und herzhaft zum Lachen zu bringen. Er sagt: «Etwas vom schöns- ten ist für mich, wenn ich Menschen zum Lachen bringen kann. Lachen befreit und hat eine heilende Wirkung!» Die MS-Gesellschaft teilt seine Meinung und sagt allen freiwilligen Helferinnen und Helfer der Gruppenaufenthalte und Begegnungswochen von Herzen Danke! Wer schwer von MS betroffen ist, braucht Hilfe – die Freiwilligen der Danke fürs Mitanpacken, fürs Dasein und Schweiz. MS-Gesellschaft zeigen grosses Engagement und setzen alles daran, das unermüdliche Engagement! in den betreuten Aufenthalten die nötige Unterstützung zu bieten. KLEINE SPENDE, GROSSE WIRKUNG Bei jedem Einkauf mit der PostFinance Card Menschen mit MS unter- stützen – dazu wird nur das kostenlose «E-Kässeli» von PostFinance benötigt. Jeder bestimmt die Aufrundung der Einkaufssumme selbst: auf 1 Franken, die nächsten 5 oder 10 Franken. Der Betrag wird jeweils Ende Monat direkt an die Schweizerische Multiple Sklerose Gesellschaft gespendet und für MS-Betroffene eingesetzt. So funktionierts – Auf www.postfinance.ch das «E-Kässeli» einrichten – Rubrik Privatkunden, Produkte, Digital Banking, E-Kässeli – oder Kontaktcenter PostFinance, Tel. 0848 888 710 – PostFinance-Konto der Schweiz. MS-Gesellschaft Jetzt «E-Kässeli» einrichten und einsetzen: 80-8274-9 mit jedem Einkauf spenden. 18 | Nr. 1 | Februar 2020
Die rund 60 Regionalgruppen sind für die erfolgreiche Arbeit der MS-Gesellschaft unverzichtbar. 01 9 2REGIONALGRUPPEN- TAGUNG Zusammen in die Zukunft: Die Regionalgruppen aus der Romandie versammelten sich bereits am 26. September in Lausanne. Am 26. Oktober folgte die Regionalgruppentagung in der Deutschschweiz. Die neben dem Regionalgruppenausflug weitere Möglichkeit im Jahr, sich persönlich auszutauschen, wurde rege genutzt. 26 Regionalgruppen aus der gesamten Deutschschweiz entsandten ein oder zwei Arbeitsgruppenmitglieder nach Zürich. Die rund 60 Regionalgruppen (RG) Datenschutzbestimmungen – Auswirkun- Ideen gefragt sind für die erfolgreiche Arbeit der gen auf die Arbeit der Regionalgruppen» Diesem Szenario wollen die RG mit MS-Gesellschaft unverzichtbar. Die darin und von Luana Pellegrini, Bereichsleite- einem kreativen Massnahmenkatalog aktiven Freiwilligen sind für MS-Betrof- rin Kongress- & Veranstaltungsmanage- begegnen. Bestehende Netzwerke und fene nicht nur Ansprechpartner vor Ort, ment, über das Dienstleistungsangebot Beziehungen sollen intensiviert werden. sie stellen auch ein abwechslungsreiches «Webinare» rundeten das umfassende In- Vor allem bei Gelegenheiten wie dem Freizeitprogramm zusammen. Um über- fo-Update ab. Die Stimmung war herzlich, Welt MS Tag oder dem Gilde-Kochtag greifend zu funktionieren, gemeinsame die Atmosphäre durch aktives Einbringen will man vor Ort noch mehr Men- Ziele und Standards zu haben, treffen sich und konstruktive, gute Ideen geprägt. schen im direkten Kontakt begeistern. Regionalgruppen und Vertreterinnen und Wo sich die Zusammenarbeit anbietet, Vertreter der MS-Gesellschaft regelmässig Herausforderung: sucht man die Kooperation und Bünde- zu intensiven Tagungen. Vorsitz hat jeweils Mangel an Freiwilligen lung der Kräfte mit anderen Hilfsorga- die Regionalgruppenkommission, gebildet Am Nachmittag ging es in zwei Work- nisationen. Zu guter Letzt will man