Neuerscheinungen Frühjahr 2020 - edition seidengasse - Verlag Bibliothek der ...
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Neuerscheinungen Frühjahr 2020 edition seidengasse Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 1 07.01.20 13:37
Neuerscheinungen Frühjahr 2020 edition seidengasse* Verlag Bibliothek der Provinz GmbH. A 1140 Wien, Rettichgasse 12, M 0043 991 942 47 edition@seidengasse.at UID-Nr. ATU67603845 café der provinz Kaffee Tee Bücher Waffeln Crêpes Salate A 1080 Wien, Maria-Treu-Gasse 3, T +43 (0) 1/944 22 72, www.cafederprovinz.at Öffnungszeiten: täglich 8–23 Uhr, Bio-Brunch: Sa, So und an den meisten Feiertagen 9–15 Uhr Verlagsauslieferung für Österreich und Südtirol: Mohr-Morawa Buchvertrieb GmbH., A 1230 Wien, Sulzengasse 2 T +43 (0) 1/680 14, F +43 (0) 1/688 71-30 Verlagsauslieferung für Deutschland, Österreich, Schweiz und Südtirol: KNV Zeitfracht GmbH. D 70565 Stuttgart, Schockenriedstraße 37, T +49 (0) 711/78 60-0 Verlagsauslieferung überallhin mit Post oder Bücherwagen: Verlag Bibliothek der Provinz T +43 (0) 2856/37 94, F +43 (0) 2856/37 92 bestellung@bibliothekderprovinz.at www.bibliothekderprovinz.at Verkehrsnummer: VN 129018 Ihr KNV Zeitfracht Bücherwagendienst 7510 * edition seidengasse – edition für Wiener AutorInnen, KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen Auskünfte über Veranstaltungen wie Lesungen, Ausstellungen und Präsentationen direkt beim Verlag oder unter: w w w.bibliothekderprovinz.at Bei Bedarf erhältlich: Kinderbuch- und Kunstbuchprospekt; Frühjahrs- und/oder Herbstvorschauen, Plakate, Folder … Die Verkaufspreise einiger Titel, vor allem jener, die noch in Produktion sind, können sich noch ändern! Preisangaben daher wie bei der Wettervorhersage: Alle Angaben ohne Gewähr. Irrtümer, Änderungen und ähnliche Ärgernisse versuchen wir zu vermeiden. Die Bücher und Autoren der Bibliothek der Provinz sind mit Österreichischer Staatspreis, Schönste Bücher Österreichs, Büchner-Preis, Österreichischer Kunstpreis, Deutscher Jugendliteraturpreis für das Lebenswerk, Rauriser Literaturpreis, Bachmann-Preis, Veza-Canetti-Preis der Stadt Wien, Landeskulturpreise, Literaturpreis der A und Kulturstiftung Berlin, Outstanding Artist Award, Österreichischer Förderungspreis für Kinder- & Jugendliteratur, Luchs-Preis der ZEIT, Kin- der- & Jugendbuchpreis der Stadt Wien, Premio Andersen, Josef Binder Award, Österreichischer Kinder- & Jugendbuch- preis, Printissimo, Beste Bücher für junge Leser u. dgl. m. ausgezeichnet. Die Bücher des Verlages Bibliothek der Provinz finden Sie in gut sortierten Buchhandlungen, naturgemäß in unserer Verlagsbuchhandlung in Großwolfgers, in den Ausstellungsräumen auf Schloss Raabs und auch im Internet, sowohl über unsere Webseite wie bei diversen Versanddiensten. – Wir würden uns freuen, Sie bei unseren Leseveranstaltungen und Ausstellungen begrüßen zu dürfen. 2 edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz Abb. Cover: Alfred Klinkan, aus dem Buch „Wasnichtsoallesrauskommt“ Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 2 07.01.20 13:37
Auersberg Ulrike wortatmen Seite 4 Banauch Eugen Seitensprung nach Jerusalem Seite 4 Buch Gabriele Vier Frauen Seite 5 Csokor Eva Athropozän Seite 5 Farhang Maryam Me And The Persimmon Tree Seite 6 Franzobel Lumpenhanni Seite 6 Gornikiewicz Maria Schall und Rauch Musik der Stille Seite 7 Haberl Klaus Warten Seite 7 Hell Bodo ÖTZI 1991991 Seite 8 Kautzky Anna Erika Aus der Tiefe – de profundis Seite 8 Klar Elisabeth Vernachlässigbare Veränderungen Seite 9 Kraus Mara Mann mit Eigenschaften Seite 9 Lindermayr Andreas Ferdinand Frankenstein, Faust und die vermeintliche Eroberung des … Seite 10 Nebehay Stefan Mondholz Seite 10 Petrik Dine Traktate des Windes Seite 11 Sanders Eric Mord in München Seite 11 Sanders Eric Verschwörung in Wien Seite 12 Schmid Wolfgang Rosafarbene Faune Seite 12 Seidelmann Axel Musik der Stille Seite 13 Streibel Robert Widerstand in Griechenland und Stein/Krems Seite 13 Streitler Nicole Kleeblatt Seite 14 Wagner Robert Brasilianische Reisen Seite 14 Werner Christine Dann ziehe ich eben aus Seite 15 Wiesenthal Eva Maria Immer wieder jetzt Seite 15 | | KUNST WISSENSCHAFT MUSIK REGIONALIA | De Melo Leslie A Song in Praise of Beauty Seite 16 Deutsch Walter Kompositionen der Brüder Schrammel – Die Märsche Seite 16 Fabry Clemens ADRIA Seite 17 Harsieber Heidi Brennen, nur darauf kommt es an Seite 17 Heilingsetzer Semirah Drago Julius Prelog Seite 18 Holzer Reinhold Der (Meta)Islamdiskurs Seite 18 Klinkan Alfred Wasnichtsoallesrauskommt Seite 19 Oppenauer Markus Wiener Medizinische Fakultät und ihre Sammlungen, 1790-1835 Seite 19 Pröller Ingrid menschlich – tierisch – malerisch Seite 20 Rath Peter/Holey Joseph Möbel der Lüfte – Kristallluster in Europa Seite 20 Scheidl Roman Die Welt ist nur ein Pinselstrich Seite 21 Schönwald Rudolf Zecihnungen Seite 21 Sotriffer Kristian Kunstkritiker, Verleger, Künstler, Fotograf Seite 22 Szigety Ida chère ida Seite 22 Üner Stefan Koloman Moser – Der fotografische Blick Seite 23 Zobl Beatrix SOHO in Ottakring Seite 23 edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz 3 Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 3 07.01.20 13:37
Auersberg Ulrike Banauch Eugen wortatmen Seitensprung nach Jerusalem – Gedichte Die Dämonen der schönen Lou Roman 13/21 cm, 64 Seiten, Broschur, 13 ¤ ISBN 978-3-99028-916-7 13/21 cm, 256 Seiten, Broschur, 20 ¤ ISBN 978-3-99028-854-2 tinnitus 23 episodenhafte Kapitel in Anlehnung an die Form eines es klimpert inwendig Schubertschen Walzerzyklus der takt knackt in meinen knochen gänsehaut unter meinen fingernägeln Der pensionierte Wiener Senatsrat Dieter Gambarus, vor- tinnitus in meinem herzen dem in leitender Stellung, mit der dominanten Sozialpoliti- kerin Willtraut unglücklich verheiratet, Vater einer psy- es flattert atemlos chisch unheilbar kranken Tochter und dehalb depressiv, das ticken knickt meinen uhrzeigersinn geht mit seiner um Jahrzehnte jüngeren Sekretärin, der aus echo unter meiner haut Mannheim stammenden Kunsthistorikerin Lou Vogler, der tinnitus in meinem herzen er zuvor seine Memoiren diktiert hat, eine Liebesbeziehung ein. Auf Lous Wunsch – weil sie sich einbildet, beider Liebe ich scanne mein gehirn nach deinem bild müsse sich angesichts „angeblich heiliger Stätten“ bewäh- es eilt als schatten stets eine attosekunde voraus ren – unternimmt das Paar im Herbst eine Reise nach Jeru- und schwimmt als chimäre voran salem und durch das umliegende Land. Eingetaucht in die ich kann das objekt der begierde nicht finden dort herrschende Hitze und orientalische Atmosphäre, umgeben von „Heiligtümern und Altertümern“, erleben die tinnitus an allen ecken beiden einander in erotischem Taumel, bleiben sich aber seelisch oder geistig fremd. Gambarus fällt immer wieder in meine netzhaut gibt dein bild nicht