Partnerland im Unterricht - Ruanda revueausgabe 2/2015 Journal der Partnerschaft rheinland-Pfalz/ruanda - rlp-ruanda.de
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2/15 Ruanda Revue Ruanda Revue Ausgabe 2/2015 J o u r n a l d e r Pa rt n e r s c h a f t R h e i n l a n d - P fa l z / R ua n da Partnerland im Unterricht Ministerium Titelthema Titelthema
I n h a lt s v e r z e i c h n i s Ruanda und die Partnerschaft Perspektivwechsel als Leitmotiv Amtsantritt von Botschafter im Unterricht.............................................................3 interkulturellen Lernens......................22 Igor Cesar in Berlin ............................................. 38 Ruanda in „Gemeinsam ein Verordnete Harmonie....................................... 39 Schulbüchern ..........................................................8 Tagwerk schaffen“.....................................26 Von Rheinland-Pfalz Via Internet ins Partizipation auf der in das Land der tausend Hügel................ 42 Klassenzimmer ........................................................ 10 kleinsten Ebene ........................................30 „Ejo-connect stellt vor“................................. 43 Schulpartnerschaften Fairplay-Tour der Großregion 2015: Rheinland-Pfalz/Ruanda.................................. 12 Radeln für Welthungerhilfe- Unterrichtsmaterialien..................................... 44 Projekt ..............................................................33 LehrerInnen unterwegs – Rezension................................................................. 45 Fortbildungsreise nach Ruanda ....................... 16 Begegnung und Spaß: Der Ruanda-Tag 2015.............................35 Zu guter Letzt........................................................ 46 Das ENSA-Programm – Partnerland im Unterricht.............................. 19 Lehrerreise nach Ruanda ................................. 46 18 38 35
T itelthe m a Ruanda und die Partnerschaft im Unterricht von Karl Heil, ehem. Schulleiter am Emanuel-Felke-Gymnasium in Bad Soberheim und Vorsitzender vom Ruanda-Komitee e.V. Bad Kreuznach In den meisten Schulen in Rheinland- Pfalz, die eine Partnerschaft mit einer Schule in Ruanda pflegen, ist die Beschäf- tigung mit dem Leben der Menschen, den Entwicklungen in Ruanda und mit der Partnerschaft kein Problem. Auf viel- fältigen Wegen und Methoden wird der Gedanke des „Globalen Lernens in der Einen Welt“ umgesetzt. Im Rahmen einer „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ist dies Bestandteil des Bildungs- und Erzie- hungsauftrags aller Schulen. Schülerin- nen und Schüler sollen befähigt werden, sich mit gesellschaftlichen, ökologischen, wirtschaftlichen und politischen Ent- wicklungen auseinander zu setzen. Die Vermittlung von Kenntnissen, Kompeten- zen und Werten soll auch dazu führen, eigene Handlungsmöglichkeiten und Die Schülerinnen und Schüler der Grundschule Bockenau können sich über die Gestaltungsspielräume einzuschätzen Partnerschule, die Primarschule Cyamatare informieren (Foto: Karl Heil). und im Sinne globaler Verantwortung wahrzunehmen. Am Beispiel der Partner- tionen und politischen Entwicklungen schaft Rheinland-Pfalz/Ruanda kann dies von 1,1 Milliarden Menschen wir nicht begreifbar gemacht werden. Der folgen- gerecht werden. Allein die Fläche Afrikas de Beitrag befasst sich mit aktuellen The- zeigt: Es ist größer als die USA, Europa, In- Am Beispiel der men, der Einordnung in die rheinland- dien, China und Japan zusammen. Partnerschaft pfälzischen Lehrpläne, dem Angebot der Rheinland-Pfalz/ Lehrerfortbildung und Perspektiven für Die sozialen, politischen und ökonomi- Ruanda kann die Zukunft. schen Missstände in Afrika kann man dies begreifbar nicht leugnen. Statistiken weisen Afrika gemacht werden. Unser Blick „nach Süden“, auf Staaten und den niedrigsten Entwicklungsstand aller die Lebenssituation von Menschen in Ent- Regionen der Welt zu - bei einer Höchst- wicklungsländern ist oft noch sehr einge- zahl militärischer und politischer Konflik- engt: Armut und Elend, Menschen, die im te und einem minimalen Anteil an den Müll nach Nahrung suchen, hungernde globalisierten ökonomischen Prozessen. Kinder, Umweltzerstörung und Natur- Auch angesichts von Armut und Hunger, katastrophen, Kriege und Ausbeutung, von Krieg und Korruption, von Flucht und Flüchtlingsströme nach Katastrophen Vertreibung, von Malaria, Aids und Ebo- und kriegerischen Konflikten. Häufig wird la, ist der Selbstbehauptungswille der Afrika als ein Kontinent gesehen, dessen „kleinen Leute“ groß. Der mühsame, aber Vielfalt von 54 Staaten, den Landschafts- meist erfolgreiche Überlebenskampf des und Klimazonen, den kulturellen Tradi- größeren Teils der Bevölkerung ist ein- RUANDA REVUE · 02/2015 3
T itelthe m a drucksvoll. Den Blick „nach unten“ hat die lungsoptionen: Ausbau des Bildungssektors und des Ge- Partnerschaft, weil sie sich den Menschen - Die Partnerschaft des Landes Rheinland- sundheitswesens, neue Energiewirtschaft zuwendet. Durch das vielfältige Netz von Pfalz mit der Republik Ruanda ist ein be- und internetaffine Dienstleistungen, die direkter, freier Kommunikation zwischen sonderer Zugang zur Nord-Süd-Koope- Kooperation mit den Nachbarn und der Menschen in Rheinland-Pfalz und Ruan- ration, der fachliche Informationen mit Einfluss Chinas sind spannende Themen, da kann ein wohltuender Kontrast zu den ethischen Werten und einer Handlungs- die einer breiteren Darstellung bedürften. Klischees von Afrika, wie sie in Filmen und dimension verknüpfen kann. Die Suche nach aktuellen Informationen Romanen immer noch zu finden sind, - Komplexität und Multidimensionalität und Unterrichtsmaterialien ist oft auf- vermittelt werden. Die „Graswurzelpart- von Unterentwicklung, Entwicklung und wändig. nerschaft“ ist bundesweit immer noch Entwicklungspolitik oder zur Definition einzigartig, wenn auch andere Bundes- von Armut und Wohlstand können am Die Partnerschaft Rheinland-Pfalz/Ruan- länder mittlerweile ähnliche Ansätze ver- Beispiel Ruanda in einer Fallstudie heraus- da findet in mehreren Lehrplänen und in folgen. gearbeitet werden, die auch Möglichkei- allen Schulstufen des Landes als explizit ten und Grenzen eigenen Engagements genannter Inhalt beziehungsweise In- Wieweit trägt Ruanda als Beispiel für die verdeutlichen können. haltsaspekt oder als Element von Lernzie- Beschäftigung mit Fragen der Entwick- len ihren Platz. Neben den Möglichkeiten lung und der Entwicklungszusammen- Für Schulen (und die außerschulische Bil- für jede Lehrkraft, im Rahmen ihrer päd- arbeit in der Schule und der außerschu- dung) bieten sich Fragestellungen an, wie agogischen Gestaltung von Unterricht lischen (Erwachsenen-) Bildung und - die Bedeutung direkter partner und im pädagogischen Freiraum einen welche Einsichten sind dabei verallge- schaftlicher Kooperation („Graswur- Schwerpunkt auf Ruanda und die Part- meinerbar? zelpartnerschaft“) für die Menschen in nerschaft Rheinland-Pfalz/Ruanda zu set- Gelegentlich wird Ruanda als „Brennglas“ Ruanda und in Rheinland-Pfalz zen, gibt es Lehrplanvorgaben, die den bezeichnet, weil sich typische Problemla- - der Vergleich der „Graswurzelpartner- Stellenwert der Partnerschaft verdeutli- gen von Ländern des „Globalen Südens“ schaft“ mit staatlicher Entwicklungszu- chen. Die Gesellschaftswissenschaften in diesem kleinen Land besonders deut- sammenarbeit (Erdkunde, Sozialkunde, Geschichte) und lich zeigen: Bevölkerungswachstum und - die Möglichkeiten eigenen Engage- Religion/Ethik stehen hier im besonderen Landmangel, Binnenlage und schlechte ments im Rahmen der Partnerschaft Fokus. Die Beispiele für die Grundschule, Infrastruktur, Fehlen nennenswerter Bo- - die nachhaltige Wirkung längerfristiger die Orientierungsstufe und die Sekundar- denschätze und Orientierung an Export- Zusammenarbeit stufe II in verschiedenen Schularten sind produkten wie Kaffee und Tee, Dilemma - eine vergleichende Betrachtung einzel- in den Lehrplänen auf dem Bildungsser- zwischen „cash crop“, den in den Entwick- ner Bereiche, beispielsweise den Res- ver des Landes Rheinland-Pfalz zu finden: lungsländern für den Export angebauten sourcenverbrauch, den Gebrauch und http://lehrplaene.bildung-rp.de/schulart. Nahrungsmitteln, und den „food crop“ die Verschwendung von Lebensmitteln html der selbstversorgungsorientierten Land- - Wertvorstellungen im Alltag (Zusam- wirtschaft, schwacher Binnenmarkt und menleben, Familie, …), Lebensstile und In der Sekundarstufe I der allgemeinbil- geringe Wertschöpfung, Tradition versus Vorbilder. denden Schulen (ausgenommen Ge- Moderne, zunehmende soziale Differen- samtschulen) ist derzeit der Lehrplan zierung in Arm und Reich, Rolle von Eliten Was die Entwicklung der letzten beiden des Lernbereichs Gesellschaftswissen- und intransparente politische Prozessab- Jahrzehnte angeht, so wird der Blick auf schaften in Erprobung, der im Schuljahr läufe, „Kolonialerbe“ und Wirkungen der Ruanda oft zu anderen Beobachtungen 2016/17 verbindlich werden soll. Er ent- Entwicklungszusammenarbeit – die Auf- führen als bei anderen Staaten Afrikas. hält ein gemeinsames gesellschaftswis- zählung ließe sich fortsetzen. Ruanda durchläuft nach 1994 eine außer- senschaftliches Kompetenzmodell für gewöhnliche und in einzelnen Bereichen Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde. „Die Entwicklungsländer“ sind keine rasante Nachkriegsentwicklung. Das „land In allen drei Fächern und allen genannten Einheit: Es bedarf der Differenzierung, in a hurry“ , wie es Ruander selbst nennen, Schularten finden sich explizite Hinweise des Überblicks, des Kontrastes wie der bietet viele Aspekte, beispielsweise den und verschiedene Möglichkeiten für die Vertiefung zur Erschließung typischer Wiederaufbau von Staat und Wirtschaft, inhaltliche Anknüpfung der Partnerschaft Elemente. Ruanda wird nicht als das Bei- die Aufarbeitung des Genozids, die Be- Rheinland-Pfalz/Ruanda im Unterricht, spiel für die Darstellung des Komplexes deutung von Frauen für die Entwicklung, wobei das Fach Erdkunde weiterhin eine Entwicklungsländer/Dritte Welt/ Entwick- den Kampf gegen die Korruption, die ge- besondere Bedeutung hat. Der Lehrplan- lungspolitik gelten können, aber es bietet sellschaftliche und soziale Entwicklung entwurf kann heruntergeladen werden: besondere Möglichkeiten und Hand- und Differenzierung von Stadt-Land, den http://geschichte.bildung-rp.de/grundla- 4 RUANDA REVUE · 02/2015
gen/lehrplaene.html Eine Übersicht der Lehrplanbezüge ist im Beitrag „Die Partnerschaft Rheinland- Pfalz-Ruanda im Unterricht und in der Er- wachsenenbildung“ zusammengestellt, der in der Broschüre „Eine Welt – Unsere Welt. Das Europäische Jahr für Entwick- lung in Rheinland-Pfalz“ nachzulesen ist. Das im Mai 2015 von der Landesvertre- tung Rheinland-Pfalz herausgegebene Heft ist neben der Druckform auch als Download verfügbar: http://lv.rlp.de/ service/veroeffentlichungen-zu-europa/ broschueren-und-texte-zu-europa/ein- zelansicht/archive/2015/may/article/ eine-welt-unsere-welt/?Fsize=-1&cHash= 3aee1c205cd7f658812bc156d19104f3 In der gymnasialen Oberstufe der Main- zer Studienstufe (MSS) hat seit Juli 2011 in der „Lehrplananpassung Gesellschafts- wissenschaftliches Aufgabenfeld“ das Ruanda als Thema im Band „Fundamente. Geographie Oberstufe“ des Klett-Verla- Thema „Ruanda und die Partnerschaft ges (Stuttgart 2014). (Foto: Karl Heil) Rheinland-Pfalz/Ruanda“ eine deutliche Akzentuierung im Grundfach und im Leistungsfach Erdkunde erfahren. Um dessen Umsetzung zu erleichtern wurde der Beitrag „Ruanda. Lehrplan- und Un- terrichtsthema im gesellschaftswissen- schaftlichen Aufgabenfeld in den Jahr- gangsstufen 11 bis 13 der gymnasialen Oberstufe (Mainzer Studienstufe)“ in Heft 02 der „Hinweise zur Lehrplananpassung in den Fächern Erdkunde und Sozialkun- de“ (Hrsg. Ministerium für Bildung, Wis- senschaft und Kultur, Mainz 2012) veröf- fentlicht. Auch dieser Beitrag ist online verfügbar: http://www.rlp-ruanda.de/ index.php?article_id=64 In den in Rheinland-Pfalz eingeführten Erdkunde-Schulbüchern sind Doppel- seiten zu Ruanda und der Partnerschaft zu finden. (vgl. auch Beitrag von Prof. Dr. Wilhelmi „Ruanda in Schulbüchern“). Die geographische Fachliteratur beschäftigt sich immer wieder mit Ruanda, zuletzt in mehreren Beiträgen im Schwerpunktheft „Zentralafrika und die Great-Lakes-Regi- on“ der Geographischen Rundschau, Heft Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Rusumo schreiben ihre Gedanken zur 6/2015. Ist der Informationsbedarf bei Schulpartnerschaft für die Partnerschule, das Frauenlob-Gymnasium Mainz, auf den Lehrkräften damit gedeckt? Wenn (Foto: Karl Heil). RUANDA REVUE · 02/2015 5
T itelthe m a Die Partnerschaft als Thema im Erdkunde-Buch der Mittelstufe: Seydlitz Geographie 3 Rheinland -Pfalz (Braunschweig 2010), (Foto: Karl Heil). man das Angebot an Veranstaltungen nerschaft haben. Lehrpläne, Schulbücher betrachtet, scheint dies naheliegend. und Unterrichtsmaterialien bieten eine Ein Aufruf der Fortbildungsplattform „tis- gute Grundlage. Wer sich mit dem „päd- online“ ist ernüchternd: Nur ein einziges agogischen Überbau“ genauer und für Angebot für alle Schularten und -stufen, viele Schulfächer und –stufen beschäfti- eine eintägige Veranstaltung des ILF am gen will, kann dies mit dem vor wenigen 11.11.2015 in Vallendar, Kursleitung Karl Monaten, im Juni 2015 durch die Kul- Heil und Beate Wegmann. Wer im Vertei- tusministerkonferenz (KMK) der Länder ler der Fridtjof-Nansen-Akademie Ingel- verabschiedeten „Orientierungsrahmen heim ist, erfährt, dass am 10.11.2015 Prof. für den Lernbereich Globale Entwick- Volker Wilhelmi ein ebenfalls eintägiges lung“ tun. Der erweiterte und aktualisier- Schulpartner- Seminar