Positionen - Neustart für die Altersvorsorge - GDV.de
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Das Magazin der Deutschen Versicherer Positionen Positionen #1_2021 Neustart für die Altersvorsorge Der demografische Wandel belastet die staatliche Rente. Ohne private Vorsorge geht es nicht. Doch damit alles so bleibt, wie es ist, muss sich vieles ändern 22 26 40 Satelliten Energiewende Brexit Wie Technik aus dem All hilft, Warum Ökostrom große Wie Lloyd's und Co. sich auf die Versicherungsschutz zu verbessern Chancen für Versicherer bietet Zeit danach einstellen
Zahlen, bitte Schwere G E FÄ H R L I C H E G E S C H O S S E Je größer, desto heftiger Unwetter Hagel wird als Naturgefahr häufig unterschätzt. Dabei kann ein heftiger eisiger Schauer nicht nur große Schäden verhageln anrichten, sondern – je nach Korngröße – sogar lebensge- die Bilanz fährlich sein. 2019 war eines der schlimmsten Hageljahre seit der Jahrtausendwende. Und sicher nicht das letzte Quelle: Hagelregister der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen, Bern ab 1 cm = ca. 50 km/h Schäden an Getreide, Früchten, Bäumen ab 2 cm = ca. 70 km/h ab 3 cm = ca. 90 km/h ab 5 cm = ca. 110 km/h ab 6 cm = ca. 120 km/h 8cm = Löcher in Plexiglas, Verletzung von Glasbruch bei Irreparable Kleintieren, Dellen Kfz-Schäden, Zerstörung Verletzungsgefahr für Menschen, ca. 140 km/h Gewächshäusern in Autos, Bruch von von Dächern und Schäden an Lebensgefahr für Menschen, und Oberlichtern Dachziegeln und Metallfensterrahmen Flugzeugen Schäden an Beton- und Fensterscheiben Backsteinwänden STURM- UND HAGELSCHÄDEN 2019 Auf und ab im Zickzackkurs Kräftig aufs Dach Sachversicherung* Anzahl der Kfz-Schäden durch Schadenentwicklung 1,8 Mrd.€ Hagel, Sturm und Blitzschlag durch Sturm und Hagel in der Anzahl der Schäden (in Tsd.) Wohngebäudeversicherung Schadendurchschnitt in € Kfz-Versicherung** 345 330 900 Mio.€ 265 180 1591€ * Wohngebäude, Hausrat, Industrie, 949 Gewerbe, Landwirtschaft 636 ** Voll- und Teilkasko 45 Quelle: GDV 1980 1990 2000 2010 2019 2000 2010 2019
Editorial 02 03 Liebe Leserinnen, liebe Leser. Zum Jahresende gibt es Erfreuliches zu berichten: Die Versicherungs- branche erwartet für 2020 über alle Sparten hinweg ein leichtes Plus von 0,4 Prozent bei den Beitragseinnahmen. Damit sind wir vergleichs- weise glimpflich durch dieses schwierige Corona-Jahr gekommen. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir vor großen Bewährungsproben stehen: Nachhaltigkeit, Digitalisierung, demografischer Wandel. Wir wollen die Herausforderungen annehmen, sie mitgestalten, nicht abwarten, was passiert. Die nächste Bundestagswahl ist bereits im September 2021 – nicht mehr viel Zeit für die im Koalitionsvertrag vereinbarte, umfassende Reform der Altersvorsorge, zumal CDU und SPD sehr unterschiedliche Vorstellungen haben. „Wir können nicht alle paar Jahre die Rentenpolitik grundsätzlich ändern“, sagt der rentenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Ralf Kapschack in unserem Interview (Seite 16). In diesem Punkt Neue Serie: bin ich völlig seiner Meinung. Dennoch brauchen wir Reformen, das Die Altersvorsorge in ist unstrittig zwischen Parteien, Versicherern und Verbraucher- Deutschland braucht schützern. Es geht um nicht weniger als soziale Gerechtigkeit. einen Neustart. In unse- Aus unserer Sicht ist nur ein Drei-Säulen-System aus rer Serie Rente global beschreiben wir von gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge dieser Ausgabe an, in der Lage, die Lasten des demografischen Wandels wie andere Länder mit zu tragen und Altersarmut zu vermeiden. Unser Ziel der Herausforderung ist ein digital vermarktbares Standardprodukt mit des demografischen Wandels umgehen – abgesenkten Garantien, besseren Ertragschancen und und was wir von ihnen geringeren Kosten. Denn jeder dritte Deutsche würde lernen können. Den An- gern mehr für das Alter vorsorgen, kann es sich aber nicht fang macht Österreich, leisten. Deshalb: Packen wir die geförderte Altersvorsorge endlich ab Seite 12 genauso an wie die digitale Renteninformation, für die die Politik erfreulicherweise gerade die Grundlagen beschlossen hat. Ich wünsche Ihnen ein gutes und vor allem gesundes Jahr 2021! Wolfgang Weiler Präsident Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Positionen #1_2021
#01 _ 2021 gut geposted All digital Schüler der Kölner Journa- listenschule recherchieren beim GDV – per Videoschalte. #corona, #niedrigzins, #finanzkrise und, klar, #lobbyismus. Dazu GDV-Hauptgeschäftsführer @JoergAsmussen via Twitter: „Vertrau- en, Transparenz, Faktentreue. Wo ich an- rufe, ist 100 Prozent @gdv_de drin“. Naturgefahren Die ganze Repu- blik hat blaue Flecken. Sie stehen 32 für #gebäudeschäden durch extre- me #niederschläge. Sie zeigen auch via LinkedIn: Es kann jeden treffen. #starkregen #klimawandel Feuerversicherung: Vor fünf Jahren stand Gangolf Hosenfeld vor dem Nichts. Ein Großbrand hatte seinen Familienbetrieb, ein Sägewerk, zerstört. Mit Unter- stützung seines Versicherers machte er sich an den Wiederaufbau. Mit Erfolg Titelthema 26 Energiewende: Die Ökostrom- Industrie wälzt das Geschäft der 06 Rente: Warum eine Reform der technischen Versicherer um Altersvorsorge überfällig ist 12 Österreich: Das Rentnerparadies Schützen „Es ist machbar“ Mit Unterstützung des ringt mit seinem Pensionssystem 32 Reportage: Ein Großbrand Staates kann eine Pandemie-Versicherung gelingen, so die Botschaft von Nita Madhav zerstörte das Lebenswerk eines 16 Interview: Der SPD-Rentenexperte Sägewerkbesitzers. Doch der und Ben Oppenheim vom US-Risikomodel- Ralf Kapschack zur Zukunft des lierer Metabiota in „Positionen 3_2020“. Das weigerte sich, aufzugeben Drei-Säulen-Modells „Handwerk Magazin“ nahm die Argumente unserer Kolumnisten auf – und berichtete 18 Infografik: Daten und Fakten zur Regeln breit über die entstandene Debatte. Absicherung im Alter auf einen Blick 40 Brexit: Was die britische Assekuranz unternimmt, um Folgen Sie uns auf: Erfinden ihr EU-Geschäft zu retten 22 Satelliten: Wie Versicherer dank 44 Ausbildung: Die Experten von Luftunterstützung effizienter werden morgen sollen digitaler werden Positionen #1_2021