frei seine Depressionen zurück, Lou wird von ihren sogenann- es fiebriert unter meinem wimpernschlag ten Dämonen geplagt. Durch allerlei Inszenierungen versu- ich greife nach der gekräuselten oberfläche chen sie ihre schwindende Zuneigung am Leben zu erhalten; es zerrinnt unter meinen Händen in Wahrheit entfernen sie sich aber immer weiter voneinan- der. Gambarus stirbt kurz nach seiner Heimkehr an Herz- versagen. … Er erwachte im Traum. Er war – ohne von dem Fall an sich etwas mitbe-kommen zu haben – in sein graues Inneres woanders abgestürzt, „zu Hause“, in den inneren Gängen seiner Unbe- haustheit angekommen und gefangengesetzt. Ja, es war sein ich schaue hinauf Zuhause und doch auch wieder nicht. Das eigentliche und laufe Zuhause oder Daheim wäre eines seiner Büros gewesen, wie gefahr mich in den himmel zu verlieben das in der Oberen Augartenstraße, das im Rathaus oder sonst irgendeines in Wien. Oder auch ein Hotel- oder Kon- ich schaue hinauf ferenzzimmer im Aus- oder Inland. Nun aber befand er sich und baue hier, in der ausweglosen Unordnung seines Unhauses, das er mir meinen elfenbeinturm vor langer, langer Zeit für sich und seine Familie gebaut und beinahe vergessen hatte, nun überfiel ihn wieder, jedoch im himmel noch bedrückender, jene unsäglich schwere, lähmende, graue Müdigkeit von gestern abend – wo war er da gewesen? Es fiel ihm nicht ein. Er wollte unbedingt Ordnung machen, aber er lag auf dem Boden, im Schutt und von diesem teil- weise bedeckt. Seine Glieder konnte er kaum bewegen. Mit großer Mühe gelang es ihm, sich umzudrehen, sodass er, auf dem Bauch liegend, eine kurze Strecke vorwärts kriechen konnte, aus dem Schutt heraus. Dann jedoch musste er eine Weile rasten, um neue Kräfte zu sammeln … 4 L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 4 07.01.20 13:37
Buch Gabriele Csokor Eva Vier Frauen Anthropozän Zeichen die wir malen, wischen wir wieder weg Gedichte 13/21 cm, 108 Seiten, Broschur, 13 ¤ 13/21 cm, 88 Seiten, Broschur, 12 ¤ ISBN 978-3-99028-822-1 ISBN 978-3-99028-824-5 Liliane Vernetzt In einem sehr alten Haus. Von allen Seiten, Nach dem Krieg. aus allen Kanälen, Kabeln, Winters alles unter Schnee, sommers der Hof voll Blumen, mit Wörtern, Gesang von Amseln zum Abend, Hähne zur Früh. schmerzenden Tönen, werde ich beleidigt Die Liebe wohnte dort nicht. in meinem Empfinden. Aber der Mantel wärmt und der See ist dunkel und grün. Ertrunkene, sagen die Leute, gibt er nicht mehr heraus. Schlingerndes Wissen auf unrunden Spulen In die Algen sind sie versponnen, denkt das Kind, mögen versetzt mich in einen nicht mehr herauf. dämmrigen Zustand, aus dem ich lieber Böse Blicke für Städter haben die Bauern, wollen den Teppich, einträte in einen ruhigen Schlaf, das Klavier für Gemüse und Fleisch, quälen aber wollen die Sätze streng, die Gedanken kurz, die informativen Zeiten verwandt mit der Kirche sie alle. sogar noch mit Träumen. Niemand war froh im alten Haus. Die kurze Fahrt in der Tramway, Vaters Jüdische Frau wurde in ein Lager geschickt, lesend in einem Buch, verließ das Haus, sah es nie wieder. ist meine tiefste Stille. Die Neue Frau war nicht froh, weil man das Schicksal der ersten nicht vergaß. Und das Kind? S o m m e r fr i s c h e Ist allein im Garten mit sich und dem Teddy, den Gräsern, lch möchte das Land sehen dem Wind, den Rosen. und atmen den Ährenduft, ich möchte im Bach Niemand hört das Weinen im Haus. drin stehen Die Mutter will ins Wasser. Ihrem Mann war sie nicht und Kind sein. genug, lch möchte ein früheres Leben leben sein heimliches Kind kam zur Welt, weit weg, niemand soll und retten, es wissen. was jetzt im Vergehen. Die Oma ist blind, die Tante ist stumm, nur der Cognac hat Mitleid. Vom Leben erzählen dem Kind die Sterne, die Steine, das Moos, wenn es blüht . edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 5 Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 5 07.01.20 13:37
Farhang Maryam Franzobel Me And The Persimmon Tree Lumpenhanni Gedichte und Bilder Von der kleinen Leute Größe Symphonischer Monolog 12/19 cm, 116 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 18 ¤ ISBN 978-3-99028-910-5 12/19 cm, 60 Seiten, vierfg. Abb., Hardcover, 13 ¤ deutsch, englisch, farsi ISBN 978-3-99028-921-1 1) Die gebeugte Schauspielerin in einem Kostüm aus großen Der Hahn Kitteln und Schürzen plagt sich mit einer Kiste. der Hof Getragene Musik War da etwas? Schatten sprechen nicht, schenken doch habe ich was gehört. Meine Ohren sind unerbitt- das Licht, die Hoffnung und den Persimonbaum. lich. Vielleicht der Bürgermeister? Wenn jemand hundert Hahn der Morgenstunde wird, kommt nicht der Tod, sondern der Gemeinderat und lässt das Licht und die Geburt in seinen Krähruf fließen bringt Geschenkkörbe mit Sachen, die du nicht mehr essen kannst. Wenn eines hundert wird … Ahhhh. Haben Sie 2) mich jetzt erschreckt. Sie sind aber nicht der Bürgermeister. Rosa Persimone Was wollen Sie? Einbruch? Bei mir gibt es nichts. Schauen Persimone, gebürtig aus der Sonnenfarbe Sie sich um. heute ist sie rosig Ob das ich bin auf dem Bild? Wer denn sonst? War ich jung. Ich sag nicht, dass ich hübsch war, aber hässlich auch nicht. 3) Eine gute Partie hätt ich machen können, einen Partiefüh- Begegnung rer hab ich gekriegt. Einen Bauer hätt ich kriegen können, Ich und der Persimonbaum einen Beamten, Geschäftsmann, aber der eine hat krumme ich sehe mich an Beine gehabt, der andere rote Haar, der dritte einen Bläh- und ich grüße hals. Mein Mann war ein Bild. Da gibt es nichts. Grobes Gesicht mit Zügen, hohe Backen, weiches Kinn, kein ver- 4) brannter Nasenrücken. Eine Erscheinung. Wie ich ihn zum Mitternacht ersten Mal gesehen hab, den Josef, steh ich im Arbeitskittel in der Tiefe der Nacht sitze ich am Stuhl und mit der Scheibtruhe auf dem Misthaufen. Eine Corona er beäugt mich hinterm Baum aus Fliegen um den Kopf, das Knarren der Stalltüre im Ge- ich spüre ihn sicht, die Armut in den Händen. Ich war ja nur das Mensch. aber ich werfe ihm keinen Blick zu Und er? Frisches weißes Hemd, gebügelte Hose, geschnäuzt und gekampelt. Sie werden lachen, ich hätt ihn gefressen. 5) Mitten im Krieg war das. Mir ist die Scheibtruhe aus der Gelber Winkel Hand gefallen. Und dann kalbt die Kuh, die Fanny. Ich, das im Morgengrauen Mensch, am Misthaufen mit der Scheibtruhe, dieses Bild er sitzt auf dem Stuhl im Winkel von Mann am Hof, und der Bauer schreit, schnell Hanni, ich spüre ihn schnell, hol den Viehdoktor, mit der Fanny gibt’s Kompli- aber ich werfe ihm keinen Blick zu kationen. Eine Kuh war wichtiger als die Gefühlswallung einer Dirn. Hab ich mich aufs Rad schwingen und fahren 6) Jagd auf Lila müssen wie eine gesengte Sau, weil ich gewusst hab, diesen Die Blume erstrahlt im Haus Mann, ich könnt ihn fressen, den muss ich haben, ob er will ich durchstreife sie oder nicht. Das dürfen Sie mir glauben, weil es wahr ist. Und wie ich zurück gekommen bin samt Doktor, war er 7) weg. Die Fanny hat ihr Kalb gekriegt, aber das Bild von Einsamkeit Mann war nicht mehr da. Da waren Haselsträucher, der Winter Huflattich, Kuhfladen und Tränen im Gesicht. Doch, da war hüllenloser Persimonbaum er. Und dann hat er sich zu mir gesetzt und hat gesagt, Du tanzender Sinnestaumel im Fensterrahmen willst es doch auch, dass ich neben Dir sitze. Ich hab mir berühren einander nichts anmerken lassen. Aber das war gleich. Du bist also in der Stille da das Mensch hat er gesagt, und dass ich mich einmal der gemeinsamen Einsamkeit anschauen lassen soll. Dann hat er gesagt, eh sauber. Und nackt dass es mir gefällt, hat er gesagt. Mehr hat es nicht verschenke ich aus Liebe gebraucht… 6 L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 6 07.01.20 13:37