den aus 3 Personen aus 3 Sprachregionen. shops weiter. «Deine Regionalgruppe schon eingeschlagenen Weg, neue Kräf- – heute & morgen» und «Freiwilligen- te online und über Social-Media-Kanäle Fokus auf Fakten arbeit – Wertschätzung und Freiwillige zu gewinnen, ausbauen. Aber auch die Nach der Begrüssung durch Therese finden» kreisten beide um das zentrale Politik sieht man gefordert: Das beginnt Lüscher, RG-Kommission D-CH, fasste Problem, dem sich die Regionalgruppen mit dem Umstand, dass unentgeltliche Direktorin Patricia Monin in ihrer Prä- stellen müssen: Nachwuchsrekrutierung. Arbeit steuerlich nicht absetzbar ist und sentation nochmals die aufwändigen Für viele RG ist drohende Überalterung endet mit der Forderung, den Stellen- Schritte zusammen, die mit einer erfolg- ein grosses Thema. Neue Freiwillige sind wert freiwilliger Arbeit zu betonen und reichen Rezertifizierung für das SQS- nur schwer zu finden. «Ein wenig» mit- zu belohnen. Gütesiegel belohnt wurden. Dr. Christoph machen möchten manche, «richtig» und Lotter, Co-Direktor, erläuterte in der Fol- langfristig Verantwortung übernehmen Mit diesen Ideen und einem optimisti- ge detailliert die Beweggründe, warum die eher wenige. Dieser gesamtgesellschaft- schen Ausblick endete eine fordernde, MS-Gesellschaft künftig komplett auf fi- liche Trend rund ums Ehrenamt macht aber auch sehr harmonische Veranstal- nanzielle Mittel von der Pharma-Indust- auch vor den Regionalgruppen nicht Halt. tung. Für die anstehenden Herausforde- rie verzichtet und warf einen Blick in die Als Damoklesschwert schweben mögliche rungen wird die MS-Gesellschaft gemein- Zukunft. Vorträge von Rafaela Zysset, Einschränkungen des Dienstleistungsan- sam mit den Regionalgruppen Lösungen RG-Kommission I-CH, zum Thema «Neue gebots über den MS-Betroffenen. erarbeiten. FORTE Nr. 1 | Februar 2020 | 19
AGE NDA CH-9620 LiCHtensteig teLefon 071 987 66 80 TreppenlifTe Treppenlifte RollstuhlliftE Sitzlifte | Aufzüge | Plattformlifte sitzliftE Service schweizweit, kostenlose Beratung AufzügE Montiert in 2 Wochen www.hoegglift.ch Meier + Co. AG, Oltnerstrasse 92, 5013 Niedergösgen, Tel. 062 858 67 00 info@meico.ch, www.meico.ch Seit über 25 Jahren Ihr Spezialist für: von ren Sie Profitie nterstütz ung unserer U Behinderten-Fahrzeuge und Umbauten aller Art Unterstützung bei Abklärungen mit STV-Ämtern, IV-Stellen oder anderen Kostenträgerstellen mobilcenter von rotz gmbh Tanneggerstrasse 5a, 8374 Dussnang Telefon 071 977 21 19 Schauen Sie in unsere vielseitige Homepage: www.mobilcentergmbh.ch Im Alter zu Hause leben Heimelig Betten möchte, dass Sie sich zuhause fühlen. Wir beraten Sie gerne und umfassend und übernehmen die erforderlichen administrativen Aufgaben mit den Kostenträgern, damit Sie Ihren Alltag zuhause weiterhin geniessen können. MS-Infoline: 0844 674 636 8280 Kreuzlingen Tel. ★ 071 672 70 80 Mo. – Fr. von 9.00 bis 13.00 Uhr Telefon 365 Tage persönlich besetzt www.heimelig.ch Vermietung und Verkauf von Pflegebetten 20 | Nr. 1 | Februar 2020
