Positionen der niedersächsischen Städte und Gemeinden zur Landtagswahl - Niedersächsischer Städte und Gemeindebund
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3 / 2022 74. JAHRGANG Stadt Walsrode Positionen der niedersächsischen Städte und Gemeinden zur Landtagswahl Seite 04 • Beschlussfassung in der Corona-Pandemie Seite 18 • 75 Jahre Volkshoch schulen in Niedersachsen Seite 20 • F ördermöglichkeiten ausschöpfen Seite 22 Ausgabe zur lung 2022 Mitgliederversamm in Walsrode
EDITORIAL LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, dieses Heft erscheint zu unserer Mitgliederversammlung in Klimawandel wird immer sichtbarer, auch in Krelingen, Walsrode. Es ist für viele in der Kommunalwahl Deutschland. Zudem wird der Fachkräfte 2021 neugewählten Bürgermeisterinnen, Bürgermeister mangel an allen Stellen stetig deutlicher. oder Ratsmitglieder die erste Mitgliederversammlung des In dieser Gemengelage muss sich die Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB). Landespolitik aus Sicht der Kommunen Es gab einen großen Personalwechsel in den Räten und Rat neu aufstellen: weg von Wohlfühl-Wahlver- häusern. Infolgedessen sind ebenso die Gremien des NSGB sprechen mit mehr Geld für alle, weg von neu gebildet worden, über die Kreis- und Bezirksverbände Wahlversprechen auf dem Rücken der Städte, werden nun das Präsidium und die Vizepräsidentinnen und Gemeinden und Samtgemeinden und weg Vizepräsidenten in unserer Mitgliederversammlung bestätigt. von immer komplizierteren Vorschriften und Auch hier finden viele Wechsel statt: Langverdiente Mitglieder Fördermittelverteilungen, die niemand mehr scheiden aus, neue stoßen dazu und verstärken den Verband. beherrscht. Wir müssen die unabdingbaren Wir wünschen allen eine gute Schaffenskraft für die kommu- Grundlagen unseres Lebens und unserer DR. MARCO TRIPS nale Familie! Gesellschaft sicherstellen: ausreichend Ärztin- Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes Die Mitgliederversammlung steht außerdem im Zeichen nen und Ärzte, ausfinanzierte Krankenhäuser, des Wahlkampfes. Am 9. Oktober 2022 wird ein neuer funktionierende Verwaltungen und einsatz- Landtag gewählt. Dies geschieht in einer Zeit, in der sich bereite Katastrophenschützer und Feuerwehren. Wir müssen vieles verändert hat. Manche Gewissheit ist weggebrochen die nächsten Schritte machen in Klimaschutz, Energiewende, und wir merken an vielen Stellen, dass gewohnte Sicher Digitalisierung und Bildung, aber ehrlich ausfinanziert und heiten nicht mehr selbstverständlich sind. Menschen fliehen umsetzbar. Und wir müssen Ballast abwerfen, den niemand vor dem Leid des Ukraine-Krieges. Lieferketten brechen ein mehr umsetzen kann: Fördermittelwirrwarr, Bürokratie, über- und verursachen an manchen Stellen lediglich geringeren bordende Standards und ein exzessives Vergaberecht. Luxus, an anderen Stellen deutliche Inflation, und wiederum In diesem Sinne werden wir in diesem Wahlkampf die anderswo Hungersnöte. Corona ist immer noch da, interna- kommunale Stimme erheben, helfen Sie uns dabei vor Ort in tional ist vieles in Bewegung, und dabei ist kaum absehbar, Gesprächen und Treffen mit der Landespolitik! wohin sich bestimmte Global Player entwickeln werden. Der AUS DEM INHALT STÄDTE UND GEMEINDEN STELLEN SICH VOR SCHULE, KULTUR & SPORT 02_ Walsrode – Beispiel für eine gelungene kommunale Fusion 20_ Zusammen in Vielfalt. Nachhaltig. Vernetzt. 75 Jahre Landesverband der Volkshochschulen Niedersachsens Von Berbel Unruh FINANZEN & STEUERN 04_ THEMENSCHWERPUNKT: POSITIONEN DER 22_ Fördermöglichkeiten ausschöpfen – Die Software „Del IQ“ NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN analysiert staatliche und private Zuwendungsmöglichkeiten ZUR LANDTAGSWAHL Von Rainer Schlichtmann 24_ ZUR PERSON AUS DEM NSGB 24_ Impressum 16_ Kreisvorstandskonferenz des NSGB zu Gast in der Gemeinde Algermissen BAUEN & WOHNEN 17_ ALR Hochschulpreis 2021: ein Kopf-an-Kopf-Rennen TITELFOTO Von PD Dr. Sylvia Herrmann Das Alte Rathaus Walsrode ALLGEMEINE VERWALTUNG & EUROPA VORSCHAU DNG 4/2022 18_ Beschlussfassung in der Corona-Pandemie: Themenschwerpunkt: Digitalisierung Kommunen halten an Präsenzsitzungen fest Redaktions- und Anzeigenschluss: 4. Juli 2022 Von Jannis Petermann Erscheint am 25. August 2022 1 DNG 3/2022
STÄDTE UND GEMEINDEN STELLEN SICH VOR Kloster Walsrode WALSRODE – BEISPIEL FÜR EINE GELUNGENE KOMMUNALE FUSION Die Stadt Walsrode ist durch den 2020 erfolgten Druck anzusteigen. Das erhöhte den Willen und die Zusammenschluss mit der Gemeinde Bomlitz erheb- Bereitschaft, die Zusammenarbeit zwischen Bomlitz, lich gewachsen. Sie verfügt seither über 30 Ortsteile Bad Fallingbostel und Walsrode zu verstärken. Der 2008 mit über 30 000 Einwohnerinnen und Einwohnern unternommene Versuch, die drei Kommunen zu einer und stellt das größte Mittelzentrum im Landkreis Hei- Gemeinde „Böhmetal“ zu vereinen, scheiterte aber nach dekreis dar. Zu den in den letzten Jahren entwickelten einer Bürgerbefragung an der ablehnenden Haltung der großen Gewerbegebieten sind umfangreiche Flächen Bevölkerung in Bad Fallingbostel. für Industrieansiedlungen in Bomlitz hinzugekommen. SCHNELLER VEREINIGUNGSPROZESS Damit konnte die Stadt ihre Standortvorteile deutlich In Bomlitz und Walsrode behielten die Verantwortlichen verbessern, was eine sehr gute wirtschaftliche Entwick- eine weitere Zusammenarbeit allerdings im Blick. Eine lung in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren nach längere angespannte Haushaltslage der Gemeinde sich zog. Bomlitz beförderte diesen Prozess. Da auf Seiten der VERBINDENDE VERGANGENHEIT Stadt Walsrode die Erkenntnis wuchs, dass sich die bei- Hilfreich für das harmonische Zusammengehen waren den Kommunen gut ergänzen würden, stieg auch hier auch die historischen Verbindungen der beiden Kom- die Bereitschaft für eine Fusion an. Nach entsprechen- munen. Schon die Gründungslegende des Klosters Wals- den Verhandlungen wurde Mitte 2017 die Öffentlichkeit rode hat ihren Anfang auf dem ehemaligen Gemeinde- über den Plan für einen Zusammenschluss eingehend gebiet von Bomlitz genommen. Die Entstehung des informiert. Da sich nirgendwo auch nur ansatzweise Ortes Bomlitz im 17. Jahrhundert ist wiederum von den eine Gegenwehr zeigte, fiel es auch den Räten der Stadt Walsroder Papiermachern ausgegangen, die hier eine und der Gemeinde leicht, der geplanten Vereinigung weitere Produktionsstätte geschaffen haben. Dieser