NÖV Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Ausgabe 1/2016

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NÖV Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Ausgabe 1/2016
NÖV
Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen
Nordrhein-Westfalen
Ausgabe 1/2016

                                               www.mik.nrw.de
NÖV Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Ausgabe 1/2016
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Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen
Nordrhein-Westfalen

Ausgabe 1 / 2016

                                            www.mik.nrw.de
NÖV Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Ausgabe 1/2016
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Inhalt

Vorwort

Aufsätze / Abhandlungen
Precise-Point-Positioning (PPP) im SAPOS - Ein Blick in die Zukunft    7
Michaela Büdenbender, Enrico Kurtenbach

Die größten zulässigen Abweichungen bei Streckenvergleichen
gegenüber früheren Vermessungen im Land Lippe                         12
Markus Rembold

Über die Entstehung des Höhenfestpunktfeldes in der Landeshaupt-
stadt Düsseldorf                                                      18
Eberhard Ziem

Informationsveranstaltungen „Geodateninfrastruktur“ in den
nordrhein-westfälischen Ministerien                                   25
Reimar Hänel

Aufbau eines einheitlichen Gewässernetzes für Nordrhein-Westfalen
unter Berücksichtigung der INSPIRE-Anforderungen                      28
Ulrich Düren, Stefan Sandmann

ABK/Vertikale Integration in NRW: Ein perspektivischer Ausblick       33
Stefan Ostrau, Markus Schräder

Neue INSPIRE-Handlungsempfehlung für die Kommunen in NRW              42
Stefan Sander, Holger Wanzke

Nachwuchsgewinnung
Umfragen der Zuständigen Stellen zur Verordnung über die Berufs-
ausbildung in der Geoinformationstechnologie                          45
Uwe Deppe

Nachruf                                                               52

Nachrichten / Aktuelles                                               54

Termine                                                               58

Aufgespießt                                                           60

Buchbesprechungen                                                     62
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Vorwort

Von Klaus Mattiseck

Als Schriftleiter der NÖV habe ich wegen der im letzten Jahr sehr kontrovers geführten Diskussionen ein besonderes
Interesse, mit einigen kurzen Ausführungen zur Klarstellung auf die Gründe für die Einrichtung und Auflösung der Pro-
jektgruppe (PG) „NAS-Erhebungsstufe 2 (NAS-ERH 2)“ einzugehen.

Die Einberufung der PG erfolgte Ende 2014 auf Anregung des ALKIS-Lenkungsgremiums durch das MIK NRW, weil
geprüft werden sollte, inwieweit die Nutzung der NAS-ERH(2) zu effizienteren Abläufen bei der Durchführung von Lie-
genschaftsvermessungen und deren Übernahme in das Liegenschaftskataster führt. Die PG sollte im Einzelnen be-
schreiben, wie sich die Arbeitsabläufe unter Nutzung der NAS-ERH Stufe 1 heute darstellen und wie sie unter Nutzung
der NAS-ERH Stufe 2 künftig gestaltet werden können. In einem nächsten Schritt sollten die so identifizierten Arbeits-
abläufe mit Kosten und Aufwand bewertet werden.

In der PG waren neben den Berufsverbänden der ÖbVI (BDVI und VDV) die kommunalen Spitzenverbände (StT und
LKT), die Bezirksregierung Münster als Aufsichtsbehörde und die Bezirksregierung Köln in ihrer Rolle als ALKIS-
Pflegestelle vertreten. Die PG tagte insgesamt 4-mal.

In den Diskussionen der PG wurden die verschiedenen Prozessschritte einer Liegenschaftsvermessung intensiv erör-
tert. An keiner Stelle der Erörterungen zeigten sich unter den heutigen Rahmenbedingungen aus Sicht des PG-Leiters
und auch meiner Sicht lohnenswerte Effizienzgewinne, die sich später einmal in Zahlen hätten ausdrücken lassen. Auch
die vom PG-Leiter in die AG getragenen Einschätzungen, dass die Ableitung der Vermessungsschriften (Fortführungs-
riss, Skizze zur Grenzniederschrift) einfacher und damit schneller sein müsste und weniger Aufwand bei der Qualitäts-
sicherung auftreten sollte, fanden in der Diskussion keine entsprechende Bestätigung. Aus diesem Grunde betrachtete
das MIK, auch ohne dass eine endgültige Kosten-Nutzen-Analyse vorlag, seine anfangs positive Einschätzung zunächst
als widerlegt. Die Mitglieder der PG wurden deshalb angesichts des noch bevorstehenden hohen Aufwandes (Ab-
schluss der Produktskizzen: 1 - 2 Sitzungen; Treffen mit Herstellern: 1 Sitzung; Prozessschritte mit Aufwänden verse-
hen: 3 - 5 Sitzungen; Position zur Gesamtwirtschaftlichkeit erarbeiten: 1 Sitzung; Schlussbesprechung, Abschluss eines
Berichts: 1 Sitzung) um Stellungnahme zur Einstellung der Arbeiten, die der PG übertragen wurden, gebeten.

Die Entscheidung des MIK, die PG aufzulösen, wurde von den PG-Mitgliedern im Wesentlichen unterstützt. Aus den
Stellungnahmen wurde jedoch auch deutlich, dass der Ansatz, einen möglichst medienbruchfreien Datenfluss zwi-
schen Vermessungsstelle und Katasterbehörde einzurichten, durchaus als richtig eingeschätzt wird. Zum heutigen
Zeitpunkt müsse jedoch anerkannt werden, dass noch zu viele technische Hürden bestehen, die erst mit Fortschreiten
der Entwicklung der Software abgebaut werden müssten.

Mit Erlass vom 19.06.2015 wurde die PG NAS-ERH(2) aufgelöst; dem Erlass wurde ein Vermerk zum Sachstand in der
PG beigefügt, der von Seiten des PG-Leiters angefertigt wurde und aus dem die Gründe für die Auflösung der PG detail-
liert hervorgehen. Am Ende des Vermerks wird klargestellt, dass von der Auflösung der PG lediglich die Schnittstelle
bei Liegenschaftsvermessungen betroffen ist und dass davon unabhängig der Einsatz der NAS-ERH(2) beim Aus-
tausch von Daten der ABK und bei der Übernahme von Flurbereinigungsverfahren zu sehen ist.

Von der in der Nachricht des PG-Leiters an alle Mitglieder der PG vom 26.06.2015 eröffneten Möglichkeit, ihre ab-
schließenden Stellungnahmen für einen Abschlussbericht abzugeben, wurde praktisch kein Gebrauch gemacht. Inso-
fern verzichtete das MIK auf einen speziellen Abschlussbericht, es hatte seine Auffassung ja bereits in dem o. g. Ver-
merk festgehalten.
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Das MIK wird das Ziel, einen medienbruchfreien Datenfluss in der Kommunikation zwischen Vermessungsstelle und
Katasterbehörde einzurichten, weiter verfolgen. Dies geschieht nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass im öffent-
lichen Dienst weiter Personal abgebaut werden wird. Das MIK ist daher überzeugt, dass mittelfristig Arbeitsabläufe
aufgebaut werden müssen, die in der Katasterbehörde mit weniger Personal auskommen. Medienbruchfreiheit er-
scheint dazu als eine lohnenswerte Möglichkeit. Konkrete Überlegungen zu diesem Thema werden jedoch erst per-
spektivisch wieder aufgenommen werden, wenn weiterentwickelte Software eine leichtere und preiswertere Umsetz-
barkeit erhoffen lässt. Pragmatisch sollte eine Evaluierung des PG-Ergebnisses nach Einführung der nächsten Genera-
tion der GeoInfoDok erfolgen.
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                                Aufsätze / Abhandlungen

