TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen

Die Seite wird erstellt Nicolas Conrad
 
WEITER LESEN
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
Zeitschrift der         Hessen
                            für Erziehung, Bildung, Forschung

                          72. Jahr        Heft 3      März 2019
                                                   zum Inhaltsverzeichnis

TA R I F R U N D E 2 01 9
Noch kein Ergebnis in Hessen…

KOALITIONSVERTRAG
Wortlaut und Stellungnahmen
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
GEW                                                                                                                                               HLZ 3/2019         2

                                                                                                                             Zeitschrift der GEW Hessen

                            Versand der Beitragsquittung 2018 ab Mitte März                                                  für Erziehung, Bildung, Forschung
                                                                                                                             ISSN 0935-0489

                       Die Beitragsquittung für die GEW-Mit-       2018 und eine Übersicht über die im      I    M       P      R     E      S     S     U       M
                       gliedschaft war in den letzten Jahren       Landesverband gespeicherten aktuel-      Herausgeber:
                       jeweils im Februar in den Umschlag der      len Mitgliedsdaten beigefügt.            Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
                       Bundeszeitung EuW integriert. Aus da-           Für die Zukunft schafft die GEW      Landesverband Hessen
                                                                                                            Zimmerweg 12
                       tenschutzrechtlichen Gründen ist die-       die Möglichkeit, die Beitragsquittung    60325 Frankfurt/Main
                       ses Verfahren so nicht mehr möglich.        online, umweltfreundlich und kosten-     Telefon (0 69) 971 2930
                           Zukünftig wird es einen Mitglieds-      günstig herunterzuladen. Ein daten-      Fax (0 69) 97 12 93 93
                                                                                                            E-Mail: info@gew-hessen.de
                       ausweis als Dauermitgliedskarte geben.      schutzsicheres Onlineverfahren soll ab   Homepage: www.gew-hessen.de
                       Dafür wird in einer einmaligen Aktion       Mitte März 2019 zur Verfügung stehen.
                                                                                                            Verantwortlicher Redakteur:
                       allen Mitgliedern Mitte März 2019 ein           Über das neue Verfahren der „On-     Harald Freiling
                       Mitgliedsausweis in Form einer Kunst-       line-Quittung“ werden wir die Mitglie-   Klingenberger Str. 13
                       stoffkarte per Post zugesandt. Diesem       der der GEW Hessen rechtzeitig infor-    60599 Frankfurt am Main
                                                                                                            Telefon (0 69) 636269
                       Brief werden die Beitragsquittung für       mieren.                                  E-Mail: freiling.hlz@t-online.de
                                                                                                            Mitarbeit:
                                                                                                            Christoph Baumann (Bildung), Tobias Cepok (Hoch-
                                                                                                            schule), Dr. Franziska Conrad (Aus- und Fortbildung),
                                   Tarifrunde 2019: Unterschriften sammeln                                  Holger Giebel, Angela Scheffels (Mitbestimmung),
                                                                                                            Michael Köditz (Sozialpädagogik), Annette Loycke
                                                                                                            (Recht), Andrea Gergen (Aus- und Fortbildung), Ka-
                                                                                                            rola Stötzel (Weiterbildung), Gerd Turk (Tarifpolitik
                       Die GEW verweist ausdrücklich auf                                                    und Gewerkschaften)
                       das Recht von Personalversammlun-
                                                                                                            Gestaltung: Harald Knöfel, Michael Heckert †
                       gen, sich mit „der aktuellen Entwick-
                       lung von Tarif-, Besoldungs- und So-                                                 Titelthema: Harald Freiling
                       zialangelegenheiten“ zu befassen (§ 47                                               Illustrationen:
                       HPVG). Beamtinnen und Beamte, die                                                    Thomas Plaßmann (S. 25), Ruth Ullenboom (S. 4)
                       sich mit den Forderungen der Gewerk-                                                 Fotos, soweit nicht angegeben:
                       schaften in der Tarif- und Besoldungs-                                               Kay Herschelmann (Titel), GEW (S. 6-8, 27, 35, 39)
                       runde 2019 solidarisieren wollen, haben                                              Verlag:
                       selbstverständlich das Recht, dies bei                                               Mensch und Leben Verlagsgesellschaft mbH
                                                                                                            Niederstedter Weg 5
                       Kundgebungen oder Demonstrationen                                                    61348 Bad Homburg
                       zum Ausdruck zu bringen. Unterschrif-
                                                                                                            Anzeigenverwaltung:
                       tenlisten, die Ende März an Innenmi-                                                 Mensch und Leben Verlagsgesellschaft mbH
                       nister Beuth als Verhandlungsführer des                                              Peter Vollrath-Kühne
                       Landes übergeben werden sollen, sind                                                 Postfach 19 44
                                                                                                            61289 Bad Homburg
                       allen Schulen zugegangen. Weitere In-                                                Telefon (06172) 95 83-0, Fax: (06172) 9583-21
                       formationen zur Tarifrunde findet man                                                E-Mail: mlverlag@wsth.de
                       in dieser HLZ (S.6f.) und im Internet                                                Erfüllungsort und Gerichtsstand:
                       (www.gew.de, www.gew-hessen.de).                                                     Bad Homburg
                       • Download der Unterschriftenliste:                                                  Bezugspreis:
                       www.gew-hessen.de > Besoldung/Ta-                                                    Jahresabonnement 12,90 Euro (9 Ausgaben, ein-
                       rif > Tarifrunde 2019                                                                schließlich Porto); Einzelheft 1,50 Euro. Die Kosten
                                                                                                            sind für die Mitglieder der GEW Hessen im Beitrag
                                                                                                            enthalten.
      Aus dem Inhalt

                        Rubriken                                    17-22 Koalitionsvertrag: Im Wortlaut    Zuschriften:
                                                                                                            Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder
                        4   Spot(t)light                                                                    wird keine Haftung übernommen. Im Falle einer Ver-
                                                                    Einzelbeiträge
                        5   Meldungen                                                                       öffentlichung behält sich die Redaktion Kürzungen
                                                                    6 Tarif- und Besoldungsrunde 2019:      vor. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen
                       30   Bücher: Kompetenzorientierung                                                   nicht mit der Meinung der GEW oder der Redaktion
                       31   Recht: Brückenteilzeit | Reisekosten      Noch kein Ergebnis in Hessen          übereinstimmen.
                       34   Magazin                                 8 Die Fachgruppen der GEW Hessen:
                       36   Jubilarinnen und Jubilare                 Sozialpädagogische Berufe
                       39   Nachrufe                               23 Glosse: Schreiben ohne Gehör          Redaktionsschluss:
                                                                   25 VERA-Vergleichsarbeiten               Jeweils am 5. des Vormonats
                        Koalitionsvertrag: Stellungnahmen          26 Zur IT-Ausstattung von Schulen
                        9 Frühe Bildung                            28 Globales Lernen: Bildung für nach-
                                                                                                            Nachdruck:
                       10 Grundschule | Inklusion                     haltige Entwicklung                   Fotomechanische Wiedergabe, sonstige Vervielfälti-
                       11 Sekundarstufen I und II                  32 NS-Zeit: Spurensuche in der Fami-     gungen sowie Übersetzungen des Text- und Anzei-
                       12 Ganztag | Berufliche Bildung                liengeschichte                        genteils, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher
                                                                                                            Genehmigung der Redaktion und des Verlages.
                       14 Landeshaushalt | Tarif und Besol-        33 Juden in Fulda und in der Rhön
                          dung | Hochschulen                                                                Druck:
                                                                                                            Druckerei und Verlag Gutenberg Riemann GmbH
                       16 Lehreraus- und -fortbildung               24 Aus dem lea-Fortbildungsprogramm     Werner-Heisenberg-Str. 7, 34123 Kassel
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
3     HLZ 3/2019     zum Inhaltsverzeichnis                                                              KOMMENTAR