Anfang 2018 zuzustimmen. Daraufhin erfolgte in den Mühlenstandort wurde schließlich im 19. Jahrhundert beiden Verwaltungen in bemerkenswert kurzer Zeit durch die Walsroder Familie Wolff zu einem erfolgrei- die Umsetzung des Beschlusses, so dass die ehemalige chen Industrieunternehmen ausgebaut, das sich zum Gemeinde Bomlitz schon am 1. Januar 2020 offiziell Teil größten Arbeitgeber der Region entwickelte. der Stadt Walsrode wurde. Trotz der ungünstigen Rah- Über lange Zeit profitierten die beiden Kommu- menbedingungen durch die aufkommende Pandemie, nen der Region von einer sehr guten wirtschaftlichen erfolgte die Verwaltungszusammenlegung sehr schnell Entwicklung, wodurch sie kontinuierlich anwuchsen. und nahezu reibungslos. In den 1990er-Jahren begannen die kommunalen Ein- ZUSAMMENSCHLUSS MIT VORBILDCHARAKTER nahmen allerdings zurückzugehen und der finanzielle Letztlich kann festgestellt werden, dass zwei Kommunen zusammengekommen sind, die hervorragend zueinan- der passen. Das im Bereich Handel und Gewerbe stark aufgestellte Walsrode hat mit Bomlitz einen gut funktio- nierenden Industriestandort hinzugewonnen. Die gute wirtschaftliche Entwicklung und die vielen Neuansied- lungen von Unternehmen seit der Fusion geben den Verantwortlichen für diese Entscheidung recht. Zu keinem Zeitpunkt wurde der Vereinigungsprozess in Frage gestellt. Der Zusammenschluss von Walsrode und Bomlitz kann mittlerweile als sehr gutes Beispiel Industriestandort für eine gelungene kommunale Fusion mit uneinge- Bomlitz schränkter Akzeptanz angesehen werden. ❚ DNG 3/2022 2
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THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL Kindertagesstätten ❚ J ÄHRLICHE ERHÖHUNG DER PERSONALKOSTEN FÖRDERUNG AUF 2,5 PROZENT IM KITAG Die Dynamisierung der Personalkostenförderung muss verein- barungsgemäß (§ 3, 3. der Vereinbarung zur Beitragsfreiheit, Aug. 2018) auf 2,5 Prozent erhöht werden. ❚ L OHNKOSTENBASIS DER PERSONALKOSTEN FÖRDERUNG DER REALITÄT ANPASSEN Die Basis, anhand derer die Personalkostenförderung berech- net wird, entspricht nicht der Realität des TVÖD. Hier ist eine Anpassung erforderlich. ❚ L ANDESANTEIL AN DER PERSONALKOSTENFÖRDERUNG ERHÖHEN ❚ P ERSONALKOSTENFÖRDERUNG IM KITAG Der Landesanteil an den Kosten des pädagogischen Personals VEREINFACHEN in Kindertagesstätten liegt insgesamt bei nur etwa 40 Prozent. Die Personalkostenförderung des Landes ist überkomplex. Das Land muss eine höhere Kostenbeteiligung übernehmen. Deswegen hängt das Kultusministerium (MK) über ein Jahr ❚ I NVESTITIONEN IM GESETZ VERSTETIGEN mit der Abrechnung zurück. Die Auszahlung sollte zukünftig auf der Basis der genehmigten Betreuungsstunden pauschal Die Investitionsförderung für Kindertagesstätten erfolgt auf erfolgen. Wegen der interkommunalen Verwerfungen sollte Zuruf und nach Haushaltslage. Eine Planung ist so nicht mög- zunächst eine Probeberechnung erfolgen. lich. Hier muss eine verbindliche gesetzliche Rechtsgrundlage geschaffen und mit Haushaltsmitteln hinterlegt werden. „Überregulierung und eine zu geringe Finanz- ❚ D UALE AUSBILDUNG ETABLIEREN, KEINE beteiligung des Landes sind das Problem. Das AKADEMISIERUNG Land muss seiner Verantwortung für mehr Es fehlen Erzieher:innen an allen Enden. Wir brauchen eine Ausbildung in diesem Bereich gerecht werden.“ einheitliche duale Ausbildung mit Vergütung zur Stärkung des Maren Wegener, Bürgermeisterin von Lengede Berufsbildes. DNG 3/2022 4
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL „Schule muss neu gedacht werden. Der Rechtsanspruch auf Ganztag muss Schule ausfinanziert werden.“ Thomas Brandes, Bürgermeister von Bovenden ❚ I NVESTITIONEN UND BETRIEB DER GANZTAGSSCHULE AUSFINANZIEREN Die Betriebs- und Investitionskosten müssen seriös veran- schlagt und durch Bund und Land getragen werden. Der FOTO: CHRISTIAN SCHWIER - STOCK.ADOBE.COM Zugriff auf Mittel für Investitionen ist schnell zu gewährleis- ten, damit die notwendigen Baumaßnahmen zum Beginn des Rechtsanspruchs fertig werden. ❚ EDV-ADMINISTRATIONS-AUFWAND GERECHT VERTEILEN Durch die zunehmende Digitalisierung wächst der EDV-Admi- ❚ SCHULE NEU DENKEN nistrationsaufwand für den Schulbetrieb ständig weiter auf. Das Schulrecht muss an die zunehmende Digitalisierung ange- Die Finanzierung der EDV-Administration in Schulen muss passt werden. Mobile Schülerendgeräte müssen als Lernmittel stetig und dauerhaft erfolgen. Hier muss sich das Land stärker anerkannt werden. Mobile Lehrerendgeräte müssen vom Land beteiligen. beschafft und getragen werden. ❚ SCHULSOZIALARBEIT ❚ GANZTAGSSCHULE IM SCHULRECHT UMSETZEN Die Schulsozialarbeit muss auf jede Schule ausgeweitet werden. Betreuung von Schulkindern muss aus einer Hand erfolgen. ❚ F RÜHERER STICHTAG ZUR RÜCKSTELLUNG VON Mit der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztag muss „KANN-KINDERN“ diese Aufgabe den Schulen zugeschlagen werden. Horte müs- Die Antragsfrist zur Rückstellung sogenannter „Kann-Kinder“ sen dorthin überführt werden. Die Einführung des Rechtsan- muss als verbindliche Ausschlussfrist auf März vorverlegt wer- spruchs muss in Investitionen und im Betrieb im Rahmen des den, damit die Schul- und auch Kitaträger eine ausreichend Konnexitätsprinzips ausfinanziert werden. frühzeitige Planungssicherheit erhalten. Finanzen ❚ R ECHTSGRUNDLAGE FÜR PAUSCHALE ZUWEISUNGEN „Kleinstbeträge über SCHAFFEN Förderrichtlinien zu erhal- Förderrichtlinien sind kein geeignetes Instrument, um finan ten, ist der falsche Weg. zielle Mittel an die kommunale Ebene zu geben. Land und Wir brauchen in diesen Kommunen werden mit der Antragsbürokratie überfordert. Wir Fällen Pauschalen!“ brauchen eine gesetzliche Regelung, nach der Mittel unbüro- Norbert Meyer, Bürgermeister der kratisch und pauschal an Kommunen gezahlt werden können. Samtgemeinde Ostheide ❚ Ü BERTRAGENE UND ZUGEWIESENE AUFGABEN ENDLICH AUSFINANZIEREN In schöner Regelmäßigkeit vergrößern und erweitern Bund ❚ KOMMUNALE INVESTITIONEN STÄRKEN und Land die von den Kommunen zu erledigenden Aufga- Untersuchungen von KfW und Landesrechnungshof ben, ohne eine angemessene Finanzierung sicherzustellen. machen den erheblichen Investitionsbedarf in den Kommu- Eine angemessene Erstattung muss endlich selbstverständlich nen deutlich. Mit einem großen Programm muss die örtliche werden. Infrastruktur endlich instandgesetzt werden. 5 DNG 3/2022
