Niedersachsen Mahnungen von

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Niedersachsen Mahnungen von
14                                                         Niedersachsen                                                                                                                                                                MITTWOCH
                                                                                                                                                                                                                                        17. JULI 2019

   Mahnungen von                                                           DI E LAGE DER LA N D W I RT SCHAF T: E SSAY Ü BE R E I N E BRANCH E I M U M BRUCH

  der Pflegekammer
Selbstauskunft zu Gehalt gefordert
           von P e ter M lod o c H
                                                                                            Gute Bauern, böse Bauern
Hannover. Rund 40 000 Niedersachsen be-
kommen in den nächsten Wochen ein Mahn-
schreiben von der Pflegekammer. Darin for-
dert die staatliche Vertretung der Pflegekräfte
erneut zur Zahlung des Mitgliedsbeitrags für
das zweite Halbjahr 2018 auf – und zwar des
Höchstbetrags von 140 Euro. Wer nicht re-
agiert, dem droht am Ende die Zwangsvoll-
streckung. Die Pflegekammer, die bereits aus-
gerechnet kurz vor Weihnachten mit rüden
Beitragsbescheiden im Befehlston heftige
Proteste bei den Betroffenen ausgelöst hatte,
rechtfertigt ihr Vorgehen mit „Gründen der
Gleichbehandlung“ und dem „Grundsatz der
Selbstbindung der Verwaltung“.
   Alle Fachkräfte in der Alten-, Kranken und
Kinderpflege sind per Gesetz automatisch
Mitglied in der umstrittenen Institution und
damit auch zum Entrichten des Beitrags ver-
pflichtet. Dieser richtet sich nach dem Ein-
kommen; wer allerdings darüber keine Anga-
ben macht, muss den vollen Satz berappen.
Seit Konstituierung vor einem Jahr versucht
die Körperschaft, diese geschätzt 90 000 bis
100 000 Pflegekräfte in Niedersachsen genau
zu erfassen. Sie verschickte mit Hilfe von
Arbeitgeber-Daten an 97 000 Personen Zah-
lungsbescheide mit der Aufforderung zur
Selbstauskunft über Tätigkeit und Lohn. Doch
nur 60 000 Mitglieder haben sich vollständig
registrieren lassen, davon lediglich 16 400 Al-
tenpfleger.
   „In der Altenpflege haben wir ein Akzep-
tanzproblem“, gab Kammerpräsidentin San-
dra Mehmecke am Dienstag in Hannover zu.
Kammer-Geschäftsführer Manuel Athing ap-
pellierte an die Angeschriebenen, sich unbe-
dingt zu melden. „Natürlich haben wir ein In-
teresse daran, dass die, die gar keine Mitglie-
der sind, uns kurz darüber informieren.“ Nur
so ließen sich weitere Unannehmlichkeiten
vermeiden. Nach der massiven Kritik hat die
Pflegekammer ihre Beitragssatzung für 2019
geändert und Geringverdiener entlastet. Der
Streit überlagerte die vielen Initiativen und          Milchland Niedersachsen: Jeder fünfte Liter in Deutschland kommt von hier, unter anderem aus diesem Betrieb in Riede. Melker Bozhidar Kirov legt Hand an.                     FOTO: JONAS KAKO
Projekte, die die Interessenvertretung mitt-
lerweile angestoßen hat. So will die Kammer
eine Berufsordnung für Altenpfleger erarbei-                  von Marc Hagedorn                      um. Den Ausstoß an Treibhausgasen haben        rühmt, manche sagen: berüchtigt ist, hat vor       weil Großbetriebe sie einfach schlucken oder