Gornikiewicz Maria Haberl Klaus Schall und Rauch Warten 12 Menschenskizzen Gedichte 12/19 cm, 164 Seiten, Broschur, 15 ¤ 13/21 cm, 80 Seiten, Broschur, 13 ¤ ISBN 978-3-99028-825-2 ISBN 978-3-99028-857-3 Nur eine Schreibmaschine klappert um sechs Uhr dreißig in den hohen Räumen des Kreisgerichtes St. Pölten. Absehen Draußen ist es noch lange nicht hell. Wilhelm ist Frühaufsteher. Seine innere Kraft ist vor sieben am stärksten. Da entstehen Gedichte und andere Da ist so ein Suchen in Taschen. Schriften. Ein Aufstehen und wieder die Hände vergraben, Wenn um acht die Beamten kommen, lässt sie nach. Dann ein Kümmern. Ein Fortsehen und Knistern. fallen ihm auch keine genialen Formulierungen ein. (Die kleinere Tasche wird mehrmals gefaltet). Er borgt sich täglich die Schreibmaschine von der Ober- huber. Sie weiß es, tut aber so, als würde sie es nicht bemer- Da ist so ein Wegdrehen und warten, ken. Dafür sind ihre Bleistifte am sorgfältigsten gespitzt, bis Zeit ist. Ein tieferes Tasten, begreifen. und er hat noch nie ein Poststück von ihr liegen lassen, Und wie viele Dinge begleiten, auch wenn es erst nach fünfzehn Uhr fertig geworden ist. In der Staatsanwaltschaft sowie im ganzen Gerichts- die schwierigen, handlichen, die voll Erinnerung gebäude endet der Posteinlauf um diese Zeit. Was später sind. Ist ein Leichtes, zur Seite gerichtet. kommt, bleibt bis zum nächsten Tag liegen. Wie Hingebung, glaub ich Dann hat er eine Stunde Zeit zum Kuvertieren, Sortieren, Frankieren und Bündeln. Um sechzehn Uhr ist seine Dienstzeit zu Ende. SMS Manchmal, wenn er erfüllt ist von seiner Sendung, wenn Jetzt Stephansplatz, ich mit Kappe und dunkelrot Jacke ein heiliger Zorn seinen Blutdruck hochhält, kommt er zurück, um noch heimlich, still und leise an seinem Werk Man schreibt von einem Näherkommen zu feilen. Er schont sich nicht, ist selbstkritisch und strebt und dass man bald hier wäre, nach Vollkommenheit. noch unter ganz anderen Menschen. Sein bürgerlicher Platz ist die Registratur. Sein Werkzeug des Tages besteht aus Ablage- und Unterschriftsmappen, Ich bin schon hier. Halb wartend, halb. aus dem großen Locher, aus braunen Archivumschlägen Ein hochgefahrenes Cafe. und gemusterten Bändern. Wären die Bänder nicht so Doch immer auch eine Absicht nach draußen. bunt, könnte er sie öfter als Schuhriemen nützen. Nur die braunweißen sind geeignet und auch so lang, dass er sie für Mit Kappe und dunkelrot Jacke. die Bergschuhe verwenden kann. Sein oberstes Gebot ist Sparsamkeit, damit er seinen Stan- Eine Hand sinkt in meine. Das Unechte wartet dard und seine Lebensqualität halten kann. nicht lange. Ein Gruß, eine leichte Drehung Das Wichtigste in seinem Instrumentarium ist natürlich zur Seite. das Postbuch und die Frankiermaschine und der Bleistift- spitzer mit der Kurbel. Er hat alles seit vielen Jahren im Griff, was sehr geschätzt wird. Bei seiner Arbeit lässt er sich nichts nachsagen. Er ist eine große Stütze der Kanzlei. Und seine Umgebung glaubt, das sei alles. Niemand ahnt, wie er wirklich die Welt beherrscht. Zu Hause über seinem Bett hängen einige Zeilen von Dos- tojewski an der Wand: „Der Mensch ist unglücklich, weil er nicht weiß, dass er glücklich ist. Nur deshalb. Das ist alles. Wer das erkennt, der wird glücklich sein, sofort, im selben Augenblick.“ Das ist eines seiner Geheimnisse, die er mit der Weltlite- ratur teilt … edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 7 Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 7 07.01.20 13:37
Hell Bodo Kautzky Anna Erika ÖTZI 1991991 Aus der Tiefe – de profundis eine Rekapitulation Ein Werdegang – Gedichte 15/21 cm, 128 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 18 ¤ 13/21 cm, 88 Seiten, Broschur, 13 ¤ ISBN 978-3-99028-858-0 ISBN 978-3-99028-923-5 Interviews mit Hans Haid, Elmar Horrer, Heidi Tappeiner Heraus aus dunklem Schatten erstrahlt ganz hell ein Licht, (1) des bin ich mir gewiß (und weiß mich zugleich dage- es birgt in sich viel Wärme, gen machtlos): daß man mir nämlich selbst darin keinen schenkt Trost … Glauben schenken wird, wenn ich meine eigene Version Es ist Dein Angesicht. dieses derart weit zurückliegenden Geschehens einbräch- te (nämlich 5300 Jahre vor heute, samt finalem Pfeilschuß, Mein Auge sucht dies Antlitz VornüberSturz und vermutetem Exitus durch Verbluten), in mancher Dunkelheit. Vor- und Nachgeschichte dieses tödlichen Ereignisses auf Bald ist es fern, dann wieder nah. dem Alpenpaß inbegriffen (3-2-1-0 Meter hoch) Still, und ganz wunderbar. (2) und zwar einbrächte in die seit der Auffindung meiner So wunderbar in seiner Güte unsterblichen Überreste im weglosen Gelände nicht ab- so voll von Zärtlichkeit – reißende Diskussion um diesen Wust/Rest ungeklärter, bald aber taucht es wieder ein vielleicht auch unklärbarer Tatsachen und Folgen/Folge- in jene tiefe Dunkelheit. rungen, ganz gleich ob so ein dezidiertes Plädoyer aus dem Mund des Betroffenen/Getroffenen (also von mir selbst) Ob aber Schatten, ob warmes Licht emotionslos oder mit gehöriger Emphase vorgetragen – alles ist Gnade –, würde fürchte dich nicht. (3) sogar wenn die Details des Handlungsablaufs meiner- seits gewissenhaft wiedergegeben und die Gründe dazu plausibel erläutert würden, die Motivenkette des vermu- Die Welt, die Zeit und ihre Räume, teten Verbrechens (samt Zufällen) der Reihe nach, Wort sie wandern wie im Flug vorbei. für Wort und Satz für Satz, wiedergegeben wäre, explizit Ein Blick zurück – in Verbal- und Körpersprache, am besten auch psycho- schenkt Jugendträume dramatisch dargestellt, mag sein nachgestellt durch ein für einen kurzen Augenblick. animiertes Double des sogenannten Eismanns (also mir), wie solches ton- und bildmedial inzwischen ohne weiters Die Welt von gestern, einzubringen wäre (und bis in den hintersten Ausstrah- wie schnell ist sie entschwunden. lungsWinkel hinein ohnedies schon gang und gäbe ist), Nur Erinnerung bleibt wach fellbesetzt und zugleich fehlbesetzt und trägt in stillen Stunden Archeopark Animateurin:… ist schwierig da raufzukommen, ein leises Glück dir nach. das haben die sicher alles nachgestellt (Titelansage kurz) Archeopark Fortsetzung: Mitmachprogramm heute arbeiten wir mit Lehm (italiano) Abgesang (4) man würde mir nicht glauben: nicht einmal bei der Erwähnung der unschuldigen Tatsache aus dem damali- Nun bin ich alt geworden. gen Alltagsgeschehen, daß etwa das Kochen in Birkenrin- Mein Gang ist schwer. degefäßen zu meiner Zeit allgemein üblich war, genauer Bald aber heben Seele sich und Geist, das Erwärmen der breiigen Speisen durch Einbringen er hat mich berührt – mein Atem, heißer Steine in die gebundene Nahrungsmasse, wobei himmelwärts. das Gefäß dicht gehalten hat Archeopark: Feuerschlagen: und dann hoffe ich, daß es auch So sage ich Dank gelingt… und hier muß ich so lange schlagen… 8 L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 8 07.01.20 13:37
