Miteinander mit System - FOKUS PARTNERSCHAFT - DAS MAGAZIN DER FRIEDHELM LOH GROUP
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Ausgabe 02 | 2018 DAS MAGAZIN DER FRIEDHELM LOH GROUP DAS MAGAZIN DER FRIEDHELM LOH GROUP FOKUS PARTNERSCHAFT Miteinander mit System Ausgabe 02 | 2018 Über die Vorzüge perfekter Organisation und Kooperation – ganz nach dem Vorbild der Natur
EDITORIAL Offenheit und Vertrauen Liebe Leserinnen und Leser, Wettbewerber oder Marktbegleiter? Kunde, Partner oder Lieferant? Ließen sich bis vor wenigen Jahren mit diesen Begrifflichkeiten die meisten Ge- schäftsbeziehungen kennzeichnen, entwickeln sich mit der Digitalisierung fließende Übergänge von einem zum anderen. Wertschöpfung findet heu- te auf Netzwerkebene statt. An die Stelle bilateraler Kunden-Lieferanten- Beziehungen tritt das „Wertschöpfungsnetzwerk“. Dieses neue Miteinander ist Risiko und Chance zugleich. Chance, weil Sie gemeinsam schneller vorankommen. Weil Sie durch unterschiedliche Kompetenzen von- und miteinander lernen. Weil Sie durch Synergien Res- sourcen sparen. Risiko, weil Sie vertrauten Boden verlassen, Wissen teilen und Daten offenlegen. Wertschöpfungsnetzwerke brauchen daher zum Bestehen etwas Elemen- tares: Offenheit und Vertrauen. Wenn wir verstanden haben, welchen Bei- trag jeder Partner leisten kann, wird ein neues Ökosystem entstehen – mit Wertschöpfung für alle Akteure. Inspiration und Impulse dafür finden Sie auch in der Natur. Unsere Titelgeschichte geht der Frage nach, warum sich Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung in Netzwerken organisieren müssen, um erfolgreich zu sein. Prof. Dr. Friedhelm Loh Inhaber und Vorstandsvorsitzender „Unsere Kunden sind für uns Partner“ lautet ein Unternehmensgrundsatz der Friedhelm Loh Group der Friedhelm Loh Group. Ganz in diesem Sinne gehen wir noch einen Schritt weiter. Früher haben wir zum Beispiel im Dialog einzelne Kompo- nenten optimiert, heute realisieren wir ganze Rechenzentren – gemeinsam mit Partnern, Kunden und Lieferanten. In der Siemens MindSphere World arbeiten wir branchenübergreifend am Aufbau eines weltweiten Ökosys- tems für das Internet der Dinge und erproben datenbasierte Servicediens- te. Beispielsweise hinsichtlich Predictive-Maintenance-Konzepte für we- niger Wartungskosten und höhere Ausfallsicherheit von Maschinen. Mit- und Vorausdenken sind gefragte Eigenschaften bei Maschinen und bei Unternehmen. Das ist bei uns gelebte Praxis, wie das niederländische Unternehmen Thomas Regout unserem Stahl-Service-Center Stahlo attes- tiert. Vorausschauend bei Stahlo ist auch die Investition von 45 Millionen Euro in eine neue Produktion in Gera. Denn durch den Neubau und die fast verdreifachten Produktionskapazitäten sind und bleiben wir für Sie leistungsfähig und liefern für Sie „just in time“. Wir laden Sie zu dem neuen Miteinander ein: Machen Sie mit bei der Gestaltung neuer Geschäftsmodelle, bei der Gestaltung unserer Industrie, bei der Gestaltung einer erfolgreichen Zukunft und unserer Umwelt. Ich wünsche Ihnen wertvolle Anregungen. Ihr Prof. Dr. Friedhelm Loh 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 03
Inhalt WISSEN 26 VERTRAULICHE KANÄLE Die neue cloudbasierte Entwicklung Store Share View von Eplan überwindet Grenzen im Produktlebenszyklus. 28 WENN DIE PROFIS FEHLEN Um dem Fachkräftemangel entgegen zuwirken, nutzt ein Mittelständler die Chancen der Automatisierung. 34 FÜR IMMER IDENTISCH Einer der Top-Technologietrends: der digitale Zwilling. TITEL 37 14 AUF HERZ UND NIEREN GEPRÜFT Gerhard Wulff von Cideon prüft mit dem WOOD WIDE WEB Engineering Quick-Check die Konstrukti- Die Natur ist wohl das größte, funktionierende onsprozesse im Maschinen- und Anlagen- Organisationssystem für ein Miteinander. bau. Das Unternehmen IEM Fördertechnik Unternehmen orientieren sich in Zeiten der GmbH profitiert von der Analyse. Digitalisierung an dem Algorithmus des Waldes. 40 CLEVERER SCHACHZUG Stahlo baut dank einer Übernahme seine Kompetenz vor allem in Osteuropa aus. | 04
58 DIE STADT, DIE MITDENKT ENGAGEMENT Das südkoreanische Songdo ist Vorreiter im Bereich Smart City. Notwendig sind dafür leistungsstarke Rechenzentren. 62 DIE SCHALTSCHRANKTESTER Für die Schaper Gruppe war es ein Sprung ins kalte Wasser: die Implementie- rung von Steuerungsanlagen auf Basis des Schaltschranks VX25. 44 TEILE UND LERNE Die Friedhelm Loh Group setzt auf ein gelungenes Miteinander der Kollegen, 76 um die Unternehmenskultur und jeden Einzelnen zu unterstützen. 66 ABFLUG NACH PLAN Für mehrere Millionen Touristen bedeutet der Flughafen Dubrovnik Urlaub. Für den BEWEGUNG MIT PROFIL Flughafenbetreiber, Rittal und ABB sind Bei seinen Schienensystemen nach damit höchste Anforderungen an die Maß setzt Thomas Regout International IT-Sicherheit verbunden. auf Material von Stahlo. PRAXIS 70 DAS KABELBAUMEXPERIMENT Um bei seinen Windkraftanlagen Leitun- gen zu verlegen, setzt Nordex Software von Eplan ein. STANDARDS 03 EDITORIAL 06 AUGENBLICK 12 WELTWEIT 50 24 MAGAZIN: WISSEN 42 MAGAZIN: ENGAGEMENT PRÄZISION IM SEKUNDENTAKT Der Standort Rittershausen hat sich seit 72 48 MAGAZIN: PRAXIS der Produktion des VX25 in ein hoch modernes Werk verwandelt. Ein Besuch SICHERE KISTE 80 IMPRESSUM bei Visionären. Durch Zusammenarbeit zum internationalen Erfolg: LKH liefert Schließsysteme an einen 81 SPITZENLEISTUNG – 54 weltweit tätigen Automobilspezialisten. BE TOP! DER SPARFUCHS Bei der Klimatisierung von Schaltschrän- ken entdeckt Voith Potenzial zur Energie- einsparung. Ihre Meinung zählt Haben Sie Fragen, Anregungen, Lob oder Kritik zur aktuellen Ausgabe? Mailen Sie einfach der Redaktion unter: betop@friedhelm-loh-group.com 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 05
AUGENBLICK Sichere Stahlproduktion Sprühende Funken und gleißendes Licht prägen das Bild der Stahlproduktion auf den ersten Blick. Bei näherem Hinsehen steckt eine ausgeklügelte IT-Infrastruktur dahinter. thyssenkrupp Steel, einer der weltweit führenden Anbieter von Qualitäts- flachstahl, setzt hierbei auf modulare, vor- konfigurierte Edge-Rechenzentren von Rittal. G emeinsam entwickelten beide Un- ternehmen individualisierte Lösungen auf Basis von Rittal Data Center Containern (RDCC) direkt an den Produktionsstandor- ten. So ist eine schnelle, sichere und wirt- schaftliche IT-Kapazität an jedem Standort realisierbar. Die Partner arbeiten weiter an den containerbasierten Edge-Rechenzen- tren, um auch in Zukunft individuelle An- forderungen in die Lösung mit einfließen zu lassen. www.thyssenkrupp.com | 06
