Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Achtzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
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AUSGABE Achtzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern: 18 Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, DEZEMBER 2020 Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich
INHALT | 2 3 | Vorwort Inhalt Salzburg Berufsjägerprüfung 2020 45 Editorial 3 Unsere neuen Kollegen 46 Wie steht es um dem Wolf in Deutschland? 5 Wir gratulieren 47 Goldschakal 10 Toni Meggle – Ehrenmitgliedschaft 47 Revier Weissenbach am Attersee 14 Berufsjäger-Ausflug 48 Schutzwalddiskussion 15 Leonhard Tranninger – Nachruf 48 Nachgedacht 24 Buchvorstellung 25 Belastungsprobe für die Jagd in Bayern 30 Kärnten BerufsjägerInnen-Ausbildung 32 Rotwild als Selbstversorger 49 Steinwild am Großglockner 51 Vorarlberg Eröffnungsabend Ausbildung Berufsjäger 33 Steiermark Pinselohr auf leisen Sohlen Tirol 34 Wenn der Wolf ein- und der Hausverstand auszieht 53 Wildbiologischee Projekte Wir gratulieren 54 57 Liebe Berufsjägerinnen und Berufsjäger! Berufsjägervereinigung Informationen 2020 37 Tiroler Steinwildzählung 38 Oberösterreich Passion vertikal in Fels und Eis 42 22. Generalversammlung der OÖ-Berufsjäger 58 Jagdhundbesteuerung in Tirol 44 Digitale Wildbret-Vermarktung 62 Seit mehr als 70 Jahren inspiriert uns bei SWAROVSKI OPTIK die Liebe zur Natur. Es ist unser Anliegen, die Menschen für die Natur zu begeistern und sie zu ermuntern, ihr als Gast mit Achtung und Respekt zu begegnen – bei der Jagd und bei allen sonstigen Outdoor-Aktivitäten. Wir sehen die Jagd ganz im Sinne der alpenlän- dischen Tradition als eine wichtige Aufgabe im Einklang mit der Natur, die einen wertvollen Beitrag zum Gleichgewicht im Revier leistet. Grundlagen für die Jagd und ihre erfolgreiche Ausübung sind wache und aktive Sinne: Intensives Beobachten, konzentriertes Lauschen und sicheres Erfassen von Situationen. Diese Achtsamkeit gepaart mit dem Respekt vor der Natur und ihrer Schönheit ist für uns das Herzstück der Jagd. Die Jagd schützt und bewahrt gemeinsam mit der Forst- und Landwirtschaft unsere einmalige Heimat für kommende Generationen in ihrer Ursprünglichkeit. Darum ist es wichtig, die natür- lichen Lebensräume zu pflegen, zu bewirtschaften IMPRESSUM: und jagdlich zu nutzen. Denn schließlich ist der Herausgeber u.v.d.I.v.: Österreichische Berufsjägerverbände Lebensraum des Wildes durch die menschliche Redaktion: Heimo Kranzer, Schwaighof 203, 8913 Weng im Gesäuse, Tel.: 0664/2113174, Mail: kranzer@landesforste.at Titelbild: Wildlifepictures Besiedelung stark eingeschränkt worden. Wo Redaktionsteam: Birgit Kluibenschädl, Thomas Dornauer, (Tirol); Josef Hörl, Christoph Burgstaller, Georg Rieger früher vielleicht Wälder und Auen waren, stehen (Salzburg); Walter Pucher (Kärnten); Corinna Gertenbach (Oberösterreich); Christoph Rogge (Niederösterreich); heute Siedlungen. Jonathan Pucher (Steiermark); Manfred Vonbank (Vorarlberg); Fotos: Namentlich nicht gekennzeichnete Motive wurden vom jeweiligen Landesverband und der Redaktion zur Verfügung gestellt. Als Berufsjägerinnen und -jäger widmen Sie sich © Medien Manufaktur Admont/Druckerei Wallig, Gröbming intensiv der Hege und Pflege. Sie zeichnen sich
VORWORT | 4 5 | Wolf Wie steht es durch Ihr großes Naturverständnis aus: Als Exper- tinnen und Experten für Fauna und Flora vermit- teln Sie Ihr Wissen, begeistern für die Natur und Wildbret ist in unseren Augen ein nachhaltiges, regionales und hochwertiges Nahrungsmittel, das einen achtsamen Fleischkonsum fördert: um den Wolf schützen diese. Sie, liebe Berufsjägerinnen und Berufsjäger, sind Schlüsselpersonen zum Erhalt Keine Transportwege, kein Antibiotikum, keine Massentierhaltung – sprich „from the wild to the (Canis lupus, L. 1758) in Deutschland ? der alpenländischen Jagdtradition. table“. Es wäre wichtig, dass hochwertiges Wild- Einerseits ist es schön zu beobachten, dass immer bret geschätzt wird und nicht nur in veredelter mehr Menschen den Erholungswert des Waldes Form einen angemessenen Preis erzielt. Vielmehr und der Natur schätzen und nutzen. Andererseits soll das lokale Wildfleisch Einzug in immer mehr bedeutet eine höhere menschliche Aktivität na- Haushalte finden, anstatt Wildbret aus Übersee türlich auch, dass Berufsjägerinnen und Berufs- oder gar Gatterhaltung einfliegen zu lassen. jäger stärker gefordert sind, alle Interessen unter Für mich ist die Jagd in Summe eine höchst Seit er nicht mehr verfolgt wurde, ist Isegrim nach langer Abwesenheit in angestammtes einen Hut zu bringen. Wenn der Lebensraum des verantwortungsvolle Tätigkeit, die den Kontakt Verbreitungsgebiet, zu dem auch Deutschland und Österreich gehören, zurückgekommen. Wildes vielfältig genutzt wird, dann braucht es des Menschen zur Natur fördert und in der je- In der DDR wurde bis 1990 jeder von Osten einwandernde Wolf im gesellschaftlichen Konsens auch vermehrt Aufklärungsarbeit und Verständnis, dem Lebewesen mit Wertschätzung und Respekt erlegt. Nur ganz wenige Exemplare überwanden die innerdeutsche Grenze in Richtung Westen. damit ein harmonisches Mit- und Nebeneinander begegnet wird. möglich ist. In unseren Augen ist das Jagen eine der inten- Hochwertige Beobachtungs- und Zieloptik ver- sivsten und schönsten Aktivitäten, die man in der Nach wie vor ist der Wolf eine der am weitest ver- 4 % der Landesfläche seine Fährte ziehen, wäh- setzt Jägerinnen und Jäger in die Lage, ihren freien Natur erleben kann. Man lebt, fühlt, denkt breiteten Säugetierarten der Nordhemisphäre. Kein rend Isegrim sich frei und ungehindert im ganzen Aufgaben verantwortungsvoll nachzukommen. und handelt im Rhythmus der Natur. Oder wie es Gedanke daran, dass er eine bedrohte Art wäre, wie Land bewegen kann. Der Druck des ideologischen Mit Ferngläsern und Spektiven kann der Bestand ein Sprichwort treffend umschreibt: „Des Jägers das immer wieder behauptet wird. Im nördlichen Naturschutzes und der urbanisierten, von der im Revier beobachtet werden, ohne das Wild zu Glück ist ein Augenblick.“ Eurasien gibt es und gab es seit Jahrtausenden Natur entkoppelten Bevölkerung auf Politik und beunruhigen. Scharfe, optimal dargestellte Bilder Ich wünsche Ihnen, dass Sie im Laufe Ihrer jagd- vitale Wolfsbestände. Da zwischen den lokalen Öffentlichkeit ist groß. Regierung und Gesetzgeber mit idealem Kontrast, hoher Detailerkennung und lichen Laufbahn viele derart kostbare Augenblicke Beständen genetischer Austausch besteht, kann trauen sich nicht, die jetzt dringend notwendigen Randschärfe erleichtern das korrekte Ansprechen erleben mögen. man die eurasischen Wölfe einer sogenannten Schritte in Richtung planmäßiger Bejagung des und schaffen Klarheit über den Zustand der Wild- Metapopulation zurechnen. Die derzeit in Europa Wolfs zu unternehmen. Diese Vogel-Strauß-Politik tierpopulationen im Revier. Allzeit guten Anblick definierten Wolfspopulationen haben mit Biologie wird dem Wolf auf Dauer eher schaden als nützen Zieloptik oberster Güte, die fachgerecht montiert und ein kräftiges Weidmannsheil! wenig zu tun! Dass der Wolf in Nordeurasien in und führt