ORTSKUNDIG MÖGLICHKEITSRÄUME ALTERSINKLUSIVER KULTURARBEIT - DAS KUBIA-MAGAZIN / 21
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DAS KUBIA-MAGAZIN / 21 INHALT 25 Mehr als Haus-Aufgaben Baukultur betrifft uns alle Melanie Brans 29 Im Karussell der Erinnerung Ein Erzähl- und Videoprojekt mit Menschen mit Demenz Imke Nagel 32 Theater im Kopf(hörer) 03 Eine alternative Stadtraum-Erkundung in Essen ENTRÉE Susanne Lenz 04 35 FOYER Lieblingsstück: Mein Haus Türen auf im Seekabelhaus! Feierliche Eröffnung im Kölner Clouth Quartier 36 Janine Hüsch Ein erspielter Möglichkeitsraum Die Kugelmusik-Performance von Takako Saito 07 in der Kunst-Station Sankt Peter Vielfalt als Normalität verstehen und gestalten Bernd König Ein Diversitätskonzept für die Kultur(-förderung) in Nordrhein-Westfalen 39 Isabel Pfeiffer-Poensgen ATELIER Praxistipps // Veranstaltungen // Projekte // 11 Ausstellung // Neuerscheinungen Neues von kubia Weiterbildung // Förderung // Veröffentlichungen // 43 Netzwerke und Kooperationen // Veranstaltung GALERIE Wie und wo wollen wir im Alter leben? 15 Ein Gespräch mit dem frankokanadischen Theater- SALON macher François Grisé über das »Forum Habitats« Kreative Neuvermessungen Almuth Fricke Kulturelle Alters- und Generationenbildung in Bewegung 47 Miriam Haller Kino auf Wanderschaft Die Kulturgeragogin Angelika Speigl 20 Miriam Haller Dritte Orte 26 Experimentierräume für ein 50 intergenerationelles Miteinander LOUNGE Klaus Kaiser Lesetipp: Die Graphic Novel »Kusama« von Elisa Macellari 24 DVD-Tipp: Die Böhms – Architektur einer Familie Es wird einmal gewesen sein Zu den Fotografien von Martin Rosswog 52 in diesem Heft IMPRESSUM kubia – Kompetenzzentrum für Kulturelle Bildung im Alter und Inklusion: www.ibk-kubia.de
E N T R É E // 03 ENTRÉE Liebe Leserinnen und Leser, wenn die Pandemie zu etwas Gutem geführt haben sollte, dann ist es die Rückbesinnung auf die existenzielle Bedeutung des Raums. Kulturelle Angebote bewegten sich in den digitalen wie in den öffentlichen Raum hinein. Grund genug, die Kulturräume+ dem Thema zu widmen, dem das Magazin seinen Namen verdankt. Im Foyer begrüßt Sie die Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen Isabel Pfeiffer-Poensgen. Sie erläutert das neue Diversitätskonzept für die Kultur(-förderung) in Nordrhein-Westfalen, das dazu beiträgt, dass mehr Kunst- und Kulturräume tatsächlich allen Menschen offenstehen. Teil des Konzepts ist der Fonds Kulturelle Bildung im Alter, dessen jähr- liche Vergabe seit Neuestem ganz in den Händen von kubia liegt. Im Salon erkundet kubia-Mitarbeiterin Miriam Haller, wie uns Räume jung oder alt machen und wie die Kulturelle Bildung zu einer kreativen Neuvermessung des Alter(n)s im intergenera- tionellen Austausch beitragen kann. Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Kultur- ministerium des Landes, zeigt, wie das Förderprogramm »Dritte Orte« Stätten auf dem Land schafft, an denen innovative Ideen für intergenerationelles Kulturerleben umgesetzt werden. Wie mit Bildungsangeboten die Wirkung von Baukultur auf unser Zusammenleben ausgelotet werden kann, beschreibt Melanie Brans von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Setzen Sie sich mit kubia-Mitarbeiterin Imke Nagel auf einen der Karussellstühle einer Audio- Video-Installation, die das Künstlerteam um Helen Brecht gemeinsam mit vier Frauen mit Demenz geschaffen hat. Oder begeben Sie sich mit Susanne Lenz auf eine alternative Stadt- raum-Erkundung in Essen. Wenn Ihnen der Sinn nach klangvollem Spiel steht, lassen Sie sich vom Musikwissenschaftler Bernd König in den Klangraum der Kugelmusik-Performance von Takako Saito in der Kölner Kunst-Station Sankt Peter entführen. In der Galerie schaut kubia-Leiterin Almuth Fricke über den großen Teich und unterhält sich mit dem frankokanadischen Theatermacher François Grisé über das »Forum Habitats«, einem deutsch-kanadischen Think Tank zum Thema »Leben im Alter«. Wie das »Wanderkino« die Leinwand zu jenen Seniorinnen und Senioren bringt, die selbst nicht mehr ins Kino gehen können, erfahren Sie im Porträt der Kulturgeragogin Angelika Speigl. Wir danken dem Fotografen Martin Rosswog, dessen Interieurs uns Einblicke in Wohnräume im Bergischen und Oberbergischen gewähren, die Geschichten ihrer Bewohnerinnen und Bewohner zu erzählen scheinen. Der französische Schriftsteller Georges Perec schreibt: »Leben heißt, von einem Raum zum anderen gehen und dabei so weit wie möglich zu versuchen, sich nicht zu stoßen.« Mögen orts- kundige Kunst- und Kulturschaffende Sie begleiten und Ihnen ungeahnte Möglichkeitsräume Kultureller Bildung erschließen, wünscht das kubia-Team
… en Gä ste neugierig Die ersten Konfett ik anonen zu m Countdow n: Die Ge schäft sleitu Das Seek abelhau s ngen der Mietergem ist eröffnet! Jan Hochk am mer einschaft: und Jérôme Lenz en vom BuT, Al muth vom KIK, Elisabe Fricke von kubia so th Ostendor p zent ru ms Florian wie vom Team de s Mor tsiefer, jfc-L eit jfc Med ien- Stellvertreterin Ni erin Gerd a Sieben na St apelfeldt (v. l. und ih re n. r.) s- und Hof- ku lele: Die Hau Bewegende Eindrücke auf dem Stuhlka russell in Live au f der U ihrer Musik ik antin A nn ie We sorg t it m der audio-visuellen Installat ion der Autorin Helen mus ung. Brecht fü r gute St im m Wi llkom men im neuen kubia-Zuhause! Almuth Fricke (m.), kub ia-L eiterin, beg rüßt die Gä ste. a nna Held ie T ä n z erinnen H a rbeiten :D eo lä ru ngen tieren Vid ne - Liebe serk li n S im on prä sen E !« d e s interge C a ro PR IM n. (l.) u n d be is t ... etabo e li st r P ro d u k tion »Lie il k e Z . u nd d ie m zu le s S n Ensemb rationelle
s der beginn au Dr. Hildegard Kaluza, Ministerium für ü n sc h e zu m Neu rg e rm eister Kultur und Wissenschaft des Landes Glück w a lf H e in e n, B ü r. R Politi k : D Dr. Thomas Wecke lmann, Ministerium Nordrhein-Westfalen S ta d t Köln Kinder, Fa m ilie, Fl fü r der ücht linge und Integ de s La ndes Nord rh rat ion ein-West falen Raum für Sound: das neue Tonstudio des jfc Medienzentrums im Erdgeschoss Trad it ion elle Te st lau f m Werk z euge u nd m it V R u nd oderne To (ku rz: Fa 3 -D im F ols – bL ab) de s abric ation jfc Med ie L aboratory n z entr u m s TÜREN AUF IM SEEKABELHAUS! FEIERLICHE ERÖFFNUNG DES NEUEN HAUSES DER KULTURELLEN BILDUNG IM KÖLNER CLOUTH QUARTIER Am 20. August 2021 feierte kubia gemeinsam mit der kreativen Hausgemeinschaft – dem jfc Medienzentrum, dem Bundesverband Theaterpädagogik (BuT) und dem Kölner Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung (KIK) – die Eröffnung der barrierefreien Räume im Seekabelhaus, dem neuen Domizil auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Clouth Werke. Wo früher die ersten transatlantischen Seekabel zur Telegrafen- und Fernsprechkommunikation zwi- schen Europa und Amerika produziert wurden, geht es auch heute darum, Menschen zusammenzubringen. So steht das Seekabel symbolisch für das, was die Mieterinnen und Mieter in diesem Hause eint: die verbindende Kraft der Kulturellen Bildung für Menschen unterschiedlicher Lebensalter, Herkünfte und Voraussetzungen. Die Eröffnungsveranstaltung mit prominenten Gästen aus Politik und Kultur, Fachkolleginnen und Kooperati- onspartnern gab schon einen Vorgeschmack auf das zukünftige Wirken an diesem kreativen Ort. Das Programm bot Live-Musik, Filmpräsentationen, Video- und Audioinstallationen, 3-D-Druck, Robotik, VR und einiges mehr. jh
