OKTOBER BIS 4. DEZEMBER 2019 - O PARTIGIANO! Paneuropäischer Partisan enfilm ANDREAS VOIGT Die Leipzig-Reihe MARIA LASSNIG Zum 100. Geburtstag ...

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25. OKTOBER BIS 4. DEZEMBER 2019

O PARTIGIANO! Paneuropäischer Partisan​enfilm
ANDREAS VOIGT Die Leipzig-Reihe
MARIA LASSNIG Zum 100. Geburtstag
GERHARD FRIEDL Buch und Filme

www.filmmuseum.at
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Willkommen im
Österreichischen Filmmuseum
Das Österreichische Filmmuseum widmet sich seit 1964 der Samm-
lung, Bewahrung, Erforschung und Vermittlung des Mediums Film in
all seinen Aspekten. Das beinhaltet ganz zentral die Ausstellung und
Vermittlung von Film – als Kunstform, Kulturtechnik und Zeitdokument
– in unserem Kinosaal, dem »Unsichtbaren Kino« in der Albertina.
    Wir zeigen Werke aus der Geschichte des Films grundsätzlich im
jeweiligen Originalformat und in den weltweit bestmöglich erhalte-
nen Filmkopien (35mm bzw. 16mm). Werke, die ursprünglich auf
Video bzw. digital hergestellt oder präsentiert wurden, werden digi-
tal projiziert. In seltenen Fällen präsentieren wir auf Film hergestellte
Werke digital: Dies geschieht jeweils aus kuratorischen oder konser-
vatorischen Gründen und wird speziell ausgewiesen.
    Filme werden bei uns grundsätzlich in ihrer originalen Sprachfas-
sung gezeigt und gegebenenfalls untertitelt. Für unsere internationa-
len Gäste weisen wir Vorführungen in englischer Sprache bzw. Unter-
titelfassung gesondert aus (siehe Legende S. 2).

Screenings in English are marked with this symbol ★

INHALT
Allgemeine Informationen 2
O partigiano! Paneuropäischer Partisanenfilm 3
Viennale im Filmmuseum 36
Andreas Voigt. Die Leipzig-Reihe 48
Filmmuseum on location 52
Maria Lassnig. Zum 100. Geburtstag 53
Kinoreal. Gerhard Friedl 57
Schule im Kino 61
Zyklisches Programm. Was ist Film 17–23 62
Spielplan. Alle Filme von 25. Oktober bis 4. Dezember 2019 64
Informationen. Viennale im Filmmuseum 69
Dank/Impressum 70
Innerhalb eines Themas sind die Filme in der Reihenfolge
ihrer Programmierung geordnet.
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ALLGEMEINE INFORMATIONEN
SPIELORT/VEREINSSITZ
1010 Wien, Augustinerstraße 1
TICKETS
Kassaöffnungszeiten: Montag bis Freitag ab 15 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen
geöffnet ab einer Stunde vor Beginn der ersten Vorführung. Bei großem Andrang werden ab
30 Minuten vor Beginn nur mehr Karten für die unmittelbar bevorstehende Vorführung verkauft.
Einzelkarte für Mitglieder sowie Kinder und Jugendliche bis 18: 6 Euro
Ermäßigung für Studierende mit Mitgliedschaft: 5 Euro bzw. 3 Euro für Zyklus
Zehnerblock (für Mitglieder): 45 Euro
Einzelkarte inklusive Tagesmitgliedschaft: 10,50 Euro
Herbstmitgliedschaft: 8,50 Euro
Herbstpartnermitgliedschaft: 14 Euro
Beitritt zwischen September und Dezember, gültig bis Jahresende.
Informationen zur Fördernden Mitgliedschaft auf Seite 70 und
auf unserer Website www.filmmuseum.at
RESERVIERUNGEN
T +43/1/533 70 54 oder www.filmmuseum.at. Reservierte Karten müssen
spätestens 30 Minuten vor Beginn der jeweiligen Vorstellung abgeholt werden.
BÜRO/BIBLIOTHEK
1010 Wien, Hanuschgasse 3, Stiege 5, 2. Stock
Bibliothek: Mo & Mi, 12–18 Uhr; Katalog online unter www.filmmuseum.at
Videosichtungsplatz für Studienzwecke: Mi 12–18 Uhr (gegen Voranmeldung)
Büro: Mo bis Do 10–18 Uhr, Fr 10–13 Uhr, T 01/533 70 54, E-Mail office@filmmuseum.at
SAMMLUNGEN
1190 Wien, Heiligenstädter Straße 175 (Hof), T 01/533 70 54 /232

ABKÜRZUNGEN
R Regie B Drehbuch K Kamera KA Kameraassistenz S Schnitt M Musik D Darsteller
OF Originalfassung UT Untertitel ZT Zwischentitel
• Veranstaltungen mit Gästen oder Einführungen ★ English language or subtitles

TEXTE VON
Marie Barešová, Susanne Jäger, Michael Loebenstein, Thomas Logoreci, Jurij Meden,
Ivana Miloš, Olaf Möller, Volker Pantenburg, Stefanie Proksch-Weilguni, Harry Tomicek,
sowie für die Viennale: Patrick Holzapfel, Michael Pekler, Roman Scheiber, Alexandra Seitz,
Andreas Ungerböck, Robert Weixlbaumer, Katja Wiederspahn

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25. OKTOBER BIS 4. DEZEMBER 2019

                           O partigiano!
                           Paneuropäischer Partisanenfilm
SLOVENSKI FILMSKI CENTER

                           Die gemeinsame Retrospektive des Österreichischen Filmmuseums Dolina miru
                           und der Viennale widmet sich heuer dem Partisanenfilm-Genre. (1956,
                                                                                                France Štiglic)
                           Zwischen den 1940er und den 1980er Jahren entstanden europaweit,
                           vom Westen über die neutralen und blockfreien Staaten bis in die
                           Sowjetunion, Filme, die über den bewaffneten zivilgesellschaftlichen
                           Widerstand gegen den Faschismus erzählten. Im Westen wie im
                           Osten beschwor das Kino diesen Kampf »von unten« gegen Faschis-
                           mus, Unterdrückung und Terror als »Gründungsmythos« der jeweili-
                           gen Nachkriegsordnung ihrer Gesellschaften und als Stütze sich neu
                           formierender nationaler oder paneuropäischer Identitäten.
                              Vor allem in den sozialistischen Staatenbünden der Sowjetunion

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und Jugoslawiens spielte der Partisanenfilm eine wichtige Rolle.
Diese Filme waren für die sozialistischen Filmindustrien das, was der
Western für das Hollywoodkino war: das bestimmende Genre seiner
Zeit und ein bedeutsames Mittel, um dunkle Flecken der Zeitge-
schichte umzudeuten oder gar »weißzuwaschen«. Und wie der Wes-
tern verlor auch der Partisanenfilm zunehmend an Mainstream-Rele-
vanz, um sich in den 1960er und 1970er Jahren ideologiekritisch neu
zu erfinden.
    Zu ihrer Entstehungszeit und im jeweiligen nationalen Kontext po-
pulär, sind diese Filme bis auf wenige gefeierte Einzelwerke heute na-
hezu unbekannt. Zu den »Klassikern« zählen beispielsweise Roberto
Rossellinis Roma città aperta (1944) und Andrzej Wajdas Kanał
(1957): Arbeiten, die im Kanon der Filmgeschichte weniger als Partisa-
nenfilme, denn als Schlüsselwerke anderer Strömungen wie des Neo-
realismus stehen. »O partigiano!« erlaubt es erstmals, das Erbe des
Partisanenfilms in all seiner ästhetischen Vielfalt und in seinem histo-
risch-politischen Kontext zu entdecken: in 48 Kapiteln (Filmen) aus
20 Produktionsländern, von denen die drei größten – die Tschecho-
slowakei, die Sowjetunion sowie die Sozialistische Föderative Repu-
blik Jugoslawien – nicht mehr existieren. Die Bandbreite reicht vom
neorealistischen Drama bis zum Musical (dem Boris Barnets Slavnyi
malyi von 1942 sehr nahe kommt), von der Actionkomödie (Diverz-
anti, 1967) bis zum bombastischen Militärspektakel wie Bitka na
Neretvi (1968) mit Yul Brynner als Partisan und Orson Welles als sadis-
tischem Kollaborateur. Große Namen des westlichen Kinokanons wie
Costa-Gavras, Munk, Wajda und natürlich Rossellini treffen auf in
Wien weniger vertraute Meister wie Gerasimov, German und Turov
sowie gänzlich neu zu entdeckende Eigenwillige wie zum Beispiel
France Štiglic oder Živojin Pavlović, von denen wir gleich mehrere
Werke zeigen.
    Was mit dieser Schau sichtbar werden soll, sind nicht nur groß-
artige und rare Filme (das auch!), sondern eine Idee: wie das Kino
über die Blockgrenzen hinweg dazu beiträgt, aus der gemeinsamen
historischen Erfahrung der Überwindung des Faschismus und der
Gräuel des Naziterrors neue Werte und Identitäten zu schaffen. Als
»populärster aller Künste« kommt dem Kino im geteilten Europa der
Nachkriegszeit eine wichtige Rolle zu: aus Trümmern und Spaltung
(nationale) Einheit zu schaffen, Trauerarbeit zu leisten und Traumata
zu bewältigen, Geschichte zu schreiben und umzuschreiben.

