Physik studieren an der Universität Duisburg-Essen - Informationen für Schülerinnen und Schüler
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Physik studieren an der Universität Duisburg-Essen Informationen für Schülerinnen und Schüler Sonderforschungsbereich SFB616 Fakultät für Physik Energiedissipation an Oberflächen
Physik studieren an der UDE Liebe Schülerinnen und Schüler! M it der vorliegenden Broschüre möchten wir uns vor- stellen und einen Eindruck von dem vermitteln, wo- mit wir uns an der Uni beschäftigen. „Mach dir keine Sorgen wegen deiner Schwierigkeiten mit der Mathematik. Ich kann Was ist Physik? Physik spielt in allen Bereichen des dir versichern, dass meine Alltags eine Rolle – aber auch in Bereichen, die nicht all- täglich sind. Wir interessieren uns sowohl dafür, warum noch größer sind.“ Festplatten immer mehr Daten speichern können, als Albert Einstein an auch dafür, wie der Tarnumhang von Harry Potter funk- eine Schülerin, 1943 tionieren könnte. Warum entstehen Verkehrsstaus aus dem Nichts? Was passiert in Schwarzen Löchern? Wie geht das mit der Quantenmechanik und was ist ein Quan- „…also viel Freude tencomputer? Alles Fragen, die wir uns stellen. Physiker an der Physik!“ sind bekannt dafür, dass sie ihre Nase überall reinste- Michael Schreckenberg cken und jedes Problem so lange beackern, bis es gelöst ist – weswegen sie am Arbeitsmarkt zu den begehrtesten Akademikern gehören. Wo können Physiker überhaupt arbeiten? Ein wichtiges Tätigkeitsfeld ist natürlich die Wissenschaft selbst. Aber im Grunde sind Physiker überall willkom- men: Sie arbeiten in Unternehmensberatungen ebenso wie in den Forschungsabteilungen großer Firmen. Sie entwickeln die nächste Computer-Generation, basteln an immer kleineren Speichermedien oder bauen Solarflug- zeuge. Physiker finden sich beim TÜV ebenso wie als Pa- tentanwälte oder in Logistikunternehmen. Und manche werden sogar Bundeskanzlerin … Gründe, Physik zu studieren, gibt es also genug. „Physiker entwickeln Warum nun aber gerade in Duisburg? Zum einen bewegt die Zukunft“ sich die Forschung hier auf einem sehr hohen Niveau. Michael Horn-von Hoegen Zum anderen ist das Betreuungsverhältnis ganz hervor- ragend – niemand wird allein gelassen. Unsere Türen stehen jederzeit offen. Wenn bei der Lektüre des Heftes Fragen auftau- chen, sind wir jederzeit gerne bereit, sie zu beantworten. Und alle, die Interesse haben, uns an der UDE zu besu- Kontakt: chen und sich näher über die Studienbedingungen zu in- michael.schreckenberg@uni-due.de formieren, sind selbstverständlich herzlich willkommen. horn-von-hoegen@uni-due.de Prof. Dr. Michael Horn-von Hoegen Prof. Dr. Michael Schreckenberg Direktor des Sonderforschungsbereichs Dekan der Fakultät für Physik „Energiedissipation an Oberflächen“ Universität Duisburg-Essen Physik 3
Inhaltsverzeichnis Seite 3 Editorial Seite 5 Duisburg: groß, offen, multikulturell Seite 8 Was Physiker sonst noch so machen … Seite 10 Die Physiker in Duisburg-Essen gehören zu den Besten Seite 12 freestyle-physics – Uni auf Probe – Schülerlabor Seite 14 Forschergruppen „Wir wollen die Schnellsten sein“ Schnellste Prozesse an Oberflächen Seite 16 „Wir schauen in die Zukunft“ Physik von Transport und Verkehr Seite 18 „Physiker sind Leute, die sich ihre Fragen selber stellen“ Neue Eigenschaften herstellen Seite 20 „Ich möchte ergründen, wie die Welt funktioniert!“ Eigenschaften von Oberflächen Impressum Herausgeber: Fakultät für Physik der Universität Duisburg-Essen; Seite 22 SFB616 „Energiedissipation an Oberflächen“, gefördert durch die „Wir möchten Begeisterung für die Physik wecken“ Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Didaktik Die DFG fördert Forschungsvorhaben in allen Wissenschaftsgebieten. Wissenschaftliche Exzellenz, Förderung des wissenschaftlichen Nach- Seite 24 wuchses, Interdisziplinarität und Internationalitätgehören zu den Eck- „Wir sind nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde“ punkten der Förderung. Die Anordnung von Atomen an Oberflächen Projektleitung: Michael Horn-von Hoegen, Michael Schreckenberg Seite 26 Verlag: Lemmens Medien GmbH, Bonn „Wir wollen den Leuten optimale Redaktion: Kristin Mosch, Lemmens Medien GmbH Arbeitsmöglichkeiten bieten“ Autoren: Antje Allroggen (S. 20, 32), Doris Bünnagel Ultraschnelle Phänomene in Festkörpern und an Oberflächen (S. 16, 22, 28), Felix Grützner (S. 10, 12), Kristin Mosch (S. 14, 18, 24), Stephan Weidt (S. 5, 26, 30) Seite 28 Gestaltung und Satz: Regina Fischer, Berlin „Wir finden überall Arbeit“ Quantendynamik Druck: Courir Print Media, Bonn, 2010 Bildnachweise: Matthias Offer (Titel, S. 8 oben und Mitte, 32), Eric Lich- Seite 30 tenscheidt (S. 2, 4 drittes bis siebtes v. oben, 10, 11, 15, 18, 19, 21 rechts „Wir versuchen, im Labor Weltraumbedingungen und unten, 24, 25 oben und Mitte, 26, 27 links oben, rechts unten, herzustellen“ 30 unten), picture-alliance/OKAPIA KG/Werner Otto (S. 4 und 5), wikime- dia (S. 16 oben links), Andreas Reichert (S. 4 zweites v. oben, 9 unten, 12, Experimentelle Astrophysik 13), Duisburg Marketing GmbH (S. 4 oben, 6, 7 unten rechts), Referat für Kommunikation der Stadt Duisburg (S. 7 oben, links, zweites v. oben, drit- Seite 32 tes v. oben rechts), privat (S. 8 oben rechts und unten, 9 oben, 14 oben, 16, „Ich arbeite an einem der vier besten Computer der Welt!“ 17, 27 rechts oben, 28 links, 29 rechts), Michael Horn-von Hoegen (S. 14 Statistische Physik zweites, drittes und viertes v. oben), Marika Schleberger (20, 21 links), Udo Backhaus (S. 22, 23), wikimedia/Ute Kraus/Axel Mellinger (S. 28 Mitte), Seite 34 European Space Agency (S. 30 oben), Jens Teiser (S. 31 rechts), UDE/ Wo arbeiten Physiker nach dem Studium? Pressestelle (S. 25 unten, 33), Landschaftspark Duisburg Nord (S. 34, U3). 4 Physik Universität Duisburg-Essen
Studieren in Duisburg Duisburg: groß, offen, multikulturell Gibt es ein Leben neben dem Studium? Physikstudenten erzählen, wie sie die Stadt erleben. E ine typische Studentenstadt ist Duisburg nicht. Das bekommt immer wie- der zu hören, wer mit Studierenden der hiesigen Universität spricht. Dann allerdings kommt das große ABER – und was nun folgt, ist eine Kette von Lobeshymnen, die nicht abreißt. Duisburg, die Stadt der reizvoll umfunktio- nierten Industriebrachen. Duisburg, Stadt am Rhein und Metropole, zugleich fast so etwas wie der Stadtteil einer noch viel größeren Stadt, des Ruhrgebiets nämlich. Und das sehen die meisten eindeutig als Vorteil. „Erst war ich ja ein bisschen geschockt“, sagt Hanna Bukowska, 32, die vor 14 Jahren aus Polen nach Deutschland kam, „weil die Stadt gar nicht aufhört.“ Essen, Bochum, immer neue Ortsschilder. „In Danzig gab es die Stadt mit ihrem historischen Kern, das Meer und die Wälder. Punkt. Aber“, sagt sie, „jetzt gefällt mir das gut. Es gibt ja auch Räume mit Natur dazwischen, man muss sie nur kennen.“ Wenn sie Bewegung braucht, schwingt sie sich aufs Fahrrad und radelt ent- lang der Ruhr durch die Mülheimer Auen nach Essen. „Ein wunderschönes Naturschutzgebiet“, sagt sie. „Ich habe entdeckt: Wasser, Felder, Wiesen und Wälder – das alles gibt es nicht nur in Danzig, sondern auch hier.“ Universität Duisburg-Essen Physik 5