                                                    E
ten und verbindliche Regeln für die Ermitt-                                                          die Bauern in den vergangenen Jahren redu-     ein paar Jahren seinen Ärger über eine be-         ihnen den Boden abkaufen. Andere überle-
lung des Pflegepersonalbedarfs in Kranken-                      in Mann in Arbeitskleidung kniet     ziert. Und es gibt weitaus größere Umwelt-     stimmte Mentalität aufgeschrieben: „Du,            ben nur, weil sie sich ein zweites oder drittes
häusern aufstellen.                                             in einem Stall neben einem Kälb-     sünder, zum Beispiel den Verkehr mit immer     lieber Verbraucher, willst doch nur noch           Standbein schaffen. Unterm Strich heißt
   Die Leiharbeit in der Branche nimmt die In-                  chen, er reibt es mit Stroh ab und   größeren und immer mehr Autos. Es wird so      eines: billig. Und dann auch noch Ansprüche        das, dass immer weniger, dafür aber immer
stitution ebenfalls ins Visier. Anders als in der               füttert es mit einem Fläschchen.     viel geflogen wie noch nie. Energiewirt-       stellen! Deine Lebensmittel soll genfrei,          größere Betriebe immer mehr produzieren
Industrie verdienen Leihkräfte in der Pflege                    Er sagt: „Nachhaltigkeit steht bei   schaft, Industrie, Haushalte und Kleinver-     glutenfrei, lactosefrei, cholesterinfrei, kalo-    (müssen).
meist deutlich besser als ihre angestellten Kli-    uns an erster Stelle. Die Kuh muss sich wohl-    braucher produzieren mehr Treibhausgase        rienarm (oder doch besser kalorienfrei?)              Bauern sind Unternehmer auf dem Lande.
nik-Kollegen; zudem können sie sich oft ihre        fühlen.“ Ein anderer Mann stapelt Kartoffeln     als die Landwirtschaft.                        sein, möglichst nicht gedüngt und wenn,            Sie verbringen heute mehr Zeit im Büro als
Dienstzeiten aussuchen. Dies löse einen pro-        an seinem Verkaufsstand. Er sagt: „An je-           Das entlässt die Bauern nicht aus ihrer     dann organisch. Aber stinken soll es auch          auf dem Feld. Das muss nicht schlecht sein,
blematischen Abwerbeprozess aus, warnte             dem Sack steht mein Name. Ich stehe gerade       Verantwortung, zumal der Methan- und           nicht, und wenn organisch gedüngt wird,            genau wie die Digitalisierung, die längst die
Präsidentin Mehmecke. Die Stammteams in             dafür, dass ich gute Lebensmittel abliefere.“    Lachgasausstoß in der Landwirtschaft nach      jedenfalls nicht bei dir. Gespritzt werden         Betriebe erreicht hat. Kühe, die der Roboter
den Krankenhäusern schrumpften, die Qua-            Eine junge Frau sitzt hinter einem Lenkrad,      wie vor ein großes Problem ist. Aber es ord-   darf es natürlich nicht, muss aber top ausse-      melkt, Trecker, die fast von alleine fahren,
lität der Versorgung leide.                         auf ihrem Schoß ein Hund. Geschickt steuert      net ihre Rolle etwas genauer ein. Auch im      hen, ohne Flecken. Sind doch kleine Macken         Computer, die Futter- oder Wassermengen
                                                    sie mit einer Hand den Trecker. Sie sagt: „Ich   globalen Kontext. Alles                                          dran, lässt du es liegen.“ Das   berechnen – das klingt nach Science-Fiction
                                                    will, dass es meinen Tieren gut geht.“           hängt mit allem zusam-          LANDWIRTSCHAFT gab                    vielleicht einen Shit-      und so, als entferne sich die Landwirtschaft,
PARTEIAUSTRITT                                         Drei Szenen aus dem Video „Echt Grün,         men. Von Niedersachsen                                           storm damals. Nicht jeder        dieser Beruf für Mensch und Hand, noch
                                                    Eure Landwirte“. Niedersachsens Bauern           nach Brasilien ist es weni-        IN NIEDERSACHSEN              lässt sich gern den Spiegel      weiter von der Schöpfung.
Vorwürfe gegen SPD-Mitglied                         haben den fünfminütigen Film drehen las-         ger weit, als man anneh-                                         vorhalten.                          Tatsächlich kann die Digitalisierung aber
Langeoog. Ein wegen eines angeblichen Hit-          sen und in die Kinos und ins Internet ge-        men könnte. Weil in                                                 Bei aller Polemik und         dafür sorgen, Ressourcen zu schonen, weil
lergrußes in die Schlagzeilen geratener             bracht. Die Botschaft ist klar: Die Landwirt-    Deutschland seit Jahren der                                      Zuspitzung steckt Wahres         sie effizientere Arbeit ermöglicht. Sie kann
SPD-Funktionär von der Insel Langeoog ist           schaft der Gegenwart ist verantwortungsbe-       Bedarf an Soja wächst,                                           in diesen wütenden Zeilen.       den Mittelstand stärken. Auch als Gegenge-
aus der Partei ausgetreten. Der Austritt sei be-    wusst, sie ist modern und weiblich, die Tier-    unter anderem für Tierfutter, wird tüchtig     Rigoroser Moralismus von Seiten der Politik        wicht zu den Agrar- und Lebensmittelkon-
reits vollzogen worden, teilte der SPD-Kreis-       haltung artgerecht und respektvoll.              importiert. Woher? Aus Südamerika zum          oder der Verbraucher gegenüber den Bauern          zernen, deren schiere Größe und Macht
verband Wittmund in Wilhelmshaven mit.                 Die Zahlen sind beeindruckend: 38 Pro-        Beispiel. In Brasilien werden Abertausende     kann nicht der Schlüssel sein, um die Land-        (Arbeitsplätze!) die Politik bisweilen einzu-
Das Vorstandsmitglied des Ortsvereins habe          zent aller deutschen Eier, 28 Prozent aller      Hektar Regenwald gerodet, um Anbauflä-         wirtschaft nachhaltig und zukunftsfähig zu         schüchtern scheint, wenn es darum geht, Ge-
den Schritt mit einer gegen ihn geführten           Zuckerrüben und jeder fünfte Liter Milch         chen für Soja zu schaffen. Der Sojaexport ist  gestalten.                                         setze zu erlassen. Männliche Küken bei-
Kampagne und SPD-internen Anfeindungen              kommen aus Niedersachsen. 32 Prozent aller       für die brasilianische Wirtschaft eine sichere    Der Gegenentwurf zur industriellen Pro-         spielsweise, frisch geschlüpft, dürfen immer
begründet. Die Staatsanwaltschaft Aurich er-        Schweine werden hier gehalten, und fünf          Einnahmequelle. In Deutschland werden die      duktion ist eine Landwirtschaft wie aus dem        noch vergast werden.
mittelt gegen den Mann wegen des Vorwurfs,          Millionen Tonnen Kartoffeln sowie 6,8 Mil-       Kühe satt und stark. Aber den Preis zahlt die  Bilderbuch, ein Bullerbü mit glücklichen              In dem „Echt-Grün“-Video der niedersäch-
den Hitlergruß gezeigt zu haben. Sein Anwalt        lionen Tonnen Getreide werden auf hiesigen       Umwelt auf der anderen Seite des Globus’;      Tieren und natürlich wachsenden Lebens-            sischen Bauern sagt ein Landwirt an einer
hatte die Vorwürfe als „haltlos“ zurückgewie-       Feldern geerntet. Die Landwirtschaft mit         Klima, Böden und Grundwasser leiden.           mitteln. Jedes Ei, jeder Schinken und jedes        Stelle: „Wir haben eine von Gott gesegnete
sen. Über den Parteiaustritt hatte zunächst         den ihr nachgelagerten Betrieben ist in Nie-        Spätestens an dieser Stelle muss der Ver-   Schnitzel kommen vom Hof um die Ecke.              Gegend.“ Um die zu erhalten, braucht es ein
die „Ostfriesen-Zeitung“ berichtet.         DPA     dersachsen nach der Automobilindustrie der       braucher und sein Konsumverhalten ins          Schön wär’s, aber so viele Ecken und Höfe          Miteinander aller Parteien: eine Politik, die
                                                    zweitgrößte Arbeitgeber.                         Spiel kommen. Was will er eigentlich? Auf      kann es gar nicht geben, dass demnächst            ökologisches und artgerechtes Handeln be-
MOORBRAND                                              Dass sich Niedersachsens Landwirte im         jeden Fall immer mehr, zum Beispiel Fleisch.   acht, neun oder zehn Milliarden Menschen           lohnt. Verbraucher, die sich beim Einkauf
                                                    vergangenen Jahr veranlasst sahen, diesen        Wir essen heute doppelt so viel Fleisch wie    satt werden könnten.                               nicht vom Geiz-ist-geil-Gedanken treiben
600 000 Euro für Einsatz                            aufwendigen Werbefilm drehen zu lassen,          vor 100 Jahren. In den Schlachthöfen Nieder-      Der Trend ist ein ganz anderer: Die Zahl        lassen. Einen Einzelhandel, der vom Vor-al-
Nordhorn. Für die Hilfe bei der Bekämpfung          verrät einiges über die Befindlichkeit der       sachsens werden Tiere maschinell und im        der Höfe in Niedersachsen und Deutschland          lem-billig-Köder abrückt, und eine Lebens-
des Moorbrandes im vergangenen Jahr im              Branche. Die Landwirtschaft hat ein Image-       Sekundentakt getötet. In vielen Mastställen    nimmt seit Jahren kontinuierlich ab. Bauern        mittelindustrie und Landwirte, die auf
Emsland hat die Bundeswehr rund 600 000             problem, und viele Bauern fühlen sich falsch     wachsen Lebewesen heran, deren einziger        geben auf, weil sie nicht mehr von ihren           Klasse statt Masse setzen.
Euro an den Kreis Grafschaft Bentheim ge-           wahrgenommen. Dabei spielen Vorurteile           Zweck es ist, möglichst schnell auf unseren    Erträgen leben können, weil ihnen die Büro-           Gelingt dieses Zusammenspiel nicht, dro-
zahlt. Das teilte der Landkreis mit. Damit sei      und gefühlte Wahrheiten eine Rolle wie:          Tellern zu landen. Bauer Willi, ein Landwirt,  kratie den Spaß an der Arbeit genommen             hen dramatische Szenarien. Einige sind
ein Großteil der Aufwendungen abgegolten,           Bauern jammern gern. Bauern kassieren            der für seine Texte im Internet ziemlich be-   hat, weil sie keine Nachfolger finden oder         schon real. Über die Afrikanische Schweine-
sagte Landrat Friedrich Kethorn (CDU). Der          Millionen aus Brüssel. Bauern denken erst                                                                                                          pest etwa sagen Experten, dass die zentrale
Landkreis hatte die Forderungen der Kommu-          an sich und dann an die Umwelt. Als pau-                                                                                                           Frage nicht mehr ist, ob, sondern nur noch
nen gebündelt eingereicht, das Geld wird nun        schale Behauptung ist das Quatsch.                                                                                                                 wann sie auch Deutschland erreicht.
weitergeleitet. „Die Prüfung der restlichen            Aber es gibt auch Fakten, die in dem Film
Forderung von 29 000 Euro soll schnell vorge-       „Echt Grün, Eure Landwirte“ nicht zur Spra-
nommen werden, so hat die Bundeswehr es             che kommen. Dass in Niedersachsen riesen-
zugesagt“, sagte der Landrat.             DPA       große Zuchtanlagen stehen, dass hier die
                                                    Hälfte aller deutschen Masthühner gehalten                                                                                                           Die Teile unserer Serie
                                                    wird. Dass diese Tiere jährlich 40 Milliarden
                                                    Liter Kot und Gülle produzieren. Dass über-                                                                                                               17. Juli   Die Lage der Landwirtschaft
                                                    haupt mehr Fleisch, Milch und Kartoffeln
                                                                                                                                                                                                              21. Juli   Massentierhaltung
                                                    produziert werden, als die Menschen in
                                                    Deutschland essen können. Von Nitrat im                                                                                                                  24. Juli    Bodenspekulation
                                                    Boden, Treibhausgasen in der Luft und Anti-                                                                                                              28. Juli    Existenzfrage Hofübergabe
    Eine Auswertung                                 biotika in Tierkörpern ganz zu schweigen.
    dieser Messfelder                                                                                                                                                                                         31. Juli   Ferien auf dem Bauernhof
                                                    Auch das gehört zur Realität der deutschen
    ermöglicht es
                                                    Landwirtschaft im Jahr 2019.                                                                                                                          4. August      Digitalisierung
    uns, täglich die                                                                                                                                                                                      7. August      Klimawandel
                                                       Ist die Landwirtschaft also eine verkom-
    Druckqualität
                                                    mene Branche und der Bauer der Schurke?                                                                                                              11. August      Biolandbau
    der Zeitung zu
                                                    Wer das denkt, weiß es nicht besser oder ist
    überprüfen.                                                                                                                                                                                          14. August      Afrikanische Schweinepest
                                                    ideologisch motiviert. Die Welt ist kompli-
                                                    zierter. Landwirte sind mitverantwortlich                                                                                                            18. August      Exportschlager Milch
                                                    für den Klimawandel, aber sie leiden auch                                                                                                            21. August      Gemeinschaftshöfe
                                                    darunter. Und sie unternehmen etwas da-             Herausforderung Klimawandel: Wenn es zu heiß wird im Sommer, trocknen die Böden                  25. August      Die Zukunft der Landwirtschaft
                                                    gegen. Immer mehr Betriebe stellen auf Bio          aus. Der Staub ist dabei noch das kleinste Problem.      FOTO: JULIAN STRATENSCHULTE
Niedersachsen Mahnungen von
14                                                                                             Niedersachsen                                                                                                                                SONNTAG
                                                                                                                                                                                                                                           21. JULI 2019

 DE PLATTDÜÜTSCHE ECK                                 M A SSEN TI ERHA LTU N G: A U F EI N E M HOF I N RI E D E G E HT D I E Z AH L D E R KÜ H E AU F TAUSE N D ZU

            Dusselig
             Detlef Kolze
             un sien Blick up de Welt
                                                                                                            Der Kuh-Konzern
                                                             von J ürgen H i nric Hs                Hautpflege im großen Stil. Kündigt sich ein

                                                F
                                                                                                    Kalb an, gehen die Kühe raus aus der Herde
                                                            ünf Jahre her, dass in Riede, einem     und stehen separat, im Stall und außerhalb,