    Nichts Neues aus Wiesbaden?
    Die Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendli-        tigungsverhältnissen gearbeitet. Da gibt es also viel
    chen sind auch in Hessen nicht gleich. Gesundheit,      zu tun! Wir brauchen klare Zielvorgaben, die die be-
    Bildung, Lebenschancen der Kinder und Jugendlichen      fristeten Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen
    sind nach wie vor vom sozioökonomischen Status          deutlich reduzieren. Hier ist die Landesregierung jetzt
    der Eltern abhängig. Je ärmer das Elternhaus, des-      gefordert. Für viele tausend studentische Hilfskräfte
    to größer ist das Risiko für Kinder und Jugendliche,    gibt es in Hessen keine einheitlichen Arbeitsbedin-
    später auch selbst Armut zu erleben. Mit Chancen-       gungen und keine tariflichen Regelungen. Die Bezah-
    gleichheit hat das nichts zu tun. Wir brauchen in der   lung unterscheidet sich von Hochschule zu Hoch-
    Bildungspolitik einen Aufbruch mit dem Ziel, Chan-      schule eklatant. Die schwarz-grünen Koalitionäre
    cengleichheit herzustellen und Bildungsmöglichkei-      wollen dies künftig „ähnlich zu Tarifverträgen“ re-
    ten für alle zu schaffen. Dafür reicht ein Programm     geln. Doch warum nur tarifähnlich? Jetzt gibt es die
    zur Verbesserung der Bildungssprache Deutsch, wie       Chance, tarifliche Regelungen für studentische und
    das Kultusminister Lorz jetzt auch in seiner Eigen-     wissenschaftliche Hilfskräfte im TV-H zu vereinba-
    schaft als Präsident der Kultusministerkonferenz vor-   ren. Die Gewerkschaften wären dabei.
    schlägt, nicht einmal in Ansätzen aus.                     „Aufbruch im Wandel durch Haltung, Orientie-
       Und im Bereich der Schulen? Im Koalitionsver-        rung und Zusammenhalt“: So lautet der Titel des
    trag der alten und neuen schwarz-grünen Koalition       fast 200 Seiten starken Koalitionsvertrages zwischen
    werden einzelne sinnvolle Ziele formuliert: Stärkung    CDU und GRÜNEN. Für den Bildungsbereich bleibt
    der politischen Bildung, individuelle Förderung von     der versprochene Wandel aber weitgehend aus. Es
    Schülerinnen und Schülern, partielle Öffnung zur        kommt nichts Neues aus Wiesbaden. Stellungnah-
    Reduzierung der Ziffernoten und einiges mehr. Es        men aus den Referaten und Fachgruppen der GEW
    bleibt aber leider völlig unklar, in welchem Umfang     und eine Dokumentation wichtiger Passagen zu den
    zusätzliche materielle und personelle Ressourcen ge-    Themen Bildung, Haushalt und öffentlicher Dienst
    schaffen werden sollen. Und so bleibt die Befürch-      findet man in dieser HLZ ab Seite 9.
    tung der Beschäftigten, dass sich ihre Arbeitsbedin-       Beim Erscheinen dieser HLZ ist die Tarifrunde
    gungen weiter verschlechtern!                           2019 für die Beschäftigten aller anderen Bundes-
       Der Koalitionsvertrag zeigt aber auch, dass ge-      länder vermutlich abgeschlossen. Doch in Hessen
    meinsamer Protest etwas bringt. Vor fünf Jahren trat    ist die Messe noch nicht gelesen! Wir rufen alle Be-
    die erste schwarz-grüne Koalition mit der Absicht       schäftigten auf, sich für ein gutes Ergebnis im Be-
    an, die Besoldung von Beamtinnen und Beamten            reich des Tarifvertrags Hessen und für die vollstän-
    grundsätzlich unabhängig von Tarifergebnissen zu        dige Übertragung auf die Beamtinnen und Beamten
    dekretieren. Das liest sich heute völlig anders: „Wir   zu engagieren. Die Gewerkschaft: Das sind wir alle!
    streben an, die Tarifverhandlungsergebnisse auf die
    Beamtenbesoldung zu übertragen.“ Dass dies nicht
    nur Worthülsen sind, muss die Landesregierung in        Birgit Koch und Maike Wiedwald
                                                            Landesvorsitzende der GEW Hessen
    der aktuellen Tarifrunde unter Beweis stellen (HLZ
    S.7). Die Gewerkschaften fordern die zeit- und wir-
    kungsgleiche Übertragung auf die Beamtinnen und
    Beamten. Auch dafür ist genug Geld da, genauso wie
    für die Angleichung der Besoldung der Grundschul-
    lehrkräfte an die der anderen Lehrämter.
       Auch die Aussagen zu den Hochschulen stellen
    einen kleinen Lichtblick dar: „Daueraufgaben sollen
    auch als Dauerstellen gestaltet werden.“ Ende 2017
    haben 86 % der wissenschaftlichen Beschäftigten
    an hessischen Hochschulen in befristeten Beschäf-
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
SPOT(T)LIGHT                                                                             zum Inhaltsverzeichnis          HLZ 3/2019      4

             Baby Shower
                                                                                             en. Wir sind fünfzehn Gäste. Ein paar
                                                                                             Mitschülerinnen, Ninas Mutter und der
                                                                                             schmächtige Kindsvater. Der sieht aus,
                                                                                             als bräuchte er selber noch viel Be-
                                                                                             treuung. Armes „Baby to be“! Alles ist
                                                                                             hübsch dekoriert. Viele lustige Schil-
      Nina legt mir ein Attest auf den Lehrer-   Baby-Belly-Shop bestellen. Auch Rub-        der mit der glitzernden Aufschrift „It’s
      tisch: „Ich komme ab morgen nicht          bellose für die Feier gibt es dort. Des     a boy!“ Babyfüßchen als Girlanden und
      mehr zur Schule.“ „Wie lange denn?“,       Weiteren Baby-Bingo und Baby-Me-            Konfetti. Und alles in Blautönen. Ein
      frage ich. Nina sagt triumphierend:        mory. Und lustige Utensilien für die Er-    guter Start für einen richtigen „Cis-
      „Erst mal überhaupt nicht mehr.“ Ich       innerungsfotos. Ich stimme mich mit         Mann“! Das ist ein weißer heteronor-
      stutze. Nina strahlt: „Ich bin schwan-     der Englisch-Kollegin ab, die ebenfalls     mativer Mensch, als biologischer Mann
      ger!“ Na toll, eine junge Mutter in der    eingeladen ist. Wir schenken Nina ein       geboren und seiner sozialen Rolle im-
      10. Klasse. Dafür rede ich mir den Mund    Buch über Säuglingspflege und Kinder-       mer treu geblieben. – Wie langweilig.
      fusselig, wie wichtig ein guter Schul-     psychologie. Die junge Frau packt unser         Cupcakes, Marshmallows und Pop-
      abschluss ist? Hätte Nina das nicht ein    Präsent aus und dreht es verwirrt hin       corn haben in blauer Lebensmittelfar-
      paar Jahre verschieben können? „Du         und her. Sie wollte lieber einen Sterili-   be gebadet. Es ist bestimmt unziemlich,
      hast wohl im Biologieunterricht nicht      sator für die Fläschchen. Das stand de-     auf einer „Baby-Shower-Party“ nach
      aufgepasst“, kann ich mir als Klassen-     zent hinten auf der Einladung: „Was ich     einem Kräuterschnaps zu fragen. Ob es
      lehrerin nicht verkneifen…                 gut gebrauchen könnte….“ Eine Klas-         den im Notfall auch in hellblau gibt?
          Ein paar Monate später erhalte ich     senkameradin von Nina sagt: „Schau          Also leide ich still. Vor allem, als wir
      einen hellblauen Brief mit einer hell-     doch mal in das Buch rein, da liegt be-     jetzt Ninas Bauch mit Fingerfarben be-
      blauen Karte: In Silberschrift werde       stimmt noch ein Gutschein drin.“ Nee,       malen sollen. Die anderen Gäste pro-
      ich zu Ninas „Baby-Belly-Party“ ein-       kein Gutschein, das Buch war teuer ge-      duzieren lächelnde Sonnen, Vögelchen
      geladen. Was ist das denn? Das allwis-     nug. Außerdem lassen wir uns unsere         und Blümchen. „Und jetzt Sie, Frau
      sende Internet klärt mich auf: „Diese      Geschenke nicht vorschreiben!               Frydrych!“ Ich male gezwungenerma-
      wunderbare Tradition wird bereits in           Die junge Mutter hat über ihren         ßen ein paar Noten. Schließlich unter-
      vielen Ländern gepflegt.“ Wie so vie-      Bauch eine große Schärpe mit dekora-        richte ich ja auch fachfremd Musik. Ich
      le wunderbare Dinge stammt die Tra-        tiven Blumen und einem Button „Mom          wundere mich, dass Nina immer noch
      dition aus den USA. Die Schwangere         to be“ drapiert. Das hätte man ohne         ein Bauchnabelpiercing trägt. „Das ist
      wird an diesem Feiertag mit Geschen-       den Button glatt übersehen! Ich erin-       aus Bioplastik. Extra für schwangere
      ken überhäuft. Ich finde bei fachkundi-    nere mich dunkel, wie meine Mutter          Frauen. Damit das Piercingloch nicht
      gen Versandhändlern viele Vorschläge,      und ihre Freundinnen in der Schwan-         zuwächst.“ Wie tröstlich, dass es für
      was ich schenken könnte. Zum Beispiel      gerschaft gewaltige Zeltkleider trugen,     viele gravierende Probleme des Lebens
      eine Windeltorte. Man rollt 80 Windeln     um ihre Fruchtbarkeit zu verstecken.        eine Lösung gibt.
      zu kleinen Knuddeln und baut daraus            Auf Ninas Geschenketisch stehen             Dann kommt das Erinnerungsfoto.
      eine dreistöckige „Torte“. Halterungen     zwei Windeltorten, ein blauer Nacht-        Nina mit bemaltem Bauch im Mittel-
      und Verzierungen dafür kann man im         topf und viele blau verpackte Utensili-     punkt, wir anderen ranken uns um sie
                                                                                             herum. Für das Bild setzen wir einen
                                                                                             blauen Kopfschmuck auf und wählen
                                                                                             ein Utensil aus Ninas Baby-Box. Hof-
                                                                                             fentlich stellt meine Ex-Schülerin das
                                                                                             Bild nicht bei Facebook aus. Wenn mich
                                                                                             jemand mit Riesenschnuller und Nacht-
                                                                                             topf findet, ist meine Karriere ruiniert.
                                                                                             Nach dem Gruppenfoto verabschiede
                                                                                             ich mich. Die hellblauen Cupcakes lie-
                                                                                             gen mir wirklich schwer im Magen…
                                                                                                 Natürlich kommt auch Nina mit ih-
                                                                                             rem Santiago-Jerome auf dem Arm in
                                                                                             die Schule und aus den entzückten Mie-
                                                                                             nen ihrer Mitschülerinnen schließe ich,
                                                                                             dass einige nun auch das Projekt „Baby
                                                                                             statt Berufsausbildung“ in die enge-
                                                                                             re Wahl ziehen. Warum nicht? Irgend-
                                                                                             jemand muss schließlich meine Rente
                                                                                             bezahlen. Und im Mittelalter kam man
                                                                                             schließlich auch ohne Schulabschluss
                                                                                             klar. Noch in der Generation meiner
                                                                                             Mutter hieß es auf dem Dorf: „Lehr-
                                                                                             stelle? Brauchst du nicht! Wenn du das
                                                                                             kannst, was ich kann, reicht das!“
                                                                                                                   Gabriele Frydrych
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
5      HLZ 3/2019       zum Inhaltsverzeichnis                                                                            MELDUNGEN

