Gute Aussichten - 3 // April 2021 - Magazin für Ein- und Ausblicke
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Gute Aussichten. Jetzt. In der letzten Ausgabe hat uns das Thema Unsi- Mut machen, Hoffnung geben. Damit cherheit und der Umgang mit herausfordernden befassen sich auch viele andere. Einer- seits bieten die Tage der Utopie dafür Zeiten sehr beschäftigt. Wer hätte gedacht, dass einen inspirierenden Rahmen, um die auch ein halbes Jahr später die Zeichen gefühlt eigenen gedanklichen Grenzen aus- nur bedingt anders stehen? Wir glauben, dass es zuweiten (S. 44). Oder das Format der „Hoffnungs-Werkstatt“, welches wir auf genau jetzt gute Aussichten braucht. S. 60 vorstellen. Und sonst? Natürlich geben Wir wollen ermutigen und einladen Perspektiven zu entwi- wir auch wieder Einblicke ins Team, ckeln, beobachten, was sich rundherum tut und welche Kräf- wagen einen Ausblick und haben Lan- te sich für eine positive Entwicklung unserer Gesellschaft deshauptmann Markus Wallner gebe- einsetzen. Wir wollen Koalitionen schmieden und über An- ten, für uns in die Glaskugel zu blicken. liegen informieren. Das tun wir schon und werden es auch weiterhin tun. Denn eines ist sicher, viele der Auswirkungen Michael Lederer im Namen der derzeitigen Pandemiephase werden sich erst in den kom- des gesamten Teams menden Jahren zeigen. Im Bereich des freiwilligen Engagements bei- spielsweise stehen wir vor einer Wende, vieles ist im Um- bruch. Dabei auf die vielfältigen Herausforderungen zu reagieren und freiwillig Engagierte gut zu unterstützen, ist Kern unserer Arbeit. Mit der Ausarbeitung einer neuen, um- fassenden Engagement-Strategie verbinden wir hier viele Aktivitäten, vernetzen die vielfältigen Akteur*innen und halten die Fäden zusammen. Mehr dazu ab S. 10. Der Ruf nach Orten für gute, unverzweckte Zeit „Die Zuversicht mit Gleichgesinnten war auch schon vor Corona da. Gerade wird gewinnen. „There’s a crack in eben ist er so laut wie nie. Es wird wieder die Zeit kommen, in der Menschen sich treffen, um sich zu begegnen und Ge- spräche führen zu können, ohne auf Mindestabstand und In diesem Sinne everything, that’s how Lüftungsdrehbuch achten zu müssen. Warum gerade das Konzept der sogenannten dritten Orte dafür unheimlich in- spirierend ist, welche Besonderheiten diese innehaben und wünschen wir gute Aussichten the light gets in.“ was es mit dem LandStadt-Vorarlberg-Projekt zu tun hat, erfahrt ihr ab S. 28. und anregende Lektüre.“ Leonard Cohen 3 Editorial
Schwerpunkt 10 Engagement-Strategie als Leitfaden Ausblick für eine lebendige Gesellschaft Strategisch Engagement 12 Wo brennt der (Engagement-)Hut 60 Meine Hoffnungen für die Zukunft aktuell? fördern. Was ist, was sein 62 17 Ziele für eine nachhaltige Welt: soll, was entsteht. 14 Strategisch Engagement fördern Die SDGs in den Gemeinden 16 Ehrenamt und Pandemie oder 63 Was tut sich wo? gelten Motorräder als zugewiesene Sitzplätze? 64 Buch- und Filmtipps 18 Inspiration durch gute Beispiele: 65 Blick in die Glaskugel Bist du dabei? 66 Termine ab April 2021 19 Geht’s den Engagierten gut, geht’s uns allen gut? Frage an das ungetrennte Leben, S. 56 20 Engagement in Vorarlberg 2020 Strategisch Engagement fördern, S. 14 „Jeder Mensch ist einzigartig 22 Lebendige Vereine – wann, wenn nicht jetzt? 24 Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn und steht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit.“ Meine Hoffnungen für die Zukunft, S. 60 Einblick 40 Raum geben, Raum lassen 52 Zahlen 2020 42 Und, wie tickt das FEB? 54 Was ist dein Grashalm? 28 Zuerst prägen Orte Menschen, dann Menschen Orte. 44 Tage der Utopie 55 Hello again! Wir sind’s, das FEB! 30 Worauf können dritte Orte eine 46 Was wir dringend benötigen, ist 56 Frage an das ungetrennte Leben Antwort sein? Produktion von Zukunft! Worauf können dritte Orte eine Antwort sein? S. 30 34 Ein bisschen wie Montessori 50 On the road Inhalt Inhalt
„Ziel ist es, durch geeignete Rahmenbedingungen einen Nährboden zu schaffen, auf dem freiwilliges Engagement in seiner ganzen Vielfalt an Motiven und Ausgestaltungsmöglichkeiten gedeihen kann.“ Engagament-Strategie Schwerpunkt 6 7
„Ziel ist es, durch geeignete Rahmenbedingungen einen Nährboden zu schaffen, auf dem freiwilliges Engagement in seiner ganzen Vielfalt an Motiven und Ausgestaltungsmöglichkeiten gedeihen kann.“ Engagament-Strategie Schwerpunkt: Strategisch Engagement fördern. Was ist, was sein soll, was entsteht. 8 9
So sind die vielen freiwillig Engagierten eine tragende Säule Wirkungen von und ein zentraler Erfolgsfaktor für das Land Vorarlberg. Vor- arlberg weist ein sehr hohes Maß an Engagement auf: 55,7 % Engagement der Bevölkerung engagieren sich formell oder informell (Fre- dersdorf, 2019). Die Intensität des FE ist über die Jahre durch- aus beständig, doch es zeichnet sich ein struktureller Wandel • Engagement bedeutet Teilhabe. ab, der viele Herausforderungen mit sich bringt. Diese reichen Und ist damit ein unverzichtbarer vom demografischen Wandel und der Änderung der Werte Beitrag zur Demokratie. über die gesellschaftliche Integration bis hin zur Gewährleis- tung von Gleichberechtigung, um nur einige zu nennen. Um • Engagement bewirkt Inklusion das hohe Maß an Engagement, das Sozialkapital und die da- auf unterschiedlichsten Ebenen mit einhergehende Lebensqualität zu halten und verbessern, müssen sich auch die Strukturen des FE weiterentwickeln. • Engagierte bilden soziales Kapital und stärken den Zusammenhalt. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Solidarität und zum Gemeinwohl. Das Die Zukunft des soziale Klima würde ohne den Beitrag der Engagierten in Vereinen, Initiativen, Engagements Kirchen, Jugendgruppen, im Sport und in der Kultur u.v.m kalt und rau; vgl. Welche strategischen Handlungsfelder sind wichtig für eine Arena Analyse 2018: Zivilgesellschaft gute Zukunft des Engagements in Vorarlberg? Welche Maß- als Schlüssel für gesellschaftlichen nahmen unterstützen Freiwillige und Institutionen in ihren Zusammenhalt. Tätigkeiten? Mit diesen Fragen haben sich eine Vielzahl von Expert*innen befasst, um gemeinsam eine Engagementstra- • Empathie wird gefördert – das sich tegie zu formulieren. Diese ist Grundlage für eine gemein- Hineindenken in Andere und oftmals same und aufeinander abgestimmte Engagementförderung auch die Begegnung mit Menschen, mit aller Akteur*innen. Ziel ist es, durch geeignete Rahmenbe- denen sich sonst kein Kontakt ergibt; dingungen einen Nährboden zu schaffen, auf dem freiwil- Engagement verbindet. liges Engagement in seiner ganzen Vielfalt an Motiven und Ausgestaltungsmöglichkeiten gedeihen kann – und damit das • Eigenverantwortung: Weniger so wirkungsvolle Sozialkapital („Kitt der