NÖV Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Ausgabe 1/2016
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NÖV Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Ausgabe 1/2016 www.mik.nrw.de
NÖV Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Ausgabe 1 / 2016 www.mik.nrw.de
Inhalt Vorwort Aufsätze / Abhandlungen Precise-Point-Positioning (PPP) im SAPOS - Ein Blick in die Zukunft 7 Michaela Büdenbender, Enrico Kurtenbach Die größten zulässigen Abweichungen bei Streckenvergleichen gegenüber früheren Vermessungen im Land Lippe 12 Markus Rembold Über die Entstehung des Höhenfestpunktfeldes in der Landeshaupt- stadt Düsseldorf 18 Eberhard Ziem Informationsveranstaltungen „Geodateninfrastruktur“ in den nordrhein-westfälischen Ministerien 25 Reimar Hänel Aufbau eines einheitlichen Gewässernetzes für Nordrhein-Westfalen unter Berücksichtigung der INSPIRE-Anforderungen 28 Ulrich Düren, Stefan Sandmann ABK/Vertikale Integration in NRW: Ein perspektivischer Ausblick 33 Stefan Ostrau, Markus Schräder Neue INSPIRE-Handlungsempfehlung für die Kommunen in NRW 42 Stefan Sander, Holger Wanzke Nachwuchsgewinnung Umfragen der Zuständigen Stellen zur Verordnung über die Berufs- ausbildung in der Geoinformationstechnologie 45 Uwe Deppe Nachruf 52 Nachrichten / Aktuelles 54 Termine 58 Aufgespießt 60 Buchbesprechungen 62
Vorwort Von Klaus Mattiseck Als Schriftleiter der NÖV habe ich wegen der im letzten Jahr sehr kontrovers geführten Diskussionen ein besonderes Interesse, mit einigen kurzen Ausführungen zur Klarstellung auf die Gründe für die Einrichtung und Auflösung der Pro- jektgruppe (PG) „NAS-Erhebungsstufe 2 (NAS-ERH 2)“ einzugehen. Die Einberufung der PG erfolgte Ende 2014 auf Anregung des ALKIS-Lenkungsgremiums durch das MIK NRW, weil geprüft werden sollte, inwieweit die Nutzung der NAS-ERH(2) zu effizienteren Abläufen bei der Durchführung von Lie- genschaftsvermessungen und deren Übernahme in das Liegenschaftskataster führt. Die PG sollte im Einzelnen be- schreiben, wie sich die Arbeitsabläufe unter Nutzung der NAS-ERH Stufe 1 heute darstellen und wie sie unter Nutzung der NAS-ERH Stufe 2 künftig gestaltet werden können. In einem nächsten Schritt sollten die so identifizierten Arbeits- abläufe mit Kosten und Aufwand bewertet werden. In der PG waren neben den Berufsverbänden der ÖbVI (BDVI und VDV) die kommunalen Spitzenverbände (StT und LKT), die Bezirksregierung Münster als Aufsichtsbehörde und die Bezirksregierung Köln in ihrer Rolle als ALKIS- Pflegestelle vertreten. Die PG tagte insgesamt 4-mal. In den Diskussionen der PG wurden die verschiedenen Prozessschritte einer Liegenschaftsvermessung intensiv erör- tert. An keiner Stelle der Erörterungen zeigten sich unter den heutigen Rahmenbedingungen aus Sicht des PG-Leiters und auch meiner Sicht lohnenswerte Effizienzgewinne, die sich später einmal in Zahlen hätten ausdrücken lassen. Auch die vom PG-Leiter in die AG getragenen Einschätzungen, dass die Ableitung der Vermessungsschriften (Fortführungs- riss, Skizze zur Grenzniederschrift) einfacher und damit schneller sein müsste und weniger Aufwand bei der Qualitäts- sicherung auftreten sollte, fanden in der Diskussion keine entsprechende Bestätigung. Aus diesem Grunde betrachtete das MIK, auch ohne dass eine endgültige Kosten-Nutzen-Analyse vorlag, seine anfangs positive Einschätzung zunächst als widerlegt. Die Mitglieder der PG wurden deshalb angesichts des noch bevorstehenden hohen Aufwandes (Ab- schluss der Produktskizzen: 1 - 2 Sitzungen; Treffen mit Herstellern: 1 Sitzung; Prozessschritte mit Aufwänden verse- hen: 3 - 5 Sitzungen; Position zur Gesamtwirtschaftlichkeit erarbeiten: 1 Sitzung; Schlussbesprechung, Abschluss eines Berichts: 1 Sitzung) um Stellungnahme zur Einstellung der Arbeiten, die der PG übertragen wurden, gebeten. Die Entscheidung des MIK, die PG aufzulösen, wurde von den PG-Mitgliedern im Wesentlichen unterstützt. Aus den Stellungnahmen wurde jedoch auch deutlich, dass der Ansatz, einen möglichst medienbruchfreien Datenfluss zwi- schen Vermessungsstelle und Katasterbehörde einzurichten, durchaus als richtig eingeschätzt wird. Zum heutigen Zeitpunkt müsse jedoch anerkannt werden, dass noch zu viele technische Hürden bestehen, die erst mit Fortschreiten der Entwicklung der Software abgebaut werden müssten. Mit Erlass vom 19.06.2015 wurde die PG NAS-ERH(2) aufgelöst; dem Erlass wurde ein Vermerk zum Sachstand in der PG beigefügt, der von Seiten des PG-Leiters angefertigt wurde und aus dem die Gründe für die Auflösung der PG detail- liert hervorgehen. Am Ende des Vermerks wird klargestellt, dass von der Auflösung der PG lediglich die Schnittstelle bei Liegenschaftsvermessungen betroffen ist und dass davon unabhängig der Einsatz der NAS-ERH(2) beim Aus- tausch von Daten der ABK und bei der Übernahme von Flurbereinigungsverfahren zu sehen ist. Von der in der Nachricht des PG-Leiters an alle Mitglieder der PG vom 26.06.2015 eröffneten Möglichkeit, ihre ab- schließenden Stellungnahmen für einen Abschlussbericht abzugeben, wurde praktisch kein Gebrauch gemacht. Inso- fern verzichtete das MIK auf einen speziellen Abschlussbericht, es hatte seine Auffassung ja bereits in dem o. g. Ver- merk festgehalten.
Das MIK wird das Ziel, einen medienbruchfreien Datenfluss in der Kommunikation zwischen Vermessungsstelle und Katasterbehörde einzurichten, weiter verfolgen. Dies geschieht nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass im öffent- lichen Dienst weiter Personal abgebaut werden wird. Das MIK ist daher überzeugt, dass mittelfristig Arbeitsabläufe aufgebaut werden müssen, die in der Katasterbehörde mit weniger Personal auskommen. Medienbruchfreiheit er- scheint dazu als eine lohnenswerte Möglichkeit. Konkrete Überlegungen zu diesem Thema werden jedoch erst per- spektivisch wieder aufgenommen werden, wenn weiterentwickelte Software eine leichtere und preiswertere Umsetz- barkeit erhoffen lässt. Pragmatisch sollte eine Evaluierung des PG-Ergebnisses nach Einführung der nächsten Genera- tion der GeoInfoDok erfolgen.