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL „Ehrenamt und Hauptamt müssen attraktiver werden, um Nachwuchskräfte zu gewinnen!“ Charlotte Ruschulte, ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde Ohne Kommunalrecht, Verwaltung und Ehrenamt ❚ R ÜCKKEHR ZUR ACHTJÄHRIGEN AMTSZEIT FÜR HAUPTVERWALTUNGSBEAMTINNEN UND HAUPTVERWALTUNGSBEAMTE FOTO: ANIMAFLORA PICSSTOCK - STOCK.ADOBE.COM Durch die Verkürzung der Amtszeit auf fünf Jahre hat das Bür- germeister:innenamt erheblich an Attraktivität eingebüßt. Oft müssen in der Amtsausübung Anfeindungen und Bedro- hungen hingenommen werden. Wer neben der Bewältigung pandemischer Lagen und sonstiger Krisen dazu berufen ist, die Kommune für die Zukunft aufzustellen, benötigt dafür einen langen Atem. Entsprechende Debatten müssen ange- „Wenn eine Krise die nächste jagt, stoßen, Prozesse begonnen und langfristig begleitet werden, brauchen wir starke Bürgermeisterinnen und um gemeinsam mit allen Akteurinnen und Akteuren zu guten Bürgermeister!“ Ergebnissen für die örtliche Gemeinschaft zu kommen. Das Holger Falcke, Bürgermeister Spitzenamt in den niedersächsischen Kommunen bedarf des- der Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten halb auch in zeitlicher Hinsicht einer Stärkung, die Verkürzung der Amtszeit auf fünf Jahre hat sich nicht bewährt. In der neuen ❚V ERWALTUNG STÄRKEN UND GUTE RAHMENBEDINGUNGEN SCHAFFEN Legislaturperiode des Niedersächsischen Landtages muss mit dem Beginn der neuen Kommunalwahlperiode 2026 bis 2031 Wir erleben heute tiefgreifende Veränderungen in Umwelt zu der achtjährigen Amtszeit der Hauptverwaltungsbeamtin- und Gesellschaft, so etwa Klimawandel, Digitalisierung der nen und Hauptverwaltungsbeamten zurückgekehrt werden. Arbeitswelt, Zuwanderung, neue Bedrohungslagen und die Gefährdung der Demokratie durch Populismus. Wir benötigen ❚ R ECHTSUNSICHERHEIT BEI HYBRID-SITZUNGEN daher mehr denn je einen leistungsfähigen und demokratie- BESEITIGEN festen öffentlichen Dienst als Basis und Kern einer gut funktio- Das neue Instrument der Hybrid-Sitzungen muss beobachtet nierenden starken Verwaltung. werden. Demokratie lebt vom Austausch und von der Diskus- Dazu gehört eine zukunftsgerechte und wettbewerbs sion von Mensch zu Mensch. Das Nutzen von Online-Zuschal- fähige Gestaltung von Tarif- und Besoldungsstrukturen. Auch tungen kann im Sinne von Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Bereich der Sonderzahlungen zum Beispiel in Form von helfen, darf aber nicht überstrapaziert werden. Technische Fahrrad-Leasing, JobTicket-Angeboten oder Rahmenvereinba- Probleme dürfen nicht zu Rechtsunsicherheiten bei Beschlüs- rungen für Fitnessstudios muss rechtssicher und zukunftswei- sen führen. send geregelt werden. Die Nachwuchsgewinnung von gut qualifizierten Kräften ❚ STEUER- UND SOZIALABGABENFREIHEIT VON muss mit hoher Priorität fortgesetzt werden. Wünschens- AUFWANDSENTSCHÄDIGUNGEN wert wäre es daher, wenn das Land sich im Wettbewerb um Die den Ratsfrauen und Ratsherren nach den kommunalver- die klügsten Köpfe nicht nur auf sich fokussiert, sondern eine fassungsrechtlichen Vorgaben gezahlten Aufwandsentschä- Kampagne für den gesamten öffentlichen Dienst und alle dort digungen sollen verhindern, dass ihnen durch die Mandats- vertretenen Arbeitgeber entwickelt. ausübung Nachteile entstehen. Es erscheint deshalb nicht sachgerecht, diese steuer- oder sozialversicherungsrechtlich „Das Ehrenamt ist einer der Grundpfeiler unserer als Einkommen zu bewerten. Diese Aufwandsentschädigun- Gesellschaft. Es ist das kostbarste Geschenk, was gen sind daher von der Steuer- oder Sozialversicherungs- der Allgemeinheit gemacht werden kann.“ pflicht freizustellen. Karl-Heinz Günther, stv. Bürgermeister der Hansestadt Uelzen DNG 3/2022 6
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL „Wir wollen helfen. Dafür tun wir alles, was in unseren FOTO: DANIEL ERNST - STOCK.ADOBE.COM Möglichkeiten steht. Zuwanderung und Integration Doch wir brauchen Unterstützung!“ ❚ UNTERBRINGUNG AUSREICHEND FINANZIEREN Erwin Sell, Bürgermeister der Samtgemeinde Hage Die Zuwanderungs- und Integrationspolitik der Jahre 2015 ff. war geprägt von ad-hoc-Entscheidungen nach Kassenlage ❚ BÜROKRATISCHE HÜRDEN NEHMEN des Bundes und der Länder, von Asylpaketen und einzelnen In Krisen muss schnell und unbürokratisch gehandelt werden. Aktionsprogrammen. In Anbetracht des Krieges in der Ukraine Baurechtliche, vergaberechtliche und andere Hürden für die und der politischen Lagen in Afghanistan und anderswo sowie Unterbringung und Betreuung müssen ausgesetzt werden. auch im Hinblick auf zu erwartende Flüchtlingswellen auf- ❚ SCHULE UND KITA FÜR VERTRIEBENE grund von Klimakatastrophen gilt es, hier vorausschauend zu Eine Betreuung in Schule und KiTa kann nur erfolgen, wenn agieren und zu planen. wir übergangsweise Standards herabsetzen. Aber auch dies Der immer teurer werdende Wohnungsmarkt erschwert es funktioniert nicht überall, da Erzieher:innen sonst überlastet zunehmend, selbst in kleineren Gemeinden abseits von Bal- werden. So müssen auch Sondergruppen eingerichtet und lungsräumen, (geeigneten und bezahlbaren) Wohnraum für finanziert werden. Asylbewerber:innen und Vertriebene zu finden. Daher müssen die Kostenabgeltungspauschalen erhöht werden. ❚ GLEICHMÄSSIGE VERTEILUNG SICHERSTELLEN Daneben müssen elementare Strukturen wie die Migra Die Verteilung der Menschen, auch der einzelnen Gruppen mit tionsberatung und Integrationskurse dauerhaft im Schulter- und ohne Wohnsitzbindung muss gerecht erfolgen. Nur so ist schluss mit dem Bund verstetigt werden. für ausreichende Akzeptanz in der Bevölkerung zu sorgen. Tourismus und Handel ❚ F EIERTAGSRECHT UND LADENÖFFNUNGSZEITENRECHT HARMONISIEREN ❚ G RUNDFÖRDERUNG FÜR PRÄDIKATISIERTE ORTE Feiertagsrecht und Ladenöffnungszeitenrecht müssen EINFÜHREN harmonisiert werden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass in Für den niedersächsischen Tourismus muss eine „Grundför- Städten der Kiosk mit Personal sein volles Sortiment zu derung Tourismus“ entwickelt werden. Der Wettbewerbs- quasi jeder Tages- und Nachtzeit anbieten darf, der elektro- nachteil, den das Land Niedersachsen gegenüber anderen nisch zutrittsbeschränkte Dorfladen der Bürger-Genossen- Bundesländern hat, in denen Fremdenverkehrslastenausglei- schaft ohne Ladenpersonal vor Ort am Sonntag aber keine che oder Sonderlastenausgleiche beispielsweise für Kurorte durchgehende Öffnung darstellen kann. Hier ist zwingend erfolgen, muss behoben werden. Insbesondere monostruk- zumindest eine Experimentierklausel vorzusehen, gegebe- turierten Tourismuskommunen, Kur orten und anderen nenfalls auch geknüpft an reduzierte Verkaufsflächen oder zertifizierten Orten muss ein Ausgleich für die besonderen Sortimentsbeschränkungen. Aufwendungen gewährt werden. Auch bedarf es eines Ver- netzungssystems und digitaler Angebotslösungen. „Ohne eine ❚ INNENSTÄDTE UND ORTSKERNE STÄRKEN touristische Die Förderungen für Ortskerne und Innenstädte müssen Grundförderung verstetigt und vereinfacht werden, damit die Ortskerne auf hat Niedersachsen Dauer Erlebnis- und Begegnungsräume bleiben. Es bedarf einen großen Wett- nicht nur Angebote für große Innenstädte, sondern auch bewerbsnachteil!“ für kleinere und insbesondere auch touristische Kommu- Heike Horn, Bürgermeisterin der Inselgemeinde Langeoog nen. Die Förderung muss einfach und ohne monatelange Vorarbeiten zu beantragen sein. 7 DNG 3/2022