Klar Elisabeth Kraus Mara Vernachlässigbare Ein Mann mit Eigenschaften Veränderungen Joe J. Heydecker’s autobiografische Aufzeichnungen Bild-Text-Korrespondenz 12/19 cm, 440 Seiten, mit Abb., Hardcover, 28 ¤ ISBN 978-3-99028-828-3 15/21 cm, 104 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 15 ¤ ISBN 978-3-99028-860-3 Joe J. Heydecker wurde durch seine Fotos des Warschauer Ghettos und sein Buch über den Nürnberger Prozess be- Malerei, Zeichnung, Bildende Kunst, das ist das Reich der kannt. Als er mit 16 Jahren während seiner Fotografen- Körper, auf einen Blick sind sie präsent. Prosa und Dichtung, ausbildung sein erstes Buch schrieb, wurde ihm klar, dass hier ist der Platz für Geschichte und Geschichten; in der Lite- er eigentlich Schriftsteller werden wollte. Zeit seines Le- ratur kann sich die Zeit von Buchstabe zu Buchstabe, von bens verfasste er Reiseberichte, Tagebücher, Notizen und Wort zu Wort hanteln. Sicher begegnet uns ein Bild anders andere Bücher. Die genauen Beschreibungen von Men- als ein Text, aber diese Vorstellung einer klaren Trennung schen und Landschaften lassen das Auge des Fotografen zwischen Darstellung von Handlung in der Sprache und Dar- erkennen, während der geschulte Journalist und kritische stellung von Körperlichkeit im Bild ist brüchig. Ganze Epo- Zeitzeuge präzise Skizzen der kulturellen, politischen chen können in einer Zeichnung gelesen werden und die und gesellschaftlichen Entwicklungen anfertigt. Manche fleischigsten, plastischsten Körper aus Büchern steigen. Tagebucheintragungen, wie etwa die Schilderung des Elisabeth Klar und Kathrin Kloeckl unterhalten sich, die Friedhofs Staglieno in Genua sind ein für sich selbst ste- eine schreibt, die andere zeichnet. Vernachlässigbare Ver- hendes Essay. Nach Aufzeichnungen über die Kriegs- und änderungen denkt damit über die Ausdrucksmöglichkeiten Nachkriegszeit und die Emigration nach Brasilien taucht und -grenzen von Wor t und Bild nach. Die Leserin kann Heydecker im Alter – nicht ohne Wehmut – weit zurück in sich beobachten, wie sie die Zeichnungen und die Texte in seine Kindheit und Jugend. „Du solltest nach meinem Tod Beziehung setzt, wo sie sich wie und wie lange aufhält. Die über mich schreiben“, meinte einmal Joe. Meine Antwort Frage nach einer Übersetzung steht jedoch nicht im Vorder- war nur ein lautes Lachen.Wahrscheinlich dachte er, ich grund. Die Zeichnungen illustrieren nicht die kurzen lache ihn aus, nie wieder sprach er darüber. Ich hatte aber Geschichten und Szenen; und diese sind wiederum keine über mich selbst gelacht, über den Gedanken, überhaupt Bildbeschreibungen. Das Buch ist ein Dialog, eine chrono- imstande zu sein, so etwas zu tun. logisch niedergelegte Korrespondenz zwischen zwei Menschen werden rasch vergessen. Nach so vielen Jahren Frauen, die sich persönlich, intellektuell und künstlerisch füge ich meine Anmerkungen über das Leben des deut- schätzen und sich etwas zu sagen haben. Am Anfang ihres schen Fotografen, Schriftstellers, Sachbuchautors und Gesprächs steht ein vages, aber brodelndes Interesse: Die Journalisten Julius Isaak Phillip Heydecker, bekannt als Darstellung, die Grenzen, die Auflösung, die Multiplizität Joe J. Heydecker, seinen autobiografischen Schriften hinzu. des Körpers. Heydecker war, abgesehen von seinem erlernten Foto- Man sagt Identität, und es mischen sich die Zeiten, Kon- grafenberuf und einer kurzen grafischen Ausbildung, in texte, Selbst- und Fremdbilder und nur mit Ach und Krach allen anderen Tätigkeiten ein Autodidakt. Er bezeichnete rührt man das alles in einem Topf zusammen; und auch sich gerne als „Homo ludens“, also als Dilettanten im be- immer nur zeitweise. Die Kunst – und im Übrigen auch die sten Sinne des Wortes: ein Amateur, doch mit höchsten Wissenschaft – versucht auf unterschiedlichsten Wegen die Ansprüchen an sich selbst. Er ist ein Beispiel, was man Vielheit des Ich herauszustreichen und zu begreifen. Der alles in seinem Dasein leisten kann; unabhängig, selbstbe- Körper, dieses plumpe Ding zum Anfassen, wäre ein Trost stimmt und mutig nach eigenen Überzeugungen zu leben. in dieser Verwirrung: Der Körper als Einheit, unmissver- Seit frühester Jugend hat Heydecker seinen Tagesablauf in ständlich durch die Haut begrenzt, unter unserer Kontrolle. Notizbüchern und Kalendern festgehalten. Später schrieb Aber auch diese Vorstellung ist brüchig. Er ist manchmal er Tagebücher. Zwei Jahre vor seinem Tod, er war damals mehr, manchmal weniger als man will; manchmal zu starr 79, begann er mit der Niederschrift seiner Memoiren. Sie und unflexibel, manchmal zu flüchtig und undefiniert; reichen nur bis zu seinem 18. Lebensjahr. manchmal zu nah an seiner Umwelt und an anderen Kör- Allerdings gibt es zahlreiche belegte Fakten aus späteren pern, manchmal unzugänglich. Wie dann über den Körper Jahren: im Tagebuch seiner Emigration nach Brasilien nachdenken? Da muss man schon einmal sehr nah an eine sowie seinem Genealogischen Familien-Arbeitsbuch, in Ohrmuschel heran jede Falte und jeden Knorpel betasten. dem er eine durchaus selbstironische Rolle spielt, und Da gibt es klare Raster und Linien, aber auch Wirbel ohne durch die Erinnerungen in „Mein Krieg“. klaren Anfang und Ende. Da kann es romantisch werden, rosa, aber auch roh und beunruhigend. edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 9 Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 9 07.01.20 13:37