unweigerlich zu Konflikten. und eingeschossen ist, erhöht die Chance, einen seinem Bestand gesichert ist, zeigt ja gerade die Ausbreitungs- und Reproduktionsdynamik sowie präzisen Schuss anzutragen. So können Jägerinnen Dynamik, mit der er sich vermehrt und ausbreitet. Einfluss auf Wild- und Weidetiere werden weiter und Jäger, das Wild ohne Leid und Stress erlegen. Heute ist der Wolf Ikone und Goldesel des ide- unterschätzt. Die Dokumentations- und Beratungs- Das Wild bewegt sich artgerecht in seiner Um- Carina Schiestl-Swarovski ologischen Naturschutzes. Von den Freiheiten, stelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) stellt gebung, lebt bis zur letzten Sekunde in Freiheit. Vorstandsvorsitzende SWAROVSKI OPTIK die Isegrim genießt, können andere Wildtiere Daten zum Wolf in Deutschland zur Verfügung. Das durch die Jagd gewonnene Fleisch ist somit nur träumen. Man denke nur an das in vielen Im „Wolfsjahr“ 2019/20 (1. Mai bis 30. April) sowohl in ethischer als auch in gesundheitlicher deutschen Bundesländern „kasernierte“ Rotwild. wurden 128 Rudel, 35 Wolfspaare und 10 terri- Hinsicht der Massentierproduktion weit überlegen. In Baden-Württemberg darf Rotwild auf lediglich toriale Einzeltiere registriert. Die Zahl der Welpen
WOLF | 6 7 | Wolf lag bei 420. Die 35 Paare werden im laufenden Unser Wolfsbestand ist also keine eigenstän- nicht zu. Reviere und Hegegemeinschaften sind schen gegenüber extrem aggressiv sein können. Jahr vermutlich auch großteils Welpen gehabt dige Population, wie von verschiedenen Seiten gut beraten, bei Abschussplänen durch geringeren Was spricht also dagegen, Isegrim durch reguläre haben. Selbst wenn die natürliche Mortalität bei behauptet wird. Diese Behauptung wird aufge- Abschuss von Kälbern und weiblichem Wild den und planmäßige Bejagung das Reißen von Wei- Welpen sicher nicht gering ist, bleiben immer noch stellt, um den „günstigen Erhaltungszustand“ Wolfeinfluss zu berücksichtigen. detieren sowie die Annäherung an menschliche genügend, die Reviere und Geschlechtspartner der FFH-Richtlinie ins Spiel bringen zu können, Das Mantra einer extrem lupophilen Fraktion zur Ansiedlungen und Menschen abzugewöhnen? suchen. Deutsche Bundesländer, in denen bis- der sich allerdings auf Populationen, und nicht Lösung aller Konflikte mit Isergim lautet Herden- Außer dem ideologisch motovierten Tierschutz her kaum sesshafte Wölfe vorkamen, und relativ auf lokale Bestände bezieht. Unser Wolfsbe- schutz. Bisher haben die Wölfe in Brandenburg und seiner Riesenpropaganda eigentlich nichts. wolfsarme Länder wie Österreich und die Schweiz, stand gehört mit anderen europäischen Wölfen aber noch jeden Zaun überwunden und schon In der Schweiz ist im September 2020 ein neues sollten sich auf die weitere Ausbreitung von Ise- zu einer sog. Metapopulation, die sich eindeutig mehrfach Kälber aus dem Stall geholt. Nahezu Jagdgesetz, das die Wolfsbejagung ermöglicht grim vorbereiten. im „günstigen Erhaltungszustand“ befindet. Die täglich berichten Zeitungen von Wolfsübergriffen. hätte, von „nur“ 51,9 % der Wähler abgelehnt Durch wandernde Individuen besteht zwischen Zahl von 1000 geschlechtsreifen Individuen, Auch das Spektrum gerissener Weidtiere wird worden. Dieses knappe Ergebnis ist vielleicht ein unseren und den Wolfsbeständen unserer Nach- die durch die Literatur geistert und die den gün- größer. Manche Wölfe schrecken jetzt auch vor Hoffnungsschimmer. Eine allgemeine Trendwen- barländer genetischer Austausch. Das hat auch stigen Erhaltungszustand anzeigen soll, wird in Pferden nicht mehr zurück. Bis vor kurzem stell- de wird allerdings schwierig, da in Mitteleuropa das Landesumweltamt Brandenburgs auf seiner der FFH-Richtlinie nirgends erwähnt! 1000 ge- te die DBBW in einer Grafik den exponentiellen große Teile der Bevölkerung in Städten wohnen Internetseite bis vor kurzem bestätigt. Zitat: schlechtsreife Wölfe bedeuteten 500 Rudel. Bei Anstieg von wolfsverursachten Nutztierschäden und Zusammenhänge in der Natur aus eigener „Brandenburg ist nicht nur ein Einwanderungsland nur 8 Rudelmitgliedern wären das 4000 Wölfe, ein von 2000 bis 2018 sowie den parallelen Anstieg Anschauung nicht mehr kennen. Und gerade für Wölfe; von hier abgewanderte Tiere konnten Horrorszenario. Wir müssen vorsichtig geschätzt der Wolfsrudel dar. In der jüngsten Grafik fehlen dieser Teil der Bevölkerung wird vom ideolo- durch bundesweiten und Datenaustausch in an- bereits derzeit für Deutschland mit mehr als nun die Wolfszahlen. Man sieht also die Paralle- gischen Naturschutz in eine unreflektierte pro deren Bundesländern, wie auch in mehreren 1400 Wölfen rechnen. Der Nettojahreszuwachs lität beider Kurven, sichtbarer Ausdruck für das Wolf Stimmung versetzt. Das Forum Natur Bran- europäischen Staaten genetisch nachgewiesen beträgt 30 bis 35 %. Netto heißt, eine gewisse weitgehende Scheitern des bisher praktizierten denburg, in dem auch der Landesjagdverband werden.“ Mortalität ist dabei berücksichtigt. In wenigen Herdenschutzes, nicht mehr. Ein Schelm wer mitarbeitet, hat gerade unter lautem Protest Heute fehlt diese Angabe auf der Seite des Lan- Jahren werden wir vermutlich tatsächlich mehr als Böses dabei denkt. die Mitarbeit in den Gremien des Landes zum desumweltamtes. Man kann daraus nur einen 4000 Wölfe haben. Spätestens dann werden die In Tierparks werden Wölfe durch stabile Draht- Wolfsmanagement wegen der realitätsfremden Schluss ziehen: Das Amt hat erkannt, dass der Probleme für die Weidewirtschaft aus dem Ruder geflechtzäune mit Elektrolitzen auf gemauerten Wolfspolitik der Landesregierung beendet. deutsche Wolfsbestand Teil einer größeren Popu- gelaufen sein und auch Begegnungen zwischen Sockeln am Ausbruch gehindert. Um Wölfe si- Alle deutschen Bundesländer haben Wolfsma- lation ist. Und wenn man das konzediert, dann Wolf und Mensch werden häufiger stattfinden. cher daran zu hindern, in Weiden einzubrechen, nagementpläne erarbeitet. Jagd ist in Mitteleu- ist das Gerede von einer deutschen Wolfspopu- Dabei kommt es nicht nur auf eine reale Be- müssten diese ganz entsprechend eingezäunt ropa ein wichtiges Instrument des Wildtier- lation, die sich im günstigen Erhaltungstzustand drohung des Menschen durch den Wolf an. Auch werden. Dass das aus vielerlei Gründen nicht mög- managements. Diese Pläne zum Umgang mit befinden müsste, unzutreffend. Das passt aber das subjektive Angstempfinden von Men-schen lich ist, muss jedem klar sein. Im montanen oder dem Wolf haben aber mit Management, also anscheinend nicht ins offizielle Wolfsbild und muss dabei berücksichtigt werden. Diesen Reali- alpinen Bereich, aber auch auf Deichen, können ja mit der direkten Beeinflussung von Wolfsbe- wird deshalb verschwiegen. täten verweigern sich Regierungen verschiedener schon jetzt die für den Weidetierschutz gängigen ständen, nichts zu tun. Es geht vorrangig um europäischer Länder, darunter Deutschland und „Elektrozäunchen“ nicht aufgestellt werden. Auch Ruhigstellung der Bevölkerung im ländlichen Österreich, hartnäckig. Herdenschutzhunde oder Esel sind offenbar kein Raum durch Bezuschussung des Herdenschutzes Während der Abwesenheit des Topprädators Wolf Allheilmit-tel, zumal die eingesetzten Hunde Men- und finanziellen Ausgleich bei Wolfsrissen. Die haben sich seine potentiellen Beutetiere an sein Fehlen adaptiert. Die Weidewirtschaft brauchte keinerlei Schutzmaßnahmen. Nun muss unser hei- misches Schalenwild sich erst wieder an den Wolf gewöhnen. Das Muffelwild wurde in Deutschland bereits von Isegrim weitestgehend ausgerottet, das Damwild stark dezimiert. Die großen Angstrudel beim Rot- und Damwild, die sich bei Isegrims Anwesenheit bilden, werden vermutlich keine Dauererscheinung bleiben, weil das Wild sich wieder auf den Wolf einstellt bzw. Bestände, wie beim Damwild zu beobachten, abnehmen. Bis dahin aber können solche Angstrudel, die tage- lang an einer Stelle bleiben, gewaltige Schäden in Feld oder Wald verursachen. Der Spruch „Wo Diese Wölfin ruht sich nach dem Säugen der Welpen aus der Wolf jagt, wächst der Wald“ trifft dort sicher Heute fehlen in der Grafik die Wolfszahlen