:NÖV NRW 1/2016 7 Aufsätze / Abhandlungen Precise Point Positioning (PPP) im SAPOS – Ein Blick in die Zukunft Michaela Büdenbender, Enrico Kurtenbach 1 Einleitung die eine zentimetergenaue Positionierung ermögli- chen, verwenden. Die Vor- und Nachteile beider Reprä- Derzeit basieren alle Dienste des amtlichen Satelliten- sentationen sollen im Folgenden kurz erläutert werden. positionierungsdienstes SAPOS auf dem Verfahren der differentiellen GNSS-Positionierung. Dabei werden die 2.1 Korrekturdatenbereitstellung im Beobach- verschiedenen GNSS-Fehler durch Differenzbildung tungsraum (OSR) zwischen den Beobachtungen des Rovers und der Referenzstation(en) eliminiert. Man spricht deshalb OSR-Korrekturen sind nur für einen bestimmten Zeit- auch von der Modellierung im Beobachtungsraum raum gültig. Zudem nimmt die Genauigkeit der OSR- (OSR – Observation Space Representation), da die Korrekturen ab, je weiter man sich von den Referenz- Fehlerkorrekturen implizit in den Beobachtungen der stationen entfernt. Ein großer Nachteil ist die steigen- Referenzstation(en) enthalten sind. de Bandbreite, die benötigt wird, wenn in Zukunft im- mer mehr Satellitensysteme, wie beispielsweise Gali- In den letzten Jahren hat eine neue GNSS- leo, starten. Schließlich müssen die Korrekturwerte für Positionierungstechnik Einzug in die geodätische Echt- jede Beobachtung eines jeden Satelliten berechnet und zeitpositionierung gehalten. Das Verfahren „Precise übertragen werden. Das Konzept der Modellierung des Point Positioning“ (PPP) basiert im Gegensatz zur Beobachtungsraums basiert auf einer bidirektionalen differentiellen Positionierung auf einer autonomen Kommunikation. Der Nutzer muss der Rechenzentrale Einzelpunktbestimmung des Rovers. Die verschiede- zunächst seine Position aus der Codelösung zusenden, nen GNSS-Fehler (im Wesentlichen Satellitenbahnfeh- bevor die Zentrale auf dieser Basis Korrekturdaten ler, Satellitenuhrfehler, Code- und Phasen-Biases, berechnen und bereitstellen kann. Da man bei diesem sowie ionosphärische und troposphärische Refrakti- Konzept lediglich eine Interpolation der gesamten onseinflüsse) müssen in diesem Fall explizit modelliert Fehlereinflüsse vornimmt, lassen sich die einzelnen werden. Man spricht deshalb von der Modellierung im Effekte nicht auswerten. Für die Berechnung der OSR- Zustandsraum (SSR – State Space Representation), Korrekturen werden immer die Referenzstationen in da im Prinzip der Signalweg vom Satelliten zum Rover der Nähe des Nutzers verwendet. Ist nun eine dieser modelliert wird und damit die oben beschriebenen Referenzstationen beispielsweise von Mehrwegeffek- Fehlereinflüsse direkt berücksichtigt werden. In PPP- ten betroffen, so wirkt sich das auch auf die daraus Postprocessing-Anwendungen können einige Feh- berechneten Korrekturen aus. Das Konzept der Model- lereinflüsse bei hinreichend langer Beobachtungsdauer lierung des Beobachtungsraums (OSR) arbeitet im bei der Positionsbestimmung mitgeschätzt werden. In Bezugssystem der Referenzstationen, bei SAPOS also einer PPP-Echtzeitanwendung hingegen müssen die im ETRS89 [1]. Modellparameter der Fehlereinflüsse vorab dem Rover übermittelt werden. 2.2 Korrekturdatenbereitstellung im Zustands- raum (SSR) 2 Gründe für die Einführung von PPP Eine Alternative ist das Konzept der Modellierung des Sowohl die Repräsentation im OSR als auch im SSR Zustandsraums. Dieses Konzept basiert auf einer ab- lassen sich für die Übertragung von Korrekturdaten, soluten Positionsbestimmung. Dabei soll die Gesamt-
8 :NÖV NRW 1/2016 heit aller einwirkenden Abweichungen präzise model- Die Realisierung eines SAPOS PPP-Dienstes wird auch liert werden. Hierfür werden Modelle verwendet oder künftig dem Prinzip der Nutzung offener Standards es werden zusätzliche Informationen aus Referenznet- folgen. Diese befinden sich gegenwärtig noch im Ab- zen abgeleitet, wofür grundsätzlich ein Referenzsta- stimmungsprozess bei RTCM und erfordern auch noch tionsnetz, also SAPOS, genutzt werden muss. Aus fachlichen Entwicklungsaufwand. Kernpunkte sind die diesen Informationen können Zustandsparameter Standardisierung der Fehlermodelle und der Übertra- geschätzt werden. Die Schwierigkeit liegt darin, die gungsformate der Korrekturdaten. Zustandsparameter mit einer sehr hohen Genauigkeit zu bestimmen, da die Fehler der Bestimmung sich Seit 2011 gibt es eine erste Stufe, die Bahn- und Uh- unmittelbar die Genauigkeit der Positionsbestimmung renkorrekturen bereitstellt, die eine dezimetergenaue mit PPP auswirkt. Die Qualität der SSR-Korrekturen Positionierung nach einer Einlaufzeit von mehreren bestimmt das Maß der Genauigkeit der Positionsbe- Minuten ermöglichen sollen. Weitere Ausbaustufen, die stimmung und ist unmittelbar abhängig von den Zu- noch nicht in RTCM verabschiedet sind, werden zu- standsparametern. Im Gegensatz zur OSR-Methode künftig eine zentimetergenaue Positionierung in unter sind die Zustandsparameter der Satelliten vom kon- einer Minute erlauben und damit einen gleichwertigen zeptionellen Ansatz global gültig. Dabei sind die Zu- Ersatz für die derzeit verwendeten OSR-Korrekturen standsparameter der Ionosphäre und der Troposphäre im SAPOS HEPS (Hochpräziser Echtzeitpositionie- in einen globalen und einen lokalen Bereich aufgeteilt, rungsdienst) darstellen. wobei die Atmosphäre funktional oder in Gitterform mit Hilfe der Parameter beschrieben wird. Die Band- Zu guter Letzt muss der im Feld verwendete Rover die breite ist abhängig von den zu übertragenden Zu- ausgesendeten SSR-Korrekturen auch verarbeiten standsparametern. Durch die Reduktion der Daten- können. Hierzu gibt es derzeit auf dem Markt praktisch menge und somit auch der Bandbreite, könnten die kein Modell, was sicherlich auch an der noch nicht SSR-Informationen auch über Satelliten oder Mobil- abgeschlossenen Standardisierung liegt. Die Rover- funk übertragen werden. Somit entstehen besonders Hersteller werden sich angesichts der Vorteile, die sich für Fachbereiche Vorteile, deren Arbeitsgebiet außer- durch die Nutzung von SSR-Korrekturen ergeben, halb des Referenznetzes liegt. Darunter fallen Bereiche dieser Entwicklung aber nicht verschließen können. wie die Schifffahrt oder der Luftverkehr. Die Modellie- rung der Atmosphäre durch Zustandsparameter könn- Mit einer Einführung von PPP in SAPOS ist daher nicht te auch für die Meteorologie von Interesse sein. Das vor dem Jahr 2020 zu rechnen. Konzept der Modellierung des Zustandsraums basiert auf dem Konzept einer unidirektionalen Kommunikati- 4 PPP-Tests im Rahmen einer Bachelorarbeit an on. Die geringere Abhängigkeit von den einzelnen Refe- der Universität Bonn renzstationen ist vor allem dann ein großer Vorteil, wenn eine Referenzstation beispielsweise von Mehr- Um dennoch das Potential der PPP-Technik für den wegeffekten betroffen ist. Aber auch die Robustheit Echtzeitbetrieb aufzuzeigen, wurde im Rahmen einer des Referenznetzes würde sich durch die Einführung Bachelorarbeit an der Universität Bonn der Trimble einer PPP-Lösung verbessern, falls eine oder mehrere RTX-Dienst getestet. Dieser bietet als weltweit erster Referenzstationen ausfallen. In diesem Fall könnte die Dienst einen durchgängigen SSR-Dienst von der Ver- PPP-Lösung als Ersatz dienen. Zusätzlich könnte man netzungssoftware über die Bereitstellung der Korrek- das zukünftige SAPOS-PPP dazu verwenden, die Refe- turdaten zum Rover (dies allerdings in einem proprie- renzstationen mit einer unabhängigen Methode zu tären Datenformat außerhalb des RTCM) bis hin zur überwachen und ggf. auch „auszudünnen“ [1]. Positionierung des Rovers mittels PPP-Technologie. 3 Einführungsvoraussetzungen Hierzu wurde von Trimble eine Lizenz für das Modul CenterPoint RTX bereitgestellt und auf dem Empfän- Der SAPOS-Dienst bedient sich seit seiner Einführung ger Net R9 der Bezirksregierung Köln/Geobasis NRW offener (RTCM-)Standards, die die Unabhängigkeit von freigeschaltet. In den praktischen Untersuchungen einzelnen Software- oder Geräteherstellern sicherstel- sollten die Lösungen von dem herkömmlichen SAPOS- len. Vor diesem Hintergrund kann SAPOS als Geoda- Dienst HEPS und CenterPoint RTX miteinander vergli- teninfrastrukturbeitrag des Geodätischen Raumbe- chen werden. Für diese Untersuchungen wurden Mes- zugs angesehen werden. sungen im statischen und im kinematischen Zustand durchgeführt.