Gesellschaft“) auch Konsumhaltung und damit Stärkung der weiterhin gestärkt wird. Eigenverantwortung der Bürger*innen, aktive Bürger*innen, die lösungsorientiert „anpacken“ und damit ein lebendiges Gemeinwesen ermöglichen Aktuelle Studien und Literaturhinweise: • Gesundheitsfaktor: Engagement trägt Engagement- • Die neuen Freiwilligen: Die Zukunft zivilgesellschaftlicher Partizipation (GDI Gottlieb Duttweiler Institute), nachweislich zur Salutogenese bei. • Zukunftsfähigkeit/Nachhaltigkeit: Die Strategie als Freiwilliges Engagement (FE) ist die Basis für Samochowiec J., Thalmann L., Müller A. (2018) • Bürgerschaftliches Engagement und Sozialkapital in Vorarlberg (Büro für Zukunftsfragen, Amt der Vorarlberger Umsetzung der Sustainable Development Goals der UNO (Agenda 2030) baut auf starkem freiwilligem Engagement auf. eine lebendige, soziale, solidarische und demo- Leitfaden für kratische Gesellschaft. Es stärkt den Zusammen- halt und die Gemeinschaft, wirkt in hohem Landesregierung), Fredersdorf, F. (2019) • 3. Bericht zur Lage und den Perspektiven des freiwilligen Engagements in Österreich (Bundesministerium Soziales • Ehrenamtliches Engagement unterstützt die kommunalen Daseinsvorsorge eine lebendige Maße solidaritätsstiftend, ist wichtig für den sozialen Frieden, die Gesundheit und die Le- Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), Bogorin, F.-E. et.al. (2020) • Entwicklungen von Freiwilligenarbeit. In: Zimmer A.; • Volkswirtschaftliche Bedeutung: Unser Gemeinwesen stützt sich in wesentlichen Gesellschaft bensqualität. Das Engagement verändert nicht nur das Leben der Engagierten selbst, sondern Simsa R. (Hg): Forschung zu Zivilgesellschaft, NOPs und Engagement (Springer Verlag), More-Hollerweger, Eva (2014) • Engagementpolitik. Die Entwicklung der Zivilgesellschaft Bereichen (z.B. Gesundheits- und Katastrophenbereich, Naturschutz, Sport, …) auf das freiwillige Engagement. auch das Leben ihrer Mitmenschen, das Leben in als politische Aufgabe. (Springer Verlag), den Regionen und schließlich das ganze Land. Olk, T.; Klein, A.; Birger, H. (Hg.) (2010) Engagement-Strategie als Leitfaden für eine lebendige Gesellschaft 10 11 Schwerpunkt
Wo brennt der „ Die sich laufend ändernden Regelungen und Rahmenbe- (Engagement-) dingungen in Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Si- l er pel tuation sowie die allgemeine d Büchel-Ka Hut aktuell? Planungsunsicherheit stellen die Vereine vor eine große He- mhil rausforderung. Viele Vereine Kri können ihren Vereinszweck er äu r rge All g nicht mehr oder nur noch sehr Tobias Bischofbe Stefan eingeschränkt ausführen. Auch „ Die Pandemie hat unsere Gesellschaft das Abhalten von Jahreshaupt- Kontaktverbot, Abstandsregelungen, gähnende kräftig „durchgerüttelt“. Ohne das En- Leere in Veranstaltungskalendern. Diese Ein- gagement und den Zusammenhalt der versammlungen ist aktuell nur vielen freiwillig Engagierten wären die erschwert möglich. Es zeich- schränkungen haben Freiwilligenarbeit vor eine Erschütterungen noch viel tiefer gewe- noch nie dagewesene Herausforderung gestellt. sen. Denn die Coronakrise beschleunigt net sich ab, dass uns zukünftig Aber auch andere gesellschaftliche Entwicklun- den Wandel um uns herum. Digitalisie- nach wie vor das Thema Nach- gen verändern Freiwilligenarbeit. Beobachtun- „ Ich verstehe Ehrenamt, Engagement rung, Globalisierung, demografischer „Die Herausforderungen sehe ich als wuchs bzw. das Ausbleiben und das dabei unverzichtbare System Wandel und auch die Folgen unseres sehr vielfältig an. Es wird nicht mehr gen aus der Praxis. des sozialen Miteinander als zentrale immensen Verbrauchs natürlicher Res- reichen, Ehrenamtliche „nur“ vor den von Mitgliedern beschäftigen Elemente einer Gesellschaft, wie ich sourcen treiben diese Veränderungen Vorhang zu holen, sondern wir müssen wird. Trotz all den Herausfor- sie mir vorstelle. Gerade in den ver- voran. Vielfach führt dies auch zu Ver- uns noch stärker für Engagement vor derungen ist es schön zu sehen, gangenen Monaten der Pandemie hät- unsicherung und Vertrauensverlusten. Ort einsetzen. Unsere Gesellschaft ist te es viele Gelegenheiten gegeben, zu Um so mehr braucht es jetzt ein Mit- nämlich leider bequem geworden. Wir dass die Ehrenamtlichen nach zeigen, dass wir Krisen bewältigen mit einander und proaktives Handeln, die reden uns auch gerne auf komplizier- wie vor engagiert sind, um das einem guten „Miteinander“, mit En- uns Zuversicht und Zukunftsmut ge- te Gesetze und politische Verantwort- Vereinsleben auf unterschied- gagement, Ehrenamt und unseren ge- ben. Freiwillig Engagierte leisten einen lichkeiten hinaus. Das ist mir zu ein- wachsenen sozialen Strukturen. Das nicht zu ersetzenden Beitrag für das fach, denn die Herausforderungen der lichsten und zum Teil neuarti- ist aber offenbar weniger gefragt und Sozialkapital, die Gestaltungskraft und Zukunft betreffen uns alle. Nur wenn gen Wegen aufrecht zu halten. ich habe nichts davon gehört und ge- das Gemeinwohl gerade auch in Krisen- wir es schaffen, uns selbst und vor al- spürt. Das „bürgerschaftliche Engage- und Übergangszeiten. lem unsere Kinder und Jugendlichen Büro für Ehrenamt, Amt der Stadt ment“ und die Subsidiarität sind kein zu motivieren, in ihrem Dorf (wieder) Feldkirch „Gut-Wetter-Programm“ (dann sind sie Kriemhild Büchel-Kapeller, FEB mitanzupacken und die eigene Umwelt verzichtbar). Sondern sie haben sich – selber mitzugestalten, werden wir ge- da war Vorarlberg lange Modellregion meinsam erfolgreich sein. Ziel dabei – als proaktiver Problemlöser und als muss es sein, wieder zu mehr Eigen- aktivierendes Element für einen ge- verantwortung zu tendieren und diese sellschaftlichen Zusammenhalt auch in auch zu ermöglichen. In kleinen, über- schwierigen Zeiten bewährt. Hier wün- schaubaren und flexiblen Strukturen sche ich mir einen Kurswechsel hin zu vor Ort. Davon bin ich übrigens zu- mehr Mut und mehr Vertrauen in die tiefst überzeugt – denn als „gelernter Bürger, in die Eigenverantwortung und Pfadfinder“ bin ich von Grund aus in deren Engagement! Optimist.“ Stefan Allgäuer, Obmann Tobias Bischofberger, Krankenpflegeverein Gisingen Bürgermeister Mellau Wo brennt der (Engagement-)Hut aktuell? 12 13 Schwerpunkt
