Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Achtzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern

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Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Achtzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
AUSGABE         Achtzehnte Ausgabe mit Berichten
                aus den Bundesländern:

 18             Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten,
DEZEMBER 2020   Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich
Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Achtzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
INHALT | 2    3 | Vorwort

Inhalt
                                                                 Salzburg
                                                                 Berufsjägerprüfung 2020                                  45
Editorial                                                 3      Unsere neuen Kollegen                                    46
Wie steht es um dem Wolf in Deutschland?                  5      Wir gratulieren                                          47
Goldschakal                                              10      Toni Meggle – Ehrenmitgliedschaft                        47
Revier Weissenbach am Attersee                           14      Berufsjäger-Ausflug                                      48
Schutzwalddiskussion                                     15      Leonhard Tranninger – Nachruf                            48
Nachgedacht                                              24
Buchvorstellung                                          25
Belastungsprobe für die Jagd in Bayern                   30      Kärnten
BerufsjägerInnen-Ausbildung                              32      Rotwild als Selbstversorger                              49
                                                                 Steinwild am Großglockner                                51
Vorarlberg
Eröffnungsabend Ausbildung Berufsjäger                   33      Steiermark
Pinselohr auf leisen Sohlen

Tirol
                                                         34      Wenn der Wolf ein- und der Hausverstand auszieht 53
                                                                 Wildbiologischee Projekte
                                                                 Wir gratulieren
                                                                                                                  54
                                                                                                                  57
                                                                                                                                Liebe Berufsjägerinnen
                                                                                                                                und Berufsjäger!
Berufsjägervereinigung Informationen 2020                37
Tiroler Steinwildzählung                                 38      Oberösterreich
Passion vertikal in Fels und Eis                         42      22. Generalversammlung der OÖ-Berufsjäger                58
Jagdhundbesteuerung in Tirol                             44      Digitale Wildbret-Vermarktung                            62

                                                                                                                                        Seit mehr als 70 Jahren inspiriert uns bei SWAROVSKI OPTIK die Liebe zur Natur.
                                                                                                                                      Es ist unser Anliegen, die Menschen für die Natur zu begeistern und sie zu ermuntern,
                                                                                                                                                 ihr als Gast mit Achtung und Respekt zu begegnen – bei der Jagd
                                                                                                                                                            und bei allen sonstigen Outdoor-Aktivitäten.

                                                                                                                                Wir sehen die Jagd ganz im Sinne der alpenlän-
                                                                                                                                dischen Tradition als eine wichtige Aufgabe im
                                                                                                                                Einklang mit der Natur, die einen wertvollen Beitrag
                                                                                                                                zum Gleichgewicht im Revier leistet. Grundlagen
                                                                                                                                für die Jagd und ihre erfolgreiche Ausübung sind
                                                                                                                                wache und aktive Sinne: Intensives Beobachten,
                                                                                                                                konzentriertes Lauschen und sicheres Erfassen
                                                                                                                                von Situationen. Diese Achtsamkeit gepaart mit
                                                                                                                                dem Respekt vor der Natur und ihrer Schönheit
                                                                                                                                ist für uns das Herzstück der Jagd.
                                                                                                                                Die Jagd schützt und bewahrt gemeinsam mit
                                                                                                                                der Forst- und Landwirtschaft unsere einmalige
                                                                                                                                Heimat für kommende Generationen in ihrer
                                                                                                                                Ursprünglichkeit. Darum ist es wichtig, die natür-
                                                                                                                                lichen Lebensräume zu pflegen, zu bewirtschaften
                                                           IMPRESSUM:                                                           und jagdlich zu nutzen. Denn schließlich ist der
                                   Herausgeber u.v.d.I.v.: Österreichische Berufsjägerverbände                                  Lebensraum des Wildes durch die menschliche
   Redaktion: Heimo Kranzer, Schwaighof 203, 8913 Weng im Gesäuse, Tel.: 0664/2113174, Mail: kranzer@landesforste.at
                                                    Titelbild: Wildlifepictures                                                 Besiedelung stark eingeschränkt worden. Wo
          Redaktionsteam: Birgit Kluibenschädl, Thomas Dornauer, (Tirol); Josef Hörl, Christoph Burgstaller, Georg Rieger       früher vielleicht Wälder und Auen waren, stehen
          (Salzburg); Walter Pucher (Kärnten); Corinna Gertenbach (Oberösterreich); Christoph Rogge (Niederösterreich);         heute Siedlungen.
                                  Jonathan Pucher (Steiermark); Manfred Vonbank (Vorarlberg);
 Fotos: Namentlich nicht gekennzeichnete Motive wurden vom jeweiligen Landesverband und der Redaktion zur Verfügung gestellt.
                                                                                                                                Als Berufsjägerinnen und -jäger widmen Sie sich
                                    © Medien Manufaktur Admont/Druckerei Wallig, Gröbming                                       intensiv der Hege und Pflege. Sie zeichnen sich
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VORWORT | 4      5 | Wolf

                                                                                                          Wie steht es
durch Ihr großes Naturverständnis aus: Als Exper-
tinnen und Experten für Fauna und Flora vermit-
teln Sie Ihr Wissen, begeistern für die Natur und
                                                      Wildbret ist in unseren Augen ein nachhaltiges,
                                                      regionales und hochwertiges Nahrungsmittel,
                                                      das einen achtsamen Fleischkonsum fördert:
                                                                                                          um den Wolf
schützen diese. Sie, liebe Berufsjägerinnen und
Berufsjäger, sind Schlüsselpersonen zum Erhalt
                                                      Keine Transportwege, kein Antibiotikum, keine
                                                      Massentierhaltung – sprich „from the wild to the    (Canis lupus, L. 1758)
                                                                                                          in Deutschland ?
der alpenländischen Jagdtradition.                    table“. Es wäre wichtig, dass hochwertiges Wild-
Einerseits ist es schön zu beobachten, dass immer     bret geschätzt wird und nicht nur in veredelter
mehr Menschen den Erholungswert des Waldes            Form einen angemessenen Preis erzielt. Vielmehr
und der Natur schätzen und nutzen. Andererseits       soll das lokale Wildfleisch Einzug in immer mehr
bedeutet eine höhere menschliche Aktivität na-        Haushalte finden, anstatt Wildbret aus Übersee
türlich auch, dass Berufsjägerinnen und Berufs-       oder gar Gatterhaltung einfliegen zu lassen.
jäger stärker gefordert sind, alle Interessen unter   Für mich ist die Jagd in Summe eine höchst                Seit er nicht mehr verfolgt wurde, ist Isegrim nach langer Abwesenheit in angestammtes
einen Hut zu bringen. Wenn der Lebensraum des         verantwortungsvolle Tätigkeit, die den Kontakt           Verbreitungsgebiet, zu dem auch Deutschland und Österreich gehören, zurückgekommen.
Wildes vielfältig genutzt wird, dann braucht es       des Menschen zur Natur fördert und in der je-         In der DDR wurde bis 1990 jeder von Osten einwandernde Wolf im gesellschaftlichen Konsens
auch vermehrt Aufklärungsarbeit und Verständnis,      dem Lebewesen mit Wertschätzung und Respekt           erlegt. Nur ganz wenige Exemplare überwanden die innerdeutsche Grenze in Richtung Westen.
damit ein harmonisches Mit- und Nebeneinander         begegnet wird.
möglich ist.                                          In unseren Augen ist das Jagen eine der inten-
Hochwertige Beobachtungs- und Zieloptik ver-          sivsten und schönsten Aktivitäten, die man in der   Nach wie vor ist der Wolf eine der am weitest ver-   4 % der Landesfläche seine Fährte ziehen, wäh-
setzt Jägerinnen und Jäger in die Lage, ihren         freien Natur erleben kann. Man lebt, fühlt, denkt   breiteten Säugetierarten der Nordhemisphäre. Kein    rend Isegrim sich frei und ungehindert im ganzen
Aufgaben verantwortungsvoll nachzukommen.             und handelt im Rhythmus der Natur. Oder wie es      Gedanke daran, dass er eine bedrohte Art wäre, wie   Land bewegen kann. Der Druck des ideologischen
Mit Ferngläsern und Spektiven kann der Bestand        ein Sprichwort treffend umschreibt: „Des Jägers     das immer wieder behauptet wird. Im nördlichen       Naturschutzes und der urbanisierten, von der
im Revier beobachtet werden, ohne das Wild zu         Glück ist ein Augenblick.“                          Eurasien gibt es und gab es seit Jahrtausenden       Natur entkoppelten Bevölkerung auf Politik und
beunruhigen. Scharfe, optimal dargestellte Bilder     Ich wünsche Ihnen, dass Sie im Laufe Ihrer jagd-    vitale Wolfsbestände. Da zwischen den lokalen        Öffentlichkeit ist groß. Regierung und Gesetzgeber
mit idealem Kontrast, hoher Detailerkennung und       lichen Laufbahn viele derart kostbare Augenblicke   Beständen genetischer Austausch besteht, kann        trauen sich nicht, die jetzt dringend notwendigen
Randschärfe erleichtern das korrekte Ansprechen       erleben mögen.                                      man die eurasischen Wölfe einer sogenannten          Schritte in Richtung planmäßiger Bejagung des
und schaffen Klarheit über den Zustand der Wild-                                                          Metapopulation zurechnen. Die derzeit in Europa      Wolfs zu unternehmen. Diese Vogel-Strauß-Politik
tierpopulationen im Revier.                                        Allzeit guten Anblick                  definierten Wolfspopulationen haben mit Biologie     wird dem Wolf auf Dauer eher schaden als nützen
Zieloptik oberster Güte, die fachgerecht montiert            und ein kräftiges Weidmannsheil!             wenig zu tun! Dass der Wolf in Nordeurasien in       und führt unweigerlich zu Konflikten.