F O Y E R // 7 FOYER VIELFALT ALS NORMALITÄT VERSTEHEN UND GESTALTEN EIN DIVERSITÄTSKONZEPT FÜR DIE KULTUR(-FÖRDERUNG) IN NORDRHEIN-WESTFALEN Von Isabel Pfeiffer-Poensgen Dass die Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen vielfältig ist, daran besteht kein Zweifel. Menschen un- terschiedlichen Alters und Geschlechts, unterschiedlicher Herkunft, Religion und sexueller Orientierung prägen das gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben. Eine in allen gesellschaftlichen Bereichen akzeptierte und aktiv gelebte Selbstverständlichkeit ist Diversität aber (noch) nicht. Dem gilt es, auch kulturpolitisch, zu begegnen. Das betrifft eben auch den Kunst- und Kulturbe- Entwicklungsmaßnahmen zu ergreifen. Denn Di- reich, der zwar wichtiges Verhandlungsmedium für versitätsentwicklung im Kunst- und Kulturbereich diesen Diskurs ist, in seinen Strukturen aber bis- ist weit mehr als die Umsetzung rechtlich längst weilen hinter seinem – und unserem – Anspruch verbindlicher Vorgaben. Diversität schafft Impulse zurückbleibt. Denn es steht außer Frage, dass Teile für Perspektivwechsel und Erneuerung und stellt in der Bevölkerung im Publikum, in den Programmen jeder Beziehung einen Gewinn für den Kunst- und und in der Gruppe der Akteurinnen und Akteure Kulturbereich dar. Eine Öffnung des Publikums ist des Kulturbetriebs bislang unterrepräsentiert sind. zudem in wirtschaftlicher und sozial-integrativer Laut Teilhabebericht des Landes Nordrhein- Hinsicht relevant, stützt sie doch die Legitimation Westfalen aus dem Jahr 2020 nehmen beispiels- des öffentlich geförderten Kultursektors. weise Menschen mit einer Behinderung prozen- tual deutlich weniger an kulturellen Angeboten teil VERSTÄNDNIS DES HANDLUNGSFELDS und werden seltener künstlerisch aktiv als Men- schen ohne Behinderung (vgl. MAGS NRW 2020, Um der Tragweite des Themas gerecht zu werden S. 190-193). Selbiges gilt für Menschen mit Mi- und kontinuierliche und nachhaltige Arbeit zu er- grationsgeschichte (vgl. Allmanritter 2017, S. 5). möglichen, hat das Ministerium für Kultur und Viele Kulturinstitutionen bewerten Diversität zwar Wissenschaft im vergangenen Jahr ein neues Referat als wichtiges Handlungsfeld für die Zukunft und geschaffen, das damit betraut ist, ein Gesamtkonzept initiieren überzeugende Projekte, in der konkre- zur Stärkung von Diversität und Teilhabe in Kunst ten Umsetzung bleiben aber vor allem strukturelle und Kultur zu entwickeln und umzusetzen. Dem Maßnahmen zurück. ganz bewusst beteiligungsorientierten Entwick- Vor diesem Hintergrund ist die Landesregie- lungsprozess lag die Haltung zugrunde, dass Diversi- rung angetreten, das Thema – auch – kulturpoli- tät als »Normalzustand« und damit als Querschnitts- tisch stärker in den Blick zu nehmen und konkrete thema in allen Bereichen der Kulturförderung und
8 // F O Y E R Landesförderung für Kulturelle Bildung im Alter: In »Wir hatten die Zeit unseres Lebens« von Stefan Mießeler bieten Seniorinnen und Senioren aus Bielefeld eine perfomative Rückschau. des Kulturbetriebs verstanden werden muss. Das maßgeblich darauf angelegt, zwei parallele Ent- im Juni 2021 dem Ausschuss für Kultur und Me- wicklungsprozesse anzustoßen und voranzutrei- dien des nordrhein-westfälischen Landtags vorgeleg- ben: Es integriert einerseits kurz- und mittelfristige te Konzept verfolgt im Wesentlichen die folgenden Maßnahmen, die auf bislang unterrepräsentierte Ziele: Zielgruppen fokussiert und zugeschnitten sind. // Zugangsbarrieren in bestehenden Strukturen, so Andererseits wird eine Bewusstseinsveränderung auch in Programmen und Verfahren der Kultur- in den etablierten Strukturen (reguläre Förderpro- förderung, sollen abgebaut werden. Bislang gramme, Einrichtungen, Kulturangebote) initiiert, unterrepräsentierte künstlerische Arbeit und die eine Sensibilisierung für das Thema und lang- Potenziale sollen gefördert und sichtbar gemacht fristige strukturelle Veränderungen bewirken soll. werden. // Ermöglichungsstrukturen und Qualifizierungs- GESAMTKONZEPT DIVERSITÄT UND TEILHABE angebote sollen unter Berücksichtigung der »fünf Ps« (Publikum, Programm, Personal, PR Das Gesamtkonzept spannt einen Handlungs- und Partner) geschaffen werden. rahmen auf, formuliert die unterschiedlichen As- // Diversitätssensible Veränderungsprozesse in Ver- pekte, Anforderungen und Bedarfe und gestaltet waltung, Verbänden und Institutionen sollen die entsprechenden Maßnahmen transparent und unterstützt werden. nachhaltig. Dabei wurden vorhandene Expertise und Erfahrung eingebunden. Denn in Nordrhein- Rund drei Millionen Euro sind für die Umsetzung Westfalen gibt es zahlreiche Kulturakteurinnen des Konzepts vorgesehen, davon eine Million aus und Kulturakteure, die über vielfältige Erfahrun- der Stärkungsinitiative Kultur. Das Konzept ist gen, sei es im Feld der Interkultur oder im Bereich
F O Y E R // 9 Intergenerationell und inklusiv arbeitet die Kölner Choreografin Silke Z. in »WIR. Der empathische Körper Vol. 1«. Inklusion und Alter, verfügen. Hier war und ist das auch Erstantragstellerinnen und -antragsteller an. Kompetenzzentrum für Kulturelle Bildung im Al- Es können aber auch Kultureinrichtungen oder ter und Inklusion (kubia) ein wichtiger Partner für -verbände Anträge stellen, die in Kooperation mit uns. unterrepräsentierten Künstlerinnen und Künst- Das Gesamtkonzept zur Stärkung von Diversität lern Projekte durchführen und damit eine öffent- und Teilhabe in Kunst und Kultur nimmt selbst- lichkeitswirksame Plattform stellen bzw. Professio- verständlich auch Fragen des Zugangs und der Teil- nalisierung initiieren. habe von Älteren und Menschen mit Behinderung in den Blick und beinhaltet neue oder neujustierte // Neue Zugänge – Förderprogramme. Ergänzungsmittel Barrierefreiheit Ein Hemmnis bei der Durchführung inklusiver // Neue künstlerische Perspektiven – Kulturprojekte stellen oftmals die in der Regel Der Diversitätsfonds höheren Kosten für inklusive Projekte und An- Mit dem Diversitätsfonds steht ab sofort ein im gebote dar – in der Produktion ebenso wie in der Rahmen des Gesamtkonzepts neu entwickeltes Rezeption. Diese werden von den Mitteln der re- Förderprogramm zur Verfügung. Ziel des mit gulären Kulturförderung häufig nicht abgedeckt. einer Million Euro ausgestatteten Fonds ist es, Das Diversitätskonzept reagiert darauf mit den künstlerische Perspektiven zu fördern, die bisher neu ins Leben gerufenen »Ergänzungsmitteln Bar- unzureichend in der Kunst- und Kulturszene in rierefreiheit«. Diese können sowohl bei dem Di- Nordrhein-Westfalen repräsentiert sind – insbe- versitätsfonds als auch bei dem Förderprogramm sondere im Bereich der freien Künste. Die Förde- der Regionalen Kulturförderung im Rahmen des rung ist spartenoffen angelegt und spricht explizit regulären Antragsverfahrens zusätzlich beantragt