angeboten hat. Nur zwei Ange- te Orientierungsrahmen unterstützt in schaften und de- bote in Rheinland-Pfalz. Das ist nicht viel. den deutschen Schulen eine Bildung für ren Verankerung Auch in den vergangenen Jahren war nachhaltige Entwicklung: http://www. in der Schulge- dies ähnlich. Sie bilden wohl aber Bedarf engagement-global.de/globale-entwick- meinschaft sind und Interessenlagen ab, indem sie aktuel- lung.html ein ganz hervorra- le Informationen über Ruanda, den Aus- gender Weg, sich tausch über Erfahrungen und Praxis von Schulpartnerschaften und deren Veran- mit der Einen Welt Schulpartnerschaften sowie Anregungen kerung in der Schulgemeinschaft sind zu beschäftigen für den Unterricht und Unterrichtsmate- ein ganz hervorragender Weg, sich mit und Abstraktes rialien als Inhalte haben. Die Homepage der Einen Welt zu beschäftigen und Abs- konkret zu und die Newsletter des Partnerschaftsver- traktes konkret zu machen. Die Kontakte machen. eins und die Ruanda-Revue sind bereits und Schwerpunkte werden die Partner eine gute Informationsgrundlage. in Ruanda und Rheinland-Pfalz gemein- sam festlegen und vielleicht werden Für die Schulen in Rheinland-Pfalz sind sie durch Schüler-/Lehreraustausche also, in verschiedener Intensität, Ruanda und Lehrerreisen noch intensiver. Wer und die Partnerschaft ein „Muss“ – auch in als Schüler die Partnerschaft erlebt hat, den Schulen, die (noch) keine Schulpart- kann sie als Erwachsener weiter tragen. 6 RUANDA REVUE · 02/2015
Wenn wir von „Partnerschaft auf Augenhö- Beherrschung von Lesen, Schreiben und he“ und „Lernen von Afrika“ sprechen, so ist Rechnen, Informations- und Kommuni- ein anderer Blick nach Ruanda interessant, kationstechnologie, staatsbürgerschaft- zu dem Bild, das Menschen in und aus Ru- liches Verhalten und nationale Identität, anda über sich, ihr Land, ihre Gesellschaft unternehmerisches Verhalten und wirt- und auch über die Partnerschaft vermit- schaftliche Entwicklung, Wissenschaft teln. Filme aus Ruanda wie die von Eric und Technologie. Lehrplanübergreifen- Kabera, der „Hillywood“, das Rwanda Film de Themen sind: Studien zum Genozid, Festival, ins Leben gerufen hat und vielen Umwelt und Nachhaltigkeit, Gleichheit jungen Filmemachern in Kigali hilft (auf der Geschlechter, umfassende Sexualer- YouTube kann man einiges finden), kön- ziehung, Friedens- und Werteerziehung, nen ein interessanter Weg sein. Finanz-Erziehung, Kultur der Standardi- sierung, Inklusive Erziehung. Das Schul- Was spricht Die Schulen in Ruanda müssen sich ande- jahr wird um drei Unterrichtswochen beispielsweise ren Herausforderungen als in Rheinland- verlängert, eine Lehrerfortbildung für gegen die direkte Pfalz stellen. Die Bestandsaufnahme ist die Einführung des „kompetenzbasierten Kommunikation lesenswert: http://unesdoc.unesco.org/ Curriculums“ ist verpflichtend. von Lehrkräften images/0023/002317/231725e.pdf der Partnerschu- Die nächsten Schritte folgen: Das „land in Auch hier wird es Möglichkeiten der Zu- len über Unter- a hurry“ führt 2016 neue Lehrpläne ein, sammenarbeit im Rahmen der Partner- richtsfragen? innerhalb von drei Jahren in allen Schul- schaft geben können. Was spricht bei- stufen von der Vorschule bis Klassenstufe spielsweise gegen die direkte 12. Der Rwanda Education Board (REB) Kommunikation von Lehrkräften der hat alle Lehrpläne und die Einführungen Partnerschulen über Unterrichtsfragen? (englische Kurzfassung von 32 Seiten, In Englisch, gewiss – aber das ist ja für Langfassung 342 Seiten) ins Netz ge- beide Seiten eine Fremdsprache. Es gibt stellt: www.reb.rw. Ein sehr ehrgeiziges noch viel zu tun, und es gibt viele Chan- Programm! Grundkompetenzen sind: cen, neue Erfahrungen zu machen. ReMa Fertigungstechnik GmbH und das Ruandische Bildungsministerium vereinbaren Ausbildungsinitiative Der frühere ruandische Staatsminister für beruf- zurückkehren und dort den weiteren Aufbau liche Bildung, Albert Nsengyiumva, und Reiner der heimischen Wirtschaft unterstützen. Zudem Rudolphi, Geschäftsführer der ReMa Fertigungs- plant ReMa auch den Aufbau einer eigenen Pro- technik GmbH in Rockenhausen, haben im Som- duktionsstätte in der ruandischen Hauptstadt mer ein Memorandum of Understanding (MoU) Kigali. Reiner Rudolphi über eine Ausbildungspartnerschaft junger Ru- (Geschäftsführer ander in Deutschland unterzeichnet. Die Unter- der Firma ReMa), zeichnung fand im rheinland-pfälzischen Minis- Botschafterin Chris- terium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und tine Nkulikiyinka, Landesplanung im Beisein von Ministerin Eveline Wirtschaftsministerin Lemke sowie der früheren ruandischen Botschaf- Eveline Lemke, der terin in Deutschland, Christine Nkulikiyinka, statt. frühere ruandische Demnach wird ReMa ab 2016 jedes Jahr drei ru- Staatsminister für andische Schulabsolventen zu Zerspanungsme- berufliche Bildung chanikern ausbilden. Nach einem einjährigen Albert Nsengy- Sprachkurs an der Technischen Universität Kai- iumva nach der serslautern absolvieren die ruandischen Jugend- Unterzeichnung des lichen eine Ausbildung nach deutschem Recht. MoU. (v.l.n.r.) (Foto: Im Anschluss sollen sie wieder in ihre Heimat ZIKOMM). RUANDA REVUE · 02/2015 7
T itelthe m a Ruanda in Schulbüchern von Prof. Dr. Volker Wilhelmi, Geographisches Institut der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz Internet, Computer, Smartphone, White- noch immer eine dominante Stellung, an Unterrichts, schnelle Einarbeitung in board – die neuen technischen Möglich- ihm ist die Zeit aber auch nicht spurlos Fachthemen) mit den Vorteilen der neu- keiten. Neue Medien mit immer besser vorüber gezogen. Neuere Schulbücher en Medien (hohe Aktualität, Attraktivität werdender Soft- und Hardware beeinflus- orientieren sich besonders auch an den und Motivation für Schüler,…) verbindet. sen zunehmend unseren Schulunterricht. Grundfragen von Klafki und berücksich- Selbstständiges Lernen, Schüleraktivie- In allen Schulen wird diese Entwicklung tigen unter anderem Gegenwarts- und rung und -zentrierung des Unterrichts - vorangetrieben, um so auch möglichst Zukunftsbedeutung von ausgewählten diese wichtigen Entwicklungen hat das aktuell, lebensnah und anschaulich Schü- Themenstellungen. Schulbuch auch langsam nachvollzogen: lerinteressen aufzugreifen und motivie- Alle Verlage bieten Schulbücher mittler- aus dem Lehrbuch wird ein Lernbuch. rend umzusetzen. Alte Medien haben weile in einem Medienverbund an, der Lehrpläne erscheinen – gerade auch in es zunehmend schwerer, sind aber nach die Vorteile des Schulbuches (beispiels- Rheinland-Pfalz – in langen Zeitinterval- wie vor nicht vom Schulalltag wegzuden- weise kompaktes Informations- und Ar- len von zum Teil weit über zehn Jahren. ken. Das klassische „alte“ Schulbuch hat beitsmittel, Basis- und Leitmedium des Gerade in den Gesellschaftswissenschaf- 1 Sich orientieren