Festschrift 150 Jahre - Verein Ehemaliger Weinsberger eV
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
F e s t s c h r i f t 1 5 0 J a h r e LV WO We i n s b e r g I N H A LT S V E R Z E I C H N I S Grußwort des Direktors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 150 Jahre Weinbauschule Weinsberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 DIE LETZTEN 25 JAHRE Schule und Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Weinbau und Rebschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Rebenzüchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Kellerwirtschaft und Staatsweingut Weinsberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Obstbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Obstbauversuchsgut Heuchlingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Frucht- und Brennereitechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Analytik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Qualitätsprüfung für Wein und Sekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Bodenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Mechanisierung im Obst- und Weinbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 JUBILÄUMSJAHR 2018 Nach der Kirch.... so könnte es gewesen sein... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Große Ereignisse im Jubiläumsjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 WA N D E L U N D B E S T Ä N D I G K E I T Alle reden vom Klima - 120 Jahre Wetterbeobachtung in Weinsberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Rebschutz – alte Probleme und neue Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Neue Apfelsorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Weintourismus und Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Internationale Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Verein Ehemaliger Weinsberger e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Verein der Freunde und Förderer der Fachschule für Wein und Obstbau Weinsberg e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Organigramm 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Die Lehrkräfte der LVWO Weinsberg von 1868 bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Wir danken unseren Partnern, Förderern, Unterstützern und Freunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1
F e s t s c h r i f t 1 5 0 J a h r e LV WO We i n s b e r g Grußwort des Direktors DR. DIETER BLANKENHORN Liebe Leserinnen und Leser, Im Jahr 2018 konnte die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) ihr 150-jähriges Jubiläum begehen. Sie ist die älteste Weinbauschule in Deutschland. 1868 bis 2018 - während 150 Jahren - wurde die Ausbildung für den Wein- und Obstbau in unterschied- lichen Kursen angeboten. Die Gründung der Königlich Württembergischen Weinbauschule 1868 und der Beginn der Schule mit sechs Zöglingen, sonntags nach der Kirche, sind fast schon legendär und bestimmen noch heute das Wesen und den Geist der Weinsberger Institution. Initiator und Förderer war der Kameralverwalter Immanuel Dornfeld, der bereits 1849 konkrete Vorschläge für die Bildungsarbeit formulierte, indem er eine Art Musterbetrieb beschrieb, der zum einen der Ausbildung dient, zugleich neue Erkenntnisse erarbeitet und diese in die Praxis umsetzt. Um den Betrieb eigenständig und unabhängig zu führen, sollte er mit ausreichend Obst-, Acker- und Rebflächen und entsprechenden Gebäuden ausgestattet sein. Das Weinsberger Profil der Ausbildung verknüpft in besonderem Maße die theoretischen Grundlagen mit Erfahrungen im praktischen Betrieb. Bis heute hat sich dieses Konzept für die Weinsberger Bildung als Markenkern bewiesen und steht für die einzigartige und erfolgreiche Bildungsarbeit im Wein- und Obstbau in Baden-Württemberg. Das Motto „Bildung - Forschung - Praxis seit 1868“ begleitete uns während des gesamten Jubiläumsjahres, das am 22.02.2018 mit einem Festakt zur Gründung vor 150 Jahren begann. Nach einer kurzen Andacht in der Johanniskirche wechselten wir in die LVWO um die Grußworte von Minister Peter Hauk, Verbandsvertretern und Kooperationspartnern zu hören. Der Theaterverein Weinsberg ließ durch Spielszenen die Gründungszeit lebendig werden. Zudem konnte ein geschnitztes Jubiläums - Holzfass enthüllt werden, das die Entwicklung im Wein- und Obstbau der letzten 150 Jahre darstellt. Es ist mir eine große Freude, dass wir anlässlich unseres Jubiläums diese Festschrift über die Entwicklungen der letzten 25 Jahre in den Händen halten. Sie berichtet über die Aktivitäten im Jubiläumsjahr 2018, die wesentlichen Meilensteine unserer 150 jährigen Geschichte und sie zeigt eindringlich, wie vielfältig unsere Tätigkeitsfelder im 21. Jahrhundert sind. Die letzten 25 Jahre waren für den Wein- und Obstbau stark von technischem Fortschritt, neuen Versuchsergebnissen und wissen- schaftlichen Erkenntnissen geprägt. Insgesamt können die Rahmenbedingungen als wirtschaftlich stabil und von internationalem Wettbewerb geprägt bezeichnet werden. Mehr denn je müssen jedoch die Anpassungen an eine sich verändernde Gesellschaft erkannt und umgesetzt werden. In Zeiten der Digitalisierung sämtlicher Lebens- und Arbeitsbereiche werden die Zyklen der 2
F e s t s c h r i f t 1 5 0 J a h r e LV WO We i n s b e r g Anpassung immer kürzer. Erzeugerbetriebe, die diesen dynamischen Wandel begleiten, werden eine erfolgreiche Zukunft vor sich haben. Unser Beitrag für diese Zukunft ist die Ausbildung der jungen Generation zu hervorragenden Fach- und Führungskräften im Wein- und Obstbau. Ein ereignisreiches Jahr mit vielen Höhepunkten und persönlichen Begegnungen liegt hinter uns. Eindrucksvoll konnten wir unseren Gästen unseren Auftrag „Bildung - Forschung - Praxis seit 1868“ sowie den Geist der Weinsberger Institution aufzeigen. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Mitarbeiter*innen im aktiven Dienst sowie bei allen ehemaligen Mitarbeiter*innen der LVWO für die langjährig hervorragende Arbeit an Fachthemen, das Engagement für die Institution und für ein kollegial - freundschaftliches Verhältnis untereinander, herzlich bedanken. Für das beeindruckende Jubiläumsjahr 2018 danke ich für die große Unterstützung aller Akteure, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Freunde und Förderer sowie dem Netzwerk der Ehemaligen Weinsberger recht herzlich. Dr. Dieter Blankenhorn Direktor 3