AUGENBLICK Weiter Schlag Wer schon mal unter einer Windkraftanlage stand und den Blick Richtung Himmel ge- richtet hat, der weiß: Ein 150 Meter hoher Turm mit 60 Meter langen Rotorblättern ist ein beeindruckendes technisches Bau- werk. Einer der führenden Anbieter in der Produktion der Giganten ist die chinesische Shanghai Electric Wind Power Group. Das U nternehmen produziert On- und Offshorewindanlagen. In der Elektropla- nung kommt Software von Eplan zum Ein- satz. So verwendet die Shanghai Electric Wind Power Group beispielsweise Eplan Electric P8 und Eplan Pro Panel. www.shanghai-electric.com 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 09
AUGENBLICK Bunte Meile Die Deutsche Telekom setzt bei dem Aus- bau des Breitbandnetzes auf Multifunkti- onsgehäuse von Rittal. Sie sollen bis Ende 2019 in 80 Prozent der deutschen Haushal- te mittels Glasfasertechnik für Highspeed- Internet sorgen. Damit werden selbst größ- te Datenmengen so schnell wie das Licht verschickt. Im Rahmen des Projekts lieferte Rittal an den Telekommunikationsriesen in den letzten vier Jahren 34.000 modulare Gehäuse zur Außenaufstellung. http://bit.ly/infrastruktur-highspeed | 10
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WELTWEIT Global gelöst KANADA Sicherheit geht vor Auf Annacis Island befindet Erfolgsstories. Energie, sich eine der größten Kläran- Mobilität, Automatisierung – lagen Kanadas. Sie bereitet jährlich etwa 175 Milliarden mit den Produkten und Liter Abwasser für rund eine Lösungen der Unternehmen Million Einwohner auf. Nach aus der Friedhelm Loh Group fast 20 Jahren mussten nun die Frequenzumrichter der meistern Kunden Heraus Pumpsysteme ausgetauscht forderungen rund um die Welt. werden. Für eine schnelle und sichere Umsetzung der dafür wichtigen Infra- strukturmaßnahmen setzte die Verwaltung des METRO VANCOUVER Regional Districts auf Schaltschrank- und Strom- verteilungslösungen von Rittal und auf Software von Eplan. LUXEMBURG USA Software- Flexibel und Know-how modifizierbar Eine Softwarebegleitung aller Komplexe Steuerungssysteme Prozesse, von der Kundenak- sind das Spezialgebiet eines quise bis zur Fertigung, kann Schalttafelherstellers aus den vieles erleichtern. LUXFORGE, USA. Dazu benötigen die einer der führenden Anbieter Kalifornier Schaltschränke, die von Metallkonstruktionen für sich leicht modifizieren lassen. private, gewerbliche und Die Wahl fiel auf TS 8 Modelle industrielle Zwecke, stellte von Rittal. Das Unternehmen seine komplette IT auf den installierte beispielsweise Prüfstand. Cideon stand dem mithilfe der Schaltschränke an Unternehmen mit umfassen- der University of California in der Beratung und den pas- San Diego einen der größten senden Lösungen zur Seite. 3D-Drucker von Hewlett- Das Ergebnis: eine effizien- Packard-Enterprise. Der Dru- tere Produktentwicklung, un- cker unterstützt die Entwick- ternehmensweite konsistente lung medizinischer Produkte. Daten und durchgängige, sichere Produktdatenmana- gementprozesse. | 12
WELTWEIT GROSSBRITANNIEN Clever eingespart Unnötiger Aufwand ist in je- dem Unternehmen hinderlich und zu umgehen. Voraus- gesetzt, er kann identifiziert werden. Die Firma BURNELL CONTROLS aus Dartford ent- deckte durch einen Besuch im Rittal Innovation Center in Haiger, Deutschland, die Software-Lösung Eplan Pro Panel und das Perforex Bearbeitungszentrum. Durch deren Anschaffung und Be- trieb profitiert der Steuerungs- und Schaltanlagenbauer von Einsparungen in seinen Prozessen. DEUTSCHLAND CHINA Gläserne Cool bleiben Schuhfabrik Die SAIC-GM CHINA, ein Joint Venture von General Motors Die Corporate Identity und Shanghai Motors mit (CI) wird als Kernelement rund 58.000 Mitarbeitern an eines Unternehmens immer vier Produktionsstandorten wichtiger und betrifft auch ist eines der fünf größten Un- das Erscheinungsbild der ternehmen des chinesischen Mitarbeiter – von Kopf bis Automobilmarktes. Auf der Fuß. Östlich von Frankfurt Suche nach neuen energie- baute ein Hersteller von Ar- effizienten Kühlgeräten stieß beitskleidung eine Fabrik, die der Automobilhersteller auf entsprechendes Schuhwerk Rittal. Nach der testweisen herstellt und dabei individuell Nutzung eines Rittal Blue e+ auf Kundenwünsche ein- Kühlgeräts überzeugte die geht, dank Shuttle-Services entstandene Energieein- und Just-in-time-Prinzip der sparung und führte zu einer CI-Factory. Für Sicherheit im Bestellung von 50 Geräten. Glashaus sorgt Rittal mit fünf Rechenzentrumscontainern. 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 13
TITELSTORY | M I TE IN AN D E R | 14
MITEIN A N D ER | TITELSTORY Zusammenarbeit. Die Natur macht es vor: Organisierte Systeme sind erfolgreicher. Das gilt auch für Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung. Dabei können sie vor allem vom Algorithmus des Waldes lernen. Text: Ingrid Kirsch Wood Wide Web 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 15
TITELSTORY | M I TE IN AN D E R V oll vernetzen, clever kommunizie- ren, optimal organisieren, professi- onell produzieren: Die Natur macht uns vor, dass die Vernetzung von Akteuren, Prozessen und Informationen heute unver- zichtbar ist – im Kosmos des eigenen Unter- nehmens genauso wie im Zusammenspiel mit Unternehmern innerhalb der eigenen Branche wie mit Akteuren anderer Industrien und Disziplinen bis hin zu Wettbewerbern. taniker aus Florenz ist von der Intelligenz Und wie solche Netzwerke und Partner- der Pflanzen überzeugt. Warum? Weil die schaften nach dem Vorbild von Flora und Pflanzenwelt – anders als Mensch und Tier Fauna effizient und effektiv funktionieren. – nicht auf Hierarchien baut, sondern auf Denn unser Wald und unsere Natur sind ein dezentrales Netzwerk aus gleichbe- nichts anderes als ein Wood Wide Web. Ein rechtigten Elementen. Statt über ein zent- waldweites Netzwerk, in dem etwa feine rales Gehirn entwickeln Baum, Busch und Pilzfäden, die sich durch den gesamten Blume eine verteilte Intelligenz. Mit Wurzel- Waldboden ziehen, wie LAN-Verbindungen spitzen, die wie Datenverarbeitungszentren eines Computernetzwerks fungieren. In fungieren. Und einzelne Pflanzen zu einem dem die dünnen Leitungen der Pilzhyphen Team formen, das smart auf seine Umge- den überlebenswichtigen Austausch von bung reagieren kann. Nährstoffen, Wasser und Botenstoffen si- Das Teilen von Fähigkeiten und Wissen cherstellen. In dem Bäume Informationen ist in der Natur also weitverbreitet und über- an benachbarte Pflanzen übermitteln. Ein lebenswichtig für die Artgenossen und „Die Natur ist ausgeklügeltes System aus Geben und Ökosysteme. Findet eine Ameise Futter, Nehmen: Dünne, weiße Pilzfäden, die sich markiert sie den Rückweg von der Futter- ein Erfolgsunter wie Wattewickel um Baum- und Pflanzen- quelle zum Ameisenbau mit Duftstoffen. So wurzeln legen, erweitern das Wurzelge- wissen die anderen schneller, wo sie Nah- nehmen, das in flecht der Pflanzen und stellen ihnen so rung finden können. Begegnen sich Bakte- zusätzlich Wasser und Nährstoffe zur rien, tauschen sie blitzschnell Genteile aus. Millionen von Verfügung. Bäume und Pflanzen „bezah- Diese bakterielle Konjugation stärkt ihre len“ ihrerseits mit Kohlenhydraten. Kein Widerstandskraft gegen Medikamente. Jahren nicht pleite schlechter Tausch, zumal ihr Kooperations- Und die Ameisen mögen Samen wegen der partner zusätzlich ein Kommunikationsnetz darin enthaltenen Stärke und des Zuckers. gegangen ist.