Schlagzeilen & Einblicke - Diakonie ...
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Jahresbericht 2019/2020 | Inhalt Man braucht Bilder davon, wie eine heile Welt ausschaut. Das beschreibt der Prophet Jesaja in einer überwältigenden Vision: In der heilen Welt „gibt es keinen Säugling mehr, der nur wenige Tage lebt; keinen Greis, der nicht das volle Alter erreicht. Sie werden Häuser bauen und selbst darin wohnen. Sie arbeiten nicht mehr vergebens, sie bringen nicht Kinder zur Welt für einen jähen Tod.“ Das ist der Friede auf Erden, wie er sein soll – und der zu schön ist, um nicht wahr zu sein. Heribert Prantl, 2017 3 Editorial 4 Das Diakonische Werk|Geschäftsführung 14 Arbeit & Qualifizierung 20 Gesundheit & Pflege 26 Erziehung & Förderung 32 Wohnen 38 Diakonische Beratungsdienste 42 Diakonie in Kürze 49 Zahlen im Überblick 50 Organigramm Diakonisches Werk im Kirchenkreis Recklinghausen 51 Impressum 2
Editorial | Jahresbericht 2019/2020 Liebe Leserinnen und Leser, „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge Mit Bedacht berichten wir in diesem Jahresbericht nicht und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein vorrangig, sondern immer mal wieder über die Folgen der dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Pandemie. Corona war nicht unser einziges Thema im Jahr 2020. Längst begonnene Digitalisierungsprojekte schreiten In diesem Jahr jährt sich die Abfassung der „Freiheits- voran – mit ihren technischen und ethischen Herausforde- schrift“, einer der ersten und wichtigsten reformatorischen rungen. Die Personalmarketing-Kampagne trägt weitere Abhandlungen Martin Luthers, zum 500. Mal. Früchte im Start eines Betrieblichen Gesundheitsmanage- ments oder in der Übernahme des Freiwilligendienstes in Wie sehr ist die „Freiheitsschrift“ für das Jahr 2020 ge- Kirche und Diakonie in unsere Trägerschaft. schaffen! Die Corona-Pandemie hält uns in Atem: Frei sein – von den Sorgen um anvertraute Menschen und ein Sie lesen aus den einzelnen Geschäftsfeldern, wie wir ver- jahrzehntelang gewachsenes Werk, auch von allen per- suchen, Alltag und Zukunftsfähigkeit gleichermaßen in den sönlichen Unsicherheiten! Frei sein – von dem einen oder Blick zu nehmen: Wie ein Klient der Beruflichen Teilhabe anderen Verschwörungsgedanken, dem eigenen Verstand im ersten Arbeitsmarkt Tritt fasst, wie eine Mitarbeiterin die trauend! Das wär’s, oder? Ambulante Pflege sieht und eine Fahrradrikscha alte Men- schen mobil hält. Wie die Jugendhilfe in Nachbarschaften Die paradoxe Formulierung Luthers zielt primär nicht auf und Stadtteilen Quartier nimmt und Menschen mit Behin- eine Freiheit von etwas, sondern zu etwas: Der Mensch derung in einem Altenheim ihre Tagesbetreuung erleben. gewinnt im Vertrauen auf einen gnädigen Gott seine Frei- Wie haben wohnungslose Menschen den Lockdown er- heit von allem, was ihn ängstigt und lähmt. Er behält diese lebt? Freiheit aber nicht für sich, sondern ist so frei, sich dem Nächsten zuzuwenden. Wir wünschen viel Freude beim Lesen – und womöglich entdecken Sie, wie wir, die produktive Spannung unserer Nun ist der diakonische Dienst nicht so paternalistisch Arbeit: frei zu sein und für den Nächsten da zu sein. wie zur Zeit Luthers definiert und geschieht als ordentlich entlohnter Beruf. Wir haben aber in der Corona-Zeit festge- stellt, wie sehr sich Freiheit und „Dienstbarkeit“ – um die- Ihre sen alten Begriff zu benutzen – einander bedingen: Mit oft großer innerer Überzeugung sind Mitarbeitende nicht von den ihnen anvertrauten Menschen gewichen und haben zusätzliche Energie mobilisiert. Die Diakonie war immer bei den Menschen! Klienten und Angehörige haben uns vertraut, dass wir un- ter den schwierigen Umständen das Richtige tun. Es mag jeder selbst für sich entscheiden, wir haben bemerkt: Bei vielen rückte die Verantwortung für den Nächsten vor die eigene Angst vor dem Virus! Auch an dieser Stelle: Einen herzlichen Dank allen, die in diesen Monaten ihren Dienst getan haben! Applaus reicht nicht! – Was seit Jahren bekannt ist, wird durch Corona jetzt endlich breiter debattiert: Wir benötigen in fast allen sozialen Bereichen, vor allem aber in der Dr. Dietmar Kehlbreier Christa Stüve Pflege, strukturelle Verbesserungen! Wir brauchen vor Geschäftsführung Geschäftsführung allem eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz sozialer Berufe, die die Bereitschaft zu einer verlässlichen Finanzie- rung der ordentlichen kirchlichen Tarife einschließt! 3
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsführung Corona. Eine Krise Lockdown in den Werkstätten: 1.800 Beschäf- und der Schulbegleitung blieben die Kinder aus, als tigte mussten von einem Tag auf den anderen zu Kindergärten und Schulen schlossen. Hier blieb uns Hause bleiben, trotzdem systemrelevant: nichts Anderes übrig, als erstmals in unserer Unter- Produktionsaufträge mussten erfüllt werden, nehmensgeschichte – gemeinsam mit der Mitarbei- andere Aufträge blieben liegen. tervertretung ausgearbeitet – auf Kurzarbeit zurück- zugreifen. So konnten Arbeitsverhältnisse gesichert Dagegen Vollbetrieb in Altenheimen, in den beson- werden. deren Wohnformen, der Ev. Jugendhilfe – dort lief Eine Fülle von Verordnungen und behördliche Vorga- mit Corona alles weiter, aber unter ganz neuen Be- ben erreichten uns, oft nicht trennscharf und sinnvoll dingungen und mit drastischen Einschränkungen für umsetzbar. Der Leitungskreis – ohnehin wöchentlich Bewohner*innen und Klienten. Ambulante Dienste zusammen – wurde zum Krisenstab, der sich zentral waren mit sorgenvollen Klienten konfrontiert, die lie- um die Beschaffung von Schutzmaterial bemühte ber keinen Kontakt wünschten. und Rettungsschirme prüfte. Bei Leistungsträgern wie dem Landschaftsverband, den Kommunen oder Mitarbeitende waren „24/7“ für die anvertrauten den Sozialversicherern musste die Finanzierung ab- Menschen da. Anfänglich ohne ausreichend Schutz- gesichert werden. ausrüstung und der Sorge um die eigene Gesund- heit. Werkstatt-Mitarbeitende wechselten für viele Vor Ort entstanden in Windeseile Hygiene- und Wochen den Arbeitsplatz und halfen in Wohneinrich- Schutzmaßnahmen. Mit Glück und Professionalität tungen aus, auch in Einrichtungen anderer Träger. haben wir die vereinzelten Infektionsfälle einkreisen Die Umweltwerkstatt schloss, als Läden und Ge- und Schlimmeres vermeiden können. schäfte zugemacht wurden. Der Frühförderstelle An vielen Stellen sind bemerkenswerte kreative Ak- Die Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen ist in vielen Bereichen von der Corona Pandemie betroffen. 4