Wolf | 8 9 | WOLF Bürokratie feiert dabei fröhliche Urständ. Eine zu überführen. Gams und Steinbock stehen unüberschaubare Zahl von Gremien und Einzel- bspw. in Anhang V und werden regulär bejagt. personen ist bei der Entscheidungsfindung be- In deutschen Jagdgesetzen wird die Anpassung von teiligt, wenn bspw. ein verletzter Wolf gefunden Wildbeständen an die Landeskultur gefordert. Im wird. Ein Wolf, der auf dem nördlichen Berliner Klartext heißt das, Landwirtschaft, Forstwirtschaft Ring angefahren wurde, musste stundenlang und Fischereiwirtschaft müssen ohne unzumut- leiden, bis er schließlich von einem Polizisten bare Beeinträchtigung durch Wild möglich sein. erlöst werden konnte. Die Autobahn war drei Beim Wolf soll es nun gerade umgekehrt laufen. Stunden in beide Richtungen gesperrt. In Han- Die Landeskultur soll sich an den Wolf anpassen. nover hat man eigens einen PKW-Anhänger als Das treibt bereits seltsame Blüten. Manche Kin- Krankenwagen für Wölfe gebaut (sic!). Mangels dergärten machen keine Ausflüge mehr in den Patienten kam das über 10.000,– Euro teure Wald, Hunde sollen bei Drückjagden in Wolfsge- Gefährt bisher allerdings nicht zum Einsatz. bieten, also bald überall in Deutschland, bei der Da der Wolf in Deutschland (bis auf Sachsen, Jagd nicht mehr geschnallt werden und ganze und demnächst auch Niedersachsen) nicht im Landstriche müssen wolfssicher gezäunt wer- Jagdrecht steht, dürfen wir Jäger bei solchen den, um Weideviehverluste zu vermeiden. Legale Gelegenheiten nicht tätig werden. Wo bleibt da „Entnahmen“, wie Erlegungen im Gutmenschen- der Tierschutz? deutsch heißen, können bei uns allenfalls nach Die Vielzahl von Organisationen, Verbänden und Artikel 16 der FFH-Richtlinie stattfinden. Danach Behörden, die sich außerhalb des Jagdrechts könnten Wölfe u. a. zum Schutz wildlebender Tiere mit dem Wolf beschäftigt, wird unser Jagdrecht „entnommen“ werden. Die restriktive Praxis von aushebeln, wenn der Wolf nicht bald als jagd- Genehmigungsbehörden hat bisher jedoch noch bare Art ins Bundesjagdgesetz übernommen zu keiner einzigen Wolfserlegung zum Schutz wird. Das ist notwendig, selbst wenn der Wolf bspw. des Muffel-wildes geführt. Auch vom Wolf deshalb weiterhin nicht bejagt werden kann. arg geplagte Weidetierhalter haben entsprechende Zudem muss unsere Regierung endlich den Anträge gestellt. Sie wurden fast alle abschlägig Mut aufbringen, in Brüssel zu beantragen, den beschieden. Und wenn eine Abschussgenehmigung Das ist die Reaktion des Wolfs auf unsere bisherige Wolfspolitik Wolf in Deutschland von Anhang IV (strengst dann doch mal rechtskräftig wird, ist der Wolf möglicher Schutz) der FFH-Richtlinie nach noch lange nicht „entnommen“. Das liegt an der an unserem Reviersystem und an der Biologie der Nur eine Freigabe in allen Jagdrevieren innerhalb Anhang V (Managementmaßnahmen möglich) Freigabe nur eines bestimmten „Problemwolfs“, Wölfe. Aus Sicht der Zoologie gibt es übrigens des Wolfsreviers für die lokalen Jagdausübuns- keine Problemwölfe. Gemeint sind damit solche berechtigten, sprich Revierinhaber, könnte hier Exemplare, die gelernt haben, wie einfach es Abhilfe schaffen. Durch eine erfolgte Änderung ist, Weidevieh zu reißen. Möglicherweise sind des deutschen Naturschutzgesetzes wäre es jetzt Problemwölfe die schlauesten und erfindungs- grundsätzlich auch möglich, bei gehäuften Über- reichsten ihrer Art. griffen auf Weidetiere irgendeinen Wolf aus dem Ein 30.000 Hektar großes Wolfsrevier schließt betreffenden Rudel oder auch mehr als einen zu in der Regel deutlich mehr als 30 Jagdbezirke erlegen. Jedoch ist bisher meines Wissens nicht ein. Dort von einem oder zwei beauftragten „Ent- ein einziger entsprechender Antrag genehmigt nehmern“ diesen einen „Problemwolf“ zu finden, worden. Realitätsferne bleibt also leider weiterhin als solchen zu identifizieren und schließlich zur bestimmendes Element der deutschen Wolfspoli- Strecke zu bringen, ist definitiv nicht möglich. In tik. Man kann einem „Wolfserwartungsland“ wie Niedersachsen sollte ein bestimmter „Problem- Österreich nur raten, sich daran kein Beispiel zu wolf“, der sich auf Weidetiere als Beute spezialisiert nehmen. hatte, „entnommen“ werden. Trotz erheblichem personellen und finanziellen Aufwandes hast das nicht geklappt. Auch aus juristischer Sicht und unter Sicherheitsaspekten ist es fraglich, ob das Autor: Nebeneinander von staatlich beauftragten Wolfs- Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Hans-Dieter Pfannenstiel An solchen Anblick haben sich Jäger in Deutschland Jäger stellen teilweise solche Schilder auf, um zu zeigen, dass sie jägern und Jagdausübungsberechtigten der betref- Diplom-Biologe bereits gewöhnt keine Verantwortung für die Situation tragen fenden Jagdbezirke rechtskonform und sinnvoll ist. h.d.pfannenstiel@t-online.de
GOLDSCHAKAL | 10 11 | GOLDSCHAKAL Was wird beim Goldschakal-Projekt in der Praxis gemacht und was genau ist Ihre Aufgabe dabei? Jennifer Hatlauf: Ich sammle Vorkommensnachweise von Goldscha- kalen in Österreich. Diese Nachweise können entweder „passiv“ erbracht werden, das heißt, es werden mir Fotofallenbilder aus Jagdrevieren geschickt. Es gibt aber auch „aktives“ Monitoring, bei dem gezielt Fotofallen platziert oder auch akustische Stimulation durchgeführt werden. Hierbei wird ein spezieller Ruf abgespielt, der die anwesenden Tiere zu einer Antwort animiert. Un- 1960er-Jahre zurückgegangen. Der gefährlichste ser Ziel sind aktualisierte Verbreitungskarten und natürliche Feind des Goldschakals ist der Wolf, des- Goldschakal Habitatmodelle zum Goldschakal in Österreich. Die sen Abwesenheit die Ausbreitung von Schakalen Datenerhebung war bisher durchaus erfolgreich. in den vergangenen Jahren sicherlich begünstigt Die Meldungen aus der Jägerschaft schätze ich hat. Weitere Gründe für eine Ausbreitung können besonders, da hier oft das geschulte Auge hilfreich z.B. in veränderten klimatischen Bedingungen oder ist und die Kenntnis des Reviers natürlich von Änderungen in der Landnutzung liegen. In Europa großem Vorteil ist. ist das Hauptverbreitungsgebiet am Balkan; nach Die Suche mit Spürhunden nach Goldschakal-Lo- Österreich kommen die Tiere vor allem aus Ungarn sung ist auch