inhalt 04 05 36 Helden der Arbeit Nicola de Paoli Christian Höller bekam jüngst Post geht Dingen gern auf vom britischen Wirt- den Grund. 2019 er- schaftsminister. „You hielt der Wiener Wirt- need to act now“, schaftsjournalist einen mahnte er die deut- wichtigen Medienpreis sche Journalistin, die für einen Text über in Edinburgh lebt. Das das Pensionssystem Schreiben sollte Un- in Österreich. Das wird ternehmer daran erin- in Deutschland oft als nern, rechtzeitig Vor- vorbildlich gepriesen kehrungen für die Zeit – nicht unbedingt zu nach dem Brexit zu Recht, wie Höller in sei- treffen. Die britischen nem Bericht für „Po- Reden wir über Sicherheit: Ständig ist Norbert Zajac von Versicherer, stellte de sitionen“ konstatiert. gefährlichen Wildtieren umgeben, etliche Male wurde er an- Paoli bei ihrer Recher- In seinem zweiten Job gefallen, gebissen, gestochen. Trotzdem hält der Chef der che fest, haben sol- ist er übrigens Psycho- größten Zoohandlung der Welt seinen Job nicht für gefährlich che Warnungen nicht therapeut. Er mag es nötig: Sie fühlen sich eben, Dingen auf den bestens gerüstet. Grund zu gehen. Brexit: Rente global: ab Seite 40 ab Seite 12 Standards 02 Zahlen, bitte: Hagel 43 Um den Globus: Grönland Welt der Zahlen 29 Regiotrend: Verkehrsunfälle mit Personenschaden 36 Reden wir über Sicherheit 35 % mit Norbert Zajac, dem Chef der größten Zoohandlung der Welt 47 Kolumne: Johannes Wagner der über 65-Jährigen fürchten, dass ihre fi- sieht gute Karrierechancen in der nanzielle Absicherung nicht bis ans Lebensende Versicherungswirtschaft für die reicht. Warum das so ist und was zu tun ist, Generation Z damit unser Rentensystem zukunftsfest wird 48 Die schönste Versicherungs- sache der Welt: Codex Manesse Gipfel der Generationen: ab Seite 06
T E X T: E L I H A M A C H E R I L L U S T R AT I O N : M A LT E K N A A C K Titelgeschichte 06 07 Gipfel der Generationen Das Rentensystem in Deutschland braucht einen Neustart. Mit Riester wurde viel erreicht, auch im internationalen Vergleich. Doch um die private Altersvorsorge für die Zukunft wasserfest zu machen, muss sie einfacher werden – bei der Förderung und bei den Produkten. Ein Plädoyer W alter Riester hat gerade mit seiner Seither steht die deutsche Altersvorsorge, die Frau ein Haus gebaut. Im maleri- auch international große Anerkennung findet, schen Isny im Allgäu genießt Ries- auf drei Säulen: gesetztliche Rente, betriebliche ter seine Rente – obwohl er als frü- Altersversorgung und private Vorsorge. Doch die herer Bundesminister streng ge- steigende Lebenserwartung und der demografi- nommen natürlich Pension bezieht. Doch noch sche Wandel bringen das System an seine Gren- immer kommt der 77-Jährige in Fahrt, wenn es zen. Auf 100 Bürger im erwerbsfähigen Alter (20 um sein Lebensthema geht: die nachhaltige Ent- bis 64) kommen heute etwa 36 Menschen, die 65 wicklung sozialer Sicherungssysteme. oder älter sind. Dem Munich Center for the Eco- Vor knapp 20 Jahren beschloss die damali- nomics of Aging zufolge werden es 2035 bereits ge rot-grüne Bundesregierung einen Paradig- 54 und im Jahr 2060 sogar 58 sein. Im Umkehr- menwechsel: Die aufgrund der höheren Le- schluss heißt das: Weniger als zwei Berufstätige benserwartung und des demografischen müssten mit ihren Beiträgen einen Rentner ver- Wandels immer weiter steigenden Beiträ- sorgen. Die Deckungslücke der gesetzlichen Ren- ge zur staatlichen Rentenversicherung tenversicherung wächst: Mehr als 100 Milliar- wurden gesetzlich gedeckelt, das Ren- den Euro Steuergeld pumpt der Staat schon heute tenniveau gesenkt. Erhielt ein Ruheständ- jährlich in die Rentenkasse (siehe Grafik Seite 18). ler in den 1990er-Jahren im Schnitt noch mehr als 50 Prozent eines Durchschnitts- Aufgrund der Niedrigzinsen kann die private lohns als Rente, sind es heute nur noch Säule die Rentenlücke nicht schließen 48,2 Prozent. 2034 werden es laut dem Anders als geplant, kann die private Säule in ih- jüngsten Rentenversicherungsbericht wohl rer jetzigen Form diese Entwicklung jedoch nicht nur noch 46 Prozent sein. mehr auffangen. „Zuletzt hatten immerhin 16,5 Um die so entstehende Einkommenslücke Millionen Beschäftigte einen Riester-Vertrag ab- zu schließen, wurde die betriebliche Altersversor- geschlossen. Nie zuvor haben so viele Deutsche gung erleichtert und ein neues Instrument für die privat fürs Alter gespart“, sagt Walter Riester. We- individuelle Vorsorge geschaffen: eine rein priva- gen der seit mehr als einem Jahrzehnt andauern- te Rente, gefördert durch staatliche Zulagen und den Niedrigzinsphase fällt es den Lebensversiche- Steuervorteile. Bis heute trägt sie den Na- rern allerdings zunehmend schwer, Riester-Pro- men des damals zuständigen Arbeits- dukte mit attraktiven Renditen anzubieten. Die und Sozialministers: Riester-Rente. große Vielfalt der möglichen Vertragsmodelle Positionen #1_2021
Titelgeschichte Nur eine Reform der und das komplizierte Förderverfahren – bei jeder Änderung der Lebenssituation ändern sich die Zulagen – macht diese Form der Altersvorsorge privaten Altersvorsorge verwaltungs- und beratungsintensiv. Und damit teuer. Die Folge: Seit fünf Jahren stagniert die Zahl der Riester-Verträge, gut ein Fünftel ist ruhend ge- stellt, wird also derzeit nicht bespart, schätzt das reicht nicht. Was wir Bundesarbeitsministerium. Die deutschen Versi- cherer warnen vor dem „Risiko Ruhestand“, und auch Rentenreformer Riester sieht dringenden brauchen, ist eine Handlungsbedarf: „Das gesamte Vorsorgesystem gehört auf den Prüfstand.“ Rentenrevolution Die Bundesregierung will das Thema endlich anpacken. Doch die Zeit wird knapp Die Zeit drängt. Anfang Dezember hat die Deut- sche Aktuarvereinigung (DAV) vorgeschlagen, den Höchstrechnungszins für neue Lebensver- sicherungsverträge von aktuell 0,9 auf 0,25 Pro- zent im Jahr 2022 abzusenken. Sollte das Bun- desfinanzministerium diesem Vorschlag folgen, würde dies die klassischen Riester-Verträge aus Renditesicht noch unattraktiver machen. „Wir brauchen eine Riester-Revolution“, sagt Jörg As- mussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtver- bands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), und macht damit klar, dass es mit einer kleinen Reform nicht getan ist. „In einer Welt ohne positiven Nominalzins muss die Al- tersvorsorge neu gedacht werden – das gilt auch für Riester und für die betriebliche Altersversorgung“, so Asmussen. Die Bundesregierung hat zugesagt, das Thema noch in dieser Legislaturpe- riode anzupacken. Doch bis zur nächsten Bundestagswahl im September 2021 sind es nur noch wenige Monate – kein üppi- ges Zeitfenster für eine umfassende Re- form, von der die Koalitionspartner zudem auch noch inhaltlich unterschiedliche Vor- stellungen haben. Und so schlugen Anfang November die im GDV organisierten deut- schen Versicherer, der Fondsverband BVI, der Verband der Privaten Bausparkassen (VDPB) Leistungsträger: und die Landesbausparkassen (LBS) Alarm: „Die Der Anteil der Erwerbstätigen Zeit für eine Reform läuft davon“, hieß es in ei- an der Gesamtbevölkerung nem Brief an Kanzleramtschef Helge Braun, in schrumpft bis 2060 von 59,7 dem die Verbände auch davor warnten, die Ries- auf 51,2 Prozent ter-Rente ab 2021 nicht mehr anbieten zu können,