          Kultusministerium: Von                      Kommunalfinanzen: Zwei-
          wegen „Mentorenstunde“!                     felhafte Zwischenbilanz
    Zu den Last-Minute-Wahlgeschenken           Ende Januar zog Thomas Schäfer, alter
    von Kultusminister Lorz gehörte die Zu-     und neuer hessischer Finanzminister,
    sage, das Hessische Kultusministerium       eine Zwischenbilanz des Kommunal-
    werde den Schulen „pro Lehrkraft im         investitionsprogramms (KIP), des Pro-
    Vorbereitungsdienst (LiV) eine Unter-       jekts KIP macht Schule! und des Inves-
    richtsstunde zur Entlastung zuweisen“.      titionsprogramms der HESSENKASSE.
    Diese Regelung solle – so die Pressemit-    Der DGB Hessen-Thüringen hält diese
    teilung vom 15.10.2018 – „zum 1. Fe-        Programme für „viel zu klein dimensi-
    bruar 2019 umgesetzt“ werden. Im Ko-        oniert“. Der hohe Investitionsstau auf
    alitionsvertrag rühmten sich CDU und        der kommunalen Ebene sei in erster Li-         Für die Sanierung maroder Schu-
    Grüne dann sogar, sie hätten „bereits in    nie auf die mangelnde Finanzausstat-       len demonstrierten Schülerinnen und
    der letzten Legislaturperiode eine Ent-     tung der Kommunen zurückzuführen.          Schüler am 11.12.2018 in Kassel (Foto:
    lastungsstunde“ für Mentorinnen und         Kurzfristige Programme würden daran        „Bündnis Unsere Zukunft erkämpfen“).
    Mentoren „eingeführt“, obwohl in der        nichts ändern, erklärte DGB-Vorsitzen-     DGB-Referent Kai Eicker-Wolf kritisier-
    Regel für jeden Mentor und jede Men-        der Michael Rudolph: „Die Kommunen         te in diesem Zusammenhang auch den
    torin nur eine halbe Stunde raussprin-      brauchen letztlich dauerhaft deutlich      jetzt vorliegenden Kommunalbericht
    gen wird (HLZ S.16). Jetzt wurde durch      höhere Einnahmen, um ihre Investitio-      2018 des Landesrechnungshofs. Auch
    den Zuweisungserlass bekannt, dass es       nen dauerhaft steigern zu können – und     dieser ignoriere den riesigen Investiti-
    zum 1. 2. 2019 vermutlich überhaupt         auch, um das Personal in den Bauver-       onsstau insbesondere beim Bau und bei
    nichts gibt und eine Umsetzung frühes-      waltungen wieder auf den notwendigen       der Sanierung der Schulen. Ein Bericht
    tens am 1. August erfolgen wird.            Stand zu erhöhen.“                         folgt in der HLZ 3/2019.

          GEW im Main-Kinzig-Kreis                    Rekrutierung Minderjähri-              Lehren aus den NSU-Morden
          gegen Einschüchterung                       ger durch die Bundeswehr
                                                                                              Diskussion in Kassel am 28. März
    Die GEW-Kreisverbände Hanau, Geln-          Im Jahr 2018 wurden von der Bundes-
    hausen und Schlüchtern bekräftigten         wehr 1.366 Soldaten und 313 Soldatin-      Die Initiative „nachgefragt“ in Kas-
    in einer gemeinsamen Erklärung, dass        nen neu eingestellt, die bei Dienstan-     sel sieht angesichts rechter Netzwerke
    sie „für eine soziale, bunte und weltof-    tritt noch nicht volljährig waren. Die     bei der Polizei, einer „Schattenarmee“
    fene Gesellschaft“ stehen, „in der Ras-     Zahl ist etwas niedriger als im Vorjahr,   bei der Bundeswehr mit Umsturzplä-
    sismus, Rechtsradikalismus, Homopho-        aber für Tony C. Schwarz, den stellver-    nen für den Tag X und hasserfüllten
    bie und Fremdenfeindlichkeit keinen         tretenden Vorsitzenden der GEW Hes-        Drohschreiben an politische Anders-
    Platz haben“. Anlass war die Tatsache,      sen, immer noch „skandalös hoch“. Die      denkende „Gefahr im Verzug“.
    dass mit Schülernamen und Lehrer-           hohe Zahl Minderjähriger sei „das Er-          Für die Diskussionsveranstaltung
    kürzel gekennzeichnetes Lernmateri-         gebnis einer aggressiven Werbung in        „Gegen das Vergessen“ am 28. März um
    al zum islamischen Glauben aus dem          Schulen, bei Ausstellungen und Mes-        18 Uhr im Philipp-Scheidemann-Haus
    evangelischen Religionsunterricht ei-       sen, Vorträgen in Jobcentern, Arbeits-     Kassel haben die Bundestagsabgeord-
    ner Grundschule in einem You-Tube-          agenturen und Berufsinformations-          neten Dr. Irene Mihalic (GRÜNE), ­Petra
    Video abgebildet und mit dem ironisch       zentren“, bei denen die Bundeswehr         Pau (LINKE) und Uli Grötsch (SPD) so-
    gemeinten Kommentar versehen wurde,         Jugendliche zwischen 15 und 17 Jah-        wie der Vertreter der Nebenklage im
    „eine Islamisierung“ finde „nicht statt“.   ren anspricht. Verstärkt wirbt die Bun-    Münchner NSU-Prozess Dr. Mehmet
    Das Abfilmen und die Veröffentlichung       deswehr auch in den sozialen Medi-         Daimagüler ihre Teilnahme zugesagt.
    von Unterrichtsmaterialien ist für Hei-     en, wo Clips wie „Die Rekruten“ oder       Dabei geht es auch um die Lehren aus
    ke Rickert-Fischer vom GEW-Kreisver-        „Mali“ echte „Abenteuer“ versprechen,      den Morden des NSU, zu dessen Opfern
    band Gelnhausen „nicht weit von den         aber „die wahren Folgen von Kriegs-        auch Halit Yozgat aus Kassel gehört.
    Denunziationsplattformen der AfD in         einsätzen verschweigen“. Die Rekrutie-         Alle NSU-Untersuchungsausschüs-
    anderen Bundesländern entfernt“. Die        rung von Jugendlichen unter 18 Jahren      se haben nach Auffassung der Initiative
    GEW-Kreisverbände im Main-Kinzig-           durch das Militär verstößt gegen die       gezeigt, „wie gefährlich sich rechtster-
    Kreis stellten sich deshalb „öffentlich     Prinzipien der Kinderrechtskonvention      roristische Netzwerke entwickeln, wenn
    und ausdrücklich hinter alle Kollegin-      der Vereinten Nationen. Deutschland        nicht von Anfang an gesellschaftliche
    nen und Kollegen, die nach dem Cur-         gehört zu den wenigen Vertragsstaa-        Gegenwehr und umfassende Aufklä-
    riculum der dritten und vierten Klas-       ten, die von einer Ausnahmeregelung        rung erfolgen“. Auch der hessische Un-
    sen im Religionsunterricht alle großen      Gebrauch machen und weiterhin min-         tersuchungsausschuss habe „zahl­lose
    Weltreligionen vorstellen“. Im Kon-         derjährige Freiwillige für die Streit-     Hinweise auf die fatalen Folgen be-
    fliktfall sollten Eltern „das persönli-     kräfte anwerben. Die GEW Hessen setzt      hördlicher Ignoranz“ geliefert. Trotz-
    che Gespräch suchen, statt in böswil-       sich im Bündnis mit anderen Organi-        dem bleibe die Reform des hessischen
    liger Absicht Lehrkräfte im Internet zu     sationen für die Anhebung des Rekru-       Verfassungsschutzes „marginal“ oder
    diskreditieren“, erklärte Günther Fecht,    tierungsalters für den Militärdienst auf   ziele „sogar in eine falsche Richtung.“
                                                                                           Kontakt: initiativenachgefragt@gmx.de
    Vorsitzender der GEW Schlüchtern.           18 Jahre ein.
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
TARIF UND BESOLDUNG                                                                     zum Inhaltsverzeichnis           HLZ 3/2019       6