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Können wir den Partisanenfilm als eine Art Keimzelle eines europä- Sutjeska
ischen Nachkriegskinos verstehen? Und was bedeutet uns dieses (1973,
                                                                      Stipe Delić)
Kino heute, zu einer Zeit, in der die Grundpfeiler des europäischen
Nachkriegsprojekts in Frage gestellt werden und illiberale und auto-
ritäre Rhetorik zunehmend an Boden gewinnt? In jedem Fall bietet
unsere Retrospektive die Gelegenheit, dieses nahezu vergessene
Kapitel der Filmgeschichte auf 35mm und im Kino wiederzuentde-
cken: als ästhetisch und erzählerisch herausragende Kunstwerke
sowie als Zeitdokumente einer Ära, in der man einen Faschisten noch
ungestraft als solchen bezeichnen konnte. (M.L./J.M.)

Eine gemeinsame Retrospektive der Viennale und des Österreichischen Filmmuseums.
In Kooperation mit dem Institut für Slawistik der Universität Wien.
Während der Viennale im Filmmuseum von 25. Oktober bis 6. November gelten
gesonderte Ticketregelungen (siehe Seite 69).

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Ne okreći se, sine (Dreh dich nicht um, mein Sohn)
R: Branko Bauer B: Arsen Diklić, Branko Bauer K: Branko Blažina
S: Boris Tešija M: Bojan Adamič D: Bert Sotlar, Zlatko Lukman, Radojko Ježić.
Jugoslawien (Kroatien), 1956, 35mm, sw, 112 min. Serbokroatisch mit engl. UT ★
Der Kommunist Neven Novak wird von Soldaten des »Unabhängigen                           FREITAG
Staates Kroatien«, dem Vasallenstaat Nazideutschlands, in das                           25.10. / 11.30
Vernichtungslager Jasenovac deportiert. Doch Novak (eindringlich
verkörpert vom jugoslawischen Starschauspieler Bert Sotlar) gelingt                     SONNTAG
die Flucht, er kehrt nach Zagreb zurück – und muss feststellen, dass                    17.11. / 18.30
sein Sohn in einer Ustascha-Schule festgehalten wird, um zum ge-
hirngewaschenen Kommunisten- und Judenhasser zu werden. Noch                            Courtesy of
schwieriger als die Befreiung des schwer bewachten Buben scheint                        Hrvatski filmski
                                                                                        arhiv
allerdings die von dessen Herz und Verstand. Ne okreći se, sine ist
einer der beeindruckendsten kroatischen Filme, die je gedreht wur-
den. Er entwickelt sich zum Partisanenfilm, als der Vater auf die im
Wald versteckten Widerstandskämpfer stößt. Branko Bauer inszeniert
nicht nur ein großes humanistisches Melodram, sondern zugleich
eine spannende Psychostudie über politische Überzeugung. Ein im
besten Sinn aufgeklärtes Stück Bildungskino. (J. M.)

1 homme de trop (Ein Mann zuviel)
R: Costa-Gavras B: Costa-Gavras nach dem Roman von Jean-Pierre Chabrol
K: Jean Tournier S: Christian Gaudin M: Michel Magne D: Charles Vanel,
Bruno Cremer, Jean-Claude Brialy, Michel Piccoli. Frankreich/Italien, 1967, 35mm,
Farbe, 110 min. Französisch mit engl. UT ★
Bevor Costa-Gavras in den 1970er Jahren zu einem der prominentes-                       FREITAG
ten Vertreter des europäischen Politkinos avancierte, entstand in                       25.10. / 19.00
seiner zweiten Heimat Frankreich der Partisanenthriller 1 homme de
trop. Costa-Gavras hatte ein großes persönliches Interesse am                           Courtesy of
Thema. Sein Vater war im griechischen Widerstand aktiv und die                          Cinémathèque
                                                                                        Française
kommunistische Vergangenheit der Familie trug dazu bei, dass der
junge Konstantinos nach Frankreich emigrierte. Basierend auf dem
Roman von Jean-Pierre Chabrol – selbst ein erfahrener kommunisti-
scher Widerstandskämpfer – erzählt der Film die Geschichte einer
bunt zusammengewürfelten Partisaneneinheit, die versucht, unter
den Besatzungstruppen Chaos zu stiften – und dabei so lange wie
möglich einfach am Leben zu bleiben. Den titelgebenden, frühzeitig
aus dem Gefängnis befreiten »Mann zu viel« spielt Michel Piccoli, der
möglicherweise ein anderer ist, als er vorgibt zu sein. (J. M.)

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1 homme de trop

Slavnyi malyi (Ein guter Junge)
R: Boris Barnet B: Aleksey Kapler, Pëtr Pavlenko K: Sergey Ivanov M: Nikita
Bogoslovskiy, Nikolay Kryukov D: Ekaterina Sipavina, Viktor Dobrovolskiy, Evgeniy
Grigorev. Sowjetunion (Russland), 1942, 35mm, sw, 67 min. Russisch mit engl. UT ★
Slavnyi malyi zeichnet sich aus mehreren Gründen aus. Produziert                    SAMSTAG
wurde der Film nämlich als sowjetische »Kriegsanstrengung«, mit der                 26.10. / 11.30
Stalin die Filmindustrie – strengstens kontrolliert – nutzen wollte, um              • Einführung
die Moral der Bevölkerung zu stärken und das Ergebnis im Ausland                    von Evgenij
herzuzeigen. Doch Slavnyi malyi entsprach nicht den Erwartungen,                    Margolit

wurde als »ideologisch unbedeutend« eingestuft und tauchte erst
siebzehn Jahre später im sowjetischen Fernsehen auf. Vor allem aber,                MONTAG
und das spielte 1942 wohl die entscheidende Rolle, ist Slavny malyi                 18.11. / 18.30
kein Kriegsfilm im eigentlichen Sinn, auch kein heroisches Drama,
sondern eine Musicalkomödie mit einer unbeschwerten Liebes-                         Courtesy of
geschichte. Ein französischer Pilot wird von Partisanen gerettet,                   Gosfilmofond
schließt sich ihnen an und verliebt sich in ein Mädchen. Barnet
beweist hier einmal mehr ein besonderes Gespür dafür, Komik und
Pathos miteinander zu verbinden. Einer der ungewöhnlichsten und
unterhaltsamsten Filme dieser Retrospektive. (J.M.)

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DET DANSKE FILMINSTITUT
De røde enge (Rote Wiesen)
R: Bodil Ipsen, Lau Lauritzen Jr. B: Leck Fischer nach dem Roman von Ole Juul
K: Rudolf Frederiksen S: Marie Ejlersen M: Sven Gyldmark D: Poul Reichhardt, Per
Buckhøj, Gyrd Løfqvist. Dänemark, 1945, 35mm, sw, 85 min. Dänisch mit engl. UT ★
Im Vergleich zu anderen Ländern war der dänische antifaschistische                  SAMSTAG
Widerstand verschwindend gering. Ohne tiefe Wälder oder zerklüf-                    26.10. / 18.30
tete Berge, in denen sich Partisanen hätten verstecken können, kon-
zentrierte er sich hauptsächlich auf die Rettung dänischer Juden und                MONTAG
auf Sabotageakte in den Städten. Dennoch stammt mit De røde enge                    18.11. / 20.30
auch aus Dänemark ein bedeutender Partisanenfilm. Basierend auf
einem Roman des berühmten Widerstandskämpfers Ole Valdemar                          Courtesy of
Juul erzählt dieses Sabotagedrama von einer eingeschworenen                         Det Danske
                                                                                    Filminstitut
Guerillatruppe. Von ihrer Liebe, von Hass, Verdacht, Flucht, Folter
und Tod. Als dänischer Beitrag zur ersten Ausgabe des Festivals von
Cannes gewann De røde enge – zusammen mit elf weiteren Filmen,
darunter Muži bez křídel und Roma città aperta – die Goldene Palme.
Dies zeigt, welch bedeutende internationale Rolle dem Partisanen-
film nach dem Krieg zukam. (J.M.)