und eingeschossen ist, erhöht die Chance, einen                                                           seinem Bestand gesichert ist, zeigt ja gerade die    Ausbreitungs- und Reproduktionsdynamik sowie
präzisen Schuss anzutragen. So können Jägerinnen                                                          Dynamik, mit der er sich vermehrt und ausbreitet.    Einfluss auf Wild- und Weidetiere werden weiter
und Jäger, das Wild ohne Leid und Stress erlegen.                                                         Heute ist der Wolf Ikone und Goldesel des ide-       unterschätzt. Die Dokumentations- und Beratungs-
Das Wild bewegt sich artgerecht in seiner Um-                   Carina Schiestl-Swarovski                 ologischen Naturschutzes. Von den Freiheiten,        stelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) stellt
gebung, lebt bis zur letzten Sekunde in Freiheit.        Vorstandsvorsitzende SWAROVSKI OPTIK             die Isegrim genießt, können andere Wildtiere         Daten zum Wolf in Deutschland zur Verfügung.
Das durch die Jagd gewonnene Fleisch ist somit                                                            nur träumen. Man denke nur an das in vielen          Im „Wolfsjahr“ 2019/20 (1. Mai bis 30. April)
sowohl in ethischer als auch in gesundheitlicher                                                          deutschen Bundesländern „kasernierte“ Rotwild.       wurden 128 Rudel, 35 Wolfspaare und 10 terri-
Hinsicht der Massentierproduktion weit überlegen.                                                         In Baden-Württemberg darf Rotwild auf lediglich      toriale Einzeltiere registriert. Die Zahl der Welpen
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lag bei 420. Die 35 Paare werden im laufenden           Unser Wolfsbestand ist also keine eigenstän-         nicht zu. Reviere und Hegegemeinschaften sind            schen gegenüber extrem aggressiv sein können.
Jahr vermutlich auch großteils Welpen gehabt            dige Population, wie von verschiedenen Seiten        gut beraten, bei Abschussplänen durch geringeren         Was spricht also dagegen, Isegrim durch reguläre
haben. Selbst wenn die natürliche Mortalität bei        behauptet wird. Diese Behauptung wird aufge-         Abschuss von Kälbern und weiblichem Wild den             und planmäßige Bejagung das Reißen von Wei-
Welpen sicher nicht gering ist, bleiben immer noch      stellt, um den „günstigen Erhaltungszustand“         Wolfeinfluss zu berücksichtigen.                         detieren sowie die Annäherung an menschliche
genügend, die Reviere und Geschlechtspartner            der FFH-Richtlinie ins Spiel bringen zu können,      Das Mantra einer extrem lupophilen Fraktion zur          Ansiedlungen und Menschen abzugewöhnen?
suchen. Deutsche Bundesländer, in denen bis-            der sich allerdings auf Populationen, und nicht      Lösung aller Konflikte mit Isergim lautet Herden-        Außer dem ideologisch motovierten Tierschutz
her kaum sesshafte Wölfe vorkamen, und relativ          auf lokale Bestände bezieht. Unser Wolfsbe-          schutz. Bisher haben die Wölfe in Brandenburg            und seiner Riesenpropaganda eigentlich nichts.
wolfsarme Länder wie Österreich und die Schweiz,        stand gehört mit anderen europäischen Wölfen         aber noch jeden Zaun überwunden und schon                In der Schweiz ist im September 2020 ein neues
sollten sich auf die weitere Ausbreitung von Ise-       zu einer sog. Metapopulation, die sich eindeutig     mehrfach Kälber aus dem Stall geholt. Nahezu             Jagdgesetz, das die Wolfsbejagung ermöglicht
grim vorbereiten.                                       im „günstigen Erhaltungszustand“ befindet. Die       täglich berichten Zeitungen von Wolfsübergriffen.        hätte, von „nur“ 51,9 % der Wähler abgelehnt
Durch wandernde Individuen besteht zwischen             Zahl von 1000 geschlechtsreifen Individuen,          Auch das Spektrum gerissener Weidtiere wird              worden. Dieses knappe Ergebnis ist vielleicht ein
unseren und den Wolfsbeständen unserer Nach-            die durch die Literatur geistert und die den gün-    größer. Manche Wölfe schrecken jetzt auch vor            Hoffnungsschimmer. Eine allgemeine Trendwen-
barländer genetischer Austausch. Das hat auch           stigen Erhaltungszustand anzeigen soll, wird in      Pferden nicht mehr zurück. Bis vor kurzem stell-         de wird allerdings schwierig, da in Mitteleuropa
das Landesumweltamt Brandenburgs auf seiner             der FFH-Richtlinie nirgends erwähnt! 1000 ge-        te die DBBW in einer Grafik den exponentiellen           große Teile der Bevölkerung in Städten wohnen
Internetseite bis vor kurzem bestätigt. Zitat:          schlechtsreife Wölfe bedeuteten 500 Rudel. Bei       Anstieg von wolfsverursachten Nutztierschäden            und Zusammenhänge in der Natur aus eigener
„Brandenburg ist nicht nur ein Einwanderungsland        nur 8 Rudelmitgliedern wären das 4000 Wölfe, ein     von 2000 bis 2018 sowie den parallelen Anstieg           Anschauung nicht mehr kennen. Und gerade
für Wölfe; von hier abgewanderte Tiere konnten          Horrorszenario. Wir müssen vorsichtig geschätzt      der Wolfsrudel dar. In der jüngsten Grafik fehlen        dieser Teil der Bevölkerung wird vom ideolo-
durch bundesweiten und Datenaustausch in an-            bereits derzeit für Deutschland mit mehr als         nun die Wolfszahlen. Man sieht also die Paralle-         gischen Naturschutz in eine unreflektierte pro
deren Bundesländern, wie auch in mehreren               1400 Wölfen rechnen. Der Nettojahreszuwachs          lität beider Kurven, sichtbarer Ausdruck für das         Wolf Stimmung versetzt. Das Forum Natur Bran-
europäischen Staaten genetisch nachgewiesen             beträgt 30 bis 35 %. Netto heißt, eine gewisse       weitgehende Scheitern des bisher praktizierten           denburg, in dem auch der Landesjagdverband
werden.“                                                Mortalität ist dabei berücksichtigt. In wenigen      Herdenschutzes, nicht mehr. Ein Schelm wer               mitarbeitet, hat gerade unter lautem Protest
Heute fehlt diese Angabe auf der Seite des Lan-         Jahren werden wir vermutlich tatsächlich mehr als    Böses dabei denkt.                                       die Mitarbeit in den Gremien des Landes zum
desumweltamtes. Man kann daraus nur einen               4000 Wölfe haben. Spätestens dann werden die         In Tierparks werden Wölfe durch stabile Draht-           Wolfsmanagement wegen der realitätsfremden
Schluss ziehen: Das Amt hat erkannt, dass der           Probleme für die Weidewirtschaft aus dem Ruder       geflechtzäune mit Elektrolitzen auf gemauerten           Wolfspolitik der Landesregierung beendet.