U
         use Gedankenspeeleree dreiht sik                   Dorf zwischen Bremen und Bruch-         auf einer direkt angrenzenden Weide.
         oftins üm desülbigen Saken. Dat                    hausen-Vilsen, ein Projekt begann,         Dreimal am Tag ist Melkzeit, fünfeinhalb
         sünd Saken, de uus in uusen Alldag                 das großes Aufsehen erregte, eine       Stunden, bis die Arbeiter damit durch sind.
opfallt, to’n Bispill: Wat Minschen so för                  Mischung aus Argwohn, Wider-            Glander hat auf seinem Hof elf Angestellte,
Sünnerlichkeiten an sik hebbt. Wat se           stand und Bewunderung. Knapp 400 Milch-             die sich die Schichten teilen. Der Chef selbst
mookt, denkt un föhlt. Woans se sik bi Gele-    kühe, die von anderen Höfen zusammenge-             packt auch mit an und sitzt nicht nur am Com-
genheit in de Bost smieten doot or woans se     zogen wurden und nun an einem Ort standen.          puter im Büro. Zu den Mitarbeitern gehört ein
sik lütt mookt. Wat för jem grootorrig is or    Ein neuer Stall auf einem Stück Land, das vor-      Tierarzt, das ist günstiger, als immer wieder
wat se för dösig hollt.                         her Acker war. Ein Megastall, wie ihn die Re-       jemanden zu rufen, wenn eine Kuh krank ge-
   Wenn wi mit düsse Saken in uuse Ge-          gion noch nicht gesehen hat.                        worden ist, künstlich besamt wird oder ihr
danken speelt, denn wüllt wi begriepen, wat        Heute sind es 800 Kühe, das Doppelte, und        beim Kalben geholfen werden muss.
door in de Minschenköpp un in de Min-           noch ist kein Ende erreicht. Es könnten in den         Die Kuh bringt das Geld, sie ist aber auch
schenwelt passeert. Wi wüllt dat Simme-         nächsten zwei oder drei Jahren 1000 Tiere           ein Kostenfaktor. Sentimentalitäten kann sich
leeren un dat Nadenken över dat anpurren,       sein, später vielleicht noch mehr. Kühe, die in     Glander nicht leisten, auch wenn er die meis-
wat wi vör Oogen hebbt. Un wi hööpt, dat op     Massen gehalten werden. Die jeden Tag eine          ten Tiere immer noch erkennt, am Euter, da
düsse Aart un Wies ’n beten mehr Klook in       gigantische Menge Milch liefern, aktuell sind       hat er einen Blick für. „Wir wissen genau, auf
uusen Alldag rin wassen kann.                   es 25 000 Liter. Dumm nur, dass es keine Pipe-      welchem Stand sie sind, was sie kosten und
   Villicht helpt dat Sinneeren un Gedanken-    line gibt, eine Leitung zur Molkerei. Das wär’s     leisten“, sagt der Unternehmer. Die Premium-
speelen, dat de Dösigkeiten in uuse Min-        noch, die Milch direkt aus dem Euter.               kühe werden zusammengezogen und bekom-
schenwelt ’n beten mehr an de Kant schuuvt         Kai Glander ist der Chef auf dem Hof. Seine      men das beste Futter. Eine eigene Liga, Cham-
ward, meent de Oole. Denn Dösigkeit – so        Eltern sind Gesellschafter und übernehmen           pions.
süht dat ut – Dösigkeit is dat Schicksal vun    auf den anderen drei Höfen der Familie Auf-            Wer nicht mehr so viel Milch gibt oder gar
uus Minschen.De klooke Denkersminsch            gaben wie die Aufzucht der rund 700 Jungrin-        krank wird, steigt aus der Liga ab. Berappeln
Immanuel Kant hett dat maal so seggt: „Das      der. Insgesamt sind es also nicht 800, sondern      sich die Tiere nicht wieder, ist es um sie ge-
Ende aller Dinge, die durch der Menschen        1500 Tiere, die zu dem                                                     schehen. Ein Gnadenbrot
Hände gehen, ist selbst bei ihren guten         Unternehmen gehören.                                                       gibt es nicht. Es geht zum
Zwecken Torheit: das ist, Gebrauch solcher      Millionen, die investiert                                                  Schlachter, und das ist die
Mittel zu ihren Zwecken, die diesen gerade      werden, auch in die Digital-                                               letzte Gabe der Kuh für den
zuwider sind...“                                technik, mit der die Kühe                                                  Landwirt. Sie bringt rund
   Sowat as deepe Klookheit un Weisheit,        gläsern werden und die                                                     1000 Euro, wenn ihr Fleisch
meent Kant, dat kriegt wi Minschen in uus       Produktion insgesamt wie                                                   verarbeitet wird, etwa zehn
Doon op de Duur nich tostannen. Dat Han-        ein Automat funktioniert.                                                  Prozent dessen, was sie vor-
deln mag an‘n Anfang noch goot meent sien.         So ist das in Riede, und                                                her mit der Milch in die Kas-
Villicht hett dat sogaar ’n verstännigen        Glander, ein junger Mann, 31 Jahre, schaut erst     sen gespült hat. Nach der zweijährigen Auf-
Dreih. Man jichenswenn sett wi doch de          ungläubig und schüttelt dann mit dem Kopf.          zucht sind es in der Regel fünf Jahre, in denen
verkehrten Middel in, denn wi wüllt uuse        „Das mache ich nicht“, sagt er, als der Fotograf    die Kuh gemolken wird.
Afsichten döörsetten un vöran wuppen.           ihn um eine Pose bittet: „Können Sie für’s Foto        So ein Tier, das frisst und scheidet aus. Wo-
   Düsse verkehrten Middel stellt opletz        eine Mistgabel in die Hand nehmen?“ Absurd,         hin mit so viel Gülle? 55 Kubikmeter sind es
allens op’n Kopp: Se mookt uuse gooden          da hat Glander recht. Ein Bauer aus dem Bil-        bei Glander an jedem Tag. Er hat auf dem Be-
Afsichten toschannen un sorgt doorför, dat      derbuch ist er schon lange nicht mehr.              triebsgelände zwei riesige Behälter stehen, die
wi an’t Enn as Esels door staht. Wat sünd          Der Mann muss rechnen, seine Bank muss           jeweils 6000 Kubikmeter fassen. Demnächst
düsse Minschen dumm un dusselig, heet dat       es auch. So viele Faktoren, die eine Rolle spie-    kommt in gleicher Größe ein dritter dazu. Der
denn. So gifft dat na Immanuel Kant sien        len. Der erste und entscheidende ist der Preis      Gesetzgeber hat die Auflagen verändert und
Meenen för uus Minschen bloots dat eene:        für den Liter Rohmilch. Zurzeit liegt er bei 32,5   mehr Lagerkapazität vorgeschrieben. Einen
Wi mööt jümmers woller versöken, dat de         Cent, das ist so mittel, sagt Glander, damit        Teil der Gülle, gut 60 Prozent, wird der Land-
Dösigkeit nich vullstännig dat Regeer krie-     kann er zwar leben, aber keine großen               wirt auf seinen eigenen Flächen los, den an-
gen deit.                                       Sprünge machen. Ein Jahr bevor der Landwirt         deren nehmen ihm benachbarte Ackerbauern
   Doormit sünd wi woller bi’t Simmeleeren      mit dem neuen Hof anfing, gab es mit 39 Cent        ab. Während der Wintermonate darf nichts
un Gedankenspeelen. Vullstännig ruut ut de      ein Rekordhoch. Danach sackte der Preis dra-        von der Jauche auf den Böden verteilt werden.
Minschenwelt kriegt wi de Dösigkeit nich.       matisch ab und war zuletzt fast im freien Fall:        Sollte Glander seine Produktion noch ein-
Man de Gedankenspeeleree helpt tominnst         21 Cent, eine Katastrophe für die Erzeuger,         mal erweitern, benötigt er wieder die Geneh-
doorbi, dat de Dösigkeit nich vullstännig       existenzgefährdend. Vor drei Jahren war das,        migung der Behörden. Er muss nachweisen,
freeje Bahn kriggt. Un dat is ja ook all wat,   seitdem geht es wieder aufwärts.                    dass er auch mit den zusätzlichen Kühen die
meent de Oole.                                     Eine andere Größe in der Kalkulation ist das     Quoten erfüllt. Eine der Vorgaben ist, dass 51
                                                Futter. Glander verfügt über 490 Hektar, auf        Prozent des Futters für die Tiere aus eigener
                                                denen er Mais und Gras erntet. 100 Hektar ge-       Produktion stammen. Eine zweite, dass die
DIESELSKANDAL                                   hören ihm, der Rest ist Pachtland. Das Prob-        Gülle zu hundert Prozent verwertet werden
                                                lem ist auch in diesem Jahr wieder die Tro-         kann, ohne dass die Natur Schaden nimmt.
