BFB Bibliotheksforum Bayern

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BFB Bibliotheksforum Bayern
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Einer für alle, alle für einen Bayerischer Bibliotheksverband mit neuem Vorstand
15 Millionen Bilder für die Ewigkeit Der STERN schenkt der Bayerischen Staatsbibliothek sein Fotoarchiv
Mit Laptop und Lederhose in die PLAZA Eine neue Lese- und Lounge-Landschaft in der Bayerischen Staatsbibliothek

Das Cover zeigt einen Ausschnitt aus der ‚PLAZA‘ - einem neuen Lese- und Loungebereich im
Erdgeschoss der Bayerischen Staatsbibliothek. Siehe dazu den Artikel auf den Seiten 57 fol-
gende.

Heft 04 | 12. Jahrgang November 2018
ISSN 0340-000X
BFB Bibliotheksforum Bayern
Liebe Leser*innen,

Das Bild zeigt Dr. Bernhard Lübbers, er ist Leiter der Staatlichen Bibliothek Regensburg

kaum etwas prägt die Wahrnehmung moderner Menschen mehr als Bilder. Viele Fotos haben geradezu ikonischen
Charakter, stehen in der öffentlichen Wahrnehmung symbolisch für ein Ereignis oder ein Lebensgefühl und sprechen
somit für sich. Wie passend, dass das Fotoarchiv des STERN mit seinen etwa 15 Millionen Bildern nun in die Bayeri-
sche Staatsbibliothek gekommen ist. Das visuelle Gedächtnis der Bundesrepublik Deutschland ist damit in öffentlichem
Besitz. Eine echte Jahrhunderterwerbung, wie Peter Schnitzlein in seinem Beitrag ausführt. Auch Greta Thunbergs
Sitzstreik vor dem Reichstag in Schweden seit August 2018 wurde aufgrund der davon verbreiteten Bilder zu einem
globalen Vorbild, nachgerade ikonisch.
Die „Fridays for future“ sind inzwischen zu einer eta-blierten Form des Protestes, vor allem von jungen Menschen, für
mehr Klimaschutz und einen bewussteren Umgang mit unserer Erde geworden. Dass sich auch Bibliotheken für eine
bessere Welt einsetzen können, welche Anknüpfungspunkte und Verwirklichungshorizonte es hier gibt, zeigt Ute Pal-
mer-Horn in ihrem Beitrag über die UN-Agenda 2030 und ihre Umsetzung in Bibliotheken. Denn letztlich liegt es an
uns, welche Welt wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen wollen. Überhaupt die Menschen! Sie spielen naturge-
mäß in den bayerischen Bibliotheken die entscheidende Rolle.
So hat der Bayerische Bibliotheksverband jetzt einen neuen Vorstand gewählt. Dr. Gerhard Hopp, MdL, wurde zum
ersten Vorsitzenden gewählt. Er tritt die Nachfolge von Bernd Sibler an. Ihm zur Seite steht als zweiter Vorsitzender
Stefan Schelle, der Erste Bürgermeister der Gemeinde Oberhaching. Fünf Jahre lang hat Ralph Deifel die Geschicke
der Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen geleitet, jetzt wurde er in seinen verdienten Ruhestand ver-
abschiedet. In einem sehr lesenswerten Interview blickt Herr Deifel auf seine jahrzehntelange Tätigkeit in der Landes-
fachstelle zurück und analysiert die Situation der öffentlichen Bibliotheken in der Gegenwart.
Doch nicht nur die Gestalter*innen prägen unsere Bibliotheken, letztlich sind es die Kund*innen, welche unseren Häu-
sern ihre Daseinsberechtigung geben. In der Bayerischen Staatsbibliothek wurde eine eigene Lounge eingerichtet, wel-
che von den Besucher*innen sehr gut angenommen wird. Sie sehen also, liebe Leser*innen, was für ein spannendes
Themenspektrum sie im aktuellen Bibliotheksforum Bayern wieder vorfinden. Es ist hoffentlich für jeden Geschmack
etwas dabei. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre!
Ihr
Dr. Bernhard Lübbers,
Leiter der Staatlichen Bibliothek Regensburg
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Inhalt
FORUM
BIBLIOTHEKSPOLITIK

Einer für alle, alle für einen
Bayerischer Bibliotheksverband mit neuem Vorstand

Gemeinsam digitale Zukunft gestalten
18. Verbundkonferenz des Bibliotheksverbunds Bayern

Offene Bibliotheken, urbane Öffentlichkeit. Teil 2: Bibliothek als Straße
Welche offenen Kulturräume braucht die Stadt? Welche neuen Akteurinnen und Akteure der Stadtgesellschaft treten
auf den Plan und fordern selbstverständlich Mitgestaltungsmöglichkeiten ein? Ist die Perspektive derer, die die Städte
schon immer formen und charakterisieren – die der Zugezogenen und der Neuankommenden – ausreichend in den
Bibliotheken abgebildet? Brauchen Bibliotheken grundsätzlich mehr Unterstützung durch Politik und Kommunen, um
ihren Beitrag angesichts des rasenden Wandels in der Gesellschaft weiter gut zu leisten?

Bibliotheken für eine bessere Welt
Die UN-Agenda 2030 und ihre Umsetzung in Bibliotheken

FORUM
HISTORISCHE SCHÄTZE

Revolution digital
Die virtuelle bavarikon-Ausstellung „Revolution und Räterepubliken in Bayern 1918/19“

Oktoberrevolution, Novemberrevolution, Weltrevolution?
Ein Abend der Bayerischen Staatsbibliothek zu den Jahren 1917 bis 1919 in Russland und Bayern

15 Millionen Bilder für die Ewigkeit
Der STERN schenkt der Bayerischen Staatsbibliothek sein Fotoarchiv

Verborgene Schätze ans Tageslicht geholt
Katalogisierung des Erlanger Inkunabelbestands abgeschlossen

Der ‚Bamberger Psalter‘ im Original und als Faksimile
Mittelalterliche Kunst und moderne Technik

FORUM
LANDESFACHSTELLE

Time to Say Goodbye
Ralph Deifel in den Ruhestand verabschiedet

„Der Ort Bibliothek wird immer eine einzigartige Atmosphäre haben“
Ralph Deifel, Leiter der Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen, trat am 1. Dezember 2018 in den Ruhe-
stand. Kurz zuvor führte der Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, Dr. Klaus Ceynowa, mit ihm das fol-
gende Interview.

FORUM
BENUTZUNG
BFB Bibliotheksforum Bayern
Framework turns visual
Auf dem Weg zu einem neuen Verständnis von Informationskompetenz

FORUM
DIGITALE BIBLIOTHEK

Onleihe in Amberg – ein Erfolgsmodell
Bereicherung besonders auch für ältere und sehbehinderte Leser

Relaunch der Verkündungsplattform mit dem neuen Bayerischen Ministerial-
blatt
Zehn Jahre nach dem Start der Verkündungsplattform Bayern wurde eine grundlegende Neugestaltung des Webange-
bots vorgenommen und für die Öffentlichkeit freigeschaltet.

FORUM
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

Wissen. Retten. Jetzt!
Fundraising-Projekt zur Rettung der einzigartigen Bücher der Universitätsbibliothek Würzburg

Stop-Motion-Filme mit LEGO® Elementen oder wie Bausteine laufen lernen …
Eine Veranstaltungsreihe der Stadtbibliothek Fürstenfeldbruck (Oberbayern)

FORUM
INTERNATIONALE BIBLIOTHEKSKONTAKTE

„Kirjasto heißt Bibliothek“
Impressionen von einer Reise zu finnischen Bibliotheken.