Lindermayr Andreas Ferdinand Nebehay Stefan Frankenstein, Faust und die Mondholz vermeintliche Eroberung des Gedichte und Paraphrasen Weltraums 13/21 cm, 88 Seiten, vierfg. Abb., Broschur, 13 ¤ ST/A/R-Kolumnen und mehr ISBN 978-3-99028-924-2 12/19 cm, 106 Seiten, Hardcover, 13 ¤ DIE TÄNZERIN ISBN 978-3-99028-766-2 Auf einem Seil, gespannt Selbstverständlich!, wenn nicht irgendwas anderes dazwi- Zwischen Gestern und Morgen schen kommt, bin ich sonntags immer bei Fips und Hel- Zwischen Erinnern und Erwarten ga, neuerdings in der Stiegengasse, feldenkraisen. Dieses Zwischen Zeugung und Tod eminent sinnvolle Ritual besteht für mich schon seit mehr als drei Jahren. Angefangen hat es 2005, damals noch im Tanzt sie Sitzungssaal der Agentur Goldfish am Stubenring. Wo üb- Im Pulsschlag des Herzens licherweise werktags Köpfe rauchen, um irgendwelche Im Rhythmus des Atems Werbestrategien auszuhecken, fing ich endlich an, nach Im Takt der Gezeiten Möglichkeit sonntag abends immer, den Anweisungen von Fips (Philipp Ruthner) folgend, am Boden zu liegen und in Tanzt sie schöner Regelmäßigkeit mein Körperschema durchzuge- Zum Steigen und Fallen der Sonne hen. Der Mensch ist schließlich nicht nur Hirn! Zum Wachsen und Schwinden des Mondes Meist augenzwinkernd mit dabei, mein Freund und Ge- Zum kreisenden Gang der Gestirne genspieler M. Du Schu, dem ich diesen wertvollen Tipp verdanke. Tanzt sie Damals bei Goldfish, erinnere ich mich, saß Fips in der Re- Vom Anfang dem Ende entgegen gel immer auf einem an die Wand gerückten Sitzungstisch, Hier wiederfindend wo der junge Skater, Füße baumelnd, seine Anleitungen Den Anfang gab. Die Poesie ist das Einzige mir noch verbliebene Glück. Man nahm sich eine von den übereinandergetürmten De- cken in einem Eck des Sitzungszimmers, so man nicht, stets gut gerüstet wie ManfreDu, im Besitz einer eigenen Matte war, breitete diese auf dem Parkett aus und leg- TAGESLAUF te sich flach auf den Rücken. Man schloss die Augen und machte sich zunächst bewusst, wie man da liegt, wie die Morgens linke Körperhälfte, die rechte Körperhälfte organisiert ist, Messen wir Blutdruck ortete die Punkte, wo und wie die Wirbelsäule aufliegt usw. Und erzählen einander von unseren Alpträumen Ab dem das Körperschema durchgegangen und in psy- chomentaler Hinsicht eine gewisse Ruhe eingetreten war, Mittags konnte die eigentliche Stunde beginnen, die sich in der Verzehren wir Kürbissuppe und Fisch Regel auf eine reduzierte Wechselbeziehung von Mus- Und überlegen den Kauf neuer Winterreifen kelan- und -entspannung, Körperhaltung, Atmung und Vorstellung dessen, was man tut, beziehungsweise zu tun Abends beabsichtigt, belief. Reden wir beim Wein So versetzten wir uns eines Tages in das Säuglingsstadium Von unseren Kindern und von Vergangenem und nuckelten in der Imagination an Mutters Brust, ganz auf taktile Empfindungen gerichtet, wie sie diesem frühen Nachts Stadium entsprechen und eigentlich noch immer irgend- Altern wir stumm wie wirksam sind. Und seltsam, was plötzlich für Erinne- In unseren Betten rungen dämmerten! Ein anderes Mal machten wir uns erst im Uhrzeigersinn, dann gegenläufig, den Bereich um das Steißbein herum bewusst, beziehungsweise viel bewuss- ter, als das normalerweise der Fall ist… 10 L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 10 07.01.20 13:37
Petrik Dine Sanders Eric Traktate des Windes Mord in München KLAGE / GETÖSE / FLUCHT Orient Express I – Drehbuch-Roman 12/21 cm, 80 Seiten, Broschur, 12 ¤ 15/21 cm, 380 Seiten, Broschur, 28 ¤ ISBN 978-3-99028-829-0 ISBN 978-3-99028-906-8 SOLON GEHT Deutsche Fassung: Axel Ruoff. Lektorat: Erika Sieder. Originaltitel: Mazes I: Murder in Munich, London 2017. Alles beredet und beschlossen mit den ältesten der polis nächtelang Der Thriller wurde 2017 gemeinsam mit Band 2 – Mazes II: begossen, so manch ein ratskonsul bestochen Conspiracy in Vienna bei der British Academy of Film and : meine thesen und traktate sind gesetz! Television Arts (BAFTA), 195 Picadilly Circus, London prä- wenngleich auch noch auf schwachen beinen sentiert. die – demokratie – ein neues wort für die elite wie die masse „MORD IN MÜNCHEN – Orient-Express I“ ist ein Dreh- buch-Roman, der vor dem Hintergrund des beginnenden Und plötzlich aus, zunichte Faschismus in Europa spielt. Der autobiographische Hinter- über nacht verwirrung: datenverwirrung! grund zeigt den von politischen Machtkämpfen geprägten ohne codes nichts mehr im lot, nichts anklickbar Alltag in Deutschland, Österreich, Ungarn und Holland. klagt er, nichts abrufbar und damit nicht genug Die Fortsetzung in Band 2 „VERSCHWÖRUNG IN WIEN – : selbst unsere unterhosen sind jetzt schon Orient-Express II“ macht die beklemmende Unmittelbarkeit made in sparta, ja sogar der unentbehrliche des Zweiten Weltkriegs spürbar. aeolus weht nur mehr spartanisch : üble gerüche in athen! Die Nazis bezeichnen sich als demokratische Partei, doch meine traktate nehmen schaden ihre Führungsriege unterstützt die von ihren Mitgliedern klagt er, zornesfalten im gesicht ausgeübte Gewalt und das Chaos. Ein Mordanschlag konnte vereitelt werden. Ob Ronald Burn- Eine plage mit den neuen, parasiten ley, der britische Geheimdienstagent, gemeinsam mit seinen nicht zu sagen dieses auseinanderfallen europäischen Kollegen den nächsten verhindern kann? dieses werden was wir sind und wir nicht wollen Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. dieses geifern um – das letzte wort, sage ich, habe – ich bin nicht länger euer interpret am platten teller alles abgekupfert, mir, satzzeichen „unten, oben“ selber lernen, sage ich: demokratie! SOLON mein Name, ja! der name ist gesetz! und diese eingefahrene bahn athen – Eric Sanders SOLON geht, er blickt nicht mehr zurück Geburtsdatum: 12. Dezember 1919 Geburtsort: Wien Geburtsname: (Erich) Ignaz Schwarz 1930er Jahre: Freizeit, Sport, Kultur im Jüdischen Vereins- haus Herklotzgasse; Skifahren, Eislaufen, Privatunter- richt: Klavierspielen, Französisch 1938:Verlust der österrreichischen Staatsbürgerschaft, seit 1947 Großbritannien, 1933: Bar Mizwa 1944: Namensänderung auf Eric Ian Sanders ab 2018 Doppelstaatsbürgerschaft Großbritannien- Österreich edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 11 Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 11 07.01.20 13:37
Sanders Eric Schmid Wolfgang Verschwörung in Wien rosafarbene faune Orient Express II – Drehbuch-Roman gedichte und kurzprosa 15/21 cm, 462 Seiten, Broschur, 30 ¤ 13/21 cm,60 Seiten, Broschur, 8 ¤ ISBN 978-3-99028-907-5 ISBN 978-3-99028-869-6 Deutsche Fassung: Dr. Erika Sieder. Lektorat: Axel Ruoff. naive begeisterung oder Originaltitel: Mazes II: Conspiracy in Vienna, London 2017. wörtlich (miss-)verstandener pazifismus Der Thriller wurde 2017 gemeinsam mit Band 1 – Mazes I: Murder in Munich bei der British Academy of Film and Television Arts (BAFTA), 195 Picadilly Circus, London prä- die wörter kommen sentiert. rufen ÜBERFALL „VERSCHWÖRUNG IN WIEN – Orient Express II“ ist sicherheitshalber ein Drehbuch-Roman, dessen Handlung vor dem auto- hebe ich die hände biographischem Hintergrund in die Zeit des beginnen- den Faschismus in Europa führt und die in „MORD IN heiße sie freudig willkommen MÜNCHEN – Orient Express I“ begonnene Geschichte bringe sie gleich fesselnd zu papier zu Ende bringt. In Deutschland beherrschen politische Machtkämpfe den und bin Alltag. wieder sprachlos Ein Mordanschlag in Budapest konnte vereitelt werden. Wird