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL Ländliche Räume und Verkehr ❚ WEITERENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN ERHALTEN In den ländlichen Räumen müssen auch im Angesicht der aktuellen Herausforderungen und des demografischen Wandels die Möglichkeiten der Städte und Gemeinden offengehalten werden, sich weiterzuentwickeln. So müssen raumordnerische Behinderungen aus den 1970er-Jahren aus dem Weg geräumt werden, so dass sich dort Betriebe und Lebensmittelmärkte entwickeln können und nicht ab einer gewissen Größe in die Zentren abwandern. Raumord- nung muss dezentral denken, nicht zentral. ❚ EINWOHNERVEREDELUNG ABBAUEN Die systematische Ungleichbehandlung von Menschen in ländlichen und urbanen Räumen muss endlich ein Ende nehmen. In Anbetracht der von der Gesellschaft erwünsch- ❚ LÄNDLICHEN WEGEBAU WIEDER UNTERSTÜTZEN ten Leistungen des ländlichen Raumes, wie Naherholung, Der ländliche Wegebau muss wieder umfänglich gefördert Energieerzeugung, Umwelt- und Klimaschutz oder Lebens- werden! Ohne Förderung werden die ländlichen Wege ihren mittelerzeugung, muss mit der Abschaffung der veralte- vielfältigen Funktionen – Zuwegung, Landwirtschaft, Touris- ten Einwohnerveredelung die dauerhafte und strukturelle mus, Naherholung, Naturschutz – nicht mehr gerecht werden Schlechterstellung der ländlichen Räume beendet werden. können. Insbesondere auch für den Naturschutz und die Naherho- „Als ländliche Räume liefern wir Nahrung, Energie lung haben ländliche Wege eine hohe Bedeutung. Kurzfristig und Naherholung für die Städte. Unsere strukturelle muss die Erstellung der Konzepte zum Wegebau gefördert Benachteiligung muss endlich aufhören!“ werden, um ein Erliegen zu verhindern. Günther Harders, Bürgermeister von Ostrhauderfehn Wasser und Energie ❚ ENERGIEWENDE BESCHLEUNIGEN Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und des Klima- wandels muss die Energiewende beschleunigt werden. Den Kommunen müssen gesetzliche Ziele und Leitplanken für die Umsetzung vor Ort von Bund und Land zur Verfügung gestellt werden. ❚ KONZESSIONSABGABENAUFKOMMEN SICHERN Das Konzessionsabgabenaufkommen als wichtige Einnahme- quellen der Kommunen geht zurück. Daher sollte das Konzes- sionsabgabenaufkommen gesichert werden, indem es nicht mehr verbrauchsabhängig abgerechnet wird. Die Ausschrei- „Freiflächen-Photovoltaik ist bungsverfahren für Konzessionsverträge müssen dringend nicht die Lösung. Dächer statt Äcker müssen vereinfacht werden und für kleine Gemeinden muss es Erleich- genutzt werden!“ terungen geben, etwa über eine De-Minimis-Regelung. Christian Lampe, Vorsitzender des Rates der Stadt Gifhorn DNG 3/2022 8
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL ❚ U MBAU DER WÄRMEVERSORGUNG ❚ ÜBERTRAGUNGSNETZE TECHNIKOFFEN GESTALTEN UND AUCH FÜR DEN Der Übertragungsnetzausbau stellt eine zusätzliche Belastung LÄNDLICHEN RAUM SICHERSTELLEN für die Gemeinden im Rahmen der Energiewende dar. Hier Es muss umsetzbare und bezahlbare Möglichkeiten für die bedarf es klar formulierter und einfacher Vertragsmuster der ländliche Bevölkerung zur Wärmeversorgung geben; der Übertragungsnetzbetreiber für Gemeinden. durch den vermehrten Zubau von erneuerbaren Energien ❚W INDKRAFT UND PV: auch im Gemeindegebiet erforderlich werdende Umbau der LEISTUNGSZIELE, KEINE FLÄCHENZIELE Verteilnetze muss durch entsprechende Berücksichtigung der Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien dürfen und kön- Investitionen in der Netzentgeltregulierung unproblematisch nen nur Leistungsziele sein. Flächenziele widersprechen dem und zeitnah refinanziert werden können. Ziel, neue Flächenversiegelung weitestgehend zu vermeiden ❚ P FLICHTZAHLUNG EINER und stimmen auch nicht mit dem technischen Fortschritt WERTSCHÖPFUNGSBETEILIGUNG BEI überein. Auch dürfen sich Bund und Land nicht auf (Flächen-) WINDENERGIEANLAGEN Zielsetzungen zurückziehen und die Planung und Last nicht Für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien ist die allein auf die kommunale, insbesondere die gemeindliche Akzeptanz der örtlich betroffenen Bevölkerung erforderlich; Ebene, verlagern. Das Land muss hier seiner Verantwortung daher sollte die freiwillige Wertschöpfungsbeteiligung von gerecht werden und zudem der kommunalen Ebene das betroffenen Gemeinden an Windenergie- und Photovoltaik notwendige Handwerkszeug (Analysen, Untersuchungen, anlagen zu einer Pflicht umgestaltet werden. Sollte der Bun- Kriterien etc.) und die notwendige finanzielle Ausstattung ent- desgesetzgeber hier nicht entsprechend handeln, so wäre dies gegenbringen. Zudem muss das Land eine Verteilungsgerech- über eine landesrechtliche Regelung entsprechend der Bran- tigkeit herstellen. denburger Regelung umzusetzen. Auch die Gewerbesteuer- regelung sollte umgestaltet werden, damit die Steuer bei den Standortgemeinden ankommt. „Wasser als immer ❚ P HOTOVOLTAIK-ANLAGEN AUF DÄCHER, NICHT AUF knapper werdendes Gut LANDWIRTSCHAFTLICHE FLÄCHEN gewinnt an Bedeutung. Für Solaranlagen muss ein ganz klarer Vorrang für versiegelte Zu seiner Sicherung Flächen gelten. Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen müssen klar bedarf es mehr Unter- begrenzt und landwirtschaftliche Flächen von diesen freige- stützung des Landes!