FORUM
BIBLIOTHEKSBAU

Sanierung und bauliche Modernisierung der Fachbibliothek Wirtschaftswis-
senschaften und Statistik
Rundum erneuerte Bibliothek wurde zum Wintersemester 2018 offiziell wiedereröffnet

Mit Laptop und Lederhose in die neue PLAZA
Im Erdgeschoss der Bayerischen Staatsbibliothek entstand eine neue Lese- und Lounge-Landschaft

FORUM
BIBLIOTHEK UND SCHULE

Stadtbücherei Augsburg als Lernort
Die Stadtbücherei Augsburg stellt für Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen und Schularten ein umfassendes
Angebot bereit. Es reicht von Lernmaterialien und Hausaufgabenplätzen über Lese-Inseln an den Grund- und Mittel-
schulen bis zu Führungen und Unterricht in der Bücherei.

KURZ NOTIERT
Bayern
Aschaffenburg
Augsburg
Bamberg
Erlangen
BFB Bibliotheksforum Bayern
Hammelburg
München
REGENSBURG
VATERSTETTEN
Waldkraiburg
Würzburg

TERMINE
Bibliothekarische Fortbildung in BAYERN
AUSSTELLUNGEN UND VERANSTALTUNGEN

IMPRESSUM
Redaktionsbeirat
Gestaltung
Druck
Abonnements

AUTORENHINWEISE

AUTORINNEN UND AUTOREN
Dr. Matthias Bader
Fedor Bochow
Dr. Katharina Boll-Becht
Anke Buettner
Dr. Klaus Ceynowa
Linda Dietzinger
Georg Fisch
Matthias Groß
Regina Herbst
Dr. Christian Hofmann-Randall
Gregor Horstkemper
Dr. Stephan Kellner
Ute Palmer-Horn
Benjamin Rücker
Nicole Scherbel
Doris Schneider
Peter Schnitzlein
Susanne Schwab
Dr. Dorothea Sommer
Martina Tichov
Dr. Bettina Wagner
Christina Walser
Dr. Gudrun Wirtz
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FORUM
BIBLIOTHEKSPOLITIK

Einer für alle, alle für einen
Bayerischer Bibliotheksverband mit neuem Vorstand
Von Georg Fisch
Der Bayerische Bibliotheksverband (BBV) vertritt seit fast fünfzig Jahren die Interessen aller öffentlichen und wissen-
schaftlichen Bibliotheken in Bayern. Zu seinen Aufgaben gehört es unter anderem, die Öffentlichkeit über wichtige
Ereignisse und Entwicklungen in diesem Fachgebiet zu informieren, bei den zuständigen Gremien und Behörden für die
Stärkung des bayerischen Bibliothekswesens einzutreten und die spartenübergreifende Kooperation von Bibliotheken
und anderen Informations- und Bildungseinrichtungen zu fördern. Nachfolgend stellen sich die aktuellen Vorstandsmit-
glieder mit ihren Zielen und Erwartungen vor.

Der neue 1. Vorsitzende
Beim Bayerischen Bibliothekstag am 19./20. September 2018 wurde Dr. Gerhard Hopp, MdL, von der Mitgliederver-
sammlung zum neuen 1. Vorsitzenden gewählt. Der 38-jährige Politologe ist Nachfolger von Bernd Sibler, der in den
vergangenen acht Jahren engagierte Lobbyarbeit für den BBV geleistet hat. Dr. Hopp ist seit 2013 Mitglied des Bay-
erischen Landtags, Mitglied im Präsidium des Bayerischen Landtags, Mitglied im Ausschuss für Staatshaushalt und
Finanzfragen, Vorsitzender der Jungen Gruppe und u. a. auch Mitglied im Medienrat. Dr. Hopp freut sich sehr, seinen
Blickwinkel als junger Abgeordneter einzubringen und sich als Vorsitzender im Vorstandsteam engagieren zu dürfen.
In Zeiten einer sich immer rasanter verändernden Wissens- und Informationsgesellschaft kommt seiner Meinung nach
den bayerischen Bibliotheken als zentralen Bildungsorten im ganzen Land eine umso wichtigere Rolle zu. Unsere Biblio-
theken sind für ihn Lehr-, Lern- und Begegnungsorte, die vielfältige Möglichkeiten zur Information und Fortbildung bie-
ten und zu einem Diskurs einladen, der weit über 140 oder 280 Zeichen hinausgeht. Als jungem Familienvater ist ihm
insbesondere die Leseförderung ein besonderes Anliegen, die er im Verband fördern und voranbringen will.
Alle Bibliotheken, sei es im öffentlichen Bibliothekswesen, an unseren Schulen und nicht zuletzt im wissenschaftlichen
Bereich, nehmen für Dr. Hopp eine ganz wichtige Rolle als Mitgestalter und Ermöglicher von Wissen, Information und
Bildung in unserem Land ein. Zentrale Herausforderung ist seiner Überzeugung nach die Digitalisierung, die auch vor
den bestehenden Strukturen insbesondere im ländlichen Raum nicht Halt macht und die Frage mit sich bringt, wie
diese erhalten bzw. modernisiert werden können.

Ziele des BBV in den nächsten Jahren
Hier hat Herr Dr. Hopp sehr klare Vorstellungen. Im wissenschaftlichen Bereich ist auch im Sinne der Wettbewerbs-
fähigkeit des Wissenschaftstandorts Bayern eine leistungsfähige Infrastruktur und Ausstattung für Wissenschaft und
Studium zu gewährleisten. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind für Dr. Hopp die Stärkung der örtlichen Bibliotheken
als Lern- und Begegnungsorte, die Schaffung regionaler Netzwerke und die Auseinandersetzung mit dem sich ständig
wandelnden Berufsbild des Bibliothekars.

Der neue 2. Vorsitzende
Der 2. Vorsitzende des Bayerischen Bibliotheksverbands kommt traditionell aus der Kommunalpolitik. Als Nachfolger
der nicht mehr kandidierenden Stellvertretenden Vorsitzenden Sabine Lutz, Bürgermeisterin von Grafenrheinfeld,
wurde Stefan Schelle in dieses Amt gewählt. Der studierte Agrarwissenschaftler ist seit 2002 Erster Bürgermeister der
südlich von München gelegenen 13.500 Einwohner-Gemeinde Oberhaching (Landkreis München). Dem Fachpublikum
wird sich der 2. Vorsitzende beim nächsten Mitgliederforum am 24.10.2019 vorstellen, das in seiner Heimatgemeinde
stattfindet.
Bei seiner kommunalpolitischen Arbeit ist ihm die ständige Weiterentwicklung der Gemeindebibliothek (47.000 Medien,
1.200 m²) ein besonderes Anliegen. Sie ist Mitglied im E-Medien-Verbund DigiBObb und bietet z. B. auch den Musik-
Streaming-Dienst Freegal an. Mehr als 150 Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche machen deutlich, welch hohen
Stellenwert die Leseförderung in Oberhaching genießt. Für die enge Zusammenarbeit mit den örtlichen Schulen wird
die Gemeindebibliothek regelmäßig mit dem „Gütesiegel“ ausgezeichnet. 2018 erhielt sie den Kinderbibliothekspreis.
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Das Foto zeigt ein Gruppenbild vom Vorstand des Bayerischen Bibliotheksverbands. Von links:
Ralf Brugbauer (UB Bayreuth), Ehrenmitglied Prof. Dr. Walter Eykmann, der neue 1. Vorsit-
zende Dr. Gerhard Hopp, MdL, Ralph Deifel (Landesfachstelle, seit 1.12.2018 im Ruhestand),
Evelyn Leippert-Kutzner (Stadtbibl. Donauwörth), Georg Fisch (neuer Geschäftsführer, Stadt-
bibliothek Straubing), der scheidende 1. Vors. u. Kultusminister Bernd Sibler, MdL, Dr. Klaus
Ceynowa (Generaldirektor der BSB), Jens Renner (bisheriger Geschäftsführer, Hochschule
Ansbach). Nicht auf dem Bild: Stefan Schelle, neuer 2. Vors., Oberhaching). Copyright: OTH
Amberg-Weiden