:NÖV NRW 1/2016 9 4.1 Trimble RTX Zunächst wurde mit SAPOS eine statische Referenz- messung über etwa 1,5 Stunden durchgeführt und den Trimble hat als erstes Unternehmen eine vollständige anschließenden PPP-Messungen mit Trimble Center- Lösung in Bezug auf PPP-Echtzeit-Anwendungen ent- Point RTX verglichen. Die Ergebnisse sind in den Abbil- wickelt. Diese Lösung ist unter dem Namen Trimble dungen 2 und 3 dargestellt. CenterPoint RTX bekannt [1]. Die Abkürzung RTX steht für Real Time eXtended [4]. Das aktuelle Netzwerk von CenterPoint RTX umfasst 100 Stationen in 53 Ländern. Dabei werden die Emp- fänger Net R5 und Net R9 eingesetzt. Die Kontrollzen- tren befinden sich in München (Deutschland) und in Ashburn (USA) [5]. Die Nutzer können diese PPP-Korrekturdaten per In- ternet oder Satellit abrufen. Das Trimble CenterPoint Abb. 2: Statische Messung - Einlaufzeit: Die Differenzen der RTX System überträgt die Zustandsparameter an den East-Richtung sind in rot dargestellt. Die Differenzen der Rover, der mit Hilfe dieser Zustandsparameter seine North-Richtung sind in grün dargestellt und die Differenzen Position schätzen kann. Somit wird für die praktischen der Up-Richtung sind in schwarz dargestellt. Die Einlaufzeit Untersuchungen auch eine Internetverbindung benö- wurde mit 555 Sekunden berechnet. tigt. Erst danach ist eine Positionierung mit Trimble CenterPoint RTX möglich [2]. 4.2 Statische Untersuchung Für die statischen Vergleichsmessungen wurden die für GNSS-Pfeiler auf dem Dach des Instituts für Geo- däsie und Geoinformation (IGG) in Bonn genutzt (siehe Abbildung 1). Abb. 3: Statische Messung - Verlauf: Die Differenzen der East- Richtung sind in rot dargestellt. Die Differenzen der North- Richtung sind in grün dargestellt und die Differenzen der Up- Richtung sind in schwarz dargestellt. Die Standardabwei- chung in East-Richtung liegt bei 3.5 cm. Die Standardabwei- chung in North-Richtung liegt bei 1cm und die Standardab- weichung in Up-Richtung liegt auch bei 3.5 cm Bei einer Beobachtungsdauer von 1.5 Stunden können mit Trimble CenterPoint RTX Standardabweichungen im cm-Bereich erzielt werden. 4.3 Kinematische Untersuchung Die kinematische Testfahrt wurde zwischen der Lehr- und Forschungsstation in Klein Altendorf bei Bonn und dem Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn durchgeführt. Zu Beginn der Test- fahrt wurde eine kurzzeitige statische Messung durch- geführt. Danach wurde die Testfahrt auf dem freien Feld und anschließend im Straßenverkehr fortgesetzt. Die Internetverbindung wurde mit einem mobilen UMTS-Router mit Internet-Stick hergestellt. Die Abbil- dungen 4 und 5 zeigen den Messaufbau mit am Fahr- Abb. 1: Statische Messung - Antenne zeug montierter Roverantenne und der zugehörigen Ausrüstung im Fahrzeug.
10 :NÖV NRW 1/2016 von Zeit [sec] bis Zeit [sec] Während der gesamten kinematischen Testfahrt wur- Statisch 1 610 de die Referenzmessung mit dem SAPOS-Dienst HEPS Kinematisch 611 1280 durchgeführt. Das Antennenkabel wurde dabei mit (Feld) Kinematisch einem Antennensplitter jeweils zum Trimble- 1281 3035 (Straße) Empfänger mit CenterPoint RTX (PPP-Messung) und zum Leica-Empfänger mit SAPOS-Verbindung (Refe- renzmessung) geführt. Sowohl für die SAPOS-Referenzmessung als auch für PPP-CenterPoint RTX-Messung werden Koordinaten bestimmt. Dabei wird zwischen der Fixed-Lösung und der Float-Lösung unterschieden. Bei der Float-Lösung werden keine Koordinaten ausgegeben und es entste- hen Datenlücken. Letztere entstehen beispielsweise bei der Durchfahrt durch einen Baumtunnel und auch teilweise im Straßenverkehr (Abbildungen 6 und 7). Abb. 4: Kinematische Messung - Antenne: Die Ro- ver-Antenne wurde auf dem Dach des Kraftfahr- zeugs befestigt. Abb. 6: Kinematische Messung - Qualität der SAPOS-Koordi- naten: In Grün ist die Fixed-Lösung dargestellt. In Rot ist die Float-Lösung dargestellt. Abb. 5: Kinematische Messung - Messaufbau: Auf diesem Bild ist der Messaufbau während der kine- matischen Testfahrt zu sehen. Die Geräte waren im Laderaum des Kraftfahrzeugs platziert und mitei- nander verbunden. Unten Links: Leica-Empfänger für die Referenz-Positionsbe-stimmung mit SAPOS. Unten Mitte: Trimble Net R9 Empfänger mit dem CenterPoint RTX Modul für die Positions- Abb. 7: Kinematische Messung - Qualität der RTX- bestimmung mittels PPP. Unten Rechts: Router mit Koordinaten: In Grün ist die Fixed-Lösung dargestellt. In Rot Internet-Stick. Der Router ist mit einem Netzwerk- ist die Float-Lösung dargestellt. kabel an den Empfänger Net R9 angeschlossen.