10 // F O Y E R »Silver Boom«, eine choreografische Intervention mit Frauen über 60 in Detmold, eröffnete eine poetische Lücke und neue Sichtweisen auf die Stadt, die Menschen und das Alter. werden. Die Ergänzungsmittel sollen Impulse und und es ist elementar, dass dieser Raum allen Men- Anreize schaffen, Kulturangebote barrierearm zu schen offensteht. Dafür bedarf es einer größeren konzipieren und umzusetzen. Sie dienen auch dazu, Sichtbarkeit vielfältiger künstlerischer Perspekti- Erkenntnisse über Herangehensweisen und Ansätze ven, einer stärkeren Öffnung von Strukturen und für ein barrierefreies Kunst- und Kulturangebot zu mitunter einer Haltungsänderung des etablierten sammeln (»Best Practice«). Kulturbetriebs. Mit dem Diversitätskonzept und den angesprochenen Maßnahmen wollen wir die- // Kulturelle Bildung im Alter sen Veränderungsprozess unterstützen. Das neu justierte und durch kubia mit Landesmit- DIE AUTORIN: teln organisierte Förderprogramm »Kulturelle Bil- Isabel Pfeiffer-Poensgen ist Ministerin für Kultur und dung im Alter« unterstützt Maßnahmen, die Kul- Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. turelle Bildung für und mit ältere(n), alte(n) und LITERATUR: hochaltrige(n) Menschen mit und ohne Einschrän- Vera Allmanritter (2017): Interkulturelle Teilhabe. kungen entwickeln und stärken. Die Maßnahmen Langfassung. Institut für Kulturpolitik (IfK) der sollen zur Teilhabe Älterer am gesellschaftlich- Kulturpolitischen Gesellschaft e. V. www.mkw.nrw/ sites/default/files/documents/2018-10/07_ kulturellen Leben, zu deren Engagement in der allmanritter_interkulturelle_teilhabe_netz.pdf. Kultur und einem verbesserten Zugang zu Kunst MAGS NRW (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und und Kultur in unterschiedlichen Sparten und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen) (2020): Formaten beitragen. Sie richten sich besonders an Teilhabebericht Nordrhein-Westfalen. Bericht zur Lebenssituation von Menschen mit Beeinträchtigungen Personen und Gruppen, die bisher gar nicht oder und zum Stand der Umsetzung der UN-Behinderten- wenig an Kunst und Kultur teilhaben. rechtskonvention. www.mags.nrw/sites/default/files/ asset/document/teilhabebericht_2020_nrw_ Die vergangenen pandemiegeprägten Monate ha- barrierfrei.pdf. ben deutlich gezeigt, wie wesentlich Kunst und WEITERE INFORMATIONEN: Kultur als gesellschaftlicher Begegnungsraum sind www.ibk-kubia.de/foerderung
F O Y E R // 11 NEUES VON KUBIA WEITERBILDUNG KULTURKOMPETENZ+ Die Veranstaltung findet in Kooperation mit Kultur- PRAXISWISSEN FÜR KULTURELLE BILDUNG liste Düsseldorf e. V. statt. Anmeldung ist erforderlich bis IM ALTER UND INKLUSION 24. November 2021. Programmvorschau Dozentin: Judith Eilers, freie Mitarbeiterin der Kultur- Coronabedingt terminiert kubia seine Veranstaltungen liste Düsseldorf e.V. weiterhin kurzfristig. An dieser Stelle finden Sie einen KUNST KOMMT NACH HAUSE: Überblick über geplante Workshops und Seminare un- ARTOTHEK TRIFFT ALTENARBEIT serer Qualifizierungsreihe für die kommenden Monate: Workshop ORANGENSAFT FÜR DIE OHREN: 7. Dezember 2021 // 10.00 bis 16.30 Uhr // PERSÖNLICHE MUSIK-ALBEN FÜR MENSCHEN artothek // Köln MIT DEMENZ In Artotheken kann man für kleines Geld Kunst auslei- Präsentation und Gespräch hen und sie eine Zeit lang Teil des Alltags werden lassen. 23. November 2021 // 14.00 bis 15.30 Uhr // online Für Kunst- und Kulturgeragoginnen, Kunstvermittelnde In der Arbeit mit Menschen mit Demenz können persön- sowie Einrichtungen der offenen Altenarbeit und Pflege liche Musik-Alben eine wertvolle Ergänzung und Stütze eröffnet die Kunst zum Mitnehmen Möglichkeiten für im Alltag sein. Wichtig ist dabei – neben methodisch partizipative Projekte. durchdachter Begleitung – die sorgfältige, auf die Einzel- Der Tag lädt ein, die Kölner artothek und ihre Mög- person abgestimmte Auswahl der Lieder. lichkeiten kennenzulernen, Methoden zu erproben und Der Leiter der Schweizer Fachstelle Incanto, Nico Vermittlungs- und Begegnungsformate zur geliehenen Meier, stellt Erkenntnisse über die Wirkung vom Einsatz Kunst im eigenen Haus zu entwickeln. individueller Musik-Alben vor. Die Effekte Glück im Dozentinnen: Astrid Bardenheuer, künstlerische Leiterin Moment, soziale Verbindung, Identitätsförderung sowie der Kölner artothek, und Imke Nagel, Bildungsreferentin emotionales Gedächtnis stehen im Zentrum und wer- bei kubia den anhand eindrücklicher Videobeispiele aus der Praxis KONTAKT: illustriert. Imke Nagel, nagel@ibk-kubia.de Dozent: Nico Meier, Musikgeragoge, Domicil Kompetenzzentrum Demenz Bethlehemacker, Bern WEITERE INFORMATIONEN ZUM WEITERBILDUNGSPROGRAMM: BARRIEREFREIHEIT: WAS DIE KULTUR www.ibk-kubia.de/qualifizierung VOM SPORT LERNEN KANN Präsentation und Gespräch WEITERBILDUNG KULTURGERAGOGIK 2. Dezember 2021 // 10.30 bis 13.00 Uhr // Kurs Nr. 9 in Münster gestartet Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen K20 (Arena) // Düsseldorf Im September dieses Jahres ist der neunte Kurs der Wei- »Kultur für alle« ist das Leitprinzip der gemeinnützi- terbildung Kulturgeragogik mit 16 Teilnehmenden und gen Kulturliste Düsseldorf, die seit 2012 Menschen mit einer Intensivkurswoche in der Akademie Franz Hitze geringen finanziellen Mitteln in Düsseldorf und Umge- Haus in Münster gestartet. In Zusammenarbeit mit bung den kostenfreien Besuch von Kultur- und Sportver- der FH Münster bietet kubia diesen berufsbegleitenden anstaltungen ermöglicht. Hochschulzertifikatskurs für Kulturschaffende, Künst- Um Gäste mit Seh-, Hörbehinderungen und Mo- lerinnen und Künstler sowie Fachkräfte aus der Sozialen bilitätseinschränkungen besser zu orientieren, hat die Arbeit und Pflege an. In einer einjährigen Fortbildung Düsseldorfer Kulturliste einen Wegweiser Barrierefrei- erhalten die Teilnehmenden ein fundiertes Rüstzeug heit erstellt. Auf über 80 Seiten werden Informationen zu für den beruflichen Alltag bzw. für die Berufsfeld- Barrieren und Barrierefreiheit an rund 40 Düsseldorfer erweiterung, um Kulturangebote für Ältere in künstleri- Kultureinrichtungen zusammengetragen. Eine Erkennt- schen, kulturgeragogischen oder sozialen Berufsfeldern nis der Arbeit am Wegweiser ist, dass der Sportbereich durchzuführen. Der nächste Zertifikatskurs beginnt im aktuell den Kunst- und Kulturbereich in Sachen Barrie- November 2022. refreiheit überflügelt. WEITERE INFORMATIONEN: www.kulturgeragogik.de