“ halten werden, denn der Ausbau erneuerbarer Energien darf Michael Fischer, Bürgermeister der Gemeinde Emstek nicht zulasten der Versorgung und der Flächenverfügbarkeit gehen und nicht allein auf dem Rücken der ländlichen Räume ❚ WASSERVERSORGUNG ausgetragen werden. Mit dem Niedersächsischen Wasserversorgungskonzept wird eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Sicherstellung der Wasser- versorgung eröffnet; aus gemeindlicher Sicht ist die Finanzie- „Der Ausbau der rung solcher Maßnahmen durch das Land sicherzustellen; eine erneuerbaren Ener- Finanzierung über Gebühren(erhöhungen) sollte mit Blick auf gien und Stromnetze die notwendige Gebührenstabilität und die steigenden Ener- kann nur gelingen, giepreise vorsichtig angegangen werden. Der Grundsatz der wenn die Lasten zwi- ortsnahen Wasserversorgung ist aus gemeindlicher Sicht ein schen Stadt und Land hohes Gut, an dem festgehalten werden sollte. Für die nieder- fair verteilt sind!“ sächsischen Gemeinden fordern wir bereits seit Längerem, wie Rainer Block, Bürgermeister der Stadt Bockenem in Nordrhein-Westfalen, eine Sicherstellung der Löschwasser- versorgung über eine klare Regelung im Landeswassergesetz als Teil der öffentlichen Wasserversorgung. 9 DNG 3/2022
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL Gesundheitsversorgung ❚ K RANKENHAUSVERSORGUNG AUCH IN DER FLÄCHE SICHERSTELLEN In den Krankenhäusern in Niedersachsen besteht ein dramati- scher Investitionsstau in Höhe von zwei Milliarden Euro. Des- FOTO: ROBERT KNESCHKE - STOCK.ADOBE.COM halb müssen die Mittel für das jährliche Investitionsprogramm unmittelbar nach Beginn der neuen Landtagswahlperiode auf jährlich mindestens 250 Millionen Euro aufgestockt werden. Auch ein Investitionsfonds oder Sondervermögen sind denk- bar. Das novellierte Niedersächsische Krankenhausgesetz darf kein Krankenhausschließungsgesetz werden, sondern es muss muss die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) dazu dienen, die flächendeckende Versorgung der Einwoh- Eigeneinrichtungen betreiben und Mediziner:innen anstellen. ner:innen langfristig sicherzustellen. Darüber hinaus muss der Ausbau der Medizinstudienplätze ❚ DEM ÄRZTEMANGEL IN DER FLÄCHE ENTGEGENWIRKEN an den niedersächsischen medizinischen Hochschulen wei- Studien belegen nach wie vor einen enormen Handlungsdruck ter voranschreiten. Es müssen Anreize geschaffen werden, im Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung. Darin damit sich Allgemeinmediziner:innen und Fachärztinnen und wird für das Jahr 2030 eine dramatische Unterversorgung mit Fachärzte in der Fläche niederlassen. Hausärztinnen und Hausärzten prognostiziert: Der bis dahin ❚ GESUNDHEITSZENTREN IN REGELSYSTEM EINBINDEN anwachsende Mehrbedarf von 2400 Hausarztsitzen kann bei Ein richtiger Ansatz ist in diesem Zusammenhang auch der weitem nicht gedeckt werden, über 1600 Hausarztsitze – vor Aufbau und der Betrieb Regionaler Versorgungszentren. Der- allem im ländlichen Raum – könnten unbesetzt bleiben. Des- zeit besteht jedoch nur eine modellhafte Förderung. Hier muss halb sind dringend weitere Maßnahmen erforderlich. Notfalls konzeptionell und finanziell nachgeschärft werden: Wenn regionale Gesundheitszentren in der Versorgung eine Rolle „Die Versorgung der Menschen in Krankenhäusern und spielen sollen, dann muss diese festgelegt werden. Außer- durch Hausärzte muss auch in Zukunft sicher sein!“ dem muss die Finanzierung dann aus dem Regelsystem der Annegret Trampe, ehrenamtliche Bürgermeisterin von Diepenau Gesundheitsfinanzierung erfolgen. FOTO: MARCO2811 - STOCK.ADOBE.COM DNG 3/2022 10
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL Vergaberecht ❚ VERGABERECHT ENTSCHLACKEN Im Vergaberecht befinden sich viele auch vergabefremde Komponenten. Das Vergaberecht muss deutlich entschlackt werden, um es für kleine und mittlere Kommunen überhaupt noch umsetzbar zu machen. ❚ WERTGRENZEN NACH OBEN ANPASSEN „Corona und die Ukraine haben eines verdeutlicht: In den Krisen der vergangenen Jahre realisieren wir jedes Mal, Vergabeverfahren müssen nicht nur in dringen- wie hinderlich die viel zu niedrigen Wertgrenzen sind. Was ver- den Fällen vereinfacht und Wertgrenzen erhöht gaberechtlich in Krisen geht, muss auch im normalen Leben werden, damit Staat und Kommunen handlungs- gelten. fähig bleiben!“ Karin Logemann MdL, Mitglied des Rates der Gemeinde Berne Digitalisierung Die Finanzierung obliegt dem Land. Kernaufgabe der Kommu- nal-Koordination ist die Bewertung der Nachnutzbarkeit von EfA-Leistungen1 über die Modellkommunen hinaus. Hiermit wird sichergestellt, dass die Nachnutzungsentscheidungen fundiert und bedarfsgerecht getroffen werden können und das Land nicht im Alleingang die EfA-Dienste auswählt. ❚ D AUERHAFTE FINANZIERUNG DER BASISLEISTUNGEN UND SICHERSTELLUNG DER EFA-LEISTUNGEN Zwingende Voraussetzung für ein Gelingen der Verwaltungs- digitalisierung ist die dauerhafte Finanzierung der sogenann- ten Basisdienstleistungen durch das Land, ergänzt durch das koordinierte Zurverfügungstellen der EfA-Leistungen. Die Leis- ❚ OZG-CHECK tungen müssen über die GovConnect oder die kommunalen Land und kommunale Spitzenverbände engagieren sich IT-Dienstleister ohne Ausschreibung vergaberechtskonform gemeinsam für eine bessere Unterstützung und Informa- zum einfachen Abruf für alle Kommunen angeboten werden. tionsvermittlung an die Kommunen. Das Land finanziert ❚ CYBER-SICHERHEIT VERBESSERN durch Zurverfügungstellung eines Gesamtbudgets Vorha- Gemeinsam entwickeln Land und Kommunen/GovConnect ben von Städten, Gemeinden, Samtgemeinden und Land- eventuell mit Unterstützung Dritter Anforderungen an einen kreisen zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) „Cyber-Security-Check“. Das Land wird für die Durchführung mit einer zu vereinbarenden Anzahl von Beratertagen im eines solchen „Checks“ in den Kommunen finanzielle Unter- Rahmen eines „OZG-Readyness-Checks“ unter der Feder- stützungsmittel bereitstellen. führung der GovConnect GmbH. Die Beratertage können auch in Verbundvorhaben in Anspruch genommen werden. „Kommunen geraten zunehmend in den Fokus von ❚ KOMPETENZTEAM BEI DER GOV-CONNECT Hackern und Erpressern. Das Land muss seiner Verant- Das bisherige kommunale Kompetenzteam (KKT) wird wortung für Cyber-Security gerecht werden!“ Jan Dingeldey, Bürgermeister der Stadt Hemmingen unter dem Dach der GovConnect mit sechs Vollzeitstellen verstetigt und als „Kommunal-Koordination“ fortgeführt. 1 „Einer für Alle“ – (EfA)-Prinzip 11 DNG 3/2022