Geschäftsführung | Jahresbericht 2019/2020 tionen entstanden: „Turbokisten“ mit Lebensmitteln wurden für Wohnungslose gepackt, finanziert aus Spenden der Bevölkerung. Open-Air-Kino in den besonderen Wohnformen wurde gegen die Isolation initiiert. Die Beratungsdienste stellten auf telefoni- sche Beratung um und blieben so erreichbar. Der Berufsbildungsbereich entwickelte digitale Lern- mittel. Durch mobiles Arbeiten konnte, vorrangig in den Verwaltungen, das Ansteckungsrisiko reduziert werden. Verbliebene Kräfte in den Werkstätten näh- ten tausendfach für Mitarbeitende und Klienten den Mund-Nasen-Schutz. Corona. Noch lange nicht aus der Welt. Und heute, zum Jahresende? Die unmittelbare Gefahrenphase ist nicht überwunden. Wir werden langfristig mit dem Risiko von Ansteckungen und (lokalen) Ausbrüchen leben müssen. Unsere Arbeit verändert sich: Vorsichtsmaßnahmen bleiben hoch, Zugangsbeschränkungen in Einrichtungen blei- ben bestehen. An ein von Passanten durchflutetes Matthias-Claudius-Zentrum mit Restaurant, Friseur und verschiedenen Beratungsdiensten – so unser Konzept für unser größtes Umbauprojekt – ist der- zeit noch nicht zu denken. Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist weiterhin eingeschränkt, und die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes stockt auf allen Ebenen. Corona. Mit dem Virus leben. Die Mund-Nasen-Bedeckung ist zur Standardausstat- Wir dürfen nicht dauerhaft zurückfallen im Bemühen, tung geworden.. selbstbestimmtes Leben im Alltag zu unterstützen: Die Belange von Menschen mit Behinderung sind in dieser Krise kaum in der Öffentlichkeit wahrgenom- men worden! Im Krisenmodus wachsen besondere Kräfte zu, selbst wenn Mitarbeitende auch mit ihren privaten Wir dürfen nicht dauerhaft zurückfallen im Sorgen und Unsicherheiten an ihren Arbeitsplatz Bemühen, selbstbestimmtes Leben im Alltag zu kommen. Vereinbarkeit von Familie und Beruf – unterstützen: Die Belange von Menschen mit in Zeiten geschlossener Bildungseinrichtungen schwierig! Psychische Belastungsfaktoren – sicher Behinderung sind in dieser Krise kaum in der einige mehr! Und doch war die Gesundheitsquote im Öffentlichkeit wahrgenommen worden! Werk so hoch wie lange nicht. Aber wie lange geht Christa Stüve, Geschäftsführerin das gut? Natürlich haben wir unsere Jahresziele, die sich verschoben haben, überprüft. Wir haben übli- che Prozesse gelassen oder ausgedünnt. Wir haben fieberhaft an digitalen Strukturen gearbeitet, die wir aber noch nicht alle im gleichen Maße erreichen konnten. Wir sind in diesen Wochen dabei, ein Be- Wir sind weiterhin in einer Risikophase: Wir werden triebliches Gesundheitsmanagement zu entwickeln, mit dem Risiko von Ansteckungen und (lokalen) um auch krisenspezifischen Gefährdungen entge- genzuwirken. Ausbrüchen noch eine längere Zeit leben müssen. Letztlich geht es aber wohl darum, sich gedanklich Unsere Arbeit verändert sich: Vorsichtsmaß- darauf einzustellen und Prozesse so abzustimmen, nahmen bleiben hoch, Zugangsbeschränkungen in dass das Risiko noch eine unbestimmte Zeit mitge- hen wird. Unter diesen Vorzeichen sollte möglichst Einrichtungen bleiben bestehen. viel Normalität nötig und möglich sein. dk/cs Dr. Dietmar Kehlbreier, Geschäftsführer, Diakoniepfarrer 5
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsführung Kommunikation in der Krise Offen, transparent und innovativ Schon vor Corona ist die Öffentlichkeitsarbeit der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen einem Grundsatz gefolgt: Wir kommunizieren offen und transparent. So war es selbstverständlich, dass die Diakonie im Kirchenkreis schon ganz früh eine Corona-Informati- onsseite im Internet eingerichtet hat. Mitarbeitende, Angehörige, Klienten sowie die interessierte Öffent- lichkeit hatten so die Möglichkeit, sich aktuell und schnell über die Corona-Schutzmaßnahmen und ih- re Auswirkungen auf die Arbeit in den Einrichtungen zu informieren. In der Presse und in sozialen Medien wurde und wird fortlaufend berichtet. Über Einschränkungen und Lockerungen, über Verdachtsfälle und Quaran- tänemaßnahmen. Und über Menschen, die mit den nie da gewesenen Herausforderungen der Krise umgehen müssen. Hier ein Gottesdienst vor dem Al- tenheim, da eine tolle Aktion mit Bewohner*innen in einer Wohneinrichtung und dort die Mitarbeiterin, die sich engagiert um die Kinder in einer Gruppe der Ev. Jugendhilfe kümmert. Auch von den Turbo-Tüten“ – das sind Lebensmittelpakete für Menschen, die Wir erzählen. Wer wir sind, was wir tun und warum wir es tun. Täglich auf verschiedene Weise, aber immer offen und transparent. 6
Geschäftsführung | Jahresbericht 2019/2020 durch Corona in große Not geraten sind – muss er- Die Rückmeldungen sind positiv. Mitarbeitende be- zählt werden. teiligen sich aktiv, posten Meldungen und Nachrich- ten und lesen, was im Werk los ist. Die App für Mitarbeitende Das Vest Magazin Zwei innovative Projekte sind im Frühjahr 2020 ent- standen: die Einführung einer Mitarbeitenden-App Eine weitere Innovation in der Corona Krise: Wir und die Beteiligung an einem kreisweiten Magazin. erzählen ganz vielen Menschen im Kreis Reckling- hausen von Menschen in der Diakonie. In einem Schon vor Corona war klar: Wir wollen unsere inter- attraktiv gestalteten Magazin. Das findet man im hei- ne Kommunikation weiter entwickeln. Als Plattform mischen Briefkasten, in den Filialen der Sparkasse haben wir uns bereits 2019 für Beekeeper entschie- Vest und an vielen anderen öffentlichen Orten. den. Eine App mit genau den Möglichkeiten, die eine Herausgegeben wird die Magazin-Familie „Vest erle- gute interne Kommunikation braucht. Information ben“, die mit vier Ausgaben im Jahr in einer Auflage und Beteiligung der Diakonie-Mitarbeitenden. Im von 125.000 Exemplaren, jeweils lokal ausgerichtet Frühjahr 2020 war klar: Corona erfordert auch nach in den Städten des Kreises Recklinghausen er- innen eine schnelle und transparente Kommunika- scheint, von drei in der Region engagierten Partnern: tion. Anpacken war die Devise. Die Diakonie-App, Sparkasse Vest, Hertener Stadtwerke und Diakoni- die ausschließlich von Mitarbeitenden der Diakonie sches Werk im Kirchenkreis Recklinghausen. Auch genutzt werden kann, bekannt machen, Zugänge dieses Projekt ist eine große Investition in die Kom- kommunizieren, Kanäle einrichten, Inhalte einstellen. munikation. Ganz besonders unter Corona-Krisen- Finanziell eine mutige Investition, kommunikativ ge- Bedingungen. nau der richtige Schritt. Das zeigt sich daran, dass Es lohnt sich, wie eine erste Leserbefragung zeigt. bereits über 700 