Precise Point Positioning (PPP) im SAPOS
– Ein Blick in die Zukunft

Michaela Büdenbender, Enrico Kurtenbach

1   Einleitung                                            die eine zentimetergenaue Positionierung ermögli-
                                                          chen, verwenden. Die Vor- und Nachteile beider Reprä-
Derzeit basieren alle Dienste des amtlichen Satelliten-   sentationen sollen im Folgenden kurz erläutert werden.
positionierungsdienstes SAPOS auf dem Verfahren der
differentiellen GNSS-Positionierung. Dabei werden die     2.1   Korrekturdatenbereitstellung im Beobach-
verschiedenen GNSS-Fehler durch Differenzbildung                tungsraum (OSR)
zwischen den Beobachtungen des Rovers und der
Referenzstation(en) eliminiert. Man spricht deshalb       OSR-Korrekturen sind nur für einen bestimmten Zeit-
auch von der Modellierung im Beobachtungsraum             raum gültig. Zudem nimmt die Genauigkeit der OSR-
(OSR – Observation Space Representation), da die          Korrekturen ab, je weiter man sich von den Referenz-
Fehlerkorrekturen implizit in den Beobachtungen der       stationen entfernt. Ein großer Nachteil ist die steigen-
Referenzstation(en) enthalten sind.                       de Bandbreite, die benötigt wird, wenn in Zukunft im-
                                                          mer mehr Satellitensysteme, wie beispielsweise Gali-
In den letzten Jahren hat eine neue GNSS-                 leo, starten. Schließlich müssen die Korrekturwerte für
Positionierungstechnik Einzug in die geodätische Echt-    jede Beobachtung eines jeden Satelliten berechnet und
zeitpositionierung gehalten. Das Verfahren „Precise       übertragen werden. Das Konzept der Modellierung des
Point Positioning“ (PPP) basiert im Gegensatz zur         Beobachtungsraums basiert auf einer bidirektionalen
differentiellen Positionierung auf einer autonomen        Kommunikation. Der Nutzer muss der Rechenzentrale
Einzelpunktbestimmung des Rovers. Die verschiede-         zunächst seine Position aus der Codelösung zusenden,
nen GNSS-Fehler (im Wesentlichen Satellitenbahnfeh-       bevor die Zentrale auf dieser Basis Korrekturdaten
ler, Satellitenuhrfehler, Code- und Phasen-Biases,        berechnen und bereitstellen kann. Da man bei diesem
sowie ionosphärische und troposphärische Refrakti-        Konzept lediglich eine Interpolation der gesamten
onseinflüsse) müssen in diesem Fall explizit modelliert   Fehlereinflüsse vornimmt, lassen sich die einzelnen
werden. Man spricht deshalb von der Modellierung im       Effekte nicht auswerten. Für die Berechnung der OSR-
Zustandsraum (SSR – State Space Representation),          Korrekturen werden immer die Referenzstationen in
da im Prinzip der Signalweg vom Satelliten zum Rover      der Nähe des Nutzers verwendet. Ist nun eine dieser
modelliert wird und damit die oben beschriebenen          Referenzstationen beispielsweise von Mehrwegeffek-
Fehlereinflüsse direkt berücksichtigt werden. In PPP-     ten betroffen, so wirkt sich das auch auf die daraus
Postprocessing-Anwendungen können einige Feh-             berechneten Korrekturen aus. Das Konzept der Model-
lereinflüsse bei hinreichend langer Beobachtungsdauer     lierung des Beobachtungsraums (OSR) arbeitet im
bei der Positionsbestimmung mitgeschätzt werden. In       Bezugssystem der Referenzstationen, bei SAPOS also
einer PPP-Echtzeitanwendung hingegen müssen die           im ETRS89 [1].
Modellparameter der Fehlereinflüsse vorab dem Rover
übermittelt werden.                                       2.2   Korrekturdatenbereitstellung im Zustands-
                                                                raum (SSR)
2   Gründe für die Einführung von PPP
                                                          Eine Alternative ist das Konzept der Modellierung des
Sowohl die Repräsentation im OSR als auch im SSR          Zustandsraums. Dieses Konzept basiert auf einer ab-
lassen sich für die Übertragung von Korrekturdaten,       soluten Positionsbestimmung. Dabei soll die Gesamt-
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8                                                                                          :NÖV NRW 1/2016

heit aller einwirkenden Abweichungen präzise model-       Die Realisierung eines SAPOS PPP-Dienstes wird auch
liert werden. Hierfür werden Modelle verwendet oder       künftig dem Prinzip der Nutzung offener Standards
es werden zusätzliche Informationen aus Referenznet-      folgen. Diese befinden sich gegenwärtig noch im Ab-
zen abgeleitet, wofür grundsätzlich ein Referenzsta-      stimmungsprozess bei RTCM und erfordern auch noch
tionsnetz, also SAPOS, genutzt werden muss. Aus           fachlichen Entwicklungsaufwand. Kernpunkte sind die
diesen Informationen können Zustandsparameter             Standardisierung der Fehlermodelle und der Übertra-
geschätzt werden. Die Schwierigkeit liegt darin, die      gungsformate der Korrekturdaten.
Zustandsparameter mit einer sehr hohen Genauigkeit
zu bestimmen, da die Fehler der Bestimmung sich           Seit 2011 gibt es eine erste Stufe, die Bahn- und Uh-
unmittelbar die Genauigkeit der Positionsbestimmung       renkorrekturen bereitstellt, die eine dezimetergenaue
mit PPP auswirkt. Die Qualität der SSR-Korrekturen        Positionierung nach einer Einlaufzeit von mehreren
bestimmt das Maß der Genauigkeit der Positionsbe-         Minuten ermöglichen sollen. Weitere Ausbaustufen, die
stimmung und ist unmittelbar abhängig von den Zu-         noch nicht in RTCM verabschiedet sind, werden zu-
standsparametern. Im Gegensatz zur OSR-Methode            künftig eine zentimetergenaue Positionierung in unter
sind die Zustandsparameter der Satelliten vom kon-        einer Minute erlauben und damit einen gleichwertigen
zeptionellen Ansatz global gültig. Dabei sind die Zu-     Ersatz für die derzeit verwendeten OSR-Korrekturen
standsparameter der Ionosphäre und der Troposphäre        im SAPOS HEPS (Hochpräziser Echtzeitpositionie-
in einen globalen und einen lokalen Bereich aufgeteilt,   rungsdienst) darstellen.
wobei die Atmosphäre funktional oder in Gitterform
mit Hilfe der Parameter beschrieben wird. Die Band-       Zu guter Letzt muss der im Feld verwendete Rover die
breite ist abhängig von den zu übertragenden Zu-          ausgesendeten SSR-Korrekturen auch verarbeiten
standsparametern. Durch die Reduktion der Daten-          können. Hierzu gibt es derzeit auf dem Markt praktisch
menge und somit auch der Bandbreite, könnten die          kein Modell, was sicherlich auch an der noch nicht
SSR-Informationen auch über Satelliten oder Mobil-        abgeschlossenen Standardisierung liegt. Die Rover-
funk übertragen werden. Somit entstehen besonders         Hersteller werden sich angesichts der Vorteile, die sich
für Fachbereiche Vorteile, deren Arbeitsgebiet außer-     durch die Nutzung von SSR-Korrekturen ergeben,
halb des Referenznetzes liegt. Darunter fallen Bereiche   dieser Entwicklung aber nicht verschließen können.
wie die Schifffahrt oder der Luftverkehr. Die Modellie-
rung der Atmosphäre durch Zustandsparameter könn-         Mit einer Einführung von PPP in SAPOS ist daher nicht
te auch für die Meteorologie von Interesse sein. Das      vor dem Jahr 2020 zu rechnen.
Konzept der Modellierung des Zustandsraums basiert
auf dem Konzept einer unidirektionalen Kommunikati-       4   PPP-Tests im Rahmen einer Bachelorarbeit an
on. Die geringere Abhängigkeit von den einzelnen Refe-        der Universität Bonn
renzstationen ist vor allem dann ein großer Vorteil,
wenn eine Referenzstation beispielsweise von Mehr-        Um dennoch das Potential der PPP-Technik für den
wegeffekten betroffen ist. Aber auch die Robustheit       Echtzeitbetrieb aufzuzeigen, wurde im Rahmen einer
des Referenznetzes würde sich durch die Einführung        Bachelorarbeit an der Universität Bonn der Trimble
einer PPP-Lösung verbessern, falls eine oder mehrere      RTX-Dienst getestet. Dieser bietet als weltweit erster
Referenzstationen ausfallen. In diesem Fall könnte die    Dienst einen durchgängigen SSR-Dienst von der Ver-
PPP-Lösung als Ersatz dienen. Zusätzlich könnte man       netzungssoftware über die Bereitstellung der Korrek-
das zukünftige SAPOS-PPP dazu verwenden, die Refe-        turdaten zum Rover (dies allerdings in einem proprie-
renzstationen mit einer unabhängigen Methode zu           tären Datenformat außerhalb des RTCM) bis hin zur
überwachen und ggf. auch „auszudünnen“ [1].               Positionierung des Rovers mittels PPP-Technologie.