Physik studieren an der UDE Der Innenhafen: Raum für Arbeit, Kultur und Freizeit Maren Cottin, 23, wohnt im Duisburger Stadtteil Duissern, die Uni kann sie be- quem zu Fuß erreichen. Sie findet es schade, dass in den ersten Semestern viele Mitstuden- ten bei den Eltern wohnen bleiben und täglich zwischen Wohnort und Studienort pendeln. „Nach- mittags nach den Vorlesungen oder abends fahren viele nach Hause, und dann kann man nichts mehr zusammen unternehmen.“ Kathrin Sauer, 24, wiederum ist Pendlerin. Sie wohnt in Dinslaken, das sind etwa 20 Minuten mit dem Zug. Ihre Freizeit allerdings verbringt sie trotzdem in Duisburg. Hier geht sie gern in den Innenhafen, der bis in die sechziger Jahre wegen der Getreidemühlen mit ihren Speichergebäuden den Beinamen „Brotkorb des Ruhrgebiets“ trug, später befanden sich hier nur noch Lager- und Gewerbehallen. Zwischen den späten achtziger und den späten neunziger Jahren wandelte sich der Innenhafen zu einer Kunst- und Amüsiermeile. Es wurde Raum für Arbeit – insbesondere im Dienstleistungsbereich – für Wohnen, Kultur und Freizeit geschaffen. In der Um- gestaltung, für die der durch die Reichstagskuppel berühmt gewordene Architekt Norman Foster die Federführung innehatte, wurden die industriellen und historischen „Wahrzeichen“ des Hafens ganz bewusst erhalten. Kathrin Sauer sitzt gerne in den Kneipen (oder davor), geht spazieren – oder besucht Museen. Von denen gibt es in Duisburg reichlich. Hanna Bukowska schwärmt jetzt noch von der Rodin-Ausstellung und der Giacometti-Ausstellung im Wilhelm-Lehmbruck-Museum. Innenhafen Auch im Museum Küppersmühle für moderne Kunst nach 1945 und dem Kultur- und Stadthistori- schen Museum ist sie häufiger Gast. Wilhelm-Lehmbruck-Museum Oper und Theater Überhaupt die Kultur. Das Stadt- theater Duisburg am König-Heinrich- Theater Platz mit seinen 1.117 Plätzen bietet Raum für Opern, Operetten, Ballett- Aufführungen, Schauspiele und Kon- zerte. Mit seiner Vorderfront, die an die Tempeleingänge der Antike erin- nert, zählt es zu den markantesten Bauwerken Duisburgs. Das Theater hat kein eigenes Schauspielensemb- le, arbeitet aber mit den Schauspiel- häusern der Region, etwa dem Schau- spielhaus Bochum oder dem Düssel- dorfer Schauspielhaus zusammen. Das Düsseldorfer Opernhaus wie derum und das Stadttheater Duis- burg zeigen identische Opern- und Deutsche Oper am Rhein firmiert. Und: Im Rahmen des alljährlich stattfin- Ballettproduktionen, eine Theaterge- denden Festivals DUISBURGER AKZENTE sind die großen deutschsprachigen meinschaft, die unter dem Namen Schauspielhäuser mit ihren Produktionen zu Gast. 6 Physik Universität Duisburg-Essen
Studieren in Duisburg Sechs-Seen-Platte Landschaftspark Nord: Tauchen, Klettern, Hochseilparcours Zur Kultur im weiteren Sinne gehört auch der Landschaftspark Nord, eine riesige Industriebrache. Auf 200 Hektar stehen die Reste eines stillgelegten Hüttenwerks: Die ehemaligen Werkshallen sind für Kultur- und Firmenveranstaltungen hergerichtet, in einem alten Gasometer entstand Europas größtes künstliches Tauchsportzentrum, in Erzlagerbunkern wurden alpine Klettergärten geschaffen, in einer ehemaligen Gießhalle wurde ein Hochseilparcours eingerichtet und ein erloschener Hochofen ist zum Aus- sichtsturm ausgebaut. „Eisen und Stahlkonstruktionen, flackernde Lichter, Abgründe und ein Weg, der dich vom sicheren Boden auf immer unglaubliche- re Weise in die Höhen des Ruhrgebiets entführt“, so bewirbt Duisburg Mar- keting GmbH, die Marketinggesellschaft der Stadt Duisburg, beispielsweise den Hochseilparcours. „Wankende Brücken und abenteuerliche Seilkonstruk- tionen bringen dich zu den imposantesten und bizarrsten Eindrücken, die das ehemalige Hüttenwerk zu bieten hat.“ „Ja“, sagt Maren Cottin, „die In- Inzwischen ist sie im 10. Semester Landschaftspark Duisburg-Nord – dustrieromantik ist toll.“ Sie würde und schreibt an ihrer Diplomarbeit. ehemaliges Hüttenwerk Meiderich. sich wünschen, dass in der Stadt Einen Blick für die Besonderheiten Kletteranlage im Erzbunker vor den stillgelegten Hochöfen des ehe noch mehr Studenten leben (gut Duisburgs hat sie sich trotzdem be- maligen Stahlwerks 31.000 studierten im Wintersemes- wahrt: „Kennen Sie den Innenhafen?“ ter 2009/10 in Duisburg und Essen). fragt sie und gerät ins Schwärmen. Denn: „Hier lebt es sich wirklich gut. Die Kneipen, Museen und Ausstellun- Es ist auch nicht zu teuer.“ Das sieht gen dort… Hanna liebt es, im Som- auch Hanna Bukowska so. Sie hat mer am Wasser zu sitzen, „mit einem im Stadtteil Duissern eine Dachge- Drink“, wie sie lachend sagt. Duisburger Wald und Ruhraue schoss-Wohnung bezogen, 40 Qua- „Kein Wunder“, meint Thorben dratmeter groß, „für unter 300 Euro Kelling, 30, der in einer Arbeitsgrup- warm.“ Zur Uni hat sie es nicht weit, pe für Experimentelle Astrophysik nur eine Viertelstunde zu Fuß, „das an seiner Doktorarbeit schreibt und habe ich mir extra so ausgesucht.“ Ende Januar 2010 vom westfälischen Sie überlegt einen Moment. „Gut, das Münster nach Duisburg kam. „Na- ist eher ein Rentnergebiet hier, die türlich“, sagt er, „sind Münster und meisten Studenten wohnen in Neu- Duisburg sich sehr unähnlich. Eine dorf, aber ich finde es ganz schön, historische Altstadt werden Sie in dass es hier so ruhig ist. Und wenn Duisburg vergebens suchen.“ Aber ich will – bis Neudorf sind es nur zehn ihm macht das nichts. „Wissen Sie, Minuten.“ An der Universität hat sie Münster ist sehr übersichtlich und zunächst eine Ausbildung zur Physik- ziemlich konservativ. Duisburg ist Die Haniel-Treppe. Abgang von der Fried- laborantin gemacht, hat auch ein Jahr groß, offen, multikulturell. Ich finde, rich-Ebert-Brücke über den Rhein auf die in diesem Beruf gearbeitet. Dann ent- ich habe durch den Umzug mehr ge- Mercatorinsel zwischen Rhein und Hafen. schloss sie sich, Physik zu studieren. wonnen als verloren.“ Universität Duisburg-Essen Physik 7