12 // F O Y E R FÖRDERUNG FONDS KULTURELLE BILDUNG IM ALTER NAKTEF. VERDREHTE FAKTEN Geförderte Projekte aus dem Jahr 2021 ODER DIE NACKTE WAHRHEIT Im Juni 2021 hat kubia den Fonds Kulturelle Bildung im Werkhaus, Krefeld Alter für das Jahr 2022 ausgeschrieben. 69 Kulturschaf- Live-Video-Performance // 28. November 2021 // fende, Kulturinstitutionen sowie Einrichtungen der Sozi- Südbahnhof, Krefeld alen Altenarbeit aus Nordrhein-Westfalen haben sich da- Weitere Informationen: rauf um die Förderung eines partizipativ-künstlerischen www.brennpunktkrefeld.de Projekts beworben. GESCHICHTSORT JOHANNISKIRCHHOF. Der Fonds ersetzt den Förderfonds Kultur & Alter. 800 JAHRE GESCHICHTE UND GESCHICHTCHEN Ebenso wie sein Vorgänger unterstützt er modellhafte Kulturzentrum BÜZ, Minden Projekte Kultureller Bildung in Nordrhein-Westfalen mit Filmpremiere // 17. Dezember 2021, 15.00 bis 17.00 Uhr // älteren, alten und hochaltrigen Menschen aus Mitteln des Kulturzentrum BÜZ, Minden Ministeriums für Kultur und Wissenschaft Nordrhein- Weitere Informationen: Westfalen. www.buezdigital.de Im Folgenden finden Sie Aufführungen und Workshops ZUHAUSE der geförderten Projekte im Jahr 2021: Katholische Familienbildungsstätte Ibbenbüren und POLIS. DIE STIMMEN DER STADT Erzähltheater Osnabrück VolXbühne – Ensemble der Generationen am Theater Trickfilmpräsentation // 3. Dezember 2021, 16.00 Uhr // an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr Katholische Familienbildungsstätte Ibbenbüren Premiere // 11. November 2021, 20.00 Uhr // Weitere Informationen: Alte Feuerwache, Köln www.erzaehltheater-os.de Weitere Vorstellungen // 27. bis 29. Januar 2022, WHEN YOU’RE SMILING … 19.30 Uhr // VolXbühne am Theater an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr Konzerthaus Dortmund Weitere Informationen: Community Music-Workshops // bis 15. Dezember 2021 www.volxbuehne.de // montags 10.00 bis 11.30 Uhr // Konzerthaus Dortmund // montags 13.00 bis 14.30 Uhr // Café 103, Dortmund THE DISTANT BODY. TANZLABORE // zweimal monatlich mittwochs 15.00 bis 17.30 Uhr // FÜR DIE GENERATION 60+ Café Aufbruch, Dortmund-Hörde Silke Z. resistdance, Köln Weitere Informationen: Workshops // 15. bis 20. November 2021 // www.konzerthaus-dortmund.de/communitymusic 13. bis 18. Dezember 2021 // 10.00 bis 16.00 Uhr // 2186. NEMESIS ehrenfeldstudios, Köln Weitere Informationen: COBRA Kulturzentrum, Solingen www.resistdance.de Intergenerationeller Parcours // 19. Februar 2022 // Theater- und Konzerthaus, Solingen RITUALE / DIGITALE. EIN MOSAIK AUS DEM, Weitere Informationen: WAS MENSCHEN HALT GIBT www.cobra-solingen.de Consol Theater, Gelsenkirchen Premiere // 19. November 2021, 19.30 Uhr // online WEITERE INFORMATIONEN Weitere Vorstellungen // 20. und 21. November, ZUM FONDS KULTURELLE BILDUNG IM ALTER: 19.30 Uhr // online www.ibk-kubia.de/foerderung Weitere Informationen: www.consoltheater.de SCHRITTE. TANZPERFORMANCE MIT MENSCHEN MIT UND OHNE BEHINDERUNG IM ÖFFENTLICHEN RAUM Nicole Schillinger Theater- und Tanzvermittlung, Oberhausen Open Air // 20. November 2021, 10.00 Uhr // Sterkrade-Mitte, Oberhausen Weitere Informationen: www.schillinger-ttp.de
F O Y E R // 13 DEUTSCHER GENERATIONENFILMPREIS »KulturKompetenz+« von kubia. In allen Beiträgen wird kubia erneut in der Jury deutlich, warum es höchste Zeit ist, das Grundrecht auf Auch im Jahr 2022 ist kubia in Person von Imke kulturelle Teilhabe in den Senioren- und Pflegeeinrich- Nagel wieder in der Jury des Deutschen Generationenfilm- tungen zu gewährleisten. Eindrücklich wird belegt, »wie preises vertreten. Der Bundeswettbewerb ist eine einzig- kulturelle Praxis Gesundheit und Wohlbefinden (nicht artige Plattform: Sie feiert die Kreativität älterer Men- nur) im Alter fördert, wie sie Ausdrucksformen ganz ei- schen und fördert den Dialog der Generationen. Er wird gener Welten schafft, wie sie professionell Pflegende zum vom Deutschen Kinder- und Jugendfilmzentrum (KJF) lebendigen Kern ihrer Arbeit führen kann und last but im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senio- not least hilft, die Gräben zwischen den Generationen, die ren, Frauen und Jugend veranstaltet. die pandemiebedingten Maßnahmen ausgeworfen haben, Einreichungen von älteren Filmschaffenden und in- ›auf Flügeln der Kunst‹ zu überwinden!« (Editorial, S. 1). tergenerationellen Filmteams sind sowohl im offenen »ProAlter« erscheint viermal jährlich mit Berichten, Themenbereich als auch unter dem Jahresthema »Zu- Reportagen, Interviews und Kommentaren zu grund- hause« willkommen – gerade in Zeiten von Corona sätzlichen und aktuellen Fragen rund ums Alter und eröffnen sich hierzu bestimmt viele unterschiedliche Älterwerden. Perspektiven. Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.) (2021): Zu gewinnen gibt es Preise im Gesamtwert von 8.000 Kulturelle Teilhabe im Alter. Pro Alter 53 (2). 64 S. Euro. Einreichfrist ist der 15. Januar 2022. ISSN: 1430-1911 WEITERE INFORMATIONEN: WEITERE INFORMATIONEN: www.deutscher-generationenfilmpreis.de www.kda.de HETEROTOPIEN DES ALTERS? VERÖFFENTLICHUNGEN Mediale Räume kultureller Altersbildung in Zeiten von Corona KULTURELLE TEILHABE IM ALTER kubia-Mitarbeiterin Dr. Miriam Haller analysiert aus Themenschwerpunkt der Fachzeitschrift »ProAlter« kulturtopologischer Perspektive im Anschluss an Michel »Kulturelle Teilhabe im Alter« bildet den thematischen Foucaults Begriff der »Heterotopie« anhand von drei Schwerpunkt des Hefts 2 / 2021 von »ProAlter«, dem Fallbeispielen die Brücken und medialen Kanäle, die Fachmagazin des Kuratoriums Deutsche Altershilfe kulturgeragogische Projekte gebaut haben, um dem Ge- (KDA), der von Nina Lauterbach-Dannenberg (KDA) bot räumlich-körperlicher Distanz in Zeiten von Corona und kubia-Mitarbeiterin Dr. Miriam Haller zusammen- Rechnung zu tragen. Es wurden Wege erschlossen, um gestellt wurde. auch auf Abstand Resonanzräume und heterotopische In den Beiträgen geht es u. a. um Strategien aus Groß- Reflexionsräume zu bilden, in denen schwierige Emo- britannien für kreatives Altern, Gesundheit und Wohl- tionen ausgedrückt und aktuelle Altersbilder reflektiert befinden, Musikgeragogik als Schnittfeld von Musikpä- wurden. dagogik und Geragogik und ästhetische Filmbildung für Miriam Haller (2021): Heterotopien des Alters? ältere Menschen. kubia-Mitarbeiterin Imke Nagel wirft Mediale Räume kultureller Altersbildung in Zeiten von in ihrem Artikel »Kulturarbeit mit Älteren lernen und Corona. In: Wissensportal Kulturelle Bildung Online. erleben« außerdem einen Blick auf die Fortbildungsreihe www.kubi-online.de.