3   Einführungsvoraussetzungen                            Hierzu wurde von Trimble eine Lizenz für das Modul
                                                          CenterPoint RTX bereitgestellt und auf dem Empfän-
Der SAPOS-Dienst bedient sich seit seiner Einführung      ger Net R9 der Bezirksregierung Köln/Geobasis NRW
offener (RTCM-)Standards, die die Unabhängigkeit von      freigeschaltet. In den praktischen Untersuchungen
einzelnen Software- oder Geräteherstellern sicherstel-    sollten die Lösungen von dem herkömmlichen SAPOS-
len. Vor diesem Hintergrund kann SAPOS als Geoda-         Dienst HEPS und CenterPoint RTX miteinander vergli-
teninfrastrukturbeitrag des Geodätischen Raumbe-          chen werden. Für diese Untersuchungen wurden Mes-
zugs angesehen werden.                                    sungen im statischen und im kinematischen Zustand
                                                          durchgeführt.
:NÖV NRW 1/2016                                                                                                      9

4.1    Trimble RTX                                       Zunächst wurde mit SAPOS eine statische Referenz-
                                                         messung über etwa 1,5 Stunden durchgeführt und den
Trimble hat als erstes Unternehmen eine vollständige     anschließenden PPP-Messungen mit Trimble Center-
Lösung in Bezug auf PPP-Echtzeit-Anwendungen ent-        Point RTX verglichen. Die Ergebnisse sind in den Abbil-
wickelt. Diese Lösung ist unter dem Namen Trimble        dungen 2 und 3 dargestellt.
CenterPoint RTX bekannt [1]. Die Abkürzung RTX steht
für Real Time eXtended [4].

Das aktuelle Netzwerk von CenterPoint RTX umfasst
100 Stationen in 53 Ländern. Dabei werden die Emp-
fänger Net R5 und Net R9 eingesetzt. Die Kontrollzen-
tren befinden sich in München (Deutschland) und in
Ashburn (USA) [5].

Die Nutzer können diese PPP-Korrekturdaten per In-
ternet oder Satellit abrufen. Das Trimble CenterPoint    Abb. 2: Statische Messung - Einlaufzeit: Die Differenzen der
RTX System überträgt die Zustandsparameter an den        East-Richtung sind in rot dargestellt. Die Differenzen der
Rover, der mit Hilfe dieser Zustandsparameter seine      North-Richtung sind in grün dargestellt und die Differenzen
Position schätzen kann. Somit wird für die praktischen   der Up-Richtung sind in schwarz dargestellt. Die Einlaufzeit
Untersuchungen auch eine Internetverbindung benö-        wurde mit 555 Sekunden berechnet.
tigt. Erst danach ist eine Positionierung mit Trimble
CenterPoint RTX möglich [2].

4.2    Statische Untersuchung

Für die statischen Vergleichsmessungen wurden die
für GNSS-Pfeiler auf dem Dach des Instituts für Geo-
däsie und Geoinformation (IGG) in Bonn genutzt (siehe
Abbildung 1).

                                                         Abb. 3: Statische Messung - Verlauf: Die Differenzen der East-
                                                         Richtung sind in rot dargestellt. Die Differenzen der North-
                                                         Richtung sind in grün dargestellt und die Differenzen der Up-
                                                         Richtung sind in schwarz dargestellt. Die Standardabwei-
                                                         chung in East-Richtung liegt bei 3.5 cm. Die Standardabwei-
                                                         chung in North-Richtung liegt bei 1cm und die Standardab-
                                                         weichung in Up-Richtung liegt auch bei 3.5 cm

                                                         Bei einer Beobachtungsdauer von 1.5 Stunden können
                                                         mit Trimble CenterPoint RTX Standardabweichungen
                                                         im cm-Bereich erzielt werden.

                                                         4.3    Kinematische Untersuchung

                                                         Die kinematische Testfahrt wurde zwischen der Lehr-
                                                         und Forschungsstation in Klein Altendorf bei Bonn und
                                                         dem Institut für Geodäsie und Geoinformation der
                                                         Universität Bonn durchgeführt. Zu Beginn der Test-
                                                         fahrt wurde eine kurzzeitige statische Messung durch-
                                                         geführt. Danach wurde die Testfahrt auf dem freien
                                                         Feld und anschließend im Straßenverkehr fortgesetzt.
                                                         Die Internetverbindung wurde mit einem mobilen
                                                         UMTS-Router mit Internet-Stick hergestellt. Die Abbil-
                                                         dungen 4 und 5 zeigen den Messaufbau mit am Fahr-
Abb. 1: Statische Messung - Antenne                      zeug montierter Roverantenne und der zugehörigen
                                                         Ausrüstung im Fahrzeug.
10                                                                                               :NÖV NRW 1/2016

                        von Zeit [sec]    bis Zeit [sec]    Während der gesamten kinematischen Testfahrt wur-
       Statisch               1                610          de die Referenzmessung mit dem SAPOS-Dienst HEPS
     Kinematisch
                             611               1280         durchgeführt. Das Antennenkabel wurde dabei mit
        (Feld)
     Kinematisch                                            einem Antennensplitter jeweils zum Trimble-
                            1281               3035
       (Straße)                                             Empfänger mit CenterPoint RTX (PPP-Messung) und
                                                            zum Leica-Empfänger mit SAPOS-Verbindung (Refe-
                                                            renzmessung) geführt.

                                                            Sowohl für die SAPOS-Referenzmessung als auch für
                                                            PPP-CenterPoint RTX-Messung werden Koordinaten
                                                            bestimmt. Dabei wird zwischen der Fixed-Lösung und
                                                            der Float-Lösung unterschieden. Bei der Float-Lösung
                                                            werden keine Koordinaten ausgegeben und es entste-
                                                            hen Datenlücken. Letztere entstehen beispielsweise
                                                            bei der Durchfahrt durch einen Baumtunnel und auch
                                                            teilweise im Straßenverkehr (Abbildungen 6 und 7).

     Abb. 4: Kinematische Messung - Antenne: Die Ro-
     ver-Antenne wurde auf dem Dach des Kraftfahr-
     zeugs befestigt.

                                                            Abb. 6: Kinematische Messung - Qualität der SAPOS-Koordi-
                                                            naten: In Grün ist die Fixed-Lösung dargestellt. In Rot ist die
                                                            Float-Lösung dargestellt.

     Abb. 5: Kinematische Messung - Messaufbau: Auf
     diesem Bild ist der Messaufbau während der kine-
     matischen Testfahrt zu sehen. Die Geräte waren im
     Laderaum des Kraftfahrzeugs platziert und mitei-
     nander verbunden. Unten Links: Leica-Empfänger
     für die Referenz-Positionsbe-stimmung mit SAPOS.
     Unten Mitte: Trimble Net R9 Empfänger mit dem
     CenterPoint   RTX    Modul    für   die   Positions-
                                                            Abb. 7: Kinematische Messung - Qualität der RTX-
     bestimmung mittels PPP. Unten Rechts: Router mit
                                                            Koordinaten: In Grün ist die Fixed-Lösung dargestellt. In Rot
     Internet-Stick. Der Router ist mit einem Netzwerk-
                                                            ist die Float-Lösung dargestellt.
     kabel an den Empfänger Net R9 angeschlossen.
:NÖV NRW 1/2016                                                                                                      11

Die Beurteilung der Qualität der PPP-Messung erfolgt            ßen Lücken in diesem Bereich gut erkennbar. Hier
durch Differenzbildung zur SAPOS-Referenzlösung.                besteht noch weiterer Untersuchungsbedarf.
Für die Differenzbildung müssen zunächst die mit dem
Empfänger von Trimble gemessenen Koordinaten in                 5   Ausblick
global kartesische geozentrische Koordinaten trans-
formiert werden. Anschließend werden aus beiden                 Die Echtzeitpositionierung mit dem PPP-Verfahren ist
Zeitreihen jeweils die Koordinaten selektiert, die aus          eine wirkungsvolle Methode, um der mit zunehmender
einer Fixed-Lösung hervorgegangen sind. Bevor eine              Anzahl der Satellitensysteme steigenden Datenmenge
Differenzbildung vorgenommen wird, müssen die bei-              der RTK-Korrekturen Herr zu werden. Dies ist neben
den Zeitreihen zunächst mit Hilfe einer Kreuzkorrelati-         dem Vorteil der unidirektionalen Bereitstellung der
on übereinander gelegt werden. Dadurch wird gewähr-             Hauptgrund, warum die SAPOS-Betreiber die weitere
leistet, dass korrekte Differenzen aus der SAPOS-               Entwicklung intensiv begleiten. Hierzu hat der Arbeits-
Lösung und der RTX-Lösung berechnet werden.                     kreis Raumbezug (AK RB) der AdV bereits 2014 eine
                                                                Projektgruppe ins Leben gerufen. Diese Projektgruppe
Bei der kinematischen Messung auf dem Feld (violett)            arbeitet derzeit an der Implementierung einer
wurde ein Mittel der Differenzen in East-Richtung von           deutschlandweiten Testvernetzung, die an einem zent-
-42 cm, in North-Richtung von -46 cm und in Up-                 ralen Einwahlpunkt Korrekturdaten im SSR-Format in
Richtung von -18 cm erreicht, was lediglich für topo-           verschiedenen Ausbaustufen zur Verfügung stellen
graphische Aufgabenstellungen der Landesvermes-                 soll. Hiermit sind sowohl Hardware-Hersteller und
sung ausreichend ist.                                           Software-Entwickler als auch Nutzer in der Lage an
                                                                einem praxisnahen Beispiel die vorhandenen Techno-
                                                                logien zu testen und weiterzuentwickeln.