:NÖV NRW 1/2016 11 Die Beurteilung der Qualität der PPP-Messung erfolgt ßen Lücken in diesem Bereich gut erkennbar. Hier durch Differenzbildung zur SAPOS-Referenzlösung. besteht noch weiterer Untersuchungsbedarf. Für die Differenzbildung müssen zunächst die mit dem Empfänger von Trimble gemessenen Koordinaten in 5 Ausblick global kartesische geozentrische Koordinaten trans- formiert werden. Anschließend werden aus beiden Die Echtzeitpositionierung mit dem PPP-Verfahren ist Zeitreihen jeweils die Koordinaten selektiert, die aus eine wirkungsvolle Methode, um der mit zunehmender einer Fixed-Lösung hervorgegangen sind. Bevor eine Anzahl der Satellitensysteme steigenden Datenmenge Differenzbildung vorgenommen wird, müssen die bei- der RTK-Korrekturen Herr zu werden. Dies ist neben den Zeitreihen zunächst mit Hilfe einer Kreuzkorrelati- dem Vorteil der unidirektionalen Bereitstellung der on übereinander gelegt werden. Dadurch wird gewähr- Hauptgrund, warum die SAPOS-Betreiber die weitere leistet, dass korrekte Differenzen aus der SAPOS- Entwicklung intensiv begleiten. Hierzu hat der Arbeits- Lösung und der RTX-Lösung berechnet werden. kreis Raumbezug (AK RB) der AdV bereits 2014 eine Projektgruppe ins Leben gerufen. Diese Projektgruppe Bei der kinematischen Messung auf dem Feld (violett) arbeitet derzeit an der Implementierung einer wurde ein Mittel der Differenzen in East-Richtung von deutschlandweiten Testvernetzung, die an einem zent- -42 cm, in North-Richtung von -46 cm und in Up- ralen Einwahlpunkt Korrekturdaten im SSR-Format in Richtung von -18 cm erreicht, was lediglich für topo- verschiedenen Ausbaustufen zur Verfügung stellen graphische Aufgabenstellungen der Landesvermes- soll. Hiermit sind sowohl Hardware-Hersteller und sung ausreichend ist. Software-Entwickler als auch Nutzer in der Lage an einem praxisnahen Beispiel die vorhandenen Techno- logien zu testen und weiterzuentwickeln. Literaturangaben [1]: Albert: Fachtechnische Entwicklungen im SAPOS, Abschlussbericht Vertiefungsprojekt im Fachbereich 43, Landesamt für Geoinformation und Landentwick- lung Niedersachsen, Seite 3-18 und 35-46, 2012 [2] Chen/Allison: Trimble RTX, an innovative New Approach for Network RTK, Trimble TerraSat GmbH, Germany, Proc. ION GNSS 2011, Seiten 2214-2219 [3]: Ferguson: http://www.ngs.noaa.gov/corbin/class_description/F Abb. 8: Kinematische Messung - Verlauf: Die Differenzen der erguson_RTCM_SC104_Status.ppt , 05.01.2015 - 18:45 East-Richtung sind in rot dargestellt. Die Differenzen der Uhr North-Richtung sind in blau dargestellt und die Differenzen der Up-Richtung sind in schwarz dargestellt. Der violett mar- [4]: Leonardo/Landau: RTX Positioning: The next kierte Teil stellt die kinematische Messung auf dem Feld dar, Generation of cm-accurate Real-Time GNSS Position- während der hellblau markierte Teil die kinematische Mes- ing, Trimble TerraSat GmbH, 2011 sung auf der Straße darstellt. Die durch die grünen Balken markierte Zeitspanne stellt die Durchfahrt durch einen [5]: Pagels: RTX in Pivot - Infrastructure User Confer- Baumtunnel dar (keine Daten). ence, Trimble, 2013 Im Gegensatz dazu lag bei der kinematischen Messung B. Sc. Michaela Büdenbender im Straßenverkehr (hellblau) das Mittel der Differen- Dezernat 31.2 - Katasterwesen zen in East-Richtung bei 40 m, in North-Richtung bei Dr. Ing. Enrico Kurtenbach 117 m und in Up-Richtung bei 0.30 m. Der große Ge- Dezernat 71 - Datenstandards, Raumbezug nauigkeitsverlust bei der kinematischen Untersuchung Bezirksregierung Köln im Straßenverkehr lässt sich mit Signalabrissen und Zeughausstr. 2-10 der damit einhergehenden Neuinitialisierung sowie der 50606 Köln Abschirmung durch Bäume und Häuserfronten erklä- michaela.buedenbender@bezreg-koeln.nrw.de ren. In Abbildung 8 ist diese Tatsache anhand der gro- enrico.kurtenbach@bezreg-koeln.nrw.de
12 :NÖV NRW 1/2016 Die größten zulässigen Abweichungen bei Streckenvergleichen gegenüber früheren Vermessungen im Land Lippe Markus Rembold 1 Einleitung 2 Größte zulässige Abweichungen bei Strecken- vergleichen im Einzelnen Bei einer Teilungs-, Grenz- oder Neuvermessung sind die Grenzen dahingehend zu untersuchen, ob der örtli- Nachfolgend werden die im lippischen Liegenschafts- che Grenzverlauf mit dem Katasternachweis überein- kataster bestehenden Regelungen zu den größten zu- stimmt und wie Abweichungen zwischen örtlichem lässigen Abweichungen d bei Streckenvergleichen Grenzverlauf und Katasternachweis zu behandeln sind. gegenüber früheren Vermessungen chronologisch auf Liegt den zu untersuchenden Grenzen ein orthogonaler der Grundlage der früher geltenden Vorschriften dar- Katasternachweis zugrunde, ist die größte zulässige gestellt. Abweichung d einer gemessenen oder rechnerisch ermittelten Strecke gegenüber ihrem Grundmaß, das 2.1 Preußischer Anweisungsentwurf von 1877 nach früheren Vorschriften ermittelt wurde, anhand der bei der früheren Vermessung vorgegebenen Ge- Maßgebende vermessungstechnische Vorschrift bei nauigkeit zu beurteilen (Nr. 3.32 Abs. 2 Anlage 3 VPErl. der Einrichtung des lippischen Urkatasters war der 1996). preußische „Entwurf einer Anweisung für das Verfah- ren bei der Erneuerung der Karten und Bücher des Die den vorgenannten größten zulässigen Abweichun- Grundsteuerkatasters“. In einem Schreiben vom gen d zugrunde liegenden Fehlerformeln wurden bei 06.11.1877, mit dem der preußische Finanzminister von Rembold (2015) auf der Grundlage der preußischen Camphausen den Steuerrat Kosack zu „seinem Kom- und nordrhein-westfälischen Vorschriften eingehend missar“ für die lippischen Katastrierungs- und Grund- behandelt. Die im früheren Land Lippe (Fürstentum steuerveranlagungsarbeiten ernannte, hieß es: „Insbe- Lippe, 1789 – 1919; Freistaat Lippe, 1919 – 1947) be- sondere ist der Ausführung der Vermessungsarbeiten stehenden Regelungen wurden hierbei nicht berück- der in 5 Exemplaren beigefügte Entwurf der Anweisung sichtigt; dies soll im vorliegenden Aufsatz nachgeholt für das Verfahren bei der Erneuerung der Karten und werden. Bücher des preußischen Grundsteuerkatasters derge- stalt unmittelbar zugrunde zu legen, dass es nur erfor- Das lippische Urkataster ist in den Jahren 1874 bis derlich wird, den ausführenden geodätischen Techni- 1883 entstanden (Heitland 1951, S. 19; Heitland 1965). kern neben jenem Entwurf, welchem die definitive An- Im Jahr 1874 wurde zwischen dem Königreich Preußen weisung in einiger Zeit folgen wird, als Zusatzbestim- und dem Fürstentum Lippe ein Staatsvertrag abge- mungen zu demselben noch eine besondere Zusam- schlossen, der die von preußischen Behörden und menstellung zu übergeben, welche die aus dem Gesetz Beamten unter Oberleitung des preußischen Finanz- vom 12. September d. J. folgenden wenigen Abwei- ministers auszuführende Grundsteuerveranlagung chungen übersichtlich nachweist.“ (Landesarchiv beinhaltete. Darin hatte sich die lippische Regierung NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, L 75 IV Abt. 20 Nr. den Erlass von Gesetzen und Verordnungen vorbehal- 3 Bd. II) ten. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass das lippische Urkataster gegenüber dem rheinisch- Der vorgenannte Anweisungsentwurf von 1877 wies westfälischen Grundsteuerkataster einen wesentlich kein Datum aus. Nach Koll (1899, S. 78) wurde er je- höheren Rechtsstandard aufwies. Im Gegensatz zu doch mit einer Verfügung des preußischen Finanzmi- Preußen war zum Beispiel die Vermarkung der Grund- nisteriums vom 04.05.1877 herausgegeben. Der Ent- stücksgrenzen gesetzlich geregelt (Vermarkungsge- wurf basierte im Wesentlichen auf der für die Provin- setze von 1879 und 1890). Das lippische Urkataster zen Hannover, Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau wurde daher noch im Jahr 1932 – anlässlich einer vom geltenden Anweisung vom 07.05.1868 (zu den Unter- Reichssparkommissar initiierten und vom Beirat für schieden der beiden Anweisungen siehe Jordan/ das Vermessungswesen reichsweit durchgeführten Steppes 1882, S. 218 f.). Die in dem Ernennungsschrei- Datenerhebung – als einziges Kataster im deutschen ben Kosacks benannten „Zusatzbestimmungen“ wur- Reich als „nicht erneuerungsbedürftig“ angesehen den vom preußischen Finanzminister mit Datum (Suckow/Ellerhorst 1932, S. 162 f.).