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Raduga (Regenbogen)
R: Mark Donskoy B: Vanda Vasilevskaya nach ihrem Roman K: Boris Monastyrskiy
S: N. Gorbenko M: Lev Shvarts D: Natalija Uzhviy, Elena Tyapkina, Valentina
Ivashëva. Sowjetunion (Ukraine), 1944, 35mm, sw, 93 min. Russisch mit engl. UT ★
Unter den vielen Filmen dieser Retrospektive finden sich naturgemäß                 SONNTAG
nur wenige, die unmittelbar während des Krieges entstanden. Alle                   27.10. / 11.30
drei sind sowjetische Produktionen, denn einzig die UdSSR war                       • Einführung
mächtig genug, einen offiziellen Krieg zu führen, Partisanen zu unter-             von Evgenij
stützen und zugleich ihre massive Filmproduktion fortzusetzen.                     Margolit

Raduga schildert die brutalen Ereignisse in einem ukrainischen Dorf,
dessen widerständiger Geist nicht gebrochen werden kann. Die                       Courtesy of
                                                                                   Nacionalniy
Besatzer erniedrigen, töten, foltern und erschießen die Zivilisten,                tsentr Aleksandra
aber die sowjetischen Herzen und Gedanken bleiben rot. Die ehema-                  Dovzhenko
lige Partisanin Olga ist schwanger in das Dorf zurückgekehrt, nur um
hier das ultimative Opfer zu erbringen. Raduga wurde umgehend ins
Ausland exportiert und soll Franklin D. Roosevelt so bewegt haben,
dass dieser einen persönlichen Brief an Donskoy schrieb. (J.M.)

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NÁRODNÍ FILMOVÝ ARCHIV
Muži bez křídel (Männer ohne Flügel)
R: František Čáp B: Bohumil Štěpánek K: Jan Stallich S: Jan Kohout M: Julius Kalaš
D: Gustav Nezval, Ladislav Herbert Struna, Jaroslav Zrotal. Tschechoslowakei
(Tschechien), 1946, 35mm, sw, 76 min. Tschechisch mit engl. UT ★
Dass František Čáp auch während der deutschen Okkupation der                         SONNTAG
Tschechoslowakei als Regisseur tätig sein konnte, gereichte ihm nach                 27.10. / 21.00
Kriegsende – wenig erstaunlich – weder in künstlerischer noch in                      • Einführung
politischer Hinsicht zum Vorteil. Doch mit Muži bez křídel gelang                    von Marie
die Rehabilitation. Wie andere seiner Partisanenfilme, insbesondere                   Barešová

Trenutki odločitve, liegt die Stärke dieses Films in seiner Intimität,
seinem nahezu zärtlichen Blick auf das Innenleben seiner Protagonis-                 Courtesy of
                                                                                     Národní filmový
ten. Schauplatz ist der Flughafen Ruzyně, die Hauptakteure sind die                  archiv
Arbeiter Petr und dessen junger Neffe Jirka, der aus Lidice fliehen
konnte – jenem Dorf, das von den Nazis nach dem Attentat auf Rein-
hard Heydrich ausgelöscht wurde. Muži bez křídel war 1946 einer der
insgesamt elf Hauptgewinner in Cannes. Mit der kommunistischen
Machtübernahme 1948 war Čáp dennoch gezwungen, das Land zu
verlassen und fand in Jugoslawien eine neue Heimat. (M.B.)

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Trenutki odločitve (Entscheidung am Fluss)
R: František Čap B: František Čap, Branko Belan K: Ivan Marinček S: Radojka Golik
M: Bojan Adamič D: Stane Sever, Julija Starčeva, Stane Potokar. Jugoslawien
(Slowenien), 1955, 35mm, sw, 99 min. Slowenisch mit engl. UT ★
Nach der Flucht aus der Tschechoslowakei über die BRD nach Jugosla-                      MONTAG
wien, wo er die romantische Komödie Vesna (1953) drehte, wandte sich                     28.10. / 11.30
František Čap dem dunkelsten Kapitel des Zweiten Weltkriegs in Jugo-
slawien zu. Es ist bittere Wahrheit, dass sich weite Teile der Bevölkerung               MITTWOCH
nicht dem Partisanenwiderstand anschlossen und sich stattdessen für                      20.11. / 18.30
eine Zusammenarbeit mit den Besatzungstruppen entschieden. Nach                           • Einführung
dem Krieg ließ die neue Regierung prompt Zehntausende von Kolla-                         von Peter
borateuren hinrichten. Diese außergerichtlichen Tötungen waren ein                       Stanković

offenes Geheimnis, umso beeindruckender ist es, dass bereits 1955 ein
Film gedreht wurde, der diese nationale Kluft zu überwinden versucht:                    Courtesy of
                                                                                         Slovenska
Trenutki odločitve erzählt die Geschichte eines Arztes, der sich für eine                kinoteka
Seite entscheiden muss. Er beschließt, einen verwundeten Partisanen
aus dem Krankenhaus in den Wald zu transportieren, wo Kameraden
auf diesen warten – und er eine schicksalhafte Entscheidung treffen
muss. František Čap schafft eine atemberaubende Atmosphäre von
Spannung und Unsicherheit. Ein Partisan-Noir. (J. M.)

Gli sbandati (Die Verirrten)
R: Francesco Maselli B: Eriprando Visconti, Francesco Maselli, Aggeo Savioli K: Gianni
Di Venanzo S: Antonietta Zita M: Giovanni Fusco D: Lucia Bosè, Jean-Pierre Mocky,
Isa Miranda. Italien, 1955, 35mm, sw, 102 min. Italienisch mit engl. UT ★
Gli sbandati beginnt mit Bildern, in denen keine Spuren des Krieges zu                   MONTAG
finden sind: langsames Erwachen am Morgen, sonnige Tage am Fluss-                         28.10. / 18.30
ufer und ausgelassene Fahrradtouren auf dem Land. Doch diese Ruhe
wird gestört durch die Ankunft von Evakuierten aus den umliegenden                       MITTWOCH
Gebieten, die bei den Bewohnern einer Landvilla um Zuflucht bitten.                       20.11. / 20.30
Das Spielfilmdebüt von Francesco Maselli greift ein historisch brisan-
tes Thema auf: die Kollaboration der italienischen Oberschicht mit                       Courtesy of
den deutschen Besatzern. Während der Reichtum damit beschäftigt                          Cineteca
                                                                                         Nazionale
ist, sich mit der bevorstehenden Niederlage des Faschismus zu arran-
gieren, ist die Unsicherheit der Jugend durch drei Protagonisten ver-
körpert: dem Idealisten, dem Faschisten und dem feigen Unentschie-
denen. Dass diese Differenz die kommenden Generationen kenn-
zeichnen wird, hat Maselli genau erkannt. Und sich dafür entschieden,
den wunden Punkt dort zu treffen, wo es am meisten wehtut. (I.M.)

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                                11
Kapitán Dabač (Oberst Dabač)
R: Pal’o Bielik B: Pal’o Bielik nach einer Erzählung von Vladimír Mináč K: Karol
Krška S: Maxmilián Remeň M: Milan Novák D: Ladislav Chudík, Elo Romančík,
Hilda Augustovičová. Tschechoslowakei (Slowakei), 1959, 35mm, sw, 99 min.
Slowakisch mit engl. UT ★
Der Slowakische Nationalaufstand im Sommer 1944 hatte die Befrei-                       DIENSTAG
ung der besetzten Gebiete und den Sturz des Marionettenregimes                          29.10. / 11.30
von Diktator Jozef Tiso zum Ziel. Erst im Oktober, nach dem Fall von                     • Einführung
Banská Bystrica, wandelte sich der Aufstand zum Partisanenkampf.                        von Rastislav
Kapitán Dabač, inszeniert vom Theaterveteran Pal’o Bielik, der be-                      Steranka

reits während des Aufstands Dokumentaraufnahmen drehte, erweist
sich nicht nur als handwerklich hervorragender Actionfilm, sondern                       Courtesy of
                                                                                        Slovenský
auch als ungewöhnlich nuanciertes, psychologisches Porträt. Dabač,                      filmový ústav
Offizier der slowakischen Armee, muss erkennen, dass er auf der fal-
schen Seite kämpft und flieht in die Wälder, wo er sich dem antifa-
schistischen Widerstand anschließt. Doch Dabač ist ein romantischer
Individualist, der seine eigenen Überzeugungen und die seiner neuen
Kameraden in Frage stellt. Darüber hinaus stellt Pal’o Bielik seinem
Helden zwei Frauen gleichen Namens zur Seite: Ein Sinnbild für die
moralische Notwendigkeit, sich für eine Seite zu entscheiden. (J.M.)

