Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...

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Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Senioren-Info Rheinland-Pfalz
25. Jahrgang • 2 | 2018

spätlese

Verletzlichkeit im Alter
Verletzlichkeit mit Stärke begegnen    Der Einsamkeit entgehen       Digitalbotschafter
Das Alter birgt besondere Potenziale   Raus aus dem Schneckenhaus!   Digitale Teilhabe ermöglichen
Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Inhalt                                                                                                                              Die Beiträge zeigen, auf welche Weise
    Impressum ................................................... 2                                                                     ältere Menschen verletzlich sind: Zu
    Grußwort der Ministerin ......................... 2                                                                                 altersbedingten Einschränkungen kom-
                                                                                                                                        men Kränkungen oder Geringschätzung
    Themenschwerpunkt:                                                                                                                  aufgrund von wahrgenommener Ge-
    Verletzlichkeit im Alter ............................ 3                                                                             brechlichkeit.
    Opa, – Mensch, ärgere Dich nicht! ...... 4
                                                                                                                                        Den unterschiedlichen Beiträgen ist
    Mehrgenerationenhaus                                                                                                                dennoch eins gemeinsam: Sie alle zei-
    in Kirchen ausgezeichnet ....................... 4                                                                                  gen, dass Menschen im Alter nicht nur
    Zieh‘ Dich nicht in Deine                                                                                                           eine besondere Verletzlichkeit haben,
    vier Wände zurück .................................... 5                                                                            die wir alle beachten und mit der wir
    Ene, meine, muh – wie alt bist Du?..... 6                                                                                           sorgsam umgehen sollten. Sie haben
    Wege aus der Einsamkeit ........................ 7                                                                                  auch besonders große Potenziale. So
    Leben mit Demenz ................................... 8                                                                              wird deutlich, wie wichtig den Men-
    Aktiv im Alter .............................................. 9                                                                     schen im Alter nicht nur die Sorge für
    Sich der Vergangenheit stellen ........... 10                                                                                       sich selbst, sondern auch für andere
    Umgang mit deutscher                                                                                                                ist. Auch, dass sie sich mit ihrem Le-
    Vergangenheit ................................... 10–11                                                                             bensweg auseinandersetzen und aus
    Europa ........................................................ 12                                                                  diesen Erfahrungen heraus Verantwor-
                                                                                                                                        tung übernehmen.
    Aus der Arbeit der Landes-                                                      Liebe Leserinnen und Leser,
    seniorenvertretung ............................... 13                                                                               Ich wünsche Ihnen viel Freude beim
                                                                                    in dieser Ausgabe der Spätlese geht es
                                                                                                                                        Lesen dieser Ausgabe der Spätlese.
    Aus Seniorenbeiräten                                                            um ein ganz besonderes, oft auch sehr
    und Projekten ............................ 14, 15, 16                           persönliches Thema: Verletzlichkeit im
    SeniorTrainerinnen und -Trainer                                                 Alter.
    fördern Inklusion .............................. 15–16                          Mit viel Herzblut haben die Redakteu-
                                                                                    rinnen und Redakteure sich des The-                 Sabine Bätzing-Lichtenthäler
    Berühmt und Bekannt ................... 17, 18
                                                                                    mas angenommen, seine verschiedenen                 Ministerin für Soziales, Arbeit,
    Tragischer Held oder
                                                                                    Facetten beleuchtet und auch eigene                 Gesundheit und Demografie
    unorganisierter Traumtänzer? ............. 17
                                                                                    Erfahrungen einfließen lassen.                      des Landes Rheinland-Pfalz
    Vom Weinberg an der Mosel
    zum Weltkonzern an der Donau ........ 18
    Aktuelles ...................................... 19, 20, 21                   Impressum
    Digital-Botschafterinnen und
    -Botschafter öffnen den Weg in                                                Redaktion: Marlies Becker (MB), Tanja E. Birkenstock (TEB), Gabi Frank-Mantowski (GFM),
                                                                                  Ursula Franz-Schneider (FS), Petra v. Gersdorff (PVG), Rüdiger Heins (RH), Arnold Holstein (AH),
    die digitale Welt ....................................... 19                  Dieter Kürschner (DK), Ellen Löwer (EL), Norbert Mentz (NM), Elke Plass-Mackensen (EPM),
    Gesundheitsministerin                                                         Claudia Sabic (CS, verantwortlich), Solveigh Schneider (SO), Wulf Werbelow (WW).
    Sabine Bätzing-Lichtenthäler betont
                                                                                  Herausgeber: Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Referat Öffentlich-
    Bedeutung von „Welt MS Tag“ ........... 20                                    keitsarbeit – Bauhofstraße 9, 55116 Mainz, www.msagd.rlp.de.
    Zehn Jahre Pflegestützpunkte ............. 20
                                                                                  Die Spätlese erscheint dreimal im Jahr und wird kostenlos abgegeben. Nachdruck unter Quellen-
    Früher war alles besser? ........................ 21                          angabe erlaubt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der
    Gedächtnistraining ................................. 21                       Redaktion und der Herausgeberin wieder. Für unaufgefordert zugesandte Beiträge und Fotos
                                                                                  entsteht kein Anspruch auf Veröffentlichung.
    Liebenswertes Rheinland-Pfalz
    Töpferei Struthof in Münchwald ........ 22                                    Redaktion Spätlese, Landesleitstelle „Gut leben im Alter” im MSAGD, Bauhofstraße 9,
                                                                                  55116 Mainz, Telefon: 0 61 31/16 57 88 und 16 26 85, E-Mail: spaetlese@msagd.rlp.de
    Rudern wie die Römer ........................... 22
    Wallfahrtsort Klausen ............................ 23                         Gestaltung: Kreativwerkstatt | Kommunikationsdesign | 61137 Schöneck
                                                                                  Druck: DHVS/Druckhaus und Verlagsservice GmbH, 54294 Trier
    Wichtiges · Interessantes ·
    Nützliches · Verbraucher-Tipps                                                Bildernachweis: Titelbild, S. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10,11, 19, 20, 24: Fotolia; S. 4 MGH; S. 6: Senioren-
    ........................................................................ 24   büro Speyer; S. 12: Farys-BBE; S. 13: SB „Die Brücke“, Peter Riegel; S. 14 Peter Schulze, Astrid Frisch-
                                                                                  Balonier; S. 15: Peter Schulze; S. 16: Caritasverband Koblenz e.V.; S. 17: wikipedia/wikimedia commons;
                                                                                  S. 18: Rolf Mantowski; S. 19: Stiftung MedienKompetenz Forum Südwest; S. 20: DMSG, S. 22: RH,
                                                                                  Wiegand Schneider-Heinze, Franz Gschwind; S. 23: Ortsgemeinde Klausen.