                                                                Literaturangaben

                                                                [1]: Albert: Fachtechnische Entwicklungen im SAPOS,
                                                                Abschlussbericht Vertiefungsprojekt im Fachbereich
                                                                43, Landesamt für Geoinformation und Landentwick-
                                                                lung Niedersachsen, Seite 3-18 und 35-46, 2012

                                                                [2] Chen/Allison: Trimble RTX, an innovative New
                                                                Approach for Network RTK, Trimble TerraSat GmbH,
                                                                Germany, Proc. ION GNSS 2011, Seiten 2214-2219

                                                                [3]: Ferguson:
                                                                http://www.ngs.noaa.gov/corbin/class_description/F
Abb. 8: Kinematische Messung - Verlauf: Die Differenzen der
                                                                erguson_RTCM_SC104_Status.ppt , 05.01.2015 - 18:45
East-Richtung sind in rot dargestellt. Die Differenzen der
                                                                Uhr
North-Richtung sind in blau dargestellt und die Differenzen
der Up-Richtung sind in schwarz dargestellt. Der violett mar-
                                                                [4]: Leonardo/Landau: RTX Positioning: The next
kierte Teil stellt die kinematische Messung auf dem Feld dar,
                                                                Generation of cm-accurate Real-Time GNSS Position-
während der hellblau markierte Teil die kinematische Mes-
                                                                ing, Trimble TerraSat GmbH, 2011
sung auf der Straße darstellt. Die durch die grünen Balken
markierte Zeitspanne stellt die Durchfahrt durch einen
                                                                [5]: Pagels: RTX in Pivot - Infrastructure User Confer-
Baumtunnel dar (keine Daten).
                                                                ence, Trimble, 2013

Im Gegensatz dazu lag bei der kinematischen Messung
                                                                                         B. Sc. Michaela Büdenbender
im Straßenverkehr (hellblau) das Mittel der Differen-
                                                                                       Dezernat 31.2 - Katasterwesen
zen in East-Richtung bei 40 m, in North-Richtung bei
                                                                                            Dr. Ing. Enrico Kurtenbach
117 m und in Up-Richtung bei 0.30 m. Der große Ge-
                                                                           Dezernat 71 - Datenstandards, Raumbezug
nauigkeitsverlust bei der kinematischen Untersuchung
                                                                                                 Bezirksregierung Köln
im Straßenverkehr lässt sich mit Signalabrissen und
                                                                                                     Zeughausstr. 2-10
der damit einhergehenden Neuinitialisierung sowie der
                                                                                                            50606 Köln
Abschirmung durch Bäume und Häuserfronten erklä-
                                                                        michaela.buedenbender@bezreg-koeln.nrw.de
ren. In Abbildung 8 ist diese Tatsache anhand der gro-
                                                                             enrico.kurtenbach@bezreg-koeln.nrw.de
12                                                                                         :NÖV NRW 1/2016

Die größten zulässigen Abweichungen bei Streckenvergleichen
gegenüber früheren Vermessungen im Land Lippe

Markus Rembold

1    Einleitung                                            2     Größte zulässige Abweichungen bei Strecken-
                                                                 vergleichen im Einzelnen
Bei einer Teilungs-, Grenz- oder Neuvermessung sind
die Grenzen dahingehend zu untersuchen, ob der örtli-      Nachfolgend werden die im lippischen Liegenschafts-
che Grenzverlauf mit dem Katasternachweis überein-         kataster bestehenden Regelungen zu den größten zu-
stimmt und wie Abweichungen zwischen örtlichem             lässigen Abweichungen d bei Streckenvergleichen
Grenzverlauf und Katasternachweis zu behandeln sind.       gegenüber früheren Vermessungen chronologisch auf
Liegt den zu untersuchenden Grenzen ein orthogonaler       der Grundlage der früher geltenden Vorschriften dar-
Katasternachweis zugrunde, ist die größte zulässige        gestellt.
Abweichung d einer gemessenen oder rechnerisch
ermittelten Strecke gegenüber ihrem Grundmaß, das          2.1    Preußischer Anweisungsentwurf von 1877
nach früheren Vorschriften ermittelt wurde, anhand
der bei der früheren Vermessung vorgegebenen Ge-           Maßgebende vermessungstechnische Vorschrift bei
nauigkeit zu beurteilen (Nr. 3.32 Abs. 2 Anlage 3 VPErl.   der Einrichtung des lippischen Urkatasters war der
1996).                                                     preußische „Entwurf einer Anweisung für das Verfah-
                                                           ren bei der Erneuerung der Karten und Bücher des
Die den vorgenannten größten zulässigen Abweichun-         Grundsteuerkatasters“. In einem Schreiben vom
gen d zugrunde liegenden Fehlerformeln wurden bei          06.11.1877, mit dem der preußische Finanzminister von
Rembold (2015) auf der Grundlage der preußischen           Camphausen den Steuerrat Kosack zu „seinem Kom-
und nordrhein-westfälischen Vorschriften eingehend         missar“ für die lippischen Katastrierungs- und Grund-
behandelt. Die im früheren Land Lippe (Fürstentum          steuerveranlagungsarbeiten ernannte, hieß es: „Insbe-
Lippe, 1789 – 1919; Freistaat Lippe, 1919 – 1947) be-      sondere ist der Ausführung der Vermessungsarbeiten
stehenden Regelungen wurden hierbei nicht berück-          der in 5 Exemplaren beigefügte Entwurf der Anweisung
sichtigt; dies soll im vorliegenden Aufsatz nachgeholt     für das Verfahren bei der Erneuerung der Karten und
werden.                                                    Bücher des preußischen Grundsteuerkatasters derge-
                                                           stalt unmittelbar zugrunde zu legen, dass es nur erfor-
Das lippische Urkataster ist in den Jahren 1874 bis        derlich wird, den ausführenden geodätischen Techni-
1883 entstanden (Heitland 1951, S. 19; Heitland 1965).     kern neben jenem Entwurf, welchem die definitive An-
Im Jahr 1874 wurde zwischen dem Königreich Preußen         weisung in einiger Zeit folgen wird, als Zusatzbestim-
und dem Fürstentum Lippe ein Staatsvertrag abge-           mungen zu demselben noch eine besondere Zusam-
schlossen, der die von preußischen Behörden und            menstellung zu übergeben, welche die aus dem Gesetz
Beamten unter Oberleitung des preußischen Finanz-          vom 12. September d. J. folgenden wenigen Abwei-
ministers auszuführende Grundsteuerveranlagung             chungen übersichtlich nachweist.“ (Landesarchiv
beinhaltete. Darin hatte sich die lippische Regierung      NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, L 75 IV Abt. 20 Nr.
den Erlass von Gesetzen und Verordnungen vorbehal-         3 Bd. II)
ten. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass das
lippische Urkataster gegenüber dem rheinisch-              Der vorgenannte Anweisungsentwurf von 1877 wies
westfälischen Grundsteuerkataster einen wesentlich         kein Datum aus. Nach Koll (1899, S. 78) wurde er je-
höheren Rechtsstandard aufwies. Im Gegensatz zu            doch mit einer Verfügung des preußischen Finanzmi-
Preußen war zum Beispiel die Vermarkung der Grund-         nisteriums vom 04.05.1877 herausgegeben. Der Ent-
stücksgrenzen gesetzlich geregelt (Vermarkungsge-          wurf basierte im Wesentlichen auf der für die Provin-
setze von 1879 und 1890). Das lippische Urkataster         zen Hannover, Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau
wurde daher noch im Jahr 1932 – anlässlich einer vom       geltenden Anweisung vom 07.05.1868 (zu den Unter-
Reichssparkommissar initiierten und vom Beirat für         schieden der beiden Anweisungen siehe Jordan/
das Vermessungswesen reichsweit durchgeführten             Steppes 1882, S. 218 f.). Die in dem Ernennungsschrei-
Datenerhebung – als einziges Kataster im deutschen         ben Kosacks benannten „Zusatzbestimmungen“ wur-
Reich als „nicht erneuerungsbedürftig“ angesehen           den vom preußischen Finanzminister mit Datum
(Suckow/Ellerhorst 1932, S. 162 f.).
:NÖV NRW 1/2016                                                                                                       13