Die Vertreterin der öffentlichen Bibliotheken
Evelyn Leippert-Kutzner ist seit November 2014 Vorstandsmitglied und vertritt dort leidenschaftlich die Belange der
öffentlichen Bibliotheken. Als langjährige Leiterin der Stadtbibliothek Donauwörth verfügt sie über ein großes Maß an
Berufserfahrung, insbesondere was die Zusammenarbeit mit den örtlichen Schulen und der VHS betrifft.
Angesichts fortschreitender Digitalisierung und damit einhergehender veränderter Mediennutzung und Methoden
der Informationsbeschaffung stehen ihrer Meinung nach die öffentlichen Bibliotheken in Bayern vor großen Heraus-
forderungen. Leippert-Kutzner sieht das Bayerische Bibliothekswesen gut aufgestellt. Um die Herausforderungen der
Zukunft meistern können, müssen ihrer Meinung nach die bestehenden Informationsinfrastrukturen in wissenschaft-
lichen und öffentlichen Bibliotheken den wachsenden Anforderungen der Digitalisierung angepasst werden. Es gilt neue
Serviceleistungen zu integrieren und Kooperationen weiter auszubauen.
Das Bild von Bibliotheken in der Öffentlichkeit zu stärken, ist Leippert-Kutzner ein besonderes Anliegen. Damit wissen-
schaftliche und öffentliche Bibliotheken als unverzichtbare Bildungseinrichtung wahrgenommen werden, soll die erfolg-
reiche Öffentlichkeitsarbeit der letzten Jahre weiter intensiviert werden.

Der Vertreter der wissenschaftlichen Bibliotheken
Die Position der wissenschaftlichen Bibliotheken vertritt Dr. Klaus Ceynowa seit seinem Amtsantritt als Generaldirektor
der Bayerischen Staatsbibliothek im April 2015. Die großen Themen, die für ihn gegenwärtig auf der Tagesordnung
stehen, sind u. a. Forschungsdatenmanagement, Langzeitarchivierung, virtuelle Forschungsumgebungen, Open Data
und Open Science, Dynamisches Publizieren sowie neue und cloudbasierte Bibliothekssysteme. Die hiermit verbunde-
nen Herausforderungen sind nur durch Vernetzung und Kooperation zu lösen. Hier kann die Bayerische Staatsbiblio-
thek aufgrund ihres Engagements auf all diesen Handlungsfeldern vielfältige Impulse setzen und ihre Kompetenz in die
Vorstandsarbeit einbringen.
Im Vergleich zu manch anderen Bundesländern sieht Dr. Ceynowa das bayerische Bibliothekswesen als durchaus gut
aufgestellt. Beispielsweise auf den Feldern der Langzeitarchivierung und des Forschungsdatenmanagements sind wich-
tige Initiativen auf den Weg gebracht worden. Dringenden Handlungsbedarf sieht er u. a. in folgenden Themenberei-
chen: Seiner Meinung nach müssen die Erwerbungsetats der Bibliotheken endlich an die Preissteigerungsraten auf dem
Literaturmarkt angepasst, die Bestandserhaltung vor Ort stärker unterstützt und die Fördermittel der Landesfachstelle
für die öffentlichen Bibliotheken signifikant angehoben werden – hier konnten auch bereits erste Erfolge erreicht wer-
den.
Öffentliche wie wissenschaftliche Bibliotheken sind für Dr. Ceynowa als Teil der „Informationsinfrastruktur“ von der
digitalen Transformation in besonderem Maße betroffen, wobei unvorhersehbare Veränderungen dem strategischen
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Handeln enge Grenzen setzen. Bibliotheken müssen sich quasi permanent neu erfinden. Bei allem Veränderungsdruck
und Veränderungswillen sollten Bibliotheken jedoch ihr Alleinstellungsmerkmal nicht aus den Augen verlieren: der
öffentliche und damit kommerzfreie Auftrag für Bildung, Kultur und Wissenschaft, mit der Kernkompetenz der Medien-
und Literaturversorgung. Dabei sollte es ganz egal sein, ob diese Information auf Pergament, Papier oder als Petabyte
daherkommt.

Der Beirat des Bayerischen Bibliotheksverbands
Dem Vorstand steht ein Beirat zur Seite, dessen Mitglieder auf Vorschlag des betreffenden Verbandes vom Vorstand
für die Dauer seiner Amtszeit berufen werden. Der Beirat berät und unterstützt den Vorstand fachlich in allen Ver-
bandsangelegenheiten, unterbreitet Vorschläge und ist bei wichtigen Fragen zu hören. Außerdem bereitet der Beirat
die Entscheidungen der Mitgliederversammlung vor. In der Amtszeit 2018-2022 gehören dem Beirat folgende Mitglie-
der an:
 Ralf Brugbauer (UB Bayreuth), Beiratsvorsitzender
 Dr. Stefan Schwarz (Bayerische Staatsbibliothek)
 Elisabeth Sträter (Stadtbibliothek Nürnberg), DBV-Sektion 1 (Großstadtbibliotheken)
 Christina Röschlein (Volksbücherei Fürth), DBV-Sektion 2 (100.000-400.000 Einw.)
 Jörg Weinreich (Stadtbibliothek Bayreuth), DBV-Sektion 3a (50.000-100.000 Einw.)
 Sabine Guhl (Regionalbibliothek Weiden), DBV-Sektion 3b (30.000-50.000 Einw.)
 Christina Michl (Hochschulbibliothek Amberg-Weiden), DBV-Sektion 4 (Hochschulbibliotheken)
 Dr. Daniel Schlögl (Bibliothek Institut für Zeitgeschichte), DBV-Sektion 5 (Spezialbibliotheken)
 Ute Palmer-Horn (Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen)
 Sabine Adolph (Sankt Michaelsbund), DBV-Sektion 6 (Staatliche und kirchliche Fachstellen)
 Olaf Eberhard (Regionale Bibliotheksverbände)
 Dr. Rainer Plappert (UB Erlangen), Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Landesverband Bayern
 Andrea Graf (Stadtbibliothek Kempten), Berufsverband Information Bibliothek, Landesgruppe Bayern
 Gerhard Dix (Bayerischer Gemeindetag)
 Dr. Achim Sing (Bayerischer Städtetag)

Der Beiratsvorsitzende
Der Beiratsvorsitzende wird jeweils für die Dauer der Amtszeit aus der Mitte des Beirats gewählt. Bibliotheksdirektor
Ralf Brugbauer von der Universitätsbibliothek Bayreuth, der dieses Amt bereits in der letzten Amtsperiode bekleidete,
wurde bei der 1. Beiratssitzung im Dezember 2019 in dieser Funktion bestätigt.
Für Brugbauer sind Veranstaltungen wie der Bayerischen Bibliothekstag, das Mitgliederforum oder ein Parlamentari-
scher Abend wichtige Instrumente, um in der Öffentlichkeit auf die Interessen und Anliegen der öffentlichen und der
wissenschaftlichen Bibliotheken im Freistaat Bayern hinzuweisen. Bei seiner Einschätzung des Bayerischen Bibliotheks-
wesens sieht er „noch reichlich Luft nach oben“.
Der Einsatz für eine angemessene Personal- und Sachmittelausstattung der öffentlichen und wissenschaftlichen Bib-
liotheken hat für Brugbauer in der Verbandsarbeit absolute Priorität. Anlässlich der signifikanten Veränderungen des
Berufsbildes und der zunehmenden Anforderungen zählt er hierzu auch die leistungsgerechte Entlohnung der Bibliothe-
karinnen und Bibliothekare.
Weitere wichtige Handlungsfelder sind für ihn die Einbindung der Bibliotheken in die Digitalisierungsstrategien der
Kommunen und des Freistaats, die dringend notwendige Verbesserung der schulischen Bibliotheksversorgung und der
Einsatz für die politische Bildung in unserer Gesellschaft.