Strategisch Entwickeln Handlungsfelder Beraten Engagement Als fundierte Datenbasis wird alle fünf Die Engagementstrategie gliedert sich in sieben Beratung von Engagierten ist eine wich- Jahre die Studie „Bürgerschaftliches Handlungsfelder, denen jeweils entsprechende Maßnahmen tige Säule der Engagementstrategie. Da- Engagement und Sozialkapital in Vor- runter fällt Steuer- und Rechtsberatung arlberg“ durchgeführt. Darin werden zugeordnet wurden. Hier ein kurzer Überblick: sowie die Aufbereitung aktueller Infor- aktuelle Entwicklungen beobachtet, re- mationen auf der Webseite des Landes. fördern flektiert und erforscht. Die gewonnenen Eine konzeptionelle und inhaltliche Erkenntnisse und Fragestellungen sind Überarbeitung des Vereinshandbuches der Impuls für die Entwicklung einer Vernetzen Fördern ist angedacht. Aber nicht nur Rahmen- langfristig tragfähigen Engagementkul- bedingungen sind wichtig, sondern auch tur. Auch Pilotprojekte zur Aktivierung Einen weiteren Fokus setzt die Strategie Die Förderung des freiwilligen Enga- die Organisationskultur in Vereinen. Ein von unterrepräsentierten Bevölkerungs- auf die Vernetzung. Sowohl auf Ebene gements erfolgt insbesondere in den Unterstützungsprogramm zur Vereins- gruppen gehören dazu. Ebenso die Ent- der Verbände und Einrichtungen als konkreten Sparten bzw. Themenfeldern. entwicklung sowie Coaching-Angebote Im Kern der umfassenden Engagement-Stra- wicklung der Sportstrategie, die wiede- auch auf Landesebene wird regelmäßig Das Ziel ist es gute Rahmenbedingun- ergänzen diesen Bereich. tegie steht die Frage, wie das freiwillige Enga- rum spezifische Maßnahmen für diesen zu Vernetzungsformaten eingeladen. gen für das freiwillige Engagement zu Teilbereich enthält, ist hier zu nennen. Beliebt sind die Engagement-Stamm- ermöglichen – beispielhaft sind hier ei- gement in Vorarlberg bestmöglich inklusiv, be- tische, bei denen neben Fachimpulsen nige wichtige Förderschienen genannt: Informieren darfsgerecht und zukunftsorientiert unterstützt auch Raum für Austausch geboten wird. und gefördert werden kann. Damit sich die Stärken Weitere erfolgreiche Vernetzungs- und • Förderung von Infrastruktur und Einerseits ist die Öffentlichkeitsarbeit Austauschformate sind die Engagement- Ausstattung im Bereich des Feuer- nach außen essentiell, um die gesell- Maßnahmen und Angebote am Bedarf des Fel- Besonders wichtig ist die Stärkung der Werkstätten und Projektschmieden des wehr- und Rettungswesen, dem schaftliche Bedeutung des freiwilligen des orientieren, wurden diese gemeinsam von Akteur*innen in ihren Kompetenzen, Büros für Freiwilliges Engagement und Katastrophen- und Tierschutz Engagements sichtbar zu machen und engagierten Praktiker*innen, Expert*innen, An- damit Freiwilligenarbeit selbststän- Beteiligung. Im Entstehen ist auch ein • Förderung von einzelnen Vereinen, noch nicht involvierte Menschen zum dig organisiert und weiterentwickelt Netzwerk an Akteur*innen aus den Ge- sowie „Selbsthilfe Vorarlberg“ Mitmachen zu inspirieren. Andererseits sprechpersonen in den Gemeinden und Regio- werden kann. Dazu werden beispiels- meinden, die ebenfalls eine strategische • Kulturprogramm-Förderung gilt es auch interne Informationsflüsse nen sowie auf Basis wissenschaftlicher Befunde weise das bedarfsorientiere Bildungs- Freiwilligenpolitik verfolgen und zu- • Verbandsförderung (Sport/Jugend zu optimieren. erstellt. Mit der Umsetzung der Strategie sol- programm „Freiwillig engagiert“, die künftig stärker Synergien nutzen wollen. und Familie) und Bildungsprämien „Engagementwerkstatt Flüchtlingsin- (Sport) len einerseits vorhandene Beratungsangebote tegration“, das „am puls Bildungspro- Corona- besser kommuniziert und einfacher zugänglich gramm“ angeboten, sowie die jährliche gemacht und andererseits auch neue Impulse Engagament-Fachtagung. Ein weiterer Krisen-Hilfe zentraler Faktor für die Stärkung des gesetzt werden. Insbesondere steht die Ermögli- Ehrenamts ist die Anerkennung und Die Corona-Krise stellt auch Vereine chung der Selbstorganisation der verschiedens- Wertschätzung des Einsatzes der Frei- vor noch nicht dagewesene Heraus- ten Akteursgruppen im Fokus. willigen. Hier ist die Engagement-App forderungen, zu deren Bewältigung sie „aha plus“ besonders innovativ und Hilfe benötigen. In Kooperation mit erfolgreich. Zudem sollen neue Formen unterschiedlichen Fachabteilungen und der Anerkennung erforscht und erprobt den Bezirkshauptmannschaften wird werden. Auch Ehrungen und Kommu- ein Informations- und Beratungsportal nikationskampagnen zählen zu diesem für Vereine betrieben. Informationen Handlungsfeld. zum Kostenersatz beim NPO-Fonds, Sporthärtefonds, Arbeitsstipendien für Künstler*innen u.ä. sind aufbereitet und die Antragstellung wird unterstützt. Schulungen zu Covid-Beauftragten in Vereinen werden gefördert. Laufende Auskunft über aktuelle Entwicklungen gibt es über das Vereinstelefon und per E-Mail, die beliebte und informative „Vereinspost“. Strategisch Engagement fördern 14 15 Schwerpunkt
Ehrenamt und Pandemie Coaching oder gelten Motorräder als Das Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung bietet „Vereinscoa- chings“, um Vereinsobleute im Umgang zugewiesene Sitzplätze? mit den herausfordernden Fragen zur Vereinsentwicklung zu unterstützen. Förderung Es sind ganz spezielle Fragen, die in der alltäg- Finanzielle Unterstützungen werden lichen Arbeit mit Vereinen in Pandemiezeiten auch bei reduzierten Vereinsaktivitä- ten weitergeführt und in Härtefallen aufkommen. Was geht, was nicht? Sicher ist: Es verstärkt. Zudem werden Vereine auch wird noch eine Zeit dauern, bis Vereine wieder Seit dem Ausbruch Unbeschwertes Proben? Eine Sehnsucht, die viele Vereine miteinander verbindet. durch den NPO-Fonds (Bundesebene) finanziell unterstützt. im „Normalbetrieb“ laufen. Bis dahin und weit darüber hinaus steht das Land Vorarlberg den der Pandemie in Vor- Vereinen mit Rat und Tat zur Seite. arlberg stellt sich die Die Aktivitäten Vernetzung Frage: „Wie können lassen sich in folgenden Die Vernetzung auf Verbands- und Nennen wir das Kind beim Namen. Die letzten Monate wa- Vereinsebene ist ein zentrales Element ren anstrengend. Direkte Begegnungen sind auf ein Minimum Vereine bestmöglich Handlungsfeldern des Unterstützungsprogramms. In vie- reduziert. Liebgewonnene Tätigkeiten mit einer Gruppe Men- len Bereichen ist die Landesregierung schen? Derzeit nur noch in Film und Fernsehen zu sehen. Die unterstützt werden?“ beschreiben. regelmäßig mit den Dach- und Fach- notwendigen Kontaktreduktionen zum Schutz der Gesund- verbänden im Austausch. Aktuelle Ent- heit machen auch viele Vereinsaktivitäten in ihrer gewohn- wicklungen und Hintergründe werden ten Form unmöglich. Der Wunsch nach aktivem Vereinsleben in Austausch gebracht, um die Um- und das Bestreben, diese herausfordernde Zeit gemeinsam gut setzung der Maßnahmen abzustimmen durchzustehen, ist der rote Faden, der sich durch alle Gesprä- Seit dem Ausbruch der Pandemie in Information und Impulse für deren Weiterentwick- che und Initiativen zieht. Auflagen, Bestimmungen, Regelun- Vorarlberg stellt sich die Frage: „Wie lung einzuholen. Auch Vereine werden gen – und trotzdem muss dies keinen Stillstand bedeuten. können Vereine bestmöglich unter- Laufende Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingun- laufend durch digitale Engagement- Während wirtschaftliche Folgen durch finanzielle stützt werden?