               Tarif- und Besoldungsrunde 2019
               Arbeitsbedingungen an hessischen Hochschulen verbessern
                                                Bei der ersten Verhandlungsrunde für        für eine Entfristungsoffensive an den
                                                die Beschäftigten im Geltungsbereich        hessischen Hochschulen einsetzt. Damit
                                                des Tarifvertrags Hessen (TVH) be-          wollen sie den Druck erhöhen, dass die
                                                kräftigte die GEW-Vorsitzende Maike         Ankündigungen in der neuen schwarz-
                                                Wiedwald die Forderung der GEW, die         grünen Koalitionsvereinbarung „auch
                                                studentischen und wissenschaftlichen        zu realen Verbesserungen führen“.
                                                Hilfskräfte in den Geltungsbereich des
                                                TV-H einzubeziehen (HLZ S.7):
                                                                                            Petition für Entfristungsoffensive
                                                „Für viele tausend Beschäftigte, die an     Die Petition richtet sich insbesondere
                                                den Hochschulen eine unverzichtbare Ar-     an Bündnis 90/Die Grünen, die in ih-
                                                beit insbesondere auch bei der Betreu-      rem Wahlprogramm weitreichende Ver-
                                                ung der Studierenden schultern, gibt es     besserungen in Aussicht gestellt hat-
                                                in Hessen keine tarifrechtlichen Rege-      ten. Im Mai werden die Unterschriften
                                                lungen und keine einheitlichen Arbeitsbe-   dann der neuen grünen Wissenschafts-
                                                dingungen. Die Bezahlung unterscheidet      ministerin Angela Dorn bzw. der neu-
                                                sich von Hochschule zu Hochschule zum       en wissenschaftspolitischen Sprecherin
                                                Teil eklatant. Das wollen wir ändern. Wir   der grünen Landtagsfraktion Nina Ei-
                                                fordern: tarifvertragliche Regelungen für
                                                                                            senhardt übergeben.
                                                studentische und wissenschaftliche Hilfs-
                                                                                            • Die Unterschriftenaktion wird bis Ende
                                                kräfte jetzt!“
                                                                                            April fortgesetzt: www.gew-hessen.de, Kurz-
                                                Gleichzeitig unterstützt die GEW die        link: https://bit.ly/2t9aGkR oder https://
                                                „Initiative für gute Arbeitsbedingungen     weact.campact.de/petitions/fuer-eine-
     Vor der Eröffnung der Tarifverhandlungen   an Hessens Hochschulen“, die sich zur-      entfristungsoffensive-an-den-hessischen-
     in Wiesbaden am 1.2.2019 (Foto: GEW)       zeit mit einer Unterschriftenkampagne       hochschulen

       Unterschriften sammeln!                        Disziplinarverfahren endlich einstellen!
     Die GEW verweist ausdrücklich auf          Am 31. 12. 2018 lief die Frist aus, für     rechtlich geboten, weil Disziplinar-
     das Recht von Personalversammlun-          die das Hessische Kultusministerium         verfahren nach dem Disziplinargesetz
     gen, sich mit „der aktuellen Entwick-      (HKM) die Disziplinarverfahren ge-          „zügig durchgeführt werden sollen“.
     lung von Tarif-, Besoldungs- und           gen die Lehrkräfte ausgesetzt hatte,            Die GEW-Landesvorsitzenden erin-
     Sozialangelegenheiten“ zu befassen         die sich an dem Beamtenstreik am            nerten auch an den Grund, der meh-
     (§ 47 HPVG) und dazu auch Beauf-           16. Juni 2015 beteiligt hatten. Formal      rere tausend Beamtinnen und Beamte
     tragte der im Betrieb vertretenen Ge-      hätten damit die Staatlichen Schul-         im Juni 2015 zum Streik veranlass-
     werkschaften einzuladen.                   ämter die mehrmals ausgesetzten             te: „Sie haben gegen ein Besoldungs-
         Beamtinnen und Beamte, die sich        Verfahren am 1. 1. 2019 wieder auf-         diktat mit einer Nullrunde gestreikt
     mit den Forderungen der Gewerk-            nehmen müssen. Stattdessen ordne-           und gegen die erklärte Absicht der
     schaften in der Tarif- und Besoldungs-     te das HKM eine erneute Aussetzung          ersten schwarz-grünen Koalition, die
     runde 2019 solidarisieren wollen, ha-      an und zwar bis zu einer Entschei-          Beamtenbesoldung dauerhaft von
     ben selbstverständlich das Recht, dies     dung des Europäischen Gerichts-             den Tariferhöhungen der Angestell-
     bei Kundgebungen oder Demonstra­           hofs für Menschenrechte, dem das            ten abzukoppeln“. Dies habe die zwei-
     tionen zum Ausdruck zu bringen. Un-        Urteil des Bundesverfassungsgerichts        te schwarz-grüne Koalition inzwischen
     terschriftenlisten, die Ende März an       zum Streikrecht für Beamtinnen und          offensichtlich als Fehler erkannt, denn
     Innenminister Peter Beuth als Ver-         Beamte zur Prüfung vorgelegt wurde.         sie „strebe“ zukünftig an, „die Tarifver-
     handlungsführer des Landes überge-             Angesichts der voraussichtlichen        handlungsergebnisse auf die Beamten-
     ben werden sollen, sind allen Schu-        Verfahrensdauer von mindestens              besoldung zu übertragen“ (HLZ S.14).
     len zugegangen.                            fünf Jahren forderten die GEW-              Statt die Lehrkräfte, die dafür 2015 ge-
                                                Landesvorsitzenden Birgit Koch und          streikt haben, weiterhin mit zeitauf-
     Die Unterschriftenlisten zur Un-           Maike Wiedwald das HKM erneut auf,          wändigen Disziplinarverfahren zu be-
     terstützung der Forderungen der            „die Disziplinarverfahren nicht erneut      drohen, sollte sich die Landesregierung
                                                auszusetzen, sondern endgültig einzu-       lieber für eine Verbesserung der Lern-
     GEW kann man im Internet he­               stellen und die entsprechenden Unter-       und Arbeitsbedingungen an hessischen
     run­terladen: www.gew-hessen.de >          lagen aus den Personalakten zu ent-         Schulen einsetzen. Die HLZ wird wei-
     Besoldung/Tarif > Tarifrunde 2019          fernen“. Dies sei politisch, aber auch      ter berichten.
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
7     HLZ 3/2019        zum Inhaltsverzeichnis                                                           TARIF UND BESOLDUNG