deutsche Wolfsbestand Teil einer größeren Popu-         gelaufen sein und auch Begegnungen zwischen          Sockeln am Ausbruch gehindert. Um Wölfe si-              Alle deutschen Bundesländer haben Wolfsma-
lation ist. Und wenn man das konzediert, dann           Wolf und Mensch werden häufiger stattfinden.         cher daran zu hindern, in Weiden einzubrechen,           nagementpläne erarbeitet. Jagd ist in Mitteleu-
ist das Gerede von einer deutschen Wolfspopu-           Dabei kommt es nicht nur auf eine reale Be-          müssten diese ganz entsprechend eingezäunt               ropa ein wichtiges Instrument des Wildtier-
lation, die sich im günstigen Erhaltungstzustand        drohung des Menschen durch den Wolf an. Auch         werden. Dass das aus vielerlei Gründen nicht mög-        managements. Diese Pläne zum Umgang mit
befinden müsste, unzutreffend. Das passt aber           das subjektive Angstempfinden von Men-schen          lich ist, muss jedem klar sein. Im montanen oder         dem Wolf haben aber mit Management, also
anscheinend nicht ins offizielle Wolfsbild und          muss dabei berücksichtigt werden. Diesen Reali-      alpinen Bereich, aber auch auf Deichen, können ja        mit der direkten Beeinflussung von Wolfsbe-
wird deshalb verschwiegen.                              täten verweigern sich Regierungen verschiedener      schon jetzt die für den Weidetierschutz gängigen         ständen, nichts zu tun. Es geht vorrangig um
                                                        europäischer Länder, darunter Deutschland und        „Elektrozäunchen“ nicht aufgestellt werden. Auch         Ruhigstellung der Bevölkerung im ländlichen
                                                        Österreich, hartnäckig.                              Herdenschutzhunde oder Esel sind offenbar kein           Raum durch Bezuschussung des Herdenschutzes
                                                        Während der Abwesenheit des Topprädators Wolf        Allheilmit-tel, zumal die eingesetzten Hunde Men-        und finanziellen Ausgleich bei Wolfsrissen. Die
                                                        haben sich seine potentiellen Beutetiere an sein
                                                        Fehlen adaptiert. Die Weidewirtschaft brauchte
                                                        keinerlei Schutzmaßnahmen. Nun muss unser hei-
                                                        misches Schalenwild sich erst wieder an den Wolf
                                                        gewöhnen. Das Muffelwild wurde in Deutschland
                                                        bereits von Isegrim weitestgehend ausgerottet, das
                                                        Damwild stark dezimiert. Die großen Angstrudel
                                                        beim Rot- und Damwild, die sich bei Isegrims
                                                        Anwesenheit bilden, werden vermutlich keine
                                                        Dauererscheinung bleiben, weil das Wild sich
                                                        wieder auf den Wolf einstellt bzw. Bestände, wie
                                                        beim Damwild zu beobachten, abnehmen. Bis
                                                        dahin aber können solche Angstrudel, die tage-
                                                        lang an einer Stelle bleiben, gewaltige Schäden
                                                        in Feld oder Wald verursachen. Der Spruch „Wo
Diese Wölfin ruht sich nach dem Säugen der Welpen aus   der Wolf jagt, wächst der Wald“ trifft dort sicher                                       Heute fehlen in der Grafik die Wolfszahlen
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Bürokratie feiert dabei fröhliche Urständ. Eine      zu überführen. Gams und Steinbock stehen
unüberschaubare Zahl von Gremien und Einzel-         bspw. in Anhang V und werden regulär bejagt.
personen ist bei der Entscheidungsfindung be-        In deutschen Jagdgesetzen wird die Anpassung von
teiligt, wenn bspw. ein verletzter Wolf gefunden     Wildbeständen an die Landeskultur gefordert. Im
wird. Ein Wolf, der auf dem nördlichen Berliner      Klartext heißt das, Landwirtschaft, Forstwirtschaft
Ring angefahren wurde, musste stundenlang            und Fischereiwirtschaft müssen ohne unzumut-
leiden, bis er schließlich von einem Polizisten      bare Beeinträchtigung durch Wild möglich sein.
erlöst werden konnte. Die Autobahn war drei          Beim Wolf soll es nun gerade umgekehrt laufen.
Stunden in beide Richtungen gesperrt. In Han-        Die Landeskultur soll sich an den Wolf anpassen.
nover hat man eigens einen PKW-Anhänger als          Das treibt bereits seltsame Blüten. Manche Kin-
Krankenwagen für Wölfe gebaut (sic!). Mangels        dergärten machen keine Ausflüge mehr in den
Patienten kam das über 10.000,– Euro teure           Wald, Hunde sollen bei Drückjagden in Wolfsge-
Gefährt bisher allerdings nicht zum Einsatz.         bieten, also bald überall in Deutschland, bei der
Da der Wolf in Deutschland (bis auf Sachsen,         Jagd nicht mehr geschnallt werden und ganze
und demnächst auch Niedersachsen) nicht im           Landstriche müssen wolfssicher gezäunt wer-
Jagdrecht steht, dürfen wir Jäger bei solchen        den, um Weideviehverluste zu vermeiden. Legale
Gelegenheiten nicht tätig werden. Wo bleibt da       „Entnahmen“, wie Erlegungen im Gutmenschen-
der Tierschutz?                                      deutsch heißen, können bei uns allenfalls nach
Die Vielzahl von Organisationen, Verbänden und       Artikel 16 der FFH-Richtlinie stattfinden. Danach
Behörden, die sich außerhalb des Jagdrechts          könnten Wölfe u. a. zum Schutz wildlebender Tiere
mit dem Wolf beschäftigt, wird unser Jagdrecht       „entnommen“ werden. Die restriktive Praxis von
aushebeln, wenn der Wolf nicht bald als jagd-        Genehmigungsbehörden hat bisher jedoch noch
bare Art ins Bundesjagdgesetz übernommen             zu keiner einzigen Wolfserlegung zum Schutz
wird. Das ist notwendig, selbst wenn der Wolf        bspw. des Muffel-wildes geführt. Auch vom Wolf
deshalb weiterhin nicht bejagt werden kann.          arg geplagte Weidetierhalter haben entsprechende
Zudem muss unsere Regierung endlich den              Anträge gestellt. Sie wurden fast alle abschlägig
Mut aufbringen, in Brüssel zu beantragen, den        beschieden. Und wenn eine Abschussgenehmigung                         Das ist die Reaktion des Wolfs auf unsere bisherige Wolfspolitik
Wolf in Deutschland von Anhang IV (strengst          dann doch mal rechtskräftig wird, ist der Wolf
möglicher Schutz) der FFH-Richtlinie nach            noch lange nicht „entnommen“. Das liegt an der                        an unserem Reviersystem und an der Biologie der                    Nur eine Freigabe in allen Jagdrevieren innerhalb
Anhang V (Managementmaßnahmen möglich)               Freigabe nur eines bestimmten „Problemwolfs“,                         Wölfe. Aus Sicht der Zoologie gibt es übrigens                     des Wolfsreviers für die lokalen Jagdausübuns-
                                                                                                                           keine Problemwölfe. Gemeint sind damit solche                      berechtigten, sprich Revierinhaber, könnte hier
                                                                                                                           Exemplare, die gelernt haben, wie einfach es                       Abhilfe schaffen. Durch eine erfolgte Änderung
                                                                                                                           ist, Weidevieh zu reißen. Möglicherweise sind                      des deutschen Naturschutzgesetzes wäre es jetzt
                                                                                                                           Problemwölfe die schlauesten und erfindungs-                       grundsätzlich auch möglich, bei gehäuften Über-
                                                                                                                           reichsten ihrer Art.                                               griffen auf Weidetiere irgendeinen Wolf aus dem
                                                                                                                           Ein 30.000 Hektar großes Wolfsrevier schließt                      betreffenden Rudel oder auch mehr als einen zu
                                                                                                                           in der Regel deutlich mehr als 30 Jagdbezirke                      erlegen. Jedoch ist bisher meines Wissens nicht
                                                                                                                           ein. Dort von einem oder zwei beauftragten „Ent-                   ein einziger entsprechender Antrag genehmigt
                                                                                                                           nehmern“ diesen einen „Problemwolf“ zu finden,                     worden. Realitätsferne bleibt also leider weiterhin
                                                                                                                           als solchen zu identifizieren und schließlich zur                  bestimmendes Element der deutschen Wolfspoli-
                                                                                                                           Strecke zu bringen, ist definitiv nicht möglich. In                tik. Man kann einem „Wolfserwartungsland“ wie
                                                                                                                           Niedersachsen sollte ein bestimmter „Problem-                      Österreich nur raten, sich daran kein Beispiel zu
                                                                                                                           wolf“, der sich auf Weidetiere als Beute spezialisiert             nehmen.
                                                                                                                           hatte, „entnommen“ werden. Trotz erheblichem
                                                                                                                           personellen und finanziellen Aufwandes hast das
                                                                                                                           nicht geklappt. Auch aus juristischer Sicht und
                                                                                                                           unter Sicherheitsaspekten ist es fraglich, ob das                                         Autor:
                                                                                                                           Nebeneinander von staatlich beauftragten Wolfs-                    Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Hans-Dieter Pfannenstiel
An solchen Anblick haben sich Jäger in Deutschland   Jäger stellen teilweise solche Schilder auf, um zu zeigen, dass sie
                                                                                                                           jägern und Jagdausübungsberechtigten der betref-                                     Diplom-Biologe
bereits gewöhnt                                      keine Verantwortung für die Situation tragen                          fenden Jagdbezirke rechtskonform und sinnvoll ist.                          h.d.pfannenstiel@t-online.de
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                                                                                                           Was wird beim Goldschakal-Projekt in der Praxis
                                                                                                           gemacht und was genau ist Ihre Aufgabe dabei?
                                                                                                           Jennifer Hatlauf:
                                                                                                           Ich sammle Vorkommensnachweise von Goldscha-
                                                                                                           kalen in Österreich. Diese Nachweise können
                                                                                                           entweder „passiv“ erbracht werden, das heißt,
                                                                                                           es werden mir Fotofallenbilder aus Jagdrevieren
                                                                                                           geschickt. Es gibt aber auch „aktives“ Monitoring,
                                                                                                           bei dem gezielt Fotofallen platziert oder auch
                                                                                                           akustische Stimulation durchgeführt werden.