Mitarbeitende die App nutzen. Ten- Die Diakonie zeigt sich in der ganzen Breite ihrer denz steigend. sozialen Angebote. Sympathisch, offen und in den Sie lesen über „Aktuelles“ im Werk, kommunizieren Geschichten der Menschen, die dort arbeiten oder miteinander auf dem „Marktplatz“ und nutzen die mit einem Dienst der Diakonie zu tun haben. mw Möglichkeit von Einzel- oder/und Gruppenchats. Über „Offizielles“ informieren Mitarbeitende sich schnell über Neuerungen bei Verfahren und Inst- Informationen zur Diakonie-App sowie zum Magazin rumenten im Werk. Und schauen sich die Video- erhalten Sie jederzeit und gerne: Botschaft der Geschäftsführung zur Situation des oeffentlichkeitsarbeit@diakonie-kreis-re.de Werkes in der Corona-Krise an. WIR/LEBEN/WERTE Wertschätzung, Vertrauen, Ehrlichkeit, Respekt mitgebracht wurde. Eine breite Themenpalette und und Verbindlichkeit. Diese Werte haben Mitar- ein offenes Gespräch. Das zeichnete die „Wertetour beitende unseres Diakonischen Werkes in ge- 2019“ aus. meinsamer Arbeit nach vorne gestellt. Das war vor zwei Jahren und der Grund war eine neue Ein Thema war die Auseinandersetzung mit (rechts) Personalmarketingkampagne. populistischen Äußerungen von Klienten und auch Mitarbeitenden im Werk. Auf der jährlichen Tagung Inzwischen ist einiges passiert. Im vorigen Jahr der leitenden Mitarbeitenden wurde das Thema im waren Christa Stüve und Dr. Dietmar Kehlbreier, die Februar 2020 aufgegriffen. „Umgang mit (rechts-) Geschäftsführung, unterwegs, um mit Mitarbeiten- Populismus“. Eine intensive Auseinandersetzung mit den ins Gespräch zu kommen. Über die Werte, die Begleitung von Christina Wüstefeld von der Diakonie gelten sollen. Und, um so etwas wie einen Reali- Deutschland, die sich sehr intensiv mit dem Thema tätscheck zu machen. auseinandersetzt. Ohne Tagesordnung kamen an drei verschiedenen „Wertetour 2020“. Ausgefallen wegen Corona? Nein! Orten Mitarbeitende und Geschäftsführung zum Wir bleiben dran, in diesem Jahr nicht mit Dialog- Diakonie-Dialog-Forum zusammen. Besprochen und Veranstaltungen, aber mit einer deutlichen Positio- diskutiert wurde das, was von den Teilnehmenden nierung. 7
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsführung mutigen Führungskräfte, Mitarbeitende bei der The- matisierung der genannten Dinge zu unterstützen. Wir verpflichten uns als Diakonisches Werk, diese Themen im Rahmen unserer Unternehmenskultur zur Sprache zu bringen und zu bearbeiten.“ mw Diakonie-Dialog-Forum. Drei Treffen an drei diako- nischen Orten. Immer neue, inhaltsreiche Gespräche. „Hier ist ein Ort der Menschenfreundlichkeit“ und „Wir leben Werte. Wir werten kein Leben.“ Position beziehen. Mit Plakaten, die in unseren diakonischen Einrichtungen aushängen und einer Handreichung zum Thema. Dort heißt es: „Wir ermu- tigen die Mitarbeitenden in unserem Diakonischen Werk, Themen wie Diskriminierung von Personen und Gruppen, Hass auf Minderheiten, Verächt- lichmachen demokratischer Institutionen, (rechts-) Hier ist ein Ort der Menschenfreundlichkeit. extreme Äußerungen zur Sprache zu bringen. Wir er- Position beziehen. Werte kommunizieren. Digitalität. Weit mehr als ein Handy Fraglos hat Corona der Digitalisierung einen Schub Aktenordner mehr, sondern ein digitales Dokumen- gegeben. Aber in wenigen Monaten konnten wir tenmanagementsystem, mit Zugriff für alle Mitarbei- auch nur weiterentwickeln, was wir vorher technisch tenden. Verschiedene Nutzer können gemeinsam an und konzeptionell angelegt hatten. Seit Jahren nut- Dokumenten arbeiten – ein großer Vorteil, als es bei zen wir eine einheitliche Serverstruktur, über alle Corona-Hygiene-Standards um Schnelligkeit und Stadtgrenzen und Einrichtungen hinweg. Dadurch Ausdifferenzierung ging. konnten wir schnell mobiles Arbeiten für über 300 Mitarbeitende jenseits des „verkabelten Arbeitsplat- Digitalisierung - verantwortlich zes“ ermöglichen – ohne teure Hardwareanschaf- fung und mit sicherem Zugriff auf alle Daten. Aber Digitalisierung in der Diakonie ist weit mehr, weil sie auch im gleichen Maße Bewohner*innen, Digital – Instrumente bereit stellen Beschäftigte und Klienten in den Blick nimmt. Ethi- sche Leitlinien, schon 2019 verabschiedet (siehe Alle Mitarbeitenden können inzwischen ihre Arbeits- Kasten), sind für unsere digitale Entwicklung maß- schutz-Schulungen auch bequem vom eigenen geblich: Wenn wir Assistenzsysteme in den Werk- Handy aus machen. Das Qualitätshandbuch ist kein stätten einführen, wie etwa im RegHub-Projekt, 8
Geschäftsführung | Jahresbericht 2019/2020 sollen die Bedarfe und die Beteiligung der Beschäftigten im Mittelpunkt ste- hen. Digitale Arbeitsprozesse sollen Arbeit unterstützen, nicht wegrationa- lisieren. Oder in den Altenheimen: Verschie- dene digitale Hilfsmittel können die verbliebenen Fähigkeiten alter Men- schen stärken, dürfen aber nicht die Selbstbestimmtheit einschränken. Da- her entscheiden alle über den Einsatz mit: Nach einem Praxistext mit dem Sozial-Roboter „Pepper“ beschlossen Bewohner*innen und Mitarbeitende gemeinsam: Diese Technik ist (noch) nicht ausreichend entwickelt und nützlich! Menschen mit Behinderung haben in ihren Wohnangeboten ein Recht auf Internet – und wir als Träger die Auf- gabe, das nicht nur baulich zu ermög- lichen, sondern sie zum Umgang etwa mit Tablets zu befähigen. Wie gelingt es, auf Ansprüche auf digitales Arbeiten bei IT-afinen Mit- arbeitenden einzugehen (digitale Do- kumentation, interne Kommunikation, mobiles Arbeiten), ohne diejenigen Digitalisierung hat viele Facetten. Von der Sozialrobotik über den digital unter- zu vernachlässigen, die sich dies erst stützten Arbeitsplatz bis zur Arbeitssicherheitsschulung am Bildschirm. durch gute Fortbildungsmaßnahmen aneignen müssen? Schon länger ist klar, dass Digitalisie- Digitalität. Verantwortung auf allen Ebenen rung nicht nur eine technische – und wegen der immensen Kosten eine Digitalität & Gesellschaft sundheit, Wohnen, Arbeit, Mobilität, wirtschaftliche – Frage ist. Digitali- Digitalität ist kein allein technologi- Selbstbestimmtheit) ausschließen. sierung hat für die Diakonie viele Di- sches, sondern wirtschaftliches, ge- mensionen: Die Mitarbeitenden- und sellschaftliches, ökologisches – und Digitalität & Partizipation Klientenperspektive ist zu betrachten, letztlich ein diakonisches - Thema. Digitale Technologien werden mit Prozesse werden komplett neu struk- jeglichen Adressaten (Mitarbeitende, turiert. Unsere Unternehmensentwick- Digitalität & Vielfalt Bewohner, Beschäftige) zusammen lung wird stark davon geprägt sein. Digitale Entwicklungen müssen der entwickelt, realisiert und benutzt. Mehr Digitalität heißt aber genauso: Vielfalt von Menschen gerecht werden und dürfen sie nicht einschränken. Digitalität & Befähigung Mehr ethische Reflexion und einen Jede und jeder hat das Recht auf freie genaueren Blick, was Teilhabe wirklich Digitalität & Zweckdienlichkeit Information, Kommunikation und auf fördert oder hindert. Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck, Nichtwissen. Zielgruppengerechte Jeder Handynutzer könnte es wissen, sondern dient der Sicherung und Ver- Fortbildung und Qualifizierung stellt wird aber in der Regel wenig darüber besserung der Lebensqualität sowie sicher, dass Beteiligte befähigt werden, nachgedacht haben: Die Sprachsteu- der Teilhabechancen von Menschen. Informationen zu verstehen und Ent- erung unserer Handys funktioniert so scheidungen selbstbestimmt zu treffen. lange schon recht perfekt, wie wir uns Digitalität & Entscheidungsfindung an einheitliche Vorgaben der Technik Ethische Entscheidungen können nur Digitalität & Diskriminierungsverbot halten. Wehe aber, wenn wir Siri und vom Menschen getroffen werden. Er Keiner darf wegen unzureichender Co. in einer unbekannten Sprache bleibt für Robotik, künstliche Intelli- medialer Kompetenzen am Zugang zu oder nur einem Dialekt ansprechen genz, Algorithmen letztverantwortlich. Informationen, Dienstleistungen oder oder gar mit einem Sprachfehler. Algorithmen dürfen nicht Mitarbeitende an Organisationsabläufen gehindert Dann wird aus der neuen Möglichkeit oder Leistungsnehmende vom Zugang werden. für viele eine neue Einschränkung für zu Gütern oder Dienstleistungen (Ge- gar so wenige … dk/cs 9
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsführung Erste Preisträger ausgezeichnet Neu: Diakoniepreis im Kirchenkreis Recklinghausen Erstmalig wurde in diesem Jahr der Diakoniepreis im fünf Jahren geflüchtete Menschen ein. Miteinander Kirchenkreis Recklinghausen verliehen. Dr. Dietmar reden, einen Umzug organisieren, Informationen Kehlbreier, Diakoniepfarrer des Kirchenkreises, hatte weitergeben, sich in der Kleiderkammer versorgen. die Idee, gespendete Mittel für diakonische Arbeit Im Café Welcome sind Menschen mit allen Fragen an beispielhafte diakonische Initiativen in Kirchenge- willkommen. Vor Corona kamen wöchentlich 30 – 50 meinden zu verleihen. Personen in die Räume der Dreifaltigkeitskirche. Und nun diese Auszeichnung. Bei den Mitarbeiten- Dotiert ist der Diakonie-Preis mit 2.000 Euro. In die- den war die Freude über die unerwartete Auszeich- sem Jahr wurden zwei Preisträger ausgezeichnet. nung groß. Und ein zusätzlicher Motivationsschub, um zu überlegen, wie es trotz Corona weitergehen Café Welcome, kann. Evangelische Stadtkirchengemeinde Marl Familienbildungsfreizeit, Coronabedingt hatten sie sich länger nicht gese- Evangelische Kirchengemeinde Datteln hen. Die Mitarbeitenden des Café Welcome in der Evangelischen Stadtkirchengemeinde Marl. Gemein- Catrin Palte verfolgt ihre Ziele mit Beharrlichkeit. So sam mit der katholischen Gemeinde laden sie seit brauchte es einen etwas längeren Anlauf, bevor die erste Familienbildungsfreizeit 2007 starten konnte. Angesprochen sind alleinerziehende Mütter mit Kin- dern. Das ist bis heute so geblieben. Mittlerweile fahren in jedem Jahr (leider nicht, coronabedingt, in diesem Jahr) unter Begleitung eines ehrenamtlichen Teams acht Alleinerziehende mit ihren Kindern an die nie- derländische Nordseeküste. Der Preis für das zwei- wöchige Angebot ist mit Hilfe von Zuschüssen und Spenden bewusst niedrig gehalten. Und für manche immer noch zu hoch. Dass es immer gelingt, liegt daran, dass die Kirchengemeinde alles möglich macht. Auch langfristige Ratenzahlungen. „Die Mütter und ihre Kinder profitieren von der Freizeit in vielfältiger Weise“, so das Team. Gute Erfahrungen und positive Rückmeldungen motivieren sie in jedem Jahr neu. Da kommt der Diakonie Preis, jeweils mit 1.000 Euro, gerade recht. Zwei ausgezeichnete Projekte. Preiswürdig und sicher Ansporn für die Bewerbung um den Diakonie- Preis 2021. mw Der neue Diakonie-Preis im Evangelischen Kirchen- kreis. In diesem Jahr wurde er zweimal vergeben: an das Café Welcome und an die Familienbildungs- freizeit. 10
Geschäftsführung | Jahresbericht 2019/2020 Gesund sein – Gesund bleiben Betriebliches Gesundheitsmanagement Das Betriebliche Gesundheitsmanagement Umsetzung ab November (BGM) fasst alle betrieblichen Aktivitäten zusam- men, die das Ziel verfolgen, die Gesundheit der Mit der Entscheidung der BGM-Steuerungsgruppe Mitarbeitenden zu erhalten und zu fördern. Dazu im November 2020 beginnt die Umsetzung der Maß- gehören sowohl der Arbeitsschutz und die be- nahmen. Die erste Evaluation ein Jahr nach dem triebliche Wiedereingliederung nach längerer Er- Start mittels einer erneuten werksweiten Online- krankung (BEM) als auch die Schaffung gesund- Befragung aller Mitarbeitenden wird zeigen, was heitsförderlicher Arbeitsbedingungen durch die bis dahin erkennbar in Gang gesetzt werden konnte Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF). und mit welchem Erfolg dies bei den Mitarbeitenden wahrgenommen werden wird. Um die Vielzahl der Der Arbeitsschutz ist mit den Fachkräften für Ar- vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen zu können, beitssicherheit seit langem gut im Diakonischen braucht es Ausdauer, einen langen Atem und den Werk im Kirchenkreis Recklinghausen etabliert. Zu Einsatz von personellen und finanziellen Ressour- den BEM-Verfahren (Berufliches-Eingliederungs- cen. Trotz der und gerade wegen der Corona-Pan- Management) gibt es eine Rahmendienstverein- demie werden wir das BGM voran bringen! cl barung mit der Gesamtmitarbeitervertretung. Dort werden die einzelnen Verfahrensschritte geregelt, damit in den individuellen Gesprächen passende Maßnahmen zur Wiedereingliederung gefunden werden können. Um nun weitere Einflussfaktoren auf die Gesundheit der Mitarbeitenden analysieren und darauf zielgerichtet reagieren zu können, kooperie- ren wir mit der AOK NORDWEST: Sie finanziert einen Moderator, der in fünf parallel arbeitenden Gruppen (jeweils für die Geschäftsfelder und die Dienstleis- tungszentren) mit jeweils rund zehn Mitarbeitenden und Vertretern der zuständigen Mitarbeitervertre- tungen sowohl den Ist-Zustand des betrieblichen Gesundheitsmanagements, als auch die Bedarfe erhoben hat. Arbeitsgruppen tagen Der ursprünglich für März 2020 geplante Start der Arbeitsgruppen musste Coronabedingt in den Au- gust 2020 verschoben werden. Am 21.09.2020 wur- den die Ergebnisse aus den Gruppen und der erst- malig