    6 Prozent mehr – mindestens 200 Euro!
                              In Hessen ist der Käse noch nicht gegessen
    Am 1. Februar 2019 trafen sich die Ge-      des Landes Hessen auf ihre Kosten ge-
    werkschaften des öffentlichen Dienstes      hen soll. Ende März ist deshalb mit Ar-
    in Wiesbaden mit Innenminister Peter        beitskampfaktionen zu rechnen.
    Beuth zu einer ersten Verhandlungs-
    runde über den Tarifvertrag Hessen
    (TV-H). Dabei machten sie nochmals            Es geht auch um die Besoldung
    ihre Forderungen deutlich: 6 Prozent          der Beamtinnen und Beamten!
    Gehaltszuwachs, mindestens 200 Euro
    mehr monatlich und – neben etlichen         Herausgefordert sind auch – im Rah-
    anderen Punkten auf der Liste – Ein-        men ihrer Möglichkeiten – die Be-
    beziehung der studentischen Hilfskräf-      amtinnen und Beamten. In der Auf-
    te in den Tarifvertrag. Beides lehnte der   taktrunde am 1. Februar verwies der
    Minister ab: Die Entgeltforderung über-     Innenminister zur Frage der Besol-
    fordere die Landesfinanzen und stu-         dungsentwicklung auf den neuen Ko-
    dentische Beschäftigungsverhältnisse        alitionsvertrag, in dem festgehalten ist,
    dienten nicht der Existenzsicherung,        dass die schwarz-grüne Mehrheit eine
    sondern vielmehr der „Bildung“ der          Übertragung der tariflich vereinbar-
    Persönlichkeit.                             ten Einkommensentwicklung auf die
        Wenn die vorliegende März-Ausga-        Beamtinnen und Beamten „anstrebt“
    be der HLZ ausgeliefert wird, steht das     (HLZ S.17). Ob dies zeit- und wirkungs-
    diesjährige Tarifergebnis für die Be-       gleich erfolgen soll, ließ er allerdings    GEW-Landesvorsitzende Maike Wiedwald
    schäftigten aller anderen Bundesländer,     offen. Klar ist aber: Jeder Promille-       und GEW-Verhandlungsführer Daniel
    die in der Tarifgemeinschaft deutscher      punkt mehr beim Tarifergebnis kommt         Merbitz (rechts) vor der ersten TVH-Ver-
    Länder (TdL) zusammengeschlossen            auch den Beamtinnen und Beamten             handlungsrunde am 1. Februar 2019 in
                                                zu Gute und den Pensionärinnen und          Wiesbaden (Foto: Joyce Abrahams)
    sind, wahrscheinlich bereits fest. In-
    formationen über das Ergebnis für die       Pensionären.
    Beschäftigten aller anderen Bundeslän-                                                  nen im Koalitionsvertrag immerhin
    der findet man auf der Homepage der          Eingruppierung von Lehrkräften             Handlungsbedarf ausgemacht. Das ist
    GEW www.gew.de.                                                                         neu. Die Arbeitsbedingungen der stu-
        Diese Ergebnis hat auch für die wo-     Im TdL-Bereich steht auch die Weiter-       dentischen Hilfskräfte sollen „ähnlich
    möglich abschließenden Verhandlun-          entwicklung des Tarifvertrages zur Ein-     zu Tarifverträgen“ ausgestaltet wer-
    gen zum TV-H am 28. und 29. März            gruppierung von Lehrkräften auf der         den (HLZ S. 22). In schroffem Gegen-
    in Dietzenbach eine große Bedeutung.        GEW-Agenda. Einen solchen Vertrag           satz hierzu steht allerdings die zitier-
    Doch auch in diesem Jahr ist nicht da-      gibt es in Hessen noch nicht. Daher ist     te Äußerung von Innenminister Beuth
    von auszugehen, dass die hessische          die Frage der Lehrkräfte-Eingruppie-        (CDU), wonach die studentischen Be-
    Landesregierung das TdL-Ergebnis Eins       rung kein Gegenstand der Tarifrunde         schäftigungsverhältnisse nicht der
    zu Eins übernehmen wird. Das Gegen-         2019. Danach werden die Gewerkschaf-        Existenzsicherung, sondern vielmehr
    teil war bisher der Fall: Das Land hat      ten – und insbesondere die GEW – aber       der „Bildung“ der Persönlichkeit dien-
    seit 2010 immer versucht, von der Ent-      auch in Hessen Verhandlungen mit der        ten. Von einer angemessenen Wert-
    wicklung in den anderen Ländern ab-         Landesregierung auf der Grundlage des       schätzung der wichtigen Arbeit von
    zuweichen, oft nur in einzelnen Fra-        dann im Bereich der TdL geltenden Re-       studentischen und wissenschaftlichen
    gen, immer aber auch nach oben oder         gelwerks führen.                            Hilfskräften an den Hochschulen des
    nach unten. Denn nur die hessischen                                                     Landes kann bei Beuth auf jeden Fall
    Besonderheiten legitimieren in den Au-                                                  keine Rede sein.
                                                       Hilfskräfte an Hochschulen              Zweifellos bleibt die Durchsetzung
    gen der schwarz-grünen Koalition den
    Aufwand eines tarifpolitischen Son-         Ein anderer Schwerpunkt dieser Ta-          eines Tarifvertrages für Hilfskräfte eine
    derwegs.                                    rifrunde ist die Problematik der feh-       erhebliche Herausforderung für die ge-
        Für die Gewerkschaften des öffent-      lenden tarifrechtlichen Regelungen          werkschaftliche Tarifpolitik.
    lichen Dienstes kommt es daher darauf       für studentische und wissenschaftli-
    an, dem Arbeitgeber kurz vor der Run-       che Hilfskräfte, die sich in Hessen in       Alle aktuellen Informationen über
    de in Dietzenbach nochmals sehr deut-       besonderer Weise stellt. Denn unab-          den Verlauf der Verhandlungen
    lich zu zeigen, dass die Beschäftigten      hängig davon, ob hierzu in den ande-         und geplante Aktionen und Ar-
    des Landes die Forderungen der Ge-          ren Bundesländern Fortschritte erzielt
                                                worden sind, hat das Regierungsbünd-
                                                                                             beitskampfmaßnahmen findet man
    werkschaften mittragen und sie es nicht
    zulassen werden, wenn der Alleingang        nis aus CDU und Bündnis 90/Die Grü-          unter www.gew-hessen.de.
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
DIE FACH- UND PERSONENGRUPPEN DER GEW                                                       zum Inhaltsverzeichnis             HLZ 3/2019      8

        Fachgruppe Sozialpädagogische Berufe
     Neben der regionalen Gliederung in Schul- und Betriebsgruppen       desfachgruppen und Landespersonengruppen ist offen für alle
     und in Kreis- und Bezirksverbände hat die GEW eine Struktur         Mitglieder – auch zum zunächst unverbindlichen „Reinschnup-
     zur Gestaltung und Umsetzung der inhaltlichen Schwerpunk-           pern“. In lockerer Folge stellt die HLZ die Arbeit der Fach- und
     te in Fach- und Personengruppen. Die Mitarbeit in den Lan-          Personengruppen vor.