:NÖV NRW 1/2016 13 vom 12.03.1878 als „Anweisung betreffend das Verfah- Tafel 1). Aufgrund der Tatsache, dass die Strecken im ren bei Herstellung der Karten und Bücher des Grund- Regelfall auf Dezimeter gemessen wurden (§ 27 des steuerkatasters für das Fürstenthum Lippe“ herausge- Anweisungsentwurfs von 1877) waren die vorgenann- geben; diese Anweisung enthält allerdings keine hier ten d-Werte bei Ordinaten und kurzen Abszissendiffe- interessierenden Regelungen. renzen nicht ausreichend. Aufgrund dieser praktischen Erfahrungen wurde für die größten zulässigen Abwei- Die nach dem Anweisungsentwurf von 1877 durchge- chungen dLippe-Ur gegenüber den Messungen des lippi- führten Vermessungen sind in Preußen und in Nord- schen Urkatasters eine Fehlerformel angegeben, die rhein-Westfalen als „einwandfreie Vermessungen“ gegenüber der Fortführungsanweisung II von angesehen worden (Nr. 92 Anweisung II 1920, Nr. 55 1955/1964 um eine Konstante von 0,10 m ergänzt war Fortführungsanweisung II 1955/1964). Darunter waren (Kreis Lippe 1979; zu der Fehlerformel der Fortfüh- unter Zustimmung der Beteiligten zustande gekom- rungsanweisung II von 1955/1964 im Einzelnen: Rem- mene und durch Sicherungsmaße geprüfte Vermes- bold 2015, S. 8 und 12 f.): sungen zu verstehen. Da der Anweisungsentwurf von 1877 nur Regelungen zur Versicherung von Messungs- ( ) dLippe−Ur = d1955 / 1964 + 0,10 = 1,5 ⋅ a s + bs + c + 0,10 linien (§ 94), aber keine Regelungen zur Versicherung a, b, c = const., s = gemessene Strecke von Grenzpunkten (zum Beispiel durch das Messen der Steinbreiten) enthielt, können die nach dem Anwei- In Abhängigkeit von den Geländeverhältnissen ergeben sungsentwurf von 1877 durchgeführten Vermessungen sich mit den Koeffizienten a, b und c aus der Tafel 1 der nach Auffassung des Autors nicht von vornherein als Fortführungsanweisung II von 1955/1964 somit die einwandfreie Vermessungen klassifiziert werden. Die folgenden Fehlerformeln: Zustimmung der Beteiligten (Anerkennung) war hinge- gen insbesondere durch die Regelungen des lippischen Vermarkungsgesetzes vom 20.02.1879 rechtlich um- : Klasse I (günstige Verhältnisse): fangreich ausgestaltet (Rembold 2012, S. 131 ff.). ( ) dLippe−Ur = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,008 s + 0,0003 s + 0,10 Die im Anweisungsentwurf von 1877 (§§ 115, 209) an- gegebenen Fehlergrenzen bezogen sich auf die Unter- : Klasse II (mittlere Verhältnisse): schiede der Vermessungsergebnisse zu den aus der ( ) dLippe−Ur = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,010 s + 0,0004 s + 0,10 Karte abgegriffenen Maßen oder zu den aus Koordina- ten berechneten Maßen beziehungsweise zu den bei der Prüfung der Vermessung (Revision) erhaltenen : Klasse III (ungünstige Verhältnisse): Maßen. Zugrunde gelegt wurde ein lineares Fehlerge- ( ) dLippe−Ur = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,012 s + 0,0005 s + 0,10 setz (Rembold 2015, S. 7 und 9) der Form Die vorgenannten Fehlerformeln entsprechen im Übri- f = bs, b = const., s = gemessene Strecke gen numerisch recht gut denjenigen größten zulässi- gen Abweichungen, die von der Weiden für die hanno- mit den Koeffizienten b = 2/1000 (gewöhnliche Ver- verschen Grundsteuermessungen (1868 – 1875) abge- hältnisse) und b = 3/1000 (ungewöhnliche Verhältnis- leitet hat (von der Weiden 1957, S. 8 ff.). Aufgrund der se). Dies entsprach den Regelungen für Revisionsver- hohen vermessungstechnischen Qualität der lippi- messungen in den lippischen Feldmesser-Reglements schen Urvermessung ist in der – bei von der Weiden von 1875 (§§ 17, 20) und 1883 (§§ 24, 27). (1957, S. 19) – angegebenen Fehlerformel d = 2/1000s + 0,40 der konstante Anteil auf 0,30 m zu verringern Für die größten zulässigen Abweichungen dLippe-Ur ge- (vgl. für Niedersachsen: LiegVermErlass, Anlage 3 Nr. genüber den Messungen des lippischen Urkatasters 3.1). Dann ergibt sich eine Übereinstimmung von lässt sich eine – nachfolgend näher beschriebene – Fehlerformel angeben, die sich nicht auf den Anwei- dLippe-Ur – (2/1000s + 0,30) < 0,10 m sungsentwurf von 1877 stützt, sondern auf praktischen Erfahrungen beruht. Nach einer Büroverfügung des für mittlere Verhältnisse und Strecken s < 80 m. Katasteramtes des Kreises Lippe (Kreis Lippe 1979) lagen die größten zulässigen Abweichungen dLippe-Ur Es sei noch angemerkt, dass für die These, die preußi- gegenüber den Messungen des lippischen Urkatasters schen Anweisungen VIII und IX von 1881 seien auch bei normalerweise innerhalb der d-Werte der Fortfüh- rungsanweisung II von 1955/1964 (Nr. 70 Abs. 3,
14 :NÖV NRW 1/2016 der Einrichtung des lippischen Urkatasters zur Anwen- weisung zur Ausführung des Gesetzes vom dung gekommen (Harbeck, S. 17; Kirchhoff, S. 7), in 27.02.1890, die Sicherung und Erhaltung der vorhan- den gesichteten Rechtsquellen und Archivalien keine denen Grenzvermarkung und die Versteinung neuer Stütze zu finden ist. Auch die umfangreiche, leider Grenzen betreffend, vom 17.07.1890“ enthielt keine unvollendete Darstellung des lippischen Katasters von Regelungen zu größten zulässigen Abweichungen; in Heitland (1965) liefert hierfür keinerlei Anhaltspunkte. § 10 wurde lediglich ausgeführt, dass „die zu erneuern- den einzelnen Grenzpunkte, soweit thunlich, nach den 2.2 Lippische Anweisungen von 1882 Original-Maßen der früheren Vermessung wieder auf- zusuchen“ waren. Mit Datum vom 21.11.1882 erließ die fürstliche Regie- rung in Detmold als Verfahrensvorschriften die „(I.) Die auf der Grundlage der lippischen Anweisung II von Anweisung für das Verfahren bei der Fortschreibung 1882 erfolgten Fortführungsvermessungen werden im der Grundsteuerbücher und Karten im Fürstenthum Vergleich zu den dem lippischen Urkataster zugrunde Lippe“ sowie die „(II.) Anweisung für das Verfahren bei liegenden Vermessungen (Abschnitt 2.1) als qualitativ den Vermessungen behufs der Fortschreibung der schlechter angesehen, da häufig der Umfang der Grundsteuerbücher und Karten im Fürstenthum Lip- Grenzuntersuchung nicht ausreichend war und die pe“. Beide Anweisungen orientierten sich inhaltlich an Vermessungen nicht an die Messungslinien des Urka- den 1877 für die beiden westlichen preußischen Pro- tasters angeschlossen worden sind (Kreis Lippe 2015). vinzen ergangenen Anweisungen I und