Ronald Burnley, britischer Geheimdienst-Agent, ge- meinsam mit den europäischen Kollegen auch den nächs- ten verhindern können? Werden britische, französische, er war der vater. nichtsdestotrotz gehörte er der familie österreichische und ungarische Geheimdienstagenten den der löwen an. er brachte seinen sohn zur letzten ausfahrt. Wettlauf mit der Zeit gewinnen? Wie groß ist die Gefahr, doch sie wussten es nicht. in seinem herzen spielten zwei in welcher Ronald Burnley schwebt? kinder ball. in seinen augen konnte man eine schwarze Warum ist das Frühere, welches mit Rebekka Hertzbergs fahne im kahlen wind flattern sehen. tief hinten, an der glitzernden Augen, die wie ein Stern zwischen dahinzie- wand, die zum abgrund führte. so weit sah sein sohn nicht. henden Wolken immer wieder in seinem Gedächtnis auf- das licht in seinem herzen flackerte leise und verständnis- leuchten, nicht fassbar. voll. es wies ihn an, zum ersten mal in seinem leben, den vater zum abschied zu küssen. er brachte ihn zum zug. diese letzte zärtlichkeit zwischen beiden – so hörte er spä- ter – nahm als einzige die fahne so schwarz wahr. so ent- standen die weißen punkte im dunkeln der nacht, dieser letzten nacht, in der der vater schwarzflatternd ver- schwand. mit der zärtlichkeit der weißen punkte. In seines herzen und in des sohnes herzen spielten zwei kinder mit zwei weißen fahnen. der ball rollte noch eine zeitlang auf und ab, bis er still lag, tief hinten an der wand, die zum abgrund führte. nun, das einzige, was er hätte sehen kön- nen, war weiß. das licht in seinem herzen flackerte leise und verständnisvoll. er war der vater. zum abschied zu küssen. mit der zärtlichkeit weißer punkte. 12 L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 12 07.01.20 13:37
Seidelmann Axel Streibel Robert/Mavrakis Nikos Die Musik der Stille Widerstand in Griechenland Reisebilder und Stein/Krems 12/19 cm, 334 Seiten, Broschur, 30 ¤ Die Geschichte von Nikos Mavrakis ISBN 978-3-99028-831-3 12/19 cm, 114 Seiten, mit Abb.,Hardcover, 22 ¤ Ein Buch, das von Begegnungen und Erfahrungen des ISBN 978-3-99028-867-2 Autors an allerlei Orten der Welt erzählt: Die Brahmanin im Regen Nepals, der Sadhu in Varanassi, der ihn unter- Übersetzung von Nina Bungarten richten wollte, seine Qin-Stunden in einem chinesischen kommentiert und herausgegeben von Robert Streibel Teehaus, Menschenbilder aus dem widersprüchlichen Thailand und Auswandererschicksale im Pionierland … Am 20.02.1915 kam ich als neuntes Kind in Iraklio auf die Israel, wo er selbst einem Anschlag entgangen ist dadurch, Welt. 1918 wurde dann noch ein zehntes Kind geboren. Unsere dass er einen anderen Bus wählte. Familie war arm. Wir besaßen nur wenig Land und konnten Immer wieder sind spannende Episoden aus der Geschichte nicht davon leben. Mein Vater arbeitete als Maurer, damit wir eingestreut, wie auch Bemerkungen zur Kultur: Das Rätsel über die Runden kamen. Später erfuhr ich, dass er immer Auf- „Ägypten“, die ausgelöschten Pharaonen, der Nil. Die träge hatte, aber seine Einkünfte nie die Bedürfnisse einer so rieselnden Brunnen der nächtlichen Alhambra und der großen Familie deckten. erschütternde Untergang der letzten Emir-Familie. Die Wir zogen von Gouves nach Iraklio, weil es für meinen Vater Traumwelt eines sinkenden Venedig, ein Markttreiben im dort mehr Aufträge gab. wilden, einsamen Balkangebirge, die Faszination der Damals lebten wir also in Iraklio, in Analipsi genauer gesagt, Wüste und die Gottsuche auf dem Berg Athos. Da sind im heutigen Analipsi, früher hieß es Ak-Dabia, also Festung, auch die Erinnerungen an das London der Beatles-Zeit und venezianische Festung. Dort wuchs ich auf. Damals, 1915, an die Winter in Ibiza, die Melancholie im herbstlichen während des ersten Weltkrieges, gab es eine große Grippe- Paris und die Frage, warum wir so gern der Nostalgie ver- welle, und es wurden die Menschen buchstäblich dahinge- fallen. Der Autor sinniert am Großglockner über das Berg- rafft. Aus dieser Zeit wurde über mich berichtet, dass mein steigen und im Hamburger Hafen über den Mythos der Organismus sehr widerstandsfähig war, ich kaum abnahm Schiffe. und überhaupt ein sehr gesundes, kräftiges Kind war. In unse- Es sind stimmungsstarke Bilder. Wenn etwa abends die rer Familie wurde nachher erzählt, dass mein Großvater, Frauen des Dschungels aus dem Wald treten, um am Fluss Dimitrios Mavrakis, oder auch Kapitän Skountis, der im Bür- Wasser zu schöpfen, oder wenn im sonnengedörrten gerkrieg gegen die Türken kämpfte, in der Zeit des berühmten Dalmatien das tintenblaue Meer an den hellen Fels schlägt, Daskalojanni, hier in Pediada aktiv war, genauer gesagt war während die Zikaden schrillen. sein Stützpunkt hier in der Nähe, wo jetzt die amerikanischen Heimat ist dem Autor überall, wo er erfüllte Stunden ver- Radare sind, in Gouves. Also, damals waren Engländer hier, bringt, was letzten Endes den Gegensatz zwischen „auf im Bezirk Iraklio. Die machten wohl scheinbar hier ihre Rund- Reisen sein“ und „zu Hause sein“ auflöst. Das Leben als gänge und kamen auch an unserem Haus vorbei. Ich spielte Reise. So wird man noch Zeuge eines berührend stillen wohl gerade im Matsch vor unserem Haus. Damals gab es Todes im Frühling und dann mit einem herbstlichen Bade- weder Wege noch asphaltierte Straßen. Es war also sehr tag – dem letzten im Jahr – getröstet. schlammig, fast schon sumpfig, wo ich da spielte. Es machte ihnen Eindruck, dass es dort, an diesem schlammi- Musik der Stille bedeutet auch: Die Welt sehen wie ein gen Ort, so ein Kind gab, und sie äußerten gleich am ersten Liebhaber! Abend, dass sie mich gern gegen Geld mitnehmen wollten. Mein Großvater, der mich gerade auf dem Arm hatte und mit mir spielte, fragte den Dolmetscher, was sie sagten. Er sagte: „Wenn ihr das Kind verkaufen wollt, dann gibt er euch so viel Geld, dass eure ganze Familie davon leben kann.“ Da sagte mein Großvater: „ Aber wir sind zehn Personen.“ Er: „Wir geben euch so viel Geld, dass ihr zu zehnt davon leben könnt. Gebt uns nur dieses Kind.“ Meine Mutter, die das hörte, näherte sich und fragte: „Was sagen sie da?“ Er: „Sie wollen Nikos mitnehmen und uns so viel Geld für ihn geben, dass die anderen von dem Geld überleben können. Sonst müssen sie sterben.“… edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 13 Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 13 07.01.20 13:37