14 // F O Y E R NETZWERKE UND KOOPERATIONEN CRITICAL FRIENDS DIGITAL UND INKLUSIV. Wissenstransfer in der Kulturellen Bildung EINE CHANCE FÜR DIE KULTUR! Als Critical Friend berät kubia-Wissenschaftlerin Rückblick LVR-Kulturkonferenz 2021 Dr. Miriam Haller im Rahmen des Projekts »Wissens- Unter dem diesjährigen Motto »digital und inklusiv. transfer in der Kulturellen Bildung« die Bundesakade- Eine Chance für die Kultur!« hat der Landschaftsver- mie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel e. V. Bei dem band Rheinland (LVR) mit zahlreichen Interessierten vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ge- aus Kunst und Kultur sowie aus Kulturverwaltung und förderten Projekt steht ein wechselseitiger Transfer von -politik im Rahmen der diesjährigen LVR-Kulturkonfe- Forschungserkenntnissen und Praxiswissen im Fokus. renz diskutiert. Der Konferenztag wurde live und digital Das Forschungs- und Praxisfeld der Kulturellen Bildung aus dem LVR-LandesMuseum Bonn übertragen. Dies- zeichnet sich durch Interdisziplinarität und Heterogeni- jähriger Kooperationspartner der Konferenz war kubia. tät der Arbeitsweisen sowie der Akteurinnen und Ak- Themensetzung und Programmgestaltung wurden von teure aus. Damit verbunden sind unterschiedliche struk- kubia-Mitarbeiterin Annette Ziegert begleitet. turelle Rahmenbedingungen, Diskurse, Logiken und Mehr als 300 Anmeldungen für den Konferenztag am Sprachen sowie Haltungen und Orientierungen. Ziel des 28. Juni 2021 und für die darauffolgenden Workshop- Projekts ist es, Formate und Methoden zu entwickeln, Tage zeigen, wie virulent das Thema in der Kultur ist. die einen gelungenen »Zweibahnstraßen-Wissenstrans- Wie inklusive Kulturangebote aussehen können, zeigten fer« ermöglichen. Künstlerinnen und Künstler wie Kulturschaffende aus WEITERE INFORMATIONEN: Museen und der Musikbranche. Was noch geschehen www.bundesakademie.de muss, erläuterten Expertinnen und Experten in eigener Sache. CULTURE WITHOUT BARRIERS WEITERE INFORMATIONEN: Transnationale Partnerschaft mit Polen www.ibk-kubia.de Seit Mai 2021 ist kubia transnationaler Partner des deutsch-polnischen EU-Projekts »Culture Without Barriers«. In einem Projektzeitraum von drei Jahren un- VERANSTALTUNG terstützt kubia das polnische Team in der Entwicklung eines Vorgehensmodells für Barrierefreiheit von Kul- MUSIKLERNEN UND MUSIKVERMITTLUNG IM ALTER turnutzerinnen und -nutzern an öffentlich geförderten Fachtag Musikgeragogik Kulturinstitutionen in Polen. Durch die Partnerschaft 10. März 2022 // Akademie Franz Hitze Haus // sollen Kulturinstitutionen in der Planung und Umset- Münster zung von Barrierefreiheit Unterstützung finden. Rund Die FH Münster veranstaltet in Kooperation mit der 100 polnische Kulturinstitutionen, die in einem offenen Akademie Franz Hitze Haus in Münster den Fachtag Förderverfahren ausgewählt und mit Erprobungsmitteln Musikgeragogik zum Thema Musiklernen und Musikver- ausgestattet werden, sollen ab 2022 das Vorgehensmo- mittlung im Alter. Der Fachtag startet mit einem Vortrag dell testen. über »Resonante Transformationen. Lernen und Bildung Online-Reisen der polnischen Partner zu deutschen im Alter« von kubia-Mitarbeiterin Dr. Miriam Haller. Kulturinstitutionen, Gespräche mit Expertinnen und Professor Dr. Theo Hartogh wird über »Lebenslanges Mu- Experten für Barrierefreiheit und ein Besuch des deut- siklernen« sprechen und Prof. Elias Betz über »Die Arbeit schen Teams vor Ort in Warschau gaben im Jahr 2021 mit dem Orff-Instrumentarium im Alter«. Nachmittags Einblicke in den aktuellen Stand in beiden Ländern und schließen sich Praxis-Workshops an. Impulse für das Modell. WEITERE INFORMATIONEN: Träger des Projekts ist PFRON, der staatliche Fonds www.musikgeragogik.de für die Rehabilitation von Menschen mit Behinderung in Polen, in Kooperation mit dem polnischen Kulturminis- terium und der Organisation Culture Without Barriers. Auf kubia-Seite wirken Annalena Knors, Corporate Inclusion, Münster, und Lisette Reuter, Un-Label Per- forming Arts Company, Köln, unter der Leitung von kubia-Mitarbeiterin Annette Ziegert an der Erarbei- tung des Modells mit und begleiten dessen Erprobung. WEITERE INFORMATIONEN: www.ibk-kubia.de
S A L O N // 15 SALON KREATIVE NEUVERMESSUNGEN KULTURELLE ALTERS- UND GENERATIONENBILDUNG IN BEWEGUNG Von Miriam Haller Die Maßnahmen zum Schutz vor Covid-19 haben die Räume der Kulturellen Alters- und Generationen- bildung in Bewegung versetzt – in den digitalen Raum, in den Park, auf die Straße, in Scheunen oder Parkhäuser. Das schärft die Aufmerksamkeit für die besondere Bedeutung des Raums für die Kulturelle Bildung (nicht nur) im Alter. Zusätzlich zeigt sich, dass die nach Altersgruppen differenzierenden Corona-Schutzmaßnahmen Gräben in die topografische Landkarte der Generationen eingezogen haben. Vor diesem Hintergrund erkundet kubia-Mitarbeiterin Miriam Haller, wie die Alters- und Generationenforschung das Verhältnis von Altern und Raum neu denkt: Wie machen uns Räume jung oder alt und wie kann die Kulturelle Bildung zu einem widerständigen »Remapping Age(ing)«, einer Neuvermessung des Alter(n)s im intergenerationellen Austausch, beitragen? »Erste Eindrücke sind nie sehr genau. Ich kann Leonora Carrington, die große Surrealistin nur sagen, es schien verschiedene Höfe, Kreuz- und Klassikerin der fantastischen Literatur, bil- gänge, abgestellte Springbrunnen, Bäume, Bü- det mit dieser architektonischen Vision einen sche und Wiesen zu geben. Das Hauptgebäude fiktiven Möglichkeitsraum, in dem das Alter neu war wirklich ein Schloss, umgeben von verschie- vermessen wird. In der real und material gebau- denen Pavillons nicht übereinstimmender Ge- ten Umwelt werden sozio-kulturelle Unterschiede stalt. Koboldartige Gebäude, deren Form an Pilze und Differenzlinien hingegen allzu oft in Stein erinnerte, Schweizer Châlets, Eisenbahnwagen, gemeißelt. Einschluss- und Ausschlusspraxen sind der eine oder andere normale Bungalow, etwas, häufig direkt an architektonische Begebenheiten was nach einem Stiefel aussah, und etwas ande- gebunden. Wie solche Grenzziehungen überwun- res, was ich für eine überlebensgroße ägyptische den, Zwischenräume ausgelotet, sozio-kulturelle Mumie hielt«, – so schildert die 92-jährige Mrs Räume als »Dritte Orte« neu gebildet, Brücken, Leatherby ihren ersten Eindruck von dem Alters- Passagen und Übergänge gebaut werden können heim, in dem sie zukünftig leben soll. Sie ist die – das alles sind Aspekte, welche die Kultur- und Erzählerin in Leonora Carringtons surrealisti- Sozialwissenschaften spätestens seit dem soge- schem Roman »Das Hörrohr« (1980, S. 37). Die- nannten Spatial Turn, der topografischen Wen- ser Ort, welcher der betagten Dame zunächst als de, schon lange herausfordern. Unter den Vorzei- wahrer Schreckensort erscheint, wird ihr im Lauf chen der Pandemie werden diese Fragen auch für des Romans die Erfahrung einer gänzlich neuen, die Kulturelle Alters- und Generationenbildung abenteuerlichen und bisweilen auch einigerma- zunehmend dringlicher: Abstand und Distanz ßen beängstigenden Welt erschließen. zwischen den Generationen wurden insbesondere