“ Im Auftrag der Vorarl- gen werden mit juristischer Unterstützung der Abteilung für Stammtische mit Themenschwerpunk- Unterstützungen abgemildert werden, sind die sozialen Aus- berger Landesregierung entwickelt das Sanitätsangelegenheiten in „FAQs“ aufbereitet und auf dem ten (z.B. Kontakt halten und Zusam- wirkungen noch weitgehend unabsehbar. Viele engagierte Land Vorarlberg – im Schulterschluss Landesportal bereitgestellt. Newsletter und Informationsver- menhalt stärken) vernetzt. Menschen sind an den Grenzen ihrer Frustrationstoleranz der fachlichen Bereiche – umfassende anstaltungen werden in gegenseitiger Unterstützung erarbei- angelangt. Es besteht Sorge um Motivationslosigkeit und den Angebote, um engagierten Menschen tet, verbreitet und umgesetzt. Verlust von Mitgliedern. Diesen Sorgen steht die Zuversicht zur Seite zu stehen. Diese bedarfsorien- Impulse gegenüber, dass die Freude an den Vereinsaktivitäten nicht tierten Unterstützungsangebote werden verloren gehen wird. weiterentwickelt und umgesetzt, solange Beratung Ein weiteres zentrales Element sind Zudem wird Kreativität, Anpassungsfähigkeit und es notwendig ist. Praxis-Impulse, bei denen inspirieren- Unbeirrbarkeit auf beeindruckende Weise sichtbar. Vereins- In diesen „Krisen-Support“ Beratung zu rechtlichen Fragen wird angeboten und stark de Beispiele aus Vereinen aller Bereiche angebote werden neu erfunden und in den digitalen Raum sind beinahe die gesamte Landesregie- nachgefragt. Auf Basis der FAQs und mit juristischer Unter- vorgestellt werden. Von digitalen Chor- verlegt. Viele Vereine bahnen sich immer wieder ihren Weg rung, zehn Abteilungen, Fachbereiche stützung werden Vereine umfassend beraten. proben über Online-Trainings und Ver- durch den „COVID-19-Schutzmaßnahmen-Verordnungsno- und Amtsstellen sowie zahlreiche Ver- einsbefragungen bis hin zu kreativen vellen-Paragraphen-Dschungel“, um das Vereinsleben mit bände und Organisationen involviert. Jahreshauptversammlung. Dabei werden verantwortungsvollen Aktivitäten zu beleben. Das Motto: Ein kooperatives Netzwerk mit unzähli- Erfahrungen und Ideen ausgetauscht. „Wir machen das Beste draus!“ wird täglich unter Extrembe- gen Aktivitäten und dem gemeinsamen dingungen erprobt und als Grundhaltung vieler engagierter Ziel, bestmögliche Unterstützung in Menschen bestätigt. dieser herausfordernden Zeit zu bieten. Eines Tages werden wir auf diese Zeit zurückblicken. Es besteht Grund zur Hoffnung, dass vieles, das vor kurzem noch fast unmöglich war, auch in Zukunft hilfreich sein wird. Wir werden viel über Kooperation gelernt und einen Quantensprung im Bereich der Digitalisierung erlebt haben. Es besteht Grund zur Zuversicht. Gute Zeiten stehen bevor! Ehrenamt und Pandemie oder gelten Motorräder als zugewiesene Sitzplätze? 16 17 Schwerpunkt
Inspiration durch gute Beispiele: Geht’s den o ett so I Chorn Bist du dabei? Engagierten gut, Calyp geht’s uns allen xI a hd ec r „Du machst was, das IF gut? ei ß yer- W Anne Ma One Step Ahead uns beeindruckt!“ Kreativ und offen In Götzis wird die Zusammenarbeit zwischen Das geht ganz einfach: Um diese Inspira- rein für das Neue! Gemeinde und Vereinen großgeschrieben – zve tion zu verbreiten, laden wir Menschen und das ist keine einseitige Geschichte. n Ta I dazu ein, von ihren Erfahrungen zu er- da On Charmaine Wie geht es euch als engagierter Verein zählen. „Du machst was, das uns beein- in der „Corona-Zeit“? Im Juni 2020 führte die Gemeinde eine „Covid-Verei- druckt! Es wäre super, wenn du uns und Wir sind mittendrin und voll dabei! Ganz ne-Befragung“ durch. Die zentrale Frage: Was braucht klar – das „Chorleben“ online zu gestalten, es gerade jetzt, wo das Vereinswesen in der bisherigen anderen Interessierten davon erzählen Es ist uns wichtig, ist nicht dasselbe wie „echte“ Chorproben. Form nicht stattfinden kann? 54 von 140 Vereinen könntest. Du bringst deine Erfahrung Trotz allem – für uns war von Anfang an beteiligten sich. Sichtbar wurden einerseits Schwie- ein, wir kümmern uns um alles andere. optimistisch zu bleiben! klar, dass wir direkt weitermachen. Wich- rigkeiten, aber auch gegenseitige Unterstützungsmög- tig ist uns ein kreativer Zugang: Wir su- lichkeiten. Die großen Herausforderungen in der Ver- Es wird ein lockerer Rahmen mit Men- Wie geht es euch als engagierter Verein in der chen immer nach Möglichkeiten, uns ge- einsarbeit sehen die befragten Obleute im Finden von schen, die in Austausch kommen wollen, „Corona-Zeit“? meinsam weiterzuentwickeln. Verantwortungsträger*innen und Mitgliedern. Auf die um was zu bewegen. Alle nehmen etwas Klar ist es eine komplette Umstellung für alle, da „Online- Frage „Was können wir als Gemeinde für euch Vereine Classes“ für viele eine komplett neue Welt sind. Daher wollen Was macht ihr, um das Vereinsleben aktiv tun?“ wurde mehrheitlich auf die Unterstützung bei der mit – vor allem Motivation und neue wir auf keinen Fall Fragen unbeantwortet lassen und ver- zu halten? Öffentlichkeitsarbeit und auf Infrastruktur verwiesen. Ideen. Zwei, drei Leitfragen als Orientie- suchen es so „live“ wie möglich zu gestalten. Jedoch wirft Dranbleiben! Wir proben seit März 2020 Aber auch die Vereine wurden gefragt, welchen Bei- rung, eine halbe Stunde Vorgespräch und die jetzige Situation uns einige Stolpersteine in den Weg, da online. Wir haben coole Filmprojekte um- trag sie zur Gemeinwesenarbeit der Gemeinde leisten nicht alle einen Laptop besitzen oder der Platz fürs Tanzen gesetzt. Wir hatten Workshops mit inter- könnten. Hier wird besonders die Alltagsunterstützung schon sind wir startklar. Bist du dabei?