                                                  Berufe im Schuldienst“, der auch die               Wie alle GEW-Gremien funktioniert
                                                  neuen UBUS-Kräfte angehören, wurde             die Fachgruppe Sozpäd nur, wenn sich
                                                  in der HLZ 7-8/2018 vorgestellt.               dort Leute engagieren. Daher bitten
                                                      Die FG Sozpäd diskutiert aktuelle          wir alle, die berufsspezifische Fragen,
                                                  Themen, die von den Kolleginnen und            Vorschläge und Ideen oder auch ihre
                                                  Kollegen eingebracht werden, und for-          Probleme einbringen wollen, um eine
                                                  muliert fachspezifische Stellungnah-           Kontaktaufnahme und ihre Mitarbeit.
                                                  men für die Arbeit der GEW Hessen.             Je mehr sich beteiligen, um so intensi-
                                                  Die Forderung der GEW nach einem               ver und schlagkräftiger kann die Fach-
                                                  „Sofortprogramm für gute Bildung“ in           gruppe arbeiten.
                                                  Höhe von 500 Millionen Euro haben                  Deine Mitarbeit kann verschiedene
                                                  wir für den sozialpädagogischen Be-            Formen haben: Infos weitergeben, An-
                                                  reich mit der Formel „1 zu 3 – 1 zu 8 –        sprechperson für die Kolleginnen und
                                                  1 zu 10“ aktiv mitgestaltet und bei De-        Kollegen am Arbeitsplatz und beim je-
                                                  monstrationen präsentiert: Wir fordern         weiligen Träger sein, Quellen sichten,
                                                  für die Personal-Kind-Relation in der          Fachwissen zur Verfügung stellen, Ar-
     Demonstration „Bildung braucht bessere       Bildungsarbeit mit unter Dreijährigen          tikel für Veröffentlichungen oder Vor-
     Bedingungen“ am 22.9.2018 in Frankfurt       einen Schlüssel von 1 zu 3, für die Drei-      lagen für Beschlüsse und Stellung-
                                                  bis Sechsjährigen von 1 zu 8 und für           nahmen verfassen, Kontaktperson zu
     Die Landesfachgruppe Sozialpädagogi-         die Sechs- bis Zehnjährigen von 1 zu           anderen Gremien (Fach- und Perso-
     sche Berufe (kurz: FG Sozpäd) ist das        10 (Foto: Frankfurt, 22. 9. 2018).             nengruppen oder Kreisgruppen), In-
     Gremium zur Bearbeitung berufsspe-               In der FG Sozpäd engagieren sich           stitutionen oder Verbänden sein. Be-
     zifischer Themen innerhalb des GEW-          zurzeit vor allem Beschäftigte in Ki-          sonders freuen wir uns natürlich über
     Landesverbands. Bis 2014 gab es eine         tas, in der sozialpädagogischen Fami-          diejenigen, die zu unseren Arbeitstref-
     gemeinsame Fachgruppe für alle sozi-         lienhilfe, in der Betreuung psychisch          fen kommen. Jedes Quentchen Betei-
     alpädagogischen Fachkräfte in den un-        Kranker und in der Jugendarbeit. Die           ligung ist hilfreich – sei es sporadisch
     terschiedlichen Tätigkeitsfeldern und        Fachgruppe wird durch hauptamtli-              oder regelmäßig: JedeR wie er/sie kann
     bei verschiedenen Arbeitgebern. Tradi-       che Beschäftigte der GEW unterstützt,          und will!
     tionell trafen sich hier vor allem sozial-   insbesondere durch die stellvertreten-             Die FG Sozpäd trifft sich in der
     pädagogische Fachkräfte, die in Schu-        de Landesvorsitzende und Referentin            Regel alle drei Monate oder nach Be-
     len arbeiten und deren Arbeitgeber das       Karola Stötzel, durch Andreas Werther          darf zu ganztägigen Arbeitstreffen in
     Land Hessen ist. Um den vielfältigen         im Bezirksverband Frankfurt, Isabell           Frankfurt. Dienstbefreiung kann bean-
     berufsspezifischen Fragestellungen der       Carqueville, Referentin für Sozialpäda­        tragt werden. Die Fahrtkosten zu den
     sozialpädagogischen Fachkräfte Rech-         gogik in Nordhessen, und den Tarifre-          Treffen sowie die Verpflegung über-
     nung zu tragen, die bei Kommunen, bei        ferenten Rüdiger Bröhling. Selbstver-          nimmt die GEW. Die nächsten Tref-
     Kirchen, freien Trägern oder Vereinen        ständlich können wir uns aber auch auf         fen der Fachgruppe Sozpäd finden am
     beschäftigt sind, wurde 2015 eine ei-        die Unterstützung aller anderen Mitar-         Montag, dem 6. Mai 2019, am Freitag
     genständige Fachgruppe „Sozialpäda-          beiterinnen und Mitarbeiter in der Lan-        und Samstag, dem 13. und 14. Septem-
     gogische Berufe“ gegründet. Die Arbeit       desgeschäftsstelle und in der Landes-          ber 2019, und am Montag, dem 25. No-
     der Fachgruppe „Sozialpädagogische           rechtsstelle der GEW verlassen.                vember 2019, statt.

          Kontakt zur Fachgruppe                  von links: Anika Hartmann, Linda Torno, Katrin Neimke, Thorsten Willig, Janina Pieé, Esme-
                                                  ralda Lehmann, Jo Göbel, Sahin Gülüzar, Cornelius Müller, Sylvie Bausum und Steve Kothe
      Kolleginnen und Kollegen, die sich für
      die Arbeit der Landesfachgruppe inte-
      ressieren, können sich unter der fol-
      genden Adresse melden: fgsozpaed@
      gew-hessen.de. Die Kontaktdaten der
      Referentinnen und Referenten der GEW
      für den Bereich Sozialpädagogik findet
      man auf der Homepage der GEW Hessen
      www.gew-hessen.de > Kontakte > Lan-
      desgeschäftsstelle > Sozialpädagogik.
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
9      HLZ 3/2019       zum Inhaltsverzeichnis                                   SCHWERPUNKT: KOALITIONSVERTRAG

                                                                        Der Koalitionsvertrag
                                                                                von CDU und GRÜNEN
                                                                        Am 20. Dezember 2018 unterzeichneten CDU und GRÜNE
                                                                        ihren zweiten Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperi-
                                                                        ode des Landtags, die bis zur nächsten Landtagswahl Ende
                                                                        2023 dauert. Auf den folgenden Seiten veröffentlicht die
                                                                        HLZ Stellungnahmen von GEW-Mitgliedern, Fachgruppen
                                                                        und Referaten sowie Auszüge aus dem Koalitionsvertrag zu
                                                                        den Themen Bildung, Haushalt und öffentlicher Dienst. Die
                                                                        folgenden Stellungnahmen zu einzelnen Kapiteln geben die
                                                                        persönliche Meinung der Autorinnen und Autoren wieder.
                                                                        Die Seitenzahlen, die im Kasten „Im Wortlaut“ angegeben
                                                                        sind, beziehen sich auf die in der HLZ dokumentierten Aus-
                                                                        züge aus dem Koalitionsvertrag auf den Seiten 17 bis 22.

                                        Frühe Bildung                                                                                       Im
                                                                                                                                            Wortlaut:
                                                                                                                                            HLZ
       „Wenn Symbole Konzepte ersetzen, bleibt die Sache auf der Strecke.“                                                                  S. 17

    Der Koalitionsvertrag enthält viel Richtiges, zum Beispiel          abzuwarten. Die vorgesehene Anrechnung von Auszubilden-
    zum Wesen der Demokratie:                                           den auf den Fachkraftschlüssel sieht die GEW sehr kritisch,
    „Wenn das Vortragen der eigenen Position zum Ritual wird, wird      zumal bei einer neuen dualen Ausbildung auf die Kollegin-
    Politik zur Qual. Wenn Symbole Konzepte ersetzen, bleibt die Sa-    nen und Kollegen in den Einrichtungen erhebliche Zusatz-
    che auf der Strecke.“ (S.7)                                         belastungen zukommen, wenn sie die Verantwortung für
    In Sachen Bildung bleibt allerdings vieles symbolisch, auch         die Praxisanleitung der Auszubildenden schultern müssen.
    bei der Frühen Bildung. Zwar werden die dringendsten Pro-               Durch Fortbildungen, Supervision und Coaching will die
    bleme benannt, die dafür vorgeschlagenen Lösungswege sind           Koalition den „Teamgedanken in den Kitas stärken“. Vor-
    jedoch weder neu, noch greifen sie die zahlreichen Vorschlä-        dringlich wäre die Verbesserung der Arbeitsbedingungen
    ge der Profis im Bildungswesen auf. Ein Beispiel: Zur Sprach-       durch die Senkung der Gruppengrößen und eine höhere Ein-
    förderung in Kitas will die Koalition „das auf Kiss 3 weiter-       gruppierung der Fachkräfte. Hierfür müsste das Land den
    entwickelte Sprachscreening für alle Kinder (…) verbindlich         Kommunen in Hessen mehr Mittel zur Verfügung stellen.
    einführen und mit einem Förderkonzept versehen“ (S.14).                 Die Koalitionsregierung will zukünftig „verstärkt prüfen,
    Die breit von der Fachwelt vorgetragene Kritik an dem alle          dass der Bildungs- und Erziehungsplan zielgerichtet um-
    Kinder im Alter von vier Jahren erfassenden Screening und           gesetzt wird“. Doch der droht ohne Maßnahmen zur Anhe-
    seinem defizitorientierten Ansatz ist den Koalitionären of-         bung der Qualität in der Kita auf der Strecke zu bleiben. Üb-
    fensichtlich unbekannt.                                             rig bliebe das, was in der Überschrift des Kapitels zur Frühen
        Die Bundesmittel aus dem „Gute-Kita-Gesetz“ sollen              Bildung steht: „Verlässliche Betreuung unserer Kinder“. Das
    durch das Land verdoppelt werden. Damit will die Koalition          war wenigstens ehrlich!
    insbesondere „die Plätze im Ganztag ausbauen (…) und wei-                                                          Karola Stötzel
    tere Schritte in Richtung Beitragsfreiheit gehen“ (S. 8). Der für
                                                                        Karola Stötzel ist stellvertretende Landesvorsitzende der GEW und
    gute Arbeitsbedingungen und Bildungsqualität in den Ein-            Referentin für sozialpädagogische Berufe.
    richtungen dringend erforderlichen Verbesserung des Per-
    sonalschlüssels, die die GEW in ihrem „Sofortprogramm für
    Bildung“ eingefordert hatte, trägt der Koalitionsvertrag le-        In dieser HLZ:                Kommentar         Im Wortlaut
    diglich mit einer „Verbesserung der Personalausstattung der         Frühe Bildung                   Seite 9           Seite 17
    Kitas unter Berücksichtigung der spezifischen Herausforde-          Grundschule                    Seite 10           Seite 18
    rungen der Einrichtungen“ Rechnung (S.14). Übersetzt heißt
                                                                        Inklusion                      Seite 10           Seite 21
    dies wohl: Zu selten und zu wenig!
        Dass in den Kindertageseinrichtungen Fachkräfte fehlen,         Sekundarstufen I und II        Seite 11           Seite 20
    ist den Regierungsparteien bekannt. Sie wollen deshalb prü-         Ganztagsangebote               Seite 12           Seite 18
    fen, ob man die Ausbildung „straffen“, eine duale Ausbildung        Berufliche Bildung             Seite 13           Seite 21
    ermöglichen und Praxiszeiten „angemessen entlohnen“ kann.           Landeshaushalt                 Seite 14              ---
    Über Freiwilligendienste will die Koalition „junge Menschen         Hochschulen                    Seite 14           Seite 22
    für die Tätigkeit im Bereich der Kinderbetreuung begeistern“
                                                                        Öffentlicher Dienst,
    und durch eine „angemessene Ausbildungsvergütung“ auch                                              Seite 15           Seite 17
                                                                        Tarif und Besoldung
    „mehr Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger“ für den Beruf
    gewinnen. Ob diese Maßnahmen ausreichen werden, bleibt              Lehrerbildung                   Seite 16           Seite 19
TARIFRUNDE 2019 Noch kein Ergebnis in Hessen - Zeitschrift der - GEW Hessen
KOALITIONSVERTRAG                                                                            zum Inhaltsverzeichnis           HLZ 3/2019      10