Physik studieren an der UDE Was Physiker sonst noch so machen … Die Interessen von Physikern sind so vielfältig wie das Fach selbst. Ob sie sich als Fotografen oder Musiker betätigen, Extremsportarten betreiben oder Gedichte schreiben – Raum für alternative Wege, sich mit der Welt auseinanderzusetzen, lässt die Forschung immer. Claudius Klein, 24, schreibt an seiner Diplomarbeit Beim Klettern kann ich be- sonders gut abschalten. Wenn es Abend wird und man den Alltag hinter sich lassen will, ist Klettern super – es macht Spaß, man kann abschalten und schafft den sportli- chen Ausgleich. Im Sommer genieße ich es oft, mit dem Rad zur Uni zu fahren und anschlie- ßend direkt zum Sport, gerne auch mal zum Klettern in den Landschaftspark im Duisburger Nor- Matthias Offer, 33, Doktorand den. Am Wochenende fahre ich ge- nerell viel Rad. Schöne Touren kann Ich fotografiere gerne. Angefangen habe ich damit mit fünf – mittlerweile man eigentlich überall im Ruhrtal, am mache ich es nebenberuflich und baue mir gerade eine eigene Webpage auf. Baldeneysee in Essen oder auch am Zunächst habe ich nur Landschaften und Architektur fotografiert, heute ma- Niederrhein fahren. In den Semes- che ich außerdem Porträts. Eines meiner Lieblingsmotive ist der Innenhafen, terferien mache ich gern Radurlaube der vor allem nachts sehr schön ist – die High-Tech-Prestigebauten sind dann und bin schon mal eine Woche un- angeleuchtet und spiegeln sich in der Wasserfläche. Außerdem gibt es dort terwegs... Ansonsten verbringe ich ein reges Nachtleben mit Bars und Kneipen und vielen Lichtern. Ein anderes meinen Urlaub oft mit Städtereisen: schönes Motiv ist der Landschaftspark: Wenn zwischen Industriebrachen die Sightseeing, Kultur und Entspan- Natur wieder durchbricht, sich das zurückerobert, gibt das für die Fotografie nung! Wenn ich mal keine Lust aufs einiges her. Letztens war ich auf einer Fotografen-Führung in der Zeche Zoll- Trampeln habe und trotzdem in der verein. Das ist wie eine normale Führung, nur dass man Zeit zum Fotografie- Natur sein möchte, fahre ich Motor- ren hat, Zeit sich alles anzuschauen. Wenn dann die Blümchen zwischen dem rad, meist gemeinsam mit meiner Schrott hervorlugen, der dort herumliegt, das ist reizvoll. Freundin. Tobias Nabbefeld, 32, wissenschaftlicher Mitarbeiter Ich singe in einer Rock-Band. Wir covern Stücke. Irgendwann möchten wir auch mal eigene Stücke spielen. Bisher treten wir nur im Bekanntenkreis auf, so auf Partys, irgendwann werden wir aber sicher einen richtig öffentlichen Auftritt machen. Ich arbeite auch mit bei MIX International – das steht für Mitmach initiative Xanten – einem Träger der freien Jugendhilfe. In Kooperation mit dem New College Nottingham veranstalten wir einmal jährlich die COOL TOUR: Für eine Woche holen wir Musik- und Tanzstudenten aus Nottingham nach Xanten (dort in der Gegend wohne ich). Die treten hier auf und veranstalten Workshops an Schulen. Eine gute Sache. 8 Physik Universität Duisburg-Essen
Leben neben Studium und Forschung Pierre Kirschbaum, 25, schreibt an seiner Diplomarbeit Schon mit zehn habe ich meine Begeisterung für das Bergstei- gen entdeckt. Mein Vater nahm mich mit auf eine Alpenüberquerung. Der Rucksack war damals beinahe so groß wie ich – und wohl auch so schwer. Trotzdem hat mich die Her- ausforderung schon damals so fas- ziniert, dass ich danach jede Mög- lichkeit genutzt habe, in die Berge zu kommen. Mit 14 habe ich dann eine Ausbildung für Hochtouren, also kombi- nierte Touren über Gletscher und im Fels, gemacht. Vier Jahre später hatte ich das Glück in den Nationalkader des Deutschen Alpenvereins zu kommen. Da- rin wurden 15 junge Leute im Alter zwischen 18 und 25 Jahren auf eine große Expedition im Himalaya vorbereitet. An der konnte ich aber leider nicht mehr teilnehmen. Am meisten reizt mich immer noch das Eisklettern. Vor allem in den Dolomiten oder dem Pitztal gibt es im Winter tolle zugefrorene Wasserfäl- le. Da mit Eispickel und Steigeisen rauf zu klettern ist aber auch ziemlich ge- fährlich. Man muss genau einschätzen können, ob das Eis zu weich, zu spröde oder zu dünn ist, denn die Sicherungen im Eis halten keinen größeren Sturz. Für die ganz extremen Touren habe ich im Moment aber leider keine Zeit mehr. Ralf Schützhold, 36, che, meistens dienstags und donners- Hanna Bukowska, 32, Professor für Theoretische Physik tags; zum Beispiel in der Sportanlage schreibt an ihrer Diplomarbeit in Mülheim-Heissen. Ich habe auch … und manchmal Gedichte Ich bin Bogenschütze und schieße eine Trainerlizenz und betreue mo- in der ersten Mannschaft des Bogen- mentan zwei Schützlinge, die schon zu Schrödinger Gleichung sportclubs MASA Mülheim. In dieser den Fortgeschrittenen zählen. Dieser Saison sind wir in die erste Bundes- Sport ist auf eine ganz besondere Wei- Gedanken liegen überall. liga aufgestiegen, in dem Jahr davor se anstrengend: Man muss über einen Ihre Qualität lässt manche Schlüsse bin ich (mit etwas Glück) Deutscher längeren Zeitraum die Konzentration ziehen über die statistische Verteilung der Meister des Bogensportverbands ge- und Anspannung halten können. Zum Begabung. worden. Wenn es meine Zeit erlaubt, Ausgleich fahre ich gerne mal mit dem Gänseblümchen wuchern schamlos im Gras, ich trainiere ich ein bis zwei mal pro Wo- Fahrrad die Ruhr entlang. versinke im Potentialtopf meiner Wahl. Ungemerkt schnell explodiert der Flieder in Blüte ich sehe ihn nicht, sein Duft bleibt mir fern. In komplexen Traumräumen will ich heute Gauß treffen Um meine Gedankengänge ein wenig zu normieren. Chaotisch fließt die Tinte aufs Papier und eine Saite schwingt (harmonisch?), ich glaube – es ist Musik, auf alle Fälle durchdringt es die Räume, in denen das Betragsquadrat der Wellenfunktion – die Aufenthaltswahrscheinlichkeit – für meine Seele ganz sicher nicht Null ist. Vielleicht ist mein ganzes Leben nur ein Wörterspiel. Universität Duisburg-Essen Physik 9
Die Physiker in Duisburg-Essen gehören zu den Besten Wie Rankings dabei helfen können, die richtige Uni zu finden. Mit schnellem Rechner W er sich für ein Studium interessiert, der möchte wis- sen, welche Uni sich am besten eignet: Wo wird am meisten für die Studierenden getan, wo arbeiten die bes- de Forschung stattfindet: Von dort kommen die meisten erfolgreichen Anträge und dorthin geht das meiste Geld. in der ersten Liga ten Forscher? Wie ist die Ausstattung der Labore? Eine Hochschulranking von CHE und ZEIT Mehr als 4.000 Rechner- sehr gute Orientierung geben „Rankings“ (von englisch Das Ranking, das vom Centrum für Hochschulentwick- kerne und eine Maximal- „to rank“ = einordnen). Das sind eine Art von Hitlisten lung und der Wochenzeitung DIE ZEIT herausgegeben leistung von 31 Billionen deutscher Universitäten und Forschungseinrichtungen. wird, vergleicht die deutschen Hochschulen miteinander. Rechenoperationen pro Zwei der wichtigsten Rankings werden von der Deut- Es richtet sich an alle, die ein Studium beginnen oder den Sekunde (31 TeraFlops) – schen Forschungsgemeinschaft (DFG) und