Land verteilt VW-Bußgeld                        ckenheit. Es wächst nicht genug heran, eine            Der Landwirt liefert an die Frischli-Molke-
Hannover/Braunschweig. Gut ein Jahr nach        gehörige Portion Futter muss hinzugekauft           rei in Rehburg/Loccum. Dort werden Pro-
Verhängung eines Milliardenbußgeldes gegen      werden – für teuer Geld, die Situation wird         dukte wie H-Milch, Milchpulver und Sahne
Volkswagen im Dieselskandal hat das Land        ausgenutzt, normal in einer Marktwirtschaft,        hergestellt. Glander ist bei Frischli einer von
Niedersachsen das Geld vollständig verplant.    die auf Angebot und Nachfrage fußt.                 fast 1300 Erzeugern. Wenn er so weitermacht,
Größere Summen fließen in schnelles Inter-         Mais und Gras, das allein reicht nicht für       stellt er sie alle in den Schatten, dann ist er der
net sowie Krankenhäuser und Hochschulen,        Kühe, denen Höchstleistungen abverlangt             größte, der mit der meisten Milch.
in den Schuldenabbau, die Sanierung von         werden. Glander füttert zusätzlich mit einem
Sportstätten und klimafreundliche Mobilität,    Mittel, das ihm Beck’s aus Bremen liefert. Der
wie die zuständigen Ministerien auf Anfrage     sogenannte Biertreber fällt beim Brauen an,           Die Teile unserer Serie
mitteilten. Zuvor hatte es Forderungen etwa     als Rest vom Malz, und ist reich an Eiweiß und
aus Schleswig-Holstein gegeben, das Geld        Energie. Ein weiterer Kraftspender, den der               17. Juli   Die Lage der Landwirtschaft
solle allen Bundesländern zugute kommen.        Landwirt verwendet, ist Luzerneheu, eine
                                                                                                         21. Juli    Massentierhaltung
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte       Spezialität, die er aus Frankreich bezieht.
die Milliardenbuße im Juni 2018 wegen der          Die Kühe werden in Ställen gehalten, die an           24. Juli    Bodenspekulation
Dieselaffäre gegen Volkswagen verhängt. Die     den Seiten geöffnet sind. So bekommen die                28. Juli    Existenzfrage Hofübergabe
Buße setzt sich aus dem gesetzlichen Höchst-    Holsteiner Luft und Licht. Wenn es zu warm                31. Juli   Ferien auf dem Bauernhof
betrag von fünf Millionen Euro sowie der Ab-    wird, springen die Ventilatoren an, es gibt
schöpfung wirtschaftlicher Vorteile von 995     auch eine Sprinkleranlage. Der Boden besteht          4. August      Digitalisierung
Millionen Euro zusammen.                 DPA    aus Beton, er ist aufgeschlitzt, um die Rutsch-       7. August      Klimawandel
                                                gefahr zu mindern. Zum Hinlegen sind Boxen           11. August      Biolandbau
OLDTIMER                                        da, die mit einem Gemisch aus Mist, Stroh und
                                                                                                     14. August      Afrikanische Schweinepest
                                                Kalk einen weicheren Untergrund haben als
Alte Straßenkreuzer in Hannover                 die Lauffläche, auf der die Tiere sich frei be-      18. August      Exportschlager Milch
Hannover. Rund 2500 motorisierte Oldtimer       wegen können. „Das ist wie eine feste Ma-            21. August      Gemeinschaftshöfe
aus den USA sind seit Sonnabend in Hanno-       tratze“, erklärt Glander. Gerne genommen             25. August      Die Zukunft der Landwirtschaft
ver zu sehen. Zur zweitägigen Street Mag        werden auch die fest installierten Bürsten,
Show auf dem Schützenplatz kamen ameri-
kanische Oldtimer mit vier Rädern, aber auch
viele Motorräder vor allem der Marke Harley
Davidson. Zu bestaunen waren etwa Straßen-
kreuzer aus den 1950er-Jahren, PS-starke
Muscle-Cars, hüpfende Lowrider und kunst-
                                                 Weniger Milchbauern, weniger Tiere
                                                D
voll ausstaffierte Vans. Auch ein umgebauter            ie Zahl der Milchbauernbetriebe und    erzeugerland in Deutschland. Bezogen auf die
Leichenwagen vom Typ Buick Roadmaster                   ihrer Kühe in Niedersachsen            bundesweite Milchanlieferung wird in dem
war dabei. Zum Rahmenprogramm der jähr-                 schrumpft weiter. Nach Angaben der     Bundesland rund ein Fünftel der Milch pro-
lichen Veranstaltung gehören zahlreiche         Landesvereinigung der Milchwirtschaft redu-    duziert. Das Gros der Kühe halten die Bauern
Showeinlagen sowie eine Zubehör- und            zierte sich die Zahl der Milchkühe im Bundes-  auf dem Grünlandgürtel an der Küste. Die al-
Sammler-Börse. Die Veranstalter rechneten       land von November 2017 bis November 2018       lermeiste Milch, knapp 6,5 Millionen Tonnen,
mit rund 150 000 Besuchern.              DPA    um 1,9 Prozent auf 849 192 Tiere. Die Zahl der wird an die Molkereien zur Weiterverarbei-
                                                Betriebe ging um 4,2 Pro-                                           tung zu Trinkmilch, But-
                                                zent auf 9228 zurück. Im                                            ter, Käse, Milchpulver,
                                                Durchschnitt hält dem-                                              Sahne und Joghurt gelie-
                                                nach ein Milchviehhalter                                            fert. Im Jahr 2018 waren
                                                92 Kühe. 69 Betriebe besa-                                          24 Molkereien mit 31 Be-
                                                ßen 500 oder mehr Kühe.                                             triebsstätten in Nieder-
    Eine Auswertung                             Die Herden der meisten                                              sachsen ansässig.
    dieser Messfelder                           Milchbauern sind zwi-                                                  In Niedersachsen ste-
    ermöglicht es                               schen 50 und 199 Tiere                                              hen im bundesweiten
    uns, täglich die                            groß. Rund zwei Drittel al-                                         Vergleich überproportio-
    Druckqualität                               ler Tiere werden von 5220                                           nal viele Kühe auf der
    der Zeitung zu                              Milcherzeugern betreut.                                             Weide – in bäuerlichen,
    überprüfen.                                 Die Landesvereinigung be-                                           kleinen und mittleren
                                                ruft sich auf Daten des Sta-                                        Strukturen. Etwa 70 Pro-
                                                tistischen Landesamtes.                                             zent der Kühe haben
                                                   Trotz des Rückgangs ist                                          mindestens zeitweise
                                                Niedersachsen nach Bay- Die Kühe werden dreimal am Tag ge-          die Möglichkeit, ihren                 Kai Glander in einem seiner Mega-Ställe. Der Landwirtschaftsmeister arbeitet systematisch an
                                                ern das wichtigste Milch- molken.                                   Stall zu verlassen.    HI              der Erweiterung seines Betriebs.                                               FOTOS: JONAS KAKO
Niedersachsen Mahnungen von
14                                                         Niedersachsen                                                                                                                                                                     MITTWOCH
                                                                                                                                                                                                                                             24. JULI 2019