ein Teilbereich meiner Arbeit. Diese und auch aus Slowenien und der Slowakei. Ergebnisse wurden in einem wissenschaftlichen Der Goldschakal (Canis aureus) ist eine eng mit dem Wolf verwandte Art der Hunde. Bericht zusammengefasst, der unter nachstehen- Nun interessieren uns noch ein paar Fragen zum Er ist der einzige Schakal, der in Europa verbreitet ist. Der Goldschakal ist in seiner dem Link abrufbar ist. Goldschakal aus der Sicht eines Jägers, der mit Lebensraumwahl flexibel und kann sich gut an verschiedene Gegebenheiten anpassen. https://link.springer.com/article/10.1007/s13364- dem Goldschakal häufig zu tun hat. Wir konnten 020-00537-4 den Berufsjäger Zsolt Bende, der in einem unga- Er ist ursprünglich bei uns nicht heimisch. Seit 1987 gibt es jedoch Nachweise Interessant sind vor allem Fragen der möglichen rischen Nationalpark tätig ist, für ein Interview von Goldschakalen in Österreich. Sie breiten sich vom südosteuropäischen Auswirkung von Goldschakalen in neuen Gebieten, gewinnen. Raum Richtung Westen aus. ihre Ausbreitungstendenz und neue Forschungs- methoden. Mögliche Nutztierrisse möchte ich Was ist Ihr Arbeitsumfeld und wo sind Sie Es gibt dazu ein Projekt, das sich mit der Verbrei- Wie ist das Goldschakal-Projekt in Österreich ent- gerne auch in Zukunft untersuchen. Wir untersu- jagdlich tätig? tung des Goldschakals in Österreich beschäftigt. standen? BJ Zsolt Bende: chen in Kleinprojekten z.B. das Heul-, Jagd- oder Wir konnten uns mit der Projektleiterin, der Wild- Jennifer Hatlauf: Ich bin 36 Jahre alt und bin als Agrar- (Universität Fressverhalten. tierökologin Jennifer Hatlauf, über das Projekt und Nach meinem Studium der Agrarwissenschaften Kaposvár), Naturschutz- (Universität Kaposvár) die Verbreitung des Goldschakals in Österreich studierte ich Wildtierökologie und Wildtierma- Wo sind Goldschakale ursprünglich beheimatet und und Wildtiermanagement-Ingenieur (Szent István unterhalten. nagement an der Universität für Bodenkultur. In wie kommen sie zu uns nach Österreich? Universität - Gödöllö) MSC ausgebildet. Seit acht Weiters konnten wir dem ungarischen Berufsjäger den letzten Jahren beschäftigte ich mich mit dem Jennifer Hatlauf: Jahren arbeite ich als Berufsjäger, davon seit Zsolt Bende, dem der Goldschakal täglich vor die potenziellen Lebensraum des Goldschakals und Die Goldschakalbestände in Europa sind bis in die fünf Jahren als Forst- und Wildtiermanagement- Büchse läuft, ein paar interessante Fragen stellen. möglichen Habitatfaktoren. Um die angewandten Methoden in der Goldschakalforschung genauer unter die Lupe zu nehmen, bereiste ich unter anderem vorkommensstarke Länder wie Rumänien und Ungarn, wo ich die dortigen Forscher beim Monitoring unterstützte. Die brennende Frage nach dem tatsächlichen Goldschakal-Vorkommen in Österreich führte dann zum Pilotprojekt „Goldschakal in Österreich“, für das ich 2015 das Forschungsstipendium der BOKU und von 2018 bis 2020 eine Förderung der Österreichischen Akademie der Wissenschaf- Jennifer Hatlauf Zsolt Bende ten erhielt. Größenvergleich: Fuchs, Goldschakal, Wolf © Jennifer Hatlauf
GOLDSCHAKAL | 12 13 | GOLDSCHAKAL Was sind potentielle Beutetiere eines Goldschakals? BJ Zsolt Bende: INFOBOX GOLDSCHAKAL Goldschakale sind Opportunisten. Sie ernähren sich nahezu von allem. Aber unsere Untersu- chungen im Revier zeigen, dass sie ca. 85 % Nagetiere und ca. 15 % Pflanzen sowie Kadaver und Jungtiere von Hochwild fressen. Jennifer Hatlauf: Der Goldschakal ist dämmerungs- und nachtaktiv und seine Hauptbeute sind kleine bis mittelgroße Säugetiere. Ebenso frisst der Goldschakal Am- phibien, Insekten, Fische, Kadaver oder je nach Saison auch zu einem großen Anteil pflanzliche Nahrung. Er verachtet auch nicht anthropogene Nahrungsressourcen (wie Aufbruch oder in man- chen Regionen auch Schlachtabfälle) und ist in der Lage junge Schafe zu erbeuten. Das konnte bei den Rissen in Salzburg und Osttirol heu- er erstmalig in Österreich auch mit Hilfe eines DNA-Nachweises bestätigt werden. Er kann in Lebensweise reich strukturierter Agrarlandschaft ebenso wie in Der Goldschakal ist ein Nahrungsgeneralist, © Jennifer Hatlauf Feuchtgebieten gute Bedingungen und genügend der sich sehr gut an die Saison, das Habitat Zweig-Leiter der Direktion des Nationalparks Hat das Vorkommen von Goldschakalen Auswirkungen Nahrung vorfinden. und die verfügbaren Ressourcen anpassen Balaton-Oberland. Ich bin in der Nagy-Berek auf andere Prädatoren? kann. Er benötigt ausreichend Deckung Wildtiermanagement-Einheit tätig. Zsolt Bende: Sie haben des Öfteren Mageninhalte von erlegten und Versteckmöglichkeiten, die er untertags Ja, der Fuchsbestand nimmt auf jeden Fall ab, Goldschakalen untersucht. Was ist Ihnen dabei nutzen kann. Wie steht es jagdlich um den da er vom Goldschakal verdrängt wird. Nach un- aufgefallen in Bezug auf die Nahrungsaufnahme Goldschakal in Ihrer Region in Ungarn? dieses Raubtieres? seren Beobachtungen wurden auch Dachswelpen Unterschied Goldschakal – Fuchs Zsolt Bende: BJ Zsolt Bende: vom Goldschakal geräubert. Dem Wolf wird der Eine markante Färbung in der braunen Das Vorkommen des Goldschakals ist bei uns im Hier gibt es einige Besonderheiten: Goldschakal wiederum aus dem Weg gehen, da Gesichtsmaske ist eine deutliche weiße Nationalpark Balaton-Oberland schon seit 12 • Sehr auffallend ist, dass der größte Teil der eine Begegnung zwischen den beiden tödlich für Zeichnung um das Maul und den Hals. Jahren wieder häufiger geworden. Er kommt mir Nahrung des Goldschakals aus Nagetieren besteht. den Schakal ausgehen könnte. Der Wolf kommt Im Verhältnis zum Körper ist die Rute des auch täglich vor die Büchse. Er ist ganzjährig • Die Goldschakale fressen sehr gerne Obst und aber bei uns (im Nationalpark Balaton-Oberland) Goldschakals relativ kurz. jagdbar und selbstverständlich steht er auch im andere Pflanzen. noch nicht vor. Das Trittsiegel des Goldschakals ähnelt Abschussplan. Bei unserer Strecke liegen 150 • Im Winter, bei schwererer Nahrungsbesorgung, suchen die Goldschakale systematisch nach Ka- dem eines großen Fuchses, jedoch sind die Goldschakale pro Jahr. davern. Mittelballen im unteren Teil verwachsen, wie • Frischlinge und Kitze werden nur zufällig ihre man in der Abbildung sehen kann. Dies gilt Beute. sowohl für die Vorderläufe als auch für die Jennifer Hatlauf: hinteren Extremitäten. Ich konnte einige Mageninhalte von Goldschakalen aus Österreich untersuchen. Es waren Kleinsäuger, Jagdliche Regelung in Österreich Kadaver von Schalenwild (Wildschwein), Insekten Der Goldschakal wird zurzeit in vier Landes- und Pflanzliches zu finden. Die Ergebnisse zeigen jagdgesetzen als jagdbares Wild angeführt: auch ein paar spannende Details, die demnächst Burgenland und Oberösterreich (Jagdzeit veröffentlicht werden. 1. Oktober bis 15. März), Steiermark und Salzburg (jeweils ganzjährig zu schonen). In den anderen Bundesländern wird der Mehr über das Goldschakal-Projekt in Österreich Goldschakal automatisch oder spezifisch Im Trittsigel des Goldschakals sind die Mittelballen im unteren Teil verwachsen © Jennifer Hatlauf ist auf www.goldschakal.at zu finden. im Naturschutzgesetz geführt.