Die Vertreterin der Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen
Ute Palmer-Horn, seit 1. März 2019 neue Leiterin der Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen, hat kraft
Amtes einen ständigen Sitz im Vorstand.
Bayerns Bibliothekslandschaft ist für sie so heterogen und bunt wie Bayern selbst: vom größten Bibliothekssystem
Deutschlands bis zur kleinen Gemeindebibliothek, von der hauptamtlich fachlich geleiteten Bibliothek bis zu den ehren-
amtlich Mitarbeitenden. Die kleineren Bibliotheken scheinen zum Teil eine Renaissance zu erleben. Sie werden neu
gegründet oder wieder belebt, um den Standortfaktor dieser Kommunen zu stärken.
Viele öffentliche Bibliotheken in Bayern bekommen noch immer nicht die Anerkennung von Politik und Verwaltung,
die sie verdienen. Dazu ist es ihrer Meinung nach notwendig, dass alle Kolleginnen und Kollegen in den bayerischen
Bibliotheken aktiv nach außen wirken, die Kommunikation mit den Entscheidern suchen und ihre Leistungen deutlich
machen. Dadurch können sich Bilder im Kopf verändern – viele Entscheiderinnen und Entscheider kennen Bibliotheken
nur von früher, als diese reine Ausleihstationen für Bücher waren.
Besonders wichtig sind der Leiterin der Landesfachstelle die Verstetigung der Lobbyarbeit in der Landes- und Kommu-
nalpolitik, die Erhöhung der Fördermittel für öffentliche Bibliotheken und die Verdeutlichung der Rolle der Bibliotheken
für Stadtentwicklung, Leseförderung und Bildungswesen. Im Fokus steht für sie die zunehmende Funktion der Biblio-
theken als partizipative, integrative und innovative Orte sowie die Kooperation mit Partnern. Dies gilt auch für Biblio-
theken im ländlichen Raum, um gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen im Flächenstaat Bayern herzustellen.
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Der Geschäftsführer
Das geschäftsführende Vorstandsmitglied soll im Wechsel aus dem öffentlichen und dem wissenschaftlichen Biblio-
thekswesen kommen. Beim Bibliothekstag in Weiden wurde Georg Fisch, Leiter der Stadtbibliothek Straubing, in dieses
Amt gewählt. Für den Organisator der „Leseregion Straubing – Stadt und Land“ sind Kooperationen auf regionaler
Ebene dringend erforderlich, um angesichts begrenzter personeller und finanzieller Ressourcen die nachhaltige Förde-
rung der Lese- und Informationskompetenz sicherzustellen.
Der Geschäftsführer ist ständiges Mitglied in beiden Vereinsgremien und zuständig für den Schriftverkehr und die
Finanzen des Verbandes. Dabei kann er auf die hervorragende Arbeit seines Vorgängers Jens Renner, Leiter der Hoch-
schulbibliothek Ansbach, aufbauen. Zusammen mit einer Arbeitsgruppe bereitet er die im jährlichen Wechsel statt-
findenden Mitgliederforen und Bayerischen Bibliothekstage vor und ist verantwortlich für deren reibungslosen Ablauf.
Diese beiden Veranstaltungsformate betrachtet er als gute Gelegenheit, um Politik und Öffentlichkeit auf die Leistungs-
fähigkeit der Bibliotheken hinzuweisen und die Kommunikation zwischen den einzelnen Bibliothekszweigen zu verbes-
sern. Schließlich verbindet die vielfältige Bibliothekslandschaft ein gemeinsames Ziel: die grundgesetzlich geschützte
Informationsfreiheit für alle zu gewährleisten – unabhängig vom Geldbeutel.

BBV-Mitgliederforum 2019
Das nächste Mitgliederforum findet am Donnerstag, 24.10.2019, in Oberhaching statt. Voraussichtliches Thema ist das
„Arbeiten in der Bibliothek von Morgen“. Am Abend findet in der Bayerischen Staatsbibliothek ein Festakt zum Jubli-
äum „50 Jahre Bayerischer Bibliotheksverband“ statt.

REDAKTIONELLE BEARBEITUNG:
Georg Fisch ist Leiter der Stadtbibliothek Straubing und Geschäftsführer des BBV.
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BIBLIOTHEKSPOLITIK

Gemeinsam digitale Zukunft gestalten
18. Verbundkonferenz des Bibliotheksverbunds Bayern
Von Matthias Groß

Das Foto zeigt Dr. Klaus Ceynowa, Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, bei der
Begrüßungsansprache. Copyright: Matthias Groß