150 Jahre Weinbauschule Weinsberg DR. DIETMAR RUPP Am Sonntag, den 23. Februar 1868, im Anschluss an den Vormit- Schädlinge und Krankheiten aus Übersee eingeschleppt wurden, tagsgottesdienst, wurde in Weinsberg die Königlich Württem- war bereits das eine und andere Krisenjahr zu bewältigen. bergische Weinbauschule eröffnet. Bis zu dieser kleinen Feier- stunde und dem eigentlichen Start der ältesten Weinbauschule D O R N F E L D H AT E I N E I D E E Deutschlands war es jedoch ein langer Weg. Erste Ansätze zu Verbesserung der Situation entwickelten die im Während des 19. Jahrhunderts hatte der Weinbau in Würt- Jahr 1825 in Stuttgart gegründete „Gesellschaft für die Weinver- temberg mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zu einer besserung“ und insbesondere der 1828 entstandene „Weinbauver- Reihe von Fehlherbsten, Preisverfall und Konkurrenz durch den ein“ (HAAG, 1980). Dieser finanzierte sich auf Aktienbasis und zunehmenden Bierkonsum kamen strukturelle Probleme wie sah seine Aufgabe in die durch die Realteilung verursachte Besitzzersplitterung. Mit l Forschung und „Bekehrung“ auf dem Gebiet des Weinbaus wenigen Ausnahmen gab es keine reinen Weinbaubetriebe. Mit und der Kellerwirtschaft, etwas Ackerbau, Viehzucht, Obst und vielleicht ein- oder zwei l der Abgabe von geeignetem Pflanzholz an die Weingärtner handtuchartigen Rebengrundstücken musste die Familie ernährt und werden. Ganz im Argen lag die Weinbereitung. So kannte die l insbesondere in der Anlage und Bewirtschaftung Mehrzahl der württembergischen Weingärtner weder den eige- sortenreiner Musterweinberge nen Weinausbau, noch die eigene Einlagerung oder gar die Fla- Was nun den Bereich der Bekehrung oder besser gesagt, Aus- schenfüllung. Die meist im gemischten Satz erzeugten Trauben bildung betraf, wurden mit der Gründung der Ackerbauschule wurden im Freien in der großen Bütte vergoren und noch unter Hohenheim im Jahr 1818 (ab 1847 Landwirtschaftliche Akade- der Presse an den Weinhändler verkauft. In guten Jahren war der mie, seit 1967 Universität Hohenheim) für die Landwirtschaft Preis schlecht, in Fehljahren gab es nichts zu verkaufen. Noch schon früh neue Wege beschritten. Für den Weinbau fehlte eine bevor mit Reblaus, Echtem Mehltau und Peronospora neue entsprechende Bildungseinrichtung. Küferkurs 1906 5
1 5 0 J a h r e We i n b a u s c h u l e We i n s b e r g Noch 1850 stellte Professor Karl Wilhelm Göritz (1802-1853), POLITIK MACHT SCHULE der vor seiner Berufung nach Tübingen an der Hohenheimer Die gedanklichen Vorarbeiten von Dornfeld und Göritz werden Akademie auch Vorlesungen über Weinbau und Weinbereitung ab 1852 auch von der Politik aufgegriffen. Es ist der Abgeordnete gehalten hatte, ernüchtert fest, dass es in ganz Europa, auch in Seybold aus Ludwigsburg, der in der württembergischen Ab- dem großen Weinland Frankreich keine richtige Weinbauschule geordnetenkammer im Februar 1852 den Antrag einbringt, die gäbe. In einem Aufsatz untersuchte er daher, „unter welchen Königliche Regierung um Errichtung einer Weinbauschule zu Voraussetzungen eine höhere theoretisch-praktische Lehranstalt bitten. In seinem Antrag fordert er: für Weinbau und Weinbereitung geschaffen werden kann.“ „Ähnlich unseren Ackerbauschulen eine Weinbauschule zu Als gute Lösung sieht er eine höhere theoretisch-praktische errichten, welche ganz wie jene ihre Zöglinge durch Schulunter- Lehranstalt mit drei wissenschaftlich gebildeten Bediensteten, die richt und praktische Einübung ausbilden, sogleich als Muster- den entsprechenden Unterricht oder Vorlesungen halten sollen. wirtschaft für Weinbau und die damit verwandten Zweige des Für praktische Übungen sollen zusätzlich ein Weinbauaufseher Garten- und Handelsgewächsbaues zu dienen und mit Lösung und ein Küfermeister zuständig sein (JUNGER, 1968). aller der Fragen über Auswahl der für Rebsorten geeigneten La- Im Kern übernimmt Göritz dabei das Modell der bereits beste- gen, Boden und Dünger für dieselben, Schnittmethode, zweck- henden Ackerbauschulen, wie er es von Hohenheim her kennt. mäßige Lese und Kelterung, Gärung und Kellerbehandlung sich Die Ausbildung gliedert er in drei Stufen. In der ersten Klasse zu beschäftigen hätte.“ soll ein wissenschaftlich geschulter Führungsnachwuchs heran- Seybold braucht viel Geduld, denn erst ein Jahr später, in der gezogen werden. Die zweite Klasse ist für junge Weingärtner Sitzung vom 15. April 1853, wird über den Antrag diskutiert. Im- vorgesehen, die gleichzeitig Arbeiter im Betrieb sind. Während merhin wird vom volkswirtschaftlichen Ausschuss der Kammer einer zweijährigen Ausbildung sollen beide Klassen getrennten die Notwendigkeit einer Weinbauschule bestätigt. Sie soll sieben Unterricht entsprechend ihrer Vorbildung erhalten. In der bis zehn Hektar Rebfläche erhalten und zu einer zweijährigen dritten Klasse schließlich sollen Küfer in einem einjährigen Ausbildung jährlich 6 - 7 „Zöglinge“ aufnehmen. Allerdings Lehrgang in der Weinbereitung sowie in der Schaumwein- und sieht der Ausschuss keine Notwendigkeit, auch zugleich eine Branntweinherstellung unterrichtet werden. gesonderte Ausbildung für Küfer anzubieten. Am Ende stim- Schon einige Jahre vor Göritz befasste sich der Kameralverwalter men die Abgeordneten für die Schule und bitten den König, die und weinbauliche Autodidakt Immanuel Dornfeld (1796 – 1869) Errichtung baldmöglichst vorzunehmen. mit der Frage der Ausbildung im Weinbau (HACHENBERGER, Die königlich württembergische Regierung folgt in diesen 1998). Er formulierte sogar konkrete Vorschläge, die er bereits Tagen aber anderen Prioritäten. Und auch erst im November 1849 bei der Königlichen Zentralstelle für die Landwirtschaft in 1854 lässt König Wilhelm I. ausrichten, der Plan sei aufgrund Stuttgart einreichte. Seine Überlegungen zielen auf eine Schule, der schlechten Finanzlage bis auf weiteres zurückzustellen. So bei der ein hauptverantwortlicher Lehrer und Schulvorstand muss nach dem ersten Vorschlag Dornfelds zur Errichtung einer den theoretischen Unterricht erteilt. Für die praktischen Unter- Weinbauschule mehr als ein Jahrzehnt verstreichen, bis ein durch weisungen im Wein- und Obstbau empfiehlt auch er zusätzlich Neckarsulmer Weingärtner initiierter berufsständischer Vorstoß die Anstellung eines tüchtigen Weinbergmeisters. Die Schüler im Jahr 1861 wieder Bewegung in die Angelegenheit bringt. sollten unentgeltliche Verpflegung und Unterkunft erhalten Dank der Vorarbeiten geht es jetzt schneller voran. Die neuen und im Gegenzug neben dem Unterricht sämtliche anfallenden Aktivitäten münden sogar in einen Gründungsbeschluss: nach praktischen Arbeiten erledigen. dem gemeinsamen Vortrag von Kultus- und Innenminister im Damit entwirft Dornfeld eine Art Musterbetrieb, der zum einen der Ausbildung dient, nebenbei neue Erkenntnisse erarbeitet und diese in die Praxis umsetzt. Um den Betrieb eigenständig und auf eigene Rechnung führen zu können, sollen der Schule ausreichend Obst-, Acker-, Rebflächen sowie entsprechende Gebäude zur Verfügung gestellt werden. Wie sehr sich Dornfeld mit der weinbaulichen Wissensvermittlung beschäftigte, zeigt im Grunde auch der Titel seiner 1859 in Druck gegebenen Wein- baulehrschrift: „Weinbauschule, oder Anleitung zu Pflanzung der Rebe und Gewinnung des Weins.“ Modell einer Hydraulischen Presse, Weinbauschule um 1900 6