“ einfach nicht reicht. Aber im Allgemeinen ist die Erfahrung nationalen Referenten. Wir zaubern und von Senior*innen im Sinne der Nachbarschaftshilfe mit Corona meiner Meinung nach sehr kostbar. Wir sehen, basteln, wir feiern, wir nehmen gemein- genannt. Um das Zusammenleben zu fördern, fehlt den So laden wir Menschen dazu ein, ihre Inspirations- was wir schon erreicht haben und vor allem, was wir wert- sam im Tonstudio auf. Mit unseren Großen Götzner Vereinen die Vernetzung untereinander. Auch geschichte zu erzählen. An Teilnehmenden hat es schätzen sollen. machen wir einen Gitarrenkurs, die Klei- geeignete Strukturen, also Plätze und Räume, die be- noch nie gemangelt. Die Impulsveranstaltungen neren werden Noten-Profis. Es ist wichtig, spielt werden können, würden das Zusammenleben sind die Zeit immer wert. Der Zeit gemäß sind in Was macht ihr, um das Vereinsleben aktiv zu halten? im Gespräch zu bleiben, dafür nehmen wir ihrer Meinung nach fördern. den vergangenen Monaten vor allem Beispiele für Uns ist es als Verein wichtig, die Kommunikation unserer uns immer Zeit. Wer fragt, muss auch antworten. Die Ergeb- digitale Vereinsaktivitäten entstanden. Hier zwei Leute aufrecht zu erhalten. Mit unseren regelmäßigen Mee- nisse der Befragung nimmt die Gemeinde nun zum Impulse zu Online-Engagement in der Corona-Zeit: tings, die jede zweite Woche stattfinden, können wir gewisse Anlass, Projekte zur Stärkung der Vereine und des Mit- Infos, Updates der Gruppen und auch persönliche Neuigkei- einanders zu initiieren. Unterstützung bei der Öffent- ten übermitteln. Es gibt uns auch die Zeit, uns als Verein lichkeitsarbeit der Vereine zur Mitglieder- und Funk- neu zu gestalten, damit wir bei unserer Wiedereröffnung mit tionärswerbung, Unterstützung durch Infrastruktur der mehr Kraft und Elan starten können. Wir als Verein waren Gemeinde – so werden Wegweiser, Tafeln, Tische und uns schon immer nahe, doch bei der jetzigen Situation sehen Bänke sowie ein Vereinsbus zur Verfügung gestellt. wir, wie wichtig es ist, optimistisch zu bleiben und dass wir nicht alleine in dieser schweren Zeit sind. Wir sind für jede In Zukunft werden die Unterstützung, Spende und ein „Dankschön“ sehr dankbar! Man könnte es also als ein gelebtes Mit- Inspirationsgeschichten einander bezeichnen – was sich da tut in wieder mehr von persönlicher Begegnung erzählen. Mehr davon gibt’s der „Engagementmetropole Götzis“. Oder Miteinander im Inspirationshand- könnte man etwa sagen: Geht’s den En- online engagiert buch „Miteinander gagierten gut, geht’s uns allen gut!? online engagiert“. Inspirationshandbuch für digitales Engagement Dezember 2020 Inspiration durch gute Beispiele: Bist du dabei? 18 19 Schwerpunkt
Engagement in Vorarlberg 2020 1.000 Beratungskontakte ... hatte das FEB im Bereich Freiwilliges Engagement und in den unterschiedlichen Herausforderungen im 55,7 % Umgang mit Corona (seit Mai 2020). n e h 21.000 Mensc der Vorarlberg sind 1.753 + 7,0 % ehrenamtlich engagiert 2 Bregenz 12 d in ss Da Weiterbildungsangebote ... für Freiwillige mit über 240 Teilnehmer*innen bot das FEB. 1.354 + 4,8 % 1.178 Feldkirch + 2,6 % Dornbirn rc sch n itt eng a 1.200 869 + 2,2 % h gi Du Jugendliche ert. m ils i 37.000 we e je Bludenz g lli ... haben seit der i F ei w 5-6 Einführung von aha plus ... sind r Vollzeitarbeitsplätze (Nov. 2017) über 12.000 Freiwilligeneinsätze ... entsprechen der Summe der so geleisteten geleistet. Stunden / Woche 5.154 Arbeitstunden. Das sind weit mehr als bei den zehn größten Vorarlberger Industrieunternehmen zusammen. Vereine in Vorarlberg + 4,6 % mehr als 2020 Engagement in Vorarlberg 2020 20 21
Abwarten und Tee trinken? Kann man machen. „Aktiv werden Oder aber man nutzt die Gunst der Stunde. Re- flektiert. Wagt einen Blick über den Tellerrand. muss man selbst!“ Den Status quo hinterfragen und Entwick- Benno Grat, Wolfurt lungspotentiale ausloten. Wir entwickeln ein Tool, das nicht vorgefertigte Antworten liefert, sondern dabei helfen soll, sie selbst zu finden. Das lang ersehnte Comeback nach der Corona-Krise bietet Resonanz ein gutes Momentum, um sich mit grundlegenden Fragen auseinanderzusetzen. Wie strukturieren wir unseren Ver- In einem ersten Workshop mit aus- ein? Ist das noch stimmig? Die Welt hat sich verändert – wir gewählten Akteur*innen aus verschie- auch? Worauf müssen wir reagieren? denen Vereinen wurde das Konzept Unser Anliegen als FEB ist es, Vereine dabei best- vorgestellt und gemeinsam über grund- möglich zu begleiten und zu unterstützen. Deshalb arbeiten legende Fragen diskutiert. Der angereg- wir an einem Programm zur Vereinsentwicklung. Dieses soll te Austausch brachte bereits wertvolle jedem Verein ermöglichen, eine umfassende Selbstanalyse konstruktive Kritik und inspirierende durchzuführen, um herauszufinden was gut läuft, was nicht, Denkanstöße hervor. Insgesamt war die wo Potentiale liegen und wie diese erreicht werden können. Resonanz sehr positiv. Hilfe zur Selbsthilfe Die genauen Komponenten des Programms werden koope- rativ mit Akteur*innen aus den verschiedensten Bereichen entwickelt, um zielgenau auf die Bedürfnisse der Vereine „Vielen Dank für den ausgerichtet zu sein. In mehreren Schritten wird vernetzt an Prototypen gearbeitet, Zwischenergebnisse werden präsen- interessanten Work- tiert sowie Feedback und weitere Anregungen dazu eingeholt. Die Idee ist es, Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Denn kein shop. Das Thema ist vorgefertigtes Erfolgsmodell ist für alle zielführend. Ein Pro- gramm kann immer nur ein Werkzeug bleiben, doch aktiv für uns sehr relevant, werden muss man selbst, um die individuellen Ziele des Ver- bleibt dran!“ Alles Theater? Von wegen. Jetzt bietet sich eine gute Gelegenheit, um sich als Verein weiterzuentwickeln. eins zu erreichen. Andrea Gollob, KJJS Lebendige Die Pfadis gehen voran! Inspiration für das Unterstützungsprogramm ist unter ande- rem das Selbstanalyse-Tool „Vitale Pfadfinder*innengruppe“. Dieses soll dabei helfen, die eigene Gruppe möglichst umfas- Vereine – wann, send zu betrachten und so eine gute Einschätzung der aktu- ellen Situation zu erhalten. Es ist allerdings keinesfalls eine „Prüfung“, soll auch keine standardisierten Antworten liefern, Ausblick wie etwas „richtig“ zu machen sei. Ganz im Gegenteil. Durch die Reflexion soll ein Blick auf das Positive geworfen werden, Wir starten bereits 2021 mit einem Pro- wenn nicht jetzt? um davon inspiriert zu werden und ermutigt an etwaigen totyp und testen mit Vereinen aller Be- Problemen zu arbeiten. „Die Methode dient dazu, anstehende reiche, was es daran noch zu verbessern Entscheidungen aufzuzeigen und bisher nicht beachtete Be- gibt. Ab 2022 wollen wir damit viele Ver- reiche in Erinnerung zu rufen“, erklärt Isabel Baldreich vom eine in ihrer Entwicklung unterstützen. Pfadfinder*innen Landesverband. Lebendige Vereine – wann, wenn nicht jetzt? 22 23 Schwerpunkt
Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn Ohne Digitalisierung geht angeblich gar nichts mehr. Auch die Zukunft der Vereine ist digital, heißt es. Aber was hat unser Verein damit zu tun? Was soll uns das bringen? Gewinnen wir damit mehr Zeit fürs Wesentliche? Die EDV ist aus der Vereinsorganisation nicht mehr wegzu- Mit Fachberatung und denken. Kaum ein Verein kommt mehr ohne Computer aus. Förderung unterstützen Wir sind mitten drin in der Digitalisierung der Vereine. Bei manchen laufen die EDV-Anwendungen und die organisa- Mit Fachberatung und Förderung sol- torischen Abläufe wie geschmiert. Ein technikbegeistertes len Vereine effektiv unterstützt werden. Vereinsmitglied hält alles am Laufen. Die Mitgliederverwal- Dazu werden folgende Unterstützungs- tung und die Buchhaltung erledigt sich fast wie von selbst. angebote entwickelt und umgesetzt: Alles nur ein schöner Traum? Oft sieht die Vereinsrealität (noch) anders aus: Das EDV-System besteht aus einem E- Mail-Programm, unzähligen Vorlagen und Listen, Tabellen und dazwischen klemmt eine Datenverwaltung, die seit ein paar Jahren datenschutzkonform sein sollte. Das alles kostet wertvolle Zeit und Nerven. Digital-Check Status- und Potentialcheck mit Vereinen und EDV- Fachleuten vor Ort Irgendwann gehen wir das an! Aber wo fangen wir an? Digital-Scheck Sicher gibt es gute Lösungen für alles. Wir müssten nur wis- Förderprogramm für sen wie. Aber irgendwie läuft es ja eh. Es ist zwar mühsam Beratung zur Entwicklung und und zeitaufwändig, aber solange das Faxgerät noch rennt, Anwendung effektiver EDV- sind wir noch nicht verloren. Wobei es schon fein wäre, Weiterbildung Systeme wenn die Vereinsorganisation einfacher wäre. Dann hätten Kursprogramm für Vereine zu wir endlich wieder mehr Zeit für die Dinge, die uns mehr zentralen EDV-Anwendungen Spaß machen – den Vereinszweck zum Beispiel. Irgendwann der Vereinsorganisation gehen wir das an. Aber wo sollen wir anfangen? Jedenfalls müssen wir zuerst die Briefe für den Mitgliedsbeitrag aus- senden. Wo war noch mal die Vorlage? In die Entwicklung sind Vereine von Gute EDV-Systeme erleichtern Beginn an eingebunden. Ein Prototyp den Vereinsalltag des Angebots wird bereits in Vereinen getestet. Schrittweise wird das Unter- Wer diese Situation kennt, weiß, warum wir uns überlegen, stützungsprogramm erprobt, verbessert wie wir Vereinen dabei helfen können, einen Schritt voran und ausgeweitet. zu kommen in der Digitalisierung. Der Fokus liegt dabei auf Das Kernziel ist die Reduk- der Frage: Wie gelingt es Vereinen wieder mehr Zeit für das tion demotivierender Tätigkeiten für Wesentliche zu gewinnen? Gute digitale Anwendungen und Menschen in Vereinsfunktionen. Durch Abläufe können den Vereinsalltag erleichtern. Im Zentrum der effiziente Abläufe und einfach nutzbare Unterstützung stehen jene Menschen, die die Vereine organi- digitale Werkzeuge soll mehr Zeit zur Einblick satorisch am Laufen halten. Wie geht es euch mit der EDV? Erfüllung des Vereins- bzw. Verbands- Was läuft gut? Was ist mühsam? Was kostet viel Zeit und zwecks zur Verfügung stehen. Damit Nerven? Was ist zu tun, damit die Vereinsorganisation leich- die Freude an der Vereinstätigkeit er- ter von der Hand geht. Und vor allem, wie gehen wir das an? halten bleibt. Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn 24 25 Schwerpunkt
Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn Ohne Digitalisierung geht angeblich gar nichts mehr. Auch die Zukunft der Vereine ist digital, heißt es. Aber was hat unser Verein damit zu tun? Was soll uns das bringen? Gewinnen wir damit mehr Zeit fürs Wesentliche? Die EDV ist aus der Vereinsorganisation nicht mehr wegzu- Mit Fachberatung und denken. Kaum ein Verein kommt mehr ohne Computer aus. Förderung unterstützen Wir sind mitten drin in der Digitalisierung der Vereine. Bei manchen laufen die EDV-Anwendungen und die organisa- Mit Fachberatung und Förderung sol- torischen Abläufe wie geschmiert. Ein technikbegeistertes len Vereine effektiv unterstützt werden. Vereinsmitglied hält alles am Laufen. Die Mitgliederverwal- Dazu werden folgende Unterstützungs- tung und die Buchhaltung erledigt sich fast wie von selbst. angebote entwickelt und umgesetzt: Alles nur ein schöner Traum? Oft sieht die Vereinsrealität (noch) anders aus: Das EDV-System besteht aus einem E- Mail-Programm, unzähligen Vorlagen und Listen, Tabellen und dazwischen klemmt eine Datenverwaltung, die seit ein paar Jahren datenschutzkonform sein sollte. Das alles kostet wertvolle Zeit und Nerven. Digital-Check Status- und Potentialcheck mit Vereinen und EDV- Fachleuten vor Ort Irgendwann gehen wir das an! Aber wo fangen wir an? Digital-Scheck Sicher gibt es gute Lösungen für alles. Wir müssten nur wis- Förderprogramm für sen wie. Aber irgendwie läuft es ja eh. Es ist zwar mühsam Beratung zur Entwicklung und und zeitaufwändig, aber solange das Faxgerät noch rennt, Anwendung effektiver EDV- sind wir noch nicht verloren. Wobei es schon fein wäre, Weiterbildung Systeme wenn die Vereinsorganisation einfacher wäre. Dann hätten Kursprogramm für Vereine zu wir endlich wieder mehr Zeit für die Dinge, die uns mehr zentralen EDV-Anwendungen Spaß machen – den Vereinszweck zum Beispiel. Irgendwann der Vereinsorganisation gehen wir das an. Aber wo sollen wir anfangen? Jedenfalls müssen wir zuerst die Briefe für den Mitgliedsbeitrag aus- senden. Wo war noch mal die Vorlage? In die Entwicklung sind Vereine von Gute EDV-Systeme erleichtern Beginn an eingebunden. Ein Prototyp den Vereinsalltag des Angebots wird bereits in Vereinen getestet. Schrittweise wird das Unter- Wer diese Situation kennt, weiß, warum wir uns überlegen, stützungsprogramm erprobt, verbessert wie wir Vereinen dabei helfen können, einen Schritt voran und ausgeweitet. zu kommen in der Digitalisierung. Der Fokus liegt dabei auf Das Kernziel ist die Reduk- der Frage: Wie gelingt es Vereinen wieder mehr Zeit für das tion demotivierender Tätigkeiten für Wesentliche zu gewinnen? Gute digitale Anwendungen und Menschen in Vereinsfunktionen. Durch Abläufe können den Vereinsalltag erleichtern. Im Zentrum der effiziente Abläufe und einfach nutzbare Unterstützung stehen jene Menschen, die die Vereine organi- satorisch am Laufen halten. Wie geht es euch mit der EDV? Was läuft gut? Was ist mühsam? Was kostet viel Zeit und digitale Werkzeuge soll mehr Zeit zur Erfüllung des Vereins- bzw. Verbands- zwecks zur Verfügung stehen. Damit Einblick: Nerven? Was ist zu tun, damit die Vereinsorganisation leich- ter von der Hand geht. Und vor allem, wie gehen wir das an? die Freude an der Vereinstätigkeit er- halten bleibt. Woran arbeiten wir gerade? Ehrenamt digital: Weniger Excel, mehr Alphorn 26 27