“ für Bäume und Pflanzen spinnt. Bäume ste- Sie fressen die Nährstoffe, räumen den Sa- hen mithilfe solcher Pilzgeflechte chemisch men aus ihrem Nest und sorgen so dafür, und elektrisch miteinander in Verbindung, dass an genau dieser Stelle im nächsten können sich gegenseitig vor Schädlingen Frühling wieder ein blaues Blümchen blüht. Gudrun Happich warnen oder ihre Baumkinder mit Zucker- Biologin, Bionikexpertin lösung päppeln. LERNEN VOM VORBILD NATUR und Businesscoach Bäume können aber noch mehr: Sie senden Moleküle auch oberirdisch, um zum Was Managementexperten von Ameisen Beispiel mit komplexen Säuren Feinde ab- und Bakterien lernen? Dass es in komple- zuwehren oder mit Gasen vor Stürmen zu xen Organisationen notwendig ist, Informa- warnen. Heißt: Das Wood Wide Web hat tionen transparent und zielgerichtet zu viele Leitungsbahnen, und die Bäume sind seine wichtigsten Server. „Pflanzen und Tiere rechnen immerzu mit Schwierigkeiten und können schneller auf unerwartete Änderungen reagieren“, fasst Biologin, Bio- nikexpertin und Businesscoach Gudrun Happich das Überlebensgeheimnis von Flora und Fauna zusammen. „Die Natur ist ein Erfolgsunternehmen, das in Millionen von Jahren nicht pleitegegangen ist.“ DEZENTRALES NETZWERK MIT GESCHICKTES ZENTRALER DATENVERARBEITUNG WARNSYSTEM Achtung: Feinde! Auf überirdischem Weg übermit- Stefano Mancuso arbeitet mit Hochdruck teln Bäume spezielle Moleküle daran, den Algorithmus des Netzwerks Na- als Warnung vor Angreifern an tur zu entschlüsseln: Der renommierte Bo- die benachbarten Pflanzen. | 16
MITEIN A N D ER | TITELSTORY 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 17
TITELSTORY | M I TE IN AN D E R Wer täuscht, fährt auf Dauer ins Verderben – in der Natur wie in der Wirtschaft. Etwa durch glanzvoll beworbene Produkte und Dienstleistungen, die nicht halten, was die Werbung verspricht. Der Blick nach vorn ist entscheidend. Pflanzen und Tiere reagieren nicht erst kurzfristig auf äußere Einflüsse – sie passen teilen. Sowohl innerhalb von Unternehmen, sich vorausschauend und kontinuierlich an zum Beispiel zwischen unterschiedlichen Veränderungen in ihrer Umgebung an. Für Abteilungen, die zusammenarbeiten sollen. manche Spezies wie den Mammutbaum Oder über Unternehmensgrenzen hinweg. wird die Krise sogar zur Chance. Er wächst Dabei gedeiht eine Partnerschaft und trägt dort, wo Brände Wälder zerstören. Denn Früchte nur, wenn beide Seiten davon pro- erst mit dem Feuer springen die Zapfen des fitieren. Zum Beispiel, wenn Produktionsun- Baumes auf und geben die Samen frei. ternehmen mit Maschinenherstellern zu- Heißt für Unternehmen: lieber den Wandel sammenarbeiten. Die Produktion liefert aktiv und vorausschauend mitgestalten, als Daten von den Maschinensensoren, die passiv abzuwarten. Dies gilt umso mehr in Maschinenhersteller optimieren im Gegen- Zeiten, die durch grundsätzliche Verände- zug ihre Maschinen oder liefern klugen In- rungen geprägt sind. Also besser jetzt die standhaltungsservice und helfen damit Megatrends des 21. Jahrhunderts – Digita- Stillstandszeiten zu reduzieren. lisierung, Vernetzung, Mobilität – aufgreifen Oberstes Gebot in einer Partnerschaft und mit Partnern neue Produkte und Ge- INTELLIGENTE HELFER ist allerdings Ehrlichkeit. Wer sich nicht da- schäftsfelder entwickeln. Wurzeln bieten dem Baum ran hält, der verliert. Das spüren Wildorchi- Halt im Boden und nehmen Wasser und Nährstoffe auf. deen, die mit Pheromonen Insekten als Doch manche Stoffe sind Sexualpartner anlocken. Doch die nehmen für den Baum nur über Pilze diesen Bluff langfristig übel. Ein zweites Mal erreichbar. Das Pilzgeflecht fliegen sie die Blüten nicht nur nicht mehr kann sich über mehrere an – sie informieren auch Artgenossen über Kilometer erstrecken und sichert so dem Baum eine das Täuschungsmanöver. Die Folge: Wild vollständige Nährstoffauf- orchideen sind vom Aussterben bedroht. nahme. | 18
MITEIN A N D ER | TITELSTORY „Digitalisierung steht für Netze und nicht für Inseln. Erst aus diesem weiten Winkel ergeben sich die größten Chancen.“ Dr. Karl-Ulrich Köhler CEO von Rittal Geschäftsmodell – aber kaum zu stemmen deckung, schafft mehr Aufmerksamkeit und für einen einzigen Anbieter. Das Konzept: erreicht völlig neue Zielgruppen. „Die Kun- Netze eine strategische Partnerschaft – aus ABB, Hewlett Packard Enterprise (HPE) und Rittal. Mit klarer Rollenverteilung: HPE ver- den erwarten heute komplette und zertifi- zierte Lösungen, sie wollen Hard- wie Soft- ware sofort nutzen können und erwarten ersetzen treibt die Lösung weltweit. „HPE hatte die Idee, eine Edge-Lösung auf den Markt zu bringen, und dafür die passende Infrastruktur nach der Inbetriebnahme erstklassigen Service“, sagt Keiger. „Solche Wunschpa- kete lassen sich nur noch selten allein mit Inseln gesucht. Wir haben dann auf Basis unserer standardisierten IT-Infrastruktur eine Edge- Lösung entwickelt“, sagt Andreas Keiger, dem eigenen Portfolio schnüren.“ Keine Gnade mit Nostalgikern: Wer jede Aufgabe im Alleingang lösen möchte, weil er Executive Vice President Global Business nur sich selbst vertraut oder in tradierten, Digitalisierung. Netzwerken Unit IT bei Rittal. „Während HPE sich bei- also engen Branchengrenzen denkt, wird heißt das ökonomische Gebot spielsweise um den globalen Vertrieb des nicht mehr zu den innovativen Vorreitern zäh- SEDC kümmert, sorgen wir mit unserem len. Denn disruptive Ideen scheren sich der Stunde. Mit der Digitalisie- Know-how für den nötigen physischen längst nicht mehr um Brancheneinteilungen; rung ist ein neues Miteinander Schutz. So ist alles vor Diebstahl, Feuchtig- erfolgreiche Start-ups sortieren sich gar nicht der Unternehmen entstanden. keit, Staub und Verschmutzung geschützt, erst in die übliche Branchenlogik ein. Und für damit in rauen Industrieumgebungen der für traditionelle Unternehmen gilt: Nur wenn es die IT erforderliche Schutz gewährleistet ist. ihnen gemeinsam mit anderen gelingt, ihre Branchengrenzen verschwimmen, Indus- Integrierte Kühlung und Brandschutz sind komplementären Kompetenzen kreativ zu trie und IT rücken immer näher zusammen. ebenfalls inklusive.“ Und die Stromversor- einem revolutionären Neuen zusammenzu- Wer innovativ bleiben möchte, sollte mehr gung? „Kommt von ABB.“ So ist aus der Sy- fügen, ist Ihnen die Eintrittskarte in die Zu- denn je auf starke und verlässliche Partner nergie der drei Partner ein im Markt einzigar- kunft sicher. Nicht von ungefähr hält Keiger setzen. Und auf zukunftssichere Lösungen. tiges Produkt entstanden. die „Kooperationsfähigkeit“ inzwischen für Daten in Echtzeit verarbeiten, leistungs- die entscheidende Eigenschaft von Füh- starke IT-Systeme in unmittelbarer Nähe zu VON GETEILTEM WISSEN rungskräften. Wer kreativ bleiben wolle, ihren Maschinen und Anlagen betreiben – PROFITIEREN müsse wissen, mit wem er bei welchem und das mit geringen Latenzzeiten in rauen Ziel zusammenarbeiten kann – und seine Industrieumgebungen: Die Leistungen, die Das Beispiel zeigt: Wer wie Rittal, HPE und Wunschpartner von den Vorteilen eines sol- das Secure Edge Data Center (SEDC) ver- ABB das eigene Wissen mit anderen teilt, chen Zusammenschlusses überzeugen. spricht, sind so anspruchsvoll wie die kommt zu neuen und besseren digitalen Die Allianzen gehen dabei weit über das Erwartungen der Kunden. Ein attraktives Konzepten, verbreitert die eigene Marktab- hinaus, was in früheren Zeiten unter Ko- 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 19