vom Centrum Studienort wechseln wollen sowie an die Mitarbeiter der auf diese leistungsstarke für Hochschulentwicklung (CHE) gemeinsam mit der Wo- Hochschulen, die wissen möchten, wo ihre Einrichtung Hilfe können Chemiker, chenzeitung DIE ZEIT durchgeführt und im Web veröf- im bundesweiten Vergleich steht. Bewertet werden un- Physiker, Mathematiker fentlicht. Wie gut sich Physik an der Uni Duisburg-Essen ter anderem die Betreuung durch die Professoren, die und Ingenieurwissen- studieren lässt, das zeigen sie auch. Forschungsleistung, die Laborausstattung und die Studi- schaftler seit kurzem ensituation insgesamt. Neben den Urteilen der Experten zurückgreifen. Mit dem neuen Cray-XT6m-Super- Förderranking der DFG zählen hier besonders die Stimmen der Studierenden Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist die größte För- selbst, schließlich kennen die ihre Uni ja am besten. Rund rechner gehört die UDE derorganisation für Forschung in Deutschland. Mit einem 200.000 Studierende und 15.000 Professoren haben für nun zu den sieben deut- jährlichen Etat von über zwei Milliarden Euro finanziert das aktuelle Ranking ihr Urteil abgegeben. Anders als schen Universitäten, die sie mehr als 20.000 Forschungsprojekte von einzelnen vielleicht erwartet, werden die Ergebnisse der Befragung einen Forschungsrechner Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen wie auch von nicht zu einer Gesamtpunktzahl zusammengerechnet. im Top500-Ranking der Forschungsverbünden. Dabei erfolgt die Förderung auf Denn es gibt nicht einfach „die beste Hochschule" oder weltweit schnellsten Grundlage eines aufwändigen und strengen Antragsver- nur ein „bestes Fach“. Eine Hochschule kann in der For- Rechner haben. fahrens. Nur wer die Prüfung durch renommierte Wissen- schung durchaus Spitze sein, aber ihre Ausstattung für www.uni-due.de/de/pres- schaftler besteht, der erhält auch Fördergelder. Deshalb Studierende kann schwach oder die Betreuung durch die se/meldung.php?id=2154 kann die DFG ziemlich genau sagen, wo die besten For- Professoren schlecht sein. Das CHE-Ranking schaut auf scher sitzen und an welchen Hochschulen herausragen- die Details und erstellt mehrere Ranglisten, die Stärken 10 Physik Universität Duisburg-Essen
Rankings Durchschnittsnoten, die Physikstudierende (ohne Master) der UDE vergeben haben Betreuung durch Lehrende 1,4 E-Learning 2,5 Kontakt zu Studierenden 1,4 Bibliotheksausstattung 1,8 Lehrangebot 2,3 Räume 1,9 Forschungsbezug 2,0 Laborausstattung 1,9 Studienorganisation 1,7 IT-Infrastruktur 1,5 Praxisbezug 2,5 Unterstützung für Auslandsstudium 2,2 Berufsbezug 2,5 Studiensituation insgesamt 1,7 Einbeziehung in Lehrevaluation 2,2 Quelle: CHE-Hochschulranking im ZEIT-Studienführer 2010/11 und Schwächen der einzelnen Hochschulen zeigen. Es gibt auch keinen Gesamtsieger, sondern Ranggruppen: Spit- zen-, Mittel- und Schlussgruppe. Das ist gerechter, denn es besteht nicht die Gefahr, dass kleine Unterschiede zu wichtig genommen werden und so ein falsches Bild entsteht. Der interaktive Web-Auftritt des CHE-Rankings macht es möglich, sehr schnell das gewünschte Studienfach oder die angepeilte Hochschule auf den Schirm zu holen und sich dann Einzelheiten genau anzusehen. Physik in Duisburg-Essen Die beiden wichtigen Rankings von DFG und CHE/ZEIT zeigen, wie gut Physik an der Uni Duisburg-Essen im Rennen liegt. So steht sie im DFG-Ranking im Forschungsfeld „Statistische Physik und Nichtlineare Dynamik“ auf Platz 1 und im Bereich „Kondensierte Materie“ auf Platz 5. Auch im Gesamturteil des CHE/ZEIT-Rankings liegt die Fakultät deut- lich in der Spitzengruppe. In ganz entscheidenden Kategorien ist die Physik an der UDE ganz vorn: bei der Laboraus- stattung, der Betreuung durch die Professoren, beim Lehrangebot, beim Forschungsbezug, der Studienorganisation Weblinks: und beim Praxisbezug. Auch die Räume und ihre Ausstattung mit IT-Geräten sind nach dem Urteil der Studierenden http://www.dfg.de/dfg_profil/ ausgezeichnet. Und diese gute Leistung hält die UDE, denn das Ranking macht mit kleinen Pfeilen auch sichtbar, ob evaluation_statistik/ranking/ und wo jemand Ab- oder Aufsteiger ist. Wer nun wissen möchte, wie andere Universitäten in der Nähe abschneiden, index.html der kann das einfach im Web selbst nachschauen. Dort findet man auch noch andere sehr gute Informationen, zum Beispiel darüber, was in Duisburg und Essen außer Uni sonst noch los ist. Und das gehört ja schließlich auch zum http://ranking.zeit.de/ Studentenleben! che2010/de/ Universität Duisburg-Essen Physik 11
Physik studieren an der UDE freestyle-physics – Uni auf Probe – Schülerlabor Angebote für Schülerinnen und Schüler „Wir sind stolz darauf, dass wir Schülerinnen und O b als Jungforscherin, Probestudi oder im Schülerlabor: an der UDE kann man erleben, dass Physiker ganz normale Menschen sind, man kann antesten, wie studieren schon einige Jahre her. Inzwischen studiert die 21-Jährige seit drei Jahren Physik. „Ich hatte mich schon vorher für Physik interessiert, aber als ich sah, wie gut hier im Team Schülern viel mehr bieten wirklich ist und wie mit einem Rastertunnelmikroskop die gearbeitet wird, da hat das schon meine Entscheidung für können als die meisten Welt der Atome sichtbar wird. die UDE mitbestimmt.“ Jetzt sitzt sie bei freestyle-physics anderen Hochschulen auf der anderen Seite und arbeitet in der Anmeldung oder in Deutschland.“ Forscher und Erfinder gesucht: freestyle-physics stoppt bei Experimenten die Zeit, wenn Schüler ihre For- Andreas Reichert Die Aufgabe klingt ein bisschen komisch: „Baue eine schungsergebnisse präsentieren. Bei freestyle-physics Aschenputtelmaschine!“ – Aber dahinter steckt ein ech- kann man Gleichgesinnte treffen, die sich auch für Physik tes Forschungsproblem. Schließlich hat nicht jeder wie interessieren. Das sind richtig viele. Letztes Jahr gab es Aschenputtel Tauben im Haus, die einem das Trennen 2.000 Teilnehmer und am Tag der Präsentation am Duis- der guten von den schlechten Erbsen abnehmen. Des- burger Hauptbahnhof einen kleinen Stau, weil zu viele halb werden junge Forscherinnen und Forscher gesucht, Jungforscher gleichzeitig mit ihren Modellen in die Stra- die eine Maschine entwerfen und bauen, mit der ein Ge- ßenbahn Richtung Uni einsteigen wollten. Die Präsentation misch von verschiedenen Objekten sortiert werden kann. vor den Professoren ist eine aufregende Sache. Das muss Wer da beim Lesen schon anfängt, gedanklich zu tüfteln, man vorher schon ein bisschen proben, damit das Modell der ist der richtige Kandidat oder die richtige Kandidatin auch wirklich läuft. Falls es dann doch nicht klappt, kann für „freestyle-physics“. So heißt der jährliche Schüler- man im nächsten Jahr wiederkommen und es noch ein- wettbewerb der Fakultät für Physik an der UDE, bei dem mal versuchen. Außer den Projektpräsentationen finden richtig losgeforscht wird. Es geht darum, eine anspruchs- bei freestyle-physics auch Vorlesungen, Laborführungen volle Forschungsaufgabe zu lösen. Profi-Wissenschaftler und ausgefallene Experimente statt – Forschung hautnah schauen sich das Ergebnis an und vergeben Punkte für eben! Die Anmeldung zu freestyle-physics läuft am besten besonders pfiffige Lösungen. Teilnehmen können Schüle- über den Physiklehrer. rinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 13. In vier Monaten muss die gestellte Aufgabe gelöst werden. Die So fühlt sich Uni an: das Probestudium Besten erhalten einen Preis. „Was mir sofort auffiel: Wie Wer ernsthaft darüber nachdenkt, nach der Schule Physik nett hier an der Fakultät alle sind und wie offen über al- zu studieren, für den ist das Probestudium genau das Rich- les gesprochen wird!