Vertiefung # % Skyline von Kigali & Philberts Zuhause Du weißt nichts von mir … Wie viel wissen wir wirklich vom Leben anderer Menschen weit fort von uns? Ruanda ist das Partnerland von Rheinland-Pfalz. Vieles verändert sich dort gerade. Es ist spannend, in einem Chat zweier Schüler etwas über ' Beatrice' Zuhause dieses Land zu erfahren. Beatrice und Philbert im Chat Philbert wohnt in einem neuen Bezirk der Haupt- Beatrice: Ja ja, die Wasserleitung soll bald fertig stadt Kigali. Beatrice wohnt in Nyagahanga, einem sein, bis dahin holen wir es noch in Kanistern von Dorf, welches etwa 60 km von Kigali entfernt liegt. der Wasserstelle. Strom haben wir schon manch- mal, die Leitung ist aber noch nicht ganz fertig. Philbert: Mein Vater arbeitet im Büro in der Stadt Internet? Klar, aber du rätst nicht wie! und ich sehe ihn kaum. Wir wohnen in einem neuen Philbert: Über das Handy? schönen Haus und ich habe auch ein eigenes Zim- Beatrice: Richtig. Wir machen alles mit dem mer. Zur Schule gehe ich zu Fuß. Wie lebst du auf Handy, die Verbindungen sind gut und ins dem Dorf ? Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Internet kommen einige von uns auch schon. Beatrice: Wieso denn nicht? Die meisten Men- Also wir bekommen eure Technik jetzt auch. schen von Ruanda leben doch auf dem Land! Mein Aber was machst du sonst so? Vater ist Bauer, meine Mutter und wir sieben Kin- Philbert: Fahrrad fahren, Fußball spielen, lesen … der helfen, wann immer wir können. Wir müssen Beatrice: Wir machen das auch, neben der Arbeit aber auch in die Schule. Der Weg dorthin geht über auf dem Acker. Wir haben eben wenig Geld, das ist zwei Hügel und dauert zwei Stunden. Wir wohnen manchmal ziemlich blöd. ( Beatrice' Küche ) Werbetafel eines Mobilfunkunternehmens bei Kigali gemeinsam in einer kleinen Hütte. Diese hat einen Philbert: Stell dir bloß nicht vor, dass es in der Wohnraum mit Kochstelle und zwei Schlafräume Stadt allen besser geht. Da gibt es auch ganz viele für die Eltern und uns. Das reicht, denn wir sind Kinder, die arm sind und um die sich dazu noch # Ruanda und Rheinland-Pfalz: Ver- $ Vergleiche das Leben von Beatrice beschriebenen Lebensbedingungen auf ja sowieso meist draußen. kaum jemand kümmert. gleiche mithilfe des Atlas die Größe und und Philbert. Worin unterscheiden sich Rheinland-Pfalz übertragen? Philbert: Aber habt ihr keine moderne Technik? die Lage (Kontinent, Nachbarländer …) ihre Erzählungen, was ist ähnlich? beider Länder. & Begründe, wieso Beatrice Philbert Wasser? Strom? Internet? % Beurteile die beiden vorgestellten vieles erklären muss. Welten in Ruanda. Mit wem würdest du $ gerne einmal tauschen? Könnte man die 42 43 Die Schulbuchseiten sind der neuen TERRA-Reihe für Rheinland-Pfalz (Klett 2015/16) entnommen. 8 RUANDA REVUE · 02/2015
5 Länder und ihre Entwicklungsmöglichkeiten Basis # % Hinweisschild auf die Schulpartnerschaft ' Zimmer einer Schülerin aus Nyagahanga Steckbrief von Johanna aus Bingen Name: Johanna Age: 18 $ Ecole Feminine d´Agronomie de Nyagahanga City: Bingen Class: MSS 12 favourite subjects: French, Geography Schulpartnerschaft – der lange Weg zueinander Hobbies: to meet friends, to swim, to play the guitar, photography Rheinland-Pfalz ist seit über 30 Jahren Partnerland von Ruanda. Diese Graswurzel- partnerschaft lebt in vielen kleinen, dezentral angelegten, dauerhaften Projekten. I live with my mother, who is 46 years old „Von unten“ gilt als Vorbild der Entwicklungszusammenarbeit und wird besonders and my younger brother. He is 9 years old. My in Schulen deutlich. parents are separated and live apart- but we often meet our father. I have also a boyfriend. His name is David. If we Der lange Weg… have time, we like to go through the vineyards Graswurzelpartner- Das Stefan-George-Gymnasium in Bingen (SGG) die SGG-Schüler zusammen mit den ruandischen along the river Rhine. schaft und die Ecole Feminine d´Agronomie de Nyaga- Schülern entscheiden, wie unterstützt werden Here you can see the house where I live in. There Damit wird ein hanga sind Partner seit 1986. Der Kontakt wurde sollte. Bücher, Hefte, aber auch Sportartikel wie is a place for two families, because there are two Modell zur Selbst- in all den Jahren – auch in den 1990er Jahren, der Bälle und Netze wurden angeschafft. Das Groß- flats. hilfe beschrieben, Zeit von Krieg und Genozid in Ruanda – aufrecht projekt – eine gute Trinkwasserversorgung mit Du- bei dem Entwick- erhalten. Seit 2001 haben fünfmal Schüler des SGG schen und Toiletten nach den SGG – Vorstellungen lungshilfe von unten angestoßen die Partnerschule besucht, dort gefeiert, diskutiert wurde nur zögerlich umgesetzt. Aber warum? Nya- wird, indem die und sich ausgetauscht. E-Mails, Twitter, Facebook gahanga sah andere Dinge wie Computer- und So- lokale Bevölkerung und andere Kommunikationsdienste revolutionie- larausstattung als viel wichtiger an und verstand sowie Nichtregie- ren den Austausch. Weg vom Briefeschreiben, das lange nicht die Wünsche ihrer Partner. Wer hatte rungsorganisatio- v. a. den Ruandern traditionell nicht entspricht, hin hier wen nicht verstanden? Ein Lernprozess in der nen einbezogen zur spontanen, schnellen und mündlichen Kom- Entwicklungszusammenarbeit auf beiden Seiten werden. munikation, hin zur Normalität: Ein Durchbruch! begann. 2014 wurde erstmals Hygieneunterricht in Einiges ist über die Zeit geleistet worden, nicht der Schule durchgeführt, die Wasserleitungen wer- alles hat nach Plan funktioniert. Vor Ort sollten den repariert und Computer angeschlossen. & ( Steckbrief von Clarine aus Nyagahanga # Nenne die besonderen Aspekte der $ Partnerschaft auf Augenhöhe? Disku- % Wie sollten Hilfsleistungen veranlasst & Analysiere die Steckbriefe der beiden ' Diskutiert: Soll unsere Schule eine Part- Partnerschaft. tiere und bewerte die Erfahrungen des werden? Entwickle eine Strategie für alle Schülerinnen. Beurteile ihre Wirkung. nerschaft aufbauen? SGG. Beteiligten. 