HEITERE SCHLITTENFAHRT Zum 3. Advent lud die MS-Gesellschaft zum traditionellen Benefizkonzert mit unkonventionellem Programm: Nebst klassischen Werken stand das Kinderbuch «Babar, der kleine Elefant» mit Bildern, Musik und Stefan Gubser im Mittelpunkt. Zur Eröffnung des Benefizkonzerts vom der Regionalgruppen, die in der ganzen und Zuhörer hatten sichtlich Spass. Da- 15. Dezember 2019 erzählte Direkto- Schweiz einen wertvollen Beitrag gegen von zeugte auch der frenetische, lang rin Patricia Monin vom Schicksal der die Isolation von MS-Betroffenen leisten. andauernde Applaus nach Ende der MS-Betroffenen Jaqueline Du Pré. Sie Gerade wenn liebgewonnene Hobbies Geschichte. war eine begnadete Cellistin und ein nicht mehr gepflegt werden können. Ausnahmetalent, das mit 28 Jahren die Heiter ging es weiter. Christof Brunner Diagnose Multiple Sklerose erhielt. Trotz Den musikalischen Einstieg machten und die Camerata Cantabile liessen die ihrem schweren Verlauf, der sie zwang, Werke von Gioacchino Rossini und Schlittenfahrt von Leroy Anderson erklin- ihre Leidenschaft aufzugeben, blieb sie Felix Mendelssohn, von lieblich über gen. Während sich draussen der Winter stets positiv. «Das ist das Schöne an der fulminant hin zu melancholisch. Nach mit 14 Grad von seiner sehr milden Seite Musik: Wenn man sie einmal entdeckt der Pause nahm Stefan Gubser, ele- zeigte, träumte das Publikum in der Ton- hat, verschwindet sie nicht so schnell wie- gant und ganz in Schwarz gekleidet, halle Maag von Winter, Schnee und einem der», sagte Monin und leitete über zum neben dem Dirigenten an einem klei- mit Glöckchen ausgestatteten Schlitten, Ehrengast, der auf der Bühne bereits auf nen Tisch Platz. Hinter ihm auf einer der über die weisse Landschaft gleitet. seinen Auftritt wartete. Therese Lüscher riesigen Leinwand das Bild eines Ele- Auch die nicht klassikfesten Gäste wer- ist selber musikbegeistert, engagiert sich fanten in einem schnittigen roten Ca- den das Lied gekannt haben, nicht zuletzt im Vorstand und in der Regionalgrup- briolet. Gubser begann, die Geschichte dank der Interpretation von The Ronettes penkommission der MS-Gesellschaft von Babar, dem Elefanten, vorzulesen. in den 60er-Jahren. Zum Abschluss und und hat das Benefizkonzert in der diesjäh- Alle paar Sätze untermalte das Or- als Zugabe kündigte Christof Brunner rigen Konstellation mit Dirigent Christof chester die Worte und Gefühle mit noch etwas Nostalgie an und es ertönte Brunner und Orchester Camerata Canta- passender Musik: Freude, Unbehagen, die Filmmusik aus Cinema Paradiso von bile ins Leben gerufen. Im Kurzinterview Autohupen oder Vogelgezwitscher. Dazu Ennio Morricone. Nach diesem Ausflug in erzählte Lüscher, wie die MS sie zwang, wurden die Bilder aus dem bekannten eine pittoreske, einsame Gasse in einem das Klavier- und Querflötespielen auf- Buch auf der Leinwand projiziert. In sizilianischen Dorf waren die Zuschau- zugeben und wie sie als Chorsängerin dieser Kombination aus Erzählung, her- erinnen und Zuschauer bereit, hinaus in gemeinsam mit anderen Laiensängern zigen Bildern und farbiger Musik wähn- das moderne Umfeld von Zürich-West zu und einem Opernchor ein schönes «Ab- te sich das Publikum in einem fesseln- schreiten und mit einer weiteren schönen schlusskonzert» am Benefizkonzert geben den Hörspiel oder gar im Kino. Sowohl Benefizkonzert-Erinnerung ausgestattet durfte. Und sie betonte die Wichtigkeit der Erzähler als auch die Zuhörerinnen den Heimweg anzutreten. FORTE Nr. 1 | Februar 2020 | 21
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