Im
Wortlaut:                                                       Grundschule
HLZ
S. 18                                                         „A 13 ist unsere Messlatte!“
            Koalitionsvertrag? Was ist das eigentlich? Eine Absichts-         „Wir sehen die Debatte um eine einheitliche Eingangsbesoldung
            erklärung, eine Ankündigung, eine Weichenstellung? Im             der Lehrerinnen und Lehrer nach A13. Angesichts der Kosten
            vorliegenden Fall lassen Allgemeinplätze und unklare For-         ist eine zeitnahe Realisierung nicht oder nur zu Lasten anderer
            mulierungen weiten Interpretationsspielraum. Dient der Ko-        Projekte möglich. Wir halten in dieser Frage ein abgestimmtes
            alitionsvertrag etwa nur als Deckmäntelchen dafür, nichts zu      und einheitliches Vorgehen der Bundesländer für sinnvoll. Auch
            tun oder etwas, was man vielleicht noch nicht offenlegen will     um den Lehrerberuf für unsere Schulen zu sichern und Abwan-
            oder was man jetzt vielleicht noch nicht weiß?                    derungen zu vermeiden, werden wir zu diesem Thema das Ge-
                                                                              spräch mit unseren Nachbarländern suchen.“ (S. 88)
                Zu große Klassen, zu hohe Unterrichtsverpflichtung, zu we-
            nig Zeit für Kinder, Kooperation und Entwicklungsprozesse sind    Die Forderung „A13 für alle“ ist prägender Ausdruck der
            – auf einen kurzen Nenner gebracht – das Problem. Abhilfe bei     professionellen Identität der Grundschullehrkräfte gewor-
            diesen Belastungsfaktoren könnten nur Grundschullehrkräfte        den. „A13 für alle“ ist nicht nur am 13. November oder am
            schaffen und die gibt es nicht. Schon jetzt sind zu viele nicht   8. März in der Öffentlichkeit präsent, sondern begleitet uns
            für die Grundschule ausgebildete Menschen an den Schulen, die     in den Lehrerzimmern und in unserer täglichen Arbeit. Die
            oft manchmal nur für kurze Zeit langfristige Lücken stopfen.      Landesregierung tut gut daran, sich vertieft damit auseinan-
                Anerkennung der Profession durch gerechte Bezahlung,          derzusetzen, welches Potential in einer Aufwertung der Pro-
            „A13 für alle“ ist ein überfälliger Schritt, um die Zukunft der   fession auf der Ebene der Lehrkräfteausbildung, aber auch
            Bildung in der Grundschule zu sichern. Dies haben Grundschul-     auf der schulpraktischen Seite liegt. Grundschullehrkräfte
            lehrkräfte in den letzten Jahre deutlich gemacht. Die Landesre-   werden nicht locker lassen.
            gierung hat allerdings bei diesem Thema noch „Förderbedarf“,                                                   Susanne Hoeth
            den diagnostisch geschulte Grundschullehrkräfte unschwer er-      Susanne Hoeth leitet gemeinsam mit Karin Hämmelmann die Lan-
            kennen, denn im Koalitionsvertrag heißt es etwas zögerlich:       desfachgruppe Grundschule der GEW.

Im
Wortlaut:                                                             Inklusion
HLZ
S. 21                              „Kein Aufbruch, wenig Wandel und viele Formelkompromisse“
            Immerhin haben „Inklusion und Förderschulen“ anders als           terricht ist 2019 gar nichts mehr zu lesen. Eine substanzielle
            vor fünf Jahren in der Koalitionsvereinbarung ein eigenes         Konkretisierung zum Personaleinsatz findet man im Kapitel
            Kapitel. Die Koalition setzt weiter auf die „Wahlfreiheit“ zwi-   „Die besten Schulen an den Orten mit den größten Heraus-
            schen Förderschulen und inklusivem Unterricht an allgemei-        forderungen“. Die Absichtserklärung, „dass jeder Grundschule
            nen Schulen und auf die inklusiven Schulbündnisse. Noch           pro 250 Schüler mindestens eine Förderpädagogenstelle fest
            deutlicher als 2014 werden die unbestrittenen Leistungen der      zugewiesen werden soll“, lässt mindestens aufhorchen. Bei
            Förderschulen hervorgehoben. „Von Landesseite“ werde es           viel gutem Willen könnte man hier so etwas wie den Ein-
            „keine Schließung von Förderschulen“ geben, das Angebot           stieg in eine sonderpädagogische Grundausstattung erken-
            der Förderschulen soll sich „nach der Nachfrage der Eltern“       nen, in eine systemische Zuweisung, wie sie von der GEW
            richten, die angesichts des Zustands des inklusiven Unter-        in ihren Beschlüssen zur inklusiven Bildung gefordert wird.
            richts oft gar keine andere Wahl haben.                           Dies wäre eine Abkehr von der bisherigen Politik, alle För-
                Dass die Verordnung über die inklusiven Schulbündnis-         derschullehrkräfte zum Teil auch gegen ihren Willen an ein
            se (VOiSB) auch fast drei Jahre nach deren Ausrufung und          BFZ zu versetzen und auch nur noch dort Einstellungen vor-
            ein Jahr nach dem ersten Entwurf nicht in Kraft getreten          zunehmen. Zum Erhalt der „fachlichen Anbindung“ an das
            ist, zeigt, wie wackelig deren Fundament ist. Die Absichts-       BFZ sollen an Grundschulen eingestellte Förderschullehrkräf-
            erklärung, dass Förderschullehrkräfte „möglichst mit allen        te ein Deputat erhalten, „das ihre Unterrichtsverpflichtung
            Stunden an nur einer allgemeinen Schule“ bzw. „verstärkt          reduziert“. Wie ernst es die Koalitionsparteien damit meinen,
            im Unterricht an der allgemeinen Schule eingesetzt wer-           steht derzeit noch in den Sternen. Angesichts der Situation
            den“, ist fast wörtlich aus der Koalitionsvereinbarung von        auf dem Lehrerarbeitsmarkt und der Art und Weise, wie das
            2014 abgeschrieben. Damals hieß es, „dass Förderschulleh-         Kultusministerium mit den bisherigen politischen Vorgaben
            rer bei inklusiver Beschulung wieder fest dem Kollegium der       der Koalition umgegangen ist, sind Zweifel angebracht. Aber
            allgemeinen Schule zugeordnet werden“, um „Doppelbeset-           vielleicht können ja einzelne Grundschulen hier einen Test-
            zungen möglich“ zu machen. Von zusätzlichen Ressourcen            ballon steigen lassen.
            für gute Lern- und Arbeitsbedingungen im inklusiven Un-                                        Harald Freiling, HLZ-Redakteur
11     HLZ 3/2019       zum Inhaltsverzeichnis                                                            KOALITIONSVERTRAG