Die 18. Verbundkonferenz des Bibliotheksverbunds Bayern (BVB) fand am 20. September 2018 im Rahmen des Bay-
erischen Bibliothekstags in Weiden statt, der unter dem Motto „Kernorte der Kultur und des kulturellen Erbes: Biblio-
theken“ stand.1
Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, Dr. Klaus Ceynowa, begrüßte alle Teilnehmerinnen und Teil-
nehmer, insbesondere die Gäste aus den kooperierenden Bibliotheksverbünden sowie die Vertreter der Firmen und
Service-Provider. Er ging auf die Schwierigkeit der strategischen Orientierung ein. Entgegen der Idealvorstellung, den
einmal gewählten Kurs zu halten und dabei allenfalls Eisbergen auszuweichen, mache die Ära der digitalen Trans-
formation die Gewässer unberechenbar und lege nahe, sich wie ein Surfer zu verhalten, der die jeweils nächste viel-
versprechende Welle nutzt. Jüngst seien etwa drei lesenswerte umfangreiche Positionspapiere des Ausschusses für
wissenschaftliche Bibliotheken und Informationssysteme (AWBI), des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv) sowie der
Deutschen Forschungsgemeinschaft erschienen. Im Kern gehe es immer darum, wie jenseits der Verantwortung der
einzelnen Institutionen die Bibliotheken als einheitlicher Steuerungsgegenstand betrachtet werden können. Insgesamt
sei die Verwirrung über die Vielzahl der Positionierungen jedoch sehr groß.
Als erster Moderator stellte Dr. Steffen Wawra, Leiter der UB Passau, den diesjährigen Keynote-Speaker, Prof. Joeran
Beel vom Trinity College in Dublin vor; für interaktive Rückmeldungen während der Veranstaltung konnte neben der
klassischen Wortmeldung das Tool „Tweedback“ genutzt werden. Michael Günther, Leiter der Bibliothek der Techni-
schen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, brachte jeweils Aspekte hieraus in die Diskussionen ein.
Prof. Beel stellte in seiner Keynote „Machine Learning und die Bibliothek – Chancen und Grenzen“ einen wichtigen Teil-
bereich der Künstlichen Intelligenz vor, in dem dank der leichteren Verfügbarkeit von Rechenkapazität wie auch der
Ausgangsdaten schon beachtliche Ergebnisse erzielt worden seien und der gegenwärtig auf Grund seiner möglichen
Implikationen intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert werde. Er arbeitete dabei ausgehend von einigen konkreten Bei-
spielen die Hauptlinien heraus. Seiner Einschätzung nach stelle Machine Learning mächtige Tools zum Lösen von Prob-
lemen bereit, gefährde aber weder die Existenz noch die Aufgaben von Bibliotheken.
Für die Mittagspause konnte das Foyer vor dem Hörsaal genutzt werden, wo sich auch die Möglichkeit zum kollegialen
Austausch sowie zur Begegnung mit weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Bibliothekstags wie auch zum
Besuch der Firmenausstellung bot.
Der folgende Vortragsblock wurde von Dr. Mathias Kratzer (BVB-Verbundzentrale) moderiert und begann mit dem
Beitrag „Mit Alexa in die Komfortzone unserer Nutzerinnen und Nutzer – Ein Sprachassistent als Bibliotheksservice“
von Steffen Illig und Johannes Gütling (UB Bamberg). Ausgehend vom immer schnelleren Wandel in der Telekommu-
nikation und Vernetzung lasse sich bei den weltweiten Smartphoneverkäufen bereits eine Stagnation konstatieren, für
den Zukunftsmarkt „Smart Home“ sowie das Internet der Dinge ließen sich jedoch deutliche Zuwächse konstatieren
und prognostizieren. Hierzu gehörten auch intelligente Lautsprecher und zugehörige via Cloud-Computing realisierte
Sprachassistenten; dieser Markt werde aktuell von Amazon Echo und Google Home dominiert. Die UB Bamberg hat
prototypisch den Alexa-Service näher unter die Lupe genommen und exemplarische Themen wie Öffnungszeiten oder
die Belegung von Teilbibliotheken als zusätzlichen neuen Informationskanal mitumgesetzt; mögliche Erweiterun-
gen wurden skizziert. Zum großen Bedauern aller traten bei der Live-Demonstration technische Schwierigkeiten auf,
obwohl die Generalprobe in der Mittagspause noch bestens funktioniert hatte.
Sonja Kümmet (UB der LMU München) und Jürgen Rohrwild (UB Erlangen-Nürnberg) stellten das Modellprojekt „eHu-
manities – interdisziplinär“ zum Forschungsdatenmanagement vor, das im Rahmen des „Digitalen Campus Bayern“
mit Landesmitteln seit Anfang 2018 für eine Laufzeit von drei Jahren gefördert wird. Näher eingegangen wurde auf die
Projektpartner sowie die Ziele und bisherigen Ergebnisse der sechs Arbeitspakete.
Es folgte Dr. Fabian Franke (UB Bamberg) mit dem Beitrag „Informationskompetenz weiterdenken: Was die AG Infor-
mationskompetenz für uns und unsere Nutzerinnen und Nutzer tun kann“. Den Überlegungen der AG selbst für die
weitere Arbeit wurde eine Live-Umfrage gegenübergestellt. Eine weitere Umfrage diente der Identifikation des Fort-
bildungsbedarfs. Dr. Franke ging auch auf das aktuelle „IFLA statement on copyright education and copyright literacy“
von 2018 ein.
Nach der Kaffeepause begrüßte Dr. Hildegard Schäffler (Bayerische Staatsbibliothek) als Moderatorin das Auditorium
zurück im Saal. Der eröffnende Vortrag des Blocks war für sie als Vorsitzende der Kommission Elektronische Res-
sourcen ein Heimspiel: Dr. Gernot Deinzer (UB Regensburg) ging unter der Überschrift „Predatory Publishing – Sind
Bibliotheken hier in der Pflicht?“ auf ein Thema ein, das im Sommer für Schlagzeilen gesorgt hatte. Dabei gehe es um
Verlage, Zeitschriften oder Konferenzen, welche Geld für Leistungen berechneten, dabei diese jedoch nicht oder nur in
sehr geringem Maße erbrächten. Die Forschenden selbst könnten dabei Getäuschte oder Täuschende sein; eine weitere
Unterscheidung sei danach möglich, ob die Inhalte gezielt unseriös oder an sich korrekt seien. Eine Untersuchung von
Publikationen mit Autoren der Universität Regensburg von 2012 bis 2017 ergab, dass von 9.279 Aufsätzen lediglich
12 in Raubjournalen erschienen seien, es sich also um ein Randphänomen des hiesigen Wissenschaftsbetriebs handle.
Gleichwohl sei die Bewusstseinsschärfung und Faktenvermittlung wichtig. Hierzu wurden verschiedene Ansätze, aber
auch deren Schwierigkeiten vorgestellt. Als viel größeres Problem zeige sich jedoch, dass sich auch die klassische
„Peer review“ in einer Krise befinde. Dem könne durch den konsequenten Ausbau von „Open Science“ – auch hinsicht-
lich der technischen Infrastruktur – begegnet werden.

Das Foto zeigt den Eingangsbereich des Hörsaalgebäudes der Ostbayerischen Technischen
Hochschule Amberg-Weiden, wo die Verbundkonferenz stattfand. Copyright: Seidl, OTH Am-
berg
Robert Scheuerl (BVB-Verbundzentrale) und Silke Tölle (hbz Köln) berichteten unter der Überschrift „Endlich automati-
siert – Literatursichtung, Auswahl und Bestellung leicht gemacht“ über den aktuellen Stand des Gemeinschaftsprojekts
der beiden Verbünde. Scheuerl ging auf den vom BVB realisierten Teil, die Anbindung von kommerziellen Lieferanten-
portalen, Tölle auf das vom hbz umgesetzte lieferantenunabhängige Bestellportal Eli:SA (Erwerbungsportal für Litera-
tur: Sichtung und Auswahl) ein. Dabei werden jeweils Datenflüsse über das Aleph-Verbundsystem in die Lokalsysteme
verwendet.
Der abschließende Vortrag von Verena Gaems (Hochschulbibliothek München) hielt in seiner lebendigen Art, was er
versprach: „Aus dem ERMel geschüttelt – eMedienverwaltung an der Hochschule München“. Gaems verabschiedete
sich mit diesem Vortrag quasi zugleich in den zeitnahen Ruhestand. Dieser Umstand war durchaus auch kausal für das
Entstehen des vorgestellten E-Ressource-Management-Tools, das dazu dient, den Wissenstransfer im Hause sowie die
künftige Unterstützung stärker arbeitsteiliger Abläufe zu bewerkstelligen. Ausgehend von der im Bayern-Konsortium
etablierten Konsortialdatenbank als Vorbild ist zusammen mit einer lokalen Firma eine leichtgewichtige, aber flexible
Lösung „ERMel“ entstanden, die im Überblick vorgestellt wurde und auf gute Resonanz stieß.
Dr. Schäffler bedankte sich abschließend bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und wünschte einen sicheren
Heimweg. Die Folien zu den Vorträgen finden Sie im Internet unter www.bib-bvb.de/web/guest/bvb-verbundkonfe-
renz-2018. Die nächste Verbundkonferenz wird am 14. November 2019 im Literaturhaus München stattfinden.

Anmerkung
 Vgl. hierzu den Beitrag von Jens Renner in BFB 13 (2019), Heft 1, S. 6-8.

DER AUTOR:
Matthias Groß ist Leiter des Referats Virtuelle Bibliothek Bayern in der Verbundzentrale des Bibliotheksverbunds Bay-
ern.
FORUM
BIBLIOTHEKSPOLITIK

Offene Bibliotheken, urbane Öffentlichkeit. Teil
2: Bibliothek als Straße
Welche offenen Kulturräume braucht die Stadt? Welche
neuen Akteurinnen und Akteure der Stadtgesellschaft tre-
ten auf den Plan und fordern selbstverständlich Mitgestal-
tungsmöglichkeiten ein? Ist die Perspektive derer, die die
Städte schon immer formen und charakterisieren – die der
Zugezogenen und der Neuankommenden – ausreichend in
den Bibliotheken abgebildet? Brauchen Bibliotheken grund-
sätzlich mehr Unterstützung durch Politik und Kommunen,
um ihren Beitrag angesichts des rasenden Wandels in der
Gesellschaft weiter gut zu leisten?
Von Anke Buettner
Im Rückblick auf die interdisziplinäre Tagung „Public! Debatten über Bibliotheken und urbane Öffentlichkeit“ im Feb-
ruar 2018 in der Münchner Stadtbibliothek möchte ich die von Sonja Beeck gestellte Frage: „Sind Bibliotheken eher
Straßen als Wohnzimmer?“ weiterdenken. Das dritte Public!-Symposium im Februar 2019 beschäftigte sich mit den
Herausforderungen für Kulturinstitutionen, die durch gesellschaftliche Veränderungen und digitale Transformation in
die Organisationen selbst einwirken. Diese Fragestellung wird im folgenden Text mitgedacht.
Die Grundelemente der Stadtstruktur bilden Gassen und Straßen als Bewegungsräume sowie Plätze als Aufenthaltsorte
und Erlebnisräume. […] Eine Straße signalisiert Bewegung und scheint zu sagen: „Geh, geh, geh“, während der Platz
sagt: ‚,Bleib und schau, was passiert!“ Jan Gehl