                                                                                                           Hierbei wird ein spezieller Ruf abgespielt, der die
                                                                                                           anwesenden Tiere zu einer Antwort animiert. Un-            1960er-Jahre zurückgegangen. Der gefährlichste
                                                                                                           ser Ziel sind aktualisierte Verbreitungskarten und         natürliche Feind des Goldschakals ist der Wolf, des-

Goldschakal
                                                                                                           Habitatmodelle zum Goldschakal in Österreich. Die          sen Abwesenheit die Ausbreitung von Schakalen
                                                                                                           Datenerhebung war bisher durchaus erfolgreich.             in den vergangenen Jahren sicherlich begünstigt
                                                                                                           Die Meldungen aus der Jägerschaft schätze ich              hat. Weitere Gründe für eine Ausbreitung können
                                                                                                           besonders, da hier oft das geschulte Auge hilfreich        z.B. in veränderten klimatischen Bedingungen oder
                                                                                                           ist und die Kenntnis des Reviers natürlich von             Änderungen in der Landnutzung liegen. In Europa
                                                                                                           großem Vorteil ist.                                        ist das Hauptverbreitungsgebiet am Balkan; nach
                                                                                                           Die Suche mit Spürhunden nach Goldschakal-Lo-              Österreich kommen die Tiere vor allem aus Ungarn
                                                                                                           sung ist auch ein Teilbereich meiner Arbeit. Diese         und auch aus Slowenien und der Slowakei.
                                                                                                           Ergebnisse wurden in einem wissenschaftlichen
 Der Goldschakal (Canis aureus) ist eine eng mit dem Wolf verwandte Art der Hunde.                         Bericht zusammengefasst, der unter nachstehen-             Nun interessieren uns noch ein paar Fragen zum
 Er ist der einzige Schakal, der in Europa verbreitet ist. Der Goldschakal ist in seiner                   dem Link abrufbar ist.                                     Goldschakal aus der Sicht eines Jägers, der mit
Lebensraumwahl flexibel und kann sich gut an verschiedene Gegebenheiten anpassen.                          https://link.springer.com/article/10.1007/s13364-          dem Goldschakal häufig zu tun hat. Wir konnten
                                                                                                           020-00537-4                                                den Berufsjäger Zsolt Bende, der in einem unga-
   Er ist ursprünglich bei uns nicht heimisch. Seit 1987 gibt es jedoch Nachweise
                                                                                                           Interessant sind vor allem Fragen der möglichen            rischen Nationalpark tätig ist, für ein Interview
      von Goldschakalen in Österreich. Sie breiten sich vom südosteuropäischen
                                                                                                           Auswirkung von Goldschakalen in neuen Gebieten,            gewinnen.
                              Raum Richtung Westen aus.
                                                                                                           ihre Ausbreitungstendenz und neue Forschungs-
                                                                                                           methoden. Mögliche Nutztierrisse möchte ich                Was ist Ihr Arbeitsumfeld und wo sind Sie
Es gibt dazu ein Projekt, das sich mit der Verbrei-   Wie ist das Goldschakal-Projekt in Österreich ent-   gerne auch in Zukunft untersuchen. Wir untersu-            jagdlich tätig?
tung des Goldschakals in Österreich beschäftigt.      standen?                                                                                                        BJ Zsolt Bende:
                                                                                                           chen in Kleinprojekten z.B. das Heul-, Jagd- oder
Wir konnten uns mit der Projektleiterin, der Wild-    Jennifer Hatlauf:                                                                                               Ich bin 36 Jahre alt und bin als Agrar- (Universität
                                                                                                           Fressverhalten.
tierökologin Jennifer Hatlauf, über das Projekt und   Nach meinem Studium der Agrarwissenschaften                                                                     Kaposvár), Naturschutz- (Universität Kaposvár)
die Verbreitung des Goldschakals in Österreich        studierte ich Wildtierökologie und Wildtierma-       Wo sind Goldschakale ursprünglich beheimatet und           und Wildtiermanagement-Ingenieur (Szent István
unterhalten.                                          nagement an der Universität für Bodenkultur. In      wie kommen sie zu uns nach Österreich?                     Universität - Gödöllö) MSC ausgebildet. Seit acht
Weiters konnten wir dem ungarischen Berufsjäger       den letzten Jahren beschäftigte ich mich mit dem     Jennifer Hatlauf:                                          Jahren arbeite ich als Berufsjäger, davon seit
Zsolt Bende, dem der Goldschakal täglich vor die      potenziellen Lebensraum des Goldschakals und         Die Goldschakalbestände in Europa sind bis in die          fünf Jahren als Forst- und Wildtiermanagement-
Büchse läuft, ein paar interessante Fragen stellen.   möglichen Habitatfaktoren. Um die angewandten
                                                      Methoden in der Goldschakalforschung genauer
                                                      unter die Lupe zu nehmen, bereiste ich unter
                                                      anderem vorkommensstarke Länder wie Rumänien
                                                      und Ungarn, wo ich die dortigen Forscher beim
                                                      Monitoring unterstützte.
                                                      Die brennende Frage nach dem tatsächlichen
                                                      Goldschakal-Vorkommen in Österreich führte dann
                                                      zum Pilotprojekt „Goldschakal in Österreich“,
                                                      für das ich 2015 das Forschungsstipendium der
                                                      BOKU und von 2018 bis 2020 eine Förderung
                                                      der Österreichischen Akademie der Wissenschaf-
     Jennifer Hatlauf              Zsolt Bende        ten erhielt.                                                                      Größenvergleich: Fuchs, Goldschakal, Wolf © Jennifer Hatlauf
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                                                                                                                                   Was sind potentielle Beutetiere
                                                                                                                                   eines Goldschakals?
                                                                                                                                   BJ Zsolt Bende:
                                                                                                                                                                                         INFOBOX GOLDSCHAKAL
                                                                                                                                   Goldschakale sind Opportunisten. Sie ernähren
                                                                                                                                   sich nahezu von allem. Aber unsere Untersu-
                                                                                                                                   chungen im Revier zeigen, dass sie ca. 85 %
                                                                                                                                   Nagetiere und ca. 15 % Pflanzen sowie Kadaver
                                                                                                                                   und Jungtiere von Hochwild fressen.
                                                                                                                                   Jennifer Hatlauf:
                                                                                                                                   Der Goldschakal ist dämmerungs- und nachtaktiv
                                                                                                                                   und seine Hauptbeute sind kleine bis mittelgroße
                                                                                                                                   Säugetiere. Ebenso frisst der Goldschakal Am-
                                                                                                                                   phibien, Insekten, Fische, Kadaver oder je nach
                                                                                                                                   Saison auch zu einem großen Anteil pflanzliche
                                                                                                                                   Nahrung. Er verachtet auch nicht anthropogene
                                                                                                                                   Nahrungsressourcen (wie Aufbruch oder in man-
                                                                                                                                   chen Regionen auch Schlachtabfälle) und ist in
                                                                                                                                   der Lage junge Schafe zu erbeuten. Das konnte
                                                                                                                                   bei den Rissen in Salzburg und Osttirol heu-
                                                                                                                                   er erstmalig in Österreich auch mit Hilfe eines
                                                                                                                                   DNA-Nachweises bestätigt werden. Er kann in           Lebensweise
                                                                                                                                   reich strukturierter Agrarlandschaft ebenso wie in    Der Goldschakal ist ein Nahrungsgeneralist,
                                                                                                              © Jennifer Hatlauf
                                                                                                                                   Feuchtgebieten gute Bedingungen und genügend          der sich sehr gut an die Saison, das Habitat
Zweig-Leiter der Direktion des Nationalparks                    Hat das Vorkommen von Goldschakalen Auswirkungen                   Nahrung vorfinden.                                    und die verfügbaren Ressourcen anpassen
Balaton-Oberland. Ich bin in der Nagy-Berek                     auf andere Prädatoren?                                                                                                   kann. Er benötigt ausreichend Deckung
Wildtiermanagement-Einheit tätig.                               Zsolt Bende:                                                       Sie haben des Öfteren Mageninhalte von erlegten
                                                                                                                                                                                         und Versteckmöglichkeiten, die er untertags
                                                                Ja, der Fuchsbestand nimmt auf jeden Fall ab,                      Goldschakalen untersucht. Was ist Ihnen dabei
                                                                                                                                                                                         nutzen kann.
Wie steht es jagdlich um den                                    da er vom Goldschakal verdrängt wird. Nach un-                     aufgefallen in Bezug auf die Nahrungsaufnahme
Goldschakal in Ihrer Region in Ungarn?                                                                                             dieses Raubtieres?
                                                                seren Beobachtungen wurden auch Dachswelpen                                                                              Unterschied Goldschakal – Fuchs
Zsolt Bende:                                                                                                                       BJ Zsolt Bende:
                                                                vom Goldschakal geräubert. Dem Wolf wird der                                                                             Eine markante Färbung in der braunen
Das Vorkommen des Goldschakals ist bei uns im                                                                                      Hier gibt es einige Besonderheiten:
                                                                Goldschakal wiederum aus dem Weg gehen, da                                                                               Gesichtsmaske ist eine deutliche weiße
Nationalpark Balaton-Oberland schon seit 12                                                                                        • Sehr auffallend ist, dass der größte Teil der
                                                                eine Begegnung zwischen den beiden tödlich für                                                                           Zeichnung um das Maul und den Hals.