134 135 Die Schulbuchseiten sind der neuen TERRA-Reihe für Rheinland-Pfalz (Klett 2015/16) entnommen. ten ist es logisch, dass einige Themen Klassenstufe 9/10 Erdkunde: Ruanda – Schüler. schnell veralten, neue noch nicht im Partnerland von Rheinland-Pfalz: Ein Pro- Hier wird deutlich, welch hohen Stellen- Lehrplan berücksichtigt wurden. Dies jekt der Entwicklungszusammenarbeit wert Ruanda – vor allem im Schulfach gleichen Schulbücher meist gekonnt (Basis) – dazu als Anregung die Planung Erdkunde – besitzt. aus, indem sie die Lehrpläne mit ihren und Durchführung eines fächerübergrei- Alle Verlage bearbeiten in ihren neueren Neuauflagen weiter interpretieren und fenden Projekts und die Planung von Büchern Ruanda. Dabei fällt auf, dass daraus durchaus eine WinWin-Situation Schulpartnerschaften. eine starke, vertiefende Differenzierung entsteht: Die Lehrplanmacher orientie- Der Oberstufenlehrplan integriert be- stattgefunden hat: Ruanda wird nicht ren sich dann wieder an den modernen sonders Ruanda: Beispielhaft für ein Ent- mehr reduziert auf ein Entwicklungs- Schulbüchern. wicklungsland sollen hier unter anderem land, das Hilfe braucht. Vielmehr wer- Ruanda wird als Beispiel-Entwicklungsland Naturbedingungen, Infrastruktur, histori- den - neben allen Problemen - wichti- in den gesellschaftswissenschaftlichen sche und politische Entwicklung, die Mill- ge neue Entwicklungen aufgezeigt, die Lehrplänen Erdkunde-Geschichte-Sozial- enniumsziele beziehungsweise die Vision zukunftsweisend sind: So beispielsweise kunde seit Beginn unserer Partnerschaft 2020, Good Governance, autokratisches die Vision 2020 im neuen Seydlitz Erd- aufgeführt und von den Schulbüchern be- System, Sektorale Entwicklung, Stadt- kundebuch - Ausgabe Rheinland-Pfalz, rücksichtigt. Die neuen Lehrpläne dieser Land-Gefälle, Graswurzelpartnerschaft, die Graswurzelpartnerschaft und Aktion drei Fächer, die zum Schuljahr 2016/17 für Schulpartnerschaften, die Rolle Chinas Tagwerk im Diercke Erdkundebuch. So- die Klassenstufen 5-10 eingeführt werden, und regionale Kooperationen behandelt gar die Ruanda-Revue wird bei der Bear- nehmen Ruanda noch stärker auf: werden. Dabei stehen Raum- und Ent- beitung von Raumkonzeptionen mit vier wicklungspotenzial, die Entwicklungs- Themen gezeigt (Schöningh). Klassenstufe 5 Erdkunde: Rheinland- strategien und die Akteure der Entwick- Die Umsetzungsbeispiele dokumentie- Pfalz und Lebenswelten im Partnerland lungszusammenarbeit im Zentrum der ren, wie der neue Lehrplan umgesetzt Ruanda (Vertiefung) Bearbeitung und Beurteilung durch die werden kann. RUANDA REVUE · 02/2015 9
T itelthe m a Via Internet ins Klassenzimmer von Mareike Broermann Koordinatorin für Schulpartnerschaften, Soziales und Kultur im Koordinationsbüro in Kigali 60 Jugendliche aus sechs verschiedenen europäischen Ländern kommen zwei Wo- chen im April 2015 im Europahaus Bad Marienberg im nördlichen Rheinland-Pfalz zusammen, um Themen der Entwick- lungszusammenarbeit zu diskutieren. Da liegt es nahe, dies anhand des Partnerlan- des Ruanda zu eruieren und warum dann nicht auch gleich versuchen, einen „hei- ßen Draht“ direkt nach Kigali herzustellen? Dies war die Ausgangssituation – zwei Skypekonferenzen wurden seitdem mit der Groupe Scolaire Mburubaturo in Ki- gali, der Partnerschule des Otto Schott- Gymnasiums Mainz, durchgeführt. Einmal zur Europawoche; das zweite Mal im Juli mit der „eigenen“ Partnerschule aus Mainz direkt – Anlass war der dortige schulinter- Abbas fragt nach ... (Foto: Félicité Nyarunshuti). ne Ruandatag. schaftliche Entwicklung, Genderbalance, bestens vorbereitet und schon eine Stun- Die Vorbereitung: Umwelt, Politik. Zudem wurde ein kleines de vor dem Startschuss bereit, während Skype – der Videochatanbieter war nicht Vorstellungsvideo gedreht, welches schon wir noch die Internetverbindung testeten, allen Jugendlichen aus Mburubaturo un- vor der Konferenz mit den europäischen den Beamer einrichteten und die Kamera bekannt; genutzt hatte ihn bislang aber Jugendlichen auf einem Blog hochgela- so aufstellten, dass auch jeder im Bild war. noch niemand. Die Technik war schnell er- den wurde. Als dann die Töne des Skype-Anrufs er- klärt – aber was war nun Sinn und Zweck Beim zweiten Durchlauf lief die Vorberei- klungen, war die Aufregung aber auch die eines solchen virtuellen Gesprächs? Was tung hauptsächlich ohne das Zutun des Freude groß. Das Video baute sich auf und bringt es uns, mit tausenden Kilometern Koordinationsbüros. Die Partnerschule in man begrüßte sich herzlich. Kurz wurden entfernten Jugendlichen zu sprechen? Mainz schickte Themenvorschläge wie die jeweiligen Gruppen vorgestellt und Und was passiert danach? So wurde in Familie, Schule, Hobbys und Musik. Dies schon ging es ans Eingemachte: Jegliche der Vorbereitungsphase viel über den in- wurde seitens der ruandischen Schüler vorher besprochene Ordnung wurde terkulturellen Austausch gesprochen. Was durch Themengebiete wie Traditionen, kurzerhand über Bord geworfen und es möchten wir von den Jugendlichen aus Kommunikation und Disziplin ergänzt. wurde wild hin und her gefragt. „Wer ist dem globalen Norden wissen und was Wieder arbeiteten beide Seiten Fragen zu euer Lieblingsfußballspieler? Spielen auch können sie von uns lernen? Was möchten den Themen aus. Mädchen in Ruanda Fußball? Warum tragt wir über unser Land erzählen? Der welt- ihr in Deutschland keine Schuluniform? wärts-Freiwillige im Koordinationsbüro Die Durchführung: Was macht ihr in eurer Freizeit?“ Bei der fuhr mehrmals an die Partnerschule und Beim ersten Mal fand die Skypekonferenz Frage „Was würdest Du ändern, wenn Du bereitete gemeinsam mit einem Lehrer im Koordinationsbüro statt, beim zweiten Präsident von Deutschland wärst?“ kamen die Schüler inhaltlich vor. So entstanden Mal direkt an der Partnerschule im Stadt- die Mainzer ganz schön ins Schwitzen! Hin verschiedene Fragen zu anspruchsvollen teil Kicukiro. Jedes Mal waren die ruandi- und wieder kam es zu Verständigungspro- Themengebieten wie beispielsweise wirt- schen Schüler im Alter von 10-15 Jahren blemen. Auf der deutschen Seite konnten 10 RUANDA REVUE · 02/2015
hier jedoch bei beiden Konferenzen teil- nehmende ruandische Studierende aus Kaiserslautern aushelfen und moderieren. Auf der ruandischen Seite übernahmen wir diese Rolle. Zwischenzeitlich brachten Aktivitäten außerhalb der Frage-Antwort Szenerie die Stimmung zum brodeln: Der Makarena wurde virtuell gemeinsam getanzt, Helene Fischers „Atemlos“ wur- de auf die Frage nach einem bekannten deutschen Popsong angestimmt. Im Ge- genzug gab es einen Rap auf Kinyarwan- da. Während die Mainzer SchülerInnen mit ihrem „Cupsong“ erstaunte Gesichter hervorriefen, wurde in Kigali traditionell getanzt und sogar die Nationalhymne – für Deutsche eher eine untypische Praxis (außer bei Fußballspielen), gesungen. Nach über 1,5 Stunden hieß es nach un- zähligen neuen Erkenntnissen und Erfah- rungen zunächst Abschied nehmen – si- Sogar Ruandas größte englischsprachige Zeitung berichtete über die Skypekonfe- cherlich nicht für immer. renz (Auszug aus der New Times, 2015). Was bleibt? le Lernerfahrung und der Abbau von Vor- „I have learned something about other urteilen dem jeweils anderen gegenüber countries. It is important to learn and ap- im Vordergrund. In Muburubaturo hat sich preciate other cultures besides my own” nun nach der zweiten Konferenz ein fes- erklärt Schüler Kamanzi nach der ersten ter Jumelage-Club gebildet. Die Schüler Skypekonferenz im April und Schulleiter möchten aktiv in der Partnerschaft bleiben Yves Mulira fügt hinzu “students need und hoffen, ihre Partnerschüler bald wie- to exchange and adopt good ideas and der zu sehen. skills from other countries”. So steht für Eine Regelmäßigkeit dieses Skypeaus- die ruandische Seite fest: Hier geht es um tauschs ist sicherlich nicht überall mach- Austausch. Hier geht es darum, einander bar, jedoch wünschenswert. So könnten kennen zu lernen; voneinander zu lernen sich Ruanda-AG´s und Jumelage-Clubs und die jeweilige Lebenswelt des anderen beispielsweise monatlich oder vierteljähr- besser zu verstehen. Es ist wichtig zu ver- lich austauschen und in der Zwischenzeit „Was würdest stehen, dass SchülerInnen in Mainz, Istan- verschiedene Themengebiete vorbereiten. Du ändern, wenn bul oder Kigali gar nicht so unterschiedlich Generell sinnvoll wäre der Versuch, eine Du Präsident voneinander sind. Wenn es darum geht, gewisse Struktur mit geregelten Redebei- von Deutschland wer der Lieblingsfußballer ist, dann ist es trägen einzuhalten – durch die Aufregung oftmals Messi. Freizeitbeschäftigung der und Euphorie auf beiden Seiten sowie wärst?