“ Annika Kurzmann kam zum ersten tige. Schon zwei Jahre vor dem Abi kann man hier in die Mal an die UDE, als sie bei freestyle-physics ihre selbst Uni reinschnuppern. Die „Uni auf Probe“ gibt es bereits entworfene und gebaute Wurfmaschine vorführte. Das ist seit zehn Jahren. Das Angebot funktioniert gut: Fast jede 12 Physik Universität Duisburg-Essen
oder jeder dritte Physikstudierende Physik beschäftigt, der lernt natür- hat vor dem Studienbeginn ein Probe- lich eine ganze Menge und hat was studium gemacht. Erst war es nur für davon, auch für den Physikunterricht Schülerinnen gedacht. Aber schnell in der Schule. Über 100 Schülerinnen zeigte sich, dass auch Jungen sich und Schüler kommen jedes Jahr zum diese Gelegenheit nicht entgehen Probestudium an die UDE. Anmelden lassen wollen. Wer hier mitmacht, der kann sich jeder, der die Kursstufe lernt richtigen Uni-Betrieb kennen. erreicht hat. Und wer bis zum Ende Über 15 Wochen hinweg kommen dabei bleibt, bekommt einen Schein, und Schüler die ‚Welten in der Welt’ Von links nach rechts: die „Probestudis“ jeden Samstag- der später im richtigen Studium an- entdecken“, erklärt Andreas Reichert. Beim Probestudium kann man end- lich Versuche machen, die sonst den morgen in den Hörsaal. Dann gibt es erkannt wird. Woher die Probestudis Schon wenn wir eine Lupe vors Auge Studierenden vorbehalten sind – bei von halb elf bis zwölf Uhr Vorlesung kommen? Andreas Reichert staunt: halten, sehen wir plötzlich Dinge, die den Messungen mit Röntgenstrahlen und anschließend eine Übung mit „Manche nehmen einen ziemlich wei- uns sonst verborgen sind. Ein weite- lässt sich der Effekt der Interferenz Experimenten und Aufgaben. Doch ten Weg auf sich, um das Studenten- rer Schritt ist mit dem Blick durchs viel besser verstehen. damit nicht genug: Bis zum nächs- leben hautnah kennenzulernen. Wir Lichtmikroskop getan. Aber das Studierende zeigen bei Laborfüh- ten Samstag sind Hausaufgaben zu hatten schon Teilnehmer aus Rem- kennt man ja aus der Schule, wo Süß- rungen ihre Forschungsprojekte. erledigen, die dann auch besprochen scheid, Bonn, Mönchengladbach und wasserpolypen oder Zwiebelzellen Ob das Gegenwindfahrzeug wirklich werden. Es gibt je 3 Vorlesungen in sogar Paderborn!“ untersucht werden. Spannend wird funktioniert, stellt sich am Finaltag Mathematik und zur Theoretischen es beim Rasterelektronenmikroskop, von freestyle-physics heraus. Physik sowie 6 Vorlesungen zur Ex- Forschungsreise in die Nanowelt: denn damit lassen sich Strukturen Löten gehört im Labor zum Alltag. perimentalphysik plus 3 Praktikums- das Schülerlabor erkennen, die zum Abperlen von Was- einheiten. Das verlangt schon echtes Im gerade erst eröffneten Schülerla- sertropfen auf Lotusblättern führen. Interesse und Durchhaltevermögen. bor fühlt man sich wie ein richtiger Kleiner als klein wird der Maßstab, Aber darum geht es ja: für sich selbst Wissenschaftler. Hier stehen nämlich wenn das Rastertunnelmikroskop herauszufinden, ob das Physikstudi- exakt die gleichen High-Tech-Geräte zum Einsatz kommt. Denn hier ge- um sich wirklich so anfühlt, wie ge- wie in den Laboren der Profi-For- langt man auf die Ebene der Atome, dacht. „Wir sind stolz darauf, dass wir scher. Dieses Labor haben die Fakul- und die sind nur 0,1 Nanometer groß Schülerinnen und Schülern viel mehr täten für Physik und Ingenieurwissen- (zur Erinnerung: 1 Nanometer sind bieten können als die meisten ande- schaften gemeinsam entwickelt. Die 0,000000001 Meter!). Wer sich auf ren Hochschulen in Deutschland“, Idee kam so gut an, dass sie in einem eine Forschungsreise in die Nanowelt erklärt Andreas Reichert, der an der Wettbewerb gewonnen hat und jetzt begeben will, der kann im Schüler- Fakultät für Öffentlichkeitsarbeit ver- finanzielle Unterstützung vom Land labor ein Praktikum machen. Aber Weblinks: antwortlich ist. „Unser Angebot geht Nordrhein-Westfalen bekommt. The- auch ganze Leistungskurse können www.freestyle-physics.de über ein ganzes Semester, also etwa ma des Schülerlabors ist die Nano- eine Projektarbeit im Schülerlabor http://www.uni-due.de/physik/ vier Monate.“ Wer sich so intensiv mit welt. „Hier können die Schülerinnen durchführen. fbphysik/probestudium/ Universität Duisburg-Essen Physik 13
Forschergruppen „Wir wollen die Schnellsten sein!“ Schnellsten Prozessen an Oberflächen sind die Forscher der AG von Michael Horn-von Hoegen auf der Spur. Die Studenten haben frühzeitig die Chance, spannendste Experimente durchzuführen. Von ihrem Studium und dem frühen Einstieg in die Forschung sind sie völlig begeistert. „V or 100.000 Jahren haben die Neandertaler Steine aufeinander geschlagen, um Feuer zu machen. Das heißt, sie haben Bewegungsenergie in elektrische um- teres Anwendungsfeld ist die effiziente Energiegewinnung aus Wärme, die Thermoelektrik: Hier muss man Elektro- nen dazu bewegen, von einem Material in ein anderes zu gewandelt. Auch das war bereits Energiedissipation an fließen, ohne dass gleichzeitig Wärme zwischen beiden Oberflächen“, erklärt Michael Horn-von Hoegen, Profes- übertragen wird. Mit Forschung an Oberflächen lässt sich sor für Experimentelle Physik. „Was wir heute machen, ist herausfinden, unter welchen Bedingungen welches Mate- im Grunde ähnlich, nur dass es in viel kleinerem Maßstab rial wie reagiert. „Dissipate your energy!“ geschieht. Wir stoßen Atome gegeneinander und beob- Annika Kalus, Studentin im 10. Semester und achten, was passiert.