Ni liv (Soweit die Kräfte reichen)
R: Arne Skouen B: Arne Skouen nach der Schilderung We Die Alone – A WWII Epic
of Escape and Endurance von David Howarth K: Ragnar Sørensen S: Bjørn Breigutu
M: Gunnar Sønstevold D: Jack Fjeldstad, Henny Moan, Alf Malland, Joachim Holst-
Jensen. Norwegen, 1957, 35mm, sw, 81 min. Norwegisch mit engl. UT ★
Obwohl der Widerstand in Norwegen im Vergleich zu anderen besetz-                       DIENSTAG
ten Gebieten wesentlich geringer ausfiel und weniger Opfer forderte,                     29.10. / 21.00
war er dennoch besonders wichtig, denn Norwegen war eines der Zen-                       • Einführung
tren des nationalsozialistischen Atomwaffenprogramms. So entstan-                       von Stephen
den nach dem Krieg auch einige Filme, die den Widerstand gegen das                      Howarth

faschistische Regime Vidkun Quislings feierten. Das beste und popu-
lärste Beispiel ist Arne Skouens Ni Liv, der, basierend auf den Schriften               Courtesy of
                                                                                        National Library
des britischen Marineoffiziers David Armine Howarth, die Heldentaten                    of Norway
des Widerstandskämpfers Jan Baalsrud schildert, der während seiner
zweimonatigen Flucht vor den Nazis schreckliche Kälte, Hunger und
sogar Schneeblindheit, durchlitt, dabei jedoch auf die mutige und ris-
kante Unterstutzung des norwegischen Widerstands hoffen konnte.
Eine so düstere wie tröstliche Überlebensgeschichte. (J.M.)

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                                12
Le quattro giornate di Napoli (Die vier Tage von Neapel)
R: Nanni Loy B: Carlo Bernari, Pasquale Festa Campanile, Massimo Franciosa,
Nanni Loy K: Marcello Gatti S: Ruggero Mastroianni M: Carlo Rustichelli
D: Raffaele Barbato, Charles Belmont, Silvana Buzzanca. Italien, 1962, 35mm, sw,
120 min. Italienisch mit engl. UT ★
Nachdem die »Vier Tage von Neapel« in ’O sole mio erstmals und ent-                 MITTWOCH
schieden melodramatisch verfilmt wurden, folgt der sechzehn Jahre                    30.10. / 11.30
später entstandene Le quattro giornate di Napoli treu den histori-
schen Ereignissen. Nach dem Waffenstillstand von 1943 verschanzen                   Courtesy of
sich Überreste der italienischen Armee in der Stadt. Deutsche Trup-                 Cineteca
                                                                                    Nazionale
pen überrennen Neapel und beginnen mit der Deportation der Nea-
politaner in Arbeitslager. Doch im Gegensatz zu den feigen Offizieren
revoltiert die Bevölkerung und schafft es, die Besatzer noch vor der
nahen Ankunft der Alliierten zu vertreiben. Mit rastloser Kamera ge-
filmt, feiert Nanni Loy den Aufstand der Stadt als Hymne an die Bewe-
gung der Massen und schafft ein neorealistisches Denkmal für den
städtischen Guerillakrieg. (J.M.)

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                            13
Valter brani Sarajevo (Einer ist Sarajevo)
R: Hajrudin Krvavac B: Đorđe Lebović K: Miroljub Dikosavljević S: Jelena Bjenjaš,
Vojislav Vanja Bjenjaš M: Bojan Adamič D: Velimir (Bata) Živojinović, Ljubiša
Samardžić, Rade Marković. Jugoslawien (Bosnien und Herzegowina), 1972, 35mm,
Farbe, 133 min. Serbokroatisch mit engl. UT ★
Keiner der Partisanenfilme, die sich tief ins kollektive Bewusstsein Ex-             MITTWOCH
Jugoslawiens eingeschrieben haben, ragt derart heraus wie Valter                    30.10. / 18.30
brani Sarajevo. Offiziell dem 30. Jahrestag der Revolution und dem
Heroismus der Bevölkerung von Sarajewo gewidmet, erlangte der                       FREITAG
Film anlässlich der Belagerung der Stadt während des Jugoslawien-                   29.11. / 18.00
kriegs in den Neunzigerjahren neue Symbolkraft. Valter brani Sara-
jevo überrascht mit einer komplexen Handlung und weist eine Viel-                   Courtesy of
zahl an Charakteren auf, dazu falsche Identitäten, unglaublichen Ver-               Filmski centar
                                                                                    Sarajevo
rat und unmögliche Fluchten. Wiederholt versuchen die deutschen
Besatzer, den mysteriösen Valter, Anführer des lokalen Widerstands,
zu fangen. Als die Deutschen sich schließlich aus der Stadt zurückzie-
hen, tun sie dies in der berühmtesten Szene der jugoslawischen Film-
geschichte: Auf einem Hügel über Sarajewo zeigt ein deutscher Kom-
mandant auf die multikulturelle Stadt und verkündet: »Sehen Sie
diese Stadt? Das ist Walter!« (J. M.)

Balada o trobenti in oblaku
(Die Ballade von einer Trompete und einer Wolke)
R: France Štiglic B: Ciril Kosmač K: Rudi Vaupotič S: Milka Badjura
M: Alojz Srebotnjak D: Lojze Potokar, Angelca Hlebce, Marija Lojk.
Jugoslawien (Slowenien), 1961, 35mm, sw, 80 min. Slowenisch mit engl. UT ★
France Štiglic, oft als Roberto Rossellini des jugoslawisch-sloweni-                DONNERSTAG
schen Kinos bezeichnet, widmete den größten Teil seiner 40-jährigen                 31.10. / 11.30
Karriere dem Partisanenkino. Tief geprägt von Humanismus und Ge-
schichtsbewusstsein, reicht sein Œuvre von historischen Epen über                   SAMSTAG
psychologische Dramen bis zu Komödien. Balada o trobenti in oblaku                  23.11. / 18.30
ist vielleicht seine ungewöhnlichste und radikalste Auseinanderset-
zung mit der Frage nach der Notwendigkeit des Widerstands: Am                       Courtesy of
Heiligen Abend 1943 erreicht ein Todeskommando auf der Suche                        Slovenska
                                                                                    kinoteka
nach verwundeten Partisanen eine abgelegene Berghütte. Als die
                                                                                    In collaboration
NS-Kollaborateure wieder abmarschieren, folgt ihnen der alte Bauer                  with the Slove-
mit einer Axt, bevor sie die hilflosen Partisanen finden. Eine minima-                nian Film Centre
listische Prämisse in düster-poetischem, expressionistischem Stil, voll             on the occasion
                                                                                    of the centenary
grimmiger Realität und noch grimmigeren Halluzinationen. (J.M.)                     of France Štiglic

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                            14
SLOVENSKA KINOTEKA

                     Balada o trobenti in oblaku

                     Dolina miru (Tal des Friedens)
                     R: France Štiglic B: Ivan Ribič K: Rudi Vaupotič S: Radojka Ivančević
                     M: Marijan Kozina D: John Kitzmiller, Evelyne Wohlfeiler, Tugo Štiglic.
                     Jugoslawien (Slowenien), 1956, 35mm, sw, 89 min. Slowenisch mit engl. UT ★
                     Mitten im Zweiten Weltkrieg versuchen die Kriegswaisen Marko und                  DONNERSTAG
                     Lotti das »Tal des Friedens« zu finden. Unterwegs treffen sie auf den              31.10. / 21.00
                     schwarzen US-Piloten Jim, der mit seinem Flugzeug abgestürzt ist.
                     Sowohl der deutsche Feind als auch die jugoslawischen Partisanen                  SONNTAG
                     sind ihm auf den Fersen – doch die Kinder, die er unter seine Fittiche            23.11. / 20.30
                     genommen hat, halten den heroischen GI bei seiner Flucht auf. Mit
                     Dolina miru brachte France Štiglic den jugoslawischen Film auf die                Courtesy of
                     Weltbühne: Sein humanistischer Film hatte 1957 Premiere in Cannes,                Slovenska
                                                                                                       kinoteka
                     wo John Kitzmiller die Goldene Palme als bester Schauspieler gewann
                                                                                                       In collaboration
                     (sieben Jahre vor Sidney Poitier als erster Schwarzer einen Oscar). Der           with the Slove-
                     vierte Spielfilm von Štiglic ist dessen beliebtester und beständigster:            nian Film Centre
                     Ein deutsches Mädchen, ein slowenischer Junge und ein US-Soldat                   on the occasion
                                                                                                       of the centenary
                     bilden ein zeitloses, lyrisches Denkmal und eine multiethnische Ein-              of France Štiglic
                     heitsfront gegen den Faschismus und für den Frieden. (J. M.)