Jahren wieder häufiger geworden. Er kommt mir                                                                                      Nahrung des Goldschakals aus Nagetieren besteht.
                                                                den Schakal ausgehen könnte. Der Wolf kommt                                                                              Im Verhältnis zum Körper ist die Rute des
auch täglich vor die Büchse. Er ist ganzjährig                                                                                     ­• Die Goldschakale fressen sehr gerne Obst und
                                                                aber bei uns (im Nationalpark Balaton-Oberland)                                                                          Goldschakals relativ kurz.
jagdbar und selbstverständlich steht er auch im                                                                                     andere Pflanzen.
                                                                noch nicht vor.                                                                                                          Das Trittsiegel des Goldschakals ähnelt
Abschussplan. Bei unserer Strecke liegen 150                                                                                        ­• Im Winter, bei schwererer Nahrungsbesorgung,
                                                                                                                                     suchen die Goldschakale systematisch nach Ka-       dem eines großen Fuchses, jedoch sind die
Goldschakale pro Jahr.
                                                                                                                                     davern.                                             Mittelballen im unteren Teil verwachsen, wie
                                                                                                                                     • Frischlinge und Kitze werden nur zufällig ihre    man in der Abbildung sehen kann. Dies gilt
                                                                                                                                     Beute.                                              sowohl für die Vorderläufe als auch für die
                                                                                                                                     Jennifer Hatlauf:                                   hinteren Extremitäten.
                                                                                                                                     Ich konnte einige Mageninhalte von Goldschakalen
                                                                                                                                     aus Österreich untersuchen. Es waren Kleinsäuger,   Jagdliche Regelung in Österreich
                                                                                                                                     Kadaver von Schalenwild (Wildschwein), Insekten     Der Goldschakal wird zurzeit in vier Landes-
                                                                                                                                     und Pflanzliches zu finden. Die Ergebnisse zeigen   jagdgesetzen als jagdbares Wild angeführt:
                                                                                                                                     auch ein paar spannende Details, die demnächst      Burgenland und Oberösterreich (Jagdzeit
                                                                                                                                     veröffentlicht werden.                              1. Oktober bis 15. März), Steiermark und
                                                                                                                                                                                         Salzburg (jeweils ganzjährig zu schonen).
                                                                                                                                                                                         In den anderen Bundesländern wird der
                                                                                                                                   Mehr über das Goldschakal-Projekt in Österreich       Goldschakal automatisch oder spezifisch
             Im Trittsigel des Goldschakals sind die Mittelballen im unteren Teil verwachsen © Jennifer Hatlauf                    ist auf www.goldschakal.at zu finden.                 im Naturschutzgesetz geführt.
Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Achtzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
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                                                                                                        lassen. Im Revier fehlen gänzlich Almbereiche,         Das Relikt der bedeutsamen Ära der Attergau-
                                                                                                        die als Äsung für das Wild hilfreich wären. Die        er Hallholzlieferung diente in späteren Jahren
                                                                                                        Höhenbereiche liefern nur wenig und sehr karge         Kaiser Franz Josef (1830-1914) als Jagdsitz.
                                                                                                        Äsung – mit ein wichtiger Grund, warum ins-            Verbrachte der Kaiser doch seine Sommer im
                                                                                                        besondere das Gamswild in die tieferliegenden          nahe gelegenen Bad Ischl der „Kaiserstadt“,
                                                                                                        Freiflächen drängt.                                    wo noch heute manches Geschäft mit dem Titel
                                                                                                                                                               „KuK Hoflieferant“ wirbt, weil es den Kaiser mit
                                                                                                        GESCHICHTLICHES ZUM REVIER                             Waren beliefern durfte. Das Salzkammergut, von
                                                                                                        Der Mittel- und Ausgangspunkt der geplanten            dem der Kaiser gesagt haben soll „es sei das Pa-
                                                                                                        Pirschgänge stellt das „Jagdhaus Aufzug“ dar.          radies auf Erden“, galt als eines der bevorzugten
                                                                                                        Doch was hat es mit dem Namen „Aufzug“ auf             Jagdgebiete des Monarchen. Kaiser Franz Josef
                                                                                                        sich? Der Name stammt von dem 1722-1871 im             gehörte zu den passioniertesten Jägern um die
                                                                                                        Betrieb gewesenen „Hallholz-Aufzug“: eine dama-        Jahrhundertwende. Er erlegte im Salzkammergut
                                                                                                        lige technische Pionierleistung zum Transport des      im Laufe seines Lebens über 3000 Gams. Es
                                                                                                        Salienenholzes. Zum Aussieden des Salzes, dem          zeugt von einer Zeit, in der das Wild einen sehr
Ein Revier stellt sich vor:                                                                             „weißen Gold des Salzkammerguts“, benötigten           hohen Stellenwert hatte. Das ganze Gebiet des
                                                                                                        die Salinen viel Holz. Transportmittel des Holzes      Höllengebirges war in der alten Monarchie streng

Revier Weissenbach am Attersee
                                                                                                        war in der Hauptsache das Wasser der Bäche und         gehütetes kaiserliches Jagdgebiet. Betretung nur
                                                                                                        Flüsse, dessen verstärkte Nutzung durch die Bauten     mit schriftlicher Erlaubnis, doch die wurde nur
                                                                                                        des Klaus- und Triftwesens erfolgen konnte. Die        selten erteilt.
                                                                                                        Holzwirtschaft der Attersee-Region blühte. Der
                                                                                                        Holzaufzug war eine technische Meisterleistung         DAS REVIER HEUTE
                                                                                                        damaliger Zeit. Er war das ebenso spektakuläre wie     Das ehemalige KuK Hofjagdrevier wird heute von
         Das knapp 3000 ha große Gebirgsrevier der österreichischen Bundesforste liegt im               aufwändige Herzstück des Holztransportes von der       den österreichischen Bundesforsten als Abschuss-
      oberösterreichischen Salzkammergut. Es grenzt im westlichen Teil sowohl an den größten            Attersee-Region zur Saline in Ebensee. So konnte die   jagd (Verpachtung an Abschussnehmer) geführt.
         aller Salzkammergutseen, den Attersee, als auch an das Bundesland Salzburg an.                 Wasserscheide im Weissenbachtal überwunden und         Jagdlich betreut wird das Revier seit 22 Jahren
            Das Revier erstreckt sich von 470 m (Attersee) bis knapp 1800 m Seehöhe.                    das Salinenholz weiter zur Traun getriftet werden.     von Revieroberjägerin Corinna Gertenbach. Zurzeit
                                                                                                                                                               absolviert auch ein Berufsjägerlehrling, Michael
Im Talbereich wird es von einer Bundesstraße        serung, Dolinen, Schächten und Höhlen verse-                                                               Wintersteller, aus St.Wolfgang seine Ausbildung
durchschnitten und es besteht aus etwa gleich       hen. Im Jahr 2010 wurde von der Berufsjägerin                                                              im Revier. War das Revier schon „vor Corona“
großen Teilen Schatt- und Sonnseite. Im Nor-        die Winterhöhle des damaligen „Salzkammergut                                                               touristisch gut besucht, so hat die „Bleib-daheim-
den befindet sich das Höllengebirge, als Teil der   Braunbären Moritz“ entdeckt, die dieser mit ei-                                                            Strategie“ einen regelrechten Boom auf das Revier
nördlichen Kalkalpen erstreckt es sich zwischen     ner dicken Schicht Fichtenäste für sein weiches                                                            sowie insgesamt auf das Salzkammergut ausgelöst.
Attersee und Traunsee mit einer Länge von etwa      Winterlager ausgepolstert hatte.                                                                           Der zunehmende Freizeittourismus wirkt sich ne-
16 Kilometern. Das Höllengebirge ist als ausge-     Das Höllengebirge wird im Höhenbereich von aus-                                                            gativ auf die Verbissbelastung der Schutzwälder
prägtes Karstgebirge mit allen kennzeichnenden      gedehnten Latschenfeldern bedeckt, die fast die                                                            aus. Durch intensive touristische Nutzung der
Phänomenen, wie z.B. unterirdischer Entwäs-         gesamte Hochfläche undurchdringlich erscheinen                                                             Gratbereiche wird das Gamswild in den Schutz-
                                                                                                                                                               waldbereich gedrängt und nutzt diesen intensiv als
                                                                                                                                                               „Ersatzlebensraum“. Das Rotwild wiederum wird
                                                                                                                                                               von den überlaufenen Tallagen/ Flussbereichen
                                                                                                                                                               ebenfalls in diese Bereiche gedrängt, wo es mit
                                                                                                                                                               dem Gams in Konkurrenzdruck steht.