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL Brand- und Zivilschutz Strategiepapier „Einsatzort Zukunft“ nachhaltig und vollstän- dig umzusetzen. Als erster Schritt muss daher die Landesför- derung für die ergänzende technische Ausstattung fortwäh- rend erhöht werden. ❚ LEHRGÄNGE SICHERSTELLEN Es ist dringend notwendig, den aufgelaufenen Aus- und Fort- bildungsstau, der sich durch Corona noch weiter verschärft hat, aufzulösen und die Anstrengungen des Landes in diesem Bereich zu erhöhen. Der Ausbau der Niedersächsischen Aka- demie für Brand- und Katastrophenschutz (NABK) ist daher aus Landesmitteln zu beschleunigen. „Die Flutkatastrophen und Umweltereig- nisse der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass bei der ❚ K ONZEPT EINSATZORT ZUKUNFT UMSETZEN UND Nachrüstung von FINANZIEREN Sirenen keine Zeit ver- Die Sicherstellung des kommunalen Brandschutzes ist seit je loren werden darf!“ Hans-Jürgen Krahn, ehrenamtlicher her eine der wesentlichen Aufgaben der kommunalen Selbst- Bürgermeister der Gemeinde verwaltung und darüber hinaus als gesellschaftlicher Kristalli- Sottrum sationspunkt gerade in kleinen Orten und Dorfgemeinschaf- ten aus der Sozialstruktur nicht wegzudenken. Insbesondere ❚ SIRENENFÖRDERUNG SCHNELLSTMÖGLICH UMSETZEN aufgrund der sich rasant wandelnden Anforderungen in Folge Nicht zuletzt durch die Starkregen-Katastrophen im Ahrtal ist des Klimawandels ist das Land aufgefordert, die finanziellen auch die Thematik der Warnung der Bevölkerung wieder in das Mittel für diesen Bereich signifikant zu erhöhen und das mit Bewusstsein der Bürger:innen gerückt. Es ist daher dringend großem haupt- und ehrenamtlichen Engagement erarbeitete ein landeseigenes Förderprogramm zum Auf- beziehungs- weise Ausbau von landesweiten Warnmöglichkeiten der Bevöl- kerung, insbesondere Sirenen, vor Gefahrensituationen – zum Beispiel Hochwasserlagen sowie Starkregenereignisse – erfor- derlich, das die unstrukturierte ad-hoc-Bundesförderung tech- nisch sinnvoll und nachhaltig ergänzt. Der Einstieg mit den ersten zehn Millionen Euro über den Haushalt 2022 ist hierfür gemacht. Hier bedarf es nun einer nachhaltigen Dauerlösung für die kommenden zehn Jahre, damit auch alle Bürger:innen effektiv vor Gefahren gewarnt werden können. ❚ SONDERVERMÖGEN ZIVILSCHUTZ EINRICHTEN Nicht nur Umweltkatastrophen, sondern auch die schreck- lichen Ereignisse des Angriffskrieges Russlands gegen die „Zusätzliche Lehrgänge, aber auch Einsatzfahrzeuge und Ukraine haben eine Zeitenwende im Bereich des Bevölke- -mittel sind der Schlüssel, um den gestiegenen Anforde- rungsschutzes eingeleitet. Es muss seitens des Landes auch rungen an die Brandbekämpfung gerecht zu werden!“ durch politische Prioritätensetzungen alles dafür getan wer- Tim Willy Weber, Bürgermeister des Fleckens Ottersberg den, seine Bürger:innen jederzeit zu schützen. DNG 3/2022 12
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL Nachhaltigkeit und Klimafolgenanpassung ❚ STARKREGENGEFAHRENKARTEN UND KOMMUNALE STARKREGENVORSORGEKONZEPTE FÖRDERN Steigende Durchschnittstemperaturen, Starkregenereignisse oder Dürreperioden zeigen immer deut licher die Auswir- kungen und Herausforderungen des Klimawandels. Trotz der Corona-Pandemie bleibt daher die Bewältigung des Klima- wandels eines der zentralen und wichtigsten kommunalen Themen. Damit sich Kommunen besser auf gewisse Wetter- phänomene einstellen können, ist es notwendig, sie insbeson- „Die kommunale Klimaschutzarbeit kann dere im Bereich Starkregen zu unterstützen, Grundlagenmate- nur gelingen, wenn unsere Aktivitäten und rial bereitzustellen und darauf aufbauende Konzeptionen zu Konzepte seitens des Landes unterstützt fördern. Auch die kommunikative Begleitung sowie die Förde- werden!“ rung des Austausches der Kommunen untereinander müssen Guido Halfter, Bürgermeister der Gemeinde Bissendorf weiter vom Land gefördert werden und die etablierten Struk- turen erhalten bleiben. Mit dem novellierten Niedersächsischen Klimagesetz und der Anpassung der zu erreichenden Zwischenziele an übergeord- nete Vorgaben wurde eine Grundlage geschaffen, die es wei- ter zu verfeinern gilt. Die aktuell im Gesetz verankerte Aufgabe auf der Kreisebene muss mehr Wirkung Richtung Kommunen, Bürgerschaft und KMU entfalten, um in diesem Bereich wirklich einen Schritt nach vorne zu kommen. Es darf nicht bei internen kreislichen Konzepten und geringfügiger Fördermittelbera- tung bleiben. Zudem sollte der Fokus über die Klimathemen hinaus auf die Aspekte der Nachhaltigkeit gelenkt werden, in FOTO: SEBASTIAN SPINDLER /PIXELIO.DE denen Klimaschutz zwar eine maßgebliche Rolle spielt, aber auch andere Aspekte des sozialen und wirtschaftlichen Han- delns der Kommune mit integriert werden. Daher muss das Land zur weiteren Verstetigung von Nachhaltigkeitsstrategien auch im kommunalen Bereich Sorge dafür tragen, dass ent- ❚ E NTWICKLUNG VON NACHHALTIGKEITSSTRATEGIEN sprechende Unterstützungsangebote weiter erhalten bleiben WEITER UNTERSTÜTZEN und möglichst ausgebaut werden. Nur so können Ziele wie die Gerade Teile der kommenden Generation mahnen uns mit Reduktion des Flächenverbrauchs, die Ausweisung von Frei ihren Demonstrationen zu mehr und entschlossenerem flächen-Photovoltaik sowie finanzielle Wertschöpfungsbetei- Handeln. Den Landkreisen, Städten, Gemeinden und Samt ligung unter einen Hut gebracht werden. gemeinden kommt eine zentrale Rolle beim Thema Klima- schutz zu. Die Kommunen stehen dabei vor der Herausfor- derung, alle politischen Zielsetzungen der Sozialpolitik, der „Die Klimafolgenanpassung ist eine Wirtschaftspolitik, der Finanzpolitik, der Verkehrspolitik, der Aufgabe, die Staat und Kommunen gleicher- Mobilität, des Arbeitsmarktes, des Gewerbes und der Industrie maßen fordert. Hierzu müssen den Kommu- mit zu berücksichtigen und die entsprechenden Akteurinnen nen weitere Mittel bereitgestellt werden!“ und Akteure einzubinden. Andreas Kaiser, Bürgermeister der Gemeinde Salzbergen 13 DNG 3/2022