“ Kids aus Kigali? Nach der Schule Fernseh- Übertragungsverzögerungen ist dies – wie gucken, Fußballspielen. Eine Skypekonfe- bei beiden Konferenzen deutlich wurde – renz ist somit eine tolle Gelegenheit, die jedoch schwer durchführbar. Partnerschüler persönlich kennen zu ler- Nicht immer wird ein Skypegespräch auf- nen und lässt sich sehr gut in Aktivitäten grund der Internetverbindung möglich einer Ruanda-AG beziehungsweise eines sein. Vielerorts ist jedoch die Qualität Jumelage-Clubs (der Partnerschafts-AG ausreichend! Gerne unterstützen wir Sie auf der ruandischen Seite) integrieren. bei der Planung und Durchführung einer Neben der praktischen Anwendung der ersten Skypekonferenz an Ihrer Partner- Englischkenntnisse steht die interkulturel- schule. RUANDA REVUE · 02/2015 11
T itelthe m a Schulpartnerschaften Rheinland-Pfalz/Ruanda von Mona Harbich, Ruanda-Referat Mit Gründung der Partnerschaft zwi- schen Rheinland-Pfalz und Ruanda im Jahr 1982 wurden auch die Schulpart- nerschaften als tragende Säule der Partnerschaft ins Leben gerufen. Heute verzeichnen wir rund 230 Schulen in Rheinland-Pfalz, die Schulpartnerschaf- ten in Ruanda unterhalten. Das sind Part- nerschaften, die bereits schon im Kin- dergarten, aber auch in Grundschulen, Förderschulen sowie sämtlichen weiter- führenden Schulformen stattfinden. Wie intensiv die jeweilige Schulpartnerschaft mit Leben gefüllt wird, entscheiden da- bei die Schulen selbst. Im Mittelpunkt aller Schulpartnerschaften steht jedoch immer die Beschäftigung mit dem Part- nerland. Dabei lernen Kinder und Ju- gendliche von einer für sie meist noch fremden Kultur und begreifen bewusster Anlässlich des Gedenkens 20 Jahre Genozid in Ruanda und 70 Jahre Ende des Holo- causts in Deutschland fanden Jugendworkshops in Ruanda und in Deutschland statt die globalen Zusammenhänge von Nord (Foto: Mona Harbich). und Süd. Aber auch für Lehrkräfte und Schulleitung ist die Schulpartnerschaft ein Zugewinn, denn die Partnerschaft mit Ruanda bietet spannende Möglich- keiten für alle. Warum eine Schulpartnerschaft mit Ruanda? In Rheinland-Pfalz gibt es Schulpartner- schaften mit Schulen auf fast allen Konti- nenten dieser Erde - und das ist auch gut so! Zusätzlich tragen einige Schulen den Titel „Schule ohne Rassismus“, „Fair-Trade- Schule“ oder „Unesco-Projektschule“. Wer heute noch behauptet, junge Men- schen interessierten sich nicht für glo- bale Zusammenhänge, der irrt gewaltig! Viele Schulen, die sich entschließen, ei- Ingo Hammann (verantwortlicher Lehrer), Cornelia Diehl (Schulleiterin), Emmanuel ne Partnerschaft mit einer ruandischen Dusabimana (Schulleiter) und Mona Harbich (Ruanda-Referat) bei der Unterzeichnung Schule einzugehen, sind meist bereits der Partnerschaftsurkunde zwischen dem Leininger Gymnasium Grünstadt und der mit entwicklungspolitischen Themen Groupe Scolaire Mukondo (v.l.n.r.), (Foto: Leininger Gymnasium). 12 RUANDA REVUE · 02/2015
Das Stefan-George-Gymnasium vertraut und möchten sich intensiv mit Schüler von Partnerschulen organisie- Bingen reist Anfang des Jahres 2016 einem Land in Afrika auseinandersetzen. ren diese Videogespräche mithilfe des erneut nach Ruanda, um dort die Da bieten sich die bewährten Strukturen Koordinationsbüros. Dabei geht es um Partnerschule und das Partnerland der Partnerschaft besonders an. Welche aktuelle Themen, die junge Menschen zu erleben (Foto: Micha B. Rudolph). sind diese und was ist bei einer Schul- beider Partnerländer beschäftigen. Da partnerschaft mit Ruanda alles möglich? persönliche Begegnungsreisen aufwen- dig und teuer sind, bietet die Idee von Kontaktpflege einfach gemacht regelmäßigen Skype-Konferenzen eine Die rheinland-pfälzische Schule pflegt hervorragende Alternative, den Partner eine persönliche Partnerschaft mit ei- kennenzulernen, sich auszutauschen ner ruandischen Schule und hält mit und voneinander zu lernen. ihr Kontakt. Auf diese Weise findet der Austausch zwischen Schülerinnen und Die Schulpartnerschaft lebt im Schülern, Lehrerinnen und Lehrern und Unterricht und durch Aktionen Schulleitungen beider Partnerländer Für Lehrer gibt es Angebote über Fort- statt. Die Kommunikation läuft in eng- bildungsveranstaltungen, Broschüren lischer Sprache, da seit dem Jahr 2009 oder auch das Internet, um den Unter- in Ruanda Englisch als verbindliche richt rund um das Thema Partnerschaft Unterrichtssprache eingeführt wurde. und Ruanda zu gestalten. Durch die Post wird über das Ruanda-Referat in Förderung von globalem und interkul- Mainz und das Koordinationsbüro in turellem Lernen werden bei den Schü- Kigali versendet. Zudem ermöglichen lerinnen und Schülern Weltoffenheit Kommunikationswege über Neue Me- und Toleranz gefördert. Vorurteile wer- dien immer mehr den unmittelbaren den abgebaut und ein differenziertes Kontakt zwischen den Partnern. Neu in Bild von Afrika vermittelt. Aber Ruanda der Partnerschaft ist der Kontakt über findet nicht nur im Unterricht, sondern Skype-Konferenzen. Schülerinnen und hat auch im sonstigen Schulalltag einen RUANDA REVUE · 02/2015 13