                                                                                                                                                               DAS WILD IM REVIER WEISSENBACH
                                                                                                                                                               Die Hauptwildarten sind Rot-, Gams- und Reh-
                                                                                                                                                               wild, auch Schwarzwild kommt immer wieder
                                                                                                                                                               mal vor. Auer- und Haselwild gibt es leider nur
                                                                                                                                                               noch sporadisch, das Birkwild ist das häufigste
                                                                                                                                                               Raufußhuhn und wird noch bejagt. Der jährliche
Bärenfährte im Schnee                               Kaiserliches Jagdhaus Aufzug                        Der Kaiser auf der Jagd im Revier                      Abschuss beträgt knapp 100 Stück Schalenwild.
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                                                                                                                                                                 © Corinna Gertenbach

                                                                                                                                                                 waldverjüngung im Bergwald Vorrang. Die Jagd im
                                                                                                                                                                 Revier musste sich den neuen Bedingungen anpas-
                                                                                                                                                                 sen. Wurde früher gleichmäßig über die gesamte
                                                                                                                                                                 Fläche gejagt, so muss heute der Hauptabschuss
                                                                                                          © Corinna Gertenbach                                   in den „Zwangsabschussgebieten“ getätigt werden,
                                                                                                                                                                 um dort eine möglichst schnelle Umsetzung der
                                                                                                          empfindlichen Laubgehölzen hintanzuhalten.             Naturverjüngung zu gewährleisten. In diesen Be-
                                                                                                          Dieser positive Effekt spiegelt sich dann auch am      reichen wurden gezielte Maßnahmen gesetzt und
                                                                                                          Waldbild wieder. Im Revier werden 35 Wildwiesen        in zusätzliche Bejagungsinfrastruktur (Pirschsteige,
© Corinna Gertenbach
                                                                                                          und Äsungsstreifen betreut. Einige Äsungsflächen       Ansitzeinrichtungen, Schussschneisen) investiert.
Schälschäden gibt es keine, Probleme bereitet          Ruhebedürfnis nachkommen kann. Die Berufs-         wurden neu angelegt und die vorhandenen wurden
der Verbissdruck im Schutzwald. Die Palette an         jägerin betont immer: „Wir sperren nicht das       optimiert. Diese Lebensraumverbesserung wird
Wildtieren, die bereits im Revier gesichtet wurden     Rotwild ein, sondern den Menschen als massiven     besonders vom Rotwild dankbar angenommen.
bzw. auch vorkommen, ist bunt und sicher nicht         Störfaktor aus!“                                   Die natürliche Äsung verholzt gerade in trockenen
alltäglich: Braunbär, Wolf, Luchs, Wildkatze,          Ohne diesen umzäunten Schutzbereich würde das      Jahren schneller und verliert an Qualität. Beson-
Fischotter, Steinadler, Wanderfalke, Uhu, Wes-         Rotwild ständig vom Fütterungsbereich vertrieben   ders in den sensiblen Phasen wie Frühjahr und
penbussard ...                                         werden. Dies wäre nicht zu verhindern bei dem      Herbst wird die Äsungssituation verbessert und
Das Rotwild wird im 22 ha großen Wintergatter          immer intensiver genutzten Raum durch Wanderer     die verbissgefärdeten Flächen entlastet.
gefüttert. Dies hat sich in zweierlei Hinsicht be-     und Skitourengeher. Ohne diese Schutzzäunung
stens bewährt: Zum einen hat das auf Störungen         wäre es für das Rotwild und den Schutzwald eine    HÖLLENGEBIRGSPROJEKT
empfindlich reagierende Rotwild einen Bereich, in      Katastrophe! Daran sollten die vielen Kritiker     Die größte Herausforderung in diesem Jagdrevier
dem es wiederkäuergerecht seinem Äsungs- und           von Wintergattern auch einmal einen Gedanken       stellt zurzeit die Umsetzung der Zielvorgaben in Be-
                                                       verschwenden! Hier geht es nicht um Trophäen-      zug auf das „Höllengebirgsprojekt“ dar. Das „Höl-
                                                       zucht, sondern darum, dem Rotwild in unseren       lengebirgsprojekt“ ist das größte Schutzwaldprojekt
                                                       übernutzten Gebirgsrevieren einen ruhigen und      der österreichischen Bundesforste. In diesem
                                                       sicheren Platz zum Überwintern zu ermöglichen.     Schutzwaldprojekt gibt es jagdliche Behandlungs-
                                                       Der zweite wichtige Aspekt, besonders für unser    zonen, so gilt oberhalb der Waldgrenze im Bereich
                                                       sensibles Gebiet, ist das Aufkommen der Na-        der Latschenregionen die Ruhezone, in der nicht
                                                       turverjüngung. Das Wild macht in der Zeit, in      gejagt wird. Die darunter befindlichen Freiflächen,
                                                       dem es im Gatter überwintert, keinen Schaden.      die teils durch Windwürfe und Käfer entstanden
                                                       Durch zunehmende Wetterkapriolen im Frühjahr,      sind, müssen dagegen intensivst bejagt werden, um
                                                       Kälte-Schnee-Einbrüche im April/Mai wird in        das Aufkommen von Laubholz zu gewährleisten.
                                                       manchen Jahren der Vegetationsbeginn erheb-        Ziel der österreichischen Bundesforste ist es,
                                                       lich verzögert und somit auch das für das Wild     Wald, Wild und Jagd erfolgreich unter einen Hut
                                                       benötigte Gras- und Krautwachstum. Da hilft es     zu bringen. Im Zweifelsfalle hat der natürliche
Wildwiesen, besonders wichtig in den Übergangsphasen   uns, das Wild bis Mitte Mai im Gatter füttern zu   Lebensraum Wald die höchste Priorität und das
© Corinna Gertenbach                                   können und so Verbissschäden an den besonders      Aufkommen einer natürlichen, artenreichen Misch-       © Corinna Gertenbach
Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Achtzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
REVIERVORSTELLUNG | 18   19 | SCHUTZWALD

Windwurffläche: Typischer Kalkstandort, geringe Humusauflage   Dieselbe Fläche heute, 9 Jahre später                 Verzerrte Darstellungen in der
In den oberen Lagen nahe der Waldgrenze, wo
die Böden und deren Humusauflage zunehmend
schlechter werden, kommt die Verjüngung noch
eher zögerlich. In den unteren Bereichen sieht
man aber sehr deutlich eine Verbesserung der
                                                               gewachsenes Holz kann dem rauen Klima am
                                                               Rande der Kampfzone standhalten, sonst bricht
                                                               es wie Streichhölzer bei Sturm oder Schneedruck.
                                                               Letztendlich geht es darum, gemeinsame Problem-
                                                               und Konfliktlösungen zu finden und konstruktiv da-
                                                                                                                     Schutzwald-Diskussion
Verjüngungssituation, insbesondere, was das                    ran mitzuarbeiten; zum Wohle von Wald und Wild.
Laubholz betrifft.                                             Somit bleibt es für die Akteure des Revieres die
                                                                                                                       Mario F. Broggi ist Wissenschafter und war am Beginn seiner Tätigkeit vorerst als freiberuflicher
                                                               große Herausforderung, die hohen jagdlichen An-
                                                                                                                     Forstingenieur für die Ausarbeitung der Waldwirtschaftspläne und viele weitere forstliche Planungen
FAZIT                                                          forderungen von Forstbehörde und Bundesforste
                                                                                                                     in Liechtenstein verantwortlich. Weiters ist er über viele Jahre als Privatdozent an den Universitäten
Stabile Schutzwälder mit tolerierbarem Wildein-                umzusetzen, sich auf zunehmenden Tourismus
                                                                                                                       von Basel und Wien für Fragen der alpinen Landnutzung und deren Umweltverträglichkeit tätig.
fluss zu schaffen ist definitiv eine Herausforderung.          und Freizeitaktivitäten einzustellen und trotz
Wild ganz ohne Schäden ist nicht zu haben, aber                allem die Passion und Freude am Revier und der        Er leitete über sieben Jahre die Eidgenössische       hingewiesen. Der Schuldige ist das Schalenwild.
es ist möglich, diese Schäden gering zu halten. Nur            Jagd nicht zu verlieren.                              Bundesversuchs- und Forschungsanstalt für Wald,       Dieses Bild überzeichnet völlig den Sachverhalt
durch gemeinsame Anstrengungen und geeignete                                                                         Schnee und Landschaft WSL (Bundes-Forschungs-         und dient einzig und alleine der Panikmache. Es
Maßnahmen durch das Drehen an vielen kleinen                                                                         zentrum in der Schweiz), welches alle forschungs-     wird hier bewusst von massiven forstwirtschaft-
Schrauben können wir in sensiblen Schutzwald-                                                                        relevanten Fragen zum Schutz, Produktion und          lichen Problemen abgelenkt.