vom 12.03.1878 als „Anweisung betreffend das Verfah-    Tafel 1). Aufgrund der Tatsache, dass die Strecken im
ren bei Herstellung der Karten und Bücher des Grund-    Regelfall auf Dezimeter gemessen wurden (§ 27 des
steuerkatasters für das Fürstenthum Lippe“ herausge-    Anweisungsentwurfs von 1877) waren die vorgenann-
geben; diese Anweisung enthält allerdings keine hier    ten d-Werte bei Ordinaten und kurzen Abszissendiffe-
interessierenden Regelungen.                            renzen nicht ausreichend. Aufgrund dieser praktischen
                                                        Erfahrungen wurde für die größten zulässigen Abwei-
Die nach dem Anweisungsentwurf von 1877 durchge-        chungen dLippe-Ur gegenüber den Messungen des lippi-
führten Vermessungen sind in Preußen und in Nord-       schen Urkatasters eine Fehlerformel angegeben, die
rhein-Westfalen als „einwandfreie Vermessungen“         gegenüber der Fortführungsanweisung II von
angesehen worden (Nr. 92 Anweisung II 1920, Nr. 55      1955/1964 um eine Konstante von 0,10 m ergänzt war
Fortführungsanweisung II 1955/1964). Darunter waren     (Kreis Lippe 1979; zu der Fehlerformel der Fortfüh-
unter Zustimmung der Beteiligten zustande gekom-        rungsanweisung II von 1955/1964 im Einzelnen: Rem-
mene und durch Sicherungsmaße geprüfte Vermes-          bold 2015, S. 8 und 12 f.):
sungen zu verstehen. Da der Anweisungsentwurf von
1877 nur Regelungen zur Versicherung von Messungs-                                              (               )
                                                            dLippe−Ur = d1955 / 1964 + 0,10 = 1,5 ⋅ a s + bs + c + 0,10
linien (§ 94), aber keine Regelungen zur Versicherung
                                                                   a, b, c = const., s = gemessene Strecke
von Grenzpunkten (zum Beispiel durch das Messen der
Steinbreiten) enthielt, können die nach dem Anwei-
                                                        In Abhängigkeit von den Geländeverhältnissen ergeben
sungsentwurf von 1877 durchgeführten Vermessungen
                                                        sich mit den Koeffizienten a, b und c aus der Tafel 1 der
nach Auffassung des Autors nicht von vornherein als
                                                        Fortführungsanweisung II von 1955/1964 somit die
einwandfreie Vermessungen klassifiziert werden. Die
                                                        folgenden Fehlerformeln:
Zustimmung der Beteiligten (Anerkennung) war hinge-
gen insbesondere durch die Regelungen des lippischen
Vermarkungsgesetzes vom 20.02.1879 rechtlich um-
                                                        :     Klasse I (günstige Verhältnisse):

fangreich ausgestaltet (Rembold 2012, S. 131 ff.).                            (                             )
                                                              dLippe−Ur = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,008 s + 0,0003 s + 0,10

Die im Anweisungsentwurf von 1877 (§§ 115, 209) an-
gegebenen Fehlergrenzen bezogen sich auf die Unter-
                                                        :     Klasse II (mittlere Verhältnisse):

schiede der Vermessungsergebnisse zu den aus der                              (                             )
                                                              dLippe−Ur = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,010 s + 0,0004 s + 0,10
Karte abgegriffenen Maßen oder zu den aus Koordina-
ten berechneten Maßen beziehungsweise zu den bei
der Prüfung der Vermessung (Revision) erhaltenen
                                                        :     Klasse III (ungünstige Verhältnisse):

Maßen. Zugrunde gelegt wurde ein lineares Fehlerge-                           (                             )
                                                              dLippe−Ur = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,012 s + 0,0005 s + 0,10
setz (Rembold 2015, S. 7 und 9) der Form

                                                        Die vorgenannten Fehlerformeln entsprechen im Übri-
      f = bs, b = const., s = gemessene Strecke
                                                        gen numerisch recht gut denjenigen größten zulässi-
                                                        gen Abweichungen, die von der Weiden für die hanno-
mit den Koeffizienten b = 2/1000 (gewöhnliche Ver-
                                                        verschen Grundsteuermessungen (1868 – 1875) abge-
hältnisse) und b = 3/1000 (ungewöhnliche Verhältnis-
                                                        leitet hat (von der Weiden 1957, S. 8 ff.). Aufgrund der
se). Dies entsprach den Regelungen für Revisionsver-
                                                        hohen vermessungstechnischen Qualität der lippi-
messungen in den lippischen Feldmesser-Reglements
                                                        schen Urvermessung ist in der – bei von der Weiden
von 1875 (§§ 17, 20) und 1883 (§§ 24, 27).
                                                        (1957, S. 19) – angegebenen Fehlerformel d = 2/1000s
                                                        + 0,40 der konstante Anteil auf 0,30 m zu verringern
Für die größten zulässigen Abweichungen dLippe-Ur ge-
                                                        (vgl. für Niedersachsen: LiegVermErlass, Anlage 3 Nr.
genüber den Messungen des lippischen Urkatasters
                                                        3.1). Dann ergibt sich eine Übereinstimmung von
lässt sich eine – nachfolgend näher beschriebene –
Fehlerformel angeben, die sich nicht auf den Anwei-
                                                                     dLippe-Ur – (2/1000s + 0,30) < 0,10 m
sungsentwurf von 1877 stützt, sondern auf praktischen
Erfahrungen beruht. Nach einer Büroverfügung des
                                                        für mittlere Verhältnisse und Strecken s < 80 m.
Katasteramtes des Kreises Lippe (Kreis Lippe 1979)
lagen die größten zulässigen Abweichungen dLippe-Ur
                                                        Es sei noch angemerkt, dass für die These, die preußi-
gegenüber den Messungen des lippischen Urkatasters
                                                        schen Anweisungen VIII und IX von 1881 seien auch bei
normalerweise innerhalb der d-Werte der Fortfüh-
rungsanweisung II von 1955/1964 (Nr. 70 Abs. 3,
14                                                                                         :NÖV NRW 1/2016