Streitler Nicole Wagner Robert Kleeblatt Brasilianische Reisen Roman Eine Hochzeitsreise nach Rio de Janeiro, Forscher, Künstler, Diplomaten und der Kaiser von Brasilien 12/19 cm, 212 Seiten, Hardcover, 20 ¤ ISBN 978-3-99028-932-7 12/19 cm, 212 Seiten, vierfg. Abb., Hardcover, 20 ¤ ISBN 978-3-99028-927-3 Der Kleeblat-Roman kreist um vier Hauptfiguren: Kon- rad, Marie, Tobias und Adele. Konrad ist Scheidungsan- walt mit einem ausgeprägten Faible für Literatur, Marie Es geht tatsächlich um Reisen nach und in Brasilien, eine Verlagslektorin, Tobias Literaturredakteur und Adele ungewöhnliche Hochzeitsreise, um Forschungsreisen Deutschlehrerin an einer AHS. Diese vier Figuren, die sich kreuz und quer durch Brasilien, um Künstlerreisen und während des Studiums kennen gelernt haben, bilden die schwierige diplomatische Tätigkeiten über einen ganzen vier Klee-Blätter des Kleeblatt-Romans. Konrad und Ma- Ozean hinweg. Ort und Zeit der Handlung ist Brasilien in rie sind verheiratet und haben eine Sohn Adrian. Tobias der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wo aus einer völlig lebt mit Susanne in einem gemeinsamen Haushalt und sie verschlossenen und unzugänglichen portugiesischen Ko- haben zwei Kinder, Octavian und Philippa. Adele war frü- lonie, das größte und bevölkerungsreichste unabhängige her die Partnerin Tobias‘, lebt jetzt aber mit Nikolaus, mit Land Lateinamerikas wurde. dem sie eine gemeinsame Tochter Lena hat, in einer offe- Meine persönlichen Forschungen begannen mit den Bra- nen Lebensgemeinschaft. Diese vier Figuren werden in all silienaquarellen des Malers Thomas Ender, die ich im ihren Beziehungen zueinander gezeigt, die teilweise von Auftrag der Wiener Akademie der bildenden Künste in der Gegenwart bis ins Jahr 2000 zurückreichen. Als Wien- mehreren Ausstellungen in Rio de Janeiro, São Paulo und Roman spielt die Topografie der Stadt eine ganz wesent- Wien zeigen konnte. Doch bald gingen meine Recherchen liche Rolle. Die Figuren werden immer wieder bei ihrer weit über Thomas Ender hinaus, bis das vorliegende Buch Durchkreuzung der Stadt und an wesentlichen neuralgi- mit seinen vielen Berichten und Ereignissen über ein heute schen Punkten gezeigt. Außerdem spielen kulturelle und fast unbekanntes Brasilien zusammen kam. Das Buch ist politische Entwicklungen in Österreich und vor allem in ein buntes Kaleidoskop an Geschichten, die manchmal Wien der Gegenwart und seit dem Jahr 2000 eine wesent- nebeneinander stehen und dann wieder zusammenfinden. liche Rolle. So wird der Aufstieg der HPÖ (Hass-Partei) und Mittelpunkt allen Geschehens ist das Schloss „Boa Vista“ ihres Parteiobmanns Mache nachgezeichnet. Als die gros- bei Rio de Janeiro, in dem Pedro und Leopoldine viele Jahre se Koalition an der Spitze des Staates zerbricht, fürchtet lebten und das noch bis fast zum Ende des 19. Jahrhunderts die literarische Intelligenzia, dass die HPÖ die Neuwahlen die Residenz des Kaisers von Brasilien war. In der Zeit der gewinnt und die Führung des Staates übernehmen könnte. Republik wurde es zum Brasilianischen Nationalmuseum Dagegen formt sich jedoch eine Opposition, die aus dem und es ist vor wenigen Monaten mit all seinen Sammlun- Kulturbereich stammt und schließlich Maches Aufstieg gen bis auf seine Grundmauern niedergebrannt. zum Bundeskanzler verhindern kann. Federführend da- Auch wenn manches fantastisch erscheint, so ist das Buch bei ist Tobias, der mit seiner Literaturbeilage Prisma ganz durchwegs ein historischer Tatsachenbericht. Vieles habe wesentlich für die Durchsetzung der literarischen Avant- ich aus Originalbriefen und Zeitungen aus der Zeit zusam- garde und deren politische Überzeugungen eintritt. Auch men gestellt und ich habe auch einige, sonst nur einem wis- die anderen drei Kleeblätter sind an der Organisation senschaftlichen Publikum zugängige Dissertationen und eines zweiten Lichtermeers beteiligt. Dessen Folge ist, dass Diplomarbeiten zu Recherchen herangezogen. Eine Zeit- die HPÖ auf 8% der Stimmen abstürzt und eine Regierung tafel, Quellen und Literatur runden die Arbeit ab. Trotz- zustande kommt, die die besten Köpfe des Landes versam- dem habe ich mich bemüht, lebendig und unterhaltsam zu melt: Philosophen und Dichter bilden einen wesentlichen schreiben. Teil der Regierungsmannschaft. Am Schluss des Romans Am Anfang war die eher ungewöhnliche Hochzeit von Leo- kommen die Beziehungen der vier Hauptfiguren etwas ins poldine, der Tochter des österreichischen Kaisers Franz I. Wanken, doch Marie und Konrad treffen unabhängig von- mit Pedro, dem Kronprinzen von Portugal, die statt in einander eine weise Entscheidung und verhindern damit Lissabon in Rio de Janeiro stattfand. Die portugiesische einen Domino-Effekt, der sich angekündigt hatte. Königsfamilie war 1808 vor Napoleon geflüchtet und leb- te seither in ihrer Kolonie Brasilien im Exil. Zugleich mit Leopoldine wurde auch eine Forschungsexpedition nach Brasilien geschickt, um für die kaiserlichen Gärten und Sammlungen exotische Pflanzen, fremde Tiere und selte- ne Mineralien, aber auch Schmuck, Waffen und merkwür- dige Gegenstände von unbekannten Völkern im Inneren von Brasilien, nach Europa zu bringen… 14 L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 14 07.01.20 13:37
Werner Christine Wiesenthal Eva Dann ziehe ich eben aus Immer wieder jetzt-Fortschritte Roman Kurzprosa 12/19 cm, 364 Seiten, Hardcover, 28 ¤ 12/21 cm, 212 Seiten, Hardcover, 20 ¤ ISBN 978-3-99028-868-9 ISBN 978-3-99028-832-0 Lisa hat bereits vor Jahrzehnten mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihrem leiblichen Vater den Kontakt abge- Sperrangelweit offen brochen und versucht, das Vergangene hinter sich zu las- sen. Auf einmal meldet sich eine längst vergessene Tante, Sperrangelweit offen steht die Tür vor mir. Schaue ich von um aus Sensationslust die Todesnachricht von Lisas Mut- außen oder von innen? Den Flügel, in dem der Schlüs- ter zu überbringen. Die Tante spielt die ahnungslose, liebe sel steckt, sehe ich so, wie er bei mir zuhause nach innen Verwandte, die sich bloß nirgends eingemischt hat und führt, in meinen Ausdruck des inneren Raumes. Außen daher nichts von Lisas schwieriger Kindheit, geschweige sehe ich vor mir, wie es Innen aussieht: farbig, vielseitig, denn vom Missbrauch durch den Stiefvater weiß. Tatsäch- lebendig, hell stahlend. Das Dunkle läßt sich beleuchten, lich aber war sie bis zuletzt die Vertraute der Mutter. lässt sich ansehen, ordnen, überblicken, immer weniger Lisa wird wieder von Erinnerungen heimgesucht, die wie beängstigend störend undurchsichtig ist es. Viele Bilder, Blitzlichter alles überblenden. Eine Zeitreise. Heiteres, viele Geschichten haften an jedem Stück, das widerspie- Komisches, Tragisches. Etwa dass Lisas Stiefvater sich wie gelnd mich umgibt. So überreich ist das Äußere des Inne- Mutters Stiefvater benahm, wenn er nachts ins Zimmer ren des Außen von Innen. Ich reduziere so umsichtig ich kam. Das nochmalige Erleben des Missbrauchs. Die Miss- kann, Der Reichtum soll nicht verschwinden in der Reduk- brauchsgeschichte der Mutter in Episoden von Andeutun- tion. Heller wird es in mir und um mich, strukturierter. gen der Mutter. Ein weiter Bogen über die gesamte Kind- Viel gebe ich auf, um das Wesen klarer zum Ausdruck zu heit. Und später: Sex mit einem Fernfahrer, als Lisa von zu