FÜR LANDWIRTE UND INGENIEURE
Satellitendienst künftig kostenfrei                                            BO DEN SPEKU LAT IO N : WI E SICH BIOBAU E RN VOR I NVE STORE N SCH ÜT ZE N
Hannover. Landwirte und Ingenieure bekom-

                                                                                            Der Kampf um den Acker
men von Oktober an kostenfreien Zugriff auf
genaue Daten zur Positionsbestimmung. Zen-
timetergenaues Arbeiten soll dadurch etwa
für Agrarbetriebe einfacher werden, wie die
Staatskanzlei in Hannover am Dienstag mit-
teilte. Mit der Einsparung von Betriebsmitteln                  von nico Sch nurr

                                                   D
sollen zudem Wirtschaftlichkeit und Umwelt-
schutz in Einklang gebracht werden. Konkret                      er Widerstand wächst auf sechs
stellt das Land künftig die Daten des Satelli-                   Hektar Moorland. Vielleicht 200
tenpositionierungsdienstes der deutschen                         Meter, aus dem Haus, über den
Landesvermessung, kurz Sapos, allen Anwen-                       Hof. Eine schmale Straße ent-
dern aus privaten und öffentlichen Stellen                       lang, die einzige in Verlüßmoor,
kostenfrei zur Verfügung. Bisher war die Nut-      vorbei an Landhäusern, Backstein, Fachwerk.
zung mit Gebühren verbunden. Das Landvolk          Dann steht Johann Lütjen vor einer der Wie-
begrüßte die Entscheidung. Die hohe Präzi-         sen, mit der sie im Teufelsmoor die Zukunft
sion der Positionsdaten sei notwendig, um          der Biobauern sichern wollen. Sechs Hektar,
zum Beispiel Dünge- und Pflanzenschutzmit-         ein Anfang im Kampf ums Ackerland.
tel punktgenau anzuwenden, sagte dessen               Lütjen, 63 Jahre alt, ergraute Haare, Karo-
Präsident Albert Schulte to Brinke.        DPA     hemd, stößt die Holzpforte auf. Sein Blick glei-
                                                   tet über das Land, streift Gräben und knorrige
KLIMAWANDEL                                        Birken. Lütjen bückt sich und fährt über die
                                                   Halme. Er deutet auf ein Kleeblatt und sagt:
Gewerkschaft fordert mehr Förster                  „Wir wirtschaften hier nicht gegen die Natur,
Hannover. Um die Folgen des Klimawandels           sondern mit ihr.“ Als hätte er sie bestellt, fliegt
für die niedersächsischen Wälder zu begren-        eine Hummel vorbei. Weiter hinten scheuern
zen, sind nach Ansicht der Gewerkschaft Bau-       sich Ochsen an einem Eichenstamm. Elf Rin-
en-Agrar-Umwelt (IG BAU) mehr Förster und          der teilen sich hier sechs Hektar. Wenig Tiere,
Waldarbeiter erforderlich. Private Waldbesit-      viel Platz, Weidehaltung. Das geht, weil Lüt-
zer und die staatlichen Forsten sollten mehr       jen die Wiese nicht gehört. Könnte er sich
Personal einstellen, forderte die Gewerk-          nicht leisten. Nicht mehr.
schaft in Hannover. „Vor allem die staatlichen        Die Bodenpreise sind in den vergangenen
Forsten haben in den vergangenen Jahren sehr       Jahren stark gestiegen. Seit der Finanzkrise
viele Stellen abgebaut“, sagte deren Regional-     haben sie sich in Deutschland im Durch-
leiter Eckhard Stoermer. Zusätzliche Fach-         schnitt um 142 Prozent erhöht. Noch drama-
kräfte seien auch für den dringend nötigen         tischer ist der Preisanstieg in Niedersachsen.
Waldumbau erforderlich. Der momentan               Ein Hektar Ackerland kostete hier 2007 durch-
noch zu mehr als 50 Prozent aus vergleichs-        schnittlich noch 13 500 Euro. Zehn Jahre spä-
weise anfälligen Nadelbäumen bestehende            ter waren es schon 33 500 Euro. Die Biobauern
Wald in Niedersachsen müsse zu widerstands-        trifft diese Entwicklung besonders. Sie sind
fähigeren Mischwäldern umgebaut werden.            auf große Flächen angewiesen, die sie über
„Für diese Mammutaufgabe braucht man qua-          einen langen Zeitraum bewirtschaften kön-
lifizierte und ordentlich bezahlte Fachkräfte“,    nen. Nur was, wenn Kaufen zu teuer und
erklärte die Bezirksvorsitzende der IG Bau,        Pachten zu unsicher wird?
Stephanie Wlodarski.                       DPA        An einem Tag im Jahr 2015 erfährt Johann
                                                   Lütjen, dass ein paar Häuser weiter der
POLIZEI ERMITTELT                                  nächste Hof aufgibt. Wieder einer weniger in
                                                   Verlüßmoor. Die Kinder wollen nicht über-
Unbekannter erschießt Jungwölfin                   nehmen, das Land soll verkauft werden. Die
Wittingen. Unbekannte haben in Wittingen           Wiese, sechs Hektar groß, liegt nicht weit von
(Kreis Gifhorn) eine Wölfin getötet und ihren      Lütjens Haus. Er hat Interesse. Der Betrieb
Kadaver im Elbe-Seitenkanal versenkt. Das          muss wachsen, nicht nur seine, auch die Fa-                 Johann Lütjen (rechts) und sein Sohn Chrismut bewirtschaften im Teufelsmoor die Äcker einer Genossenschaft.           FOTO: BERND KRAMER
recht junge Tier sei mit einer Schusswaffe ge-     milien der beiden Söhne leben davon. Lütjen
tötet worden, teilte die Polizei am Dienstag       überlegt, das Land zu kaufen. Doch keine
mit. Der oder die unbekannten Täter haben          Chance, viel zu teuer. Und nun? Lütjen erfährt          „Selbst unser Moorland taugt für manche         bauen weiter Karotten an, Kartoffeln und Rha-       Wenn Johann Lütjen nun nicht weit von sei-
demnach versucht, die tote Wölfin mittels          von Kulturland, einer Genossenschaft, die Bo-         als Spekulationsobjekt“, sagt Lütjen. „Das        barber, sie melken 70 Kühe, aber sie tun das      nem Haus auf einer der Wiesen im Moor steht
einer Metallschlinge und eines schweren            den kauft. Für Landwirte, die sich kein Land          führt auch hier zu Ackerpreisen, die keiner       auf einem Hof, der nicht mehr ihnen gehört,       und sein Blick über das Land gleitet, Gräben
Gegenstandes im Kanal zu versenken. Die            leisten können. Die nicht abhängig sein wol-          mehr herauswirtschaften kann.“ Bahner bie-        sondern einem gemeinnützigen Verein. Eine         und Birken streift, dann sieht er einer siche-
Polizei ermittelt in dem Fall, weil Wölfe arten-   len von den steigenden Preisen und immer              tet dem Bauern eine Alternative an, er stimmt     bewusste Entscheidung. „Kapitalgesellschaf-       ren Zukunft entgegen. Das, denkt er dann,
schutzrechtlich streng geschützt sind und es       kürzeren Pachtverträgen.                              zu. Erst kauft die Genossenschaft eine Fläche     ten kaufen heute Flächen in Landkreisgröße        kann keiner der Familie nehmen, auch kein
verboten ist, sie zu töten. Der Tierkadaver           Im Wendland setzt sich Titus Bahner in sei-        in Verlüßmoor, dann folgen weitere, auch für      auf“, sagt Friedrich Lütjen, „eine schlimme       Investor. Nicht solange die Pachtverträge lau-
wurde am Sonntagabend aus dem Wasser ge-           nen Wagen. Es geht Richtung Teufelsmoor,              Lütjens Söhne. Inzwischen sind es etwa 30         Entwicklung. Boden darf keine Ware sein.“         fen. Nicht in den nächsten 30 Jahren. Ganz
fischt. Ein Jäger hatte den Körper entdeckt.       Hof Lütjen, 40 Autominuten von Bremen ent-            Hektar, abgeschirmt vom Bodenmarkt, auf              Die Familie hat viel geworben für die Idee     egal, wie verrückt der Bodenmarkt noch
Die tote Wölfin wurde – wie in solchen Fällen      fernt. Bahner hat die Genossenschaft gegrün-          dem sich der Kampf um die Äcker zuspitzt.         vom Biohof, der Felder bewirtschaftet, die        spielt.
üblich – für weitere Untersuchungen zum            det und sitzt im Vorstand. Er berichtet den           Durch den Bau neuer Straßen und Gewerbe-          dem Bodenmarkt entzogen sind. Sie haben
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierfor-         Bauern von Versicherungs-                                                 gebiete verlieren die nie-    Hinweise auf Milchtüten gedruckt, Flyer in
schung nach Berlin gebracht.                 DPA   unternehmen, Brillenher-                                                  dersächsischen Bauern         Bioläden ausgelegt, Infoabende veranstaltet.       Die Teile unserer Serie
                                                   stellern und Steckdosenfir-                                               täglich hektarweise Land.     Und sie haben Unterstützer gefunden, ohne
TOD BEI FESTIVAL                                   men. Alle investieren sie in                                              Die verbleibenden Flächen     die das Genossenschaftsmodell nicht funk-               17. Juli   Die Lage der Landwirtschaft
                                                   Boden. Ein Drittel aller                                                  werden teurer. Die europäi-   tionieren würde.
Kein Fremdverschulden                              Ackerflächen, die zwischen                                                sche Geldpolitik verschärft      Einer von ihnen ist Klaus Thies aus der Bre-
                                                                                                                                                                                                                   21. Juli   Massentierhaltung
Cuxhaven. Nach dem Tod einer 26-Jährigen           2008 bis 2012 in Nieder-                                                  das Problem. Die niedrigen    mer Neustadt, 72 Jahre alt, ein Kinderarzt in          24. Juli    Bodenspekulation
auf dem Deichbrand-Festival liegt das Obduk-       sachsen verkauft worden                                                   Zinsen machen Ackerland       Ruhestand. Seit Jahrzehnten fährt er ins Teu-          28. Juli    Existenzfrage Hofübergabe
tionsergebnis vor. Dieses bestätige die bishe-     sind, ging an Nichtland-                                                  zum attraktiven Anlageob-     felsmoor, um Milch und Gemüse auf dem Hof               31. Juli   Ferien auf dem Bauernhof
rigen Ermittlungen, wonach keine Hinweise          wirte. Das Teufelsmoor ist nicht Cloppenburg          jekt. Die Bauern konkurrieren nun mit bran-       Lütjen zu kaufen. Immer wieder hat er die
auf ein Fremdverschulden vorliegen, teilte die     oder Vechta, wo Ackerland so viel kostet wie          chenfremden Investoren.                           Milch auch seinen Patienten empfohlen. Das          4. August      Digitalisierung
Polizei am Dienstag mit. Die junge Frau war        fast nirgendwo sonst in der Republik. Johann            Ein grauer Julimorgen im Teufelsmoor, Hof       allein reicht ihm inzwischen nicht mehr. „Mit       7. August      Klimawandel
am Sonntagmorgen leblos in ihrem Zelt auf          Lütjen fühlt sich trotzdem verstanden. Auch           Lütjen, am Frühstückstisch drei Generatio-        dieser Art Landwirtschaft wird man nicht           11. August      Biolandbau
dem Festival-Gelände gefunden worden.              in Verlüßmoor, diesem winzigen Dorf, wo die           nen. Neben Johann Lütjen sitzen Sohn Chris-       reich, erst recht nicht, wenn die Bodenpreise
                                                                                                                                                                                                              14. August      Afrikanische Schweinepest
Trotz versuchter Wiederbelebung konnte der         Böden feuchter sind und die Ernte weniger             mut, 25, und Friedrich Lütjen, 84 Jahre alt. Er   weiter steigen“, sagt Thies. „Wenn wir Bio wol-
Notarzt nur noch den Tod der Frau feststellen.     ertragreich ausfällt, werden die Pachtzeit-           hat aus dem Hof in den 1960er-Jahren einen        len, dann müssen wir auch als Verbraucher          18. August      Exportschlager Milch
Nach Angaben der Polizei deutete nichts auf        räume immer kürzer. Bis irgendwann Immo-              der ersten Biobetriebe im Norden gemacht.         etwas dafür tun.“ Thies hat etwas getan. Er ist    21. August      Gemeinschaftshöfe
die Einnahme illegaler Substanzen hin. Die         bilienfirmen übernehmen und nach Käufern              Später hat er das Eigentum der Familie in eine    in die Genossenschaft eingetreten, und er hat      25. August      Die Zukunft der Landwirtschaft
Staatsanwaltschaft hatte die Obduktion zur         suchen.                                               Hofgemeinschaft eingebracht. Die Lütjens          5000 Euro gezahlt.
Klärung der Todesursache beantragt.        DPA