1 5 0 J a h r e We i n b a u s c h u l e We i n s b e r g Dezember 1863 gibt König Wilhelm wenige Monate vor seinem Tod die Zustimmung zur Gründung der Weinbauschule. Im Etat des Ministeriums für das Kirchen- und Schulwesen werden für die Jahre 1864-1867 die notwendigen Mittel einge- stellt. Geplanter Standort für die künftige Weinbauschule ist die Staatsdomäne Weißenhof in Weinsberg und noch im Jahr 1864 wird vorsorglich mit dem Aufkauf von Rebland begonnen. 1866 gibt es endlich auch personelle Entscheidungen. Mit Christian Single aus Stuttgart als erstem Vorstand und Johannes Mühl- häuser als Stellvertreter übernimmt eine Doppelspitze die wei- teren Vorarbeiten. Single ist nicht nur ehrenwertes Mitglied des Stuttgarter Gemeinderats, als Weinbausachverständiger hat er sich intensiv mit Rebsorten befasst und im Jahre 1860 sogar eine bemerkenswerte Ampelographie veröffentlicht. Mühlhäuser, der Rebenerziehung im Remstal: Zeichnung von Gottlob Halbgewachs 1908 zuvor in Hohenheim tätig war, erhält den Titel eines Inspektors und regelt die Angelegenheiten vor Ort in Weinsberg. Zu klären hat er dort vor allem den Standort der künftigen Lehranstalt. Für die Zöglinge war die zweijährige Ausbildung an der Schule Die Domäne Weißenhof außerhalb des Städtchens hält er für streng geregelt (JUNGER, 1968). Von früh bis spät war der Tag gut geeignet, doch werden die 28 Morgen Weinberge des Gutes ausgefüllt mit Unterricht, Arbeit in Weinberg, Feld und Stall so- von Kritikern als eher mittelmäßig bis gering eingestuft. Eine wie praktischen Unterweisungen. Das Wohnen im Internat war Weinbauschule müsse Weinberge nicht nur in guten sondern Pflicht. Urlaub oder Ferien waren knapp bemessen. Am Sonntag auch in verschiedensten Lagen haben, sonst sei ein Lehrerfolg war bis zum Beginn des Gottesdienstes Zeichenunterricht, für nicht möglich. Außerdem gäbe es im Ort staatliche Gebäude, ein paar Freistunden blieb nur der Sonntagnachmittag. In den die sinnvoll genutzt werden müssten. Gemeint war damit das Monaten März bis Oktober stand die praktische Ausbildung im Oberamtsgerichtsgebäude, dessen Keller vom Vorbesitzer zur Vordergrund. Der Unterricht beschränkte sich dann auf den frü- Champagnerproduktion(!) genutzt wurde. Zufall oder nicht: es hen Morgen ab 5.30 h und auf die Spätnachmittags- und Abend- war Immanuel Dornfeld, der als Kameralverwalter das Gebäude stunden. Um 21.00 h wurde das Tor geschlossen und um 21.30 h im Jahr 1856 für die Liegenschaftsverwaltung erworben hatte. das Licht gelöscht. In den Wintermonaten mit kurzen Tagen war Passend dazu gelangte Ende der 1860er Jahre das ebenfalls an der um 1900 der Unterricht entsprechend intensiver von 6.00 h bis Haller Straße liegende Anwesen der Familie Hildt in öffentliches 12.00 h und von 18.00 h bis 19.30 h. Dieser Ausbildungsrhythmus Eigentum. wurde mit geringfügigen Veränderungen bis in die 1940er Jahre beibehalten. In den Kriegsjahren konnten ab November 1942 DAS HARTE LEBEN DER ZÖGLINGE - nur noch Kurzlehrgänge angeboten werden. F R E I Z E I T N U R A M S O N N TA G N A C H M I T TA G Erst ab Februar 1947 gab es wieder regulären Unterricht. Und Öffentlich bekannt wurde die Weinbauschule erstmals im Januar mit dem Neubeginn nahm die Zahl der Schüler gegenüber den 1868. Das Wochenblatt für die Land- und Forstwirtschaft be- Vorkriegsjahren stetig zu, die normale Klassenstärke betrug jetzt richtete über die Einrichtung der Schule und forderte gleichzeitig 20 bis 25 Schüler. Neuerungen gab es beim Tagesablauf als Interessenten zur Abgabe einer Bewerbung auf. Zwölf Bewerber auch im Lehrplan. Es wurde nach Jahrgangsstufen getrennt meldeten sich und nach einer Aufnahmeprüfung wurden für das unterrichtet, die beiden Klassen des zweijährigen Kurses Jahr 1868 die ersten sechs „Zöglinge“ aufgenommen. Sie traten waren abwechselnd im Unterricht oder im praktischen Betrieb. am Samstag, den 22. Februar 1868 in die Anstalt ein und tags Sowohl die Anzahl der Fächer als auch der Unterrichtsumfang darauf war dann - wie schon erwähnt - die offizielle Eröffnung. wurde deutlich erhöht. Die produktionstechnischen Fächer Damit begann das Wirken der ersten deutschen Weinbauschule. sowie die naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer erfuhren Nach den sogenannten „organischen Bestimmungen für die eine Vertiefung und die neu hinzugekommene Betriebs- und Königliche Weinbauschule“ war ihr Zweck, „junge Männer, Arbeitswirtschaft konnte in den Unterricht integriert werden. vornehmlich aus dem Stande der Weingärtner, durch passenden Größeres Gewicht erhielten nun auch praktische Übungen und Unterricht und durch Einübung beim Betrieb der mit der Seminare zur Vertiefung der erlernten Stoffgebiete. Hinzu kamen Anstalt verbundenen Weinberge, Frucht- und Gemüsepflan- regelmäßige Lehrfahrten und Exkursionen. zungen, Baum- und Rebschulen usw. teils zu einer besseren Bewirtschaftung ihres eigenen Grundbesitzes zu befähigen, teils zu künftigen tüchtigen Aufsehern und Vorarbeitern für derartige Betriebe heranzuziehen.“ 7