Das Foto zeigt Geraden und Kurven, Transparenz und Opazität in der Königlichen Bibliothek in
Kopenhagen / Dänemark. Copyright: Michael Shannon/Unsplash
Der Stadtplaner Jan Gehl beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit dem menschlichen Maß der Städte. Er wendet
sich dezidiert von der modernistischen Stadt ab und propagiert die integrierte Stadtplanung, die Verkehrswege und
Flächen für Fußgänger berücksichtigt, um lebendige, sichere, nachhaltige und gesunde Städte zu schaffen. Als litera-
rischen Leitsatz für die Gestaltung einer lebenswerten Stadt zitiert der populäre Däne die Edda: „Der Mensch ist des
Menschen größte Freude“ und nimmt in seiner philantropischen Arbeit das „Unter die Menschen gehen“ als buchstäb-
liche Chance für direkte Begegnungen.
 Vieles, was Jan Gehl über die Entwicklung der Stadt als Ort der Wechselwirkungen und des Zusammenspiels sagt,
ist gut auf Bibliotheken übertragbar - und wirkt mittlerweile fast wie ein Allgemeinplatz. Trotzdem: Es lohnt sich, All-
gemeinplätze zu wiederholen und Stadtbibliotheken als Orte des Wechselspiels von Alltag und Muße, von menschlicher
Begegnung, als wirtliche, belebende und prägende öffentliche Räume in einer Stadt, in einem Stadtteil zu beschreiben.

Gegen den Strich lesen
Die Bibliothek als Straße zu betrachten, als Ort der Bewegung und der Elastizität, kann helfen, die bestehenden Sicht-
weisen auf Nutzerinnen und Nutzer und ihre Bedürfnisse zu überprüfen und Handlungsmuster, sei es in Bezug auf
(Landschafts-) Architektur, sei es in Bezug auf Zielgruppen, Bestand oder Programmgestaltung zu hinterfragen. Wel-
che Geschichten werden in der Bibliothek bereits erzählt und welche noch nicht? Wer ist Teil der Erzählung, wer erzählt
noch nicht? Ist die Bibliothek selbstverständlicher Teil eines lokalen Bewegungsmusters?
Gerade für öffentliche Bibliotheken empfiehlt sich, die von Erol Yildiz in seinem Aufsatz „Stadt, Migration und Vielheit.
Vom hegemonialen Diskurs zur Alltagspraxis“ aufgezeigte, immer noch wirkende dualistische Trennung zwischen „Ein-
heimischen“ und „Fremden“ in der eigenen Stadt in den Blick zu nehmen und dahingehend die konkrete Verortung und
Kooperationspraxis der Bibliotheken in den Stadtvierteln zu hinterfragen. Die als Straße gedachte Bibliothek wird vor
dem Hintergrund der Diskussion um Mobilität und Migration noch mehr zu dem elastischen Ort, der aktuelle Identität
und Geschichte aufnimmt, verbindet und Ambivalenzen aushalten kann. Als Straße gedacht, lässt die Bibliothek jun-
gen wie alten Nutzerinnen und Nutzern wesentlich mehr Möglichkeiten, sich Räume aufzuteilen und damit Abstand und
Nähe situativ selbst zu bestimmen. Klassifizierende Zuordnungen werden im fluiden Gedankenraum der Straße auto-
matisch aufgebrochen und immer neu von außen zur Diskussion gestellt.

Das Foto zeigt die Straße als Ort der Begegnung: Menschen in Bewegung oder verharrend.
Copyright: Ryoji Iwate/Unsplash

Bibliothek als weiße Fläche
„Parallel zum Fortschreiten der vernetzten technischen Systeme und der Smart Technologies erlebt ausgerechnet das
Selbermachen eine gesellschaftliche Renaissance“, analysiert die Münchner Soziologin Christa Müller in ihrem Aufsatz
„Anmerkungen zur produktiven Aneignung des öffentlichen Raums“. Gleichzeitig stellt sie fest, dass sich eine wach-
sende Zahl junger Akteurinnen und Akteure auf der Suche nach Souveränität und Gestaltungsmacht einem nachhalti-
gen Lebensstil und recht praxisorientierten Alternativen zur Wohlstandsgesellschaft zuwendet.
Sie nutzen, so Müller, den öffentlichen Raum als Bühne, um unerwartete Konstellationen und Kooperationen herzu-
stellen. Sie befördern das Teilen und Tauschen, die Wiederaneignung handwerklicher Fähigkeiten, den milieu- und
kulturübergreifenden Austausch und fordern den freien Zugang zu Räumen, Daten und der Stadt als solcher. Die Akti-
vistinnen und Aktivisten wollen mit ihrer Umgebung unmittelbar in Kontakt treten, was sich laut Christa Müller auch im
erfolgreichen Verwandeln vernachlässigter Orte in Eigenregie und mit breiter Beteiligung aus dem jeweiligen Stadtvier-
tel manifestiere.
Kollektive Räume
Interessant ist, dass Müller die Hauptakteurinnen und -akteure als der „Generation Y“ zugehörig charakterisiert. Diese
Generation ist nach 1980 geboren, technologieaffin und ökologisch sensibilisiert, hochgradig vernetzt und gut ausgebil-
det. Sie ist als erste Generation in demokratisierten Sozialitäten aufgewachsen. Spannend ist Müllers Erkenntnis, dass
diese Generation „das im Internet praktizierte Teilen von Kenntnissen und der hieraus resultierenden Wirksamkeitser-
fahrung in analoge Räume migriert“.
Die Generation Y geht die Umgestaltung von Gesellschaft und die Neuinterpretation der Gegenwart relativ unideo-
logisch an. Sie arbeitet in und an Projekten, die sie für sich explizit als offene, generationenübergreifende Lern- und
Bildungsräume definiert. Christa Müller hebt im weiteren darauf ab, dass die jungen Akteurinnen und Akteure ihre kol-
lektive Herangehensweise als Reaktion auf die radikalen Individualisierungsprozesse unserer Zeit betrachten und sie
als Mittel sehen, um Handlungsspielräume räumlich und sozial zu erweitern.
Abgesehen vom Fakt, dass sich nicht nur die Generation der nach 1980 Geborenen in Bibliotheken engagiert und auf-
hält, möchte ich die öffentliche Bibliothek als einzige Kultur- und Bildungsinstitution positionieren, die diesen „koopera-
tiven Modus Vivendi“ und diese Elastizität ins Digitale in sich trägt. Die Öffentliche Bibliothek findet ihre Entsprechung
im kollektiven Raum, der Handlungsspektren von Einzelnen wie Gruppen sozial bereichert. Sie sind explizit schwellen-
arme Wissens- und Kulturräume, in denen sich Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Kenntnissen selbst
schulen, sich helfen oder zumindest aufeinandertreffen. Als nichtformale Bildungseinrichtungen sind öffentliche Biblio-
theken im Vergleich nahezu hierarchiefrei. So garantieren sie den freien Zugang zu Informationen und damit auch die
Möglichkeit zur eigenen Reflexion über Vergangenheit und Gegenwart.