werksweit durchgeführten Online-Befragung aller Mitarbeitenden durch sog. Koordinatoren der BGM-Steuerungsgruppe vorgestellt. Diese setzt sich zusammen aus einem Vertreter der AOK NORD- WEST, zwei Vertretern der Gesamtmitarbeitervertre- tung, dem Qualitätsmanagement, den Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie den Mitgliedern des Lei- tungskreises. Im Arbeitsleben gesund bleiben. Das Betriebliche In den Gruppen wurden Vorschläge für konkrete Gesundheitsmanagement unterstützt dieses Ziel mit Maßnahmen erarbeitet. Zu den aus Sicht der Mitar- verschiedensten Maßnahmen. (Themenfoto aus der beitenden derzeit wichtigsten Maßnahmen der be- Werkstatt Recklinghausen-Süd, Metallverarbeitung) trieblichen Gesundheitsförderung gehören Angebote der Betrieblichen Gesundheitsförderung wie z. B. gezielte Sportkurse bzw. die Unterstützung von Mit- gliedschaften in Sportvereinen und –studios sowie die Verankerung des Themas „Gesunde Führung“ mit seinen vielen Ausprägungen in der täglichen Arbeit. 11
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsführung Erfahrungen stehen Dir gut Freiwilligendienste bei der Diakonie sind attraktiv Von der angehenden Bauingenieurin zur Heilerzie- benjobs war nichts für mich.“ Sie brach das Studium hungspflegerin und vom IT-Azubi zur Pflegefach- ab, zunächst noch ganz ohne Plan, wie sie sich neu kraft: Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) eröffnet orientieren kann. Vom Freiwilligen Sozialen Jahr jungen Menschen neue Chancen und lässt sie unbe- (FSJ) hatte sie bis dahin noch nie etwas gehört. Ihr kannte Seiten an sich entdecken. Ein großer Gewinn Lebensgefährte motivierte sie dazu, an einer Infover- – für sie selbst und die Gesellschaft. anstaltung der Diakonie teilzunehmen. Ein Glücks- griff, wie sich herausstellte. Eigentlich hatte Jennifer Ptach ein technisches Kar- riereziel ins Auge gefasst: Nach ihrem Fachabitur Vom FSJ in die Ausbildung mit Schwerpunkt Bautechnik jobbte sie bei einem Zimmermann und im Büro eines Raumausstatters. Heute arbeitet Jennifer Ptach in einer Fördergruppe 2018 begann sie ihr Bauingenieur-Studium an der mit Menschen mit Behinderung in der Werkstatt Fachhochschule Bochum. „Nach vier Semestern Recklinghausen-Süd. „Die Menschen dort haben habe ich gemerkt, dass mich das nicht glücklich mich von Anfang an in ihren Bann gezogen. Sie sind macht“, sagt die 22-Jährige. „Ich habe nicht mehr offen, immer ehrlich und fröhlich. Wenn ich mal ei- gerne gelernt, das lange Sitzen im Büro meines Ne- nen schlechten Tag habe, muntern sie mich direkt Für die Bewohner des Theodor-Fliedner Hauses wie Inge Ritter ist Dorian Drees „Pfleger, Freund und Helfer.“ 12
Geschäftsführung | Jahresbericht 2019/2020 auf“, schwärmt die junge Frau von ihrer Arbeit. Im schinen und Computerprogrammen kennen – und Anschluss an das Freiwillige Soziale Jahr wird sie wertschätzen. „Ich bin nicht nur Pfleger, sondern eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin im Freund und Helfer“, berichtet Dorian Drees. „Man Dietrich-Bonhoeffer-Zentrum beginnen, einer Ein- erfährt viel von den Menschen, ihrem früheren Le- richtung der Diakonie für Menschen mit Autismus in ben und lernt Verantwortung und Respekt.“ Vom Herten. Den Freiwilligendienst würde Jennifer Ptach FSJ wechselte er bereits nach einem halben Jahr in jedem ans Herz legen: „Früher war ich eher schüch- die Ausbildung zum Pflegefachmann. Den Kontakt tern und zurückhaltend, das hat sich durch das FSJ mit den alten Menschen möchte er nicht missen. geändert. Es hat die besten Seiten an mir hervorge- „Bitte, kommen Sie morgen wieder“, wird er von den bracht.“ Bewohnern abends verabschiedet. „Ich würde Sie vermissen“, antwortet Dorian Drees dann. jw Pfleger, Freund und Helfer Für den 19-jährigen Dorian Drees war nach seinem Berufskollegabschluss mit Schwerpunkt Infor- matik zunächst klar, dass er in der IT Fuß fassen wollte. Nachdem eine Ausbildungszusage platzte, brachte ihn seine Mutter auf die Idee, einen Freiwil- ligendienst zu absolvieren. Auf der Wohnebene für demenziell Erkrankte im Theodor-Fliedner-Haus in Herten lernte er eine Lebenswelt jenseits von Ma- Informationen zum Freiwilligendienst: www. erfahrungen-stehen-dir-gut.de/ oder 02361 206 206. In diesem Jahr hat es bei den Freiwilligendiensten Veränderungen gegeben. Rainer Holt und Hans- Jürgen Hörner sind in den Ruhestand gegangen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für jahrzehntelanges Engagement in der Freiwilli- genarbeit! Neu sind Tobias Schrage und Ronja Baumeister als Ansprechpartner*in für die Freiwil- ligen. Anstellungsträger ist das Diakonische Werk im Kirchenkreis Recklinghausen. Das FSJ richtet sich an alle jungen Erwachsenen bis zum Alter von 27 Jahren, die gerade ihren Schulabschluss gemacht haben oder sich neu orientieren möchten. Für Menschen über 27, die sich neu orientieren wollen, gibt es den Bundes- freiwilligendienst. Vom Altenheim, Kindergarten, Schulbegleitung bis hin zur Werkstatt für Men- schen mit Behinderungen oder dem Wohnheim – über 100 Einsatzstellen im Kirchenkreis Reck- linghausen warten auf die Freiwilligen. Egal, ob jemand Anwalt, Automechaniker oder Erzieher werden möchte – im FSJ/BFD sammelt jeder wertvolle Erfahrungen im sozialen Bereich, von denen er sein ganzes Leben profitiert. Auch bei Bewerbungen wird ein FSJ immer positiv bewer- tet. Bewerben und starten kann man das ganze Jahr über. Die Freiwilligen bekommen ein monat- liches Taschengeld von 412 Euro, sind sozial- und krankenversichert und haben 30 Tage Urlaub. Langes Sitzen im Büro? Keine Option! Während ihres Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ) arbeitet Jennifer Ptach in einer Fördergruppe für Menschen mit Behinderung in der Werkstatt Recklinghausen-Süd. 13