bereichen die erforderliche Laubholzverjüngung                                                                       Naturgefahren des Waldes abdeckt. Während
erreichen.                                                                                                           dieser Zeit war er auch im Leitungsgremium der        Mangelnde Kenntnisse über das Ökosystem Wald
Wichtige Maßnahmen sind :                                                                                            weltweit wirkenden Dachinstitution der forstlichen    Mario F. Broggi kommen bei solchen dramatisch
• objektive Wildschadensbeurteilung                                                                                  Forschung IUFRO tätig. Mario F. Broggi dürfte         skizzierten Bildern des Schutzwaldes vorerst Zwei-
• Maßnahmen zur Lebensraum und                                                                                       somit mit Forschungsfragen zum Wald und der           fel, ob in der Diskussion ausreichend Kenntnisse
  Äsungsverbesserung des Wildes                                                                                      Materie vertraut sein. Und übrigens, er besitzt die   über das Ökosystem Wald vorliegen. Es wird ein
• Schaffen von Wildruhezonen                                                                                         Jagdkarte, ging aber nie auf die Jagd.                rein anthropozentrischer Standpunkt eingenom-
• Optimierung der Bejagungsstratgie, bis die ge-                                                                     Im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Liech-           men, der diktiert, wie Wald zu funktionieren hat.
wünschte Verjüngungssituation erreicht ist (Schwer-                                                                  tenstein stellt er zum Thema fest, dass in der        Die Urwaldforschung, mit der er sich in den
punktbejagung, kurzfristige Abschusserhöhung)                                                                        laufenden Debatte einiges zum Schutzwald und          letzten 30 Jahren intensiv beschäftigt hat, spricht
• Vergrämungsmaßnahmen und Verbissschutz                                                                             zur Wald-Wildfrage verzerrt dargestellt wird. In      für ein modifiziertes Bild. Es verdichtet sich der
Bei all den gesetzten Maßnahmen ist zu bedenken:                                    Waidmannsheil                    der momentanen politischen Debatte und der            Eindruck, das alpine Schutzwald-Management
Der Wald und insbesondere der Bergwald braucht                                    Corinna Gertenbach                 Medienberichterstattung zur Thematik gibt es          sei allzu stark vom forsttechnischen Interventi-
Zeit zum Wachsen! Nicht umsonst sind die Jah-                                      Revieroberjägerin                 zahlreiche Schwachstellen. Es wird immer wieder       onsglauben überformt. Die Sicherheit dient als
resringe an den Bäumen so eng – nur langsam                                                                          auf eine eminente Gefährdung des Schutzwaldes         Vorwand für aufwendige Maßnahmen, die anderen
SCHUTZWALD | 20   21 | SCHUTZWALD

Zielen dienen. Es wird die Vorteilhaftigkeit der                 Schadenssummen in Hunderten von Millionen               Wald. Vielleicht wäre diese Schutzfunktion bei        ist auch eine langjährige Verjüngungspause eben
bioautomatischen Schutzwirkung der natürlichen                   genannt. Mit dem so gewählten Schutzwaldan-             großen Waldbränden in Frage gestellt, weil dann       keine Katastrophe, wie dies in der hiesigen Schutz-
Walddynamik nicht ausreichend erkannt. Man                       satz ergibt sich mit solcher Betrachtung viel           alles abgebrannt ist, jedoch kaum bei selbst          waldfrage dargestellt wird. Es ist zudem auffällig,
meint, dem Wald mit Interventionen auf die Sprün-                Interventionsfreiheit. So wird etwa die generelle       großflächigem Borkenkäferbefall. Dort setzt die       dass ein 100 Jahre alter Bestand vom Forst als
ge helfen zu müssen. Dabei wird seine Resilienz,                 Bedeutung des Waldes für den Wasserhaushalt             Sukzession mit Waldverjüngung in der Regel auch       alt bezeichnet wird. Die forstlichen Ertragstafeln
seine Widerstandsfähigkeit selbst in Krisenzeiten,               genannt und auf die erlebten Gefährdungen im            in Berglagen durch Pionierholzarten zügig ein,        hörten ja bei 120 Jahren auf, was der maximalen
maßlos unterschätzt.                                             19. Jahrhundert verwiesen. Vergleichen wir diese        außer in subalpinen Lagen, wo alles länger dauern     Umtriebszeit für eine genutzte Baumgeneration
                                                                 Prozentwerte mit dem Gebirgsland Schweiz, so            kann. Jedenfalls erscheinen die propagierten 60%      entsprach, aber bei weitem nicht dem möglichen
Totschlagargument Sicherheit                                     wurde dort der Prozentsatz für eine risikobasierte      Schutzwald mit erhöhten Schutzerfordernissen          Alter einiger Baumarten. Im bayerischen Steiger-
Es wird forstpolitisch ein Waldbild suggeriert,                  örtliche Abklärung vor einigen Jahren in einem          wesentlich zu hoch angesetzt. Mir fällt im Übrigen    wald gibt es vitale, über 300 jährige Buchen. Auf
welches bürokratisch wie propagandistisch mit                    „WSL-Forum für Wissen“ mit 9% der Waldfläche            auf, dass Helikopter vor allem dort fliegen, wo der   den Menschen übersetzt entsprächen 100jährige
scheinbar nützlichen Behauptungen den Zweck                      beziffert. Jeder Wald ist also vorerst einmal ein       Schutz für den Menschen und hohe Infrastruk-          Buchen höchstens 30jährigen Leuten. Im Wald
der generellen Gefahrenabwehr beschreibt. Das                    Schutzwald, aber örtlich mit unterschiedlichen          turwerte kaum eine Rolle spielen.                     wird dann aber bereits vor dem Zerfall der Be-
wäre dann 100% der Waldfläche oder zumindest                     Wirkungen. Die Naturgefahren-Forschung plädiert                                                               stände gewarnt.
der größte Teil davon. Der Laie muss solch dar-                  für die erwähnte Beurteilung einer risikobasierten      Die Uhr des Waldes ist eine andere als                Wenn wir zudem festlegen, was wir vom Wald
gestellte Bedrohungen ernst nehmen, wie auch                     Schutzwaldstrategie und nicht für eine medial           diejenige des Menschen                                verlangen, kann dies leicht einseitig in eine Muss-
die Politik. Ökologische Betrachtungen kommen                    gesteuerte Panikhysterie.                               Die Schutzwirkung des Waldes ist in einem unbe-       form gegossen werden. Damit wird aber jeder
dabei zu kurz, die Erkenntnisse der erwähnten                    Zudem haben wir bezüglich der Resilienz von             wirtschafteten Bestand mit vielem Alt- und Totholz    dialogische Ansatz um die Bedeutung der breiten
Urwaldforschung werden kaum berücksichtigt.                      Waldbeständen gegenüber großflächigen Störungen         besonders ausgeprägt vorhanden. Ein Wald fällt        Waldwirkungen erfolgreich im Keime erstickt. Wir
Sicherheit wird als Totschlagargument verwen-                    wenig auf Erfahrung bezogene Kenntnisse, am             im Übrigen auch nicht einfach zusammen und            sprachen früher von Schutz-, Nutz- und Wohl-
det, das legitime Verlangen nach Sicherheit wird                 ehesten noch für Windwürfe. Oder anders gesagt,         verliert damit seine Schutzfunktion, wie sugge-       fahrtsfunktionen, wobei die Biodiversität unter
bedient und die verlangten Mittel lassen sich so                 man muss befürchten, dass die Forschung einigen         riert wird. Im Einvernehmen mit dem damaligen         den Schutzfunktionen subsummiert wurde. Dieser
beschaffen. Man will die Öffentlichkeit mit solchen              subventionierten Geschehnissen eher ausgewichen         liechtensteinischen Forstamt habe ich als Wald-       fachlich grenzüberschreitende Dialog mit den
irrationalen Sicherheitsverlangen überzeugen.                    ist, weil dies heiße Eisen darstellen.                  planer derartige Bestände in «außerregelmäßigem       vielen Waldwirkungen fehlt heute.