1 5 0 J a h r e We i n b a u s c h u l e We i n s b e r g VOM WEINBAUSCHÜLER ZUM TECHNIKER Die Weinsberger Absolventen hatten sich inzwischen durch ihre gute Qualifikation als Betriebsleiter, sowohl in den eigenen Be- trieben, als auch in größeren Weingütern, Genossenschaften und Kellereien einen Namen gemacht. Nur der Schulabschluss in Weinsberg war namenlos geblieben. Nachdem Ende der 1950er Jahre die Geisenheimer Technikerausbildung in ein sechssemest- riges Ingenieurstudium umgewandelt wurde, bot sich ab 1962 die Gelegenheit, die bestandene Abschlussprüfung in Weinsberg mit dem Titel „Staatlich geprüfter Wein- und Obstbautechniker“ (Anm.: aus Gründen der Lesbarkeit wird bei den Bezeichnungen der Bildungsgänge die männliche Form verwendet) zu versehen. Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom In einer erneuten Anpassung an geänderte Rahmenbedingungen 9. Januar 1868 - Errichtung der Weinbauschule erfolgte 1977 eine Gliederung des zweijährigen Bildungsganges in die Fachrichtungen „Staatlich geprüfter Techniker für Wein- wurde der Obstbau in den 1950er und 1960er Jahren in Form bau und Kellerwirtschaft“ und „Staatlich geprüfter Techniker von Baumwartlehrgängen und Schnittkursen. Seit 1989 gibt es für Obstbau und Obstverwertung“. Gleichzeitig wurden die an der Weinsberger Schule einen dem Weinbau analogen Bil- Aufnahmevoraussetzungen dahingehend geändert, dass für den dungsgang, der der Vorbereitung auf die Gärtnermeisterprüfung Bildungsgang Techniker mindestens das Zeugnis der mittleren Fachrichtung Obstbau dient. Die Teilnehmer durchlaufen auch Reife oder ein gleichwertiger Bildungsstand, eine erfolgreiche hier zwei fachtheoretische Halbjahre und ein fachpraktisches Abschlussprüfung in einem einschlägigen Ausbildungsberuf der Sommerhalbjahr. Nach erfolgreicher Prüfung sind sie „Staatlich Landwirtschaft oder der Kellerwirtschaft und eine mindestens geprüfter Wirtschafter für Obstbau.“ einjährige einschlägige berufliche Tätigkeit nach der beruflichen Wenngleich in den Anfangsjahren der Schule eher stiefmütter- Abschlussprüfung nachgewiesen werden mussten (GÖTZ & lich behandelt, so wurde der Weinbereitung doch zunehmend STEINER, 1993). Damit wurde der eher praktische Teil der Aus- mehr Bedeutung im Unterricht eingeräumt. Hiervon zeugen bildung gewissermaßen ins Vorfeld der Schule verlagert. In der auch die um 1910 von der damals noch selbstständig agierenden Gegenwart haben sich durch die jüngst eingeführte Möglichkeit Versuchsanstalt durchgeführten Hefe-Lehrkurse. Schon in den des Dualen Studiums die Bildungsgänge der Hochschulen und 1930er Jahren wurden Gedanken für eine Kellermeisterschule damit die Ausbildungslandschaft im Weinbau generell verändert. vorgestellt, doch erst ab 1957 gelang es, einen entsprechenden Wie sich dieser verstärkte Trend zur Akademisierung auswirken Lehrgang zu etablieren. Organisiert wird diese Bundesfachklasse wird, ist nicht abzusehen, doch wird die Weinbranche auch in für das Weinküferhandwerk (jetzt: Weintechnologen) bis heute Zukunft Führungskräfte mit guter Ausbildung und praktischen in Zusammenarbeit mit dem Verband des Deutschen Fass- und Fähigkeiten benötigen. Weinküferhandwerks. Der Lehrgang dient der Vorbereitung auf Eine weniger zeitintensive Alternative zur zweijährigen Wein- die Meisterprüfung. Unterrichtsfelder und fachliche Themen bauschule war mit Beginn der 1930er Jahre der „Winterkurs sind immer Kinder ihrer Zeit. So gab es um 1930 hauswirt- für Weingärtnersöhne.“ Aus diesem Angebot entwickelte sich schaftliche Kurse zur Obst- und Gemüseverwertung, Lehrgänge zunächst das „Weinbau-Wintersemester“, welches auf den Unter- zur Bienenzucht, zur Obstmostherstellung oder in den 1950er kurs an einer Landwirtschaftsschule aufbaute. Ab 1975 werden so- Jahren Unterweisungen zum Einsatz von Sprengstoff, um mit wohl Unter- als auch Oberkurs in Weinsberg angeboten. Damit dem „Kultursprengverfahren“ die mühevolle Rigolarbeit zu wurden diese Winterlehrgänge in den Bildungsgang „Staatlich erleichtern. geprüfter Wirtschafter für Weinbau“ mit zwei fachtheoretischen Eine Grundlinie der modernen Weinvermarktung besteht darin, Halbjahren und einem fachpraktischen Halbjahr übergeführt. den Wein als regionales Produkt kenntlich zu machen und dem Kunden zusätzliche Erlebnisse und Informationen zu bieten. Um WEINSBERG IST AUCH OBSTBAUSCHULE diese Vermittlungsarbeit zu unterstützen, gibt es in Weinsberg Schon seit den ersten Unterrichtseinheiten im Jahr 1868 hat seit 2008 die Ausbildung zum anerkannten Weinerlebnisführer. auch der Obstbau einen festen Platz in den Lehrplänen der Ein „Brennerkurs“ führt seit 2003 zum staatlich geprüften Ab- Weinsberger Weinbauschule. Ein eigenständiger obstbaulicher schluss „Fachkraft für Brennereiwesen.“ Unterrichtsstrang entstand schon im Jahr 1878 mit einem elfwöchigen Obstbaulehrkurs. Die Lehrkurse wurden bis in die D I E V E R S U C H S A N S TA LT 1930er Jahre angeboten, zuständig waren die jeweiligen Leiter der Die zweite Wurzel der heutigen Staatlichen Lehr- und Ver- Weinbauschule, unterstützt wurden diese durch obstbauliche suchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) ist die im Jahr Praktiker. Als eigenständiger Bildungsgang erneut aufgegriffen 1901 ebenfalls in Weinsberg gegründete Versuchsanstalt. Ab 8
1 5 0 J a h r e We i n b a u s c h u l e We i n s b e r g selbstständige „Württembergische Anstalt für Rebenzüchtung und Rebenpfropfung“ in Offenau. Unweit der Wimpfener Kai- serpfalz lag dort ab 1907 der Schwerpunkt auf der Bereitstellung von Pflanzmaterial und der Erhaltungszüchtung. Erste Kreu- zungsarbeiten wurden am zweiten und späteren Hauptstandort Lauffen intensiviert. Verantwortlich für die Rebenzüchtung ab den späten 1920er Jahren und nach Krieg und Gefangenschaft war August Herold (1902-1973). Aus seinen Kreuzungen stam- men unter anderem die erfolgreichen Rebsorten Kerner und Dornfelder. FREUNDE FÜRS LEBEN Ob Weinbauschule oder Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt - das Bemühen um eine Verbesserung der baulichen Verhältnisse begleitet die Geschichte der Einrichtung seit dem Gründungstag. Schon 1885 beklagte sich Inspektor Mühlhäuser über den „Rum- pelkasten“, in dem die Schule ihre Heimstätte gefunden hatte. Und so verwundert es nicht, dass für die jeweiligen Anstaltsdi- rektoren (Johannes Mühlhäuser 1868-1895, Heinrich Schoffer 1895-1928, Friedrich Gräter 1929-1945, Ernst Klenk 1946-1970, Dr. Gerhard Götz 1970-1995, Dr. Günter Bäder 1995-2017, Dr. Dieter Blankenhorn seit 2017) Bauangelegenheiten immer ein Teil der Aufgabe waren und bleiben werden. Erste wichtige bauliche Verbesserungen ergaben sich 1898/99 durch eine Erweiterung des Schul- und Internatsgebäudes sowie einen Neubau für die Drei Direktoren: Dr. Dieter Blankenhorn (seit 2017), Dr. Gerhard Götz (1970-1995), Dr. Günter Bäder (1995-2017) 1901 gegründete Versuchsanstalt. Ein langersehntes Schul- und Verwaltungsgebäude entstand 1985, im Jahr 1999 erhielt das Staatsweingut einen neuen Verkaufsraum und mit dem Herbst 1924 wurde sie als „Weinchemische Abteilung“ mit der Wein- 2002 kam der erste Jahrgang in die neue Versuchskellerei. Seit bauschule zur „Württembergischen Lehr- und