Titelgeschichte 08 09 wenn sich die Rahmenbedingungen nicht zügig den Kapitalanlegern ihr eingesetztes Geld also änderten. „Ein Aussitzen schwächt die dringend auch nicht in vollem Umfang zurück. notwendige und politisch gewollte Motivation Unterstützung für diese Position kommt von zur Eigenvorsorge“, unterstreicht Clemens Vat- der Aktuarvereinigung DAV. Er sei ein Befürwor- ter, Vorstand bei der Signal Iduna Lebensversi- ter der Riester-Rente, sagt der Vorsitzende Gui- cherung. Wer von Altersarmut rede und Halteli- do Bader, doch die immer noch vorherrschende nien bei Beitragssatz und Rentenniveau verlange, Garantiefixierung müsse aufgebrochen werden, müsse auch Anpassungen an nachweislich wirk- „um dem Gedanken zum Durchbruch zu verhel- samen Instrumenten zulassen. fen, dass weniger Garantie auch mehr Leistung bedeuten kann“. Die DAV schlägt deshalb vor, zum Vereinfachte Förderverfahren statt 1. Januar 2022 ein Gesetzespaket zu schnüren, das des aktuellen Zulagenwirrwarrs sowohl eine Absenkung des Höchstrechnungs- Die Verbände hatten schon 2019 einen Plan erar- zinssatzes als auch eine Abkehr von der Beitrags- beitet, wie sich die Riester-Rente zukunftsfest ma- garantie bei der Riester-Rente enthält. chen und gleichzeitig deutlich attraktiver als heu- te gestalten ließe: An die Stelle des komplizierten Der Paradigmenwechsel bei der privaten Zulagenwirrwarrs müssten leichter verständliche Vorsorge hat längst begonnen Förderverfahren treten. Jeder selbst eingezahlte Bei den klassischen Lebensversicherungspolicen Euro sollte mit mindestens 50 Cent vom Staat ge- reagieren erste Anbieter bereits. So kündigte die fördert werden. Die Beitragsgarantie müsse gelo- Allianz an, bei Neuverträgen keine Kapitalgarantie ckert werden, um eine Chance für höhere Rendi- mehr zu geben – eine Zäsur. Auch Ergo-Chef Mar- ten zu eröffnen – und damit auf höhere Renten- kus Rieß ist skeptisch: „Wir können nicht ausschlie- zahlungen im Alter. Zudem fordern die Versiche- ßen, uns mittelfristig von der kompletten Beitrags- rer und Finanzdienstleister, die Riester-Förderung garantie bei den Lebenspolicen sukzessive zu ver- für alle zu öffnen. Also etwa auch für Selbststän- abschieden“, sagte er kürzlich dem „Handelsblatt“. dige, von denen viele ebenso von Altersarmut be- Allerdings will der Konzern 2021 weiterhin Produk- droht seien wie andere Berufsgruppen. te mit hundertprozentiger Garantie anbieten. 3,5 In der aktuellen Legislaturperiode hat die gro- Die Allianz bietet den Kunden eine Wahlmög- ße Koalition schon mehrfach am Rentensystem lichkeit: Je nach individueller Risikoneigung kön- geschraubt. Doch Neuerungen wie die Mütter- nen sie Verträge mit verschieden hohen Garan- rente, die Grundrente oder die Rente mit 63 für tieniveaus abschließen. Je geringer die Garantie, langjährig Versicherte kommen vor allem den äl- desto höher die Renditechance. „Zwei Drittel der MILLIARDEN EURO teren Jahrgängen zugute. „Die Bundesregierung von uns im Vorfeld befragten Kunden gaben an, muss auch ein adäquates Angebot für die künfti- pro Jahr kostet die dass sich ihre Einstellung zum Sparen durch die gen Rentnergenerationen machen“, fordert Peter Riester-Förderung Niedrigzinssituation verändert hat“, sagt Volker Schwark, stellvertretender GDV-Hauptgeschäfts- den deutschen Priebe, Vorstand bei der Allianz Lebensversiche- führer. Die Riester-Rente spreche auch Sparer mit Steuerzahler. In die rung. Ebenso viele seien bereit gewesen, auf die niedrigem Einkommen sowie mit einer Wochen- Kassen der gesetz- 100-Prozent-Garantie zu verzichten, wenn im Ge- arbeitszeit von weniger als 30 Stunden an – und lichen Rentenver- genzug die Renditechancen stiegen. Beibehalten damit Zielgruppen, für die eine betriebliche Al- sicherung flossen werden beide Konzerne die volle Garantie nur bei tersvorsorge häufig keine Alternative sei. Zudem zuletzt 100 Milliar- Verträgen, für die sie gesetzlich vorgeschrieben ist, belaste sie den Bundeshaushalt mit etwa 3,5 Milli- den Euro – Tendenz also etwa bei Riester-Renten sowie bestimmten arden Euro, was verglichen mit den 100 Milliarden steigend. Formen der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Euro, die jährlich als Transfer in die gesetzliche Die Beispiele dürften Schule machen, ist DAV- Rentenkasse fließen, überschaubar sei. Chef Bader überzeugt: „Weitere Unternehmen Für einen entscheidenden Punkt hält Schwark werden nachziehen. Die Produktlandschaft wird eine Abkehr von der 100-prozentigen Beitragsga- gerade aufgrund der bislang zu zögerlichen Hal- rantie. Angesichts des Dauerzinstiefs und der vor- tung des Gesetzgebers noch heterogener werden.“ aussichtlich weiteren Absenkung des Höchstrech- Vor allem bei der jüngeren Generation könn- nungszinses sei es wirtschaftlich nicht mehr um- ten die neuen Angebote auf Akzeptanz stoßen, da zusetzen, jedem Sparer den vollständigen Kapital sie höhere Renditen ermöglichen. „Die Mär von erhalt unter allen Umständen zuzusichern, wie börsengehandelten Wertpapieren als Teufelswerk es die aktuelle Rechtslage vorschreibt. „Die Ries- verfängt insbesondere bei jungen Berufstätigen ter-Rente stammt aus einer Zeit, in der die Zin- nicht mehr“, sagt Patrick Dahmen, Vorstandschef sen bei fünf Prozent lagen. Heute werden selbst der HDI Lebensversicherung. Die Corona-Erfah- Staatsanleihen negativ verzinst.“ Der Staat zahlt rung mache vielmehr Anlagen am Kapital- Positionen #1_2021