Spätestens seit der LandStadt-Onlinetagung Aber es gibt doch so viel mit über 130 Teilnehmenden Ende November mehr als Georgie! ist klar, diese Spur ist heiß. Oder um eine sehr beliebte Floskel zu verwenden: Hier Ja richtig. Irgendwo mussten wir an- steckt Potential drin. Wie dieses aussieht, fangen. Und wenn bedacht wird, dass es speziell in der Sozialarbeit zu einem wie es sich aktivieren lässt und was Schall- Switch in Bezug auf das Augenmerk platten damit zu tun haben, versuchen wir weg vom Mangel hin zu Fülle geht, auf den folgenden Seiten aufzuzeigen. macht es durchaus Sinn, sich auf eine andere Zielgruppe zu konzentrieren. Gerade bei Georgie & Co. liegt großes Potential, wenn es darum geht, schlum- mernden Engagementwillen zu aktivie- ren. Und auch alle anderen wollen wir durch die Beschäftigung mit dritten Or- „Was habt ihr nun herausgefunden: ten begeistern. Warum ist Vorarlberg denn so bsundrig? Und wie kann das funktionieren? Vorarlberg wird häufig als zukunftsorientierter Lebensraum gesehen, der viele Chancen mit sich Durch Orte, die sich wie zuhause an- bringt, die aber oft noch nicht ausreichend sichtbar fühlen, aber außerhalb der eigenen vier gemacht werden. Urbane Potentiale (auch im länd- Wände sind. Orte, die von Begegnung lichen Raum) liegen brach. Es braucht mehr neue leben. Ein Treffpunkt für Gleichgesinn- Urbanität spüren, leben. Mitten im ländlichen Walgau. Das war das Blumenegg-Festival im September 2019. Ideen(räume). Polyzentrik oder urbane Nähe wird te und Andersdenkende. Orte, die Krea- als zentrale Stärke genannt und damit als Kern des tivität und Experimentieren ermögli- Gelingens. Das macht Vorarlberg zu einer Region chen. Sie sind flexibel gestaltbar und Zuerst prägen Orte mit sehr speziellem Charakter, was im Alltag immer frei von Hierarchien und Zwang. Alles wieder spürbar ist. kann, nichts muss. Vielseitigkeit und Diversität gibt neue Inspiration und Möglichkeiten sich zu entfalten. Orte Und was hat nun Georgie abseits von Wohnraum und Arbeit. Und Menschen, dann damit zu tun? trotzdem vertraute Anlaufstelle. Klingt utopisch? Tatsächlich Georgie steht für eine besondere Gruppe von in stellen wir euch ein Modell aus Ober- Vorarlberg lebenden Menschen. Sie sind vermehrt österreich vor, das auf eine zehnjährige Rückkehrer*innen nach einem Studium oder Aus- Erfolgsgeschichte zurückblicken kann. Menschen Orte. landsaufenthalt. In einem bestimmten Alter sehen Mitgründer der OTELOS, Martin Holli- sie die Vorteile ihrer Heimat Vorarlberg und kom- netz, erzählt ausführlich über Beginn, men zur Familienplanung zurück. Sie bringen nicht Herausforderungen und Wirkungen nur ihre Plattensammlung, sondern vor allem ein von solchen Experimentierräumen. Zu- urbanes Mindset mit, das ihr Leben prägt. Sie sind vor möchten wir aber noch das Prob- politisch interessiert, gut ausgebildet, emotional in- lem etwas genauer spezifizieren. telligent und gut vernetzt. Was sie brauchen, sind Aufmerksame Leser*innen können sich vielleicht noch an die erste Ausgabe des Magazins erinnern. Raum und Infrastruktur, um ihre entstandenen Dazu kommt Soziologe Simon Darin haben wir Georgie, den LandStadt-Hipster, vorgestellt. Dass es bei LandStadt-Vorarlberg um Sehnsüchte nach Gestaltung und Engagement in Burtscher-Mathis zu Wort (S. 30) und kreative und produktive Wege zu leiten. Da haben beschreibt, auf welche gesellschaft- die bewusste Gestaltung des Lebensraumes geht, war schnell klar. Im Laufe des Prozesses stellte dann alle was davon. lichen Herausforderungen sogenannte sich immer mehr heraus, dass dafür aber diese gewissen Gestaltungs-Orte fehlen. Wie müssen „dritte Orte“ einen Lösungsansatz bieten. diese aussehen? Wer gestaltet hier überhaupt was? Was könnte tatsächlich der Mehrwert für die Region sein? Und warum glauben wir, dass es für eine positive Zukunftsgestaltung notwendig ist, bewusst Raum für Engagement und Kollaboration zu schaffen? Zuerst prägen Orte Menschen, dann Menschen Orte. 28 29 Einblick
Der VogelFreiRaum wartet mitten im Rankweiler Zentrum darauf, wieder belebt zu werden. Worauf können dritte Orte eine Antwort sein? Die Spatzen pfeifen es von allen Dächern. Es braucht mehr Begegnungsorte, um eine Anbin- dung an lokalräumliche Beziehungsnetzwerke zu ermöglichen. Oder anders gesagt: All you need is Simon Burtscher-Mathis connection. Ein Versuch, die Herausforderungen Soziologe, Lehrbeauftragter an der FH Vorarlberg, Mitglied der der LandStadt in greifbare soziologische Thesen Geschäftsleitung des Vorarlberger zu verpacken. Von Simon Burtscher-Mathis. Kinderdorfs „Bei einer genaueren Betrachtung von Vorarlberg sticht in meiner Forschung vor allem ein Phänomen heraus: Die zu- nehmende Diversität der Bevölkerung und die gleichzeiti- ge Abnahme der sozialen Durchmischung. Diese fehlende Durchmischung wird auch als soziale Segregation bezeichnet ihres privilegierten Zugangs gesehen, eine Dynamik, die viel und meint damit die ungleiche Verteilung der Bevölkerung Konfliktpotential beinhaltet. Genauer betrachtet, werden in in Teilbereichen der Gesellschaft, wie zum Beispiel im Bil- der LandStadt Vorarlberg folgende Phänomene sichtbar. Es dungssystem oder in Wohngegenden. Bestimme Gruppen tre- kommt zu einer immer stärkeren Ausdifferenzierung der Ge- ten also in einem Teilbereich konzentrierter auf, während sie sellschaft, die mit einer Pluralisierung von Lebenswelten ver- in anderen Bereichen unterrepräsentiert sind. bunden ist. Sichtbar wird das beispielsweise in der Ausdiffe- renzierung von Freizeitangeboten und Ausbildungen. Diese Pluralisierung führt zu einer Konzentration von sozialen Gruppen in bestimmten sozialen Räumen und zu einem Be- Soziale Segregation ist deutungsverlust von lokalräumlichen Strukturen. Hohenem- ser oder Dornbirner zu sein ist nur mehr für alteingesessene dabei häufig eng mit Familien von Bedeutung, für neu Zugezogene ist das im All- tag nicht mehr relevant. Sie wohnen und schlafen zwar in sozialer Ungleichheit ihrem Wohnort, fühlen sich aber wenig bis gar nicht mit ihm verbunden. Diese fehlende lokale Verortung sowie fehlende und dem Thema Begegnung und Durchmischung ist mit einer Zunahme von Konflikten, Abgrenzung von Gruppen und einem gegenseiti- Integration verbunden. gen Unverständnis im Alltag verbunden. Diese Entwicklungen machen eines ganz deutlich, die LandStadt Vorarlberg braucht mehr Orte der Begegnung, Was heißt das konkret in Vorarlberg? Menschen ziehen sich die der sozialen Segregation entgegenwirken und eine An- aufgrund ihres Bedürfnisses nach Zugehörigkeit und Orien- bindung an lokalräumliche Beziehungsnetzwerke fördern. Es tierung in die eigene Gruppe zurück und grenzen sich von gibt insgesamt wenige, frei zugängliche Orte, die sich für Ju- anderen Gruppen ab. Machtstarke Gruppen, wie die etablier- gendliche oder Erwachsene als Treffpunkte eignen, die nicht ten Einheimischen, verfügen dabei über mehr Ressourcen mit einem Konsumzwang oder einer inhaltlichen Ausrich- und versuchen den Zugang zu diesen gegenüber macht- tung verbunden sind, aber attraktive und niedrigschwellig- schwächeren Gruppen, wie zum Beispiel zugewanderten zugängliche, öffentliche Orte sind. Außenseitern, zu verteidigen. (Elias/Scotson 1993, Burtscher 2009) Eine Durchmischung wird deshalb auch als Bedrohung Worauf können dritte Orte eine Antwort sein? 30 31 Im Mutterschiff der Digitalen Initiativen in der Postgarage Dornbirn finden Nerds jeder Altersstufe Raum für Experimente.