T itelthe m a Platz. Um die Partnerschaft lebendig und beobachten, wie sich die Schulsituation interessant zu gestalten, veranstalten Begegnungsfonds: vor Ort nachhaltig verbessert. Partnerschulen regelmäßige Aktionen, • Alle zwei Jahre können Begeg- wie Projektwochen, Aktionstage oder nungsreisen im Rahmen der Schulpart- Highlight der Schulpartnerschaft: Schulfeste. Dabei beschäftigen sich die nerschaften gefördert werden. Han- Die persönliche Begegnung Schulen intensiv mit dem Partnerland delt es sich bei der Begegnungsreise In den letzten Jahren haben Begeg- und rufen zu Spendenaktionen zuguns- um die erste persönliche Begegnung nungsreisen nach und aus Ruanda stark ten ihrer ruandischen Partnerschule auf. beider Schulen, kann im Folgejahr ein zugenommen. Der direkte Austausch Durch diese Solidaritätsarbeit lernen die Gegenbesuch über den Begegnungs- zwischen verpartnerten Schulen wird Schülerinnen und Schüler Verantwor- fonds gefördert werden. immer attraktiver. Mittlerweile finden tung zu übernehmen und sehen au- pro Jahr bis zu zehn Reisen im Rahmen • Schülerinnen und Schüler aus ßerdem die Ergebnisse ihrer Arbeit und der Schulpartnerschaften statt. Doch so Rheinland-Pfalz, die nach Ruanda rei- Bemühungen. eine Begegnung will auch gut vorberei- sen, können einen Zuschuss in Höhe tet sein. Schulen sollten bereits mindes- von 200 €/p.P. beantragen. Hilfe zur Selbsthilfe tens ein Jahr vor der Begegnung mit den Spendengelder des rheinland-pfälzi- • Die rheinland-pfälzische Partner- Planungen beginnen. Unterstützung be- schen Schulpartners kommen der Part- schule kann die Übernahme der Flug- kommen sie dabei vom Ruanda-Referat nerschule in Ruanda zugute. Projekte kosten für bis zu sechs ruandische und dem Partnerschaftsverein in Mainz werden von der Partnerschule in Ruan- Schülerinnen und Schüler sowie bis sowie dem Koordinationsbüro in Kigali. da eigenverantwortlich vorgeschlagen zu zwei Begleitpersonen beantragen. Finanzielle Förderung für Begegnungs- und vom Koordinationsbüro in Kigali Dabei können die Flugkosten für die reisen von jungen Menschen kann auf Nachhaltigkeit und Umsetzbarkeit ruandischen Gäste bis zu 100 Prozent beim Bund (siehe Artikel „Das ENSA-Pro- geprüft, in der konkreten Umsetzung aus dem Fonds getragen werden. gramm-Partnerland im Unterricht“) und betreut und abgerechnet. Abschlussbe- • Grundsätzlich gilt für eine Förde- beim Land (Siehe Kasten „Begegnungs- richte mit einer detaillierten Kostenauf- rung für das folgende Kalenderjahr, fonds“) beantragt werden. stellung der Ausgaben sowie einer Foto- dass der Antrag bis zum 31. Oktober dokumentation belegen, dass Spenden beim Ruanda-Referat (Mona Harbich) Schulübergreifende Begegnungen eins zu eins beim Partner in Ruanda des Innenministeriums, eingereicht Es sind nicht nur die Begegnungsreisen ankommen. Auf diese Weise kann eine wird. zwischen zwei verpartnerten Schulen, Schule in Rheinland-Pfalz über die Jahre die stattfinden. Jugendliche aus Schulen in Ruanda und Rheinland-Pfalz treffen sich zu einem Themenschwerpunkt, an dem sie gemeinsam arbeiten. Durch die Vernetzung verschiedener Schulen oder auch Akteure der Partnerschaft können viele Synergieeffekte entstehen. Auf- grund der meist sehr intensiven Erfah- rungen mit den Partnern und dem Part- nerland werden Vorurteile abgebaut, Toleranz und interkulturelle Sensibilität gefördert. Dabei lernen die jungen Men- schen, dass ihre Meinung zählt und es wichtig ist, sich entwicklungspolitisch zu engagieren. Und die Erfahrung zeigt auch hier wieder: Wissen kann persönli- ches Begegnen nicht ersetzen! Schulleiter – und Lehrerbegegnungen Im Jahr 2011 besuchte eine achtköpfige Schulleiter-Delegation Rheinland-Pfalz, Die ruandische Tanzgruppe Twizerane bei einer Stippvisite beim Carl-Bosch-Gymnasi- um ihre Partnerschulen, den Schulalltag um in Ludwigshafen (Foto: Mona Harbich). bei Lehrern und Schülern kennenzulernen. 14 RUANDA REVUE · 02/2015
In Seminaren des Pädagogischen Landes- instituts (PL) in Speyer beschäftigten sich die Gäste mit didaktische Methoden, die sie in ihrer Schule in Ruanda einsetzen kön- nen. Zukünftig soll die Kooperation des PL mit dem University of Rwanda-College of Education weiter vertieft werden. Über Ostern 2015 fand die erste Leh- rergruppenreise nach Ruanda statt und soll im kommenden Jahr 2016 wieder- holt werden. Ziel der Reisen ist es, dass Lehrinnen und Lehrer, die eine Partner- schule in Ruanda haben, das Land und die Partnerschule kennenlernen und sich gemeinsam mit anderen zum Thema Schulbildung und Schulpartnerschaften in Ruanda austauschen. Weitere Infor- mationen unter: www.rlp-ruanda.de Anlässlich des Ruanda-Tags in Holzheim im Jahr 2013 diskutierten Jugendliche über die Zukunft der Partnerschaft (Foto: Mona Harbich). Die Graswurzelpartnerschaft mit jungem Gesicht einander und miteinander lernen kön- Durch die Schulpartnerschaften und die nen in dieser Einen Welt! Vielfältigkeit, wie partnerschaftliche Be- ziehungen gepflegt werden können, be- kommt die Graswurzelpartnerschaft ein Kontakt junges Gesicht. Es entwickeln sich Be- Mona Harbich gegnungen und Freundschaften auf Au- Ministerium des Innern, genhöhe - denn spätestens nach einer für Sport und Infrastruktur persönlichen Begegnung wird klar, dass Schillerplatz 3-5, 55116 Mainz trotz unterschiedlicher kultureller und Email: Mona.Harbich@isim.rlp.de wirtschaftlicher Gegebenheiten wir von- Tel: 06131/16 3374 Bischof Jean Damascene Bimenyimana zu Gast in Speyer Bischof Jean Damascene Bimenyimana von der Diözese Cyangugu warb bei einem Be- such in der Partnerdiözese Speyer um Mithilfe bei der Erweiterung und Sanierung des Kran- kenhauses in Mibilizi. Das 200-Betten-Haus in kirchlicher Trägerschaft ist veraltet und reno- vierungsbedürftig. Mehrere ältere Gebäude wurden vom Erdbeben 2008 beschädigt. Ein großes Problem des Krankenhauses sind darü- ber hinaus die Sanitäranlagen und die Was- serhygiene. 20.000 Euro hat der Partnerschafts- Bischof Jean verein St. Martin Kaiserslautern e.V. bereits auf Damascene Bime- seinem Konto für die Renovierung des Kran- nyimana (Foto: kenhauses in Mibilizi bereitgestellt. Bernhard Christian). RUANDA REVUE · 02/2015 15
B egegnungen LehrerInnen unterwegs – Fortbildungsreise nach Ruanda von Jana Hüttmann, Verein Partnerschaft Rheinland-Pfalz/Ruanda e.V. einiger Vorarbeit im März 2015 eine klei- ne Gruppe von neun Lehrerinnen und Lehrern aus ganz Rheinland-Pfalz auf den Weg nach Ruanda, um Land und Leute, aber vor allem die verschiedenen Partner- schulen einmal selbst kennen zu lernen. Die Partnerschule einmal selbst kennenlernen Neben offiziellen besuchen in Ministerien, dem Kennenlernen der Stadt Kigali und zahlreichen Seminaren zu unterschiedli- chen Themen rund um das Thema „Ruan- da in der Schule“, waren die Besuche der Partnerschulen sicherlich das Herzstück der Fortbildungsreise. Durch die beacht- liche Organisationsarbeit des Koordina- tionsbüros Kigali, konnten wie geplant alle Partnerschulen der Reiseteilnehmer besucht werden. Sehr zur Freude aller Teil- nehmenden, denn gerade die Schulbesu- Rheinland-pfälzische Lehrerinnen und Lehrer mit ruandischen Partnern vor dem che waren sehr bewegende Momente, die Abschiedsessen (Foto: Mareike Broermann). viele Eindrücke und Erinnerungen in den Köpfen und Herzen der Reiseteilnehmer Eine Reise für Lehrerinnen und ne ganz besondere Position inne. Sie sind hinterlassen haben. Die Freude der ruandi- Lehrer nach Ruanda es, die durch extra Engagement für Ruan- schen Lehrerinnen und Lehrer und Schü- Rund 230 Schulpartnerschaften gibt es in da einen intensiven Kontakt der Schüle- lerinnen und Schüler über den Besuch aus der Partnerschaft zwischen Rheinland- rinnen und Schüler oder vielleicht sogar Rheinland-Pfalz war allgegenwärtig, eben- Pfalz und Ruanda. Diese Schulpartner- eine