Titelgeschichte markt besonders im Rahmen von Vorsorgepro- liche Pensionskassen gestützt, die ebenfalls einen dukten noch interessanter. Bei den Berufstätigen großen Teil ihres Kapitals in Aktien investieren. unter 45 Jahren habe jeder Fünfte beim Aufbau sei- Länder wie Österreich dagegen, die noch stärker ner Altersvorsorge das größte Vertrauen in Aktien, als Deutschland auf die beitragsfinanzierte ge- 16 Anleihen und Fonds. Nur noch 16 Prozent vertrau- setzliche Rente setzen und über nur wenige Inst- ten der gesetzlichen Rente als sicherster Vorsorge. rumente in der privaten Altersvorsorge verfügen, Dass Rentensysteme, die stärker auf die Ein- laufen in die Kostenfalle von immer steiler stei- bindung von Aktien setzen, leistungsfähiger sein genden Staatszuschüssen in die chronisch unter- können, belegt eine aktuelle Studie der Unterneh- finanzierte Rentenkasse (siehe Bericht Seite 12). PROZENT mensberatung Mercer. Im Vergleich mit den Al- tersicherungssystemen anderer Länder landete der Berufstätigen Die betriebliche Altersversorgung boomt. das deutsche wegen mangelnder langfristiger unter 45 Jahren Doch auch hier gibt es Reformbedarf Leistungssicherheit nur im Mittelfeld. Auf den halten die gesetz- Gewerkschaften und Verbraucherschützer sind vorderen Plätzen hingegen fanden sich Länder, liche Rentenver- indes wenig begeistert von den Reformideen der die Aktien deutlich in die Altersvorsorge einbin- sicherung für die Assekuranz. „Das A und O (der Altersvorsorge) ist den wie die Niederlande, Dänemark oder Israel. sicherste Form der eine vernünftige Kapitalanlage“, sagt Klaus Mül- „In Schweden legen die Arbeitnehmer einen Altersvorsorge. Das ler, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesver- festen Anteil ihrer gesetzlichen Rentenbeiträ- Vertrauen in Akti- bandes (vzbv), nur dass er dieses Ziel auf einem ge in Aktien-, Renten- oder Mischfonds an. Alle en, Anleihen und anderen Weg zu erreichen hofft. Er schlägt vor, Arbeitnehmer profitieren so von der Anlage am Fonds ist größer. die heutige Riester-Rente durch eine sogenann- Kapitalmarkt“, sagt Christine Bortenlänger, Ge- te Extrarente zu ersetzen, die aus einem staatlich schäftsführender Vorstand des Deutschen Akti- verwalteten Fonds gespeist wird. „Da es sich um eninstituts (DAI), das in seiner Studie „Altersvor- sehr langfristiges Sparen handelt, wäre es für Ver- sorge mit Aktien zukunftsfest machen“ Länder braucher am besten, eine breit gestreute Anlage in unter die Lupe nimmt, die erfolgreich Aktien in Aktien anzubieten, die durch einen unabhängigen der Altersvorsorge einsetzen. In den Niederlan- Träger organisiert und kontrolliert wird.“ So könn- den werden die Alterseinkommen durch betrieb- te laut Müller ein einfaches, kostenarmes und ren- tierliches Standardprodukt angeboten werden. Banken und Versicherer vorn Die Versicherer sehen in dem Vorschlag einen ersten Schritt zur Verstaatlichung des privaten Anteil der Beschäftigten mit betrieblicher Altersversorgung Vorsorgekapitals, was angesichts der chronischen nach Branchen in Prozent Unterfinanzierung der gesetzlichen Rentenversi- Kredit- und 88 % cherung keine beruhigende Aussicht wäre. Zumal Versicherungsgewerbe niemand garantieren kann, dass sich der Staat in Bergbau, Steine, Energie, Wasser, Abfall 70 % einer finanziellen Notlage nicht an solchen Spar- Gesundheits- und Sozialwesen, groschen der Bürger vergreift. Auch sieht der Vor- 67 % Erziehung, Bildung schlag der Verbraucherschützer vor, dass bis zum Information und 49. Lebensjahr des Versicherten 100 Prozent der 58 % Kommunikation Einlage in Aktien angelegt werden sollen. Damit Verarbeitendes Gewerbe 56 % wäre das „Extrarente“ getaufte Staatsprodukt er- heblich risikoreicher als die Riester-Rente – und Kunst und Unterhaltung 52 % zwar sowohl vor als auch nach einer Reform. Dass die gesetzliche Rente allein einen sorglo- Verkehr und Logistik 47 % sen Lebensabend garantiert, glauben unterdessen Freiberufler, 46 % immer weniger Erwerbstätige und sorgen deshalb Wissenschaftler zusätzlich über Betriebsrenten vor. Allein bei den Baugewerbe 45 % Lebensversicherern stieg die Zahl der bAV-Ver- träge 2019 um 150.000 auf etwa 16,3 Millionen. Immobilien 44 % Fast jeder fünfte neu abgeschlossene Lebensver- sicherungsvertrag entfällt heute bereits auf die Handel 40 % betriebliche Altersversorgung. „In den vergange- Land- und Forstwirtschaft, 32 % nen beiden Jahren hat besonders die Verbreitung Fischerei der Direktversicherung durch das Betriebsrenten- Sonstige Dienstleistungen 23 % stärkungsgesetz neuen Schub bekommen“, sagt GDV-Geschäftsführer Schwark. Weitere Impulse Gastgewerbe 18 % dürften die erst kürzlich beschlossenen Verbes- Quelle: BMAS Positionen #1_2021
Titelgeschichte 10 11 serungen beim Geringverdienerzuschuss geben. Dennoch sehen Experten auch bei dieser Säule GRÜNDE FÜR DEN REFORMBEDARF der Alterssicherung Reformbedarf. „Wie bei der ➊ Steigende Lebenserwartung Riester-Rente muss der Gesetzgeber auch in der betrieblichen Altersversorgung schnellstmöglich Die Deutschen werden immer älter – und beziehen durchschnittlich zehn die gesetzlich vorgeschriebenen Garantieniveaus Jahre länger Rente als vor 60 Jahren. deutlich reduzieren“, sagt Versicherungsmathe- ➋ Demografischer Wandel matiker Bader. Noch mehr Bewegung in die Rentendebat- Immer weniger Erwerbstätige finanzieren immer mehr Rentner. Das te kommt aktuell durch einen Vorschlag von Loch in der Rentenkasse wächst und wird durch Steuergeld ausgeglichen. CDU-Sozialpolitikern. Sie wollen das gesetzli- ➌ Niedrige Zinsen che Rentenalter durch eine Regelversicherungs- Wegen der niedrigen Zinsen werfen Anlagen mit Kapitalgarantie wie die zeit ersetzen. Arbeitnehmer, die beispielsweise Riester-Rente kaum noch Rendite ab. Das schwächt die private Vorsorge. studiert haben, müssten dann bis zu einem hö- heren Alter arbeiten als solche, die unmittelbar nach dem Schulabschluss ins Berufsleben gestar- tet sind. Außerdem wird erwogen, die Beitrags- pflicht zur Rentenversicherung auch auf andere Einkünfte jenseits von Lohn und Gehalt auszu- weiten, also etwa auf Mieteinnahmen oder Kapi- taleinkünfte. Innerhalb der Union wird über diese Ideen allerdings kontrovers diskutiert. Die SPD will eine Einheitsversicherung für Arbeitnehmer, Selbstständige und Beamte Die SPD setzt sich vor allem für eine Stärkung der ersten Säule ein und plädiert für eine Ein- beziehung von Beamten und Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung. So vie- le verschiedene Altersvorsorgesysteme paral- lel zu betreiben sei anachronistisch, sagt der Renten experte der SPD-Bundestagsfraktion Ralf Kapschack (siehe Interview Seite 16). „Ich bin für die Einführung einer für alle geltenden Leistungsempfänger: Erwerbstätigenversicherung.“ Der Anteil der über Walter Riester verfolgt derweil vom Allgäu 65-Jährigen an der aus das politische Gezerre. Der frühere SPD-Po- Gesamtbevölkerung steigt bis 2060 von litiker favorisiert noch immer seine ursprüngli- 21,9 auf 31,1 Prozent che Idee, mit der er sich 2002 im Parlament nicht durchsetzen konnte: „Es wäre richtig, die Riester-Rente gesetzlich verpflichtend zu machen und die Förderung allen zu gewähren.“ Wenn es nach ihm ginge, könnte die private Altersvorsor- ge übrigens auch einen neuen Namen bekommen, es müs- se nicht seiner sein. Mit „Zulagenrente“, wie von der CDU ins Spiel ge- bracht, könnte Riester gut leben. Allein: „Ich fürchte, dass ein neuer Name die Menschen nur noch mehr ver- wirren würde.“