16 // S A L O N zwischen Angehörigen unterschiedlicher Genera- ALTERSDISKRIMINIERENDE UND tionen im Raum neu austariert – mit erheblichen ALTERSINKLUSIVE ORTE Konsequenzen, auch für die Kulturelle Bildung im Alter (vgl. Haller 2021). Die Architektin Dominique Hauderowicz und ihr Kollege Kristian Ly Serena (vgl. 2020) geben MAPPING AGE Werkzeuge an die Hand, um altersinklusive Räu- me zu bilden und altersdiskriminierende Wir- Gegenwärtig wird in der Gerontologie mit dem kungsweisen von Räumen zu vermeiden. Unter Ansatz des Mapping Age das Verhältnis von Al- Altersdiskriminierung (Ageismus) verstehen sie tern und Raum neu gedacht. Während Vertrete- die Annahme, dass vom Alter einer Person auf rinnen und Verfechter der Ökologischen Geron- ihre Funktion, ihre Gesundheit und ihre Erschei- tologie schon lange die Bedeutung von (Wohn-) nung geschlossen werden könne. Räumlich wer- Umwelten für das Alter und Altern betonen, aber de Ageismus dann, wenn sich mit zunehmendem von einer klaren Trennung zwischen Person und Alter im buchstäblichen Sinne auch unser Platz Umwelt ausgehen, vertritt die neuere sogenann- in der Gesellschaft ändert (vgl. ebd., S. 160). In te Materielle Gerontologie mit dem Ansatz des ihrem Ansatz unterscheiden sie zwischen alters- Mapping Age einen relationalen Raumbegriff. spezifischen und altersneutralen Orten. Wäh- Aus dieser Perspektive geht man davon aus, dass rend altersspezifische Orte durch eine Gestaltung sich Alter(n) und Räume gegenseitig hervor- gekennzeichnet sind, die auf körperliche oder bringen: Untersucht wird, wie »Alter(n) durch habituelle Merkmale eingeht, die mit einer be- Räume und Materialitäten hergestellt wird, stimmten Altersgruppe assoziiert werden – wie und wie sich räumliche (Neu-)Anordnungen zu zum Beispiel »Seniorenspielplätze« – verzichten Wahrnehmungen, Praktiken und dem Erleben altersneutrale Orte ganz auf solche Marker und des Älterwerdens verhalten« (Wanka / Oswald verwenden ein inklusives Design. Die beiden plä- 2020, S. 379). Auf diese Weise kommt in den dieren jedoch weder nur für das eine noch das Blick, wie der jeweilige Raum, in dem wir uns andere, sondern für eine Auflösung der Grenzen befinden, unser Alterserleben und unsere häufig zwischen beiden Sphären hin zu altersinklusiven schwankende Altersidentität bestimmt. Im Bäl- Orten. In ihnen sollen polyvalente architektoni- lebad eines Möbelkaufhauses, im Techno-Club sche Formen vorherrschen, die nicht eine singu- oder auf dem Kreuzfahrtschiff nehmen wir unser läre Funktion haben, sondern flexibel und von Alter jeweils anders wahr. Das gilt auch für Lern- unterschiedlichen Altersgruppen gebraucht und und Bildungsorte (vgl. Gallistl / Parisot 2020). angeeignet werden können (vgl. ebd., S. 178ff.). Kindergärten, Jugendheime, Schulen, Universitä- Elastische Abstufungen und Übergänge zwischen ten, Erwachsenen-Bildungseinrichtungen, Alten- dem privatem und dem öffentlichen Raum sollen heime und oftmals auch Kunst- und Kulturein- die Schwellen zwischen beiden Bereichen so he- richtungen werden für bestimmte Altersgruppen runtersetzen, dass auch ältere Menschen sie leicht und Generationen konzipiert und gebaut. Will überschreiten können. man altersinklusive, inter- und transgeneratio- nelle Bildungs- und Begegnungsräume schaffen, so gilt es, Orte zu suchen und zu gestalten, in denen sich alle Altersgruppen und Generationen wohlfühlen.
REMSHAGEN Deutschland, 1990
18 // S A L O N INTERGENERATIONELLE KONTAKTZONEN missverstanden werden, sondern als die »Be- wusstmachung, Entwicklung, Ausbildung und Solche architektonischen Bedingungen ermög- Aushandlung einer individuellen und kollektiven lichen »Intergenerational Contact Zones«, wie Haltung zur gebauten und ungebauten Umwelt die Generationenforschenden Matthew Kaplan, und ganz allgemein zum Raum« (Kawthar El- Leng Leng Thang, Mariano Sánchez und Jaco Qasem 2021). Auch die Ausbildung einer wi- Hoffman (2020) sie sich vorstellen: Räumliche derständigen Praxis der Raumaneignung gehört Anlaufstellen für verschiedene Generationen, um dazu – für die Kulturelle Alters- und Generatio- sich zu treffen, vertrauensvolle und freundschaft- nenbildung eine Quelle der Inspiration. Beim Le- liche Beziehungen aufzubauen und zusammen- sen der Artikel über die in diesem kubia-Magazin zuarbeiten, um Probleme von lokalem Interesse beschriebenen Projekte wird greifbar, was als anzugehen und soziale Inklusion voranzutreiben Kriterium für eine geglückte Raumaneignung in (vgl. ebd., S. 3). Für die Geragogik ebenso wie der Kulturellen Bildung gilt: »Bei künstlerischen für Angebote intergenerationellen Lernens ist die Prozessen kann die Wahrnehmung von Zeit und Sozialraumorientierung mit ihren Methoden des Raum durchaus den sonstigen zeiträumlichen partizipativen Erkundens und Planens sozialer Strukturen widersprechen bzw. diese erweitern Räume ein bewährtes didaktisches Prinzip. und transformieren. (Alltags-)Räume verwandeln Unter Berücksichtigung eines relationalen sich und erscheinen in neuem Licht: Zwischen- Raumverständnisses, wie es die Materielle Geron- räume und -zeiten entstehen.« (Schuster 2014) tologie vertritt, kommen Lehr-Lern-Methoden des Mapping als ästhetisch-forschende Zugänge NEUPOSITIONIERUNG DER GENERATIONEN zur Biografie und Lebenswelt neu in den Blick: Zur Reflexion der Bedeutung von Orten für das Kunst- und Kulturräume als Intergenerationel- individuelle und soziale Leben können Mental le Kontaktzonen zu konzipieren, macht sie zum Maps dienen, die zur Kartierung individueller Versuchslabor für neue Positionierungen der biografischer Erinnerungsorte in Landkarten des Generationen im Raum. Dazu jedoch müssen Lebens ebenso anregen wie zur gemeinschaftli- Kunst- und Kultureinrichtungen ebenso wie die chen Raumerkundung aktueller Lebenswelten Anbieterinnen und Anbieter Kultureller Bildung (vgl. Kricheldorff 2020). Als inspirierendes digi- den Hoheitsanspruch über »ihre« Räume zu- tales Beispiel für partizipatives Mapping sei hier gunsten der handelnden Subjekte aufgeben: Die das von Oanh Nguyen (vgl. 2021) entwickelte subversive Neueinschreibung von Stereotypen Projekt »The Loneliness-Friendly City« (»Die des Alters und der Jugend im Sinne von »Ageing einsamkeitsfreundliche Stadt«) genannt, das trouble« (Haller 2020 / 2005) ereignet sich nicht Einsamkeitsorte in Dortmund sichtbar macht nur dort, »wo Subjekte zum Beispiel diskriminie- (www.thelonelinessfriendlycity.com). rende Adressierungen aufgreifen und sich gegen den Strich aneignen«, sondern auch dort, »wo sie BAUKULTURELLE ALTERS- UND gesellschaftlich zugewiesene Plätze nicht in der GENERATIONENBILDUNG bislang vorgesehenen Weise einnehmen und da- durch neu definieren, was überhaupt als legiti- In der Alters- und Generationenbildung lohnt mer Platz gilt« (Graefe 2010, S. 307). Das ist der es sich, baukulturelle Bildungsziele noch stärker Einsatz, mit dem auch Kunst- und Kulturräume zu berücksichtigen. Baukulturelle Bildung soll- rechnen sollten: Sie werden verändert, sie werden te dabei nicht als bloße Architekturvermittlung gewandelt – und vielleicht wird dieser Prozess