                     OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                          15
Kozara
R: Veljko Bulajić B: Ratko Đurović, Stevan Bulajić, Veljko Bulajić K: Aleksandar
Sekulović S: Katarina Stojanović M: Vladimir Kraus-Rajterić D: Olivera Marković,
Milena Dravić, Velimir (Bata) Živojinović. Jugoslawien (Bosnien und
Herzegowina), 1962, 35mm, sw, 124 min. Serbokroatisch mit engl. UT ★
Obwohl der aus Montenegro stammende Veljko Bulajić gewisserma-                          FREITAG
ßen zum »Staatsregisseur« für das jugoslawische Kino avancierte,                        1.11. / 11.30
reicht sein vielfältiges Œuvre über sanktionierte Propaganda hinaus.
Kozara ist eine komplexe Blaupause für das neu etablierte Genre des                     SONNTAG
offiziellen, epischen Partisanenspektakels, das Bulajić später mit Bitka                24.11. / 18.30
na Neretvi perfektionieren wird. Kozara schildert die berüchtigte
Kozara-Offensive, bei der 3000 Partisanen, eingekesselt am Berg                         Courtesy of
Kozara, gegen eine Übermacht von knapp 40.000 Soldaten Nazi-                            Kansallinen
                                                                                        audiovisuaalinen
deutschlands und seiner Verbündeten (Ustascha, Tschetniks) kämpf-                       instituutti
ten. Die Partisanen mussten die Belagerung durchbrechen und sich
um zehntausende Zivilisten kümmern, deren Dörfer dem Erdboden
gleichgemacht worden waren. Bulajić beweist ein hervorragendes
Gespür für die Inszenierung der Masse, aus der er mehrere Einzel-
schicksale hervortreten lässt. Denkwürdig der Spartacus-Moment mit
dem Schlachtruf von Milena Dravić: »Ich bin eine Kommunistin!« (J. M.)

Ouranos (Glorreicher Himmel)
R: Takīs Kanellopoulos B: Takīs Kanellopoulos, Geōrgios Kitsopoulos K: Tziovani
Variano, Grīgorīs Danalīs S: Takīs Kanellopoulos M: Argyrīs Kounadīs D: Aimilia
Pittafaidōn, Geōrgitsīs Takīs Emmanouīl, Elenī Zafeiriou. Griechenland, 1962,
35mm, sw, 87 min. Griechisch mit engl. UT ★
Die häufigen und oft blutigen politischen Unruhen in Griechenland                        FREITAG
nach dem Zweiten Weltkrieg verhinderten lange einen kontinuier-                         1.11. / 18.30
lichen Aufbau eines filmisches Erbes, das sich mit dem Widerstand
gegen den italienischen, deutschen und bulgarischen Faschismus                          SAMSTAG
auseinandersetzen konnte. Entstanden in einer kurzen Phase politi-                      24.11. / 20.45
scher Entspannung, kommt Ouranos einem traditionellen Partisanen-
film am nächsten. Eine bewaffnete Einheit griechischer Soldaten                          Courtesy of
zieht im Herbst 1940 in den Kampf gegen die Italiener. Und wie Parti-                   Tainiothiki tis
                                                                                        Ellados
sanen sind sie in der Unterzahl, erschöpft, hungrig und auf die Hilfe
der Zivilbevölkerung angewiesen. Takīs Kanellopoulos’ Debüt ist ein
Film von fast jenseitiger Schönheit, in dem die Landschaft eins wird
mit jenen Menschen, die sie verteidigen. Und in dem die Weite des
Himmels denjenigen Hoffnung gibt, die noch am Leben sind. (J. M.)

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                                16
NACIONALNIY TSENTR ALEKSANDRA DOVZHENKO

                                          Sovist' (Gewissen)
                                          R: Vladimir Denisenko B: Vasil Zemlyak, Vladimir Denisenko K: Aleksandr
                                          Deryazhny S: Tamara Bikova M: Myroslav Skoryk, Krzysztof Penderecki,
                                          Józef Baka D: Anatolìj Sokolovskiy, Valentina Grishokìna, Vasil Bogost.
                                          Sowjetunion (Ukraine), 1968, 35mm, sw, 75 min. Ukrainisch mit engl. UT ★
                                          Ein idyllisches Dorf in der besetzten Ukraine. Zwei junge Partisanen            SAMSTAG
                                          beobachten aus ihrem Versteck, wie ein deutscher Offizier ein einhei-           2.11. / 11.30
                                          misches Mädchen verführt – und töten ihn. Die Besatzer treiben die
                                          Bewohner auf dem Dorfplatz zusammen und drohen alle zu töten,                   SAMSTAG
                                          wenn die Täter sich nicht stellen. Die Partisanen, immer noch im Ge-            30.11. / 18.30
                                          büsch versteckt, stehen nun vor einer fatalen Entscheidung: zwischen
                                          ihrem eigenen Leben und dem des ganzen Dorfes. Dieses Dilemma                   Courtesy of
                                          ist das einzige, alles beherrschende Motiv des Films. Denisenko treibt          Nacionalniy
                                                                                                                          tsentr Aleksandra
                                          es mit einem Sturm expressionistischer Bilder voran, mit avantgardis-           Dovzhenko
                                          tischen Klanglandschaften und einer rasenden Montage, die den bei-
                                          nahe unaushaltbaren inneren Konflikt der Partisanen zum Ausdruck
                                          bringen. Entstanden als Experiment mit Denisenkos Schülern an der
                                          Kiewer Filmhochschule, war das Ergebnis jedoch zu dunkel, zu exis-
                                          tenzialistisch für einen Kinoeinsatz. Nach der Perestroika veröffent-
                                          licht, gilt Sovist heute als ukrainischer Filmklassiker. (J.M.)

                                          OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                        17
Nusja dhe shtetrrethimi (Die Braut und die Ausgangssperre)
R: Kristaq Mitro, Ibrahim Muçaj B: Elena Kadare K: Bardhyl Martiniani S: Atalanta
Pasko M: Kujtim Laro D: Rajmonda Bulku, Llazi Serbo,Thimi Filipi. Albanien, 1978,
35mm, sw, 52 min. Albanisch mit engl. UT ★
Seit der Gründung des staatlichen Kinostudios im Jahr 1952 erzählte                 SAMSTAG
der Großteil der albanischen Filmproduktionen vom kommunisti-                       2.11. / 21.15
schen Sieg über die deutschen Besatzer. Sogar nach dem Tod von                      Als double
                                                                                    feature mit
Diktator Enver Hoxha 1985 wurde dieses Motiv immer wieder in Fil-
                                                                                    Błękitny krzyż
men aufgegriffen, oft bis zur Lächerlichkeit. Mit seinem Drehbuch
                                                                                     • In Anwesen-
von Elena Kadare, der Frau von Albaniens berühmtem Schriftsteller
                                                                                    heit von
Ismail Kadare, bildet Nusja dhe shtetrrethimi eine bemerkenswerte                   Kristaq Mitro und
Ausnahme: Nach der Ermordung eines faschistischen Beamten ver-                      Elena Kadare
sucht eine junge Partisanin aus ihrer Heimatstadt zu entkommen. Als
die Deutschen Hausdurchsuchungen durchführen, schmuggelt sich                       SAMSTAG
die Frau in eine Hochzeitsgesellschaft ein – und zwar als Braut. Ibra-              30.11. / 20.30
him Muçaj und Kristaq Mitro arbeiteten gemeinsam an zehn Filmen,
dieser zählt zu ihren besten. Die auf das Nötigste reduzierten, in                  Courtesy of
Schwarzweiß gehaltenen Bilder erinnern gar an Robert Bressons Un                    Arkivi Qendror
                                                                                    Shtetëror i Filmit
condamné à mort s’est échappé. (T.L.)