Gedehnte Gegenwart
Es ist kein Zufall, dass Bibliotheken im Zuge der Digitalisierung im eigenen Programmangebot und in Kooperation mit
Vereinen, NGOs und nichtkommerziellen Initiativen das Engagement von (ehrenamtlichen) Spezialistinnen und Spezia-
listen fördern, um fehlende technische und digitale Vertrautheit der Bürgerinnen und Bürger gemeinsam abzubauen.
Es ist kein Zufall, dass Veranstaltungsformate Konjunktur haben, die den Austausch von vielseitig interessierten und
involvierten Menschen ins Zentrum stellen. Die Bibliothek ist eine Fundgrube an direkten Erfahrungen. Sie kann gerade
in Stadtvierteln und Gemeinden soziale Lebenszusammenhänge über viele Jahre begründen und öffentliche Räume
jenseits von Definitionen, Wachstums- oder Erfolgsorientierung erhalten.
Öffentliche Bibliotheken ermöglichen außerdem den unerhörten Luxus des Sich-in-der-Zeit-Verlierens; anstelle der
permanenten Gedrängtheit steht das Gefühl der gedehnten Gegenwart jenseits jeder Effizienzerwartung. Bibliotheken
sind nicht (nur) geprägt vom Gestus des Bewahrens, der Commons-orientierte Umgang mit Freiräumen ermöglicht
Bibliotheksbesucherinnen und –besuchern vor allem qualitative Formen der Begegnung mit anderen in einem explizit
nicht-kommerziellen, durch und durch öffentlichen und sich ihrer Bedürfnisse anpassenden Raum.

Kommunales Statement
Selbstverständlich kommt auch Christa Müllers Analyse nicht ohne den Hinweis auf die wachsende existenzielle Ver-
unsicherung der Menschen durch die Auflösung der bekannten Erwerbssysteme aus. Weil diese Furcht auch in der
fortschreitenden Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge gründet, sind die Kommunen gefordert, Antworten zu
finden und die Menschen in ihrem Sein aufzufangen. Öffentliche Bibliotheken eignen sich besonders als klares kommu-
nales Signal an die Verunsicherten.
Gute Räume, lange Öffnungszeiten, ausreichend Personal, hervorragende technische Voraussetzungen, zeitgemäßes
verleihbares Gerät wie Notebooks, Tablets, WLAN-Router wären wichtige Beiträge zur Chancengleichheit und zur psy-
chischen und finanziellen Entlastung vieler Menschen, die sich durch die Deregulierung von Arbeitsverhältnissen und
Beschäftigungsformen selbst organisieren und unbesehen ihrer Wohnverhältnisse und Geldbeutel eigene Arbeitsplätze
einrichten und soziale Beziehungen erhalten müssen.
Das Verständnis von öffentlichen Bibliotheken als weiße Fläche, als empathischer Raum, der Identifikation stiftet und
den „Spirit der Stadt“ immer wieder neu zum Ausdruck bringt, ist unerlässliche Einsicht für mehr Geld und finanzielle
Ausstattung dieser Kultur- und Bildungseinrichtung. Die zukunftsgerichtete, großzügige Förderung der öffentlichen Bib-
liotheken als öffentlicher Raum wäre für mich letztlich ein Statement der Kommunen für ihre Bürgerinnen und Bürger
und den Wert von umfassender Teilhabe, freiem Austausch und barrierefreiem Zugang zu Kultur, Wissen und Informa-
tionen.

Literatur:
Gehl, Jan: Städte für Menschen, Jovis Verlag, Berlin 2015.
Müller, Christa: Anmerkungen zur produktiven Aneignung des öffentlichen Raums. In: Jürgen Krusche (Hg.): Die ambi-
valente Stadt. Gegenwart und Zukunft des öffentlichen Raums, S. 88-101, Jovis Verlag, Berlin 2017.
Yildiz, Erol: Stadt, Migration und Vielheit. Vom hegemonialen Diskurs zur Alltagspraxis. In: Jürgen Krusche (Hg.): Die
ambivalente Stadt. Gegenwart und Zukunft des öffentlichen Raums, S. 62-78, Jovis Verlag, 2017.
Link: Public!-Programm 2018
www.muenchner-stadtbibliothek.de//public/
Das Foto zeigt Bibliothek und Leseraum im Tenerife Espacio de lqas Artes, einem Kulturzent-
rum in Sante Cruz de Tenerife. Copyright: Hajotthu/Eigenes Werk, CC BY 3.0 (1)

DIE AUTORIN:
Anke Buettner war von 2010 bis 2018 als Leiterin des Direktionsstabs für die Gesamtleitung der Programm- und
Öffentlichkeitsarbeit der Münchner Stadtbibliothek verantwortlich. Sie hat als Kuratorin formatübergreifende Festivals
wie „Stimmen der Roma“, „Nordic Talking“ oder „Sta Ima!“ initiiert sowie die interdisziplinäre Symposiumsreihe „Pub-
lic!“ ins Leben gerufen. Seit Januar 2019 leitet sie die Monacensia im Hildebrandhaus in München.
FORUM
BIBLIOTHEKSPOLITIK

Bibliotheken für eine bessere Welt
Die UN-Agenda 2030 und ihre Umsetzung in Bibliotheken
Von Ute Palmer-Horn
„Wir können die erste Generation sein, der es gelingt, die Armut zu beseitigen, ebenso wie wir die letzte sein könnten,
die die Chance hat, unseren Planeten zu retten.“ Diesen berührenden Worten, die der frühere UN-Generalsekretär Ban
Ki Moon formulierte, will die Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen gerecht werden, die im September 2015
von allen Mitgliedsstaaten, auch von Deutschland, verabschiedet worden ist. Die Agenda ist ein Meilenstein in den
internationalen Beziehungen, denn sie schafft die Grundlage dafür, weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt erstmals im
Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und den ökologischen Grenzen der Erde zu gestalten.
Dieser Anspruch legt die Messlatte fast unerreichbar hoch. Doch wie so oft – es sind die kleinen Schritte, die ein
scheinbar weit entferntes Ziel erreichen lassen. So kann jeder Erdteil, jeder Staat, jedes Land, jede Kommune und
jeder Einzelne zum Gelingen (oder auch Scheitern) beitragen.
Bibliotheken sind die zentralen Organisationen, die den Zugang zu Informationen und Bildung niedrigschwellig ermög-
lichen. Damit können sie einen wichtigen Beitrag für das Gelingen der Agenda 2030 leisten. Insbesondere bei der
Umsetzung von nationalen Entwicklungsplänen können Bibliotheken die nachhaltige Entwicklung ihrer Gesellschaft
fördern. So schreibt Petra Hauke in „Büchereiperspektiven“ 2/2018: „Die Nachhaltigkeitsstrategien Österreichs, der
Schweiz und Deutschlands bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Übernahme der Agenda-Ziele in die strate-
gische Zielsetzung bibliothekarischer Arbeit – sei es durch die beispielhafte Kontrolle des eigenen ‚ökologischen Fuß-
abdrucks‘, durch sozial-ökologische Angebote wie Repaircafés, Urban-Gardening-Programme, Food-Saving-Aktionen,
Makerspaces oder durch Inklusionsprojekte für am Rande der Gesellschaft Stehende.“
Unterstützt werden die Bibliotheken durch den Deutschen Bibliotheksverband (dbv) sowie den Weltverband IFLA. Der
internationale Bibliotheksverband hat die Entwicklungsziele der Agenda 2030 detailliert analysiert und stellt den Biblio-
theken weltweit Informationen bereit. So wird beispielsweise unter dem in deutscher Übersetzung lautenden Titel „Das
Recht auf Zugang zu Information und Chancen für Alle“ eine Broschüre zum Beitrag der Bibliotheken bei der Umset-
zung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen veröffentlicht.