“ Eine zentrale Frage in diesem Zu- Mitglied der Arbeitsgruppe, will wissen, wie lange Blei- Michael Horn-von Hoegen sammenhang ist die nach der Geschwindigkeit. Weil Ato- atome auf einem Wafer brauchen, um nach dem Erhit- me sich mit der Schnelligkeit von Milliardstel Sekunden zen durch einen Lichtimpuls wieder abzukühlen. Hierzu bewegen, besteht die Herausforderung darin, diese Be- dampft sie im Ultrahochvakuum, also unter Bedingungen wegungen noch verfolgen und abbilden zu können. Hier wie sie sonst nur im Weltraum herrschen, eine genau sind die Duisburger besonders gut. Sie nutzen Mikros- eine Atomlage dicke Schicht von Bleiatomen auf einen kope, die extrem schnelle Bewegungen sichtbar machen Wafer. Nachdem sie die Probe auf -180 Grad Celsius Beugungsmuster von verschiedenen können. Mit einer Länge von acht Femtosekunden ent- gekühlt hat, erhitzt sie die Bleischicht kurzzeitig mittels Oberflächen eines Siliziumkristalls stehen so in Duisburg die kürzesten Filme der Welt: eine eines Lichtimpulses und beobachtet in unterschiedli- bei der Reflektion von Elektronen. Femtosekunde ist ein Millionstel von einem Milliardstel chen Zeitabständen, wie warm die Oberfläche noch ist. Hierbei wird die Wellennatur der Elektronen ausgenutzt. einer Sekunde. „Die Experimentanordnungen, die wir ent- Da dünne Schichten extrem rasch abkühlen, führt sie wickelt und aufgebaut haben, sind in Europa einzigartig“, die Experimente mit einem „Oberflächen-Thermometer“ erklärt Horn-von Hoegen. „Weltweit konkurrieren wir nur durch – dem schnellsten, das es weltweit gibt. Mit diesem mit einer einzigen anderen Forschergruppe und die wird „Thermometer“ kann sie die Temperatur der Bleiatome von einem Nobelpreisträger geleitet. Denen versuchen mit einer Zeitauflösung im Pikosekundenbereich messen. wir den Schneid abzukaufen. Wir wollen die Schnellsten Eine Pikosekunde (ps) entspricht einem Millionstel einer sein – also diejenigen, die die schnellsten Bewegungen Millionstel Sekunde (0,000000000001 s), also der Zeit, in erfassen können.“ der Licht gerade mal 0,3 Millimeter zurücklegt. Wie erforschen die Physiker nun die schnellsten Für das Experiment wird ein sehr kurzer Lichtimpuls in Prozesse an Oberflächen? Zunächst bringen sie durch zwei Teile gesplittet. Der eine Teil wird auf die zu untersu- Aufdampfen eine nur wenige Atomlagen dünne Schicht chende Oberfläche gelenkt und erhitzt dort kurzzeitig die eines bestimmten Materials auf ein kleines Stück von Bleischicht innerhalb von weniger als 10 Pikosekunden einem Wafer auf. Ein Wafer ist eine flache Scheibe, die um mehr als 100 Grad Celsius. Mit dem anderen Teil des aus einem einzigen Siliziumkristall besteht und in etwa Lichtimpulses wird das spezielle „Thermometer“ betrie- aussieht wie eine CD. Die Schicht auf dem Wafer wird ben: Der Lichtimpuls wird im Ultrahochvakuum auf eine dann mit einem extrem kurzen Lichtimpuls aus einem dünne Goldschicht geschossen und löst dort Elektronen speziellen Laser beschossen. Wenn der Lichtimpuls auf heraus. Dieser Elektronenpuls wird mit 20.000 Volt stark die Schicht trifft, wird es an dieser Stelle für einen kurzen beschleunigt und unter einem sehr flachen Winkel auf die Moment sehr heiß und die einzelnen Atome, aus denen zu untersuchende Oberfläche geschossen. Dort werden das Material besteht, fangen an, sich stärker zu bewe- die Elektronen gebeugt, das heißt, sie treffen auf die Ato- gen. Die spannende Frage ist nun: Wie genau bewegen me an der Oberfläche und werden von diesen abgelenkt. sich die Atome? Ordnen sie sich neu oder wackeln sie nur Die abgelenkten Elektronen ergeben ein Muster, das mit heftiger hin und her? Wie lange braucht die Schicht, um Hilfe einer speziellen Kamera sichtbar gemacht werden wieder abzukühlen? kann. Aus diesem Muster lassen sich Rückschlüsse auf Solche Informationen sind für viele Arbeitsbe die Struktur der Oberfläche ziehen. Über die Änderung reiche von großer Bedeutung. Einer davon ist die Mikro- der Wegstrecke zwischen den beiden Lichtimpulsen lässt elektronik: Computerprozessoren erzeugen bereits heute sich die Zeit zwischen dem „Erhitzen“ der Oberfläche mit deutlich mehr Wärme als eine Kochplatte! Damit sie nicht dem ersten Teil des Lichtimpulses und der „Temperatur- schmelzen, muss die Wärme abgeführt werden. Ein wei- messung“ mit dem zweiten Teil des Lichtimpulses variie- 14 Physik Universität Duisburg-Essen
Unter Bedingungen wie im Weltraum – in Europa einmalig: Doktorandin Simone Möllenbeck prüft die Proben position in der Ultrahochvakuum apparatur, an der die Experimente zur ultraschnellen Elektronen beugung stattfinden. Ultrakurzer Laserstrahl im Labor ren. Reiht man die einzelnen „Schnappschüsse“ aneinander, so erhält man einen Film über die Änderungen auf der Oberfläche mit Pikosekunden Zeitauflösung. Für einen solchen Film wird das Experiment viele Millionen Male com putergesteuert wiederholt: jede Sekunde genau 5.000 Mal und das eine ganze Stunde lang. „Viele denken, Physik ist unheimlich schwer und man kann es nur studieren, wenn man in der Schule überall Eins stand und als Kind schon Bücher über Quantenphysik gelesen hat“, sagt Philip Kahl, Student im 8. Semester und als Studentische Hilfskraft in derselben Arbeitsgruppe. „Das stimmt aber gar nicht. Wir sind alle keine Genies – mit wenigen Ausnahmen – und wir helfen uns gegenseitig in unseren Lerngruppen. Physik ist kein Ding der Unmöglichkeit, wenn alle zusammenhalten.“ Von seinem Fach ist er genauso begeistert wie Annika Kalus: „Zuerst interessiert man sich für die spektakulären Sachen. Es knallt und pufft und man will wissen warum. Je mehr man dann eintaucht, um so interessanter wird es. Man erkennt, wie alles zusammenhängt und sieht überraschende Parallelen zwischen Phänome- nen. So gleicht beispielsweise das Kreisen der Planeten um die Sonne dem Kreisen der Elektronen um den Atomkern.“ Niemand sollte sich entmutigen lassen; ein grundsätzliches Interesse an Mathematik und Physik ist die beste Voraussetzung für das Studium. „Dann wird man in der Grundvorlesung mit tollen Experimenten belohnt. Ein Beispiel „Physik ist einfach verblüffend ist der Vergleich zwischen der Pistolenkugel und einer Kugel, die vom Tisch fällt. Wenn jemand eine Pistole parallel zum und darum macht man das. Boden abschießt und gleichzeitig eine Kugel von der Tischkante stößt, dann treffen beide Kugeln gleichzeitig auf der Der Aha-Effekt ist genial!“ Erde auf. Warum? Weil auf beide die Schwerkraft mit derselben Stärke einwirkt. Die Schwerkraft, also die Anziehungs- Philip Kahl kraft der Erde, zieht beide Kugeln gleich schnell zu Boden, egal ob sie die eine aus der Flugbahn holen muss oder die andere von der Tischkante. „Das würde man intuitiv erstmal nicht erwarten und findet es verblüffend, aber dann hat man ein Aha-Erlebnis und versteht es“, so Philip Kahl. Auch wenn ein Großteil der Studierenden sich in Duisburg einschreibt, weil es in der Nähe des Elternhauses liegt, gibt es auch diejenigen, die sich bewusst für die UDE entscheiden. So jemand ist Jörg Reimann, der gerade seine Diplomarbeit schreibt: „Ich komme aus Aschaffenburg und habe dort erst eine Ausbildung als Werkzeugmechaniker gemacht. Als ich dann studieren wollte, habe ich mich informiert und bin durch verschiedene Wissenschaftssendun- gen im Fernsehen auf Duisburg und die Qualität der Forschung hier aufmerksam geworden. Deswegen bin ich hierher „Besonders faszinierend ist für gezogen.