Versuchsanstalt“ 2009 steht ein moderner Sensorikraum zur Verfügung . zusammengeführt. Nach dem Vorbild eines bereits in Geisen- Die Flächenausstattung der Weinbauschule bestand ursprüng- heim bestehenden Instituts widmete man sich zunächst dem lich in einer in Weinsberg angesiedelten Musterwirtschaft für Gärungsgeschehen und der Hefereinzucht. Spätere Aufgaben Weinbau und der damit verbundenen Zweige des „Garten- und waren die Testung von Weinbehandlungsmitteln und Verfahren Handelsgewächsbaus“. der Weinanalytik sowie Untersuchungen zur Wirksamkeit Heute verfügt die Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und von Pflanzenschutzmitteln. Das weitgefasste Aufgabenfeld Obstbau über mehrere Standorte. Mit den Weinbaubetrie- der früheren Versuchsanstalt wird heute im Wesentlichen von ben Gundelsheim, Weinsberg und Burg Wildeck stehen den LVWO-Abteilungen Obst- und Weinbau sowie Frucht- Versuchsflächen in den für Württemberg typischen geologischen und Weintechnologie bearbeitet. Wichtige Impulse für die Formationen und Klimaräumen zur Verfügung. Seit 1953 besteht kellerwirtschaftliche Praxis lieferten ab den 1950er Jahren die in das Obstbauversuchsgut Heuchlingen. Weinsberg entwickelten Erhitzungsverfahren zur Rotweinbe- Weinbauschüler, Obstbauern, Techniker, Wirtschafter, Baum- reitung. Wegweisende Arbeiten im Weinbau waren die ersten warte, Küfer, Brenner und Gästeführer - während der letzten 150 großflächigen Praxistests zur Traubenwicklerverwirrung in den Jahre haben rund 7.000 Menschen in Weinsberg „die Schulbank 1980er Jahren oder die Entwicklung von Progonosemodellen bei gedrückt“. Unzählige Tagesbesucher erhielten in Seminaren, bei Rebkrankheiten. Eine feste Größe im Weinsberger Obstbau sind Vorträgen und Informationsveranstaltungen wertvolle Informa- das Stein- und Beerenobst sowie das ökologische Versuchswesen tionen für die berufliche Weiterbildung. Wer länger in Weins- und der in Weinsberg angesiedelte Beratungsdienst ökologischer berg war – dem wurde aber nicht nur Wissen und Fertigkeiten Obstbau. Mit der amtlichen Prüfstelle für Wein- und Sekt und vermittelt. Viele „Weinsberger“ aus dem Bundesgebiet, dem der Weinbaukartei erfüllt Weinsberg weinrechtliche Verwal- europäischen Ausland oder aus Übersee haben in der vormaligen tungsaufgaben. Die Produkte aus Keller, Brennkessel und Obst- Königlich Württembergischen Weinbauschule Freunde fürs anlagen werden durch das Staatsweingut Weinsberg vermarktet. Leben gefunden. Keimzelle der Weinsberger Rebenzüchtung ist die ehemals 9
1 5 0 J a h r e We i n b a u s c h u l e We i n s b e r g Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R Archiv LVWO Weinsberg. (ab 1868). Rechenschaftsberichte der Weinbauschule Weinsberg. GÖTZ, G., & STEINER, H. (Hrsg.). (1993). 125 Jahre Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Festschrift 1868-1993. HAAG, O. (1980). Das Wirken des Württembergischen Wein- bau-Vereins von 1828 bis 1864. Sonderdruck. Weinbauverband Württemberg eV. HACHENBERGER, R. (1998). Immanuel August Ludwig Dornfeld – Pate der Rotwein-Neuzüchtung Dornfelder. Deut- sches Weinbau-Jahrbuch, S. 261-268. JUNGER, W. (1968) in KLENK, E. (Hrsg.). Festschrift 1868-1968. Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Obst- und Weinbau Weinsberg. Verein Ehemaliger Weinsberger e.V. (Hrsg.). (2010). Festschrift 1910-2010. Weinbau-Praktikum 2017 10
11
12
Schule und Bildung ROLF HAUSER Die Abteilung Schule ist Dreh- und Angelpunkt für die regelrechter Einbruch, mit nur 13 Schülern hatte der Jahrgang Umsetzung der Aus-, Fort- und Weiterbildung an der LVWO. 1996/1998 die bisher geringste Klassenstärke. Doch bald erholten Im Bildungsbereich gibt es immer neue Strömungen und Ent- sich die Bewerberzahlen und erhöhten sich nach 2000 wieder bis wicklungen. Die Bildungsgänge insbesondere unterliegen einem auf 60 Bewerber pro Jahr. Eine zweite Klasse konnte aus Kapa- stetigen Wandel. In ihrer ursprünglichen Struktur stammen sie zitätsgründen nicht mehr aufgemacht werden. Infolgedessen aus den 1970er- und 1980er-Jahren. Über die Zeit der vergan- musste die Wartezeit auf zwei Jahre ausgedehnt werden. genen 25 Jahre waren immer wieder Anpassungen notwendig In den Jahren nach der Jahrtausendwende wurden auch die und neue Ausbildungsgänge kamen hinzu. Nicht zuletzt haben Lehrinhalte umgestaltet und an die erwähnten Erfordernisse sich auch die Rahmenbedingungen im Obst- und Weinbau, in angepasst. Fächer wie Marketing, Sensorik und Informations- der Vermarktung und in unserer Gesellschaft, innerhalb dieses technologie traten in den Vordergrund. Umweltschutz und Fra- Zeitraums wesentlich verändert. gestellungen des ökologischen Anbaus erhielten mehr Gewicht. Der fortschreitende Strukturwandel hat die Betriebe wachsen Seit der Einführung der Fächer Englisch und Technische Mathe- lassen. Dies erfordert in der Außenwirtschaft einen effizienten matik im Jahr 2002 erlangen die Techniker mit ihrem Abschluss Technikeinsatz. Noch wichtiger als die Deckelung der Erzeu- zugleich die Fachhochschulreife. Seit 2005 tragen sie den Titel gungskosten ist die Stabilisierung der Erlöse. Vermarktung und „Staatlich geprüfter Techniker / staatlich geprüfte Technikerin für Marketing sind daher zur zentralen Herausforderung für die Weinbau und Oenologie“. Betriebe geworden. Zwischen 2012 und 2014 wurde die Ausbildungs- und Prüfungs- Wie andere Bereiche der Landwirtschaft stehen auch Wein- und ordnung für alle landwirtschaftlichen Fachschulen überarbeitet. Obstbau im Rampenlicht der Umweltdiskussion. Verändert Leider hatte man in dieser Zeit bei der Umsetzung des Bolog- haben sich auch die gesamtgesellschaftlichen Vorstellungen zur na-Prozesses in Deutschland zu sehr die Hochschulen im Fokus Schule und zur Berufsbildung generell. So ist der Trend zur Aka- und die berufliche Qualifikation zu wenig beziehungsweise gar demisierung der Ausbildung im Wein- und Obstbau deutlich zu nicht berücksichtigt. Aufgrund dieser einseitigen Aufwertung spüren. der akademischen Abschlüsse kam und kommt es zu einem massiven Einbruch der Ausbildungszahlen in den praktischen TECHNIKER FÜR WEINBAU UND OENOLOGIE Berufen. Auch die nachträgliche Anerkennung des Technikers, Ende der 1980er Jahre hießen die Absolventen des Lehrganges des Wirtschafters und des Meisters mit der Bewertungszahl noch „Techniker für Weinbau und Kellerwirtschaft“. Damals 6 nach dem deutschen und EU-Qualifikationsrahmen bringt waren die Bewerberzahlen sehr hoch, es musste sogar zweizügig wenig Änderung. unterrichtet werden. Dann kam Mitte der 1990er Jahre ein Verabschiedung Obstbaumeister 2019 13