UNFALL
Auto überschlägt sich
Delmenhorst. Ein 26-jähriger Mann hat sich
                                                                          „Bauernland darf nicht zum Bankenland werden“
in Delmenhorst mit seinem Auto überschla-
gen und dabei schwere Verletzungen erlitten.                             Christian Meyer (44)            also nicht den Bauern. Gerade bei der Milch-      der Flächen in den Händen von Großkonzer-         preise hätten bei neuen Verträgen nicht um
Der Mann habe am Dienstag einen auf der                                  ist stellvertretender Vor-      preiskrise sind viele Böden an Banken und         nen liegt.                                        mehr als 30 Prozent über dem örtlichen
Straße stehenden Wagen einer 50-jährigen                                 sitzender der Grünen-           landwirtschaftsfremde Kapitalanleger gegan-                                                         Niveau liegen dürfen. Wie bei einem Miet-
Frau übersehen, wie die Polizei mitteilte. Er                            Fraktion im Niedersäch-         gen.                                              Was stört Sie so sehr an diesem Gedanken?         spiegel wären auch die Preise veröffentlicht
sei bei dem Unfall seitlich gegen das Heck des                           sischen Landtag. Der                                                              Ich halte es für gefährlich, wenn die Ackerflä-   worden, damit Investoren die Bauern nicht
Autos geprallt, habe sich überschlagen und                               Holzmindener war von            Warum halten Sie das für ein Problem?             chen Investoren gehören, die weit weg sitzen      länger gegeneinander hätten ausspielen
sei anschließend in ein ihm entgegenkom-                                 Februar 2013 bis Novem-         Eigener Boden macht krisenfest. Wer als           und gar keinen Bezug zum Land haben. Ich          können.
mendes Fahrzeug gekracht. Der Mann wurde                                 ber 2017 niedersächsi-          Bauer pachten muss, begibt sich in Abhängig-      habe das mal Sofamelken genannt. Man kauft
mit schweren Verletzungen in ein Kranken-                                scher Agrarminister.            keiten. Das gilt heute ganz besonders.            sich etwas Boden, hat jedes Jahr zehn Prozent     Das Gesetz ist ein Entwurf geblieben. Viel-
haus gebracht. Die 50-Jährige kam mit leich-                                                                                                               Rendite und lässt den Landwirt so arbeiten,       leicht auch, weil es längst das Grundstückver-
ten Verletzungen davon. Die beiden Insassen        Herr Meyer, warum warnen Sie vor steigen-             Wieso?                                            dass er gerade überleben kann. Und wenn der       kehrsgesetz gibt?
des dritten Fahrzeugs erlitten bei dem Unfall      den Bodenpreisen?                                     Boden ist ein knappes Gut. Jeden Tag gehen        Milchpreis fällt, holt man sich den restlichen    Das Gesetz ist aus den 1950er-Jahren und ein
einen Schock.                              DPA     Christian Meyer: Weil sie die bäuerliche              60 Hektar landwirtschaftliche Fläche verlo-       Boden der Landwirte, die mit der jährlichen       zahnloser Tiger. Es soll den Landwirten ein
                                                   Landwirtschaft gefährden. In Niedersachsen            ren, weil Straßen gebaut und Gewerbegebiete       Pachtpreiserhöhung nicht mithalten können.        Vorkaufsrecht sichern, aber Investoren kön-
                                                   haben sich die Boden- und Pachtpreise in den          ausgewiesen werden. Das treibt die Boden-                                                           nen es leicht umgehen. Sie kaufen einfach
                                                   vergangenen zehn Jahren mehr als verdop-              preise in die Höhe. Dazu gehen die Zinsen         „Wehret den Anfängen“ haben Sie vor Jahren        einen großen Anteil am Betrieb eines Bauern.
                                                   pelt. Die Folgen sind dramatisch.                     gegen Null. Ackerland ist zu einer attraktiven    einmal über Bodenspekulationen gesagt. Kam        Vor dem Hof hängt dann weiter das alte
                                                                                                         Geldanlage für Spekulanten geworden, die          Ihr Appell an?                                    Schild, aber die Flächen gehören längst dem
                                                   Was meinen Sie?                                       eigentlich nichts mit Landwirtschaft zu tun       Zumindest stellen sich heute noch die glei-       Investor. So werden auch die Grundstücksver-
                                                   Immer mehr kleine Höfe müssen aufgeben.               haben.                                            chen Fragen wie damals. Wir müssen uns nach       kehrsausschüsse der Landkreise ausgetrickst.
    Eine Auswertung                                Wir bewegen uns in Richtung einer rein ge-                                                              wie vor fragen: Wollen wir, dass die Zukunft
    dieser Messfelder
                                                   werblichen Landwirtschaft. Einer Agrarindus-          Ist das nicht ein ostdeutsches Phänomen?          der Landwirtschaft von Geldanlegern be-           Wie lässt sich das verhindern?
    ermöglicht es
                                                   trie, in der Investoren den Ton angeben. Die          Anfangs haben Investoren vor allem Flächen        stimmt wird? Oder wollen wir eine Landwirt-       Ein erster Schritt wäre, dass Agrarministerin
    uns, täglich die
                                                   Zeit, in der Landwirte freie Bauern gewesen           in Ostdeutschland gekauft. Inzwischen inte-       schaft, die in Generationen denkt, eine örtli-    Barbara Otte-Kinast von der Haltung abrückt,
    Druckqualität
                                                   sind, die auf ihrem eigenen Boden arbeiten,           ressieren sich landwirtschaftsferne Firmen        che Verankerung hat und bewusst mit dem           dass der freie Markt schon alles regeln wird.
    der Zeitung zu
                                                   neigt sich dem Ende zu, wenn wir nicht han-           auch für niedersächsischen Boden. Der Anteil      Boden und der Bevölkerung vor Ort umgeht?         Wenn wir das Höfesterben aufhalten und die
    überprüfen.
                                                   deln.                                                 der Nichtlandwirte, die Flächen als Geldan-                                                         bäuerliche Landwirtschaft retten wollen,
                                                                                                         lage erwerben, steigt. Das ist besorgniserre-     Als Agrarminister haben Sie sich für eine         müssen wir endlich gesetzlich gegensteuern
                                                   Jetzt dramatisieren Sie aber.                         gend. Bauernland darf nicht zum Bankenland        Pachtpreisbremse eingesetzt.                      und Bodenspekulationen verhindern.
                                                   Nein. Schon jetzt ist die Mehrheit der Acker-         werden. Wir müssen unseren Boden schützen,        Man muss sich das wie bei einer Mietpreis-
                                                   flächen in Niedersachsen gepachtet, gehört            wenn wir nicht wollen, dass bald die Mehrheit     bremse vorstellen. Die Boden- und Pacht-          Das Gespräch führte Nico Schnurr.
Niedersachsen Mahnungen von
14                                                                                               Niedersachsen                                                                                                                                SONNTAG
                                                                                                                                                                                                                                             28. JULI 2019

 DE PLATTDÜÜTSCHE ECK                                          EX ISTEN ZFRAGE HO FÜ B ERGA BE : WI E SI E G E L I NG E N KAN N, W O RAN SI E OF T SCH E IT E RT