S A L O N // 19 von der einen oder anderen Kultureinrichtung Miriam Haller (2020 / 2005): Unwürdige Greisinnen: sogar als eine Form von Hausbesetzung gefürch- »Ageing trouble« im literarischen Text. In: Wissensportal Kulturelle Bildung Online. tet. Den jetzt älter werdenden Generationen ist www.kubi-online.de/artikel/unwuerdige-greisinnen- in der Praxis widerständiger Raumaneignung be- ageing-trouble-literarischen-text. reits einige Erfahrung zuzutrauen. mh Dominique Hauderowicz und Kristian Ly Serena (2020): Age-Inclusive Public Space. Berlin: Hatje Cantz. LITERATUR: Matthew Kaplan, Leng Leng Thang, Mariano Sánchez Leonora Carrington (1980): Das Hörrohr. Roman. und Jaco Hoffman (2020): Introduction. Aus dem Englischen übersetzt von Tilman Spengler. In: Dies. (Hrsg.): Intergenerational Contact Zones. Frankfurt am Main: Insel. Place-based Strategies for Promoting Social Kawthar El-Qasem (2021): Plädoyer für ein Denken Inclusion and Belonging, New York / London: (Bau)Kultureller Bildung jenseits der Milieu-Kategorie. Routledge, S. 1-13. In: Wissensportal Kulturelle Bildung Online. Cornelia Kricheldorff (2020): »Mapping Age« – eine neue www.kubi-online.de/artikel/plaedoyer-denken- Perspektive auf Alter(n) und Raum. In: Zeitschrift für baukultureller-bildung-jenseits-milieu-kategorie. Gerontologie und Geriatrie 53 (5), S. 405-408. Vera Gallistl und Viktoria Parisot (2020): Die Verschrän- Oanh Nguyen (2021): Dialoge mit einem Ort. Geografien kung von Alter(n) und Raum in kulturellen Bildungs- zwischen Einsamkeit und Teilhabe. In: Sabine Funk, angeboten. Über die räumliche Strukturierung von Sarah Hübscher und Elvira Neuendank (Hrsg.): On the aktivem Alter(n) am Theater und auf der Alm. Move. Stadt in Bewegung, Bielefeld: wbv, S. 137-139. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 53 (5), Meike Schuster (2014): Raumaneignung und urbanes S. 382-388. Lernen: Stadt als offener Spiel- und Lernraum. Stefanie Graefe (2010) Effekt, Stützpunkt, Überzähliges? In: Wissensportal Kulturelle Bildung Online. Subjektivität zwischen hegemonialer Rationalität www.kubi-online.de/artikel/raumaneignung-urbanes- und Eigensinn. In: Johannes Angermüller und lernen-stadt-offener-spiel-lernraum. Silke van Dyk (Hrsg.): Diskursanalyse meets Anna Wanka und Frank Oswald (2020): »Mapping Age« Gouvernementalitätsforschung, Frankfurt am Main / – das Verhältnis von Altern und Raum neu denken. New York: Campus, S. 289-313. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 53 (5), Miriam Haller (2021): Heterotopien des Alters? Mediale S. 379-381. Räume kultureller Altersbildung in Zeiten von Corona. In: Wissensportal Kulturelle Bildung Online. www.kubi-online.de/index.php/artikel/ heterotopien-des-alters-mediale-raeume-kultureller- altersbildung-zeiten-corona.
20 // S A L O N DRITTE ORTE 26 EXPERIMENTIERRÄUME FÜR EIN INTERGENERATIONELLES MITEINANDER Von Klaus Kaiser Der Zugang zu Kunst und Kultur ist ein wichtiger Faktor für die wahrgenommene Lebensqualität – und zwar in jedem Lebensalter. Im Rahmen des Förderprogramms »Dritte Orte – Häuser für Kultur und Begegnung in ländlichen Räumen« der Landesregierung Nordrhein-Westfalens entste- hen aktuell 26 sogenannte Dritte Orte, an denen innovative Ideen auch für intergenerationelles Kulturerleben umgesetzt werden. In Nordrhein-Westfalen prägen Metropolregionen DAS FÖRDERPROGRAMM und eher ländlich geprägte Räume gleichermaßen die Identität des Landes. Um in allen Regionen Der Begriff »Dritte Orte«, der dem Programm Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen die seinen Namen gab, hat seinen Ursprung in der Menschen gut und gerne leben und auch schöp- Stadtsoziologie: Das Konzept der Dritten Orte ferisch tätig sein können, hat die Landesregierung wurde von dem US-amerikanischen Soziologen das Förderprogramm »Dritte Orte – Häuser für Ray Oldenburg 2001 geprägt und grenzt den Kultur und Begegnung in ländlichen Räumen« Dritten Ort vom Zuhause als Erstem Ort und initiiert. Denn die kulturelle Infrastruktur in dem Arbeitsplatz als Zweitem Ort ab. Der Dritte eher ländlichen Regionen unterscheidet sich von Ort ist sozialer Experimentierraum, der allen zu- der in großen Städten. Ehrenamtliche Strukturen gänglich ist und sich über diese Offenheit in Pro- spielen eine wichtige Rolle, in manchen Regionen gramm und Miteinander definiert. gibt es nur wenige kulturelle Angebote oder es Wir wollen Ankerpunkte des sozialen und kul- besteht ein erschwerter Zugang. Ausgelöst durch turellen Lebens in eher ländlich geprägten Räumen gesellschaftliche und technologische Veränderun- gezielt erhalten oder in ihrer Entstehung unterstüt- gen sieht sich die kulturelle Infrastruktur hier zen. Dabei ist der inhaltliche Ansatz des Förder- verstärkt einem Strukturwandel ausgesetzt. Hier programms bewusst offen gewählt, um verschie- braucht es neue Ideen und bedarfsorientierte Lö- denartige, innovative und experimentelle Vorhaben sungen. Mit den Dritten Orten entstehen Orte zu ermöglichen. Das Förderprogramm spricht eh- der Begegnung, des Austauschs und des gemeinsa- renamtlich Aktive ebenso an wie hauptamtliche men Kulturerlebens. Sie finden sich in ehemaligen Akteurinnen und Akteure – was wesentlich zur Ladenlokalen, Bibliotheken, Kirchen, Scheunen, »graswurzelhaften« und damit nachhaltigen Ver- Bahnhöfen oder Schlössern – verteilt über ganz ankerung der Projekte vor Ort beiträgt. Schließlich Nordrhein-Westfalen. Jedem dieser Orte stellt wissen die Menschen vor Ort am besten, was fehlt, die Landesregierung bis zu 450.000 Euro für den was passt und was funktioniert. So werden nicht Zeitraum 2021 bis 2023 zur Verfügung. nur die Dritten Orte als solche gefördert, sondern auch der gesellschaftliche Zusammenhalt vor Ort. Das Programm ist in zwei Phasen unterteilt: Seit 2019 sind in einer Konzeptphase 17 Pilotprojek- te bei der Entwicklung der Vorhaben unterstützt