Wie sieht die Umsetzung der Ziele für Bibliotheken in der Praxis aus?
Die IFLA hat die 17 Ziele der UN auf die Arbeit der Bibliotheken „übersetzt“. Dabei wird deutlich, dass viele Themen
bereits in der Alltagsarbeit der Bibliotheken fest integriert sind, jedoch nicht als Nachhaltigkeitsziele erkannt oder kom-
muniziert werden. Drei praxisnahe Beispiele verdeutlichen den theoretischen Überbau:
Ziel 4: „Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für
alle fördern“. Frühzeitiger Erwerb von Lese- und Schreibkompetenz sowie lebensbegleitendes Lernen zu unterstützen,
gehören zu den Kernaufgaben der Bibliotheksarbeit. Auch kostenfreie, integrative Lern- und Arbeitsplätze, um Zugang
zu neuem Wissen und neuen Fertigkeiten zu entwickeln, sind weitverbreitete Angebote in Bibliotheken.
Ziel 9: „Eine belastbare Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen
unterstützen“. Auf den ersten Blick wirken diese Inhalte nicht sehr bibliotheksnah, doch die Erläuterungen machen
deutlich: Auch hier spielen Bibliotheken eine Rolle. Ausgedehnte, etablierte Netze von öffentlichen Bibliotheken und
Forschungsbibliotheken sowie gut ausgebildetes Bibliothekspersonal, einladende und integrative öffentliche Räumlich-
keiten, Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien decken sich mit dem Aufgabenprofil von Bibliothe-
ken.

Das Bild zeigt die Icons der Ziele 1 mit 6 der UN-Agenda 2030. Copyright: Vereinte Nationen
Ziel 10: „Ungleichheit innerhalb und zwischen Staaten verringern“. Bibliotheken können hier unterstützen, indem sie
einladende Räumlichkeiten, die jedem Menschen, einschließlich Randbevölkerungsgruppen wie Mi-granten, Geflüch-
teten, Minderheiten, Menschen mit Behinderungen etc. gute Lernbedingungen ermöglichen. Sie fördern den gleichbe-
rechtigten Zugang zu Information, der gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Inklusion fördert.
Für die Umsetzung einer nachhaltigen Strategie wie der Agenda 2030 sind Kooperation, Zusammenwirken mehrerer
Stränge notwendig. Für ein Gelingen und eine Implementierung in der Kommune und darüber hinaus sind unter ande-
rem folgende Faktoren unverzichtbar:
 Einbezug von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
 Einbezug der Öffentlichkeit
 Partner / Akteure in der Stadt, in der Gemeinde finden
 Gemeinsame Aktionen planen, organisieren und sichtbar machen
 Kommunikation mit dem Träger suchen: Wie weit spielt das Thema Nachhaltigkeit in der Kommune eine Rolle? Dabei
 ist vor allem deutlich zu machen, welche wichtige Rolle die Bibliothek bei der Erreichung der Ziele der Agenda 2030
 spielt.
 Die Umsetzung der Ziele (oder einiger davon) in das Bibliothekskonzept integrieren
 Gemeinsame sichtbare Aktionen durchführen
Schreiben sich Bibliotheken die Nachhaltigkeitsziele auf ihre Fahnen, haben auch sie selbst etwas davon. Öffentliche
Bibliotheken müssen sich mehr denn je neu ausrichten. Von einer passiven Buchausleihmöglichkeit für Bürgerinnen
und Bürger verwandeln sie sich zu einem aktiven „Mitgestaltungsort“. Die Räumlichkeiten dienen als Plattform und
Forum für externe Inhalte, Möglichkeiten, Vereine und Gruppen.

Einige Beispiele
Viele Bibliotheken in Bayern wie die Stadtbücherei Traunstein haben beispielsweise den Katalog der Bayerischen Hör-
bücherei in ihr System integriert und bieten so auch Menschen mit Sehbehinderung einen Zugang zu Unterhaltung und
Information.

Das Bild zeigt die Icons der Ziele 7 mit 12 der UN-Agenda 2030. Copyright: Vereinte Nationen

Im Lesecafé SAMOCCA der Stadtbibliothek Bayreuth arbeiten unter anderem Menschen, die im Sinne der beruflichen
Rehabilitation eingesetzt werden. Unter dem Aspekt „fordern und fördern“ arbeiten sie in den verschiedenen Arbeits-
feldern im gesamten Cafébereich weitestgehend selbständig mit.
Die Stadtbücherei Würzburg bietet einen Makerspace, einen offenen Kreativraum, an. Dort können neue Technologien
wie Robotik, 3D-Drucker, 360-Grad-Kamera etc. ausprobiert werden. Aber auch eine Nähmaschine, ein Plotter und
ein Airbrush-Set laden zum kreativen Arbeiten und Ausprobieren ein. Die Würzburger Zweigstelle Am Hubland wird
unter Einbezug von Bürgern und Bürgerinnen gestaltet. Zusammen mit dem niederländischen Architekten und Creati-
ve-Guide Aat Vos wird in dieser Stadtteilbibliothek ein offenes, informelles und unkonventionelles Konzept erschaffen.
Im Mittelpunkt stehen die Wünsche und Bedürfnisse der künftigen Kundinnen und Kunden.
Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen sind eine sinnvolle Grundlage für die Existenzsicherung von Bibliothe-
ken nicht nur in kommunaler Trägerschaft. Sie zeigen Themen auf, die sich für eine größere Kundenorientierung und
Kundenbindung anbieten. So können sie zu einer Weiterentwicklung und Existenzsicherung von Bibliotheken beitragen.
Lohnenswert ist ein Blick über die bundesdeutsche Grenze: In der Schweiz wurde die „Arbeitsgruppe Biblio
2030“ ins Leben gerufen. Die wertvolle Arbeit von Bibliotheken und deren Beitrag zur Erreichung der Ziele werden ver-
stärkt kommuniziert. Zum einen sollen die Bibliotheken die Bevölkerung über die Agenda 2030 informieren. Ein Projekt
der Arbeitsgruppe Biblio2030 sieht vor, den Bibliotheken stapelbare Sitzwürfel als Blickfang zu einem vorteilhaften
Preis anzubieten. Die Sitzwürfel sollen aus Holz hergestellt und nachhaltig produziert sein. Die einzelnen Ziele sollen
auf den Seiten, in ansprechendem Design, abgebildet sein.
Anderseits möchten Bibliotheken ihre eigene Sichtbarkeit erhöhen und zeigen, welche Arbeit sie bereits leisten. Des-
halb ist ein Portal geplant, auf dem Beispiele, Checklisten, Ideen und „Best Practices“ gesammelt und präsentiert wer-
den.
Die Arbeitsgruppe Biblio2030 möchte dazu anregen, weitere Ideen zu entwickeln. Idealerweise wird jede Bibliothek,
je nach Funktion und Rolle, die für sie prioritären Ziele gemäß der Agenda 2030 ermitteln. Dadurch hat sie ein Ins-
trument in der Hand, mit dem sie ihre Arbeit in den gesellschaftspolitischen Diskurs einbringen und für Stakeholder
attraktiv(er) darstellen kann.
Folgende Materialien / Veröffentlichungen sind für Bibliotheken zu empfehlen:

Poster
www.ifla.org/files/assets/hq/topics/libraries-development/documents/sdgs-insert-de.pdf

Links/Publikationen
Development and access to information:
https://da2i.ifla.org/sites/da2i.ifla.org/files/uploads/docs/da2i-2017-full-report.pdf
www.ifla.org/files/assets/hq/topics/libraries-development/documents/access-and-opportunity-for-all-de.pdf
www.ifla.org/libraries-development
https://bibliothek2030.jimdo.com/

DIE AUTORIN:
Ute Palmer-Horn ist Leiterin der BSB/Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen.
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