THEMENSCHWERPUNKT POSITIONEN DER NIEDERSÄCHSISCHEN STÄDTE UND GEMEINDEN ZUR LANDTAGSWAHL Bauen und Wohnen ❚ S TÄDTEBAUFÖRDERUNG AUSWEITEN, RICHTLINIE STRAFFEN Die Städtebauförderung ist elementar für die Weiterentwick- lung vieler Städte und Gemeinden. Die Corona-Pandemie hat dies insbesondere auch im Hinblick auf die Ortskerne noch einmal verdeutlicht. Doch die Städte und Gemeinden sind FOTO: GABI SCHOENEMANN/PIXELIO.DE geprägt von Individualität und Identifikation vor Ort – dem- entsprechend sind auch ihre Bedarfe. Daher ist eine Verein- fachung beziehungsweise Straffung der Städtebauförderung nötig. Dazu bedarf es der Ausnutzung aller Spielräume der Verwaltungsvereinbarungen zur Städtebauförderung mit dem nen gerecht wird, erscheint heute zwingend. Im Hinblick auf Bund. Eine Vereinfachung, die der Individualität der Kommu- beträchtliche Ausgabenreste ist auch eine Ausweitung der Fördertatbestände unbedingt angezeigt, beispielsweise im „Kommunale Gebäude wie Rathäuser und Hinblick auf kommunale Gebäude wie Rathäuser und Feuer Feuerwehrgerätehäuser müssen in die wehrgerätehäuser. Der Grundsatz der Subsidiarität muss vor Städtebauförderung!“ dem Hintergrund des Förderdschungels handhabbar gemacht Wolfgang Klußmann, Bürgermeister von Wietze werden. NSGB – Ihr kommunaler Spitzenverband NSGB – Ihr kommunaler der Städte, GemeindenSpitzenverband und Samtgemeinden derinStädte, Gemeinden und Samtgemeinden Niedersachsen! in Niedersachsen! ❚W ir vertreten die Interessen der Städte, ❚ In unseren Kreisverbänden binden Gemeinden und Samtgemeinden wir ehrenamtliche Ratsmitglieder und gegenüber dem Land Niedersachsen hauptamtliche Bürgermeister:innen in die und anderen Institutionen. So kämpfen Entscheidungsfindung mit ein. wir zum Beispiel für weniger Bürokratie, eine bessere Finanzierung von ❚ Wir beraten unsere Mitglieder in Ganztagsschulen und Kindertagesstätten Rechtsfragen. Unser Team steht jederzeit und für mehr Freiheit in der kommunalen kompetent an der Seite der Städte, Selbstverwaltung. Gemeinden und Samtgemeinden. ❚ In unseren Gremien bieten wir einen ❚W ir bilden in unserer KommunalAkdemie Blick über die Gemeinde hinaus Ratsmitglieder, Bürgermeister:innen und und beschließen Positionen für den Verwaltung zu aktuellen Themen fort. politischen Kampf um mehr kommunale Selbstverwaltung. NSGB. sachlich. kommunal. DNG 3/2022 14
Verantwortung endet nicht am Ortsschild. Da fängt sie erst richtig an. Foto: schafgans dgph Katja Dörner, Oberbürgermeisterin von Bonn Die Stadt Bonn engagiert sich etwa durch ihre Klimapartnerschaft mit Cape Coast in Ghana. Die Partnerstädte tauschen sich intensiv zu Abfallmanagement und Umweltbildung aus und ermöglichen so einen besseren Schutz des dortigen Lagunen-Biotops. mit ihrer Wenn auch Sie sich mit Ihrer Kommune für lokale Nachhaltigkeit und eine gerechtere Globalisierung einsetzen möchten, berät, vernetzt und fördert Sie die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt. info@service-eine-welt.de | www.service-eine-welt.de im Auftrag des Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt ist Teil von ENGAGEMENT GLOBAL und arbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. ENGAGEMENT GLOBAL gGmbH | Service für Entwicklungsinitiativen | Friedrich-Ebert-Alle 40 | 53113 Bonn www.engagement-global.de
AUS DEM NSGB KREISVORSTANDSKONFERENZ DES NSGB ZU GAST IN DER GEMEINDE ALGERMISSEN Am 3. Mai 2022 kamen rund 50 Mitglieder der Kreisvorstands- Entwicklungen beim Ausbau der erneuer baren Energien konferenz des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebun- Sorge bereiten. Dies gelte vor allem für die immer stärkere des (NSGB) in der Gemeinde Algermissen, Landkreis Hildesheim, Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen durch zusammen. Nach der Begrüßung durch den Kreisgeschäftsfüh- Freiflächen-Photovoltaik, die in Konkurrenz zur Nahrungsmit- rer des Kreisverbandes Hildesheim und Bürgermeister der Stadt telerzeugung stünde. Das Landes-Raumordnungsprogramm, Bockenem, Rainer Block, fand ein umfangreicher Austausch mit die Änderung des Niedersächsischen Klimagesetzes und die den beiden Gästen statt: Professor Dr. Ludwig Theuvsen, Staats- Ankündigungen auf Bundesebene rund um das Osterpaket sekretär im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Land- gäben wenig Anlass zur Hoffnung. Staatssekretär Theuvsen wirtschaft und Verbraucherschutz, sowie Ingo Marek, Leiter der wurde dabei deutlich die Erwartungshaltung mitgegeben, Abteilung Kommunal- und Hoheitsangelegenheiten im Nieder- den Sorgen der ländlichen Räume stärker gerecht zu werden. sächsischen Ministerium für Inneres und Sport. Im Austausch Gerade Ballungsgebiete müssten eine größere Verantwortung wurden einerseits Punkte aus dem Innenressort, wie die Folgen für die Erzeugung erneuerbarer Energien auf bereits bebauten des Krieges in der Ukraine für die Unterbringung und Betreu- oder versiegelten Flächen übernehmen. ung der Vertriebenen sowie die Digitalisierung, das Kommunal- VERBANDSINTERNA UND VORBEREITUNG DER verfassungsrecht und den Brandschutz, angesprochen. Ande- MITGLIEDERKONFERENZ 2022 rerseits standen Themen des Landwirtschaftsministeriums im Im Anschluss an die inhaltliche Debatte wurden Verbands Fokus. Staatssekretär Theuvsen informierte die Teilnehmer:in- interna im Hinblick auf die bevorstehende Mitgliederver- nen zunächst zu den Entwicklungen der EU-Förderperiode, ins- sammlung im Juni behandelt. Hierzu zählen die anstehende besondere zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Neubesetzung des Präsidiums für die Wahlperiode 2021 bis FLÄCHENKNAPPHEIT UND FREIFLÄCHEN- 2026 nach der Wahl in den Bezirksverbänden, die Änderung PHOTOVOLTAIK – VERSIEGELTE FLÄCHEN STATT ÄCKER der Verbandssatzung und ein Ausblick zur künftigen Strategie BEANSPRUCHEN! des Verbandes. NSGB-Präsident Dr. Marco Trips gab anlässlich Größeren Diskussionsbedarf löste die anschließende Thema- der Neuaufstellung in den Kreisverbänden nach der Kommu- tisierung der Flächenknappheit aus. Die anwesenden Bürger- nalwahl 2021 zudem einen Überblick über die Arbeitsabläufe meister:innen machten dabei deutlich, dass die derzeitigen und Themen in den Kreisverbänden. ❚ Staatssekretär Professor Dr. Ludwig Theuvsen vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft FOTO: MEYN/NSGB und Verbraucherschutz im Austausch mit den Mitgliedern der Kreisvorstandskonferenz DNG 3/2022 16