S A L O N // 21 Lesung aus dem Sintfeld-Epos mit Autorin Regina Hasse im Café der KulturScheune1a worden. Hierfür haben sich rund 150 Antragstelle- etwa Vereine, Genossenschaften oder gGmbHs rinnen und Antragssteller beworben und damit die gegründet. Die Fördermittel der Landesregierung Notwendigkeit neuer Formen der Kulturförderung können relativ flexibel für die Umsetzung der Ideen im ländlichen Raum bestätigt. 14 der in der Kon- eingesetzt werden, ob für das Kulturprogramm, die zeptphase geförderten Projekte erhalten auch in der Ausstattung, das Personal oder kleinere Baumaß- Umsetzungsphase Unterstützung. Die Ausschrei- nahmen. bung der zweiten Phase richtete sich aber auch an Um den Prozess bestmöglich zu unterstützen, Projekte, die noch keine Förderung erhalten haben. erhalten die Projektträger neben der monetären Zusätzlich zu den 14 Projekten aus der ersten Pro- Zuwendung individuelle Hilfestellung und Bera- grammphase haben sich zwölf weitere Vorhaben tung durch das eigens eingerichtete Programm- für die Umsetzungsförderung qualifiziert. büro Dritte Orte – in allen Planungsphasen und Themenfeldern der Umsetzung. Zusätzlich unter- MÖGLICHKEITSRÄUME stützt das Programmbüro den kollegialen, praxis- orientierten Erfahrungsaustausch und Know-how- Dritte Orte sind keine »Einrichtungen«, die sich Transfer zwischen den haupt- und ehrenamtlich »Angebote« für »Zielgruppen« ausdenken. Statt- Engagierten der 26 Dritten Orte, um den Men- dessen – und das ist ganz zentral für die Wirksam- schen dort bei der Umsetzung ihrer Ideen zu keit des Förderprogramms – hat die Bürgerschaft helfen. vor Ort die Möglichkeit, sich ihr eigenes, auf ihre Die aktuell geförderten 26 Projekte zeigen in individuellen Bedürfnisse zugeschnittenes »Zent- ihrer großen Bandbreite, wie vielseitig die Gestal- rum« zu schaffen. Dieses füllt sie selbst mit Leben tungsmöglichkeiten der Dritten Orte sind und und zwar in eigener Verantwortung. Dazu werden wie viel kreatives Potenzial und Engagement vor
22 // S A L O N Bei Kaffee und Kuchen drehen sich die Gespräche um »Fürstenberg – früher und heute«. Ort besteht: Es wird musiziert, gelesen, Theater solche im Ruhestand nehmen mit ihrem großen gespielt, gewerkelt, gegärtnert, gekocht, gespielt, Erfahrungsschatz sehr aktive Rollen innerhalb der gechillt – den Möglichkeiten sind keine Grenzen Verantwortungsstrukturen ein. Sie sind zum Bei- gesetzt. spiel Vereinsvorsitzende, Fundraiser, Architektin- Dabei setzen manche Dritte Orte inhaltliche nen oder Veranstaltungsplaner. Schwerpunkte, etwa in den Feldern Interkultur, Ihre Fähigkeiten und Erfahrungen aus unter- Jugendarbeit, Kulturelle Bildung oder Digitalisie- schiedlichen Feldern, ihre oft langjährige, spezifi- rung. Bei allen aber gilt: Der Mensch wird in den sche Berufserfahrung sind dabei wegweisend und Mittelpunkt gerückt, mit seinen Interessen, Bio- bei der Umsetzung nicht wegzudenken. Alle Be- grafien, Talenten und seinem Wissen. teiligten eint ein für den nachhaltigen Erfolg jedes einzelnen Dritten Orts zentrales Motivationsmo- MENSCHEN VOR ORT IM FOKUS ment: selbstwirksam im und für den Heimatort aktiv zu sein. In dem Maße, in dem Menschen In diesen größtenteils freien, von bürgerschaftli- das örtliche Leben und sein Freizeit- und Kultur- chen Initiativen ins Leben gerufenen Projekten angebot mitgestalten können, können Dritte Orte engagieren sich Menschen aller Altersklassen. Von demokratische und solidarische Gemeinschaften der Idee eines Dritten Orts bis zum laufenden Be- bilden und stärken. trieb sind verschiedenste Aufgaben zu meistern: Damit sich tatsächlich alle Menschen vor Ort Netzwerkaufbau, Erstellen von Wirtschaftsplänen, eingeladen fühlen und sich die Räume zu kultu- Öffentlichkeitsarbeit, Verhandlungen mit Ämtern rellen und sozialen Ankerpunkten entwickeln, sind und Handwerkern, (Um-)Bauplanungen und vie- Dritte Orte per se inklusiv angelegt. Sie sollen nicht les mehr. Gerade Menschen mittleren Alters und nur zentral gelegen und gut erreichbar sein – der
S A L O N // 23 ausgeprägte Wohnortbezug gewinnt insbesondere WAS FOLGT? im Alter an Bedeutung –, sondern auch inhaltlich offen und einladend gestaltet. Ein breites Kultur- Die 26 Dritten Orte in Nordrhein-Westfalen ste- verständnis trägt zu einem niedrigschwelligen Zu- hen aktuell noch am Anfang ihrer Entwicklung, gang für alle Menschen aus allen Altersgruppen doch ohne Frage können sie vor Ort wichtige kul- und mit ganz unterschiedlichen Vorlieben bei. turelle und soziale Impulse setzen. Noch bis Ende Menschen und ihre Motivationen sind die wich- 2023 sammeln die 26 Modellprojekte Erfahrun- tigste Ressource in diesem Programm. gen und Verbündete, bilden tragfähige, langfris- tige Strukturen aus und sind oftmals Anstoß mit INTERGENERATIONELLES MITEINANDER ausstrahlender Wirkung: für integrierte und ver- netzte Dorf-, Stadt- und Quartiersentwicklung Auch bei den Dritten Orten zeigt sich das Potenzial und für wichtige Kulturentwicklungsprozesse. der aktiven Beteiligung älterer Menschen am Kunst- Die Aktivierung des zivilgesellschaftlichen Enga- und Kulturleben. In Fürstenberg / Ostwestfalen- gements und das Empowerment von Menschen Lippe wird aktuell eine denkmalgeschützte »Zehnt- unterschiedlicher Milieus, Interessen und Alters- scheune« zur »KulturScheune1a« umgebaut. Der Pro klassen setzt viel Transformationspotenzial frei. Fürstenberg e. V. mit Aktiven aus fast allen örtlichen Die Revitalisierung in den Ortszentren und der Vereinen verantwortet das Vorhaben zusammen mit örtliche Bedeutungszuwachs von Kultur für die der 2020 neu gegründeten Sintfeld Stiftung e. V. Sozialstruktur können vorbildlich auch für größere Neben den aktiven Erwachsenen mittleren und äl- Gemeinden sein, die ihre sozialen und kulturellen teren Semesters, die sich über Projektteams, Gesell- Angebote zukünftig stärker am Gemeinwohl aller schaftsbeirat oder Ausschüsse einbringen, sind als ausrichten wollen. »Junge Scheune« Kinder und Teenager aktiv mit DER AUTOR: eigenen Projekten beteiligt. In der Scheune sind Klaus Kaiser ist seit dem 30. Juni 2017 Parlamentarischer Filmabende speziell für Seniorinnen und Senioren Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissen- ebenso geplant wie gemeinsame Kreativaktionen von schaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Alt und Jung. WEITERE INFORMATIONEN: www.dritteorte.nrw
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