der Einrichtung des lippischen Urkatasters zur Anwen-      weisung zur Ausführung des Gesetzes vom
dung gekommen (Harbeck, S. 17; Kirchhoff, S. 7), in        27.02.1890, die Sicherung und Erhaltung der vorhan-
den gesichteten Rechtsquellen und Archivalien keine        denen Grenzvermarkung und die Versteinung neuer
Stütze zu finden ist. Auch die umfangreiche, leider        Grenzen betreffend, vom 17.07.1890“ enthielt keine
unvollendete Darstellung des lippischen Katasters von      Regelungen zu größten zulässigen Abweichungen; in
Heitland (1965) liefert hierfür keinerlei Anhaltspunkte.   § 10 wurde lediglich ausgeführt, dass „die zu erneuern-
                                                           den einzelnen Grenzpunkte, soweit thunlich, nach den
2.2   Lippische Anweisungen von 1882                       Original-Maßen der früheren Vermessung wieder auf-
                                                           zusuchen“ waren.
Mit Datum vom 21.11.1882 erließ die fürstliche Regie-
rung in Detmold als Verfahrensvorschriften die „(I.)       Die auf der Grundlage der lippischen Anweisung II von
Anweisung für das Verfahren bei der Fortschreibung         1882 erfolgten Fortführungsvermessungen werden im
der Grundsteuerbücher und Karten im Fürstenthum            Vergleich zu den dem lippischen Urkataster zugrunde
Lippe“ sowie die „(II.) Anweisung für das Verfahren bei    liegenden Vermessungen (Abschnitt 2.1) als qualitativ
den Vermessungen behufs der Fortschreibung der             schlechter angesehen, da häufig der Umfang der
Grundsteuerbücher und Karten im Fürstenthum Lip-           Grenzuntersuchung nicht ausreichend war und die
pe“. Beide Anweisungen orientierten sich inhaltlich an     Vermessungen nicht an die Messungslinien des Urka-
den 1877 für die beiden westlichen preußischen Pro-        tasters angeschlossen worden sind (Kreis Lippe 2015).
vinzen ergangenen Anweisungen I und II, gingen aber        Für die größten zulässigen Abweichungen d gegenüber
bezüglich der Messungsverhandlungen (§ 24 der lippi-       den Messungen der lippischen Anweisung II von 1882
schen Anweisung II von 1882) weit darüber hinaus           können die in Abschnitt 2.1 angegebenen Fehlerfor-
(Rembold 2012, S. 133 f.).                                 meln dLippe-Ur als erster Anhaltspunkt dienen. Weiteres
                                                           muss einer Einzelfallentscheidung vorbehalten bleiben.
Die Grenzen, die nach der vorgenannten lippischen
Anweisung II von 1882 vermessen worden sind, gelten        2.3   Preußische Anweisungen
als festgestellt (§ 16 Abs. 5 DVOzVermKatG NRW,
Nr. 5.34 Abs. 2 FortfVErl.). Die Berechtigung zu dieser    Mit Ausnahme des in Abschnitt 2.1 behandelten preu-
Klassifizierung muss angezweifelt werden, da die Auf-      ßischen Anweisungsentwurfs von 1877 haben preußi-
messung nach dem Wortlaut der vorgenannten Anwei-          sche Katasteranweisungen in Lippe zunächst nicht
sung nicht zuverlässig erfolgte. Die lippische Anwei-      gegolten. Dies geht aus einem Schreiben der lippi-
sung II von 1882 enthielt in § 14 nur Regelungen zur       schen Katasterinspektion vom 11.08.1939 an die Ver-
Versicherung von Messungslinien; Pythagoras-Proben         messungsämter Detmold, Lemgo, Bad Salzuflen und
für aufgewinkelte Grenzpunkte waren erst ab Ordina-        Blomberg hervor: „Anliegend übersenden wir einen
tenlängen von 20 m vorgeschrieben, Steinbreiten wur-       Abdruck der Preuß. Anweisung II in der Fassung vom
den nicht gemessen (§ 14 Nr. 3, § 16 Nr. 3a). „Wirksa-     01.03.1939. Wenn die Anweisung auch infolge der an-
me Sicherungsmaße“ sind in Lippe erst mit einer Ver-       deren lippischen Verhältnisse nicht ohne weiteres
fügung der lippischen Katasterinspektion vom               übernommen werden kann, so ist sie jedoch soweit wie
25.08.1926 eingeführt worden, allerdings ohne größte       möglich bei der örtlichen u. häuslichen Bearbeitung der
zulässige Abweichungen für Streckenvergleiche inner-       Forschreibungsmessungen zur Richtschnur zu neh-
halb derselben Vermessung zu benennen (Landesar-           men.“ (Landesarchiv NRW, Abteilung Ostwestfalen-
chiv NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, L 101 A III        Lippe, L 101 A III Nr. 4)
Nr. 4). Ab diesem Zeitpunkt entsprachen die lippischen
Regelungen bezüglich der Zuverlässigkeit der Aufmes-       Die Vorgehensweise, Katasteranweisungen zur Richt-
sung im Wesentlichen den Regelungen der preußi-            schnur zu nehmen (ohne sie rechtsverbindlich einzu-
schen Anweisung II von 1896.                               führen), war nicht ungewöhnlich (so zum Beispiel für
                                                           die Insel Helgoland, Nr. 257 der Anweisung II von
Bei den Regelungen bezüglich der Abweichungen zwi-         1920/1939). Selbst in den Hohenzollernschen Landen,
schen örtlichem Grenzverlauf und den im Kataster           in denen die Anwendung der preußischen Anweisung II
dargestellten Grenzen (§ 12 der lippischen Anweisung       ausdrücklich ausgeschlossen war (§ 56 der Anweisung
II von 1882) wurden keine größten zulässigen Abwei-        II von 1896, Nr. 257 der Anweisung II von 1920/1939),
chungen d angegeben. Fehlergrenzen finden sich ledig-      wurde danach verfahren (Strobel 1992, S. 49; Bogen-
lich bei Koordinatenberechnungen (infolge einer nur        schütz/Schindele 2013, S. 69).
ausnahmsweise zugelassenen Winkelmessung) und
bei Flächenberechnungen (§ 14 Nr. 4, § 36 Nrn. 7 und 9     Mit dem Gesetz über die Bildung von Hauptvermes-
der lippischen Anweisung II von 1882). Auch die „An-       sungsabteilungen vom 18.03.1938 wurden im Reichs-
:NÖV NRW 1/2016                                                                                                   15

gebiet überwiegend bei den Regierungspräsidenten           Wie in Abschnitt 2.2 ausgeführt wurde, sind wirksame
vierzehn Hauptvermessungsabteilungen gebildet, wo-         Sicherungsmaße erst im Jahr 1926 im Land Lippe ein-
mit zunächst eine Organisationsvereinheitlichung für       geführt worden. Aufgrund identischer zuverlässiger
die Landesvermessung, ab 1944 auch für das Liegen-         Messmethoden für diesen Zeitraum in Preußen und
schaftskataster erzielt wurde. Die beim Regierungs-        Lippe (Linien-/Einbindeverfahren; Orthogonalverfah-
präsidenten Münster gebildete Hauptvermessungsab-          ren) bestehen keine Bedenken, die oben angegebenen
teilung IX war zuständig für das Land Lippe, die Provinz   Fehlerformeln auch für zuverlässige Vermessungen
Westfalen und den Regierungsbezirk Osnabrück. Mit          anzuwenden, die im Land Lippe ab 1926 ausgeführt
Datum vom 03.12.1946 erging von der Hauptvermes-           wurden.
sungsabteilung IX in Münster an ihre Nebenstelle in
Detmold eine Verfügung, nach der mit Wirkung vom           3   Ergebnis
01.01.1947 Fortführungs- und Neuvermessungen im
Land Lippe nunmehr nach preußischen Katasteranwei-         Im vorliegenden Aufsatz wurde der Versuch unter-
sungen ausgeführt werden mussten (Landesarchiv             nommen, Fehlerformeln für die größten zulässigen
NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, L 101 A III Nr. 4).     Abweichungen d für Streckenvergleiche gegenüber
Die lippischen Vorschriften – insbesondere das Ver-        Vermessungen im früheren Land Lippe aus den dort
markungsgesetz vom 27.02.1890 und die dazu ergan-          gültigen Vorschriften abzuleiten.
gene Ausführungsanweisung vom 17.07.1890 – galten
jedoch (mit Vorrang) weiter. Im Einzelnen wurden in        Für den Zeitraum von 1926 (Einführung zuverlässiger
der vorgenannten Verfügung folgende preußische             Aufmessungen; Abschnitt 2.2) bis 1947 (Eingliederung
Vorschriften benannt, die nunmehr im Land Lippe gül-       des Landes Lippe in das Land Nordrhein-Westfalen;
tig waren:                                                 Abschnitt 2.3) kann auf die in Abschnitt 2.3 angegebe-
                                                           nen Fehlerformeln zurückgegriffen werden.
:   Anweisungen VIII und IX von 1881
                                                           Für Vermessungen des lippischen Urkatasters (auf der
:   Geschäftsanweisung X von 1913                          Grundlage des preußischen Anweisungsentwurfs von
                                                           1877) und die im Anschluss daran ausgeführten Fort-
:   Anweisung II von 1920                                  führungsvermessungen (auf der Grundlage der lippi-
                                                           schen Anweisung II von 1882) lassen sich Fehlerfor-
:   Ergänzungsbestimmungen von 1931                        meln dLippe-Ur angeben, die auf praktischen Erfahrungen
                                                           beruhen und sich an die Regelungen der Fortführungs-
:   Anweisung XI von 1932                                  anweisung II von 1955/1964 anlehnen (Abschnitte 2.1
                                                           und 2.2). Da es sich hierbei um ein rein vermessungs-
Für Vermessungen, die ab 1939 (preußische Kataster-        technisches Kriterium handelt, sollten nach Auffas-
anweisungen als Richtschnur) beziehungsweise ab            sung des Autors die Fehlerformeln dLippe-Ur unabhängig
1947 (verbindliche Einführung preußischer Kataster-        von der katasterrechtlichen Qualifizierung der Grenze
anweisungen) im Land Lippe ausgeführt wurden, gel-         (nicht festgestellt, als festgestellt geltend) angewendet
ten somit folgende, mit der Fortführungsanweisung II       werden. Die auf dem preußischen Anweisungsentwurf
von 1955 eingeführte Fehlerformeln für die größten         von 1877 und der lippischen Anweisung II von 1882
zulässigen Abweichungen bei Streckenvergleichen            basierenden Vermessungen sind nach dem Wortlaut
(Nr. 70 und Tafel 1 Fortführungsanweisung II 1955; im      der Vorschriften für sich genommen als nicht festge-
Einzelnen: Rembold 2015, S. 12 f.):                        stellte Grenzen anzusehen (Abschnitte 2.1 und 2.2).
                                                           Die Ergebnisse der Grenzermittlungen sind zwar aner-
:   Klasse I (günstige Verhältnisse):                      kannt worden, die Aufmessung erfolgte jedoch nicht
                                                           zuverlässig (vgl. § 19 Abs. 1 VermKatG NRW,
                   (
          d = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,008 s + 0,0003 s       )      § 16 Abs. 5 DVOzVermKatG NRW). Eine als festgestellt
                                                           geltende Grenze kann sich höchstens daraus ergeben,
:   Klasse II (mittlere Verhältnisse):                     dass bei unverändertem örtlichem Grenzverlauf die
                                                           Grenze zweimal zu verschiedenen Zeiten (beim ersten
                   (
          d = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,010 s + 0,0004 s   )          Mal jedoch unzuverlässig) aufgemessen wurde und die
                                                           vorgefundene Abmarkung bei der zweiten Vermessung
:   Klasse III (ungünstige Verhältnisse):                  als Bestätigung der ersten Vermessung angesehen
                                                           wird.
                   (
          d = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,012 s + 0,0005 s   )
16                                                                                        :NÖV NRW 1/2016