T E X T: C H R I S T I A N H Ö L L E R I L L U S T R AT I O N : L A U R I N D O F E L I C I A N O Titelgeschichte 12 13 Zuckerl für die Hackler Nicht nur Deutschland diskutiert über die Reform der Altersvorsorge, auch bei den Nachbarn im Süden ist die Debatte über das Pensionssystems neu entbrannt. Dabei gilt Österreich hierzulande vielen als rentenpolitisches Vorbild. Zu Recht? B eim Blick nach Süden kann man als gen im Verhältnis zur Wirtschaftskraft. 2019 la- deutscher Ruheständler neidisch wer- gen die gesamten Ausgaben für Pensionsleistun- den: Während hierzulande das Renten- gen bei knapp 56,1 Milliarden Euro. Gemessen am eintrittsalter bis 2031 auf 67 Jahre steigt Bruttoinlandsprodukt (BIP) entspricht dies einem (und die weitere Erhöhung bereits dis- Anteil von 14,1 Prozent. Für Deutschland liegt der kutiert wird), dürfen Österreicher mit 65 aus dem Vergleichswert bei 12,7 Prozent – und darin sind Arbeitsleben ausscheiden, Frauen derzeit sogar die Zuschüsse für die ostdeutschen Rent- mit 60. Und nicht nur das: Ein österreichischer ner, die während ihrer Berufstätigkeit Rentner bekommt auch noch deutlich mehr Al- nicht oder nicht über die volle Dau- tersruhegeld als ein deutscher – und das bei na- hezu gleichen Bruttolöhnen. er Beiträge eingezahlt haben, schon enthalten. Rente Sozialverbände und linke Parteien nennen Die großzügige Alimen- global das Wiener Modell immer wieder als Vorbild für tierung macht sich in der Deutschland, „Rentners Traum“ schwärmt die Rentenhöhe bemerkbar: „Süddeutsche Zeitung“. Dabei ist das alpenlän- Wer in Österreich 2019 dische Pensionssystem – in Österreich werden in den Ruhestand ging, alle Rentner „Pensionisten“ genannt – im eigenen erhält von der Pensions- Die Altersvorsorge in Deutschland braucht Land durchaus umstritten. versicherungsanstalt PVA einen Neustart. In der Serie Rente global durchschnittlich 1529,53 beleuchten wir, wie andere Länder mit der Österreich gibt deutlich mehr Steuergeld Euro pro Monat. Ein deut- Herausforderung des demografischen pro Rentner aus als Deutschland scher Neurentner bekommt Wandels umgehen, was wir von ihnen Von der Grundstruktur her ähneln sich die Al- im Schnitt nur 918 Euro über- lernen können – und was nicht. terssicherungssysteme diesseits und jenseits der wiesen. Hinzu kommt, dass die Grenze. Beide bestehen aus drei Säulen: der staat- Senioren im Nachbarland auch noch lichen Rentenversicherung, der betrieblichen Al- Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten: Die tersversorgung sowie der privaten Vorsorge. Die Renten in Österreich werden 14-mal pro Jahr ge- gesetzliche Pflichtversicherung wird jeweils im zahlt, in Deutschland nur zwölfmal. Umlageverfahren finanziert, das heißt, die Renten „Das österreichische Pensionssystem bietet werden aus den Beiträgen der aktuell Erwerbstä- eine breite soziale Abdeckung, basierend auf Bei- tigen bezahlt. Da diese nicht ausreichen, die Aus- tragshöhe und Beitragsjahren. Es berücksichtigt gaben zu decken, schließt der Staat die Lücke mit jedoch nicht im ausreichenden Ausmaß die de- Steuergeldern. mografischen Veränderungen“, kritisiert Elisa- Österreich gehört im europäischen Vergleich beth Stadler, Vorstandsvorsitzende der Vienna zu den Ländern mit den höchsten Rentenzahlun- Insurance Group (VIG), Österreichs größter Positionen #1_2021
Titelgeschichte Anders als hierzulande Umgesetzt hat Österreich einen Punkt, über den in Deutschland seit Jahren politisch heftig diskutiert wird: Schon seit 2005 werden Beam- spielt die private te schrittweise in das staatliche Pensionssystem eingegliedert, voraussichtlich 2040 wird der Über- gang abgeschlossen sein. Selbstständige wurden Altersvorsorge in je nach Berufsgruppen bereits zwischen 1958 und 1997 in die allgemeine Rentenversicherung einbe- zogen. In Deutschland gibt es für Beamte, Land- wirte und Kammerberufe wie Ärzte oder Rechts- Österreich nur eine anwälte jeweils eigene Alterssicherungssysteme. Verglichen mit dem großen Nachbarn im Nor- den spielen in der Alpenrepublik die betriebliche untergeordnete Rolle und private Altersvorsorge nur eine untergeordne- te Rolle. „Das Verständnis und die Förderungen für die zweite und die dritte Säule sind in Deutschland weit ausgeprägter als in Österreich“, sagt VIG-Che- fin Stadler, was sie keinesfalls als Pluspunkt für ihre Heimat verstanden wissen will. Das Bewusstsein der Österreicher für die Not- Versicherungsgruppe. Die Folge: Der Staats- wendigkeit privater Vorsorge ist deutlich geringer zuschuss zur Pensionskasse wird bis 2024 ausgeprägt. Der Großteil der Menschen verlässt nach Schätzung des Finanzministeri- sich auf die staatliche Säule – kein Wunder ange- ums um fast 25 Prozent auf 25,9 Mil- sichts der vergleichsweise paradiesischen Renten- liarden Euro steigen (siehe Grafik höhe. Zwar führte die damalige Mitte-rechts-Re- Seite 15). „Dies belastet das Staats- gierung aus ÖVP und FPÖ 2003 die sogenannte budget im Vergleich zu anderen prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge ein, eine Ländern überproportional“, sagt Art österreichische Version der Riester-Rente – Andreas Zakostelsky, Obmann allerdings mit dem gravierenden Unterschied, vom Fachverband der Pensi- dass die Versicherer 40 Prozent der vereinnahm- onskassen in der Wirtschafts- ten Beiträge in Aktien anlegen mussten, die vor kammer Österreich. „Hier ist allem über die Wiener Börse zu ordern waren. Österreich wohl kein Vorbild Gleichzeitig sollte jedoch das eingezahlte Kapi- für Deutschland.“ Martin Ko- tal garantiert sein. Die Finanzkrise 2008 machte cher, Chef des Instituts für Hö- es faktisch unmöglich, beide Ziele gleichzeitig zu here Studien in Wien, verlangt erreichen. Trotz mehrerer Gesetzesnovellen fris- eine Reform zur Sicherstellung tet das Produkt inzwischen ein Nischendasein. der langfristigen Finanzierbarkeit des Rentensystems. Die Zahl der Rentner wird bis 2050 um Doch nicht nur der Staat, auch die mehr als eine Million ansteigen Berufstätigen werden kräftig zur Kasse In Deutschland führte die 2001 von der rot-grü- gebeten. Aktuell liegt der Beitragssatz bei nen Regierung beschlossene Rentenreform zu 22,8 Prozent der sozialversicherungspflichtigen weit grundlegenderen Verschiebungen. Im Jahr Einkünfte, wobei die Arbeitgeber den größeren 2015 hatten rund 70 Prozent aller Beschäftigten Anteil tragen müssen: Sie zahlen 12,55 Prozent, eine Riester-Rente oder einen Vertrag zur be- die Arbeitnehmer 10,25 Prozent ein. In Deutsch- trieblichen Altersversorgung abgeschlossen – land gilt derzeit ein Beitragssatz von 18,6 Prozent, 20 Prozent sogar beides. Insofern bedeutet der zu dem beide Seiten je die Hälfte beisteuern. Zu- Vergleich der gesetzlichen Renten in Deutsch- dem besteht in Österreich ein Rentenanspruch land und Österreich nicht zwingend, dass die erst nach 15 Beitragsjahren, hierzulande reichen Rentner hierzulande im Durchschnitt tatsäch- bereits fünf Jahre aus. Daher gibt es bei uns auch lich weniger Geld zur Verfügung haben. In ei- mehr Minirenten, was wiederum den statisti- ner Gesamtbetrachtung sind auch die anderen schen Durchschnittswert drückt. Einkünfte zu berücksichtigen – und hier stehen