“ Besonders faszinierend am Physikstudium ist für ihn, dass er jeden Tag etwas Neues lernt. „Man weiß nie, mich, dass wir jeden Tag etwas was mit dem Material passiert, das man beschießt. Es gibt keine Routine.“ Neues lernen. Man weiß nie, Und was machen die Studenten in ihrer Freizeit? Lesen sie doch heimlich Bücher über Quantenphysik? „Nein“, was mit dem Material passiert, sagt Philip, „dieses abseitige Image von Physikern ist etwas, das mich total nervt. Ich selbst mache viel Sport, zum das man beschießt. Es gibt Beispiel Volleyball, und leite in meiner alten Schule eine AG für Capoeira, das ist ein brasilianischer Kampftanz. Das Training habe ich noch nie ausfallen lassen, auch nicht in Prüfungszeiten.“ Jörg trifft sich mit Freunden und Annika keine Routine.“ nutzt nach einem Tag im Labor das vielseitige Hochschul-Sportangebot. Jörg Reimann Universität Duisburg-Essen Physik 15
Forschergruppen „Wir schauen in die Zukunft“ Physik von Transport und Verkehr: Vorhersagen über Staus, die die Forscher der AG von Michael Schreckenberg treffen, haben eine Trefferquote von über 90 Prozent. Das Verkehrsmodell kann bis zu eine Stunde in die Zukunft des gesamten Autobahnnetzes von Nordrhein-Westfalen schauen. Am Duisburger Institut für die Physik von Trans- port und Verkehr haben die Forscher die aktuelle Ver- kehrslage immer im Blick. Ihre Messdaten bekommen sie von 4.500 Induktionsschleifen – dabei handelt es sich um in die Fahrbahndecke eingelassene oder unter ihr verleg- te Drahtschleifen zur Fahrzeugerkennung. Die teilen dem Wie Vögel in einem Schwarm können zukünftig vielleicht auch Autos Informationen untereinander austauschen. Rechner ständig mit, wie viele Autos wie schnell unter- wegs sind. Ein Simulationsprogramm stellt daraus rund um die Uhr aber nicht nur die aktuelle Verkehrslage nach, „Verkehr unterliegt nicht allein physikalischen M ai 2008: In seiner Show „Wer wird Millionär?“ stellt Günther Jauch folgende Millionenfrage: „Das Nagel- Schreckenberg-Modell liefert eine Erklärung für die Ent- sondern berechnet auch, wie sie sich in den nächsten 30 beziehungsweise 60 Minuten entwickeln wird. Das ist möglich, weil Hochleistungsrechner den Verkehr viel Gesetzen, der Faktor stehung von ...? A: Sandwüsten, B: Verkehrsstaus, C: Grip- schneller ablaufen lassen als real. „Wir beschleunigen die Mensch ist unberechenbar.“ pewellen, D: Börsencrashs. Sein prominenter Kandidat Abläufe auf der virtuellen Straße, indem wir im Rechner Michael Schreckenberg Oliver Pocher bemüht den Publikumsjoker, gibt die richtige den simulierten Verkehr im Zeitraffer laufen lassen“, er- Antwort und gewinnt die Million für einen guten Zweck. läutert Schreckenberg. Der Rechner greift aber auch auf Die Sendung machte damals auch Michael Schreckenberg Verkehrsdaten der letzten Jahre zurück. „Es steht uns über Nacht deutschlandweit bekannt. Der Physiker hatte mittlerweile eine sehr große Datenbank zur Verfügung, zu Beginn der neunziger Jahre gemeinsam mit seinem Kol- die beispielsweise Auskunft darüber geben kann, wie legen Kai Nagel das Simulationsmodell zur Stauprognose die Verkehrslage an einem typischen Montag nach den entwickelt. Es konnte erstmals wissenschaftlich erklären, Herbstferien ist. Diese Informationen fließen dann auch wie Verkehrsstaus aus dem Nichts entstehen. „Vor der in die Stauprognose mit ein.“ Für den Autofahrer werden Sendung hatten wir monatlich etwa 50 Zugriffe auf die In- die Berechnungen in eine leicht verständliche Staukarte ternetseiten des Instituts, direkt danach waren es 150.000 umgesetzt: Grüne, gelbe und rote Linien zeigen an, wo es in 48 Stunden“, berichtet Schreckenberg, Professor für die eng wird und wo es reibungslos läuft. Doch selbst wenn Physik von Transport und Verkehr. Seine Arbeitsgruppe be- der PKW-Verkehr insgesamt störungsfrei fließt, kommen treibt seit fast zehn Jahren das offizielle Verkehrsinforma- Lastwagen – etwa bei Überholverbot – auf der rechten tionssystem „autobahn.NRW.de“ des Landes Nordrhein- Spur oft nur langsam voran. Daher soll es demnächst eine Westfalen, das auf Schreckenbergs Staumodell basiert. eigene Stauprognose für den LKW-Verkehr geben. Per Mausklick können sich Autofahrer schon zu Hause Das Nagel-Schreckenberg-Modell ist heute die am über die Situation auf einer geplanten Route informieren. häufigsten zitierte Arbeit, wenn es um das Thema Verkehr „Mir gefällt es, Zusammen- Die Vorhersagen sind mit einer Trefferquote von rund 90 geht. Und da es ohne komplizierte Mathematik auskommt hänge zu verstehen und Prozent sehr genau. „Aber Verkehr unterliegt nicht allein und auch für Laien verständlich ist, wird es in der Schule physikalischen Gesetzen, der Faktor Mensch ist unbere- sogar im Informatikunterricht behandelt. Vereinfacht dar- zu hinterfragen, anstatt bloß chenbar. Ändern nämlich Autofahrer ihre geplante Route gestellt ähnelt das Modell einem Brettspiel: Die Autobah- Fakten auswendig zu lernen.“ wegen eines prognostizierten Staus, findet der manchmal nen werden in gleich große Abschnitte unterteilt, in jedem Kathrin Sauer gar nicht statt“, so Schreckenberg. Feld kann sich nur ein Auto befinden oder es bleibt frei. Pro 16 Physik Universität Duisburg-Essen
Physik von Transport und Verkehr Für eine effektive Verkehrslenkung sind zuverlässige Verkehrsprognosen unverzichtbar. „Runde“ rückt ein Auto maximal fünf geistert und die Entscheidung für ein um virtuelle Elektroautos realitätsnah Felder vor, wobei eine Runde jeweils Physikstudium nicht bereut. „Physik in die Verkehrsströme einzubetten. eine Sekunde dauert. Die Anzahl der ist enorm vielseitig und mir gefällt es, „Wir wollen herausfinden, für welche Felder, die ein Auto im letzten Zug vor- Zusammenhänge zu verstehen und Fahrten Elektroautos besonders ge- angekommen ist, wird als die momen- zu hinterfragen anstatt bloß Fakten eignet sind und in welchen Bereichen tane Geschwindigkeit definiert. „Die auswendig zu lernen.