REVIERVORSTELLUNG | 14 15 | REVIERVORSTELLUNG lassen. Im Revier fehlen gänzlich Almbereiche, Das Relikt der bedeutsamen Ära der Attergau- die als Äsung für das Wild hilfreich wären. Die er Hallholzlieferung diente in späteren Jahren Höhenbereiche liefern nur wenig und sehr karge Kaiser Franz Josef (1830-1914) als Jagdsitz. Äsung – mit ein wichtiger Grund, warum ins- Verbrachte der Kaiser doch seine Sommer im besondere das Gamswild in die tieferliegenden nahe gelegenen Bad Ischl der „Kaiserstadt“, Freiflächen drängt. wo noch heute manches Geschäft mit dem Titel „KuK Hoflieferant“ wirbt, weil es den Kaiser mit GESCHICHTLICHES ZUM REVIER Waren beliefern durfte. Das Salzkammergut, von Der Mittel- und Ausgangspunkt der geplanten dem der Kaiser gesagt haben soll „es sei das Pa- Pirschgänge stellt das „Jagdhaus Aufzug“ dar. radies auf Erden“, galt als eines der bevorzugten Doch was hat es mit dem Namen „Aufzug“ auf Jagdgebiete des Monarchen. Kaiser Franz Josef sich? Der Name stammt von dem 1722-1871 im gehörte zu den passioniertesten Jägern um die Betrieb gewesenen „Hallholz-Aufzug“: eine dama- Jahrhundertwende. Er erlegte im Salzkammergut lige technische Pionierleistung zum Transport des im Laufe seines Lebens über 3000 Gams. Es Salienenholzes. Zum Aussieden des Salzes, dem zeugt von einer Zeit, in der das Wild einen sehr Ein Revier stellt sich vor: „weißen Gold des Salzkammerguts“, benötigten hohen Stellenwert hatte. Das ganze Gebiet des die Salinen viel Holz. Transportmittel des Holzes Höllengebirges war in der alten Monarchie streng Revier Weissenbach am Attersee war in der Hauptsache das Wasser der Bäche und gehütetes kaiserliches Jagdgebiet. Betretung nur Flüsse, dessen verstärkte Nutzung durch die Bauten mit schriftlicher Erlaubnis, doch die wurde nur des Klaus- und Triftwesens erfolgen konnte. Die selten erteilt. Holzwirtschaft der Attersee-Region blühte. Der Holzaufzug war eine technische Meisterleistung DAS REVIER HEUTE damaliger Zeit. Er war das ebenso spektakuläre wie Das ehemalige KuK Hofjagdrevier wird heute von Das knapp 3000 ha große Gebirgsrevier der österreichischen Bundesforste liegt im aufwändige Herzstück des Holztransportes von der den österreichischen Bundesforsten als Abschuss- oberösterreichischen Salzkammergut. Es grenzt im westlichen Teil sowohl an den größten Attersee-Region zur Saline in Ebensee. So konnte die jagd (Verpachtung an Abschussnehmer) geführt. aller Salzkammergutseen, den Attersee, als auch an das Bundesland Salzburg an. Wasserscheide im Weissenbachtal überwunden und Jagdlich betreut wird das Revier seit 22 Jahren Das Revier erstreckt sich von 470 m (Attersee) bis knapp 1800 m Seehöhe. das Salinenholz weiter zur Traun getriftet werden. von Revieroberjägerin Corinna Gertenbach. Zurzeit absolviert auch ein Berufsjägerlehrling, Michael Im Talbereich wird es von einer Bundesstraße serung, Dolinen, Schächten und Höhlen verse- Wintersteller, aus St.Wolfgang seine Ausbildung durchschnitten und es besteht aus etwa gleich hen. Im Jahr 2010 wurde von der Berufsjägerin im Revier. War das Revier schon „vor Corona“ großen Teilen Schatt- und Sonnseite. Im Nor- die Winterhöhle des damaligen „Salzkammergut touristisch gut besucht, so hat die „Bleib-daheim- den befindet sich das Höllengebirge, als Teil der Braunbären Moritz“ entdeckt, die dieser mit ei- Strategie“ einen regelrechten Boom auf das Revier nördlichen Kalkalpen erstreckt es sich zwischen ner dicken Schicht Fichtenäste für sein weiches sowie insgesamt auf das Salzkammergut ausgelöst. Attersee und Traunsee mit einer Länge von etwa Winterlager ausgepolstert hatte. Der zunehmende Freizeittourismus wirkt sich ne- 16 Kilometern. Das Höllengebirge ist als ausge- Das Höllengebirge wird im Höhenbereich von aus- gativ auf die Verbissbelastung der Schutzwälder prägtes Karstgebirge mit allen kennzeichnenden gedehnten Latschenfeldern bedeckt, die fast die aus. Durch intensive touristische Nutzung der Phänomenen, wie z.B. unterirdischer Entwäs- gesamte Hochfläche undurchdringlich erscheinen Gratbereiche wird das Gamswild in den Schutz- waldbereich gedrängt und nutzt diesen intensiv als „Ersatzlebensraum“. Das Rotwild wiederum wird von den überlaufenen Tallagen/ Flussbereichen ebenfalls in diese Bereiche gedrängt, wo es mit dem Gams in Konkurrenzdruck steht. DAS WILD IM REVIER WEISSENBACH Die Hauptwildarten sind Rot-, Gams- und Reh- wild, auch Schwarzwild kommt immer wieder mal vor. Auer- und Haselwild gibt es leider nur noch sporadisch, das Birkwild ist das häufigste Raufußhuhn und wird noch bejagt. Der jährliche Bärenfährte im Schnee Kaiserliches Jagdhaus Aufzug Der Kaiser auf der Jagd im Revier Abschuss beträgt knapp 100 Stück Schalenwild.