Titelgeschichte 14 15 die Deutschen verglichen mit ihren Nachbarn die wir in der Krise set- Seid verschlungen, im Süden deutlich besser da. zen, irgendwann nicht Milliarden „Der Nachteil der Altersvorsorge in Österreich mehr leistbar sein.“ Staatszuschuss zum österreichischen Pensionssystem ist der fast ausschließliche Fokus auf die erste Säu- Ab 2022 ent- le, die durch die Alterung der Gesellschaft immer fällt der Freibrief Zuschuss in Mrd. € Anteil am Steueraufkommen instabiler wird“, sagt der Ökonom Dénes Kucsera zur Frühren- 13,5 2004 22 % von der Denkfabrik Agenda Austria. So werde die te, dann gilt bei 14,5 2007 21 % Zahl der Rentner bis 2050 um mehr als eine Mil- der Berechnung 17,1 2010 29 % lion ansteigen, während die Erwerbsbevölkerung der Pensions- 18,4 2013 26 % um einige Hunderttausend zurückgehen werde. höhe wieder die 19,0 2016 27 % Hinzu komme, so Kucsera, „dass die Pensionisten Formel 45-65-80: 19,7 2019 24 % eine große Wählergruppe darstellen und somit Wer mit 45 Ver- 23,7 2022* 30 % die Pensionen durch Wahlzuckerl erhöht werden. sicherungsjahren Dies vergrößert die Pensionslücke zusehends.“ im Alter von 65 Jah- 25,9 2024* 30 % ren in Rente geht, er- * Prognose Zu viele Frühpensionäre: hält 80 Prozent seines Quelle: Österreichisches Kanzler Kurz zieht die Notbremse durchschnittlichen Mo- Bundesfinanzministerium Damit spielt der Wissenschaftler auf die kurz vor natseinkommens, was im in- den Parlamentswahlen ausgeweitete sogenannte ternationalen Vergleich immer Hacklerreglung an. Als „Hackler“ werden in Ös- noch sehr großzügig ist. In einer Studie der terreich umgangssprachlich körperlich schwer ar- OECD, welche die Höhe der Rentenleistungen für 30 beitende Menschen bezeichnet, etwa in der Stahl- Durchschnittsverdiener in 36 Ländern vergleicht, oder Baubranche. Sie können ohne finanzielle Ein- schneidet Österreich in allen Kategorien über- bußen bereits vor dem gesetzlichen Pensionsalter durchschnittlich gut ab. in Rente gehen. Im Herbst 2019 beschloss das Par- „Die Beiträge der Erwerbstätigen reichen be- lament die Ausweitung dieser Sonderregelung auf reits seit Langem nicht mehr zur Finanzierung PROZENT weite Teil der Erwerbstätigen. Seit Anfang 2020 der aktuellen Pensionen aus“, kritisiert VIG-Che- der gesamten können etwa auch Büroangestellte nach 45 Bei- fin Stadler. Die Folge: Der Rentenzuschuss wird Steuereinnahmen tragsjahren mit 62 abschlagsfrei in Rente gehen in Österreich zu einer immer größeren Belastung des Bundes könn- – was Tausende bereits in Anspruch genommen für den Staatshaushalt. 2021 wird der Bund vor- ten in Österreich haben und was langfristig zusätzliche Kosten in aussichtlich 22,84 Milliarden Euro für die Pensi- schon 2021 in die Milliardenhöhe verursacht. onen zuschießen. Das entspricht mehr als 30 Pro- gesetzliche Ren- Schon vor der Gesetzesänderung galt Öster- zent aller Steuereinnahmen des Bundes. tenversicherung reich als Paradies für Frührentner. Viele Men- „Ein stärker diversifiziertes System, das die fließen. Ökonomen schen sind bereit, auch finanzielle Einbußen in Stärken aller drei Säulen miteinander verbindet, und Versicherer Kauf zu nehmen, um so früh wie möglich in Ru- wäre besser“, sagt Pensionsexperte Zakostelsky. warnen vor einer hestand zu gehen. So liegt das Renteneintrittsal- „Die Vorteile eines kollektiven, kapitalgedeckten finanziellen Schief ter bei Männern im Schnitt bei 61,1 Jahren, Frauen Systems als Ergänzung zur staatlichen Pension lage und fordern verabschieden sich im Mittel schon mit 59,3 Jah- sollten stärker genutzt werden.“ Ähnlich argu- mehr betriebli- ren aus dem Job. Zum Vergleich: In Deutschland mentiert Stadler: „Wir brauchen ein klares Be- che und private gingen die Männer im vergangenen Jahr mit 64,0, kenntnis der Politik zur Sinnhaftigkeit der pri- Vorsorge – wie in die Frauen mit 64,5 Jahren in Rente. vaten Pensionsvorsorge durch neue und nachhal- Deutschland. Nach intensiven Diskussionen mit dem grü- tig angelegte steuerliche Anreize. Unsere Aufgabe nen Koalitionspartner zog Österreichs Bundes- als Versicherung ist es, den Menschen zu ermög- kanzler Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP lichen, dass sie sich auf das Brot mit Butter aus der Mitte November die Notbremse: Die erweiterte staatlichen Pension auch noch ein paar Scheiben Hacklerreglung wird zurückgedreht, um die auch Extrawurst darauflegen können.“ Zudem solle das durch die Corona-Krise explodierenden Staatsaus- Renteneintrittsalter erhöht werden. „Die Pensi- gaben in den Griff zu bekommen. „Wir müssen als onsautomatik an die steigende Lebenserwartung Staat schauen, dass wir funktionsfähig bleiben“, zu koppeln, macht vor allem gegenüber der jün- sagte Kurz. „Wenn wir jetzt noch Maßnahmen set- geren Generation Sinn.“ zen, dass die Menschen immer früher in Pension Wie es aussieht, muss sich das vorbildliche gehen, dann werden die sozialen Maßnahmen, Österreich gerade selbst ein Vorbild suchen. Positionen #1_2021