bringen, das Wesentliche deutlicher sichtbar zu machen. Hause ausreißt, um ihren leiblichen Vater zu suchen. Als So viele Bücher umgeben mich, so viele, die ich verschen- Erwachsene die Nachforschungen über Großvaters Ver- ken kann. Bücher im Hause sind Spiegel. Bedarf es tausen- bleib und was sich rekonstruieren ließ: Das Lagerleben, der Spiegel des Lichtes verschiedener Seelen, tausender der interne Widerstand, das Leben mit sadistischen SS- Reflexionen, Reflexe, Perspektiven? Überreich ist, was ich Leuten und jenen mit zeitweise menschlichem Antlitz, die selbst betrachten, erfahren, auf mich wirken lasse, erspü- überlieferte Kindheit der Mutter als „Halbjüdin“, die ren kann. Erzählungen von Großmutter, die in der Not einen ari- Immer tiefer blicke ich in mich. Hier finde ich meine eige- schen Bäckermeister heiratete und an ihm zerbrach. Der nen Bilder, meine ureigenen Quellen. Ich horche. Versuch, durch das Aufrollen der Großvatergeschichte die Vor einem offenen Tor, einem Ausgang und Eingang, stehe eigenen Erinnerungen zu übertönen. ich. Vor und hinter der Tür ist ununterscheidbar. Inein- Schließlich betreten ProtagonistInnen aus Lisas Kindheit ander über gehen die Räume an dieser Schwelle. An Janus die Träume, um ein surreales Theaterstück aufzuführen. denke mit dem Blick in die Ferne und in das eigene Reich, Als bemühten sie sich, endlich wieder verblassen zu kön- in die Zukunft und in die Vergangenheit. Hier fast hinter nen. Als müssten die Einzelteile der Vergangenheit erst in der Türe in einem gläsern hellen Bereich sehe ich meine der gesamten Wucht aufeinander treffen, um sich wieder Mutter. Unerwartet steht sie vor mir. Nach einem kleinen auf ein erträgliches Maß zu verkleinern. Da sie lebensläng- Paradeiser greift sie, den man ihr reicht. Auf einem ande- lich Wohnrecht im Kopf haben. ren Tablett reicht man russische Eier wie meine Mutter sie servieren ließ. Die frische gesunde rote einfache Leben Die Schrecken des Holocaust wirken auf 3 Generationen spendende saftige Frucht wählt meine Mutter. Verständi- Frauen und auf deren Männer nach. Wehrlosigkeit von ger ist sie heute. In liebevollerem Licht sehe ich sie heute. Mädchen gegenüber männlicher Gewalt dominiert das Eine Tochter ist ein kleines Mädchen, lese ich, das einmal Leben der Frauen. Sie kämpfen mit der Unfähigkeit, die deine Freundin wird. Meine Tochter ergänzt: Ein wah- eigenen Töchter vor einer ähnlichen der Geschichte zu rer Freund bleibt dir immer, auch wenn er lange Zeit sich bewahren. nicht blicken lässt, nicht hören lässt von sich. So bin ich Es wird abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven und meiner Mutter Freundin heute wie mir meine Tochter in verschiedenen Perioden erzählt. der Ferne eine Freundin ist. edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz L I T E R AT U R F R Ü H J A H R 2 0 2 0 15 Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 15 07.01.20 13:37
De Melo Leslie Deutsch Walter A Song in Praise of Beauty Die Kompositionen der Werke aus den Jahren 1995 – 2018 Gebrüder Schrammel Märsche 29/29 cm, 192 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 28 ¤ ISBN 978-3-99028-853-5, deutsch, englisch 21/30 cm, 400 Seiten, Hardcover, 38 ¤ ISBN 978-3-99028-930-3; Summary in Englisch von Mit Beiträgen von | With contributions by: Angelica Bäu- Douglas Montjoue mer, Berthold Ecker, Karl A. Irsigler, Hartwig Knack & Michaela Nagl. Den Anstoß für das vorliegende editorische Unternehmen gab 1965 die Begegnung mit dem Wiener Symphoniker Raum, Figur, plastisches Gestalten und perspektivische Lois (Alois) Böck (1911 – 1989). Dessen Suche nach den Erfassung, wie sie seit der Frührenaissance entwickelt und Handschriften der Brüder Johann und Josef Schrammel in der abendländischen Kultur gebräuchlich wurden, sind führte zu bisher unbeachtet gebliebenen Quellen und zur in seiner Kunst einem neuen Diskurs unterworfen. Fläche, Erstellung eines Verzeichnisses ihrer Kompositionen . formale Reduktion und ein sehr vitales Kolorit stehen im Vordergrund der Bildwirkung. Bis zum Zweiten Weltkrieg war das Wissen über das kom- Das malerische Werk behauptet sich gleichberechtigt positorische Werk der Brüder Schrammel geprägt von den neben der Zeichnung und dem großen Bereich des plasti- Klavierausgaben deutscher und österreichischer Musikver- schen Gestaltens, der selbst wieder in verschiedene Grup- lage, von gedruckten Ausgaben für „Schrammelquartett“ pierungen gegliedert ist, die materialbedingt vorgegeben und von den zahlreichen handschriftlichen Quartett- sein mögen, aber auch in ihrer Intention variieren. Von der Noten meist anonymer Schreiber. Erst durch das seit 1964 Kleinplastik bis zur Monumentalskulptur und Installation erwachende Interesse an den Handschriften der Brüder im öffentlichen Raum, von figurativer Abstraktion bis hin Schrammel, verbunden mit der Suche nach bisher nicht zu rein figürlichen Darstellungen ist das gesamte Spektrum beachteten Kompositionen und der klanglichen Wieder- der bildhauerischen Möglichkeiten erfasst. Ein ähnlicher herstellung des originalen Satzbildes, beginnt die wissen- Befund gilt auch für die Zeichnung und die Malerei, wie schaftliche Beschäftigung. Die Darstellung jeder einzelnen überhaupt sämtliche Medien inklusive der Fotografie und Komposition erfolgt als individuelles Werk vor dem Hin- skripturaler Aspekte genutzt und partiell miteinander ver- tergrund historischer Persönlichkeiten und Ereignisse, schränkt werden. welche das geistige und materielle Umfeld der Brüder Schrammel bilden. Biographische, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Dokumente und Berichte ergänzen jede (Berthold Ecker) einzelne Komposition, und sind gleichsam Maßstab ihrer Bedeutung im Musikleben der Wiener Gesellschaft. Die inhaltlichen und dokumentarischen Voraussetzungen für die Erstellung der vorliegenden Publikation liegen in den ersten Forschungsschritten von Lois Böck und seines Symphoniker-Kollegen und Freundes Anton Pürkner (1909 – 1991). Die Ergebnisse ihrer Spurensuche zum ori- ginalen Instrumentalsatz der Brüder Schrammel – um deren Werke im authentischen Klangstil aufführen zu kön- nen – bilden den Fundus der vorliegenden Dokumenta- tion. Was durch das Verlagswesen als „Schrammelquar- tett“ angeboten wird, bestehend aus zwei Violinen, Harmonika und Kontragitarre, ist nicht die Instrumental- besetzung der von den Zeitgenossen bejubelten „Schram- meln“. Ihren Ruhm haben sie sich von 1884 bis 1891 mit zwei Violinen, G-Klarinette und Kontragitarre erspielt. Da die Original- sätze der Brüder Schrammel nie gedruckt wurden, war die Suche nach den Autographen eine notwendige musikhisto- rische Aufgabe. 16 KUNST | WISSENSCHAFT | MUSIK edition seidengasse Verlag Bibliothek der Provinz Verzeichnis_Frühjahr 2020_Wien_01.indd 16 07.01.20 13:37
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