REVIERVORSTELLUNG | 16 17 | REVIERVORSTELLUNG © Corinna Gertenbach waldverjüngung im Bergwald Vorrang. Die Jagd im Revier musste sich den neuen Bedingungen anpas- sen. Wurde früher gleichmäßig über die gesamte Fläche gejagt, so muss heute der Hauptabschuss © Corinna Gertenbach in den „Zwangsabschussgebieten“ getätigt werden, um dort eine möglichst schnelle Umsetzung der empfindlichen Laubgehölzen hintanzuhalten. Naturverjüngung zu gewährleisten. In diesen Be- Dieser positive Effekt spiegelt sich dann auch am reichen wurden gezielte Maßnahmen gesetzt und Waldbild wieder. Im Revier werden 35 Wildwiesen in zusätzliche Bejagungsinfrastruktur (Pirschsteige, © Corinna Gertenbach und Äsungsstreifen betreut. Einige Äsungsflächen Ansitzeinrichtungen, Schussschneisen) investiert. Schälschäden gibt es keine, Probleme bereitet Ruhebedürfnis nachkommen kann. Die Berufs- wurden neu angelegt und die vorhandenen wurden der Verbissdruck im Schutzwald. Die Palette an jägerin betont immer: „Wir sperren nicht das optimiert. Diese Lebensraumverbesserung wird Wildtieren, die bereits im Revier gesichtet wurden Rotwild ein, sondern den Menschen als massiven besonders vom Rotwild dankbar angenommen. bzw. auch vorkommen, ist bunt und sicher nicht Störfaktor aus!“ Die natürliche Äsung verholzt gerade in trockenen alltäglich: Braunbär, Wolf, Luchs, Wildkatze, Ohne diesen umzäunten Schutzbereich würde das Jahren schneller und verliert an Qualität. Beson- Fischotter, Steinadler, Wanderfalke, Uhu, Wes- Rotwild ständig vom Fütterungsbereich vertrieben ders in den sensiblen Phasen wie Frühjahr und penbussard ... werden. Dies wäre nicht zu verhindern bei dem Herbst wird die Äsungssituation verbessert und Das Rotwild wird im 22 ha großen Wintergatter immer intensiver genutzten Raum durch Wanderer die verbissgefärdeten Flächen entlastet. gefüttert. Dies hat sich in zweierlei Hinsicht be- und Skitourengeher. Ohne diese Schutzzäunung stens bewährt: Zum einen hat das auf Störungen wäre es für das Rotwild und den Schutzwald eine HÖLLENGEBIRGSPROJEKT empfindlich reagierende Rotwild einen Bereich, in Katastrophe! Daran sollten die vielen Kritiker Die größte Herausforderung in diesem Jagdrevier dem es wiederkäuergerecht seinem Äsungs- und von Wintergattern auch einmal einen Gedanken stellt zurzeit die Umsetzung der Zielvorgaben in Be- verschwenden! Hier geht es nicht um Trophäen- zug auf das „Höllengebirgsprojekt“ dar. Das „Höl- zucht, sondern darum, dem Rotwild in unseren lengebirgsprojekt“ ist das größte Schutzwaldprojekt übernutzten Gebirgsrevieren einen ruhigen und der österreichischen Bundesforste. In diesem sicheren Platz zum Überwintern zu ermöglichen. Schutzwaldprojekt gibt es jagdliche Behandlungs- Der zweite wichtige Aspekt, besonders für unser zonen, so gilt oberhalb der Waldgrenze im Bereich sensibles Gebiet, ist das Aufkommen der Na- der Latschenregionen die Ruhezone, in der nicht turverjüngung. Das Wild macht in der Zeit, in gejagt wird. Die darunter befindlichen Freiflächen, dem es im Gatter überwintert, keinen Schaden. die teils durch Windwürfe und Käfer entstanden Durch zunehmende Wetterkapriolen im Frühjahr, sind, müssen dagegen intensivst bejagt werden, um Kälte-Schnee-Einbrüche im April/Mai wird in das Aufkommen von Laubholz zu gewährleisten. manchen Jahren der Vegetationsbeginn erheb- Ziel der österreichischen Bundesforste ist es, lich verzögert und somit auch das für das Wild Wald, Wild und Jagd erfolgreich unter einen Hut benötigte Gras- und Krautwachstum. Da hilft es zu bringen. Im Zweifelsfalle hat der natürliche Wildwiesen, besonders wichtig in den Übergangsphasen uns, das Wild bis Mitte Mai im Gatter füttern zu Lebensraum Wald die höchste Priorität und das © Corinna Gertenbach können und so Verbissschäden an den besonders Aufkommen einer natürlichen, artenreichen Misch- © Corinna Gertenbach
REVIERVORSTELLUNG | 18 19 | SCHUTZWALD Windwurffläche: Typischer Kalkstandort, geringe Humusauflage Dieselbe Fläche heute, 9 Jahre später Verzerrte Darstellungen in der In den oberen Lagen nahe der Waldgrenze, wo die Böden und deren Humusauflage zunehmend schlechter werden, kommt die Verjüngung noch eher zögerlich. In den unteren Bereichen sieht man aber sehr deutlich eine Verbesserung der gewachsenes Holz kann dem rauen Klima am Rande der Kampfzone standhalten, sonst bricht es wie Streichhölzer bei Sturm oder Schneedruck. Letztendlich geht es darum, gemeinsame Problem- und Konfliktlösungen zu finden und konstruktiv da- Schutzwald-Diskussion Verjüngungssituation, insbesondere, was das ran mitzuarbeiten; zum Wohle von Wald und Wild. Laubholz betrifft. Somit bleibt es für die Akteure des Revieres die Mario F. Broggi ist Wissenschafter und war am Beginn seiner Tätigkeit vorerst als freiberuflicher große Herausforderung, die hohen jagdlichen An- Forstingenieur für die Ausarbeitung der Waldwirtschaftspläne und viele weitere forstliche Planungen FAZIT forderungen von Forstbehörde und Bundesforste in Liechtenstein verantwortlich. Weiters ist er über viele Jahre als Privatdozent an den Universitäten Stabile Schutzwälder mit tolerierbarem Wildein- umzusetzen, sich auf zunehmenden Tourismus von Basel und Wien für Fragen der alpinen Landnutzung und deren Umweltverträglichkeit tätig. fluss zu schaffen ist definitiv eine Herausforderung. und Freizeitaktivitäten einzustellen und trotz Wild ganz ohne Schäden ist nicht zu haben, aber allem die Passion und Freude am Revier und der Er leitete über sieben Jahre die Eidgenössische hingewiesen. Der Schuldige ist das Schalenwild. es ist möglich, diese Schäden gering zu halten. Nur Jagd nicht zu verlieren. Bundesversuchs- und Forschungsanstalt für Wald, Dieses Bild überzeichnet völlig den Sachverhalt durch gemeinsame Anstrengungen und geeignete Schnee und Landschaft WSL (Bundes-Forschungs- und dient einzig und alleine der Panikmache. Es Maßnahmen durch das Drehen an vielen kleinen zentrum in der Schweiz), welches alle forschungs- wird hier bewusst von massiven forstwirtschaft- Schrauben können wir in sensiblen Schutzwald- relevanten Fragen zum Schutz, Produktion und lichen Problemen abgelenkt. bereichen die erforderliche Laubholzverjüngung Naturgefahren des Waldes abdeckt. Während erreichen. dieser Zeit war er auch im Leitungsgremium der Mangelnde Kenntnisse über das Ökosystem Wald Wichtige Maßnahmen sind : weltweit wirkenden Dachinstitution der forstlichen Mario F. Broggi kommen bei solchen dramatisch • objektive Wildschadensbeurteilung Forschung IUFRO tätig. Mario F. Broggi dürfte skizzierten Bildern des Schutzwaldes vorerst Zwei- • Maßnahmen zur Lebensraum und somit mit Forschungsfragen zum Wald und der fel, ob in der Diskussion ausreichend Kenntnisse Äsungsverbesserung des Wildes Materie vertraut sein. Und übrigens, er besitzt die über das Ökosystem Wald vorliegen. Es