Literaturangaben                                           Suckow, Friedrich / Ellerhorst, Johannes:: Überblick
                                                           über das deutsche Vermessungswesen, Liebenwerda
Bogenschütz, Otto / Schindele, Friedemann:: Zur            1932
Entstehung des Katasters im Gebiet des ehemaligen
preußischen Regierungsbezirks Sigmaringen, Mittei-         von der Weiden, Adam: Wirtschaftliche Neugestal-
lungen des DVW, Landesverein Baden-Württemberg,            tung des Katasters (Diss.), Hannover 1957
1/2013, S. 64
                                                           Rechtsquellen
Harbeck, Rolf:: Das lippische Kataster, seine Entste-
hung und seine Besonderheiten, o. O. u. J. (Kopie in:      (Anmerkungen: Die Rechtsquellen sind in chronologi-
Landesarchiv NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe,            scher Reihenfolge angegeben. Die „Gesetzsammlung
D 72 Heitland Nr. 89)                                      für das Fürstenthum Lippe“ ist nachfolgend mit „L.V.“
                                                           abgekürzt. Bei den preußischen Katasteranweisungen
Heitland, Fritz: Grenzausgleiche und andere geringfü-      ist stets die Erstausgabe benannt.)
gige Veränderungen an Eigentumsgrenzen unter Ver-
wendung der Nummerierung von sogenannten Ab-               Anweisung für das Verfahren bei den Vermessungsar-
splißflurstücken im ehemaligen lippischen Kataster,        beiten zur Vorbereitung der Ausführung des Gesetzes
VDV Zeitschrift der Vermessungstechnik 1951, S. 19         vom 21.05.1861, betreffend die anderweitige Regelung
                                                           der Grundsteuer in den Provinzen Schleswig-Holstein,
Heitland, Fritz: Die Entstehung des Lippischen Grund-      Hannover und Hessen, vom 07.05.1868 (Berlin 1868)
steuerkatasters von 1883, Detmold 1965 (handge-
schriebenes Manuskript in: Landesarchiv NRW, Abtei-        Bekanntmachung, den Vertrag zwischen Preußen und
lung Ostwestfalen-Lippe, D 72 Heitland Nr. 63)             Lippe, wegen Bewirkung der Ausführung einer neuen
                                                           Grundsteuer-Veranlagung im Fürstenthum Lippe
Jordan, Wilhelm / Steppes, Karl: Das deutsche Ver-         durch Königlich Preußische Behörden und Beamte
messungswesen – Historisch-kritische Darstellung,          betreffend, vom 03.06.1874 (L.V. S. 271)
Band 2 (Steppes, Karl: Das Vermessungswesen im
Dienste der Staatsverwaltung), Stuttgart 1882              Verordnung über die Prüfung der Feldmesser und
                                                           über die Ausübung der Feldmeßkunst vom 06.07.1875
Kirchhoff, Jürgen: Die Geschichte des lippischen Ka-       (L.V. S. 399)
tasters bis zur Auflösung des Landes Lippe, o. O. u. J.
                                                           Entwurf einer Anweisung für das Verfahren bei der
Koll, Otto: Zum fünfzigjährigen Dienstjubiläum von         Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuer-
Friedrich Gustav Gauss, ZfV 1899, S. 65                    katasters (Berlin 1877)

Kreis Lippe:: Büroverfügung vom 05.03.1979 (62/L)          (I.) Anweisung vom 31.03.1877 für das Verfahren bei
betreffend „Meßungenauigkeiten Nr. 70 (4) Anw. II“         der Fortschreibung der Grundsteuerbücher und Karten
                                                           in der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz (Berlin
Kreis Lippe: Persönliche Mitteilung, 2015                  1877)

Rembold, Markus: Die Anerkennung und Feststellung          (II.) Anweisung vom 31.03.1877 für das Verfahren bei
von Grundstücksgrenzen – Ein Beitrag zur Entwicklung       den Vermessungen behufs der Fortschreibung der
des Liegenschaftskatasters im Lande Nordrhein-             Grundsteuerbücher und Karten in der Provinz Westfa-
Westfalen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft          len und der Rheinprovinz (Berlin 1877)
(Diss.), Bonn 2012
                                                           Anweisung vom 12.03.1878 betreffend das Verfahren
Rembold, Markus: Die größten zulässigen Abwei-             bei Herstellung der Karten und Bücher des Grundsteu-
chungen bei Streckenvergleichen gegenüber früheren         erkatasters für das Fürstenthum Lippe (Landesarchiv
Vermessungen, NÖV 1/2015, S. 5                             NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, L 75 IV Abt. 20
                                                           Nr. 3 Bd. II)
Strobel, Erich: Vermessungsrecht            für   Baden-
Württemberg, Stuttgart 1992                                Gesetz, die Vermarkung der Bezirksgrenzen und der
                                                           Grenze der Eigenthumsstücke bei der Landesvermes-
                                                           sung betreffend vom 20.02.1879 (L.V. S. 545)
:NÖV NRW 1/2016                                                                                                 17

(VIII.) Anweisung vom 25.10.1881 für das Verfahren bei   Gesetz über die Bildung von Hauptvermessungsabtei-
Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuer-        lungen vom 18.03.1938 (RGBl. I S. 277)
katasters (Berlin 1881)
                                                         (II.) Anweisung vom 17.06.1920 für das Verfahren bei
(IX.) Anweisung vom 25.10.1881 für die trigonometri-     den Fortschreibungsvermessungen in der Fassung
schen und polygonometrischen Arbeiten bei Erneue-        vom 01.03.1939 (Berlin 1939)
rung der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters
(Berlin 1881)                                            Anweisung für das Verfahren bei den Fortführungs-
                                                         vermessungen in Nordrhein-Westfalen vom 01.07.1955
(X.) Anweisung vom 25.10.1881, betreffend die Einrich-   (Fortführungsanweisung II), RdErl. d. IM. v. 15.12.1955
tung des Vermessungswesens bei Ausführung der            (I D 2/23 - 81.10, MBl. NW. S. 2193)
Arbeiten behufs Erneuerung der Karten und Bücher
des Grundsteuerkatasters (Berlin 1881)                   Anweisung für das Verfahren bei den Fortführungs-
                                                         vermessungen in Nordrhein-Westfalen vom 01.07.1955
(I.) Anweisung vom 21.11.1882 für das Verfahren bei      in der Fassung vom 01.07.1964 (Fortführungsanwei-
der Fortschreibung der Grundsteuerbücher und Karten      sung II), RdErl. d. MLWöA. v. 01.07.1964 (Z C 2 - 8110,
im Fürstenthum Lippe (Detmold 1882)                      MBl. NW. S. 1125)