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsfeld Arbeit & Qualifizierung Was für ein Jahr! Es hat so viele Veränderungen mit sich gebracht, dass es uns gelegentlich den Atem verschlagen hat Corona- Beziehungsarbeit trägt werden wir Mitgestaltende in dem in der Krise Prozess berufliche Teilhabe (wieder) zu ermöglichen, auch und gerade, Alle Bereiche im Geschäftsfeld wenn es bisher Barrieren gab, die das sind betroffen. Unsere Angebote verhindert haben. Das Projekt ist auf konnten zeitweise nur auf Distanz vier Jahre angelegt, wir sind gespannt durchgeführt werden. auf die Ergebnisse. Wir konnten schnell reagieren und haben individuell auf die Bedarfe der Produkte und Dienstleistungen betroffenen Menschen reagiert. Es für Menschen ist unser Ziel, dass in dieser Krise niemand allein gelassen wird. Daran Umweltschutz und die Unterstützung haben wir von Anfang an intensiv ge- von Nachhaltigkeit sind Leitlinien un- arbeitet. seres wirtschaftlichen Handelns. Das gilt ganz besonders für die Umwelt- Beschäftigte der Werkstätten werden Werkstatt, aber auch für andere Be- mit Arbeit im Rahmen der ambulanten reiche des Geschäftsfeldes. In den Werkstatt versorgt. Beratungsgesprä- Heike Strototte, Geschäftsfeldleiterin Projekten und in den Recklinghäuser che und konkrete Unterstützungs- Arbeit & Qualifizierung Werkstätten gehen wir neue Wege. maßnahmen ergänzen das Angebot. Wir sammeln Erfahrungen im Bereich Berufliche Bildung wird digital ver- Die Steuerung und Dokumentation der Imkerei und bieten Honig sowie mittelt. Kolleginnen und Kollegen der des Produktionsprozesses in den andere Produkte wie Insektenhotels Werkstatt folgen den Beschäftigten in Werkstätten wird zunehmend digital, oder Nistkästen an, die von Beginn an die Wohneinrichtungen fast aller Trä- die Arbeitsbereiche richten sich daran sehr nachgefragt sind. ger und bringen Arbeit mit. aus. Der Fachbereich der Scanleistun- Ausgelöst durch Corona wurden in Die Begleitung von Teilnehmenden gen wird mit der Digitalisierung von den Werkstätten bisher über 30.000 der Umwelt-Werkstatt und die Unterlagen zu einem modernen Tätig- Mund-Nasen-Bedeckungen genäht. Unterstützungsleistungen in der Er- keitsfeld, welches für die Beschäftig- Sie werden an Beschäftigte und Mit- werbslosenberatung und des Inte- ten ganz unterschiedliche Herausfor- arbeitende ausgegeben, aber auch grationsfachdienstes gelingen, weil derungen bereithält. Kunden außerhalb der Diakonie neh- auch vor Corona schon professionelle men diese Leistung gern in Anspruch. und damit tragfähige Beziehungen zu Neue Angebote – neue den Klientinnen und Klienten vorhan- Erfahrungen Warum wir dankbar sind den waren. Die Vernetzung im Geschäftsfeld ist So „ganz nebenbei“ gelingt es, den Digitalisierung – jetzt erst recht ein gutes Stück vorangekommen. (Teil)Neubau der Werkstatt in Dors- Ausgehend von individuellen Bedarfs- ten und des Mehrzweckgebäudes Auch ausgelöst durch Corona ist lagen entdecken wir Themen, die ge- in Recklinghausen voran zu bringen. deutlich, dass wir uns mitten in einem meinsam bearbeitet werden. Die Fahrdienste für die Beschäftig- Transformationsprozess der Arbeits- ten der Recklinghäuser Werkstätten welt befinden. Unsere strategische G.A.T. – Gesundheit. Arbeit. werden ausgeschrieben, die Leis- Ausrichtung, alle Angebote im Ge- Teilhabe. tungsvereinbarung mit dem LWL zum schäftsfeld dahingehend zu gestalten, Arbeitsbereich der Werkstätten wird dass digitale Möglichkeiten einzube- Wir brauchen Lösungsansätze für unterschrieben, das neue Durchfüh- ziehen sind, trägt erste Früchte. alle Fragen, die sich mit der gesund- rungskonzept für den Berufsbildungs- Wir wirken, teils federführend, an ver- heitlichen Situation von Menschen bereich anerkannt. Wir bewerben uns schiedensten Projekten mit. Ziel ist beschäftigen. Was ist möglich an auf Ausschreibungen im Bereich Pro- es, Arbeitsprozesse zu digitalisieren Teilhabe an Arbeit, wenn es gesund- duktion und Rehabilitation und Pro- und das Thema Inklusion dabei immer heitliche Schwierigkeiten gibt? Ge- jekte. Vieles gelingt. Wir sind dankbar, mitzudenken. Es entstehen digitale meinsam mit anderen Akteuren am dass die Menschen, die der Diakonie Assistenz-Systeme, die direkt von Be- Arbeitsmarkt bewerben wir uns auf vertrauen, das auch in diesen Zeiten schäftigten der Werkstätten getestet eine Ausschreibung des Kreisjobcen- getan haben. Und wir sind dankbar, werden. Lern-und Beratungsprozesse ters. Unser Konzept zielt darauf, be- dass wir selbst solidarisch handeln sollen ortsunabhängiger und barriere- troffenen Menschen Hilfen aus einer konnten und auch Solidarität erfahren freier möglich werden. Hand anzubieten. Mit der Umsetzung durften. hs 14
Geschäftsfeld Arbeit & Qualifizierung | Jahresbericht 2019/2020 Berufliche Teilhabe - ein Erfolgsmodell Andy Kerber arbeitet dort, wo er sich wohlfühlt. Dabei kann er auf die Unterstützung durch die Diakonie zählen. Andy Kerber, 25, ist einer, der es geschafft hat. keiten bereit zu stellen, die genau dieses Ergebnis Ganz persönlich, mit seinen Fähigkeiten und sei- haben“, sagt er. „Wenn wir uns die UN Konvention nen Vorstellungen von einem selbstbestimmten der Rechte von Menschen mit Behinderungen auf Leben. Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ansehen und Andy Kerber hat eine Förderschule besucht. Gegen hier so ein gelungenes Beispiel sehen, kann man nur Ende war ihm klar, dass er seinen Arbeitsplatz auf sagen, es funktioniert. Ich freue mich, wenn noch dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden wollte. Das ist mehr Arbeitgeber ihre Chancen in der Beschäftigung gelungen. Mit der richtigen Unterstützung. von Menschen wie Andy Kerber sehen würden.“ Bereits während der Schulzeit wurde er durch den Integrationsfachdienst begleitet. Das ist so geblie- „Ziel ist es, Menschen so zu begleiten, zu qualifi- ben und war gut so. zieren, zu unterstützen, dass sie, soweit es möglich Heute arbeitet Andy Kerber in einem Metallverar- ist, ihre eigenen Vorstellungen von Arbeit und Leben beitenden Betrieb. Die Geschäftsführerin lobt seine verwirklichen können“, sagt Heike Strototte, Ge- Arbeit. Ausdrücklich weist sie darauf hin, dass der schäftsfeldleiterin. „Dafür bieten wir als Diakonie im junge Mann ein Gewinn für den ganzen Betrieb ist. Kirchenkreis Recklinghausen viele Möglichkeiten „Durch seine fröhliche und offene Art ist er bei allen an. Gute Arbeitsplätze in den Recklinghäuser Werk- Kollegen beliebt“, sagt sie. stätten, Vermittlung aus der Werkstatt heraus auf den Arbeitsmarkt und auch, wie hier, die Begleitung Michael Wedershoven, Leiter des LWL-Inklusions- aus der Förderschule ins Arbeitsleben. Wir sind eine amtes Arbeit, findet hier das, was er sich immer gute Adresse für Menschen mit Handicap und für wünscht. „Unsere Aufgabe ist es, Fördermöglich- Arbeitgeber.“ mw Geschäftsfeld Arbeit & Qualifizierung • Recklinghäuser Werkstätten, 11 Standorte, 2.000 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen • Berufsbildungsbereich • Berufliche Integration • Integrationsfachdienst • Umwelt-Werkstatt, Beschäftigungsinitiative, Drei Standorte: Datteln, Herten, Recklinghausen • Erwerbslosenberatung www.diakonie-kreis-re.de 15