Błękitny krzyż (Das blaue Kreuz)
R: Andrzej Munk B: Andrzej Munk, Adam Liberak K: Sergiusz Sprudin S: Jadwiga
Zajiček M: Jan Krenz D: Gustaw Holoubek, Stanisław Gąsienica-Byrcyn, Stanisław
Wawrytko. Polen, 1955, 35mm, sw, 55 min. Polnisch mit engl. UT ★
Błękitny krzyż führt uns vor Augen welch bedeutenden Filmpoeten                     SAMSTAG
und Visionär Polen mit dem vorzeitigen Tod von Andrzej Munk ver-                    2.11. / 21.15
loren hat. Die Leidenschaft des gelernten Dokumentarfilmers für das                  Als double
                                                                                    feature mit
Reale ist auch in dessen erstem Spielfilm zu beobachten, in dem
                                                                                    Nusja dhe
Munk die Tapferkeit der polnischen Partisanen feiert – insbesondere                 shtetrrethimi
jene der Bergführer des Blauen Kreuzes in der Tatra. Gegen Kriegs-
ende sieht sich ein Krankenhaus durch einen bevorstehenden deut-                    Courtesy of
schen Angriff bedroht. Das Blaue Kreuz kommt zu Hilfe und trans-                    Filmoteka Naro-
portiert verletzte slowakische Partisanen nach Polen. Munk verleiht                 dowa – Instytut
                                                                                    Audiowizualny
dieser Erzählung über antifaschistische, internationale Solidarität
eine dokumentarische Authentizität, indem er professionelle Berg-
steiger, einige sogar ehemalige Mitglieder des Blauen Kreuzes,
auftreten lässt. Und schickt seine Darsteller dabei über so atemberau-
bend schöne wie tückische Bergpässe. Außergewöhnliche Bilder
über wahren Mut. (J. M.)

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                            18
HRVATSKI FILMSKI ARHIV

                         Kad čuješ zvona (Wenn die Glocken läuten)
                         R: Antun Vrdoljak B: Antun Vrdoljak nach den Kriegstagebüchern von Ivan Šibl
                         K: Frano Vodopivec S: Radojka Tanhofer M: Anđelko Klobučar D: Boris Buzančić,
                         Pavle Vuisić, Boris Dvornik. Jugoslawien (Kroatien), 1969, 35mm, Farbe, 92 min.
                         Serbokroatisch mit engl. UT ★
                         Selten wurde die Komplexität von Geschichte und Krieg mit so viel                   SONNTAG
                         Humanismus und Klarheit gezeichnet wie in Antun Vrdoljaks Kad                       3.11. / 11.30
                         čuješ zvona und seinem Zwillingsfilm U gori raste zelen bor. Mithilfe
                         der nuancierten Kameraführung von Frano Vodopivec und stilsicher                    SONNTAG
                         inszeniert, zeigt sich der Kroate Vrdoljak hier als wahrer Meister des              1.12. / 18.30
                         Kinos – dessen rechtsgerichtete Politkarriere in den 90er Jahren an-
                         gesichts dieser Arbeiten umso erstaunlicher anmutet. Denn Vrdoljaks                 Courtesy of
                         Film erweist sich als Studie menschlicher Schwäche und als Verurtei-                Hrvatski filmski
                                                                                                             arhiv
                         lung jener »Unterschiede« – religiöse, ethnische oder kulturelle –, die
                         so oft als Ursache von Konflikten herhalten müssen. Zwei Dörfer
                         kämpfen gegeneinander: Das eine liegt auf der Partisanenseite, mit
                         leuchtend roten Sternen, während das andere die Ustascha unter-
                         stützt. Ein düsterer und zugleich poetisch-realistischer Film über das
                         Menschsein im Krieg. (I.M.)

                         OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                            19
SLOVENSKÝ FILMOVÝ ÚSTAV
Zvony pre bosých (Glocken für die Barfüßigen)
R: Stanislav Barabáš B: Ivan Bukovčan nach seiner Erzählung K: Vincent Rosinec
S: Maxmilián Remeň M: Zdeněk Liška D: Ewa Krzyzewská, Ivan Rajniak,
Vlado Müller. Tschechoslowakei (Slowakei), 1965, 35mm, sw, 96 min.
Slowakisch und Deutsch mit engl. UT ★
Stanislav Barabáš war neben Pal’o Bielik der zweite slowakische Groß-                 SONNTAG
meister, der sich mit populären und künstlerisch erfolgreichen Filmen                 3.11. / 18.30
dem Slowakischen Nationalaufstand widmete. Während Bielik jedoch                       • Einführung
eher geradlinige Erzählungen bevorzugte, zeichnete sich Barabáš                       von Rastislav
durch einen komplexeren und beinahe lyrischen Zugang aus. Der                         Steranka

beste seiner Partisanenfilme ist Zvony pre bosých, eine zurückhaltend
erzählte Winterballade über zwei einsame, ängstliche Kämpfer, die                     DONNERSTAG
unbeabsichtigt einen deutschen Soldaten gefangen nehmen und                           28.11. / 18.30
später einer hoffnungslos verzweifelten Frau begegnen. Im tief ver-
schneiten Gebirge, in einer kleinen Holzhütte verbarrikadiert, hat die-               Courtesy of
ses ungewöhnliche Quartett nur eines vor Augen: überleben. Barabáš                    Slovenský
                                                                                      filmový ústav
beschwört eine an Sartre gemahnende, klaustrophobische Atmo-
sphäre, in der sich das Geschehen zusehends zu einer Betrachtung
über die wahre menschliche Existenz verdichtet. (J.M.)

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                              20
SLOVENSKA KINOTEKA

                     Hajka (Menschenjagd)
                     R: Živojin Pavlović B: Živojin Pavlović nach dem Roman von Mihailo Lalić K: Milorad
                     Jakšić-Fando S: Olga Skrigin D: Rade Šerbedžija, Pavle Vuisić, Boro Begović.
                     Jugoslawien (Serbien), 1977, 35mm, Farbe, 104 min. Serbokroatisch mit engl. UT ★
                     Bei allem Respekt vor Meistern wie Dušan Makavejev oder Želimir                       MONTAG
                     Žilnik – Jugoslawiens mit Abstand wichtigster Beitrag zum Weltkino                    4.11. / 11.30
                     heißt Živojin Pavlović, dessen filmisches Werk – Pavlović war auch
                     Maler, Schriftsteller und Pädagoge – es unbedingt noch zu entdecken                   MITTWOCH
                     gilt. Hajka erzählt nicht vom heroischen Kampf, sondern von einer                     13.11. / 20.30
                     hoffnungslosen Menschenjagd: Eine versprengte Gruppe von Parti-                        • Einführung
                     sanen flieht vor italienischen Besatzern in die montenegrinischen                      von Andrej Šprah
                     Berge. Anstatt Krieg und Revolution zu verherrlichen, zeigt Pavlović
                     indes nur Selbstzweifel und Ernüchterung; ein scheinbar aktives                       Courtesy of
                     Kollektiv als Schar meist passiver oder opportunistischer Individuen.                 Slovenska
                                                                                                           kinoteka
                     Schockierend, wie er den Tod zeigt: nicht als edles Opfer für ein bes-
                     seres Morgen, sondern als etwas Böses, Brutales, Sinnloses und vor
                     allem völlig Zufälliges. Die trostloseste, aber höchstwahrscheinlich
                     auch die präziseste Darstellung jugoslawischer Partisanen in der ge-
                     samten Retrospektive. (J. M.)

                     OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                             21
Proverka na dorogah (Straßenkontrolle)
R: Aleksey German B: Èduard Volodarskiy nach Operatsiya »S Novym godom«
von Yuriy German K: Jakov Sklyanskiy S: Anna Babushkina M: Isaak Shvarts
D: Rolan Bikov, Vladimir Zamanskiy, Oleg Borisov. Sowjetunion (Russland), 1971,
35mm, sw, 96 min. Russisch mit engl. UT ★
Aleksey German ist einer der ganz wenigen Regisseure dieser Retro-                  MONTAG
spektive, deren Werk bereits eingehend untersucht und in den Film-                  4.11. / 18.30
kanon aufgenommen wurde. In seiner mehr als sechzig Jahre dauern-
den Karriere hinterließ German nur sechs Spielfilme, von denen jeder                 DONNERSTAG
einzelne für große Probleme in der Produktion und Kontroversen                      28.11. / 20.30
sorgte. So auch sein Regiedebüt Proverka na dorogah, das wegen
seiner kritischen Darstellung des »Großen Vaterländischen Krieges«                  Courtesy of
15 Jahre zurückgehalten wurde. Basierend auf einer Geschichte seines                Gosfilmofond
Vaters Yuriy, erzählt der Film von einem Offizier der Roten Armee, der
zum Nazi-Kollaborateur wird, um schließlich zum Partisanen zu werden.
Können ihm die Kameraden seine Vergangenheit verzeihen? Abgese-
hen von seiner psychologischen Komplexität zeugt Proverka na doro-
gah auch von Germans großem Talent: Man bestaune Plansequen-
zen, barocke Details und die aufwändigen Klanglandschaften. (J.M .)