II, gingen aber Für die größten zulässigen Abweichungen d gegenüber bezüglich der Messungsverhandlungen (§ 24 der lippi- den Messungen der lippischen Anweisung II von 1882 schen Anweisung II von 1882) weit darüber hinaus können die in Abschnitt 2.1 angegebenen Fehlerfor- (Rembold 2012, S. 133 f.). meln dLippe-Ur als erster Anhaltspunkt dienen. Weiteres muss einer Einzelfallentscheidung vorbehalten bleiben. Die Grenzen, die nach der vorgenannten lippischen Anweisung II von 1882 vermessen worden sind, gelten 2.3 Preußische Anweisungen als festgestellt (§ 16 Abs. 5 DVOzVermKatG NRW, Nr. 5.34 Abs. 2 FortfVErl.). Die Berechtigung zu dieser Mit Ausnahme des in Abschnitt 2.1 behandelten preu- Klassifizierung muss angezweifelt werden, da die Auf- ßischen Anweisungsentwurfs von 1877 haben preußi- messung nach dem Wortlaut der vorgenannten Anwei- sche Katasteranweisungen in Lippe zunächst nicht sung nicht zuverlässig erfolgte. Die lippische Anwei- gegolten. Dies geht aus einem Schreiben der lippi- sung II von 1882 enthielt in § 14 nur Regelungen zur schen Katasterinspektion vom 11.08.1939 an die Ver- Versicherung von Messungslinien; Pythagoras-Proben messungsämter Detmold, Lemgo, Bad Salzuflen und für aufgewinkelte Grenzpunkte waren erst ab Ordina- Blomberg hervor: „Anliegend übersenden wir einen tenlängen von 20 m vorgeschrieben, Steinbreiten wur- Abdruck der Preuß. Anweisung II in der Fassung vom den nicht gemessen (§ 14 Nr. 3, § 16 Nr. 3a). „Wirksa- 01.03.1939. Wenn die Anweisung auch infolge der an- me Sicherungsmaße“ sind in Lippe erst mit einer Ver- deren lippischen Verhältnisse nicht ohne weiteres fügung der lippischen Katasterinspektion vom übernommen werden kann, so ist sie jedoch soweit wie 25.08.1926 eingeführt worden, allerdings ohne größte möglich bei der örtlichen u. häuslichen Bearbeitung der zulässige Abweichungen für Streckenvergleiche inner- Forschreibungsmessungen zur Richtschnur zu neh- halb derselben Vermessung zu benennen (Landesar- men.“ (Landesarchiv NRW, Abteilung Ostwestfalen- chiv NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, L 101 A III Lippe, L 101 A III Nr. 4) Nr. 4). Ab diesem Zeitpunkt entsprachen die lippischen Regelungen bezüglich der Zuverlässigkeit der Aufmes- Die Vorgehensweise, Katasteranweisungen zur Richt- sung im Wesentlichen den Regelungen der preußi- schnur zu nehmen (ohne sie rechtsverbindlich einzu- schen Anweisung II von 1896. führen), war nicht ungewöhnlich (so zum Beispiel für die Insel Helgoland, Nr. 257 der Anweisung II von Bei den Regelungen bezüglich der Abweichungen zwi- 1920/1939). Selbst in den Hohenzollernschen Landen, schen örtlichem Grenzverlauf und den im Kataster in denen die Anwendung der preußischen Anweisung II dargestellten Grenzen (§ 12 der lippischen Anweisung ausdrücklich ausgeschlossen war (§ 56 der Anweisung II von 1882) wurden keine größten zulässigen Abwei- II von 1896, Nr. 257 der Anweisung II von 1920/1939), chungen d angegeben. Fehlergrenzen finden sich ledig- wurde danach verfahren (Strobel 1992, S. 49; Bogen- lich bei Koordinatenberechnungen (infolge einer nur schütz/Schindele 2013, S. 69). ausnahmsweise zugelassenen Winkelmessung) und bei Flächenberechnungen (§ 14 Nr. 4, § 36 Nrn. 7 und 9 Mit dem Gesetz über die Bildung von Hauptvermes- der lippischen Anweisung II von 1882). Auch die „An- sungsabteilungen vom 18.03.1938 wurden im Reichs-
:NÖV NRW 1/2016 15 gebiet überwiegend bei den Regierungspräsidenten Wie in Abschnitt 2.2 ausgeführt wurde, sind wirksame vierzehn Hauptvermessungsabteilungen gebildet, wo- Sicherungsmaße erst im Jahr 1926 im Land Lippe ein- mit zunächst eine Organisationsvereinheitlichung für geführt worden. Aufgrund identischer zuverlässiger die Landesvermessung, ab 1944 auch für das Liegen- Messmethoden für diesen Zeitraum in Preußen und schaftskataster erzielt wurde. Die beim Regierungs- Lippe (Linien-/Einbindeverfahren; Orthogonalverfah- präsidenten Münster gebildete Hauptvermessungsab- ren) bestehen keine Bedenken, die oben angegebenen teilung IX war zuständig für das Land Lippe, die Provinz Fehlerformeln auch für zuverlässige Vermessungen Westfalen und den Regierungsbezirk Osnabrück. Mit anzuwenden, die im Land Lippe ab 1926 ausgeführt Datum vom 03.12.1946 erging von der Hauptvermes- wurden. sungsabteilung IX in Münster an ihre Nebenstelle in Detmold eine Verfügung, nach der mit Wirkung vom 3 Ergebnis 01.01.1947 Fortführungs- und Neuvermessungen im Land Lippe nunmehr nach preußischen Katasteranwei- Im vorliegenden Aufsatz wurde der Versuch unter- sungen ausgeführt werden mussten (Landesarchiv nommen, Fehlerformeln für die größten zulässigen NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, L 101 A III Nr. 4). Abweichungen d für Streckenvergleiche gegenüber Die lippischen Vorschriften – insbesondere das Ver- Vermessungen im früheren Land Lippe aus den dort markungsgesetz vom 27.02.1890 und die dazu ergan- gültigen Vorschriften abzuleiten. gene Ausführungsanweisung vom 17.07.1890 – galten jedoch (mit Vorrang) weiter. Im Einzelnen wurden in Für den Zeitraum von 1926 (Einführung zuverlässiger der vorgenannten Verfügung folgende preußische Aufmessungen; Abschnitt 2.2) bis 1947 (Eingliederung Vorschriften benannt, die nunmehr im Land Lippe gül- des Landes Lippe in das Land Nordrhein-Westfalen; tig waren: Abschnitt 2.3) kann auf die in Abschnitt 2.3 angegebe- nen Fehlerformeln zurückgegriffen werden. : Anweisungen VIII und IX von 1881 Für Vermessungen des lippischen Urkatasters (auf der : Geschäftsanweisung X von 1913 Grundlage des preußischen Anweisungsentwurfs von 1877) und die im Anschluss daran ausgeführten Fort- : Anweisung II von 1920 führungsvermessungen (auf der Grundlage der lippi- schen Anweisung II von 1882) lassen sich Fehlerfor- : Ergänzungsbestimmungen von 1931 meln dLippe-Ur angeben, die auf praktischen Erfahrungen beruhen und sich an die Regelungen der Fortführungs- : Anweisung XI von 1932 anweisung II von 1955/1964 anlehnen (Abschnitte 2.1 und 2.2). Da es sich hierbei um ein rein vermessungs- Für Vermessungen, die ab 1939 (preußische Kataster- technisches Kriterium handelt, sollten nach Auffas- anweisungen als Richtschnur) beziehungsweise ab sung des Autors die Fehlerformeln dLippe-Ur unabhängig 1947 (verbindliche Einführung preußischer