BAUEN & WOHNEN Von links: Professor Dr.-Ing. Ines Lüder (2. Preis), Lina Reulecke (Anerkennung), Julian Gick (2. Preis), Schirmherrin Ministerin Birgit Honé, Dr. Alistair Adam Hernández (1. Preis), Michael Schier vom Sparkassenverband, ALR- Vorsitzender Bernd-Rüdiger Beitzel sowie die Juryvorsitzende PD Dr. Sylvia Herrmann ALR HOCHSCHULPREIS 2021: EIN KOPF-AN-KOPF-RENNEN VON PD DR. SYLVIA HERRMANN Auch die 16. Verleihung des ALR Hochschulpreises ment in Dörfern, von großer Bedeutung. Anderer- musste pandemiebedingt ins nächste Jahr verscho- seits wurden Arbeiten zu Themen, wie Kultur auf ben werden und fand erst Ende April 2022 in den dem Land, Fragen zur Baukultur in ländlichen Räu- Räumen des Sparkassenverbands Niedersachsen men oder der kreativen Nutzung von ländlicher in Hannover statt. Es fanden sich wieder zahlreiche Bausubstanz auch für den therapeutischen Einsatz Gäste aus Verwaltung, Wissenschaft und Gesell- eingereicht. schaft ein. Bei der Auswahl der Preisträger:innen gab es die- PD DR. SYLVIA HERRMANN ist die Juryvorsitzende des Nach der Begrüßung durch den ALR-Vorsit- ses Mal ein Kopf-an-Kopf-Rennen von drei Personen. ALR Hochschulpreises zenden Bernd-Rüdiger Beitzel und den Sprecher Deren Arbeiten lagen sehr dicht beieinander und des Sparkassenverbandes, Michael Schier, ließ die Entscheidung bereitete der Jury einiges Kopfzer- die Schirmherrin des ALR Hochschulpreises, Birgit brechen. Letztlich machte eine Arbeit das Rennen Honé, Niedersächsische Ministerin für Bundes- und um den ersten Platz, während der zweite Platz 2021 Europa angelegenheiten und Regionale Entwick- zweimal besetzt wurde. lung, die Anwesenden an ihren Gedanken zur länd- Einen der zweiten Plätze erhielt Julian Gick, Leib- lichen Entwicklung unter den aktuellen Herausfor- niz Universität Hannover, für die Masterarbeit mit derungen teilhaben. Sie machte deutlich, dass nur dem Titel „Qualitäten ländlicher Räume – Binde durch gemeinsame Anstrengungen die Krise(n) faktoren in der Migrationsentscheidung junger gemeistert werden können und dass dabei auch die Familien“. Den weiteren zweiten Platz belegte die Wissenschaft eine Rolle spielen muss. Dabei betonte Dissertation von Professor Dr.-Ing. Ines Lüder, Leib- sie auch die Wichtigkeit des ALR Hochschulpreises, niz Universität Hannover, mit dem Titel „Widerstän- da dadurch hervorragende Arbeiten, die wertvolle dige Ressource – Fachhallen- und Barghäuser in Hinweise für die Arbeit in der Praxis enthalten, einer den Steinburger Elbmarschen“. Eine weitere Disser- größeren Öffentlichkeit und insbesondere ihrem tation stand auf dem ersten Platz. Dr. Alistair Adam Ministerium bekannt gemacht werden. Hernández, Universität Vechta, ging dabei der Frage Die 13 in 2021 eingereichten Arbeiten stam- nach, wie „Resiliente Dörfer (zu) gestalten“ (sind). men aus den Kategorien Master- und Bachelor Nach den spannenden Vorträgen der drei Preis- arbeiten sowie Dissertationen. Thematisch zeigten träger:innen konnten die Gäste in lockerer Runde die Beträge 2021 eine große Bandbreite. Einerseits intensive Diskussionen mit den Absolventinnen waren wie bisher Fragen der Entwicklung in länd und Absolventen und der Ministerin führen. Für die lichen Räumen, wie etwa Möglichkeiten zur Stär- jungen Akademiker:innen war dies eine glänzende kung der Widerstandskraft von Dörfern gegenüber Gelegenheit, sich potenziellen Arbeitgeberinnen den großen Transformationen, Bindefaktoren für und Arbeitgebern vorzustellen und ihr Netzwerk zu ländliche Räume und bürgerschaftliches Engage- erweitern. ❚ 17 DNG 3/2022
ALLGEMEINE VERWALTUNG & EUROPA Beschlussfassung in der Corona-Pandemie: KOMMUNEN HALTEN AN PRÄSENZSITZUNGEN FEST VON JANNIS PETERMANN Auch in der Pandemie präferieren die niedersächsischen Kommunen die Durchführung der Sitzungen der Vertretung in Präsenz. Die durch den Paragrafen 182 NKomVG eröffneten digitale Lösungsansätze zur Aufrechterhaltung des Sitzungsbetriebes treten hinter analogen Verfahrensweisen zurück. Das ergibt eine Umfrage unter allen niedersächsischen Einheits- und Samtgemeinden. Welche Maßnahmen haben die niedersächsischen führung von Sitzungen der Vertretung komplett ver- JANNIS PETERMANN Kommunen zur Durchführung von Sitzungen der zichtet. Die meisten Einheits- und Samtgemeinden kommunalen Vertretung zwischen dem 1. Novem- haben auch in der pandemischen Ausnahmesitua- ber 2020 und dem 30. April 2021 unter dem Ein- tion an Präsenzsitzungen festgehalten. Ein deutlich druck der COVID-19-Pandemie ergriffen? Dieser geringerer Anteil der befragten Kommunen hat eine Frage geht die Studie „Beschlussfassung in der hybride Lösung gewählt, bei der ein Teil der Mitglie- Pandemie. Sitzungen der kommunalen Vertretung der der Vertretung sowie die interessierte Öffent- in niedersächsischen Kommunen unter dem Ein- lichkeit am Sitzungsort zusammenkommen, wäh- druck von COVID-19“ aus dem Sommer 2021 nach. rend weitere Mitglieder per Videokonferenztechnik In einer Online-Umfrage konnten alle Einheits- und zugeschaltet werden. Reine Videokonferenzen unter Samtgemeinden des Landes Niedersachsen Aus- Verzicht auf jede physische Anwesenheit wurden kunft zum Einsatz der mit § 182 Niedersächsisches von vergleichsweise wenigen Kommunen durchge- Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) eröffneten führt. Zur Vermeidung von Kontakten hat etwa die Instrumente geben. Zudem wurden mit dem Nie- Hälfte der befragten Kommunen die Beschlussfas- dersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB) sung im Umlaufverfahren durchgeführt. Schwächer und dem Niedersächsischen Städtetag (NST) zwei frequentiert waren Pairing-Absprachen und die der kommunalen Spitzenverbände in Niedersach- Delegation von Entscheidungskompetenzen auf sen zum Thema befragt. den Hauptausschuss. Im Untersuchungszeitraum, der etwa die dritte § 182 NKOMVG WIRD POSITIV BEWERTET Welle der Corona-Pandemie in Deutschland abdeckt, haben nur die wenigsten Kommunen auf die Durch- Die Öffentlichkeit der Sitzungen wurde von den in Präsenz tagenden Kommunen jederzeit gewährleis- tet. Diejenigen Kommunen, die unter Einsatz von QUELLE: SELBST ERSTELLT NACH EINER VORLAGE DES NUTZERS TUBS AUF WIKIMEDIA.ORG, VERÖFFENTLICHT UNTER DER LIZENZ CC BY-SA 3.0/DE Videokonferenztechnik zusammengetreten waren, haben die Öffentlichkeit größtenteils nicht zu den Videokonferenzen zugelassen. Hintergrund dieser Entscheidungen war die zum damaligen Zeitpunkt notwendige Bestimmung in der Hauptsatzung der Kommune. Die Zahl der zu einer Sitzung zugelas- senen Zuhörer:innen ist in der Regel sowohl bei Präsenzsitzungen wie auch bei Videokonferenzen begrenzt worden. Ein gutes Viertel der befragten Kommunen hat korrektive Protokollveröffent lichungen als zusätzliches Mittel zur Herstellung der Öffentlichkeit eingesetzt. Auf die Beteiligung der Geografische Verteilung der Fachausschüsse zur Vorbereitung von Beschluss teilnehmenden Einheits- und Samtgemeinden des Landes empfehlungen im Hauptausschuss haben die Kom- Niedersachsen munen im seltensten Fall verzichtet. DNG 3/2022 18
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