Diverzanti (Männer in Nacht und Flammen)
R: Hajrudin Krvavac B: Vlastimir (Vlasta) Radovanović, Hajrudin Krvavac
K: Ognjen Miličević S: Manja Fuks M: Bojan Adamič D: Velimir (Bata) Živojinović,
Rade Marković, Husein Čokić. Jugoslawien (Bosnien und Herzegowina), 1967,
35mm, sw, 81 min. Serbokroatisch mit engl. UT ★
Hajrudin Krvavac ist der einzige jugoslawische (bosnische) Filmema-                 DIENSTAG
cher, dessen Werk ausschließlich aus Partisanenfilmen besteht. Gleich-               5.11. / 11.30
zeitig ist er Autor von höchst unterhaltsamen, schamlos ahistorischen
und actiongeladenen Filmen, die leicht als die Partisanenversion eines              MONTAG
Spaghettiwesterns durchgehen könnten. Diverzanti ist der erste                      25.11. / 18.30
seiner vier Kultfilme – neben Most, Valter brani Sarajevo und Partizan-
ska eskadrila –, die bis heute in ganz Ex-Jugoslawien verehrt werden.               Courtesy of
Diverzanti erzählt voller Suspense von einem Selbstmordkommando,                    Filmski centar
                                                                                    Sarajevo
wobei Krvavac auf eine Mischung von Actionkomödie und Tragödie
setzt. Er geht dabei so weit, sich sanft über die geheiligte jugoslawi-
sche Vielfalt lustig zu machen: Die gleichnamige Kommandotruppe
besteht aus vergnüglichen Stereotypen praktisch aller Nationalitäten,
Ethnien und Religionen Jugoslawiens, einschließlich eines Rom und
eines Juden. (J. M.)

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                            22
KINOTEKA NA REPUBLIKA SEVERNA MAKEDONIJA

                                           Makedonski del od peklot (Mazedonische Hölle)
                                           R: Vatroslav Mimica B: Slavko Janevski, Pande Taškovski, Vatroslav Mimica
                                           K: Kiro Bilbilovski S: Vangel (Laki) Čemčev D: Darko Damevski, Pavle Vuisić,
                                           Fabijan Šovagović, Milena Dravić. Jugoslawien (Mazedonien), 1971, 35mm,
                                           Farbe, 102 min. Mazedonisch mit engl. UT ★
                                           Vatroslav Mimica begann seine Karriere an der legendären Zagreber                   DIENSTAG
                                           Schule für Animationsfilm in den 1950er und frühen 1960er Jahren.                    5.11. / 18.30
                                           Sein spielerischer Ansatz offenbart sich schon in seinem ersten Real-                • Einführung
                                           film, Kaja, ubit ću te!, einer Allegorie auf das (faschistische) Böse und            von Vladimir
                                           einer der schönsten Arbeiten des jugoslawischen Surrealismus.                       Angelov

                                           Makedonski del od peklot basiert auf einem realen Geschehen, das
                                           sich Anfang 1943 ereignete und die Gräueltaten der bulgarisch-                      MONTAG
                                           faschistischen Besatzung in Mazedonien aufzeigt. Dorfbewohner                       25.11. / 20.30
                                           verstecken einen Partisanen, worauf die Faschisten drohen, fünfund-
                                           zwanzig zufällig ausgewählte Bewohner hinzurichten. Trotz aller                     Courtesy of
                                           Drohungen und Folterungen und der Erkenntnis, dass sie nicht in der                 Kinoteka na
                                                                                                                               Republika
                                           Lage sein werden, dem sicheren Tod zu entkommen, widersetzen                        Severna
                                           sich die Einheimischen mit großem Stolz. Mimica erhöht ihren Hero-                  Makedonija
                                           ismus in eine psychologische, fast mythologische Auseinander-
                                           setzung, zu einem Konflikt zwischen der Ethik der Macht und der
                                           Macht der Ethik. (J. M.)

                                           OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                            23
Corbari
R: Valentino Orsini B: Valentino Orsini, Renato Niccolai K: Giuseppe Pinori
S: Roberto Perpignani M: Benedetto Ghiglia D: Giuliano Gemma, Tina Aumont,
Antonio Piovanelli. Italien, 1970, 35mm, Farbe, 90 min. Italienisch mit engl. UT ★
Im September 1943, unmittelbar nach dem Waffenstillstand von                            MITTWOCH
Cassibile, mit dem Italien sein Bündnis mit dem Deutschen Reich                         6.11. / 11.30
löste und die Wehrmacht daraufhin das Land systematisch besetzte,
schloss sich der 20-jährige Sirio (alias Silvio) Corbari aus der Emilia-                MITTWOCH
Romagna dem Widerstand gegen die Besatzungstruppen an. Zu-                              27.11. / 18.30
nächst Mitglied der Samoggia-Bande, gründete er 1944 sein eigenes
Bataillon, das schnell als Corbari-Bande berühmt wurde. Von seinen                      Courtesy of
Freunden als mutig, impulsiv und stets fröhlich beschrieben, war                        Cineteca
                                                                                        Nazionale
Corbari der ideologische Hintergrund seiner Mitstreiter egal. Ob ge-
bildete Kommunisten, ungebildete Bauern, erfahrene Kämpfer oder
befreite Kriegsgefangene – das gemeinsame Motto lautete: Dem bru-
talen Naziterror ist nur durch ebenso extreme Gewalt beizukommen.
Die Taktik: zuschlagen, davonlaufen, verstecken und alles noch mal
von vorne. Valentino Orsini verbindet seine antifaschistische Bot-
schaft mit der Tradition des italienischen Genrekinos. (J. M.)

Sutjeska
(Die fünfte Offensive – Kesselschlacht an der Sutjeska)
R: Stipe Delić B: Branimir Šćepanović K: Tomislav Pinter S: Vuksan Lukovac
M: Mikis Theodorakis D: Richard Burton, Ljuba Tadić, Velimir (Bata) Živojinović,
Milena Dravić. Jugoslawien (Bosnien und Herzegowina), 1973, 35mm, Farbe,
130 min. Englisch ★
Sutjeska ist nach Kozara und Bitka na Neretvi die letzte der drei offiziel-             MITTWOCH
len jugoslawischen Partisanen-Großproduktionen. Und obwohl sie                          6.11. / 21.00
nicht die Popularität ihrer Vorgänger erreichte, beeindruckt sie mit
einer spektakulären Erzählung. Diesmal wird eine halb verhungerte,                      MITTWOCH
weit unterlegene Gruppe direkt von Marschall Tito angeführt. Die Par-                   27.11. / 20.30
tisanen verstecken sich in den bosnischen Bergen und versuchen, einer
Belagerung zu entkommen. Was Sutjeska von den beiden vorangegan-                        Courtesy of
genen Filmen unterscheidet, ist seine Atmosphäre der Finsternis und                     Kansallinen
                                                                                        audiovisuaalinen
des Untergangs. Neben der Kameraarbeit von Tomislav Pinter und der                      instituutti
Unheil verkündenden Partitur von Mikis Theodorakis bleibt der Auftritt
von Richard Burton als Josip Broz Tito in Erinnerung. Burton soll die
Müdigkeit des Marschalls nachgeahmt haben, indem er ihn einfach
betrunken spielte. Die Ergebnisse sind beeindruckend. (J.M.)

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Sekretar' raykoma (Der Bezirkssekretär)
R: Ivan Pyryev B: Yosif Prut K: Valentin Pavlov, Boris Aretskiy M: Boris Volskiy
D: Vasiliy Vanin, Mikhail Astangov, Marina Ladinina. Sowjetunion (Russland), 1942,
35mm, sw, 91 min. Russisch mit engl. UT ★
Der erste noch während des Krieges in der Sowjetunion produzierte                       DONNERSTAG
Partisanenfilm ist schon aus diesem Grund eine besondere Rarität.                        7.11. / 18.30
Inszeniert vom mehrfachen Stalin-Preisträger und »Volkskünstler der
UdSSR«, Ivan Pyryev, sollte Sekretar' raykoma zeigen, wie sich eine                     Courtesy of
lokale Partisanentruppe abmüht, die Aufgabe der Roten Armee zu                          Gosfilmofond
übernehmen, wenn diese gezwungen ist, sich für kurze Zeit neu zu
formieren. Und tatsächlich kann den titelgebenden Sekretär, Stepan
Gavrilovich Kochet, in dieser Situation nichts davon abhalten, eine
solche Einheit aufzustellen und seinen privaten Guerillakrieg gegen
die Nazis zu beginnen. Obwohl Pyryev nur als zweite Wahl für die
Regie galt, weil er sich bis dahin mit Komödien einen Namen ge-
macht hatte, lieferte er ein beispielloses, vor Wut strotzendes filmi-
sches Feuerwerk. (J.M.)