S chule und Bildung WIRTSCHAFTER FÜR OBSTBAU Im Gegenzug zum nachlassenden Interesse am Bildungsgang Techniker für Obstbau stiegen die Schülerzahlen im Ausbil- dungsgang zum Staatlich geprüften Wirtschafter für Obstbau kontinuierlich an. In der Regel vervollständigen die Absolventen diese Ausbildung mit dem Abschluss der Gärtnermeisterprüfung in der Fachrichtung Obstbau. Der „Obstbaumeister“ hat in der Berufspraxis eine hohe Akzeptanz und ist deswegen die zentrale schulische Weiterbildung im obstbaulichen Bereich der LVWO Sektprojekt 2011 - letzte Feinarbeit Weinsberg. Im Süden von Deutschland hat sich die LVWO als solider Ausbildungsstandort für diese berufliche Qualifikation etabliert. Die ursprüngliche Ausbildung zum Wirtschafter für Obstbau bestand in einem 20-wöchigen Kurs, der sich über das Winterhalbjahr von Oktober bis April des Folgejahres erstreck- te. Sehr schnell stellte sich heraus, dass diese Version weder für die Schüler noch für die Schule vorteilhaft war. Ab dem Jahrgang 1997 wurde, wie bei den Winzern, auf zwei Winterhalbjahre umgestellt. Die allgemeinen Fächer konnten mit den Winzern zusammen unterrichtet werden und so konnten gewisse Syner- gieeffekte erzielt werden. Erfreulicherweise erreichte die Zahl der Obstbauern in manchen Jahren 30 und mehr Teilnehmer. Inzwi- Sektprojekt 2011 schen haben sich die Teilnehmerzahlen in beiden Fachgruppen Nicht nur in der Privatwirtschaft, auch im öffentlichen Dienst, auf gutem Niveau stabilisiert. Daher kann wieder komplett wird diese Einstufung bei der Bewerberauswahl leider nicht getrennt unterrichtet werden. berücksichtigt. Dass die Weinsberger Absolventen wegen ihrer breit gefächerten Kenntnisse und ihrer zugleich praktischen Fä- higkeiten für die Branche noch nie so wertvoll waren wie heute, mag ein gewisser Trost sein. TECHNIKER FÜR OBSTBAU UND OBSTVERWERTUNG Bedingt durch die fehlende Weiterverarbeitungsstufe wie beim Weinbau die Weinbereitung war der Obstbautechniker immer weniger nachgefragt. So gingen die Interessentenzahlen bis zum Jahrgang 1996/1998 auf fünf Teilnehmer zurück. Auch in den Folgejahren kamen nicht mehr genügend Interessierte zusam- men. Entsprechend wurde der Lehrgang in einer Neufassung der Fachschulverordnung nicht mehr aufgeführt. Mit dem Jahr 1998 wurde die Ausbildung eingestellt. Obstbaumeister 2015 - Freude über die bestandene Prüfung WIRTSCHAFTER FÜR WEINBAU UND OENOLOGIE Nach wie vor ist der Ausbildungsgang zum Wirtschafter für Weinbau und Oenologie die weniger zeitintensive Alternative zum zweijährigen Technikerkurs. Während in den 1980er Jahren die Klassenstärke noch 30 Personen umfasste, setzte ab Mitte der 1990er Jahre eine gravierende Änderung ein. Die Bewerberzah- len schmolzen zusammen und liegen jetzt bei dem alle zwei Jahre stattfindenden Kurs bei 10 – 15 Teilnehmern. Für die Mehrzahl der „Staatlich geprüften Wirtschafter für Weinbau und Oeno- logie“ dient der Lehrgang als Vorbereitung auf die Prüfung zum Winzermeister. Über 80 Prozent der Absolventen erwerben anschließend den Meisterbrief. Familientag der Ehemaligen 2018 14
S chule und Bildung Für Weinsberg öffnen sich alle Türen - Techniker 2016 in Italien FA C H K R A F T F Ü R B R E N N E R E I W E S E N Jahr angeboten. Als 2004 der Meisterzwang für das Küferhand- 2003 kam mit der Fachkraft für Brennereiwesen ein neuer Ausbil- werk aufgehoben wurde, war zu befürchten, dass die Nachfrage dungsgang in Weinsberg dazu. Rund zwanzig Teilnehmer lassen nach dieser Fortbildung stark zurückgehen würde. Überraschen- sich alle zwei Jahre für das Brennen begeistern und fortbilden. derweise trat dies nicht ein. Die Qualifikation wird nach wie Die Herkunft der Teilnehmer reicht von Schleswig-Holstein vor nicht nur von den Teilnehmern gewünscht, sondern auch über den Schwarzwald bis nach Tirol, in die Schweiz und Serbien. von den Arbeitgebern gefordert. Die Anzahl der Teilnehmer Das Durchschnittsalter der Kursteilnehmer ist erwartungsge- schwankt zwischen 12 und 20. 2018 wurde der Meisterzwang für mäß höher als bei den Technikern und Wirtschaftern und liegt das Küferhandwerk sinnvollerweise wieder eingeführt. bei 35 – 40 Jahren. Das Lehrangebot wird ohne zusätzliche per- sonelle Unterstützung hausintern getragen. Auch der alle zwei H O T E L - U N D G A S T R O N O M I E K O N TA K T E bis drei Jahre abgehaltene Brennmeisterkurs wird ebenfalls in Seit 1996 gibt es eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Hotel- wesentlichen Teilen von den Mitarbeitern der LVWO bestritten. und Gastronomiefachschulen und dem DeHoGa-Verband in der Region Heilbronn. Dabei gestalten die angehenden Weins- WEINERLEBNISFÜHRER berger Techniker und die Weinerlebnisführer mehrere Ausbil- Zur Verbesserung der weintouristischen Angebote fehlte im dungstage zum Thema Wein für die Schülerinnen und Schüler Anbaugebiet Württemberg lange Zeit die Schnittstelle zwischen aus Villingen-Schwenningen, Bad Überkingen und Heilbronn. Weinkunden, Tourismusbranche und Erzeugerbetrieben. Nach Mit großem Engagement organisieren Ulrich Lochar (VS) und langen Diskussionen zwischen dem Weinbauverband, dem Birgitt Wölbing (HN) den Gegenbesuch der Weinsberger in Ministerium Ländlicher Raum, der Touristikgemeinschaft Heil- den Hotel- und Gastronomieschulen. Neben den Einblicken in bronner Land und der LVWO Weinsberg wurde entschieden, die Abläufe und Bedingungen im Gastrobetrieb kommen dort dass der Weintourismus mit einer Personalstelle an der LVWO auch die kulinarischen Eindrücke nicht zu kurz. Die passenden verankert werden sollte. Nach dem Vorbild und mit großzügiger Begleiter zu den Köstlichkeiten aus der Lehrküche sind regelmä- Starthilfe der Kollegen aus Franken gehört seit 2008 die Ausbil- ßig die Weine des Staatsweinguts Weinsberg. dung zum Weinerlebnisführer fest zum Portfolio der LVWO. Schulungen, Fachvorträge, Übungen und Exkursionen geben den zertifizierten Gästeführern das Rüstzeug für ihre Arbeit. Mittlerweile folgen jährlich etwa 40.000 Weininteressierte den „Weinsberger Weinerlebnisführern“ durch die Weinberge und Keller Württembergs. Ein Zusammenschluss der Badener und Württemberger Gästeführer ist aktuell in der Planung. KÜFERMEISTER Seit 1957 werden angehende Küfermeister im Auftrag der Fass- und Weinküferinnung in Weinsberg auf ihre Meisterprüfung vorbereitet. Mit wenigen Ausnahmen wird der Lehrgang jedes Wildschweingrillen 2018 15