Es ist offensichtlich, dass der Schutzwald je nach               Andererseits habe ich in meinem Berufsleben noch        Betrieb» ausgeschieden. Wir waren der Meinung,
Interessenslage sehr unterschiedlich angesprochen                nie einen Wald nach Naturereignissen gesehen,           sie seien nicht zu erschließen und einfach in Ruhe    Die dynamischen Widerstandskräfte des
wird und daraus wird unterschiedlich nötiges                     der seine Schutzfunktion vollständig verloren           zu lassen. Diese Wälder werden nun nachträglich       Waldes werden unterschätzt
Interventionsverhalten abgeleitet. „Folgerichtig“                hätte. Im Gegenteil, nach Sturmschäden sind             meist als Schutzwälder deklariert. Irrig ist der      Die laufende Schutzwald-Debatte wird völlig
werden im Alpenraum 60% des Waldes mit be-                       liegengelassene Bestände für einige Zeit der beste      Glaube, durch forstliche Intervention könne „hier     überdehnt geführt. Die Wald-Wild-Problematik
sonderen Schutzerfordernissen bezeichnet und in                  Schutz vor Naturgefahren und auch gegenüber             und jetzt alles subito“ geändert werden. So wer-      wird überzeichnet und die dynamischen Kräfte
75% der Schutzwälder sei die Verjüngung nicht                    Wildschäden. Die Gewährleistung der Schutzfunk-         den in mancher Wald-Wild-Untersuchung und in          des Waldes werden massiv unterschätzt. Ein
ausreichend, wo es also zu intervenieren gälte.                  tion funktioniert nach meiner Meinung selbst bei        Gutachten, bereits Erwartungen innert fünf Jahren     übersteigertes Sicherheitsbedürfnis kann nicht
Dazu werden auch abenteuerlich hohe mögliche                     den Borkenkäferkalamitäten wie im Bayerischen           geweckt bzw. Resultate erwartet und vor allem         die richtige Antwort sein. Mit etwas mehr Un-
                                                                                                                         wird ausgesagt, wie ein Wald sich artenmässig         aufgeregtheit wäre einiges erreicht, ohne dass
                                                                                                                         zusammensetzen soll. Die Standortskunde hat           man auf vielen Flächen viel machen muss. Ich
                                                                                                                         zwar Fortschritte gemacht, doch grenzen manche        meine, es müsste gelingen, der Öffentlichkeit
                                                                                                                         getätigte Aussagen an den „forstlichen Götterblick“   wie der Verwaltung klar zu machen, dass wir
                                                                                                                         und es könnte anders kommen als man dachte.           es auch mit Problemen auf gesellschaftlich-
                                                                                                                         Ebenso wird sich das neuerlich auch internatio-       psychologischer Ebene zu tun haben und nicht
                                                                                                                         nal propagierte Ausweichen auf fremdländische         nur mit naturgefährdenden Problemen. Das ist
                                                                                                                         Holzarten wie die Douglasie sich kaum bewähren.       in unserer „Versicherungs-Gesellschaft“ nicht
                                                                                                                         Die älteren Jahrgänge unter uns erinnern sich         ganz leicht zu bewerkstelligen. Zudem gibt es
                                                                                                                         noch an die Douglasienschütte, die so manchen         keine 100%ige Sicherheit. Aus der Sicht der
                                                                                                                         Bestand schädigte.                                    Forschung hat ein solches aufgeregtes Vorgehen
                                                                                                                         Die Abläufe und die Uhr des Waldes unterwerfen        bereits einmal ins Fiasko geführt.
                                                                                                                         sich kaum solchen forstlichen Vorstellungen. Ein      Ich erinnere an das leider auch von der Forschung
                                                                                                                         Buchenurwald kann beispielsweise über mehr als        dramatisch postulierte „Waldsterben“ der 1980-
                                                                                                                         100 Jahre einen dunklen Hallenwald bilden. Nach       90-er Jahre mit den prognostizierten Folgen.
                                                                                                                         einem Sturm kann es mit der Dynamik der Verjün-       U.a. wurde in der Schweiz aus einem wichtigen
Das Schalenwild gehört zum Ökosystem der Natur und somit auch des Waldes © David Sterzinger/Christian Mayer              gung beginnen. Aufgrund solcher Beobachtungen         Forschungsmund ausgesagt, dass grosse Teile
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                                                                                                                               sich für eine integrale Sichtweise aus, handelt     mit anschließenden häufig standortsfremden
                                                                                                                               aber nicht danach. Es verbleibt der anklagende      Fichtenverjüngungen kaum strukturierte Wald-
                                                                                                                               Grundton gegen das Schalenwild (Hirsche, Reh,       bilder hinterlassen. Dieses „mea culpa“, diese
                                                                                                                               Gämse, Steinwild), der Abschuss steht alleinig      Mitverantwortung, hört man leider kaum. Im
                                                                                                                               im Vordergrund. Das Schalenwild wird als „Un-       Forstwesen galt rückblickend ein Herr-im-Haus-
                                                                                                                               geziefer“ gesehen. Es werden Tötungsgatter          Prinzip, das einem planwirtschaftlichen und tra-
                                                                                                                               zur Elimination des Rotwildes vorgeschlagen,        ditionalistischen Denken verhaftet war und teils
                                                                                                                               beschönigend „Einsprünge“ genannt. Dies ist         noch ist. Das führt zum Durchsetzungsanspruch
                                                                                                                               Kreatur verachtend und zeigt keine Spur von         einer so definierten Forstpolitik, auch und gerade
                                                                                                                               Ethik und Demut vor der Natur. Das Schalenwild      in der Schutzwaldfrage. Von einer ganzheitlichen
                                                                                                                               (Hirsch, Reh, Gämse) gehört zum Ökosystem der       Betrachtung bleibt außer dem zu steigernden
                                                                                                                               Natur und somit auch des Waldes. Oberstes Ziel      Abschuss nicht viel übrig. Die mit Verordnung
                                                                                                                               ist die Verbesserung des Wild- Lebensraumes,        erlassenen, ganzjährigen Wildruhezonen werden
                                                                                                                               vor allem mit Aufhebung der Auftrennung der         auf Druck der Berggänger (Alpenverein) wieder
                                                                                                                               Landschaft. Eine integrale Betrachtung der Wald-    aufgehoben, obwohl sie nur einen ganz kleinen
                                                                                                                               Wildproblematik verlangt eine „Opfersymmetrie“      Teil der Landesfläche ausmachen. Die seit Jahr-
                                                                                                                               aller Beteiligten, der Land- und Forstwirtschaft,   zehnten propagierten Wildtierkorridore und die
                                                                                                                               der Raumplanung (Zersiedlung), Verkehr, und         damit verbundenen notwendigen Ökobrücken
                                                                                                                               der Freizeitaktivitäten. Das Wild wird heute zu-    wurden aus Kostengründen nur sehr selten oder
                                                                                                                               nehmend durch Freizeitaktivitäten in den Wald       gar nicht erstellt. Tatsächliche Raumplanung
                                                                                                                               getrieben.                                          mit Wildtier, Überlegungen werden versprochen,
                                                                                                                                                                                   Umsetzung nicht erwünscht. Die letzten Rück-
                                                                                                                               Forstwirtschaft ist am heutigen ungünstigen         zugsgebiete für unsere Wildtiere werden er-
                                                                                                                               Waldbild mitbeteiligt                               schlossen, ohne Berücksichtigung der weiteren
Mit äsungsverbessernden Maßnahmen kan eine wesentliche Beeinflussung der Verbisssituation erreicht werden © wildlifepictures   Als Mit-Verursacher für die heutigen ungün-         Folgen. Verbesserungsmaßnahmen gehören in
                                                                                                                               stigen Lebensräume für das Wild wäre auch           die integrale Betrachtung und nicht alleine die
des Waldes innert fünf Jahren tot seien. Sterben                  Zeichen eines Biodiversitätsverlusts, sondern                die Forstwirtschaft zu benennen. Sie hat uns        Wildreduktion.
ist akut, die Wirklichkeit zeigte aber chronische                 kann auch einen natürlichen Zustand darstellen.              während eines Jahrhunderts durch Kahlschläge                                          Mario F. Broggi
Schäden. Die Prognose war falsch, die Therapie
hingegen richtig (z.B. Einsatz Katalysator). Ich                  Die Forstwirtschaft entfernt sich wieder
erinnere auch an die beiden Stürme „Vivian“                       vom naturnahen Waldbau
und „Lothar“, wo wir meist nicht die sinnvollen                   Die heimische Waldbaulehre gilt als vorbildlich
Konsequenzen gezogen haben und sinnleer die                       naturnah. Davon ist in letzter Zeit eine Abkehr
Helikopter viele Jahre herumfliegen ließen, anstatt               zu beobachten. Hierzu äußerten sich jüngst
mehr Holz als Schutz einfach liegen zu lassen.                    deutsche Waldwissenschafter und besorgte, na-
Hier wäre auch eine Debatte über den Borken-                      turnah arbeitende Förster. Sie wandten sich mit
käfer (vgl. https://mariobroggi.li/borkenkaefer).                 offenen Briefen an die deutsche Bundesministe-
anzuschließen, wo ökologische Belange zu wenig                    rin für Ernährung und Landwirtschaft wie auch
berücksichtigt werden. Und neuerlich ist ja der                   an die Umweltministerin und machten darauf
Zustand des Waldes mit dem Absterben vor allem                    aufmerksam, dass es sich nicht nur um eine,
von Buchen und Föhren in vieler Munde. Bereits                    vom Klimawandel getriebene Waldkrise handle.
wird wieder vom „Waldsterben“ gesprochen und                      Das aktuelle Krisenmanagement sei rückwärts-
geschrieben. Das ist falsch, es gibt ein Baum-                    gewandt und waldschädlich. Die Forstwirtschaft
sterben. Es gibt Trockenschäden und diese sind                    hat sich so von den Grundsätzen des naturnahen
offensichtlich mit Klimaänderungen verbunden.                     Waldbaues entfernt.
Man könnte diese unterschiedlich absterbenden
Bäume auf unterschiedlichen Bodenunterlagen                       Das Schalenwild ist kein Ungeziefer
auch als Chance sehen, Struktur und ursprüng-                     In zahlreichen vorliegenden Wald-Wild-Gutachten
liche Artenvielfalt in den Wald zu bekommen.                      wird von einer nötigen ganzheitlichen Betrachtung
Und im Übrigen ist nicht jeder artenarme Wald                     der Wald-Wildfrage gesprochen. Man spricht
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