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La Bataille du rail (Schienenschlacht)
R: René Clément B: René Clément, Colette Audry K: Henri Alekan S: Jacques
Desagneaux M: Yves Baudrier D: Jean Clarieux, Jean Daurand, Jean Sorel.
Frankreich, 1946, 35mm, sw, 85 min. Französisch mit engl. UT ★
Bevor René Clément für Klassiker des französischen Nachkriegskinos               DONNERSTAG
wie Plein soleil (1960) verantwortlich zeichnete, legte er 1946 diesen           7.11. / 20.30
streng nach Lehrbuch inszenierten Partisanenfilm vor. In einer Zeit, in
der es für das geteilte Frankreich besonders wichtig war, seine natio-           Courtesy of
nale Identität auf der Grundlage des antifaschistischen Kampfes                  Institut français
wiederherzustellen, erschien La Bataille du rail wohl als himmlisches
Geschenk. Clément vertraut bei seiner Rekonstruktion des Wider-
stands französischer Eisenbahner neben professionellen Schauspie-
lern auch auf Laiendarsteller und verleiht so seiner patriotischen
Erzählung einen Hauch von Neorealismus. Jeder Charakter bekommt
nur so viel Individualität zugestanden, wie es das Kollektiv erlaubt,
das sich wiederum selbst als jener große Held erweist, der die ge-
samte Nation verkörpert und letztlich heilt. Zusätzliche Belohnung
war der Preis der Internationalen Jury in Cannes. (J. M.)

OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                         26
CINETECA NAZIONALE

                     ’O sole mio
                     R: Giacomo Gentilomo B: Mario Amendola, Vincenzo Rovi K: Tonino Delli Colli,
                     Anchise Brizzi S: Guido Bertoli M: Ezio Carabella D: Tito Gobbi, Adriana Benetti,
                     Vera Carmi. Italien, 1946, 35mm, sw, 90 min. Italienisch mit engl. UT ★
                     Wie manch anderem Mitstreiter blieb auch Giacomo Gentilomo die                       SONNTAG
                     Anerkennung für seine historische Pionierarbeit für das italienische                 10.11. / 18.30
                     Nachkriegskino verwehrt. Gentilomo arbeitete ab den 1930er Jahren
                     in der Filmindustrie, wechselte schließlich ins Regiefach und drehte vor             Courtesy of
                     allem Komödien. 1943 erlebte er persönlich die »Vier Tage von Nea-                   Cineteca
                                                                                                          Nazionale
                     pel«, den glorreichen Aufstand der neapolitanischen Zivilbevölke-
                     rung gegen die deutschen Besatzer. Gentilomo schnappte sich eine
                     16mm-Kamera, ging die verbarrikadierten Straßen entlang und zeich-
                     nete das historische Ereignis auf. Nach der Befreiung der Stadt ver-
                     wendete er einen Teil dieses unglaublichen Materials für ’O sole mio.
                     Vor Rossellinis Roma città aperta drehte Gentilomo mit Laiendarstel-
                     lern an realen Schauplätzen. Der einzige Star des Films ist der populäre
                     Opernsänger Tito Gobbi, der, als Offizier in eine Radiostation einge-
                     schleust, verschlüsselte Nachrichten in seine Sendungen packt. (J.M.)

                     OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                             27
Molodaya gvardiya (Die junge Garde)
R: Sergey Gerasimov B: Sergey Gerasimov nach dem Roman von Aleksandr
Fadeev K: Vladimir Rapoport S: A. Klebanova, Vladimir Suchobokov M: Dmitrij
Shostakovich D: Vladimir Ivanov, Inna Makarova, Sergej Gurzo. Sowjetunion
(Russland), 1948, 35mm, sw, 189 min. Russisch mit engl. UT ★
Dass Sergej Gerasimov in der Sowjetunion damit geehrt wurde, dass                     SONNTAG
die Moskauer Filmschule nach ihm benannt ist, liegt – neben seiner                    10.11. / 20.30
epischen Verfilmung des Klassikers Der stille Don (1958) – vor allem an
diesem Partisanenfilm. Molodaya gvardiya basiert auf dem gleich-                       Courtesy of
namigen Roman von Alexander Fadeyev und dessen Partisanen-                            Gosfilmofond
erfahrung, die bis zur Februarrevolution 1917 und dem anschließen-
den Bürgerkrieg zurückreicht. Molodaya gvardiya erzählt die Ge-
schichte von Komsomol-Jugendlichen in der ukrainischen Bergarbei-
terstadt Krasnodon, die als »Junge Garde« den Widerstand gegen
die deutschen Besatzer aufnehmen. Sie drucken und verteilen anti-
faschistische Flugblätter, hissen sowjetische Fahnen, zerstören deut-
sches Eigentum und befreien sogar Gefangene. Molodaya gvardiya
wurde in der Sowjetunion von fast 50 Millionen Menschen gesehen
und gilt nach wie vor als das vielleicht wichtigste sowjetische Denk-
mal des Widerstands. (J. M.)

Kanał
R: Andrzej Wajda B: Jerzy Stefan Stawiński nach seiner Kurzgeschichte K: Jerzy
Lipman S: Halina Nawrocka M: Jan Krenz D: Tadeusz Janczar, Teresa Iżewska,
Wieńczysław Gliński. Polen, 1957, 35mm, sw, 91 min. Polnisch mit engl. UT ★
Kanał gilt als erster Film über den Warschauer Aufstand und lässt                     MONTAG
Andrzej Wajdas spätere Handschrift bereits deutlich erkennen. Basie-                  11.11. / 18.30
rend auf einem wahren Ereignis gelingt Wajda eine klaustrophobi-
sche Studie über Heldentum im Augenblick höchster Gefahr, wenn                        Courtesy of
mutige polnische Widerstandskämpfer versuchen, ihren deutschen                        Filmoteka Naro-
                                                                                      dowa – Instytut
Verfolgern durch die labyrinthischen Kanäle der Stadt zu entkom-                      Audiowizualny
men. Kanał ist, nach Wajdas Debütfilm Pokolenie (1955) über das Auf-
wachsen Jugendlicher im besetzten Warschau, der zweite Teil seiner
»Kriegstrilogie« und stellt, viel mehr noch als sein Vorgänger, vor
allem auch Fragen: über das durchlässige Verhältnis von Politischem
und Privatem, über eine »offizielle« Geschichtssschreibung, über die
zerstörerische Auswirkung von Ideologie auf den Einzelnen – und
über die Höhe jenes Preises, den man für individuelle Verantwortung
bezahlen muss. (J. M.)

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FILMOTEKA NARODOWA – INSTYTUT AUDIOWIZUALNY

                                              Akcja pod Arsenałem (Operation Arsenal)
                                              R: Jan Łomnicki B: Jerzy Stefan Stawiński nach Stones for the Rampart von
                                              Aleksander Kamiński K: Jerzy Gościk S: Igor Potocki M: Piotr Hertel D: Ryszard
                                              Gajewski, Mirosław Konarowski, Cezary Morawski. Polen, 1978, 35mm, Farbe,
                                              91 min. Polnisch mit engl. UT ★
                                              Der polnische Widerstand war vermutlich der zahlenmäßig größte in                     MONTAG
                                              Europa, sicher aber der vielfältigste. Zwar hatten die gut organisierten              11.11. / 20.30
                                              Gruppen einen unterschiedlichen politischen Hintergrund, gemein-
                                              sam war ihnen jedoch der Wunsch nach Befreiung, sowohl von den                        Courtesy of
                                              deutschen als auch von den sowjetischen Besatzern. Diese Vielfalt und                 Filmoteka
                                                                                                                                    Narodowa –
                                              ideologische Komplexität führte dazu, dass Polen nach dem Krieg im                    Instytut
                                              Gegensatz zur UdSSR und Jugoslawien keine kollektive Erzählung sei-                   Audiowizualny
                                              nes Widerstands schrieb, sondern einzelnen Ereignissen filmisch ge-
                                              dacht wurde. So erzählt Akcja pod Arsenałem vom erfolgreichen Ver-
                                              such der Pfadfinderbewegung Szare Szeregi (»Graue Reihen«), ihre
                                              Symbolfigur Jan Bytnar und 25 Mitgefangene aus der Gestapohaft zu
                                              befreien. Ein straffes, antipsychologisches Actiondrama, das in seinen
                                              schönsten Momenten an Jean-Pierre Melville erinnert. (J.M.)

                                              OKTOBER/NOVEMBER 2019 O Partigiano!                                              29
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