TITELSTORY | M I TE IN AN D E R operation vorstellbar war. Es geht nicht mehr nur darum, mit Lieferanten oder Kunden Partnerschaften einzugehen, mit denen das Marketing leichterfällt und die Unternehmen ihren Umsatz ankurbeln können. Es geht heute um völlig neue digitale Geschäftsmo- delle – und die liegen häufig quer zu den herkömmlichen Branchen. Kästchendenken ist out, stattdessen ist Arbeiten in einem ge- INTELLIGENTE KOORDINATION meinsamen Kosmos angesagt, in dem un- Findet eine Ameise Futter, terschiedlichste Industriezweige konstruktiv markiert sie den Rückweg von zusammenrücken. So entwickelt die Beklei- der Futterquelle zum Ameisen- dungsindustrie zusammen mit Unternehmen bau mit Duftstoffen. So wissen aus der Informationstechnikbranche soge- die anderen schneller, wo sie Nahrung finden können. nannte Wearables und verwandelt T-Shirts in tragbare Computer. Und bei der personali- sierten Medizin verschmelzen Pharmazie, Diagnostik, Medizintechnik und IT. NEUE DIGITALE GESCHÄFTSMODELLE „Statt in traditionellen linearen Wertschöp- fungsketten arbeiten zukunftsorientierte Unternehmen heute mehr und mehr in dezentralen Wertschöpfungsnetzwerken“, sagt Marion Weissenberger-Eibl, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung und Professorin für Innovations- und Technologiemanage- ment am Karlsruher Institut für Technologie. „Nur so können Unternehmen die zuneh- mend komplexen Aufgaben bewältigen, Synergien nutzen und wettbewerbsfähig bleiben.“ (siehe Interview auf Seite 22). Kooperation geht heute so weit, dass Unternehmen sogar ihre früheren Heiligtü- mer teilen: Daten. So betreiben drei Viertel aller mittleren und großen Unternehmen in Deutschland laut einer von Pricewater- houseCoopers Studie aus dem April 2018 Data Sharing über die eigenen Firmengren- onstreiber Kooperation“ herausgefunden, schen Lösungen aus anderen Branchen, zen hinweg – nicht nur mit Kunden oder Lie- dass Mittelständler mit Kooperationsenga- die sie per Kooperation übernehmen kön- feranten, sondern auch mit branchenfrem- gements ihren Innovationserfolg steigern. nen. Oder entwickeln gemeinsam mit Part- den Unternehmen (21 Prozent) oder sogar Innovationsmanagement und Kooperati- nern aus anderen Industriezweigen neue Wettbewerbern (15 Prozent). Ziel: Sie möch- onsmanagement gehören inzwischen zu- Services und Produkte. ten das eigene Geschäftsmodell digitalisie- sammen wie Rechenzentrum und Server- ren und sich neue Erlösquellen erschließen. schränke und sind ohne einander nicht PRODUKTIVITÄT STEIGERN, Wer das eigene Branchenwissen teilt, denkbar. Das gilt besonders dann, wenn STANDARDS SCHAFFEN erntet im günstigsten Fall ein neues Ge- sich Konzerne und Mittelständler aus den schäftsmodell – und das immer öfter bran- traditionellen Branchen Zukunftsmärkte er- Netzwerke sind aber auch dann sinnvoll, chenübergreifend: Rimowa, Airbus und schließen und ihren Kunden zum Beispiel wenn es sich um Vertreter derselben Bran- T-Systems entwickelten gemeinsam einen vernetzte Services anbieten möchten. che handelt. Rittal zum Beispiel hat mit dem intelligenten Koffer. Audi arbeitet mit dem Dann kommen sie um eine enge Zusam- Schwesterunternehmen Eplan und dem südkoreanischen Autohersteller Hyundai an menarbeit mit Informations- und Kommuni- Hersteller für Verbindungs- und Automati- der Entwicklung innovativer Batterietechni- kationsunternehmen oder digitalen Start- sierungstechnik Phoenix Contact das Tech- ken für Elektrofahrzeuge zusammen und ups nicht herum. Denn vernetzte Produkte nologienetzwerk Smart Engineering and Continental und Nvidia kooperieren, um in- sind komplex und sprengen zumeist das Production 4.0 ins Leben gerufen. Das telligente Technik für autonome Fahrzeuge innerhalb des Unternehmens verfügbare Dreiergespann will mit Industrie-4.0-An- zu entwickeln. Gemeinsam ist man stärker. Wissen. Daher gehen Unternehmen immer wendungen die Basis legen, um die Pro- Das Deutsche Zentrum für Luft- und häufiger in den intensiven Austausch mit duktivität im Mittelstand zu steigern und Raumfahrt hat in seiner Studie „Innovati- anderen: suchen nach etablierten techni- herstellerneutrale Standards für Daten und | 20
MITEIN A N D ER | TITELSTORY Datenkommunikation zu schaffen. Bei- spielsweise, wie sich die gesamte Produk- tion eines Schaltschranks mit durchgängi- gen Datenmodellen automatisieren lässt. Digitaler Vorteil für den Anwender: Da die Bereiche Engineering, Materialwirt- schaft, Fertigungsplanung und Produktion nahtlos ineinandergreifen, entsteht ein Effi- zienzgewinn von 40 Prozent. Manuelle Tä- tigkeiten sind nicht mehr notwendig, Medi- enbrüche gehören der Vergangenheit an. Für diesen digitalen Mehrwert teilte jedes der beteiligten Unternehmen bereitwillig das eigene Wissen. Eplan steuerte sein Enginee- ring-Know-how bei, Rittal die Schaltschran- kexpertise und Phoenix Contact fügte die elektrotechnischen Komponenten hinzu. „Digitalisierung steht für Netze und nicht für Inseln“, sagt Dr. Karl-Ulrich Köhler. Der CEO von Rittal plädiert daher für das Mitgestalten neuer Standards und vertrauensvolle Part- nerschaften. Wer als Unternehmen zukunfts- fähig bleiben wolle, müsse in die strategi- sche Planung der digitalen Transformation Dritte einbeziehen. „Erst aus diesem weiten Winkel ergeben sich die größten Chancen beständiger Wettbewerbsfähigkeit.“ Zumin- dest, solange das Wissen in beide Richtun- gen fließt. Denn klar ist: Wer sich öffnet, er- höht nicht nur die Chancen auf Wachstum und Profitabilität, sondern macht sich auch angreifbar. Heißt: Wer sich an einer bran- chenübergreifenden Kooperation beteiligt, muss nicht nur sicherstellen, dass die eige- ne Position unbeschädigt bleibt. „Jedes Un- ternehmen sollte Vorkehrungen treffen“, sagt Netzwerkexpertin Weissenberger-Eibl, „da- mit es nicht über kurz oder lang zum Zulie- ferer degradiert wird.