wird ein • Schaffen von Wildruhezonen Jagdkarte, ging aber nie auf die Jagd. rein anthropozentrischer Standpunkt eingenom- • Optimierung der Bejagungsstratgie, bis die ge- Im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Liech- men, der diktiert, wie Wald zu funktionieren hat. wünschte Verjüngungssituation erreicht ist (Schwer- tenstein stellt er zum Thema fest, dass in der Die Urwaldforschung, mit der er sich in den punktbejagung, kurzfristige Abschusserhöhung) laufenden Debatte einiges zum Schutzwald und letzten 30 Jahren intensiv beschäftigt hat, spricht • Vergrämungsmaßnahmen und Verbissschutz zur Wald-Wildfrage verzerrt dargestellt wird. In für ein modifiziertes Bild. Es verdichtet sich der Bei all den gesetzten Maßnahmen ist zu bedenken: Waidmannsheil der momentanen politischen Debatte und der Eindruck, das alpine Schutzwald-Management Der Wald und insbesondere der Bergwald braucht Corinna Gertenbach Medienberichterstattung zur Thematik gibt es sei allzu stark vom forsttechnischen Interventi- Zeit zum Wachsen! Nicht umsonst sind die Jah- Revieroberjägerin zahlreiche Schwachstellen. Es wird immer wieder onsglauben überformt. Die Sicherheit dient als resringe an den Bäumen so eng – nur langsam auf eine eminente Gefährdung des Schutzwaldes Vorwand für aufwendige Maßnahmen, die anderen
SCHUTZWALD | 20 21 | SCHUTZWALD Zielen dienen. Es wird die Vorteilhaftigkeit der Schadenssummen in Hunderten von Millionen Wald. Vielleicht wäre diese Schutzfunktion bei ist auch eine langjährige Verjüngungspause eben bioautomatischen Schutzwirkung der natürlichen genannt. Mit dem so gewählten Schutzwaldan- großen Waldbränden in Frage gestellt, weil dann keine Katastrophe, wie dies in der hiesigen Schutz- Walddynamik nicht ausreichend erkannt. Man satz ergibt sich mit solcher Betrachtung viel alles abgebrannt ist, jedoch kaum bei selbst waldfrage dargestellt wird. Es ist zudem auffällig, meint, dem Wald mit Interventionen auf die Sprün- Interventionsfreiheit. So wird etwa die generelle großflächigem Borkenkäferbefall. Dort setzt die dass ein 100 Jahre alter Bestand vom Forst als ge helfen zu müssen. Dabei wird seine Resilienz, Bedeutung des Waldes für den Wasserhaushalt Sukzession mit Waldverjüngung in der Regel auch alt bezeichnet wird. Die forstlichen Ertragstafeln seine Widerstandsfähigkeit selbst in Krisenzeiten, genannt und auf die erlebten Gefährdungen im in Berglagen durch Pionierholzarten zügig ein, hörten ja bei 120 Jahren auf, was der maximalen maßlos unterschätzt. 19. Jahrhundert verwiesen. Vergleichen wir diese außer in subalpinen Lagen, wo alles länger dauern Umtriebszeit für eine genutzte Baumgeneration Prozentwerte mit dem Gebirgsland Schweiz, so kann. Jedenfalls erscheinen die propagierten 60% entsprach, aber bei weitem nicht dem möglichen Totschlagargument Sicherheit wurde dort der Prozentsatz für eine risikobasierte Schutzwald mit erhöhten Schutzerfordernissen Alter einiger Baumarten. Im bayerischen Steiger- Es wird forstpolitisch ein Waldbild suggeriert, örtliche Abklärung vor einigen Jahren in einem wesentlich zu hoch angesetzt. Mir fällt im Übrigen wald gibt es vitale, über 300 jährige Buchen. Auf welches bürokratisch wie propagandistisch mit „WSL-Forum für Wissen“ mit 9% der Waldfläche auf, dass Helikopter vor allem dort fliegen, wo der den Menschen übersetzt entsprächen 100jährige scheinbar nützlichen Behauptungen den Zweck beziffert. Jeder Wald ist also vorerst einmal ein Schutz für den Menschen und hohe Infrastruk- Buchen höchstens 30jährigen Leuten. Im Wald der generellen Gefahrenabwehr beschreibt. Das Schutzwald, aber örtlich mit unterschiedlichen turwerte kaum eine Rolle spielen. wird dann aber bereits vor dem Zerfall der Be- wäre dann 100% der Waldfläche oder zumindest Wirkungen. Die Naturgefahren-Forschung plädiert stände gewarnt. der größte Teil davon. Der Laie muss solch dar- für die erwähnte Beurteilung einer risikobasierten Die Uhr des Waldes ist eine andere als Wenn wir zudem festlegen, was wir vom Wald gestellte Bedrohungen ernst nehmen, wie auch Schutzwaldstrategie und nicht für eine medial diejenige des Menschen verlangen, kann dies leicht einseitig in eine Muss- die Politik. Ökologische Betrachtungen kommen gesteuerte Panikhysterie. Die Schutzwirkung des Waldes ist in einem unbe- form gegossen werden. Damit wird aber jeder dabei zu kurz, die Erkenntnisse der erwähnten Zudem haben wir bezüglich der Resilienz von wirtschafteten Bestand mit vielem Alt- und Totholz dialogische Ansatz um die Bedeutung der breiten Urwaldforschung werden kaum berücksichtigt. Waldbeständen gegenüber großflächigen Störungen besonders ausgeprägt vorhanden. Ein Wald fällt Waldwirkungen erfolgreich im Keime erstickt. Wir Sicherheit wird als Totschlagargument verwen- wenig auf Erfahrung bezogene Kenntnisse, am im Übrigen auch nicht einfach zusammen und sprachen früher von Schutz-, Nutz- und Wohl- det, das legitime Verlangen nach Sicherheit wird ehesten noch für Windwürfe. Oder anders gesagt, verliert damit seine Schutzfunktion, wie sugge- fahrtsfunktionen, wobei die Biodiversität unter bedient und die verlangten Mittel lassen sich so man muss befürchten, dass die Forschung einigen riert wird. Im Einvernehmen mit dem damaligen den Schutzfunktionen subsummiert wurde. Dieser beschaffen. Man will die Öffentlichkeit mit solchen subventionierten Geschehnissen eher ausgewichen liechtensteinischen Forstamt habe ich als Wald- fachlich grenzüberschreitende Dialog mit den irrationalen Sicherheitsverlangen überzeugen. ist, weil dies heiße Eisen darstellen. planer derartige Bestände in «außerregelmäßigem vielen Waldwirkungen fehlt heute. Es ist offensichtlich, dass der Schutzwald je nach Andererseits habe ich in meinem Berufsleben noch Betrieb» ausgeschieden. Wir waren der Meinung, Interessenslage sehr unterschiedlich angesprochen nie einen Wald nach Naturereignissen gesehen, sie seien nicht zu erschließen und einfach in Ruhe Die dynamischen Widerstandskräfte des wird und daraus wird unterschiedlich nötiges der seine Schutzfunktion vollständig verloren zu lassen. Diese Wälder werden nun nachträglich Waldes werden unterschätzt Interventionsverhalten abgeleitet. „Folgerichtig“ hätte. Im Gegenteil, nach Sturmschäden sind meist als Schutzwälder deklariert. Irrig ist der Die laufende Schutzwald-Debatte wird völlig werden im Alpenraum 60% des Waldes mit be- liegengelassene Bestände für einige Zeit der beste Glaube, durch forstliche Intervention könne „hier überdehnt geführt. Die Wald-Wild-Problematik sonderen Schutzerfordernissen bezeichnet und in Schutz vor Naturgefahren und auch gegenüber und jetzt alles subito“ geändert werden. So wer- wird überzeichnet und die dynamischen Kräfte 75% der Schutzwälder sei die Verjüngung nicht Wildschäden. Die Gewährleistung der Schutzfunk- den in