Kataster- von der katasterrechtlichen Qualifizierung der Grenze anweisungen) im Land Lippe ausgeführt wurden, gel- (nicht festgestellt, als festgestellt geltend) angewendet ten somit folgende, mit der Fortführungsanweisung II werden. Die auf dem preußischen Anweisungsentwurf von 1955 eingeführte Fehlerformeln für die größten von 1877 und der lippischen Anweisung II von 1882 zulässigen Abweichungen bei Streckenvergleichen basierenden Vermessungen sind nach dem Wortlaut (Nr. 70 und Tafel 1 Fortführungsanweisung II 1955; im der Vorschriften für sich genommen als nicht festge- Einzelnen: Rembold 2015, S. 12 f.): stellte Grenzen anzusehen (Abschnitte 2.1 und 2.2). Die Ergebnisse der Grenzermittlungen sind zwar aner- : Klasse I (günstige Verhältnisse): kannt worden, die Aufmessung erfolgte jedoch nicht zuverlässig (vgl. § 19 Abs. 1 VermKatG NRW, ( d = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,008 s + 0,0003 s ) § 16 Abs. 5 DVOzVermKatG NRW). Eine als festgestellt geltende Grenze kann sich höchstens daraus ergeben, : Klasse II (mittlere Verhältnisse): dass bei unverändertem örtlichem Grenzverlauf die Grenze zweimal zu verschiedenen Zeiten (beim ersten ( d = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,010 s + 0,0004 s ) Mal jedoch unzuverlässig) aufgemessen wurde und die vorgefundene Abmarkung bei der zweiten Vermessung : Klasse III (ungünstige Verhältnisse): als Bestätigung der ersten Vermessung angesehen wird. ( d = 1,5 ⋅ 0,05 + 0,012 s + 0,0005 s )
16 :NÖV NRW 1/2016 Literaturangaben Suckow, Friedrich / Ellerhorst, Johannes:: Überblick über das deutsche Vermessungswesen, Liebenwerda Bogenschütz, Otto / Schindele, Friedemann:: Zur 1932 Entstehung des Katasters im Gebiet des ehemaligen preußischen Regierungsbezirks Sigmaringen, Mittei- von der Weiden, Adam: Wirtschaftliche Neugestal- lungen des DVW, Landesverein Baden-Württemberg, tung des Katasters (Diss.), Hannover 1957 1/2013, S. 64 Rechtsquellen Harbeck, Rolf:: Das lippische Kataster, seine Entste- hung und seine Besonderheiten, o. O. u. J. (Kopie in: (Anmerkungen: Die Rechtsquellen sind in chronologi- Landesarchiv NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, scher Reihenfolge angegeben. Die „Gesetzsammlung D 72 Heitland Nr. 89) für das Fürstenthum Lippe“ ist nachfolgend mit „L.V.“ abgekürzt. Bei den preußischen Katasteranweisungen Heitland, Fritz: Grenzausgleiche und andere geringfü- ist stets die Erstausgabe benannt.) gige Veränderungen an Eigentumsgrenzen unter Ver- wendung der Nummerierung von sogenannten Ab- Anweisung für das Verfahren bei den Vermessungsar- splißflurstücken im ehemaligen lippischen Kataster, beiten zur Vorbereitung der Ausführung des Gesetzes VDV Zeitschrift der Vermessungstechnik 1951, S. 19 vom 21.05.1861, betreffend die anderweitige Regelung der Grundsteuer in den Provinzen Schleswig-Holstein, Heitland, Fritz: Die Entstehung des Lippischen Grund- Hannover und Hessen, vom 07.05.1868 (Berlin 1868) steuerkatasters von 1883, Detmold 1965 (handge- schriebenes Manuskript in: Landesarchiv NRW, Abtei- Bekanntmachung, den Vertrag zwischen Preußen und lung Ostwestfalen-Lippe, D 72 Heitland Nr. 63) Lippe, wegen Bewirkung der Ausführung einer neuen Grundsteuer-Veranlagung im Fürstenthum Lippe Jordan, Wilhelm / Steppes, Karl: Das deutsche Ver- durch Königlich Preußische Behörden und Beamte messungswesen – Historisch-kritische Darstellung, betreffend, vom 03.06.1874 (L.V. S. 271) Band 2 (Steppes, Karl: Das Vermessungswesen im Dienste der Staatsverwaltung), Stuttgart 1882 Verordnung über die Prüfung der Feldmesser und über die Ausübung der Feldmeßkunst vom 06.07.1875 Kirchhoff, Jürgen: Die Geschichte des lippischen Ka- (L.V. S. 399) tasters bis zur Auflösung des Landes Lippe, o. O. u. J. Entwurf einer Anweisung für das Verfahren bei der Koll, Otto: Zum fünfzigjährigen Dienstjubiläum von Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuer- Friedrich Gustav Gauss, ZfV 1899, S. 65 katasters (Berlin 1877) Kreis Lippe:: Büroverfügung vom 05.03.1979 (62/L) (I.) Anweisung vom 31.03.1877 für das Verfahren bei betreffend „Meßungenauigkeiten Nr. 70 (4) Anw. II“ der Fortschreibung der Grundsteuerbücher und Karten in der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz (Berlin Kreis Lippe: Persönliche Mitteilung, 2015 1877) Rembold, Markus: Die Anerkennung und Feststellung (II.) Anweisung vom 31.03.1877 für das Verfahren bei von Grundstücksgrenzen – Ein Beitrag zur Entwicklung den Vermessungen behufs der Fortschreibung der des Liegenschaftskatasters im Lande Nordrhein- Grundsteuerbücher und Karten in der Provinz Westfa- Westfalen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft len und der Rheinprovinz (Berlin 1877) (Diss.), Bonn 2012 Anweisung vom 12.03.1878 betreffend das Verfahren Rembold, Markus: Die größten zulässigen Abwei- bei Herstellung der Karten und Bücher des Grundsteu- chungen bei Streckenvergleichen gegenüber früheren erkatasters für das Fürstenthum Lippe (Landesarchiv Vermessungen, NÖV 1/2015, S. 5 NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, L 75 IV Abt. 20 Nr. 3 Bd. II) Strobel, Erich: Vermessungsrecht für Baden- Württemberg, Stuttgart 1992 Gesetz, die Vermarkung der Bezirksgrenzen und der Grenze der Eigenthumsstücke bei der Landesvermes- sung betreffend vom 20.02.1879 (L.V. S. 545)
:NÖV NRW 1/2016 17 (VIII.) Anweisung vom 25.10.1881 für das Verfahren bei Gesetz über die Bildung von Hauptvermessungsabtei- Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuer- lungen vom 18.03.1938 (RGBl. I S. 277) katasters (Berlin 1881) (II.) Anweisung vom 17.06.1920 für das Verfahren bei (IX.) Anweisung vom 25.10.1881 für die trigonometri- den Fortschreibungsvermessungen in der Fassung schen und polygonometrischen Arbeiten bei Erneue- vom 01.03.1939 (Berlin 1939) rung der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters (Berlin 1881) Anweisung für das Verfahren bei den Fortführungs- vermessungen in Nordrhein-Westfalen vom 01.07.1955 (X.) Anweisung vom 25.10.1881, betreffend die Einrich- (Fortführungsanweisung II), RdErl. d. IM. v. 15.12.1955 tung des Vermessungswesens bei Ausführung der (I D 2/23 - 81.10, MBl. NW. S. 2193) Arbeiten behufs Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters (Berlin 1881) Anweisung für das Verfahren