“ n Das neue Miteinander STARKE GEMEINSCHAFT Neben Rittal fanden sich Gemeinsam mit vielen anderen Vertreter aus 18 anderen Kooperationspartnern setzt die namhaften Unternehmen Friedelm Loh Group im Rahmen zur Gründung des Vereins Mindsphere World ein. von Mindsphere World auf das IT- System der Zukunft. Rittal gehört mit Siemens, Festo, Kuka und anderen Unternehmen zu den Gründern der Mindsphere World. Ziel des Vereins ist es, sowie Apps zu entwickeln. Außerdem arbeiten IoT-fähigen Kühlsysteme lassen sich Daten das offene Betriebssystem MindSphere glo- die Unternehmen an Standards zum Aufbau ei- gezielt auswerten und visualisieren. Auf bal weiterzuentwicklen und so das Internet nes weltweiten Ökosystems für das IoT. Dessen diese Weise können sämtliche After-Sales- of Things (IoT) voranzutreiben. Die Struktur Plattformen wie MindSphere können beispiels- Services besser antizipiert, geplant und von MindSphere hilft dabei, herstellerunab- weise für vernetzte Kühlgeräte oder Chiller der Konzepte hinsichtlich Predictive Mainte- hängig Maschinen und Anlagen einzubinden Blue e+ Familie genutzt werden. Mithilfe der nance entwickelt werden. 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 21
TITELSTORY | M I TE IN AN D E R Interview. Prof. Marion Weissenberger- Eibl, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung, über die Vorteile von Kooperationen, die Rolle der Digitalisierung in Netzwerken und Vertrauen als Voraussetzung von Innovation. Interview: Manfred Engeser Frau Professorin Weissenberger-Eibl, Unternehmen arbeiten mit Forschungs- einrichtungen, Konzerne mit Start-ups, selbst Konkurrenten tun sich zusam- men: Ohne Netzwerke und Kooperati- onen scheint keine Organisation mehr auszukommen. Waren Unternehmen früher leistungsfähiger? Dass ein Unter- nehmen im Alleingang eine innovative Idee entwickelt und damit Nachfrage erzeugt, ist ein Idealbild, das nur selten zutrifft. In- novationsprozesse sind viel komplexer. Der Blick aus dem eigenen Unternehmen heraus wird in der Tat immer wichtiger. Es reicht heute nicht mehr, zu forschen und dann mit einem fertigen Produkt auf den Markt zu gehen. Unternehmen müssen einen Perspektivwechsel vollziehen. Wie soll der aussehen? Statt von innen nach außen zu blicken, gilt es, eine Inno- vationsstrategie von außen nach innen zu entwickeln. Partnerschaften zu schließen. Erst zu verstehen, was außerhalb des ei- „Größere genen Kosmos passiert – und sich dann zu fragen, welchen Beitrag das Unterneh- men leisten kann für die Herausforderun- Chancen gen der Außenwelt. Dazu braucht es eine gezielte Suche nach Potenzialen, aber auch kluges Marketing und starke Ko- als jeder operationen aller am Innovationsprozess beteiligten Akteure. Ich bin davon über- zeugt: Wer sich in Netzwerken organisiert, Einzel- hat größere Chancen, gehört zu werden, als jeder Einzelkämpfer. kämpfer“ Worauf führen Sie diesen Paradigmen- wechsel zum neuen Miteinander zurück? Zum einen auf die Digitalisierung und die damit verbundene zunehmende Vernet- zung. Unsere Studien zeigen, dass die Di- gitalisierung wie ein Katalysator für indus | 22
MITEIN A N D ER | TITELSTORY triell-kollaborative Wirtschaftsformen wirkt. Ich bin überzeugt, dass Netzwerke mehr Darauf beruht zum Beispiel der Erfolg von Chancen als Risiken bieten. Gute Netzwer- Carsharing oder Pay-per-Service, die das ke basieren auf gemeinsamem Vertrauen. Teilen von Wissen und geteilte Nutzen von Und Vertrauen ist in der digitalisierten, Gütern auf breiter Basis ermöglichen. Dieses globalisierten Welt ein hohes Gut. Es ist Teilen und Tauschen materieller und digitaler wichtig, vorurteilsfrei auf andere zuzuge- Güter wird weiter enorm ansteigen, wovon hen und einen Vertrauensvorschuss zu besonders kleine Unternehmen mit hohem gewähren. Nur dann lerne ich die Stärken Digitalisierungsgrad profitieren. Innovative und Schwächen des anderen kennen. Je Ideen werden nicht mehr nur für, sondern stärker und vertrauensvoller diese Verbin- verstärkt mit Verbrauchern entwickelt. dung ist, desto stärker ist mein Netzwerk. PROF. MARION Und desto wahrscheinlicher treten Syner- WEISSENBERGER-EIBL, Ein Beispiel? Unser Projekt „Patient Sci- gieeffekte auf, von denen alle profitieren. 52, leitet das Fraunhofer- Institut für System- und ence“, bei dem erforscht wird, wie Men- Und die braucht es, um etwa den Klima- Innovationsforschung und schen, die an einer seltenen Erkrankung wandel und andere Herausforderungen den Lehrstuhl für Innovation leiden, am Forschungsprozess beteiligt des 21. Jahrhunderts zu lösen. und Technikmanagement werden können. Etwa über Gesundheits- am Karlsruher Institut für Apps oder Tracking-Geräte, die Patienten Im Zeitalter des Datenklaus kann die- Technologie. Sie gehört außerdem den Aufsichtsrä- am Körper tragen. ses Vertrauen schnell bestraft werden. ten von HeidelbergCement, Daten, die zur DNA eines Unternehmens Rheinmetall und MTU Aero Eine aktive Rolle von Verbrauchern in gehören, sind sicher sensibel. Würden Engines an. solchen Netzwerken mag neu sein. Ar- Informationen offengelegt, die Kernkom- beitsteilung aber ist das Grundprinzip petenzen eines Unternehmens darstellen, unserer Ökonomie seit dem Beginn der würde dies die Wettbewerbsfähigkeit ganz Industrialisierung vor knapp 200 Jah- wesentlich gefährden. Aber das Risiko, ren. Vor 200 Jahren entstanden Innova- dass geistiges Eigentum abgeschöpft wird, tionen oft entlang klarer technologischer lässt sich nie völlig ausschließen. Aus mei- Systemgrenzen und durchliefen in der Re- ner Sicht wäre es falsch, aus Furcht vor zu gel klassische Entwicklungsphasen. Heute viel Transparenz auf Kooperation zu ver- erleben wir einen Wandel hin zu offenen In- zichten. Transparenz ist ein wichtiger Trei- novationsprozessen, an technologischen ber für Innovationen. Ich bin davon über- Schnittstellen, die bislang noch gar nicht zeugt, dass es sich vor diesem Hintergrund miteinander verknüpft waren. lohnt, in die Digitalkompetenz von Mitarbei- terinnen und Mitarbeitern zu investieren. Woran denken Sie da konkret? Etwa an Wir müssen Menschen in die Lage verset- die Batterieforschung und die Autoindustrie, zen, mit Technik und damit verbundenen die sich jahrzehntelang getrennt voneinan- Chancen und Risiken sinnvoll umzugehen der entwickelten und heute intensiv zusam- und sie von Grund auf zu verstehen. Ohne menarbeiten. Dass sich die Art der Arbeits- diese digitale Grundkompetenz könnte es teilung verändert hat, zeigt auch der Trend in Zukunft schwierig werden. Deutschland zu kreativen Gründerzentren und Coworking hat hier noch Nachholbedarf. Spaces. Diese Orte bieten ein hohes Inno- vationspotenzial, weil dort interdisziplinäres Wer ist weiter? Etwa Unternehmen wie Wissen auf kreativen Freiraum trifft – ein ide- Procter & Gamble: Der Konsumgüterkon- aler Nährboden für Start-ups. Auch Global