Titelgeschichte T E X T: J Ö R N P AT E R A K , T H O M A S W E N D E L FOTO: FRANK NÜRNBERGER →Horrorszenarien sind fehl am Platz← Höhere Lebenserwartung, weniger Beitragszahler, niedrige Zinsen: Wann kommt der Befreiungsschlag für die Altersvorsorge? Ralf Kapschack, rentenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, über die Riester-Reform, eine Einheitsversicherung für alle und die Frage, ab wann man künftig in Rente gehen kann Herr Kapschack, die Reform der priva- Regeln für den Zugang zu geförderter Wir werden alles tun, um sie zu stär- ten Altersvorsorge, namentlich Riester, privater Vorsorge gelten. Wenn man ken. Das hat auch etwas mit Vertrau- ist überfällig. Hand aufs Herz: Klappt die denn so fortführen will. Bevor Sie en in den Sozialstaat zu tun. Die beste das noch in dieser Legislaturperiode? jetzt aber ins Jubeln kommen, will ich Ergänzung ist, wie gesagt, die betriebli- Ralf Kapschack: Die Gespräche dazu gleich ein bisschen Wasser in den Wein che Altersversorgung. Wer darüber hin- im federführenden Finanzministeri- gießen … aus privat vorsorgen kann und will, der um laufen. Olaf Scholz kann sich we- Bitte nicht! soll es auch tun. Aber niemand soll im gen der Corona-Pandemie aber gerade RK: Für die SPD steht die gesetzliche Alter darauf angewiesen sein. nicht über Langeweile beklagen. Mal Rente im Mittelpunkt. Daran wird Was wohl SPD-Altkanzler Gerhard sehen, wann es ein Ergebnis gibt. auch nicht gerüttelt. Die beste Ergän- Schröder dazu sagen würde? Was stört Sie am Status quo am meisten? zung zur gesetzlichen Rente ist die be- RK: Fragen Sie ihn doch mal! Ich habe RK: Die Produkte sind unübersichtlich. triebliche Altersversorgung. Aber auch es schon damals für falsch gehalten, Das betrifft Ihre Branche. Die Förderku- dort, das haben wir gerade aus dem ein sinkendes Rentenniveau durch lisse ist ebenfalls unübersichtlich. Das Alterssicherungsbericht der Bundes- private Vorsorge ausgleichen zu wol- betrifft den Staat. Beides steht im Fokus, regierung gelernt, gibt es noch eine len. Das hat nicht funktioniert. Es war ebenso wie die Frage, wer künftig von Menge Luft nach oben. allerdings eine andere Zeit: Die Zinsen staatlicher Unterstützung profitiert. Immer weniger Junge müssen die ge- waren deutlich höher. Hinzu kommen Was ist mit Beamten, setzliche Rente für immer mehr Ältere viele Konstruktionsfehler und viel Bü- Staatsbediensteten und Politikern? aufbringen. Trotzdem stellen Sie das rokratie. Auch nehmen Geringverdie- RK: Die Trennung zwischen der Al- Drei-Säulen-Modell infrage? ner die Altersvorsorge per Riester ver- tersversorgung der Staatsbedienste- RK: Dieses Säulen-Bild legt nahe, dass gleichsweise wenig in Anspruch. Die ten, dem Rentensystem für Beschäf- alle drei gleichwertig seien. Das Funda- Frage ist: Kann man diese Defizite re- tigte und nicht pflichtversicherten ment der Altersversorgung ist für uns parieren? Oder ist das Image so rampo- Selbstständigen ist anachronistisch. die gesetzliche Rentenversicherung. niert, dass man damit nicht mehr viel Deutschland steht mit dieser Trennung gewinnen kann? auch ziemlich allein da. Ich bin für die Und? Einführung einer für alle geltenden »Wenn es eine Alters- RK: Es gibt in meiner Partei erhebliche Erwerbstätigenversicherung. Vorbehalte gegen eine Weiterführung Mehr Beitragszahler bedeuten vorsorgepflicht für der Förderung von privater Vorsorge, auch mehr Ansprüche. Selbstständige geben von Riester, so wie wir sie kennen. Ich RK: Aber erst in 40 bis 50 Jahren. Im teile diese Skepsis. Land der Dichter und Denker wird soll, sollten sie auch Höhere Lebenserwartung, niedrige Zin- man wohl in der Lage sein, bis dahin Zugang zur Förderung sen, demografischer Wandel: Brauchen eine Lösung zu finden. Wenn man die- se Vereinheitlichung politisch durch- bekommen« wir nicht eine regelrechte Revolution? RK: Die Einführung einer Erwerbstäti- setzt, sollten auch für alle die gleichen Ralf Kapschack genversicherung wäre eine völlig neue Positionen #1_2021
Titelgeschichte 16 17 Weichenstellung – solidarisch und fi- politik grundsätzlich ändern. Es wird für DER RENTENPOLITIKER nanziell sinnvoll. Es ist aber nicht so, jede Regierung eine Herausforderung, dass gerade nichts passiert. Wir setzen die Menschen zu überzeugen, dass be- Der Sozialdemokrat hat bald die Altersvorsorgepflicht für Selbststän- stimmte Reformen die richtigen sind. Geburtstag: Ralf Kapschack dige und die digitale Renteninformati- Wie wollen Sie ein Absinken des wurde an Heiligabend 1954 on um. Es gibt auch Gespräche, ob ein Rentenniveaus verhindern? in Witten geboren. 1972 trat kostengünstiges Standardprodukt für RK: Es geht darum, wie sich das Ver- er in die SPD ein – und 1981 die private Vorsorge möglich ist. Denn hältnis von Rentenbeziehern und Be- wegen des Nato-Doppelbe- unabhängig von der Förderung sollte es schäftigten entwickelt und wie die schlusses wieder aus. Nach der klare Regeln geben, die besser sind als Produktivität. Horrorszenarien sind Bundestagswahl 1987 kehrte die derzeitigen. fehl am Platz. Gute Arbeitsmarkt- und er zurück und ist heute Bun- Könnte Riester über die betriebliche Beschäftigungspolitik sind wichtige destagsabgeordneter für den Altersversorgung stärker reüssieren? Stellschrauben. Wahlkreis Hattingen – Her- RK: Wir haben durch das Betriebsren- Wie wollen Sie das angesichts der decke – Sprockhövel – Wet- tenstärkungsgesetz auch Riester ge- Niedrigzinsphase finanzieren? tern – Witten. Zuvor war der stärkt. Aber ja: Da gibt es Luft nach oben. RK: Dafür müssen auch weitere Steu- gelernte Journalist und diplo Die Verbreitung betrieblicher Altersver- ermittel bereitgestellt … mierte Wirtschaftswissen- sorgung ist gesunken, obwohl wir Mil- … und die Lebensarbeitszeit schaftler lange für den West- lionen mehr Beschäftigte haben. verlängert werden? deutschen Rundfunk tätig, vor Sollte die betriebliche Altersversor- RK: Ich habe nichts dagegen, dass alle allem als Leiter der Redaktion gung eine risikoreichere Anlagepolitik so lange arbeiten, wie sie wollen. Aber Landespolitik. wählen, um auch bei Niedrigzinsen alle ich bin gegen eine pauschale Erhöhung Ansprüche bedienen zu können? des Rentenalters. Viele schaffen das RK: Wir dürfen uns nicht von Launen einfach nicht. Menschen, die körper- der Aktienmärkte abhängig machen. Al- lich belastende Tätigkeiten ausführen, tersvorsorge ist etwas Langfristiges. Wir müssen früher in Rente gehen dürfen können nicht alle paar Jahre die Renten- als „Büroarbeiter“ wie wir. Positionen #1_2021