bei den Fortführungs- vermessungen in Nordrhein-Westfalen vom 01.07.1955 (I.) Anweisung vom 21.11.1882 für das Verfahren bei in der Fassung vom 01.07.1964 (Fortführungsanwei- der Fortschreibung der Grundsteuerbücher und Karten sung II), RdErl. d. MLWöA. v. 01.07.1964 (Z C 2 - 8110, im Fürstenthum Lippe (Detmold 1882) MBl. NW. S. 1125) (II.) Anweisung vom 21.11.1882 für das Verfahren bei Die Bestimmung von Vermessungspunkten der Lan- den Vermessungen behufs der Fortschreibung der desvermessung in Nordrhein-Westfalen (Vermes- Grundsteuerbücher und Karten im Fürstenthum Lippe sungspunkterlass – VPErl.), RdErl. d. IM. v. 12.01.1996 (Detmold 1882) (Kopferlass in SMBl. NRW. 71341) Reglement über die Prüfung der Feldmesser und die Das Verfahren bei den Fortführungsvermessungen in Ausübung der Feldmesskunst vom 18.10.1883 (L.V. Nordrhein-Westfalen (Fortführungsvermessungserlass S. 109) – FortfVErl.), RdErl. d. IM. v. 23.03.2000 (Kopferlass in SMBl. NRW. 71342) Gesetz, die Sicherung und Erhaltung der vorhandenen Grenzvermarkung und die Versteinung neuer Grenzen Gesetz über die Landesvermessung und das Liegen- betreffend, vom 27.02.1890 (L.V. S. 279, Berichtigung schaftskataster (Vermessungs- und Katastergesetz – S. 299) VermKatG NRW) vom 01.03.2005 (GV. NRW. S. 174), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom Anweisung zur Ausführung des Gesetzes vom 01.04.2014 (GV. NRW. S. 256) 27.02.1890, die Sicherung und Erhaltung der vorhan- denen Grenzvermarkung und die Versteinung neuer Verwaltungsvorschrift zu Liegenschaftsvermessungen Grenzen betreffend, vom 17.07.1890 (L.V. S. 299) (LiegVermErlass), RdErl. d. nds. MI v. 03.08.2005 (34- 23410/100, VORIS 21160) [Der Erlass ist mit Ablauf (II.) Anweisung vom 21.02.1896 für das Verfahren bei des 31.12.2012 außer Kraft getreten, wird aber weiter- den Vermessungen zur Fortschreibung der Grund- hin angewendet; siehe Gomille, Niedersächsisches steuerbücher und Karten (Berlin 1896) Vermessungsgesetz, Wiesbaden 2014, S. 178.] (X). Geschäftsanweisung für die mit der Erneuerung Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters be- Landesvermessung und das Liegenschaftskataster auftragten Dienststellen vom 23.06.1913 (Berlin 1913) (DVOzVermKatG NRW) vom 25.10.2006 (GV. NRW. S. 462), zuletzt geändert durch Verordnung vom (II.) Anweisung vom 17.06.1920 für das Verfahren bei 23.07.2015 (GV. NRW. S. 551) den Fortschreibungsvermessungen (Berlin 1920) Ergänzungsbestimmungen I. Teil vom 01.06.1931 zu den Anweisungen VIII, IX und X für das Verfahren bei Dr.-Ing. Markus Rembold den Katasterneumessungen (Berlin 1931) Ennepe-Ruhr-Kreis, Vermessungs- und Katasteramt (XI.) Anweisung vom 11.03.1932 für die Umformung Hauptstraße 92 geographischer, sphäroidischer und konformer Koor- 58332 Schwelm dinaten (Berlin 1932) m.rembold@en-kreis.de
18 :NÖV NRW 1/2016 Über die Entstehung des Höhenfestpunktfeldes in der Landes- hauptstadt Düsseldorf Eberhard Ziem Der Anlass zur Anlage des (kommunalen) Höhenfest- (Abbildungen 1 und 2, blaue Markierung). Die den Bau punktfeldes in Düsseldorf war der Bau des ersten Ka- ausführende englische Firma Lindlay erhielt den Auf- nals 1873-75. Er führte ausgehend von der Jacobistra- trag, hierfür ein Nivellement durchzuführen. Die Firma ße über die Oststraße - Bahnstraße - Königs- Lindlay hatte sich bereits bei ähnlichen Aufträgen in allee - Elberfelder Straße – Alleestr. (heute: Heinrich- Hamburg (1845) und Frankfurt/M. (1866) einen Na- Heine-Allee) - Schützeninsel (heute: südlich der Rhein- men gemacht. terrasse am Joseph-Beuys-Ufer) in den Rhein Abb. 1: Kanalisationsplan von 1889 auf Grundlage des Plans der Stadt Düsseldorf von 1880 - Ausschnitt - Quelle: Vermessungs- und Katasteramt der Landeshauptstadt Düsseldorf Abb. 2: Luftbild der Landeshauptstadt Düsseldorf 2015 - Ausschnitt Quelle: Vermessungs- und Katasteramt der Landeshauptstadt Düsseldorf
:NÖV NRW 1/2016 19 Die vereideten Landmesser Kremer und Halstenberg 1871 wurden die Höhenangaben nicht mehr in Fuß und führten die geodätischen Nivellementsarbeiten für die Zoll sondern in Meter angegeben. Firma Lindlay aus. Vermutlich setzten sie ein Nivellier der Firma F. W. Breithaupt & Sohn GmbH & Co. KG, Kassel, ein. Näheres ist über das Nivellier und dessen Genauigkeit nicht überliefert. Bezugshöhe war der damalige Ortshorizont, der Düsseldorfer Pegel (D.P.). Als Höhenmarken wurden von der Firma Lindlay runde Schilder aus Gusseisen an Häusern und an Eichenpfäh- len angebracht. Ein horizontaler Steg in der Mitte des Schildes repräsentierte die Höhe, im oberen Halbkreis war das Stadtwappen mit dem Schriftzug HÖHE ange- geben, im unteren Teil die Höhe in Metern über dem Düsseldorfer Ortshorizont (Abbildung 3). Abb. 4: Gebäude des Alten Zolltors um 1890 Quelle: Stadtarchiv der Landeshauptstadt Düsseldorf, Signatur: 235-350-003 Abb. 3: Historisches Höhenschild am Gebäude Aus den städtischen Akten ist erkennbar, dass die Ulmenstr. 86, 40476 Düsseldorf Höhenangaben sich über die Jahrzehnte immer wieder Quelle: Vermessungs- und Katasteramt der Landes- aufgrund von Beschädigungen der Pegelmarkierungen, hauptstadt Düsseldorf u. a. durch Hochwässer des Rheins, im Dezimeterbe- reich änderten. Sieben dieser historischen Höhenschilder sind heute noch im Stadtgebiet vorhanden, sie stehen seit 1995 unter Denkmalschutz. Eine derartige Höhentafel wurde auch an dem damali- gen Gebäude des alten Zolltors montiert und mit dem Rheinpegel in Verbindung gebracht (Abbildung 4). Seit etwa 1766, gesichert seit 1817, befand sich in un- mittelbarem Umfeld dieses Bauwerks am damaligen Rheinufer im Bereich der Schiffbrücke (Abbildung 5) eine einfache Einrichtung zur Erfassung des Rheinwas- serstandes. In der Regel bestanden damals die Pegel- messeinrichtungen aus einer eisernen Stange, die in die Quadermauern der Uferbefestigung eingelassen wurde und deren Fußpunkt den jeweils niedrigsten Abb. 5: Rheinufer mit Altem Zolltor und Schiffsbrücke um bekannten Wasserstand des Rheins an dieser Stelle 1880 repräsentierte. Auch eingemeißelte Markierungen und Quelle: Stadtarchiv der Landeshauptstadt Düsseldorf, eine Kennzeichnung mit Ölfarbe an Mauern der an- Signatur: 033-100-047 grenzenden Gebäude waren gebräuchlich. Schon ab
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