(II.) Anweisung vom 21.11.1882 für das Verfahren bei     Die Bestimmung von Vermessungspunkten der Lan-
den Vermessungen behufs der Fortschreibung der           desvermessung in Nordrhein-Westfalen (Vermes-
Grundsteuerbücher und Karten im Fürstenthum Lippe        sungspunkterlass – VPErl.), RdErl. d. IM. v. 12.01.1996
(Detmold 1882)                                           (Kopferlass in SMBl. NRW. 71341)

Reglement über die Prüfung der Feldmesser und die        Das Verfahren bei den Fortführungsvermessungen in
Ausübung der Feldmesskunst vom 18.10.1883 (L.V.          Nordrhein-Westfalen (Fortführungsvermessungserlass
S. 109)                                                  – FortfVErl.), RdErl. d. IM. v. 23.03.2000 (Kopferlass in
                                                         SMBl. NRW. 71342)
Gesetz, die Sicherung und Erhaltung der vorhandenen
Grenzvermarkung und die Versteinung neuer Grenzen        Gesetz über die Landesvermessung und das Liegen-
betreffend, vom 27.02.1890 (L.V. S. 279, Berichtigung    schaftskataster (Vermessungs- und Katastergesetz –
S. 299)                                                  VermKatG NRW) vom 01.03.2005 (GV. NRW. S. 174),
                                                         zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom
Anweisung zur Ausführung des Gesetzes vom                01.04.2014 (GV. NRW. S. 256)
27.02.1890, die Sicherung und Erhaltung der vorhan-
denen Grenzvermarkung und die Versteinung neuer          Verwaltungsvorschrift zu Liegenschaftsvermessungen
Grenzen betreffend, vom 17.07.1890 (L.V. S. 299)         (LiegVermErlass), RdErl. d. nds. MI v. 03.08.2005 (34-
                                                         23410/100, VORIS 21160) [Der Erlass ist mit Ablauf
(II.) Anweisung vom 21.02.1896 für das Verfahren bei     des 31.12.2012 außer Kraft getreten, wird aber weiter-
den Vermessungen zur Fortschreibung der Grund-           hin angewendet; siehe Gomille, Niedersächsisches
steuerbücher und Karten (Berlin 1896)                    Vermessungsgesetz, Wiesbaden 2014, S. 178.]

(X). Geschäftsanweisung für die mit der Erneuerung       Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die
der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters be-       Landesvermessung und das Liegenschaftskataster
auftragten Dienststellen vom 23.06.1913 (Berlin 1913)    (DVOzVermKatG NRW) vom 25.10.2006 (GV. NRW.
                                                         S. 462), zuletzt geändert durch Verordnung vom
(II.) Anweisung vom 17.06.1920 für das Verfahren bei     23.07.2015 (GV. NRW. S. 551)
den Fortschreibungsvermessungen (Berlin 1920)

Ergänzungsbestimmungen I. Teil vom 01.06.1931 zu
den Anweisungen VIII, IX und X für das Verfahren bei                                 Dr.-Ing. Markus Rembold
den Katasterneumessungen (Berlin 1931)                                                     Ennepe-Ruhr-Kreis,
                                                                                Vermessungs- und Katasteramt
(XI.) Anweisung vom 11.03.1932 für die Umformung                                               Hauptstraße 92
geographischer, sphäroidischer und konformer Koor-                                            58332 Schwelm
dinaten (Berlin 1932)                                                                 m.rembold@en-kreis.de
18                                                                                                      :NÖV NRW 1/2016

Über die Entstehung des Höhenfestpunktfeldes in der Landes-
hauptstadt Düsseldorf

Eberhard Ziem

Der Anlass zur Anlage des (kommunalen) Höhenfest-                   (Abbildungen 1 und 2, blaue Markierung). Die den Bau
punktfeldes in Düsseldorf war der Bau des ersten Ka-                ausführende englische Firma Lindlay erhielt den Auf-
nals 1873-75. Er führte ausgehend von der Jacobistra-               trag, hierfür ein Nivellement durchzuführen. Die Firma
ße über die Oststraße - Bahnstraße - Königs-                        Lindlay hatte sich bereits bei ähnlichen Aufträgen in
allee - Elberfelder Straße – Alleestr. (heute: Heinrich-            Hamburg (1845) und Frankfurt/M. (1866) einen Na-
Heine-Allee) - Schützeninsel (heute: südlich der Rhein-             men gemacht.
terrasse am Joseph-Beuys-Ufer) in den Rhein

                    Abb. 1: Kanalisationsplan von 1889 auf Grundlage des Plans der Stadt Düsseldorf von 1880 - Ausschnitt -
                    Quelle: Vermessungs- und Katasteramt der Landeshauptstadt Düsseldorf

                              Abb. 2: Luftbild der Landeshauptstadt Düsseldorf 2015 - Ausschnitt
                              Quelle: Vermessungs- und Katasteramt der Landeshauptstadt Düsseldorf
:NÖV NRW 1/2016                                                                                                   19

Die vereideten Landmesser Kremer und Halstenberg          1871 wurden die Höhenangaben nicht mehr in Fuß und
führten die geodätischen Nivellementsarbeiten für die     Zoll sondern in Meter angegeben.
Firma Lindlay aus. Vermutlich setzten sie ein Nivellier
der Firma F. W. Breithaupt & Sohn GmbH & Co. KG,
Kassel, ein. Näheres ist über das Nivellier und dessen
Genauigkeit nicht überliefert. Bezugshöhe war der
damalige Ortshorizont, der Düsseldorfer Pegel (D.P.).
Als Höhenmarken wurden von der Firma Lindlay runde
Schilder aus Gusseisen an Häusern und an Eichenpfäh-
len angebracht. Ein horizontaler Steg in der Mitte des
Schildes repräsentierte die Höhe, im oberen Halbkreis
war das Stadtwappen mit dem Schriftzug HÖHE ange-
geben, im unteren Teil die Höhe in Metern über dem
Düsseldorfer Ortshorizont (Abbildung 3).

                                                           Abb. 4: Gebäude des Alten Zolltors um 1890
                                                           Quelle: Stadtarchiv der Landeshauptstadt Düsseldorf,
                                                           Signatur: 235-350-003

    Abb. 3: Historisches Höhenschild am Gebäude
                                                          Aus den städtischen Akten ist erkennbar, dass die
    Ulmenstr. 86, 40476 Düsseldorf
                                                          Höhenangaben sich über die Jahrzehnte immer wieder
    Quelle: Vermessungs- und Katasteramt der Landes-
                                                          aufgrund von Beschädigungen der Pegelmarkierungen,
    hauptstadt Düsseldorf
                                                          u. a. durch Hochwässer des Rheins, im Dezimeterbe-
                                                          reich änderten.
Sieben dieser historischen Höhenschilder sind heute
noch im Stadtgebiet vorhanden, sie stehen seit 1995
unter Denkmalschutz.

Eine derartige Höhentafel wurde auch an dem damali-
gen Gebäude des alten Zolltors montiert und mit dem
Rheinpegel in Verbindung gebracht (Abbildung 4).

Seit etwa 1766, gesichert seit 1817, befand sich in un-
mittelbarem Umfeld dieses Bauwerks am damaligen
Rheinufer im Bereich der Schiffbrücke (Abbildung 5)
eine einfache Einrichtung zur Erfassung des Rheinwas-
serstandes. In der Regel bestanden damals die Pegel-
messeinrichtungen aus einer eisernen Stange, die in
die Quadermauern der Uferbefestigung eingelassen
wurde und deren Fußpunkt den jeweils niedrigsten           Abb. 5: Rheinufer mit Altem Zolltor und Schiffsbrücke um
bekannten Wasserstand des Rheins an dieser Stelle          1880
repräsentierte. Auch eingemeißelte Markierungen und        Quelle: Stadtarchiv der Landeshauptstadt Düsseldorf,
eine Kennzeichnung mit Ölfarbe an Mauern der an-           Signatur: 033-100-047
grenzenden Gebäude waren gebräuchlich. Schon ab
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