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsfeld Arbeit & Qualifizierung Dattelner Pfote Für Mensch und Tier Liebevoll kümmern sich die Teilnehmenden des Arbeit mit den Tieren zu unterstützen. Die „Dattel- Projekts „Dattelner Pfote“ um Kaninchen, Meer- ner Pfote“ ist ein Arbeitsmarktprojekt der Umwelt- schweinchen und sogar Wachteln. Werkstatt Datteln in Kooperation mit den Jobcentern Datteln und Waltrop. jvg Füttern, streicheln, die Tiere sauber machen und auch mal die Ställe reparieren – das gehört zu den Aufgaben dazu. Und natürlich auch, sich Zeit für die Tiere zu nehmen. Dafür sind Markus Moryson Die Arbeit ist wirklich auf den Kopf ge- und Jutta Falke (r.) oft direkt im Stall bei den klei- stellt. Es hat sich alles rasant verändert. nen Schützlingen auf dem Gelände der Umwelt- Ich plane und spreche mit ganz vielen Werkstatt Datteln. Die beiden Tierliebhaber gehören zu den aktuell 14 Teilnehmenden, die mithilfe der Menschen und Einrichtungen, informiere Dattelner Pfote einen Wiedereinstieg ins Berufsleben alle. Es ist immer nur wenig Zeit, sich auf planen oder sich beruflich neu orientieren wollen. Veränderungen einzustellen und allen „Unser Ziel ist es, den Teilnehmenden neue Pers- das mitzuteilen. pektiven aufzuzeigen und erste Schritte für weitere Qualifizierungen und Förderungen zu ermöglichen“, Birgit Holtz, Leiterin sagt Kirstin Löchner, Fachanleiterin. Im Ladenlokal Begleitender Dienst Recklinghäuser Werkstätten der Dattelner Pfote, Hohe Straße 8, geben die Teil- nehmenden außerdem Futterspenden an Menschen weiter, die ihr Haustier sonst nicht ernähren könnten. Oft sind die Haustiere der einzig verbliebene soziale Informationen zur Dattelner Pfote: Kontakt für diese Menschen. Jeder Kunde kann hier www.diakonie-kreis-re.de/arbeiten/ umwelt-werkstatt/datteln/projekte/ zudem Tierbedarf und Futter erwerben und so die Die Dattelner Pfote. Gut für Mensch und Tier. 16
Geschäftsfeld Arbeit & Qualifizierung | Jahresbericht 2019/2020 Teilhabe durch smarte Technik Diakonie testet digitale Assistenzsysteme In der Diakonie-Werkstatt in Waltrop unterstützt das Wirtschaftsministerium NRW im Rahmen des im Projekt RegHUB-S3 smarte Technik Men- Aufrufs „UMBAU 21 – SMART REGION“ fördert. Der schen mit Beeinträchtigungen, anspruchsvolle etwas kryptische Projektname steht dabei für „regi- Arbeiten auszuführen und sie so fit für den ers- onaler Hub Smart Social Solutions“, also „regiona- ten Arbeitsmarkt zu machen. ler Knotenpunkt für intelligente soziale Lösungen“. Beteiligt sind auch die Bergische Universität Wup- Beamer, 3D-Drucker, und ein riesiger interaktiver pertal, die den gesamten Prozess wissenschaftlich Touchscreen – ein Bereich der Waltroper Werkstatt, begleitet, und die GBB – Gesellschaft für Bildung einer Einrichtung der Recklinghäuser Werkstätten für und Beruf e. V., die das Projekt koordiniert. In einer Menschen mit Behinderung, ist mit mehreren digita- ersten Phase waren die Lern- und Assistenzsysteme len Assistenz- und Trainingssystemen ausgerüstet. Lucas Klink sitzt in dieser „Erprobungsecke“ an einem der Systeme. „Bitte ein Teil entnehmen“, pro- jiziert eine Apparatur über ihm auf die Arbeitsplatte. Gleichzeitig markiert ein grüner Spot den richtigen Behälter mit Einzelteilen. Lucas Klink greift hinein und legt ein schwarzes Element in eine vor ihm liegende Schablone. Sogleich beginnt eine kurze Videosequenz, die ihm die folgenden Arbeitsschritte erklärt. „Dieser Arbeitsplatz ist interaktiv“, erklärt Abteilungsleiter Jörg Bäumer. „Eine Kamera erkennt, ob der Arbeitsschritt vollzogen wurde, und reagiert entsprechend.“ So sei es möglich, künftig auch Auf- träge anzunehmen, die entweder sehr kleinteilig und komplex sind oder eine engmaschige Qualitätskont- rolle erfordern, wie etwa in der Automobilindustrie. „Die Einarbeitung bei komplexeren Arbeiten kann schon mal eine Woche pro Beschäftigtem dauern. Und wenn es eine Unterbrechung, etwa durch an- dere Aufträge, Urlaub oder Krankheit gibt, starten wir wieder bei Null“, so Bäumer. Hier können solche Assistenzsysteme eine große Hilfe sein. Ein paar Meter weiter ist über einem weiteren Ar- beitsplatz ein scheinbar handelsüblicher Beamer verbaut, der ebenfalls Anweisungen auf die Arbeits- fläche projiziert. Über zwei große Knöpfe aktiviert die Beschäftigte Vanessa Kahlenberg die nächste Erklärung oder kann einen Schritt zurückgehen. „Hier fehlt die Kamera; die Beschäftigten müssen selbst durch die Erklärungen navigieren“, so Bäu- mer. Dafür kostet dieser Arbeitsplatz nur 8.000 statt etwa 25.000 Euro. „Intelligente soziale Lösungen“ Neben diesen beiden Systemen hat der Maschinen- baumeister seit Sommer 2019 mit den Beschäftigten der Werkstatt noch weitere smarte Hilfsmittel er- probt: Virtual- und Augmented-Reality-Brillen, einen 3D-Drucker für den Bau von Arbeitshilfsmitteln oder den großen Flatscreen-Bildschirm, der gedreht zu- gleich als Arbeitsplatz dienen kann. Das Ganze ist Teil von RegHUB-S3, eines von zwölf Projekten, die Digitaler Arbeitsplatz in der Werkstatt-Waltrop. 17
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsfeld Arbeit & Qualifizierung im Labor entwickelt worden, ehe sie in der zweiten deshalb gerade mit den Erfahrungen aus dem Werk- Phase in die praktische Erprobung in die Waltroper stattalltag unterwegs in anderen NRW-Werkstätten Werkstatt kamen. sowie interessierten Betrieben. „Besonders die bei- den Beamer-Arbeitsplätze haben sich in unserem Nun sei die dritte und vorerst letzte Phase gestartet, Alltag als praxistauglich erwiesen.“ erklärt Julien Corzilius, Leiter der Waltroper Werk- statt. In dieser Transferphase sollen die am besten Bis zum Projektende im April 2021 sollen die opti- geeigneten smarten Systeme auch für Außenarbeits- mierten Anwendungen in Unternehmen ankommen. plätze zur Verfügung gestellt werden – Arbeitsplätze Der Beschäftigte Lucas Klink ist jedenfalls begeistert außerhalb der Werkstatt in Unternehmen der freien von der Technik. „Das ist eine wahnsinnige Erleich- Wirtschaft. „Ziel einer Werkstatt für Menschen mit terung. Man lernt durch das System schneller, kann Behinderung ist immer die berufliche Rehabilitation, Fehler vermeiden und so mithalten. Ich kann mir gut also die Integration in den ersten Arbeitsmarkt und vorstellen, außerhalb der Werkstätten damit zu ar- damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“, beiten.“ js erklärt Corzilius. Abteilungsleiter Jörg Bäumer ist Hilfe bei existentiellen Problemen Erwerbslosenberatung ist eine gute Adresse Mike Nebrovski* versteht die Welt nicht mehr – besonders Arbeitnehmer aus dem europäischen seit zehn Monaten ist der Verpackungstechniker Ausland.