zern hatte schon vor gut 20 Jahren er- Player (wie Bosch oder Siemens) entdecken kannt, dass es weltweit Millionen Forsche- das Potenzial dieser Arbeitsformen. Unse- rinnen und Forscher gibt, die mindestens re Studien zeigen, dass wandlungsfähige gleichwertige oder höhere Expertise ha- Hightechunternehmen mit stark interdiszip- ben als die eigenen Mitarbeiter. Daraufhin linärer Ausrichtung in der globalisierten Wirt- gab P & G das Ziel aus, den Anteil von schaft einen strategischen Wettbewerbsvor- externen Kooperationen auf 50 Prozent teil gegenüber Konkurrenten haben. zu steigern – mit großem Erfolg. Vor dem Strategiewechsel gehörte das Unterneh- Wie wird aus einem Netzwerk ein Wett- men zu den eher restriktiveren, aus Sorge bewerbsvorteil? Im Idealfall ist ein gutes um eigene Patente und Lizenzen. Heute Netzwerk ein beiderseitiges Nehmen und ist P & G einer der größten Patentinhaber Geben. Das betrifft den Austausch von weltweit, auch dank vieler innovativer Pro- Wissen, aber eben auch den Dialog mitein- dukte, die aus der Kooperation interner ander. Sehr wichtig sind auch persönliche und externer Forschungsbereiche ent- Empfehlungen, um Zugang zu Netzwer- standen sind. Weil die Führungsspitze ken zu bekommen und einzuschätzen, ob wusste: „Innovation bedeutet, neue Ver- ein Netzwerk zu meinen Interessen passt. bindungen zu schaffen.“ n 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 23
MAGAZIN WISSEN Engineering Prozesse automatisieren Wie lässt sich automatisiertes Engineering optimal in eine durchgängige Wertschöpfungskette einbinden? Diese Frage stand im Zentrum beim 6. EEC Forum. Rund 200 Gäste aus nationalen und inter- Praxis aus. Im Mittelpunkt des zweiein- ist die perfekte Einsatzmöglichkeit für nationalen Unternehmen haben am EEC halbtägigen Forums standen durchgängi- Eplan Engineering Configuration (EEC): Forum von Eplan im September in Neuss ge und automatisierte Prozesse entlang Mit EEC lassen sich Strom- und Fluidpläne teilgenommen. Im Rahmen von Workshops der Wertschöpfungskette: von der Auf- wie auch 3D-Schaltschrankaufbauten, und Präsentationen tauschten sich die tragsbearbeitung über das Engineering SPS-Programme, Dokumente und sogar Teilnehmer zum Thema Industrie 4.0 in der bis zur Fertigung. Diese Aufgabenstellung Mechanikmodelle automatisiert erstellen. Open Compute Project Expertentreffen Smart Wiring Investition Anfang Oktober war Rittal beim 2018 OCP Verdrahtet Regional Summit in Amsterdam als Bronze- Plymouth wächst sponsor vertreten. Zwei Tage lang informier- Eplan stellt zur SPS IPC Drives die kommen- ten und diskutierten Manager, Ingenieure, de Version 2.8 von Eplan Smart Wiring vor. Innerhalb der nächsten Jahre investiert Rittal Entwickler und Zulieferer über Trends in Drei markante Schwerpunktthemen wurden rund drei Millionen Pfund in seine Produkti- puncto Open Compute Project (OCP). Mit in der Software zur Verdrahtung im Schalt- onsstätte im britischen Plymouth. Dabei ent- Resul Altinkilic, Product Manager Global IT schrank- und Schaltanlagenbau realisiert: stehen mehr als 100 neue Arbeitsplätze. Key Accounts, und Steven Moore, Project die mögliche Gliederung in Teilprojekte, ein Das Werk ist Teil des globalen Produktions- Engineer, waren gleich zwei Rittal Mitarbei- neuer Prüfmodus zur Unterstützung der netzwerkes von Rittal. Hier werden hochin- ter vertreten, um Fragen rund um das The- Fertigung sowie mehr Transparenz in der novative Produkte entwickelt und produziert. ma Sammelschienen zu beantworten. Anwendung der Software. | 24
Kunststoff Zertifiziert Erstmals wurde LKH nun nach der DIN ISO 14001 zertifiziert. Das Thema Umweltver- träglichkeit spielt beim Kunststoffspezialis- ten in vielen Bereichen eine Rolle. So ach- ten die Heiligenrother zum Beispiel bei der Beschaffung auf klimaverträgliche Rohstof- fe, mit denen sie schonend und effizient umgehen. Oder sie mahlen die Abfälle aus den Angüssen bei der Fertigung ein. Das Zertifikat wirkt sich nicht nur positiv auf das Image des Unternehmens aus, viele Kun- den fragen vor der Auftragsvergabe auch nach, wie es um die ökologische Nachhal- tigkeit des Lieferanten bestellt ist. „Damit machen wir einen weiteren Schritt in Rich- tung Exzellenz“, sagt Holger Gerhards, Shanghai Leiter Qualitätsmanagement bei LHK. Eplan wächst in China 230 Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft na weiter wachsen – die Bedingungen und Politik feierten im Juni 2018 in dafür sind hervorragend.“ Das Ziel für Schanghai die Eröffnung der Eplan Nie- Eplan an den zehn chinesischen Standor- derlassung in China. Im feierlichen Rah- ten ist klar gesteckt: Führendes Enginee- men verkündete Geschäftsführer Haluk ring-Design soll die intelligente Fertigung Menderes: „Wir wollen und werden in Chi- im Reich der Mitte vorantreiben. Cloud-Computing Die Verbindung steht Wertschöpfende Prozesse müssen rei- Rechenzentren bungslos ineinandergreifen und Daten- durchgängigkeit gewährleisten. Eine neue Enge Partner Lösung optimiert künftig diese Prozessab- läufe der Produkthersteller: „Die neue ABB und Rittal bauen ihre weltweite strate- Cideon Cloud CAD Integration verbindet Personalwechsel gische Zusammenarbeit aus: Die beiden moderne, cloudbasierte CAD-Systeme mit Unternehmen verstärken ihre gemeinsa- SAP“, erläutert Rolf Lisse, Leiter Entwicklung Neue Leitung men Aktivitäten bei der Infrastruktur von bei Cideon. Ein Konnektor verknüpft die Rechenzentren. Vor allem in Regionen wie Konstruktionsdaten der CAD-Anwendung Sebastian Seitz ist seit August 2018 neuer Nord- und Südamerika, Asien und Europa mit den Daten des SAP-Systems. So können Vorsitzender der Geschäftsführung von wollen sie künftig für mehr Sicherheit und mittels der SAP-Cloud-Plattform Lösungen Eplan und Cideon. „Seine hohe Marktkennt- eine höhere Verfügbarkeit sorgen. „Unsere schnell geliefert werden. Der Vorteil: Es ste- nis, sein strategischer Weitblick und sein schlüsselfertigen und in der Praxis bewähr- hen Konstruktionsdaten entlang der gesam- tiefes Verständnis für zukünftige strategi- ten Lösungen unterstützen Unternehmen ten Prozesskette zur Verfügung, Material- sche Businessmodelle im Softwarebereich bei der Bereitstellung der erforderlichen IT- stammsätze und Stücklisten lassen sich sind eine wichtige Voraussetzung für die Infrastruktur für sicheres Edge-Computing ohne manuelles Zutun erstellen und aktua- Weiterentwicklung“, sagt Dr. Karl-Ulrich oder andere smarte Anwendungen und lisieren. „Unsere Cideon Cloud-Strategie Köhler, CEO Rittal. Seitz wurde 2006 Ge- damit bei der Realisierung des Mehrwerts gibt den Nutzern eine langfristige Investi- schäftsführer von Cideon Systems, seit 2013 von Digitalisierung in der Industrie“, sagt tions- und Planungssicherheit entlang der ist er für die Friedhelm Loh Group tätig. Zu- Andreas Keiger, Executive Vice President Wertschöpfungskette“, weiß Lisse über die letzt war der 47-jährige Physikingenieur der Global Business Unit IT bei Rittal. neue Kopplung zu SAP. COO von Eplan und Cideon. 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 25