mancher Wald-Wild-Untersuchung und in des Waldes werden massiv unterschätzt. Ein ausreichend, wo es also zu intervenieren gälte. tion funktioniert nach meiner Meinung selbst bei Gutachten, bereits Erwartungen innert fünf Jahren übersteigertes Sicherheitsbedürfnis kann nicht Dazu werden auch abenteuerlich hohe mögliche den Borkenkäferkalamitäten wie im Bayerischen geweckt bzw. Resultate erwartet und vor allem die richtige Antwort sein. Mit etwas mehr Un- wird ausgesagt, wie ein Wald sich artenmässig aufgeregtheit wäre einiges erreicht, ohne dass zusammensetzen soll. Die Standortskunde hat man auf vielen Flächen viel machen muss. Ich zwar Fortschritte gemacht, doch grenzen manche meine, es müsste gelingen, der Öffentlichkeit getätigte Aussagen an den „forstlichen Götterblick“ wie der Verwaltung klar zu machen, dass wir und es könnte anders kommen als man dachte. es auch mit Problemen auf gesellschaftlich- Ebenso wird sich das neuerlich auch internatio- psychologischer Ebene zu tun haben und nicht nal propagierte Ausweichen auf fremdländische nur mit naturgefährdenden Problemen. Das ist Holzarten wie die Douglasie sich kaum bewähren. in unserer „Versicherungs-Gesellschaft“ nicht Die älteren Jahrgänge unter uns erinnern sich ganz leicht zu bewerkstelligen. Zudem gibt es noch an die Douglasienschütte, die so manchen keine 100%ige Sicherheit. Aus der Sicht der Bestand schädigte. Forschung hat ein solches aufgeregtes Vorgehen Die Abläufe und die Uhr des Waldes unterwerfen bereits einmal ins Fiasko geführt. sich kaum solchen forstlichen Vorstellungen. Ein Ich erinnere an das leider auch von der Forschung Buchenurwald kann beispielsweise über mehr als dramatisch postulierte „Waldsterben“ der 1980- 100 Jahre einen dunklen Hallenwald bilden. Nach 90-er Jahre mit den prognostizierten Folgen. einem Sturm kann es mit der Dynamik der Verjün- U.a. wurde in der Schweiz aus einem wichtigen Das Schalenwild gehört zum Ökosystem der Natur und somit auch des Waldes © David Sterzinger/Christian Mayer gung beginnen. Aufgrund solcher Beobachtungen Forschungsmund ausgesagt, dass grosse Teile
SCHUTZWALD | 22 23 | SCHUTZWALD sich für eine integrale Sichtweise aus, handelt mit anschließenden häufig standortsfremden aber nicht danach. Es verbleibt der anklagende Fichtenverjüngungen kaum strukturierte Wald- Grundton gegen das Schalenwild (Hirsche, Reh, bilder hinterlassen. Dieses „mea culpa“, diese Gämse, Steinwild), der Abschuss steht alleinig Mitverantwortung, hört man leider kaum. Im im Vordergrund. Das Schalenwild wird als „Un- Forstwesen galt rückblickend ein Herr-im-Haus- geziefer“ gesehen. Es werden Tötungsgatter Prinzip, das einem planwirtschaftlichen und tra- zur Elimination des Rotwildes vorgeschlagen, ditionalistischen Denken verhaftet war und teils beschönigend „Einsprünge“ genannt. Dies ist noch ist. Das führt zum Durchsetzungsanspruch Kreatur verachtend und zeigt keine Spur von einer so definierten Forstpolitik, auch und gerade Ethik und Demut vor der Natur. Das Schalenwild in der Schutzwaldfrage. Von einer ganzheitlichen (Hirsch, Reh, Gämse) gehört zum Ökosystem der Betrachtung bleibt außer dem zu steigernden Natur und somit auch des Waldes. Oberstes Ziel Abschuss nicht viel übrig. Die mit Verordnung ist die Verbesserung des Wild- Lebensraumes, erlassenen, ganzjährigen Wildruhezonen werden vor allem mit Aufhebung der Auftrennung der auf Druck der Berggänger (Alpenverein) wieder Landschaft. Eine integrale Betrachtung der Wald- aufgehoben, obwohl sie nur einen ganz kleinen Wildproblematik verlangt eine „Opfersymmetrie“ Teil der Landesfläche ausmachen. Die seit Jahr- aller Beteiligten, der Land- und Forstwirtschaft, zehnten propagierten Wildtierkorridore und die der Raumplanung (Zersiedlung), Verkehr, und damit verbundenen notwendigen Ökobrücken der Freizeitaktivitäten. Das Wild wird heute zu- wurden aus Kostengründen nur sehr selten oder nehmend durch Freizeitaktivitäten in den Wald gar nicht erstellt. Tatsächliche Raumplanung getrieben. mit Wildtier, Überlegungen werden versprochen, Umsetzung nicht erwünscht. Die letzten Rück- Forstwirtschaft ist am heutigen ungünstigen zugsgebiete für unsere Wildtiere werden er- Waldbild mitbeteiligt schlossen, ohne Berücksichtigung der weiteren Mit äsungsverbessernden Maßnahmen kan eine wesentliche Beeinflussung der Verbisssituation erreicht werden © wildlifepictures Als Mit-Verursacher für die heutigen ungün- Folgen. Verbesserungsmaßnahmen gehören in stigen Lebensräume für das Wild wäre auch die integrale Betrachtung und nicht alleine die des Waldes innert fünf Jahren tot seien. Sterben Zeichen eines Biodiversitätsverlusts, sondern die Forstwirtschaft zu benennen. Sie hat uns Wildreduktion. ist akut, die Wirklichkeit zeigte aber chronische kann auch einen natürlichen Zustand darstellen. während eines Jahrhunderts durch Kahlschläge Mario F. Broggi Schäden. Die Prognose war falsch, die Therapie hingegen richtig (z.B. Einsatz Katalysator). Ich Die Forstwirtschaft entfernt sich wieder erinnere auch an die beiden Stürme „Vivian“ vom naturnahen Waldbau und „Lothar“, wo wir meist nicht die sinnvollen Die heimische Waldbaulehre gilt als vorbildlich Konsequenzen gezogen haben und sinnleer die naturnah. Davon ist in letzter Zeit eine Abkehr Helikopter viele Jahre herumfliegen ließen, anstatt zu beobachten. Hierzu äußerten sich jüngst mehr Holz als Schutz einfach liegen zu lassen. deutsche Waldwissenschafter und besorgte, na- Hier wäre auch eine Debatte über den Borken- turnah arbeitende Förster. Sie wandten sich mit käfer (vgl. https://mariobroggi.li/borkenkaefer). offenen Briefen an die deutsche Bundesministe- anzuschließen, wo ökologische Belange zu wenig rin für Ernährung und Landwirtschaft wie auch berücksichtigt werden. Und neuerlich ist ja der an die Umweltministerin und machten darauf Zustand des Waldes mit dem Absterben vor allem aufmerksam, dass es sich nicht nur um eine, von Buchen und Föhren in vieler Munde. Bereits vom Klimawandel getriebene Waldkrise handle. wird wieder vom „Waldsterben“ gesprochen und Das aktuelle Krisenmanagement sei rückwärts- geschrieben. Das ist falsch, es gibt ein Baum- gewandt und waldschädlich. Die Forstwirtschaft sterben. Es gibt Trockenschäden und diese sind hat sich so von den Grundsätzen des naturnahen offensichtlich mit Klimaänderungen verbunden. Waldbaues entfernt. Man könnte diese unterschiedlich absterbenden Bäume auf unterschiedlichen Bodenunterlagen Das Schalenwild ist kein Ungeziefer auch als Chance sehen, Struktur und ursprüng- In zahlreichen vorliegenden Wald-Wild-Gutachten liche Artenvielfalt in den Wald zu bekommen. wird von einer nötigen ganzheitlichen Betrachtung Und im Übrigen ist nicht jeder artenarme Wald der Wald-Wildfrage gesprochen. Man spricht
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