S chule und Bildung Nicht zu vergessen sind Einzelereignisse wie etwa der Dornfel- der-Wettbewerb im Jahr 1996, anlässlich des 40. Geburtstags der erfolgreichen Weinsberger Neuzüchtung. Die Abteilung Schule hält nicht nur Kontakt zu den Ehemaligen in aller Welt, sie erledigt auch die vielfältigen Organisationsaufgaben im Ehema- ligen- und im Förderverein. Um all dies bewältigen zu können, braucht es ein gut eingespiel- tes Team. Zu den altbewährten Kräften Rolf Hauser, Friedrich Lörcher, Dr. Helmut Steiner und Erich Bihlmayer auf der Tech- nikerstelle gesellten sich nach dem Ausscheiden von Matthias Schilling im Jahr 1993, noch im selben Jahr Uwe Michelfelder und Susanne König (bis 1997) als Verstärkung hinzu. Teil der Abtei- Abteilung Schule 2013 (von links: Martin Strauß, Fritz Lörcher, Dr. Helmut Steiner, Uwe Michelfelder, Erich Bihlmaier, Rolf Hauser) lung war auch Martin Walter von 1997 – 2002, der anschließend ins Landwirtschaftsamt Ludwigsburg wechselte. Neu an Bord S C H U L O R G A N I S AT I O N kam danach im Jahr 2002 Martin Strauß. Auf Erich Bihlmayer, Neben der Organisation des Unterrichts und der Lehrtätigkeit der 2016 in Ruhestand ging, folgte Anja Steiner. Die wichtigen in den Bereichen Betriebswirtschaft, Marketing, Technik sowie Aufgaben im Schulsekretariat erledigte lange Zeit Irene Hagen- Berufs- und Arbeitspädagogik ist die Abteilung für vieles an- loch. Seit 2004 ist Ina Bender-Häfner ihre Nachfolgerin. Das dere zuständig. Die Aufgaben reichen von der Mitorganisation neue Thema des Weintourismus wurde 2008-2013 von Evelyn externer Prüfungen (z.B. Gehilfen- und Meisterprüfungen) über Schmidt bearbeitet. Auf sie folgten Dr. Fanny Raab (2013–2015), die Verwaltung der drei Wohnheime mit insgesamt über 60 Marianne Steinschulte (2016-2018) und Vanessa Hauert (2019). Betten bis zu Querschnittsaufgaben wie Controlling oder die Ein Ende ist immer auch ein neuer Anfang. Mit dem 125. Jubilä- Koordination von Marketingmaßnahmen für das Staatsweingut. umsjahr der Schule endete 1993 die Tätigkeit von Wilhelm Junger Hinzu kommt die Organisation von kleineren und großen als Schulleiter und stellvertretendem Direktor. Rolf Hauser, der Veranstaltungen, die in unregelmäßigen Abständen im Laufe der bereits zehn Jahre als Referatsleiter Technik in der Schulabteilung Jahre anstehen , wie der Berufswettbewerb der Landjugend (alle eingebunden war, übernahm die Aufgabe für weitere 26 Jahre 2 Jahre), Tag der Technik im Wein- und Obstbau (alle 3 Jahre), bis zum 150. Jubiläumsjahr 2018 und seinem Ausscheiden Ende die Jubiläumstreffen der Ehemaligen (2010 und 2018), Veranstal- August 2019. tungen anlässlich der Jubiläen (1993 und 2018). Absolventenzahlen 1868 -2017 16
S chule und Bildung KÜCHE UND HAUSWIRTSCHAFT Ein ganz wichtiges Element, sowohl für die Schule wie auch für die gesamte LVWO ist die Küche. Die tägliche Verpflegung der Studierenden der verschiedenen Bildungsgänge und auch der Mitarbeiter ist die Kernaufgabe von Heidi Heller und ihren Kolleginnen. Für die Wohnheimbewohner wird darüber hinaus Frühstück und Abendessen angeboten und die Bettwäsche gewaschen. Darüber hinaus ist aber keine Veranstaltung, keine fachliche Weinprobe und keine Weiterbildungsveranstaltung, kein Prüfungstag ohne die Unterstützung der Küche mit Gläsern und Tagungsverpflegung denkbar. Dabei unterlag auch dieser Bereich insbesondere in der letzten Zeit einer rasanten Weiterentwicklung. Mit dem Jahr 2019 gibt es ein zweites Menü für den Mittagstisch. Hinzu kommt die Bio-Zertifizierung für das Angebot von Speisen in Bio-Qualität Das Küchenteam 2020 (von links: Kerstin Wiedmann, sowie der Job-Fit-Zertifizierung für Vollverpflegung nach dem Sandra Rodemerk, Heidi Heller) DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung)-Qualitätsstandard für Betriebsverpflegung. Einzellösung, so wurde die Generalsanierung des Unterrichts- T E C H N I S C H E A U S S TAT T U N G trakts 2010 zum Anlass für eine Vollausstattung aller Unterrichts- Innerhalb der LVWO ist die Schulabteilung ein Ansprechpart- räume mit Computer, Visualizer, Beamer, Präsentationswänden, ner bei der Umsetzung der Digitalisierung. Wurden Anfang der Whiteboards und nicht zuletzt Access-Points für das WLAN. 1990er die Lehrkräfte nach und nach mit Computern ausgestat- 2017 konnte mit zwei befristeten Stellen das Projekt „Blended tet, so löste der E-Mail Verkehr zunehmend den Postversand ab. Learning“ angegangen werde. Dabei wurde die Lernplattform War die Einrichtung eines EDV-Lehrsaals im Jahr 1999 noch eine Moodle für die LVWO aktiviert. AUSBLICK Die Schule ist erfolgreich und die Lehrgänge sind aktuell nachgefragt. Die weitere Entwicklung, hängt sehr stark vom Strukturwandel und der künftigen wirtschaftlichen Situation der Betriebe ab. Um der starken Nachfrage nach akademischen Bildungsgängen entgegen zu kommen, wurden im Jubiläums- jahr 2018 intensive Gespräche mit verschiedenen Hochschulen geführt. Letztendlich hat sich daraus eine Zusammenarbeit mit der Dualen Hochschule Baden- Württemberg ergeben, die im Angebot eines Studienganges mit der Bezeichnung Wein-Tech- nologie- Management umgesetzt wird. Der erste Jahrgang startet im September 2019. Abteilung Bildung 2020 (von links: Adrian Albers, Martin Strauß, Fritz Lörcher, Christina Bender-Häfner, Dr. Oliver Schmidt, Vanessa Hauert, Uwe Michelfelder, Steffen Zeyer) 17
Weinbau und Rebschutz DR. MANUEL BECKER, HANNS-CHRISTOPH SCHIEFER, KARL BLEYER Ende 2013 wurde der langjährige Abteilungs- und Referatsleiter Jahren 1990 und 2000 verfügte der Betrieb über sechs Mitarbeiter. Dr. Walter Kast in den Ruhestand verabschiedet. Auf ihn folgte Zeitgleich (1993 – 2002) wurde Burg Wildeck mit erhöhtem Dr. Manuel Becker im Juni 2014 als Referatsleiter Weinbau und Arbeitsaufwand nach den Richtlinien des ökologischen Weinbaus Rebschutz. Zeitgleich übernahm der Referatsleiter Obstbau, Dr. (Naturland) bewirtschaftet. Im Jahr 2010 arbeiteten auf Burg Franz Rueß, die Leitung der Abteilung Wein- und Obstbau. Wildeck noch vier festangestellte Personen. Im Jahr 2018 verfügt Im Bereich Rebschutz kümmerte sich Dr. Konrad Rühl in den Wildeck über 3,5 Planstellen, die sich auf eine Vollzeitstelle und Jahren 1992 bis 1993 um die Belange der amtlichen Mittelprüfung. fünf teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter verteilen. Im Außenbetrieb Auf ihn folgte von September 1996 bis April 2005 Hanns-Chris- Gundelsheim lag die Personalstärke im Jahr 1990 bei fünf, 2000 bei toph Schiefer. Seit