WISSEN | S TO R E S H AR E V IE W Der frische Gegenentwurf nimmt in einem Pilot-Projekt Gestalt an, bei dem es Eplan Vertrauliche und Lenze SE, ein Hersteller und Entwick- ler für Antriebstechnik und Automation, sprichwörtlich auf die Spitze getrieben ha- Kanäle ben. Zwei ihrer Clouds docken auf Basis von Eplan Store Share View gegenseitig an und tauschen laufend Informationen aus: das Lenze Asset Management System und Anbindung. Hürden entfernt – das Eplan Data Portal. Die Cloud-Lösung Menschen verbunden. Das Lenze Asset Management informiert den Instandhalter über alle relevanten Kompo- Cloud-Konzept Store Share nenten einer Maschine (Asset). Das Eplan View von Eplan überwindet Data Portal ist eine cloudbasierte Online- tradierte Grenzen im Produkt datenbank mit Hunderttausenden Geräte- und Komponentendaten – darunter die von lebenszyklus. Unmittelbare Lenze. Per Drag-and-drop können Eplan Konsequenz: messbarer Zeit- Anwender diese Artikeldaten in ihr Eplan gewinn. Projekt ziehen. Ist die Komponente konst- ruiert, gefertigt, ausgeliefert und in Betrieb genommen, kommt der Instandhalter ins Text: Ulrich Kläsener Spiel. Er kann sich jederzeit in die Lenze- Cloud einloggen und fragt im Servicefall zum Beispiel Stromlaufpläne oder Stücklis- ten nach. Dabei greift er automatisch über Store Share View aufs Eplan Data Portal und damit auf die im Eplan Projekt hinterlegte Original-Dokumentation zurück. André Luh- mann, Product Manager Digital Services bei D ie Vorteile der Cloud kennt die In- Lenze: „Der Kunde hat so eine Übersicht dustrie schon lang. Theoretisch. über alle in der Anlage installierten Geräte. Jetzt geht es um die Praxis. Eplan Dadurch verringert sich die Aufnahmezeit und Lenze SE zeigen mit der Cloud-to- für Assets erheblich.“ n Cloud-Anbindung Store Share View, was neuen Mehrwert schafft. Store Share View ist wörtlich zu verstehen. Mit der Cloud- Lösung lassen sich Eplan Engineering- Projekte in der Cloud ablegen, auf jedem beliebigen Endgerät anschauen und seitens der Projektbeteiligten kommentie- ren. Das erinnert an die R-Regeln der „Manuelle Logistik, nach denen – frei übersetzt – die richtige Information im richtigen Zustand zur Aktualisierungen richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sein muss. werden durch voll Wer profitiert vom smarten Zugriff auf den immer gleichen Datenstand, ganz digitalisierte egal, wann und wo? Neben den unter- schiedlichen Abteilungen der Unterneh- Cloud-to-Cloud- men mit eigener Produktentwicklung natür- lich die Kunden und Anwender, die schon Anwendungen bei der Produktentstehung mitreden wollen. Ebenso wie Zulieferer und Partner, Anwen- ersetzt.“ der und Instandhalter, die teils rund um den Globus sitzen. Eplan Produktmanager Claas Schreibmüller: „Das sind real not- André Luhmann wendige Kollaborationsszenarien, die heu- Product Manager Digital Services te noch teils teuer erkauft werden.“ Denn bei Lenze wenn es an Konnektivität mangle, würden gesprengte Zeitfenster und überschrittene Budgets, Qualitätsverlust und frustrierte Kundschaft zum ernsthaften Problem. | 26
STOR E SH A R E VIEW | WISSEN Grenzenlos arbeiten Von Store Share View profitieren alle Akteure, wie das folgende Beispiel zeigt: die Planung und Realisierung von Schaltanlagen. Eplan Engineering- Projekte 2 4 Feedback Kommentare Upload Projektbeteilig- Der Kons- te von Kons trukteur legt truktion bis Download Engineering- Instandhaltung Die Fertigung, Unterlagen hinterlegen Instandhal- wie detaillierte Kommentare tung oder Schaltplan- per Redlining- etwa Subliefe- informationen Funktion. ranten loggen in der Cloud sich ein und ab. greifen lesend auf den Pro- jektstand zu. 1 3 Noch nie war der Schritt in die Cloud so ein- die Steuerung der Zugriffsmöglichkeiten vor wird umso wichtiger, je mehr Akteure an einem fach. Ohne jede Installation über den Web unbefugtem Zugriff geschützt. Die Rechtever- Projekt beteiligt sind. Wer ist auf die Informa- browser einloggen, Projekt ansehen, per Redli- gabe selbst liegt im jeweiligen Fachbereich tionen angewiesen? Zum Beispiel der Schalt- ning-Funktion Kommentare vornehmen und den der Kunden. schrankbau, die Inbetriebnahme oder die In- Arbeitsfortschritt markieren. So funktioniert das Mit entsprechender Berechtigung kann man standhaltung 3 . Darunter finden sich Kollegen Eplan Konzept Store Share View. Der auf Basis jederzeit rund um den Globus mit Rechner, aus dem eigenen Haus, Kunden, Drittanbieter von Microsoft Azure entwickelte Eplan Dienst Tablet & Co. auf den aktuellen Datenstand und Sublieferanten. Sie lesen die Originaldoku- fungiert als Drehscheibe aller relevanten Engi- zugreifen. Den ersten Schritt macht die Kons- mentation und können per Redlining Kommen- neering-Informationen und Meeting Point der truktion: Sie lädt die generierten Engineering- tare hinzufügen 4 . So wird die Produkthistorie Projektbeteiligten. Typisch Eplan Cloud: Der Daten 1 aus dem Eplan Projekt in die Cloud ein Produktleben lang konsistent und für jeden Austausch auf höchster Ebene orientiert sich 2 . Das können Schaltplaninformationen sein, nachvollziehbar. Im Idealfall leiten Inbetrieb- sowohl beim Workflow als auch in Bezug auf die nachgelagerte Bereiche benötigen. Tau- nahme und/oder Wartung eine Rückkopplung die Sicherheitsarchitektur an den eindeutigen sende ausgedruckte Seiten Papier werden ein, indem sie den Konstrukteuren Optimie- Security- und Compliance-Modellen des Un- überflüssig. Der papierlose Workflow reduziert rungsvorschläge via Eplan Store Share View ternehmens. Das Engineering-Wissen ist durch die Kosten und steigert die Dialogqualität. Das unterbreiten. 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 27
WISSEN | FA CHK R Ä F T E M AN GE L | 28