      Sauna-Arger
             Detlef Kolze
             un sien Blick up de Welt
                                                        Wenn der neue Chef der eigene Sohn ist
S
       iet lange Tiet weer de Oole maal wed-
       der in ’n groote Sauna wesen. Tohuus
       hett he sik ook so’n Dings inricht, man
düsse Sauna is man lütt. So’n Saunabedriev
is ’n annern Snack. Door is mehr Leben as
privaat tohuus. Intressant is ook jümmers
woller, woans sik de Lüüd den Dag över mit
ehr Doon un Handeln tosamenruckeln doot.
   So gifft dat to’n Bispill in jeedeen Sauna ‘n
„Ruheraum“. Door schall nich rümsnackt un
rümwuselt warrn. Nee, door schall dat still
un geruhig togahn. Oftins geiht dat avers
nich still un geruhig to. Maal sünd dat
Kinner, de düsse Regel noch nich kennt,
maal sünd dat de flotzigen utwussen Lüüd,
de bloots sik sülbens seht un sowat as Rück-
sicht nich kennt.
   Denn mutt eerst ’n anner Minsch doorför
sorgen, dat in den „Ruheraum“ worraftig
Roh un Freeden is. Denn bloots döör so’n
Opmucken wedder de flotzigen Lüüd kann
de Sauna opletz dat bringen, wat se bringen
schall – Seelenroh un Entspannung.
   Noch ’n annere Wunnerlichkeit sorgt jüm-
mers woller twischendöör för Unroh un                                                                                                                                                                                                    Familieniydll auf
Arger – dat Freehollen vun Stöhl un                                                                                                                                                                                                      dem Söhrenhof in
Britschen, ook wenn door keeneen nich op                                                                                                                                                                                                 Soltau: Vater Jürgen
sitten or liggen deit. Eegenlich kann dat                                                                                                                                                                                                mit Sohnemann Ni-
jeedeen weten, dat sik sowat nich höört.                                                                                                                                                                                                 klas Winkelmann
Oftins hangt in de Sauna sogaar Schilder,                                                                                                                                                                                                und Hündin Branka.
door steiht dat groot un düütlich op.                                                                                                                                                                                                    Seit zwei Jahren hat
   Liekers hollt sik veele Lüüd door eenfach                                                                                                                                                                                             der Junior im Be-
nich an. Se packt ehrn Kraam op de besten                                                                                                                                                                                                trieb das Sagen. Der
Stöhl or Britschen un wüllt so düütlich mo-                                                                                                                                                                                              Weg dorthin war
ken: Hier sitt or liggt all een. So kann dat                                                                                                                                                                                             nicht immer einfach.
passeeren, dat ’n Minsch in den Ruheraum                                                                                                                                                                                                 Zwar war die inner-
kummt, un he findt nich mehr een enkelten                                                                                                                                                                                                familiäre Nachfolge
freejen Placken, ofschoonst bloots twee                                                                                                                                                                                                  schnell gesichert,
lebennige Minschen in den Ruum sünd.                                                                                                                                                                                                     aber der Gewöh-
   De Oole argert sik över so’n Undöög.                                                                                                                                                                                                  nungsprozess an die
Wenn nix mehr free is, denn packt he anner                                                                                                                                                                                               neuen Rollen hat ei-
Lüüd ehrn Kraam to’n Freehollen eenfach                                                                                                                                                                                                  nige Zeit gedauert
an de Siet. He mutt togeben: He liggt denn                                                                                                                                                                                               – beim Vater wie
door ’n Tietlang ’n beten unrusig un töövt,                                                                                                                                                                                              beim Sohn.
woans sik de wegjaagte Minsch woll opföh-                                                                                                                                                                                                    FOTOS: HAGEDORN
ren deit. Denn mennigeen fangt noch an to
protesteeren, ofschoonst bloots he sülbens                    von Marc Hagedorn                       leben auch noch Oma und Opa, sie haben –            der Sohnemann, der neue Chef, musste seine         lebenswert ist.“ Bauern, so Winkelmann Se-

                                                   A
dat is, de wat verkehrt mookt hett.                                                                   genau wie Jürgen Winkelmann und seine Frau          Rolle erst finden. „Das braucht Zeit“, sagt Ni-    nior, sage man nach, dass sie gern klagten.
   So kann de Besöök in’n groote Sauna                          m Ende fehlt nur noch das Foto        jetzt – ein Wohnrecht auf Lebenszeit. Jürgen        klas Winkelmann.                                   „Haben wir nie getan“, sagt er, „wir kennen
twischendöör ook maal ’n beten Opregen                          für die Zeitung. Es soll Vater und    Winkelmann hat bei seinem Sohn einen                  Da war zum Beispiel die Sache mit dem            keine Probleme, nur Herausforderungen.“
mit sik bringen. Man opletz freut sik de Oole                   Sohn im Garten auf einer Bank         Arbeitsvertrag unterschrieben, außerdem             Frühstück. Bei seinem Vater war es gute Sitte,       Auch die Work-Life-Balance, wie es Neu-
nich bloots över de schööne Hitt un dat                         zeigen, den alten Chef und seinen     kümmert er sich als Selbstständiger um die          dass zum Frühstück alle Hofbewohner am             deutsch heißt, kriegen die Winkelmanns seit
Sweten, man ook över de Seelenroh un över                       Nachfolger. „Wer sitzt und hat        Vermietung der zwei hofeigenen Ferienwoh-           Tisch saßen: Familie, Angestellte, Praktikan-      Jahren hin. Die Arbeitszeiten sind geregelt
all dat, wat bi de jungen Lüüd vundaage            den anderen im Nacken?“, fragt Jürgen Win-         nungen. Zu tun hat er also noch genug.              ten. Niklas, 31, hat das nach kurzer Zeit abge-    und verlässlich. Raus aus dem Bett um sieben,
„chillen“ heet.                                    kelmann, der Senior. Er lacht dabei, ein              Länger als die vertragliche Abwicklung der       schafft. Er hat schnell gemerkt, dass sein Va-     Arbeitsbeginn ist um acht, Frühstück gegen
   Un de lütte Arger över de Dösigkeit un de       Scherz, na klar, aber auch eine gute Frage. Jür-   Übergabe hat die emotionale Gewöhnung an            ter für alle anderen am Tisch immer noch ers-      neun, um zwölf Uhr gibt’s Mittag, nach einer
Flotzigkeit vun Minschen höört denn meist          gen Winkelmann war 30 Jahre lang Chef auf          die neuen Verhältnisse gedauert. „Wenn du           ter Ansprechpartner war. Das war nicht böse        Pause geht’s gegen 13.30 Uhr weiter. Feier-
to dat Sauna-Vergnögen mit to. Denn dat is         dem Söhrenhof in Soltau, jetzt, mit 61, ist er     30 Jahre lang das Sagen hattest, ist es nicht       gemeint, vermutlich nur Gewohnheit. Aber           abend ist in der Regel um sechs. Und weil die
seker: Düsse Aart vun utverschaamte Flot-          Angestellter seines Sohnes Niklas. Eine Kon-       leicht, loszulassen“, sagt Jürgen Winkelmann.       Niklas hatte es schwer, sich als neuer Chef zu     Winkelmanns dank ihrer Angestellten perso-
zigkeit is nix Neejes. Se is steenoold, un de      stellation, die nicht ohne ist. Aber Vater und     Ihm haben zwei Coachings                                                fühlen. Vater Jürgen sitzt     nell die Möglichkeit haben, können Vater und
Minschenwelt mutt ook tokünftig mit düsse          Sohn brauchen nicht lange, um sich einig zu        geholfen, ganztägig, mit al-                                            nun morgens nicht mehr         Mutter sowie Sohn und Ehefrau im Wechsel
Soort vun Lüüd trechtkamen. Wi mööt                werden. Deutlich umständlicher als die Cho-        len Familienmitgliedern,                                                mit am Tisch.                  am Wochenende frei machen. Jedes Jahr fährt
bloots oppassen, dat uuse flotzigen Stink-         reografie fürs Foto war der Akt der Hofüber-       „dort wurden jedem von                                                     Dass die Elterngenera-      die Familie in den Skiurlaub.
büdels nich döörkaamt mit ehr krötige              gabe vor zwei Jahren.                              uns die richtigen Fragen                                                tion einen Nachfolger in
Utverschaamtheit, meent de Oole. Ook nich             „Am Thema Nachfolgeregelung können Fa-          gestellt“.                                                              der eigenen Familie findet,           Der Hof ist in besten Händen
in de Sauna.                                       milien zerbrechen“, sagt Anne Dirksen, die für        Nachdem seine Söhne                                                  ist keine Selbstverständ-      Für ihn, sagt Niklas Winkelmann, habe das
                                                   die Landwirtschaftskammer als Beraterin            nach erfolgreicher Ausbil-                                              lichkeit mehr. Zwar gibt es    Leben auf dem Hof immer schon mehr Vor-
                                                   arbeitet. Sie begleitet seit 30 Jahren Hofüber-    dung auf den Hof zurück-                                                keine exakten Zahlen dar-      züge als Nachteile gehabt. Taschengeld gab’s
ZUWANDERUNG                                        gaben. „Rechtliche und steuerliche Fragen          gekehrt waren, merkte Jürgen Winkelmann             über, wie viele Höfe innerhalb der Familie         zwar nicht, dafür aber einen Arbeitslohn. Also
                                                   machen vielleicht 20 Prozent der Arbeit aus“,      schnell, dass „die aufstrebende Generation          weitergegeben und wie viele außerfamiliär          mistete Klein-Niklas Ställe aus, mähte Rasen,
Weniger Asylklagen                                 sagt sie, „80 Prozent drehen sich um gegen-        selbstbewusster wird“. Er musste damit erst         fortgeführt werden. Anne Dirksen von der           fuhr Trecker, fütterte Tiere, kontrollierte die
Hannover. Die Zahl der Asylklagen in Nieder-       seitige Erwartungen und das Miteinander.“          einmal klar kommen: sich sagen zu lassen, wo        Landwirtschaftskammer hat aber festge-             Bestände und hatte schnell die Taschen voller
sachsen hat sich in den ersten sechs Monaten          Sie hat sehr oft erlebt, dass die Eltern, die   es lang geht. Entscheidungen zuzulassen, die        stellt, dass außerfamiliäre Hofübergaben           Geld. „Mit 15 oder 16 ist das nicht zu unter-
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast hal-       den Hof abgeben, und die Kinder, die ihn über-     er selbst so vielleicht nie getroffen hätte. „Das   mehr werden. Immer häufiger hat der eigene         schätzen“, sagt er lachend. Und als er im Rah-
biert. Im ersten Halbjahr 2019 registrierten die   nehmen, beim Notar in der Annahme erschei-         Coaching hat mir beigebracht: Jürgen, du            Nachwuchs keine Lust, dem Vorbild der El-          men seiner Ausbildung zum Landwirt sein
Verwaltungsgerichte 3629 Klagen, im Ver-           nen, dass jetzt nur noch Kleinigkeiten zu re-      musst loslassen, Jürgen, du musst loslassen.“       tern zu folgen. Manchmal wird aus einem            einjähriges Praktikum auf dem väterlichen
gleichszeitraum 2018 waren es noch 6784 Kla-       geln seien. Allzu häufig ein Trugschluss.             Einen Winter lang hat er danach noch ge-         Vollerwerbsbetrieb ein Nebenerwerbshof.            Hof absolvierte, war klar: Der Job ist so ab-
gen, wie das Justizministerium mitteilte.          „Beim Notar kommen oft zum ersten Mal kon-         braucht, dann war klar: Niklas, der ältere der      Oder er schließt ganz.                             wechslungsreich, dass er ihn für immer ma-
Rückläufig war die Entwicklung auch in Bre-        krete Zahlen auf den Tisch, vorher hat man         beiden Söhne, übernimmt den Familienbe-               Seit 2010 hat jeder neunte Bauernhof in Nie-     chen möchte. „Ich fühle mich gar nicht wie
men, wo die Zahl der Klagen von 460 auf 379        nie darüber gesprochen“, sagt Dirksen. „Plötz-     trieb in Soltau mit seinen 500 Sauen, der Bio-      dersachsen dicht gemacht. Die Zukunft des          ein Bauer, sondern eher wie ein Unternehmer
zurückging. Eine Ursache für den Rückgang          lich geht es um Abfindungen und die Alters-        gasanlage und den 110 Hektar Wald, Weide-           Winkelmannschen Anwesens stand nie in-             auf dem Land“, sagt er. 60 bis 70 Prozent sei-
dürfte sein, dass die Zahl der Asylanträge und     vorsorge – und schon ist Sprengstoff drin.“        und Ackerland. Thies, der jüngere, bewirt-          frage. Aus zwei Gründen. „Wir führen ein ge-       ner Zeit arbeitet er im Büro, trifft strategische
damit auch die Zahl der ablehnenden Ent-              Finanzielle Fragen sind das eine. Die Win-      schaftet heute einen Hof in Cuxhaven aus der        sundes Unternehmen, das Zukunft hat“, sagt         Entscheidungen.
scheidungen zurückgegangen sind.            DPA    kelmanns hatten sie relativ schnell geregelt,      Familie seiner Mutter. Alles gut war damit zu       Jürgen Winkelmann, „und wir haben unseren            Seinen Frieden mit der Übergabe hat
                                                   genau wie die Altersvorsorge. Auf dem Hof          Hause in Soltau aber noch nicht. Denn auch          Kindern immer vorgelebt, dass unser Leben          Jürgen Winkelmann auf der Studienreise ge-
BAHNSCHRANKE UMFAHREN                                                                                                                                                                                        macht, die ihn und seine Frau fünf Monate
                                                                                                                                                                                                             lang nonstop um den Globus geführt hat.
Motorradfahrer tödlich verunglückt
Melle. Ein Motorradfahrer ist an einem Bahn-
                                                      Die etwas andere Partnervermittlung: Bauer sucht Hof                                                                                                   „Dreimal haben wir in der Zeit mit unseren
                                                                                                                                                                                                             Söhnen telefoniert“, sagt Winkelmann. Das