                    Sekundarstufen I und II                                                                                            Im
                                                                                                                                       Wortlaut:
                                                                                                                                       HLZ
              „Die Koalition führt ihre bisherige Schulpolitik fort.“                                                                  S. 20

     Im Bereich der Sekundarstufe I und II wollen CDU und ­GRÜNE     mindestens 250 Schülerinnen und Schülern und alle Schu-
     im Wesentlichen ihre bisherige Politik nahtlos fortführen. In   len mit dem Bildungsgang Haupt- und Realschule sollen
     ihrem Wahlprogramm forderten die GRÜNEN noch „länge-            „mindestens eine Stelle“ erhalten. Zusagen für eine Aus-
     res gemeinsames Lernen und das möglichst lange Offenhal-        weitung der bisher vorhandenen 700 UBUS-Stellen sucht
     ten aller Bildungsabschlüsse“, „ein Zwei-Säulen-Schulmodell“    man vergeblich.
     aus Gymnasien und Gesamtschulen und die „Vereinfachung              Die neue Landesregierung will die „Möglichkeit eines
     des Schulsystems“ durch das Angebot an die Schulträger,         Parallel­angebots von G8/G9 für alle Gymnasien“ erhalten
     „Haupt- und Realschulen, Mittelstufenschulen und Koopera-       und spricht sich für eine „Flexibilisierung der Ausgestal-
     tive Gesamtschulen schrittweise in Integrierte Gesamtschu-      tungsmöglichkeiten“ aus. Das ignoriert die breite Akzep-
     len umzuwandeln“. Das alles ist jetzt Makulatur! Die Koaliti-   tanz, auf die G9 seit Jahren trifft. Auch mit der vorgesehe-
     onsvereinbarung basiert auf dem traditionellen gegliederten     nen Prüfung einer „Kostenübernahme der Beförderung für die
     Schulsystem mit Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen und        10. Klassen der G8-Schüler“, die bisher im Schulgesetz nicht
     Förderschulen. Das Wort „Gesamtschule“ taucht auf den 192       vorgesehen war, würden weitere Anreize für G8 geschaffen.
     Seiten des Koalitionsvertrags tatsächlich nur einmal auf, die       Das Abitur soll „hinsichtlich seiner Qualität“ weiter ge-
     Integrierte Gesamtschule überhaupt nicht. „Gestärkt“ wer-       stärkt werden (S. 82). „Qualitätssteigernde Maßnahmen“ sol-
     den soll dagegen das hessische Sondermodell der „Mittelstu-     len „in Zusammenarbeit mit Experten“ umgesetzt werden.
     fenschule“, die es in ganz Hessen nur 14-mal gibt (Koope-       Angesichts der vielfältigen Umgestaltung des Abiturs durch
     rative Gesamtschulen: 117, Integrierte Gesamtschulen: 119).     Kerncurricula und „Kompetenzorientierung“ in der gym-
         „Bei der Umsetzung der bundesweiten Vergleichsstudi-        nasialen Oberstufe verheißt das wenig Gutes! Erfreulich ist
     en (VERA 3 und VERA 8)“ wollen CDU und GRÜNE „Mög-              die Ankündigung einer – lange überfälligen – „zusätzlichen
     lichkeiten zur flexibleren Gestaltung“ nutzen, um „den Ar-      Deutschförderung in der Oberstufe“, damit bei der Beschu-
     beitsaufwand für die Schulen zu senken und den praktischen      lung von Geflüchteten alle Schulformen einbezogen werden.
     Nutzen zu erhöhen“ (S. 88). Die von vielen Lehrkräften ge-          CDU und GRÜNE sprechen sich für „einen durchgängi-
     forderte Abschaffung der verbindlichen Vergleichsarbeiten       gen Politikunterricht auf allen weiterführenden Schulen“ aus.
     wäre die einzige vernünftige Lösung, um Lehrkräfte zu ent-      Dazu soll das Fach Politik und Wirtschaft gestärkt werden,
     lasten und Kapazitäten freizusetzen.                            das „nicht abwählbar sein“ soll (S.91). Bei einer Abschaffung
         Der ländliche Raum findet in fast allen Kapiteln der Ko-    der Abwahloption in der Oberstufe nach Q2 würden auch
     alitionsvereinbarung besondere Aufmerksamkeit – auch in         die Themenfelder „Internationale Politik“ und „Europa“ wie-
     der Schulpolitik. Im Bereich der Berufsorientierung sol-        der für alle Schülerinnen und Schüler verbindlich. Die alte
     len Modelle zur Kooperation zwischen allgemeinbildenden         schwarz-grüne Landesregierung hatte sich für diese GEW-
     und beruflichen Schulen aus Limburg („Limburger Modell“)        Forderung wenig aufgeschlossen gezeigt. Für die Umsetzung
     und Korbach („ProBe“) auf ganz Hessen ausgeweitet wer-          der erfreulichen Ankündigung müssen das Schulgesetz und
     den. Zweifellos können Jugendliche in der Kooperation mit       die Oberstufen- und Abiturverordnung geändert werden.
     einer breit aufgestellten Kreisberufsschule unterschiedliche        Rätselhaft ist die Ankündigung im Abschnitt „Entlastung
     Berufsfelder kennenlernen. In den Ballungsgebieten hinge-       für Schulen und Lehrkräfte“, dass die Lehrerzuweisung, die
     gen differenzieren sich die Berufsschulen nach Berufsfeldern,   über die Grundunterrichtsversorgung hinausgeht, „klarer an
     so dass es nicht möglich ist, in der Kooperation einer allge-   ihre Wirksamkeit für guten Unterricht“ gebunden werden soll
     meinen und einer beruflichen Schule sowohl kaufmännische        (S. 87). Eine blinde Orientierung am schulischen „Output“,
     als auch handwerkliche Berufe, Gastronomie-, Gesundheits-       eine Orientierung der Zuweisung an Noten oder Abschlüs-
     oder Laborberufe kennenzulernen. So wird aus der beklagten      sen widerspräche allen Ausführungen zum Sozial- und Inte-
     „Vernachlässigung des ländlichen Raums“ eine Vernachläs-        grationsindex. Ist damit gemeint, dass man die Möglichkeit
     sigung der großen Städte und ihres Umlands.                     begrenzen will, aus dem Zuschlag zur Grundunterrichtszu-
         CDU und GRÜNE wollen zwar „die besten Schulen an den        weisung zusätzliche Leiter- und Leitungsdeputate zu „gene-
     Orten mit den größten Herausforderungen“, doch der Inhalt       rieren“, sollte man das auch so schreiben.
     des Kapitels enttäuscht: Die Zahl der nach dem Sozialindex          Lehrkräfte sollen „durch Verwaltungskräfte von bürokra-
     zugewiesenen Lehrerstellen wird von derzeit 730 nur mini-       tischen Aufgaben entlastet werden“ (S. 86). „In einem ers-
     mal auf 800 erhöht. Dass die Zuweisung „passgenauer“ erfol-     ten Schritt“ will die Koalition die Schulsekretariate „mit 500
     gen soll und eine unbestimmte „Vereinfachung der Berech-        zentral finanzierten Verwaltungskräften“ aufstocken. Wie
     nung“ angestrebt wird, dürfte kaum zu einer durchgreifenden     alle anderen Maßnahmen im Schulbereich steht auch diese
     Verbesserung der Situation der Schulen führen, deren Schü-      Zusage unter Finanzierungsvorbehalt (HLZ S.14). Auch hier
     lerinnen und Schüler „in überdurchschnittlichem Maß aus         muss die GEW dieser Landesregierung auf den Füßen ste-
     bildungsfernen oder sozial benachteiligten Elternhäusern“       hen: Nur zusätzliche Stellen sind sinnvoll und zielführend!
     kommen. Was können 800 Stellen bei einem Volumen von
                                                                                     Stefan Edelmann und Christoph Baumann
     54.100 Lehrerstellen tatsächlich bewirken?
         CDU und GRÜNE wollen die Unterstützung durch sozi-          Stefan Edelmann und Christoph Baumann leiten zusammen mit Juli-
     alpädagogische Fachkräfte „ausbauen“. Grundschulen mit          ane Kothe das Referat Schule und Bildung im GEW-Landesvorstand.
Sie können auch lesen