FA C H K R Ä FTEMA N GEL | WISSEN Jahr noch etwa 50 Bewerbungen um eine Ausbildungsstelle ein – heute sind es nur Wenn noch rund zehn. Hinzu kommt, dass die Qualifikationen der Bewerber oft nicht den Anforderungen des Unternehmens ent- sprechen. die Profis AN VIELEN FRONTEN AKTIV „Nicht immer läuft es mit den Auszubilden- den so gut wie mit Noah“, erzählt Nicholas Visser-Plenge, General Manager bei dem fehlen Steuerungs- und Schaltanlagenbauer. Plenge nutzt alle Möglichkeiten, um junge Menschen für eine Ausbildung zu gewin- nen, und nimmt zum Beispiel an allen Aus- bildungsmessen teil – nicht nur in Oelde, sondern auch in den benachbarten Städ- Fachkräftemangel. Trotz guter ten. „Wir legen außerdem viel Wert auf ein wirtschaftlicher Lage und voller gutes Betriebsklima, denn das sorgt für ein gutes Image des Unternehmens und lockt Auftragsbücher – der Fachkräf- dadurch wiederum Bewerber an“, meint temangel treibt den Steuerungs- Visser-Plenge. Um die Fachkräfte zu bin- und Schaltanlagenbau nach wie den, bietet das Unternehmen zahlreiche Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglich- vor um. Das Erfolgsrezept der keiten an, etwa im Bereich Hardware- und Plenge GmbH aus Oelde: junge Software-Engineering. „Wenn ein Mitarbei- Menschen über die Kapazität ter engagiert ist, kann er bei uns Karriere machen“, betont Visser-Plenge und er- ausbilden, Fachkräfte effizient gänzt: „Viele der Mitarbeiter, die heute in einsetzen und die Chancen der der Elektroplanung arbeiten, waren davor Automatisierung konsequent als Fachkräfte in der Werkstatt tätig.“ Das Problem des Fachkräftemangels nutzen. ist nicht neu. Seit dem Ende der letzten Rezenssion, sinkt die Arbeitslosenquote in Text: Dr. Jörg Lantzsch, Hans-Robert Koch Deutschland stetig. Obwohl sie aktuell im- mer noch rund fünf Prozent beträgt, ist es für viele Unternehmen zunehmend schwierig, Fachkräfte zu rekrutieren. Einer der Gründe: Viele der Arbeitssuchenden haben keine ausreichende Qualifikation. Außerdem ist die Arbeitslosigkeit innerhalb Deutschlands sehr ungleichmäßig verteilt. In vielen Land- H andwerker gibt es in unserer Fami- auch nicht lange überlegen: „Da habe ich kreisen in Bayern, Baden-Württemberg, lie viele, aber Elektriker hatten wir sofort zugesagt.“ Hessen, Niedersachsen und Nordrhein- noch keinen.“ Noah Suedhues hat- Das Familienunternehmen Plenge GmbH Westfalen liegt sie bei rund zwei Prozent. Ab te einen etwas ungewöhnlichen Grund, vor aus Oelde, das mit rund 70 Mitarbeitern Pro- diesem Wert sprechen Fachleute von Voll- drei Jahren die Ausbildung bei der Plenge jekte aus den Bereichen Elektrotechnik und beschäftigung. Unternehmen haben in sol- GmbH in Oelde im Münsterland zu begin- Steuerungsbau realisiert, bildet über Kapa- chen Regionen teilweise extreme Schwie- nen. In diesem Sommer hat er seine Aus- zität aus. „Wenn möglich stellen wir drei rigkeiten, überhaupt Personal zu finden. Bei bildung zum Elektroniker für Betriebstech- oder vier Auszubildende ein, damit wir sie qualifizierten Fachkräften ist dies praktisch nik abgeschlossen. Schon während seiner als Fachkräfte aus unserem Ausbildungs- unmöglich. Ausbildung hat ihn das Unternehmen zu programm übernehmen können“, erzählt Inbetriebnahmen beim Kunden mitgenom- Wilfred Schnieder, der im Unternehmen für SCHLECHTE VORAUSSETZUNGEN men – für den Auszubildenden ein echter Personalfragen zuständig ist. „Denn fertig Vertrauensbeweis. „Der direkte Kunden- ausgebildete, qualifizierte Mitarbeiter sind Besonders stark sind die Auswirkungen kontakt bei der Inbetriebnahme vor Ort kaum zu bekommen.“ Dazu kommt, dass des Fachkräftemangels im Steuerungs- und die abwechslungsreichen Tätigkeiten sich einige fertig ausgebildete Fachkräfte und Schaltanlagenbau. Die Unternehmen in unserer Werkstatt haben mich begeis- im Anschluss an die Ausbildung noch zu befinden sich häufig in strukturstarken tert“, betont der junge Mann. Als er dann einem Studium entschließen. Aber auch die Gegenden in der Nähe der Kunden aus am Ende seiner Ausbildung ein Angebot Rekrutierung von Auszubildenden ist nicht dem Maschinen- und Anlagenbau, der zur Übernahme erhalten hat, musste er ganz einfach. Vor 15 Jahren gingen pro chemischen Industrie oder anderen 02 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 29
WISSEN | FA CHK R Ä F T E M AN GE L ABWECHSLUNGS REICHER ALLTAG Noah Suedhues (links) blieb nach seiner Ausbildung wegen der spannenden Tätigkeiten in der Werkstatt bei Plenge GmbH. Branchen, die ebenfalls einen hohen Per- keine besondere Qualifikation benötigen. magazin, das bis zu 20 Werkzeuge aufneh- sonalbedarf haben. „Da viele Aufträge im „Dass ein ausgebildeter Elektriker Kabelka- men kann, können alle Arbeiten in einem Steuerungs- und Schaltanlagenbau sehr näle sowie Tragschienen ablängt und diese Durchgang erledigt werden, ohne dass ein kleine Losgrößen haben und individuellen auf eine Montageplatte schraubt, ist alles Bediener eingreift. Die Bearbeitungsma- Kundenspezifikationen folgen – oft ist es andere als effizient“, meint Visser-Plenge. schine eignet sich für alle im Schaltanla- eine Unikatfertigung –, sind qualifizierte Solche Prozesse lassen sich in vielen Fällen genbau üblichen Materialien wie Stahl, Mitarbeiter ein absolutes Muss“, so Visser- sehr gut automatisieren. Wenn die Fach- Aluminium, Kupfer und auch Kunststoff. Plenge. kräfte sich dann auf die übrigen qualifizier- Neben Montageplatten lassen sich auch Hinzu kommt, dass in der Werkstatt im- ten Aufgaben konzentrieren können, steigt Türen und komplette Gehäuse schnell und mer noch viele Tätigkeiten in Handarbeit die Produktivität in der Werkstatt, ohne exakt bearbeiten. erledigt werden. In einer Untersuchung, die dass zusätzliches Personal eingestellt wer- Um Gehäuse aus Edelstahl bearbeiten das Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik den muss. zu können, eignen sich Laserbearbeitungs- Mechatronik im Rahmen des Projekts „Di- zentren deutlich besser. Plenge hat in gital in NRW“ durchgeführt hat, zeigt sich, CHANCEN DER AUTOMATISIERUNG diesem Jahr in ein solches Bearbeitungs- dass allein die Verdrahtung eines Schalt- zentrum vom Typ Perforex LC investiert. schranks 50 Prozent der gesamten Arbeits- Für viele der oben beschriebenen Tätigkei- „50 Prozent unserer Aufträge beinhalten zeit in Anspruch nimmt. Weitere personal- ten stehen heute automatisierte Lösungen Edelstahlschränke. Mit dem Laserbearbei- intensive Tätigkeiten sind die mechanische zur Verfügung. Ein typisches Beispiel ist tungszentrum können wir die vielen Aufträ- Bearbeitung der Schaltschränke und das die Bearbeitung von Flachteilen des ge, bei denen Edelstahlgehäuse benötigt Bestücken der Montageplatten mit den not- Schaltschranks. Bearbeitungszentren für werden, sehr effizient abwickeln“, sagt wendigen Komponenten. die rechnergestützte numerische Steue- General Manager Nicholas Visser-Plenge. Eine der Möglichkeiten, wie Steue- rung wie die aus der Perforex Serie von Die Amortisationszeiten für solche Be- rungs- und Schaltanlagenbauer dem Prob- Rittal Automation Systems sind speziell für arbeitungszentren sind auch bei kleinen lem des Fachkräftemangels begegnen diese Aufgaben im Schaltanlagenbau op- und mittelständischen Unternehmen relativ können, ist die Automatisierung der Werk- timiert. Sie können bohren, fräsen und Ge- kurz. Je nach Anzahl der pro Jahr bearbei- stattprozesse. Dabei stehen vor allem die winde schneiden. Mit einem automatischen teten Schaltschränke beträgt sie oft nur vielen manuellen Tätigkeiten im Fokus, die Werkzeugwechsler und einem Werkzeug- zwei bis drei Jahre. „Wir mussten bei der | 30
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