Titelgeschichte T E X T: C L A U S G O R G S I L L U S T R AT I O N : M A LT E K N A A C K Länger leben, niedrige Zinsen, Rente sichern Altersvorsorge neu denken: Damit die Lasten für die Jungen im Rahmen bleiben und die Älteren einen lebenswerten Ruhestand genießen können Mehr Alte, weniger Junge Auf dem Land mehr wert Demografische Entwicklung Kaufkraft je 1000 Euro Rente in € in Deutschland in Prozent der Gesamtbevölkerung* Elbe-Elster-Kreis 1158 Landkreis Holzminden 1156 2060 51,2 31,1 2050 53,0 29,7 Vogtlandkreis 1149 2040 53,3 28,7 Stadt Frankfurt a.M. 839 2030 55,1 26,1 2020 59,7 21,9 Landkreis Starnberg 828 2010 60,9 20,6 Stadt München 763 2000 62,2 16,6 1990 63,4 14,9 Hohe Kaufkraft 1980 57,7 15,5 Geringe Kaufkraft 1970 56,2 13,8 Quelle: GDV 1960 60,0 11,6 1950 59,9 9,7 20- bis 65-Jährige über 65-Jährige * ab 2020: Prognose Quelle: Statistisches Bundesamt/GDV Starke Säule Wenn das Geld im Alter knapp wird Entwicklung von Beiträgen und Zehn Prozent der über 65-jährigen Leistungen in der Lebensversicherung* Deutschen sind erwerbstätig 141 Spaß an Finanzielle der Arbeit Notwendigkeit Beitragseinnahmen in Mrd. €** 27 % 24 % Leistungen in Mrd. € 95 99 Motivation für 35 73 Erwerbstätikeit im Alter* 27 8% 19 % Kontakt zu Sonstiges Mitmenschen 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2019 * ohne Pensionskassen und Pensionsfonds 22 % * Mehrfachnennungen möglich, ** inkl. Zuwachs an Rückstellungen Angaben beziehen sich auf die Quelle: GDV Gesamtheit aller Nennungen Möchte eine Aufgabe haben Quelle: BMAS
Titelgeschichte 18 19 Niedrige Zinsen, komplexe Förderung Viel Geld vom Steuerzahler Europaweite Bestand der Riester-Verträge Einnahmen der gesetzlichen Lücke Rentenversicherung inklusive Fast jeder Zweite gesamt 16,5 Bundesmitteln in Mrd. Euro spart nicht für Versicherung den Ruhestand Investmentfonds 500 Einnahmen (in Mrd. €) Sorgen Sie privat Eigenheim fürs Alter vor? davon Bundesmittel 30,2 % 400 32,6 % Bausparen (in %) 3% 30,8 % 300 18,5 % 200 20,6 % 20,2 % 43% 54% 100 1,4 0 1970* 1980* 1990* 2000 2010 2019 2001 2005 2010 2015 2020* * nur alte Bundesländer Ja Quelle: Deutsche Rentenversicherung * Stand: zweites Quartal Nein Quelle: BMAS Weiß nicht Quelle: Insurance Europe (Umfrage in zehn EU-Staaten) Dynamische Entwicklung Die betriebliche Altersversorgung steht heute für ein Fünftel aller Lebensversicherungsbeiträge 18,4 % 12,7 % 103,2 Mrd. € 2000 2019 Quelle:GDV Mehr als jeder Dritte macht sich Sorgen Finanzielle Absicherung der heutigen Rentnergeneration* Wir leben immer länger Durchschnittliche Lebenserwartung 24 % bei Geburt in Jahren* Weniger gut Männer 88 87 91 90 93 Wie gut sind 83 83 Gründe für Frauen 77 76 55 % Sie finanziell Erwerbstätikeit 69 Gut fürim das Alter Alter* 8 % Eher * Modellrechnung, abgesichert? 59 basierend auf der schlecht 52 Entwicklung der Sterblichkeit seit 1971 3% Quelle: Statistisches Sehr schlecht Bundesamt 3% Keine Angabe 6% * Befragt wurden Personen im Alter von Sehr gut 65 Jahren und älter Quelle: BMAS 1910 1940 1960 1980 2000 2020 Positionen #1_2021
ERFINDEN »Die Corona-Warn-App ist ein Lehrstück, dass digitale Projekte mit staatlicher Beteiligung funktionieren können« Christoph Bornschein // Geschäftsführer der Digitalagentur TLGG Inside Insurance Bundesregierung und Kreditversi- Stabilität gestärkt werden. Umfang Corona-Schirm cherer haben die Laufzeit des ge- und Funktion des Schutzschirms meinsamen Corona-Schutzschirms bleiben im Rahmen der Verlän- für die Lieferketten der deutschen gerung unverändert: Durch eine bleibt länger Wirtschaft bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Damit werden Liefer- Garantie der Bundesregierung in Höhe von 30 Milliarden Euro kön- aufgespannt beziehungen zu Unternehmen nen die Versicherer ihren Kunden gestützt, die vor der Corona-Krise weiterhin Kreditlimite im Umfang wirtschaftlich gesund waren und von mehr als 400 Milliarden Euro durch die Pandemie in wirtschaft- zur Verfügung stellen– trotz gestie- liche Schwierigkeiten geraten sind. gener Risken aufgrund der Pande- So konnten Kettenreaktionen bis- mie. Die Einigung gilt vorbehalt- lang erfolgreich verhindert und das lich der Genehmigung durch die Vertrauen in die wirtschaftliche EU-Kommission. Skaliert Neuzulassungen von +192 % +288 % Plug-in-Hybride Elektroautos steigen rasant Reine Elektromodelle Die staatliche Förderung zeigt Wirkung: Die Zahl der Fahr- zeuge mit alternativen An- 130.471 trieben hat sich gegenüber 121.527 2020* 2019 schon in den ersten 2020* zehn Monaten vervielfacht 63.281 45.348 2019 2019 Quelle: KBA, CAM Electromobility Report * Januar bis Oktober
20 21 Mobile Office: Wenn schon im Homeoffice arbeiten, warum nicht das Zuhause in die Karibik verlegen? Die Firma Ocean Builders will ein ausrangiertes Kreuzfahrtschiff zum schwimmenden Büro umbauen. Eine Kabine mit Internetanschluss soll ab 25.000 Dollar aufwärts kosten Innovation Aufsteigerin Ein Lächeln für die Welt Barbara Karuth-Zelle Emojis sind aus der modernen Kommunikation nicht mehr wegzudenken: Hier ein Küss chen via Smartphone, dort ein aufmun- ternder Smiley in der E-Mail. Was die wenigsten wissen: Es war ein Versi- cherer, der der Welt dieses Lächeln schenkte – vor fast 60 Jahren. Die State Mutual Life Assurance Company aus dem US-Bundesstaat Massachusetts hat- te 1963 gerade eine Fusion hinter sich und suchte einen Weg, das Betriebsklima in der zu- sammengewürfelten Belegschaft zu verbessern. Der Designer Harvey Ball kam auf die Idee, den Mitarbeitern lustige But- tons mit Grinsegesicht anzustecken – die Geburtsstunde einer Ihre wichtigsten Ziele hat Barbara Karuth-Zelle ihren modernen Ikone. Angeblich brauchte Ball für die Entwicklung zukünftigen Mitarbeitern schon mal über das soziale des Smileys weniger als zehn Minuten. Sein Lohn: 45 Dollar. Netzwerk LinkedIn mitgeteilt: Sie will die Allianz bei -24 % der digitalen Transformation, beim Umweltschutz, bei sozialer Gerechtigkeit und bei guter Unternehmens- Nachgezählt führung voranbringen. Vom 1. Januar 2021 an hat sie Gelegenheit dazu: Dann tritt sie ihren neuen Job als Vorstandsmitglied der Allianz SE an, zuständig für Operations und IT. Lange einarbeiten muss sich die Münchnerin vermutlich nicht: Sie arbeitet bereits seit zwei Jahrzehnten im Konzern und war zuletzt Vor- standsvorsitzende der IT-Tochter Allianz Technology SE. Ursprünglich wollte sie Bäuerin werden, entschied sich dann jedoch dafür, Betriebswirtschaft mit dem Die Zahl der mit Risikokapital finanzierten Fintech-Transaktionen Schwerpunkt Gesundheitsökonomie zu studieren – ist binnen zwölf Monaten weltweit um fast ein Viertel gesunken, was sie im Jahr 2000 zur Allianz Krankenversicherung meldet der Fintech-Report der Onlineplattform CB Insights. Das führte, wo ihre Karriere begann. Mit ihrem Amtsan- investierte Kapital in Start-up-Firmen aus der Finanzbranche stieg tritt werden drei der zehn Positionen im Vorstand der dagegen auf zuletzt 10,6 Millarden Dollar im dritten Quartal 2020. Allianz SE mit Frauen besetzt sein. Positionen #1_2021
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