“ sie andere Fahrzeuge ersetzen könn- Autos in der Simulation fahren nicht, Am Schreibtisch nebenan sitzt ten“, so Schreckenberg. sie hüpfen von Feld zu Feld und be- Robin an einem Rechner und übt sich Fahrzeug-Fahrzeug-Kommuni schleunigen nach bestimmten Regeln, im wissenschaftlichen Arbeiten. Der kation nennt sich ein anderer For- bremsen ab, wechseln die Spur. Oder Schüler einer 9. Klasse absolviert ein schungsbereich der Verkehrsforscher, sie trödeln und verursachen damit dreiwöchiges Praktikum am Institut für den sie das Schwarmverhalten wie in der Realität den Stau aus dem und tüftelt gerade an einer Aufga- von Fischen, Vögeln oder Ameisen Nichts“, so Schreckenberg. be, die ihm Michael Schreckenberg betrachten. Ebenso wie im Schwarm Einer, der sich darum küm- gestellt hat. Er soll berechnen, nach benachbarte Tiere ständig mitein- mert, dass Autofahrer immer auf welcher Strecke zwei Autos – 50 und ander kommunizieren, können auch die Stauprognose zugreifen können, 70 Stundenkilometer schnell –, die mehrere Autos, die mit gleicher Ge- ist der Physiker Florian Mazur. „Wir gleichzeitig bremsen, zum Stillstand schwindigkeit eine gemeinsame Stre- sorgen nicht nur dafür, dass die kommen. „Ich finde es sehr span- cke fahren, über mobile WLAN-Netze Stauprognose möglichst störungsfrei nend hier und darf manchmal sogar Informationen austauschen: Bildet läuft, sondern entwickeln das Simu- ein wenig programmieren“, sagt der sich weiter vorne gerade ein Stau, lationsprogramm auch ständig wei- Schülerpraktikant, der später einmal verschlechtert sich wegen Nebels ter.“ Von seinem Fachbereich ist der Physik studieren möchte. die Sicht oder ist die Straße plötzlich Doktorand begeistert: „Es reizt mich Die Stauprognose ist aber nur glatt. „Wir wollen herausfinden, wie besonders, dass ich in diesem Be- ein Arbeitsfeld der Duisburger Wis- sich die Kommunikation benachbar- reich sowohl Grundlagenforschung senschaftler. Anfang des Jahres ter Fahrzeuge auf den gesamten Ver- betreiben als auch praxisnah arbei- startete die Universität Duisburg- kehrsfluss auswirkt.“ ten kann. Die Wissenschaftler hier Essen eines der größten deutschen Wer sich bereits im Rahmen des forschen nicht im stillen Kämmer- Hochschulprojekte zur Erforschung Physikstudiums auf den Schwer- chen.“ Als erster Student hatte sich „Es reizt mich besonders, der Elektromobilität. Auch Michael punkt Transport und Verkehr spezia- Florian Mazur Ende der neunziger Schreckenberg und sein Team sind lisieren möchte, kann an der Univer- dass ich in diesem Bereich Jahre für den damals neuen Diplom- an dem interdisziplinären Projekt be- sität Duisburg-Essen den Abschluss sowohl Grundlagenforschung Studiengang Physik von Transport teiligt, das untersuchen soll, wie Elek- Bachelor beziehungsweise Master betreiben als auch praxisnah und Verkehr eingeschrieben. Zur Ar- tromobilität in einer Metropolregion of Science anstreben. Und da es in arbeiten kann. Die Wissen- beitsgruppe von Michael Schrecken- wie NRW praxistauglich umgesetzt diesem Themenfeld auch in Zukunft schaftler hier forschen nicht berg gehört auch die Diplomandin werden kann. Die Duisburger Physiker wichtige Aufgaben zu lösen gilt, Kathrin Sauer. Erst in der 11. Klasse nutzen dabei ihre in den Großrech- werden Absolventen gute Berufs- im stillen Kämmerchen.“ hat sie sich für das Fach Physik be- nern gespeicherten Verkehrsdaten, chancen in Aussicht gestellt. Florian Mazur Universität Duisburg-Essen Physik 17
„Physiker sind Leute, die sich ihre Fragen selber stellen“ Neue Eigenschaften herstellen: In der Nanowelt gelten andere Gesetze als in der Alltagsrealität – welche das sind, erforscht unter anderem die AG von Axel Lorke. Die Nanowissenschaften sind eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. „W as mich interessiert, ist die Grenze zwischen zwei Welten“, erklärt Axel Lorke, Professor für Experi- mentelle Physik. „Und zwar gibt es zum einen die Welt um geht und die Dinge bis in den Nanometer-Bereich hinein verkleinert.“ Zu den Themen, mit denen der Forscher sich uns herum, die wir alltäglich erfahren und kennen, und beschäftigt, gehören Einzelelektroneneffekte. Com- zum anderen die atomare Welt, in der die Dinge anders puterchips werden leistungsfähiger, weil die Bauteile sind. Dort verschwimmt beispielsweise der Unterschied immer kleiner werden. „Vor zehn Jahren waren ein paar zwischen Welle und Teilchen und ein Partikel kann den Millionen Elektronen in einer Speicherzelle, dann wurden Ort wechseln, ohne dass der Weg von A nach B nachvoll- es weniger und weniger, heute sind es nur noch ein paar ziehbar ist. Auch die Prioritäten verschieben sich in der Hundert“, erläutert er. „Irgendwann wird es nur noch ein Welt der Atome: Anders als in der Alltagswelt hat dort bei- Elektron sein. Dann ist eine Schallmauer erreicht, denn spielsweise die Schwerkraft fast keine Bedeutung im Ver- kleiner geht es nicht. Ein Elektron ist nicht mehr teilbar. gleich zu Haftkräften oder der Zitterbewegung, die kleine Da kann man sich natürlich hinstellen und heulen – oder Teilchen aufgrund der Temperatur haben.“ Was passiert man überlegt sich eine Alternative. Beispielsweise wäre also, wenn die Dinge so klein werden, dass die atomare es doch genial, wenn ich etwas hätte, das ‚Ja’ oder ‚Nein’ Axel Lorke jongliert gerne. Welt schon spürbar wird – aber noch so groß sind, dass in sich trägt. Und das trifft auf das Elektron zu. Ein Elek- Wenn keine Bälle zur Hand sind, wir volle Kontrolle über ihre Größe und Form haben? Zu- tron ist im Grunde ein perfektes Bit, weil es entweder da nimmt er auch schon mal nächst einmal brechen die üblichen Skalierungsgesetze ist oder nicht da ist.“ Informationen im Computer haben Verbindungsstücke für Vakuum- Schläuche. zusammen. bekanntlich die Form von Nullen und Einsen; alles, was im Lorke illustriert den Begriff anhand einer Textaufgabe: Innern eines Computers gespeichert ist, lässt sich durch „10 Bauarbeiter bauen ein Haus in einem Jahr. 20 Bau eine bestimmte Anzahl und Kombination von Nullen und arbeiter bauen ein Haus in einem halben Jahr. Zunächst Einsen ausdrücken. Nullen und Einsen bezeichnen zwei gilt der Satz: Je mehr Bauarbeiter, desto schneller die verschiedene Zustände; die Information Null oder Eins Bauzeit. Das wäre in dem Fall das Skalierungsgesetz. ist dann ein Bit. Denkbar wäre nun, dass Nullen und Ein- Wenn man aber nun fragt ‚Wie viele Bauarbeiter werden sen in Zukunft durch die Anwesenheit oder Abwesenheit gebraucht, um ein Haus in einer Sekunde zu bauen?’ wird eines Elektrons definiert werden. „Steuern lässt sich das deutlich, dass es eine Grenze gibt, ab der dieser Zusam- durch Strukturen, die aus nur wenige Nanometer großen menhang außer Kraft gesetzt ist und andere Gesetzmä- ‚Inseln’ bestehen“, sagt Lorke, „in manchen ist ein Elek ßigkeiten ins Spiel kommen. Etwas Ähnliches geschieht tron, das sind die Einsen, in anderen ist kein Elektron, das auch, wenn man über die üblichen Größenskalen hinaus sind die Nullen.“ 18 Physik Universität Duisburg-Essen
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