Begegnungsreise möglich machen. so wie das große Interesse daran, gemein- schaften sehen oft ganz unterschiedlich Nicht immer haben Lehrerinnen und Leh- sam ins Gespräch zu kommen. „600 Kinder aus: Einige sind Grundschulen, die über rer das Partnerland jedoch schon einmal haben auf uns gewartet, gejubelt und ge- „Malgespräche“ in Kontakt sind, einige selbst besucht, oftmals ist die Reise nach sungen“, berichtet die Schulleiterin der IGS Schulen besuchen sich regelmäßig, ande- Ruanda für sie ebenso wie für ihre Schü- Herrstein Rhaunen, Antje Petri Burger. Die re sind Schulen, die jährlich „Dein Tag für lerinnen und Schüler ein Ziel der Zukunft. Schülerinnen und Schüler hatten sich vie- Afrika“ über Aktion Tagwerk veranstalten. Dies nahm der Partnerschaftsverein zum lerorts liebevolle Programme ausgedacht Auf beiden Seiten sind Schüler oft sehr Anlass, eine Lehrerfortbildungsreise zu und begrüßten die weit angereisten Gäste interessiert und neugierig, die Partner im konzipieren. Ziel der Begegnungsreise für sehr herzlich. weit entfernten Partnerland kennen zu Lehrkräfte war es zudem, einen Einblick Highlights waren bei jedem Besuch natür- lernen und mehr über sie zu erfahren. in das dortige Bildungssystem zu bekom- lich auch die mitgebrachten Präsente und In diesem Prozess des gegenseitigen men und sich als Multiplikatoren für den Grüße aus Rheinland-Pfalz und so man- Kennenlernens im Rahmen einer Schul- Themenbereich „Ruanda“ an der Schule cher Fußball wurde an die jubelnde Schü- partnerschaft haben oft die Lehrkräfte ei- weiterzubilden. Und so machte sich nach lerschaft übergeben. Auch der traditionel- 16 RUANDA REVUE · 02/2015
le Tanz durfte an keiner Schule fehlen und so wurden auch die rheinland-pfälzischen Lehrkräfte regelmäßig gebeten, das Tanz- bein mitzuschwingen. Es wurden aber auch ernste Themen angesprochen: So war die Problematik der Schulspeisungen, für die gerade in den ländlichen Bereichen oft das Geld, aber auch die Infrastruktur fehlt, zentraler Punkt in vielen Gesprächen. Das Interesse an den angereisten Lehrer- kollegen war allerorts groß, und manch- mal zeigte sich, dass Lehrersein hier wie dort mit den gleichen Herausforderungen einhergeht. So fragte ein ruandischer Ma- thelehrer den rheinland-pfälzischen Kol- Besuch an der Schule Sina Gerrad - Schüler führen einen Tanz vor (Foto: Ariane Wilmer). legen, was er mit unmotivierten Schülern tue, die Mathe einfach nur zu schwer fän- den. Ein Problem, das auch seinem rhein- land-pfälzischen Kollegen gut bekannt war. Und es gab auch die Momente tiefer Verbundenheit, als beispielsweise bei einem Besuch an der Cyuru Secon- dary School eine Gedenkminute für die Passagiere der Germanwings-Maschine eingelegt wurde, die nur einige Tage zuvor bei einem Absturz ums Leben ge- kommen waren. Die Botschaft war klar: Wir trauern mit euch! Die Partnerschule einmal vor Ort selbst kennen zu lernen und das Engagement der ruandischen Kollegen für die Part- nerschaft zu erleben, empfanden die Geschenkübergabe an der Schule in Save (Foto: Ariane Wilmer). teilnehmenden LehrerInnen als eine enorme Bereicherung für ihre Schulpart- nerschaft. Dies bestätigte auch Kristina Stricker, Lehrerin an der FOS Hachen- burg: „Es ist schön, die Möglichkeit zu haben, die Partnerschule in Save mit eigenen Augen zu sehen und direkt mit den Kollegen und Kolleginnen in Save und den anderen Partnerschulen zu sprechen. Bisher erfolgte der Kontakt weitestgehend per E-Mail oder Post.“ Neben den Schulbesuchen standen Ausflüge zum Kivu-See, in den Nyung- we-Regenwald und in den Akagera-Park, wo man bei überdurchschnittlich viel Niederschlag leicht im Schlamm stecken blieb, auf der Reiseroute. Somit wurde Pause beim gemeinsamen Abschlussworkshop im Koordinationsbüro Kigali (Foto: auch in außerschulischer Hinsicht Ruan- Ariane Wilmer). RUANDA REVUE · 02/2015 17
B egegnungen unangenehme Situation, auf Spenden angewiesen zu sein, denn es herrscht oft das Gefühl vor, nicht viel zurückgeben zu können. Auch wenn ich dies angesichts des herzlichen Empfangs nicht bestäti- gen kann, ist doch gerade deshalb eine gute Zusammenarbeit von Lehrern und Schülern bei gemeinsamen Projekten enorm wichtig, um eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit Leben zu füllen. Die persönlichen Gespräche waren daher eine große Bereicherung und boten die Möglichkeit, konkrete Absprachen für zukünftige Projekte zu treffen.“ Und so wurden viele Pläne geschmiedet und oft war der nächste Schritt, der an- visiert werden sollte, der Besuch der ru- andischen Kollegen in Rheinland-Pfalz. Auch die Rolle der Partnerschaft Rhein- land-Pfalz - Ruanda und die Frage da- Gruppe im Nyungwe Regenwald (Foto: Matthias Vöhl). nach, wie diese in Zukunft LehrerInnen und Schulpartnerschaften generell noch da einmal ganz erfahrbar. besser unterstützen kann, war hier ein Ein besonderer Reiseteilnehmer war Thema. Denn wie ein guter Kontakt auf der bereits pensionierte Lehrer Rudolf Augenhöhe funktionieren kann und vor Fischer. Als ehemaliger Leiter des Koor- welchen Herausforderungen Lehrkräfte dinationsbüros in Kigali (1993-1998) und hier wie dort stehen, waren Aspekte, die des Ruanda Referats in Mainz, brachte er beide Seiten sehr beschäftigten und die viel Fachwissen ein, konnte spannende Anlass für weitere intensive Gespräche Geschichten erzählen und war somit be- gaben. sonders auf den langen Überlandfahrten ein großer Gewinn für die ganze Reise- Wie geht es weiter in den gruppe. Schulpartnerschaften Nach einem gemeinsamen Abschieds- Gemeinsamer Abschlussworkshop essen aller Lehrkräfte war es dann Zeit in Kigali für die Verabschiedung, bei der es dieses Am Ende der Reise konnte dann ge- Mal wohl für alle hieß: Auf Wiedersehen! meinsam mit allen rheinland-pfälzischen Denn alle Teilnehmer haben durch den und ruandischen Lehrkräften ein Ab- Austausch viel mitnehmen können: Ge- schlussworkshop gestaltet werden. Hier- schenke, unzählige Bilder aber auch Ein- bei stand die konkrete Zukunft der je- drücke, neue Ideen und Impulse, die sie weiligen Schulpartnerschaften im Fokus. weiter tragen können an ihre Schulen in Ariane Wilmer, Lehrerin an der IGS Op- Rheinland-Pfalz. Und für alle war klar, penheim, berichtet: „Beim Workshop in dass diese Ruanda-Reise nicht die letzte Kigali einige Tage später konnte ich mit Begegnung gewesen ist. So konnten der Schulleiterin aber auch über die Per- während der Reise wichtige Meilenstei- spektiven unserer Partnerschaft für den ne gelegt werden, als Vorarbeit für spä- sozialen Austausch sprechen. Für Schul- tere Schülerbegegnungsreisen, aber leiter und Lehrer der Partnerschulen in auch für die Stärkung der partnerschaft- Ruanda ist es neben aller Dankbarkeit lichen Strukturen der Schulen unterein- für die Unterstützung doch auch eine ander. 18 RUANDA REVUE · 02/2015
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