November 2005 wird der Bereich der amtlichen vier und 2010 erneut bei fünf Mitarbeitern. Im Jahr 2018 kümmern Mittelprüfung von Karl Bleyer verantwortet. Versuchstechniker sich drei Beschäftigte um die Gundelsheimer Reben. Eine Vollzeit- im Pflanzenschutz war von 1995 bis Ende 2016 Martin Ziegler. stelle und zwei Teilzeitmitarbeiter füllen damit 2,4 Planstellen. Seit Mitte 2006 ist Rainer Wild als Versuchstechniker angestellt. Die langjährigen Betriebsleiter Wolfgang Heller (Wildeck), Ro- Timo Zeller verstärkt den Pflanzenschutz als Nachfolger von bert Achstetter (Gundelsheim) und Hermann Frisch (Weinsberg) Martin Ziegler seit dem Jahr 2017. sind seit 2015 durch Peter Steinbrenner abgelöst. Als Gesamtbe- Das weinbauliche Versuchswesen war bis zu seiner Pensionie- triebsleiter ist er für alle drei Standorte zuständig. rung Ende 2009 unter der Leitung von Rudolf Fox. Im Mai 2010 Im Lauf der Jahre hat auch die Zahl der Auszubildenden abgenom- kehrte Hanns-Christoph Schiefer aus der Qualitätsweinprüfung men. Bis zum Jahr 2008 wurden jährlich bis zu 12 Winzerlehrlinge in den Weinbau als sein Nachfolger für das weinbauliche Ver- ausgebildet (Weinsberg: 5, Burg Wildeck: 4, Gundelsheim: 3). Im suchswesen zurück. Gunnar Thim verstärkt seit August 2013 das Jahr 2018 gab es 10 Auszubildende im Weinbau (Weinsberg: 4, Referat als Versuchstechniker im Bereich Weinbau. Burg Wildeck: 3, Gundelsheim 3). In den Weinbaubetrieben der Anstalt wurden die Personal stellen seit 1990 deutlich reduziert. Dies geschah im Rahmen der FLÄCHEN UND REBSORTEN - DIE WEINBAUBE- Strukturreform der LVWO und konnte durch die zunehmende TRIEBE Mechanisierung einigermaßen ausgeglichen werden. Waren Im Lauf der letzten 25 Jahre wurde die weinbauliche Aktivität der im Betrieb Weinsberg im Jahr 1990 noch 13 Personen tätig, so Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau waren es im Jahr 2000 noch neun und im Jahr 2010 nur noch acht Weinsberg zunehmend gebündelt. Beschäftigte. Im Jubiläumsjahr 2018 hat der Weinsberger Betrieb So hat sich die Zahl der Standorte von sechs auf drei verringert. 9 Mitarbeiter auf sieben Vollzeitstellen. Damit arbeiten zwei Der Betrieb der Rebenzüchtung und Rebenveredlung in Lauffen Personen in Vollzeit und sieben Mitarbeiter in Teilzeitanstellung. wurde in den Betrieb Weinsberg integriert. Die Rebenveredlung Ähnlich verhält es sich im Außenbetrieb Burg Wildeck. In den wurde aufgegeben und die Flächen in Lauffen verpachtet. Das weinbauliche Versuchsgut in Lauda wurde privatisiert und die Rebflächen in Talheim an die staatliche Vermögensverwaltung zurückgegeben. Mit der Verringerung der Standorte ging ein Flächenrückgang einher, der in letzter Zeit durch Flächenzukäufe in Weinsberg zum Teil kompensiert wurde. Die Rebfläche der LVWO betrug 1993 rund 58 ha und umfasst nun 25 Jahre später ziemlich genau 50 ha. Dabei entfallen 12,7 ha auf Burg Wildeck, 10,5 ha auf Gun- delsheim und 26,7 ha auf Weinsberg. Bei den Rebsorten erfolgte eine stetige Anpassung an die Markt erfordernisse. So ist insbesondere bei Trollinger, Schwarzriesling sowie Riesling ein Rückgang zu verzeichnen. Weinsberger Burgberg 2017 18
We i n b a u u n d R e b s c h u t z Auf der anderen Seite wurde der Sortenprüfung (LVWO-Züch- BETRIEB WEINSBERG tungen, internationale Sorten) der notwendige Umfang einge- Im Betrieb Weinsberg werden 21,5 ha Ertragsrebfläche inklusive räumt. 2,5 ha Biorebfläche, 4,5 ha terrassierter Flächen am Burgberg, 5,5 ha Flächen für die Züchtung sowie 1 ha für besondere TA B E L L E : V E R Ä N D E R U N G D E R R E B S O R T E N Pflanzenschutzversuche bewirtschaftet. VON 1993 BIS 2018 Der Betriebsteil Weinsberg wird in Nachfolge von Hermann Rebsorten 2018 [ha] 1993 [ha] Frisch (1983 – 2015) von Peter Steinbrenner und seinem Stell- Riesling 5,94 9,07 vertreter Tobias Böhringer geleitet. Im Jahr 2017 erfolgte die Lemberger 4,60 4,48 Spätburgunder 3,71 4,18 Bestockung der neuerworbenen Fläche am Hirschberg die mit Gemischter Satz - Rot/Weiß 3,60 der hauseigenen pilzwiderstandfähigen Rebsorte We 94-26-37 We 94-26-37 2,58 nach Bio-Richtlinien bewirtschaftet wird. Ausschließlich für Samtrot 2,04 3,53 Pflanzenschutzversuche wurde bereits 2014 eine 1 ha große, Muskateller 2,00 0,38 isoliert liegende Fläche angepflanzt. Trollinger 1,98 4,41 Sauvignon Blanc 1,98 Ein großes Projekt der vergangenen Jahre war die Neugestaltung Cabernet Dorsa 1,50 der Flächen unterhalb der Burg Weibertreu. Die Weinberge am Weißer Burgunder 1,47 0,53 Burgberg sind steil, zum großen Teil terrassiert und waren wegen Ruländer 1,30 0,40 der früheren Seilzugbewirtschaftung meist in der Falllinie ange- Kerner 1,30 2,35 Schwarzriesling 1,10 3,75 pflanzt. In einem begrenzten Bereich direkt an der Burgmauer Cabernet Cubin 0,91 war im Querbau der Einsatz von handgeführten Kleingeräten Müller-Thurgau 0,62 1,72 möglich. Traminer 0,58 0,85 Dies gab den Anstoß, das Bewirtschaftungssystem rund um die Acolon 0,52 Burg neu zu überdenken. Ziel war, die moderne Weinbautechnik Chardonnay 0,47 0,72 Syrah 0,42 auch hier gefahrlos nutzen zu können. Andererseits sollten die Dornfelder 0,29 0,61 Eigenart der Weinbaulandschaft und ihr ökologischer Wert Gewürztraminer 0,28 erhalten oder wenn möglich gestärkt werden. Die Flurstücke am We 94-28-32 0,26 Burgberg befinden sich im Landschaftsschutzgebiet, Vorkom- We 88-98-31 0,22 Cabernet Sauvignon 0,20 men der Mauereidechse und der Schlingnatter sind nachgewiesen. Sauvignon Cita 0,19 Bei den Trockenmauern handelt es sich um einen überwiegend Sauvignon Gryn 0,19 kartierten Biotopkomplex. Veränderungen bedürfen in diesem We 94-26-36 0,17 Gebiet zudem einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Pinotage 0,15 Als weitere Schwierigkeit erwiesen sich die zersplitterten Eigen- Sangiovese 0,11 Nebbiolo 0,11 tumsverhältnisse. Während der obere und untere Bereich des Tempranillo 0,11 Burgbergs fast vollständig im Besitz der LVWO waren, mussten Malbec (Cot) 0,11 die Flächen im dazwischen liegenden Abschnitt mit viel Aus Cabernet Mitos 0,09 dauer erworben beziehungsweise getauscht werden. We 93-13-68 0,07 Merlot 0,07 Cabernet Franc 0,07 We 70-259-10 0,06 Muscaris 0,06 We 70-274-12 0,06 Sauvignon Sary 0,03 Sauvitage (We 88-101-13) 0,02 Regent 0,02 We 73-45-84 0,01 Silvaner 0,78 Juwel 0,39 Silcher 0,25 Hölder 0,10 Sonstige Weiß 0,68 Helfensteiner 0,35 Herold 0,24 Blauburger 0,12 Zweigelt 0,13 Sonstige Rot 1,64 Gesamtfläche 41,57 41,66 Terrassenbau am Burgberg 2015 19
Sie können auch lesen