                                                   V
übergang im niedersächsischen Melle trotz                 ielleicht so: Alter Hof sucht neues Le-  Hof hinausgehen. Die „Nähe zu Hamburg“,                klingt, also eine Plattform zum Austausch zu       war’s. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war
geschlossener Schranken über die Gleise ge-               ben. Oder ganz direkt: Wo ist das junge  streicht ein Landwirt aus Schleswig-Holstein           schaffen, ist komplizierter, als es sich anhört.   klar: Der Hof ist beim Filius in besten Hän-
fahren und von einem Personenzug tödlich                  Paar, das sich eine Zukunft in der Land- heraus.                                                Die zentrale Frage lautet: Wer traut sich, sein    den.
verletzt worden. Der 55-Jährige habe das Rot-      wirtschaft aufbauen möchte? Es geht auch          Martina Schaff hat sich das Thema Hof-               Anliegen öffentlich zu machen? „Für viele
licht ignoriert und die Halbschranke umfah-        schlicht: Landwirt (m/w) gesucht! Oder her-     übergabe nicht freiwillig ausgesucht. Das              Landwirte ist es eine Riesenhürde, mit dem                    Über die Hofübergabe sprechen Vater
ren, sagte eine Sprecherin der Polizei am          ausfordernd: Hast du den Biss, ein Unterneh-    Thema fand sie. Für sie und ihre drei Ge-              Thema Nachfolge öffentlich umzugehen“,                        und Sohn im Video unter
Sonnabend. In dem Personenzug wurde ihren          men kurzfristig zu übernehmen?                              schwister war früh klar, dass sie          sagt Schaff, „viele empfinden es als Makel,          ONLINE   www.weser-kurier.de/web474
Angaben nach am Freitagabend niemand ver-            Mit 60 solcher Angebote kann                              den elterlichen Hof nicht überneh-         wenn sie auch auf die Suche machen müssen.“
letzt.                                    DPA      Martina Schaff aktuell dienen. Die                          men würden. „Der Vater wollte              Und selbst wenn die Anzeige geschaltet ist,
                                                   Tochter eines Landwirts aus der                             aber, dass es weitergeht“, sagt            spielt Diskretion immer noch eine große Rolle.      Die Teile unserer Serie
                                                   Nähe von Stuttgart hat vor knapp                            Schaff. Also was tun? Nach diver-          Bei Schaff kann man mit vollem Namen, Han-
                                                   drei Jahren das Internetportal                              sen Telefonaten mit Kammern, Be-           dynummer oder E-Mail-Adresse inserieren,                 17. Juli   Die Lage der Landwirtschaft
                                                   „Hof gesucht – gefunden“ gegrün-                            hörden und befreundeten Land-              manche aber tun es lieber unter Chiffre, und
                                                                                                                                                                                                                   21. Juli   Massentierhaltung
                                                   det. Sie versucht diejenigen, die                           wirten kam ihr die Idee. „Ich habe         es ist auch schon vorgekommen, dass Schaff
                                                   einen Hof aufgeben wollen oder                              schnell festgestellt, dass viele           gebeten wurde, auf die Briefe keinen Absen-             24. Juli    Bodenspekulation
                                                   müssen, mit denjenigen zusam-                               einen Hof suchen und genauso               der zu schreiben, „Hof gesucht – gefunden“              28. Juli    Existenzfrage Hofübergabe
    Eine Auswertung                                menzubringen, die Bauer werden                              viele einen Hof abzugeben hatten           würde schon zu viel verraten.
    dieser Messfelder                                                                                                                                                                                              31. Juli   Ferien auf dem Bauernhof
                                                   möchten. 100 000 Besucher hatte                             – nur zusammengefunden haben                  Auch Schaffs Eltern mussten sich mit dem
    ermöglicht es
                                                   ihre Seite im vergangenen Jahr, Martina Schaff ver-         die beiden Seiten nie“, sagt Schaff,       Gedanken erst anfreunden. „Aber irgend-              4. August      Digitalisierung
    uns, täglich die                                                                                                                                                                                           7. August      Klimawandel
                                                   „Tendenz deutlich steigend“, sagt mittelt Bauernhöfe.       die hauptberuflich in einem Groß-          wann haben wir gesagt: Wenn wir nur am Kü-
    Druckqualität
                                                   Schaff. Mindestens eine Vermitt-                            handel für Apothekenprodukte               chentisch darüber reden, hört es niemand.“          11. August      Biolandbau
    der Zeitung zu
                                                   lung gelingt ihr im Monat. Manche Anzeigen      arbeitet. Auf Schaffs Portal finden sie nun alle       Also raus an die Öffentlichkeit. Mittlerweile
    überprüfen.                                                                                                                                                                                               14. August      Afrikanische Schweinepest
                                                   sind zwei, drei Sätze kurz, andere sieben, acht zusammen: Putenmäster und Milchbetriebe,               ist für den elterlichen Hof eine Lösung in
                                                   Absätze lang. Manche sind bemerkenswert         Schafhalter und Schweinezüchter, Voll- und             Sicht. Es gibt mehrere Bewerber, die es in die      18. August      Exportschlager Milch
                                                   ehrlich: „ÖPNV ist hier mau, Auto ein Muss“,    Nebenerwerbshöfe, bio und konventionell,               engere Auswahl geschafft haben. Jetzt müs-          21. August      Gemeinschaftshöfe
                                                   heißt es etwa in einer Anzeige. Andere wer-     Anfragen und Angebote kommen regelmäßig                sen die Schaffs nur noch den geeigneten             25. August      Die Zukunft der Landwirtschaft
                                                   ben mit Vorzügen, die über den eigentlichen     auch aus Niedersachsen. Was so naheliegend             Nachfolger auswählen.                       MHD
Niedersachsen Mahnungen von Niedersachsen Mahnungen von Niedersachsen Mahnungen von Niedersachsen Mahnungen von Niedersachsen Mahnungen von Niedersachsen Mahnungen von
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