“ ohne Arbeit, nun flattert ihm ein Schreiben vom Jobcenter ins Haus: Kürzung der Bezüge, die an- Das Angebot der Beratungsstelle kann ohne Bera- gegebenen Gründe für ihn völlig unverständlich! tungsschein in Anspruch genommen werden. Nur eine vorherige Terminvereinbarung sei notwendig. Der 46-Jährige möchte schnell reagieren. Unterstüt- „Wir wollen unseren Klienten in Ruhe gerecht wer- zung findet er bei der Erwerbslosenberatung. den und für sie das Bestmögliche erreichen“, betont „Ein ganz typischer Fall“, sagt Beraterin Andrea Andrea Baegerau. Baegerau, „zumeist wenden sich die Menschen wegen existentieller Probleme an uns.“ Durch die Corona-Krise hatte die Beratungsstelle auf rein telefonische Beratung umgestellt. Jetzt sind Für das Bestmögliche auch wieder Termine „von Angesicht zu Angesicht“ möglich. rv An zwei Standorten in Recklinghausen helfen drei *Name von der Redaktion geändert. Sozialarbeiterinnen bei Schwierigkeiten am Arbeits- platz, beruflicher Orientierung und bei Fragen zu Erwerbslosenberatungsstelle Fortbildung und Umschulung. Sie klären über An- Vereinbaren Sie einen Beratungstermin sprüche auf und helfen, diese wirksam geltend zu unter: 02361 93664-24. machen, unterstützen dabei, Anträge korrekt auszu- füllen und gegebenenfalls Widersprüche zu formulie- Unsere Beratungszeiten: ren. „Zu uns kommen nicht nur Erwerbslose“, erklärt Montag - Donnerstag: 08:30 - 12:00 Uhr und Andrea Baegerau, „wir beraten auch Menschen, de- 13:00 - 16:00 Uhr, Freitag: 08:30 - 12:30 Uhr ren Verdienst nicht reicht, um sich oder die Familien Erwerbslosenberatung Recklinghausen Innenstadt zu versorgen.“ Kaiserwall 19, 45657 Recklinghausen Der Lage von Menschen in sogenannten prekären Tel. 02361 93664-24 Beschäftigungsverhältnissen will sich die Bera- Erwerbslosenberatung Recklinghausen Süd tungsstelle in Zukunft verstärkt annehmen, so die Sauerbruchstr. 7, Sozialarbeiterin. Leih- und Zeitarbeit, befristete Be- 45661 Recklinghausen schäftigung, kaum Arbeitnehmerschutz und wenig Tel. 02361 996507 berufliche Perspektiven: „Betroffen sind 18
Geschäftsfeld Arbeit & Qualifizierung | Jahresbericht 2019/2020 Andrea Baegerau ist Ansprechpartnerin für Menschen, die manchmal die Welt nicht mehr verstehen. Die überwiegende Mehrzahl unserer Klienten ist ökonomisch schlecht versorgt. Wer mit ALG II (Hartz IV) oder wenig ALG I (Arbeitslosengeld) in kleinen Wohnungen oder in Flüchtlingsunterkünften oder Wohnheimen für Saisonarbeiter lebt, hat weniger Möglichkeiten, die Einschränkungen durch die Pandemie zu kompensieren. Soziale und finanzielle Spannungen haben sich unter den Auswirkungen der Pandemie gerade bei unserer Klientel sehr verschärft. Andrea Baegerau, Erwerbslosenberatung 19
Jahresbericht 2019/2020 | Geschäftsfeld Gesundheit & Pflege Corona. Gesundheit und Pflege im Fokus Die Menschen in der ambulanten Erkenntnis, dass dann in diesen Berei- und stationären Pflege sind von chen auch gute Arbeitsbedingungen, der Pandemie besonders betroffen. gesellschaftliche Anerkennung sowie Patient*innen und Bewohner*innen eine angemessene Bezahlung not- gehören zur Risikogruppe ebenso wendig sind. wie Mitarbeiter*innen. Sicher auch die Erkenntnis, dass Schon im März war zu spüren: Covid Menschen, besonders alte Menschen, 19 stellt den Bereich der Pflegean- auf Nähe und Beziehungen angewie- gebote vor nie geahnte Herausforde- sen sind. Das gilt es verantwortlich rungen. Die Unsicherheit von Politik abzuwägen. Nicht über die Menschen und Wissenschaft fand nicht selten hinweg, sondern gemeinsam mit ih- ihren Ausdruck in schnellen Corona- nen. Schutzverordnungen. Diese umzu- setzen war für alle Einrichtungen eine Menschen engagieren sich. In ihrem große Herausforderung. Beruf und in der Gesellschaft. Das haben wir erlebt und darauf sind wir Fehlende Schutzkleidung und stolz. Ganz besonders in unserem Ängste Jörg Klomann, Geschäftsfeldleiter Diakonischen Werk, wo wir die Erfah- Gesundheit & Pflege rung gemacht haben, dass Vertrauen Besonders am Anfang der Pandemie, und Verlässlichkeit sowie gemeinsa- als fehlende Schutzkleidung die Um- mes Handeln auch in der Krise ein setzung der empfohlenen Maßnahmen arbeiten, auch ohne die mediale Auf- gutes Fundament sind. jk schwer machte. Desinfektionsmittel, merksamkeit und die Beifälle von den Mund-Nase-Bedeckungen waren Balkonen getan, weil es ihr Berufsver- über viele Wochen Mangelware. Viel ständnis ist. Sie verlangen aber, dass Energie musste aufgewandt und die Arbeitsbedingungen verbessert wer- ungewöhnlichsten Quellen mussten den, sei es die Personalausstattung gefunden werden, um die Engpässe als auch finanziell. Diese Forderung zu überwinden. Das Team des Wirt- steht, auch wenn die Pandemie noch schaftsbetriebs hat hier Großartiges nicht vorüber ist. geleistet. Bewohner*innen, Mitarbei- tende und Angehörige hatten Ängste, Schutz vs. Teilhabe weil sie nicht wussten, wie man unter „Corona-Bedingungen“ sicher mitein- Die Strategie von Politik war es, die ander umgeht. Schutzbedürftigsten in Pflegeeinrich- tungen zu schützen. Die Türen wurden Das Geschäftsfeld Mitarbeitende – engagiert in für Besucher geschlossen. Im am- Gesundheit & Pflege der Krise bulanten Bereich wurden zahlreiche Einsätze aus Sorge der Patient*innen • Drei Altenwohn- und Pflegeheime: Ich bin stolz auf unsere Mitarbeiter*- und Angehörigen abgesagt. Schnell Matthias-Claudius-Zentrum innen in allen Einrichtungen, ambulant war klar, dass Schutz nicht alles sein (Oer-Erkenschwick), Haus Abend- sonne (Recklinghausen), Theodor- und stationär und aus allen Berufen. kann, sondern Teilhabe und Normali- Fliedner-Haus (Herten) Knapp 450 Mitarbeiter*innen haben tät wieder Einzug halten müssen. Über mit ihrem krisenfesten und professi- Besuchsfenster und Besuchsbereiche • Vier Diakoniestationen – Ambulante onellen Handeln dazu beigetragen, ermöglichten wir Angehörigenkontakt Pflege: Datteln, Oer-Erkenschwick, dass unsere Einrichtungen bisher und in den Diakoniestationen wurden Herten, Marl der Pandemie so erfolgreich ge- die Klient*innen intensiver beraten, um • Wohnen am Elper Weg trotzt haben. Die Verantwortlichen Ängste zu nehmen. (Wohnangebot für demenziell für die einzelnen Bereiche haben Erkrankte) die ständig wechselnden Vorgaben Bleibt etwas? • Wohnberatung schnellstmöglich umgesetzt und den Mitarbeiter*innen vor Ort die Hand- Sicher die Erkenntnis, wie wichtig ein • Wohnen mit Service lungssicherheit gegeben. funktionierendes Gesundheitswesen • www.diakonie-kreis-re.de Dies alles hätten die Menschen, die und eine engagierte Altenhilfe für die www.diakonie-kreis-re.de im Bereich Gesundheit und Pflege Gesellschaft sind. Zu hoffen ist auf die 20
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