Das W*ORT ist ein spezieller Ort in Lustenau. Erwachsene schenken Kindern ihre Zeit und versuchen, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Ray Oldenburg nennt sieben ideale Kriterien, die „dritte Orte“ kennzeichnen Der amerikanische Soziolo- 01 ge Ray Oldenburg hat Ende der 1980er Jahre sein Kon- zept des „dritten Ortes“ (engl.: Sie sind neutral, Menschen können kommen und gehen, wann immer sie wollen. Sie 02 Third Place) in „The Great Good erfordern auch keine regel- Sie sind hierarchielos, und es mäßigen Besuche, längere gibt keine Statusunterschiede Place“ veröffentlicht (Olden- Abwesenheiten stellen meist an diesen Orten. Es gibt dort burg 1997). Darin beschreibt er kein Problem dar. auch keine Gastgeberin oder Form und Qualität des dritten keinen Gastgeber. Ortes – neben dem eigenen Heim („erster Ort“ oder „First Place“) und dem Arbeitsplatz oder der Schule („zweiter Ort“ oder „Second Place“) – und 03 04 seine Bedeutung für das Funk- Gespräche und Austausch untereinander sind die iese Orte sind niederschwellig und D tionieren einer demokratischen wichtigsten Aktivitäten. leicht zugänglich, sie stehen lange of- Gesellschaft (Oldenburg 2001). fen, und es braucht keine Reservierung Bei den „dritten Orten“ handelt für die Anwesenheit. es sich um informelle öffent- liche Orte, an denen man sich für wenig oder gar kein Geld aufhalten kann und vor allem 05 anderen Menschen begegnet. „Dritte Orte“ haben Stammbesucher*innen. Dritte Orte gibt es in unter- Neuankömmlinge werden nicht automatisch, aber meistens einfach akzeptiert. schiedlichen Gesellschaften, Formaten und Zeitaltern (Ol- denburg 1997: 17). Die Gute Stube 06 07 Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur „Dritte Orte“ sind Die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen. sadipscing elitr, sed diam nonumy einfach ausgestattet. Obwohl der „dritte Ort“ nicht das Zuhause ist, eirmod tempor invidunt ut labore et ist er doch einem guten Zuhause im Hinblick dolore magna aliquyam erat, sed diam. auf Unterstützung und Wohlbefinden sehr ähnlich (Oldenburg 1997: 22 f.). 32 33 Soziologe Ray Oldenburg Einblick
OTELOS sind inspirierende Ein bisschen Gemeinschafts-(T)Räume, die einladen, Visionen und Ideen wie Montessori miteinander zu teilen und zu Wir vermitteln keine Tools, sondern das, was verwirklichen. Sie sind Orte der mit den Menschen im Dazwischen passiert. offenen Begegnung und herzlichen Beziehung. Sie bieten Menschen, Den Blick öffnen, über Landesgrenzen hinaus. Also begann die Recherche nach solchen in unabhängig von Alter, Herkunft oder spirierenden Orten und wir wurden fündig. Wir sind OTELO, ein „offenes Technologielabor”. So werden Interessierte auf der Website dieses Zugehörigkeit, freien Raum, in dem großen, vielfältigen Netzwerks begrüßt. OTELOS schaffen und bieten Raum. Die einen jodeln, die mehr gezeigt, dass es wichtig ist, Möglichkeiten für „Pop- up“-Engagement zu schaffen. Primär haben damals Gruppen wie SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) angedockt. Oder Offenheit und das Teilen von Wissen anderen reparieren kaputte Dinge. Immer geht es um Beziehungen. Und ganz grundsätzlich um Gruppen, die etwas aufbauen wollten, junge Menschen, die eher „nerdige“ Themen hatten, die sich sonst nirgends wie- derfinden. Und Menschen, die sich für aktive Beteiligung und und Erfahrungen im Vordergrund einen Kulturwandel. Ein Gespräch mit Grün- dungsmitglied Martin Hollinetz. Regionalentwicklung eingesetzt haben. Das war das Konglo- merat der damaligen Gründungscrew, das waren um die 25 Personen. Damals war ich noch Regionalmanager für das stehen. Die Nutzer*innen der Vor zehn Jahren wurden die OTELOS Land Oberösterreich und in meiner Rolle ging es eher darum, so etwas wie eine lokale Machbarkeit zu testen. Es stellte sich heraus, dass es von den Gemeinden selbst heraus entstehen OTELOS gestalten diese Räume gegründet. Erzähl doch bitte etwas über die Anfangszeit. muss. Das hat dann dazu geführt, dass eine der Grundre- geln entstand, die bis heute gilt: Über einen Gemeindebe- schluss muss gewährleistet sein, dass Infrastruktur wie Raum gemeinsam. Sie verstehen sich als Ausgangspunkt war damals der Fokus der Regionalentwick- lung und dabei lag der Schwerpunkt auf der Frage, wie man zur Verfügung gestellt wird, noch bevor es darum geht, ein Team zu erstellen. Es ist unheimlich wichtig, dass man mit dem Gemeinderat oder der Kommune auf eine gute Dialog- Gastgeber*innen für das Neue. Sie für junge Menschen, bevor sie ländliche Regionen aufgrund von Ausbildung und Studium verlassen, einen lebendigen Ort schaffen kann – neben Vereinen und Familie. Wichtig ebene kommt, um das Anliegen zu vermitteln. Und dass in der Gruppe selbst auch klar transparent gemacht wird, was denn auch persönliche Ziele sind. Also worum geht es je- entwickeln inspirierende Formate. war dabei von Anfang an, leicht in Verbindung miteinander zu bleiben und dass es wenig Hürden gibt, um immer wieder anzuknüpfen. Die Hypothese dahinter war, dass es für Rück- dem persönlich? Wenn das ein ganz bestimmtes Ziel ist, dann haben wir gemerkt, dass da unheimlich viel Energie darin steckt, aber nicht sehr nachhaltig ist. Wenn es aber darum Die kulturelle Basis dafür ist die kehrer*innen, beispielsweise nach einem abgeschlossenen Studium, einfacher ist, so in ihren Heimatorten wieder An- schluss zu finden. Außerdem wollten wir auch für Themenfel- geht, langfristig in einem Ort zu leben, der Innovationen er- möglicht und eben diesen genannten Kulturwandel anstößt, dann ist definitiv vieles möglich. Otelo-Charta. der einen Ort bieten, der nicht über klassische Vereinsstruk- turen abgebildet wird. Über die Jahre hat sich dann immer Wenn es wenig administrative, organisatorische Hürden gibt, kann alles sehr schnell gehen. Die Vision 34 35 Ein bisschen wie Montessori Einblick
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