                                                                                  Rätselauflösung:
                                                                                  Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen.

                                                                                  Unser nächstes Thema 3 /2018: Armut

2   spätlese 2 /2018
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Verletzlichkeit im Alter

Verletzlichkeit im Alter
„Am Wochenende ist meine Mutter                                                         umfassendere Ordnung, sei es ein be-
gestürzt“, erzählt Ingrid, „wir waren                                                   stimmtes Weltbild oder eine Genera-
wieder im Krankenhaus. Zum Glück                                                        tionenfolge.
kam sie mit Prellungen glimpflich
                                                                                        Entscheidend ist also, wie man mit der
davon.“ Ingrid, selbst 63 Jahre alt
                                                                                        besonderen Verletzlichkeit im Alter
und noch berufstätig, kümmert
                                                                                        umgeht. Ingrids Mutter hat das Glück,
sich um ihre über 80-jährige Mutter
                                                                                        dass ihre Tochter für sie da ist – und
Sieglinde.
                                                                                        dazu gehört auch mal ein Ausflug zu
„Kümmern“, das heißt den Haushalt                                                       einem Gartenfest oder in ein Café.
und den Garten in Ordnung zu halten,                                                    Elisabeth hingegen hat angefangen zu
Einkäufe zu erledigen, der Mutter Ge-                                                   schreiben. Außerdem tauscht sie klei-
sellschaft zu leisten. Und dabei darauf                                                 ne Hilfeleistungen mit ihren Nachba-
zu achten, ihr nicht das Gefühl zu geben,                                               rinnen und Nachbarn aus.            CS
sie zu bevormunden. „Am schlimms-
ten stelle ich mir das Gefühl vor, keine
Zukunft mehr zu haben“, versetzt sich                                                                        Buchtipps
Ingrid in die Lage ihrer Mutter.
Szenenwechsel: Elisabeth ist 92 Jahre                                                    „Momentan trainiere ich für den
alt. Sie ist fit und sieht 20 Jahre jünger                                               Triathlon. …Erst mal für den
aus. „Ich komme nur noch selten aus
                                                 „Altwerden ist wie auf                  Hamburger Triathlon, danach
dem Haus“, berichtet sie, „ ich muss mich          einen Berg steigen.                   kommt der Ironman auf Hawaii.“
um meinen Mann kümmern.“ Der ist                  Je höher man kommt,                    Antwort eines Hochleistungs-
                                                                                         sportlers? Nein, eines Schlagan-
nur wenig älter als sie und seit einigen         desto mehr Kräfte sind                  fallpatienten im Rollstuhl. Es
Jahren an Demenz erkrankt. „Wir hat-             verbraucht, aber um so
ten immer eine sehr enge Beziehung.                                                      handelt sich um Henrik Wentzel,
Er war der Dreh- und Angelpunkt in                  weiter sieht man.“                   der mit knapp 56 Jahren einen
meinem Leben. Jetzt fehlen mir unsere                                                    Schlaganfall mit erheblichen
                                                        Ingmar Bergman                   Folgen erlitt, körperlicher sowie
Gespräche und Diskussionen, die ge-
meinsamen Reisen oder zumindest das
                                                 (14. Juli 1918 – 30. Juli 2007)         persönlichkeitsverändernder Art.
Teilen der Erinnerungen an sie.“ Kinder         schwedischer Drehbuchautor,              Was das alles für die bisher vom
hat das Paar nicht, Freunde und Be-               Film- und Theaterregisseur             Schicksal verwöhnte Bilderbuch-
kannte sind verstorben.                                                                  familie bedeutet, schildert Barba-
                                                                                         ra Wentzel zusammen mit der
Verletzlichkeit im Alter –                   dass auch die psychologischen Anfor-        Autorin Miriam Collée. Entstan-
wie ist das gemeint?                         derungen wachsen. Denn mit der zu-          den ist ein Buch, das alles auf
                                             nehmenden körperlichen, kognitiven          einmal ist: informativ, kritisch,
Wieso unterscheidet sie sich von der
                                             und sozialen Verletzlichkeit muss man       tragikomisch, ermutigend. Gleich-
Verletzlichkeit der Menschen im Allge-
                                             umgehen lernen. Daraus entsteht eine        zeitig ist es Startschuss für das
meinen? Wenn Professor Dr. Andreas
                                             besondere emotionale Verletzlichkeit.       Wohnprojekt „Haus für Morgen
Kruse, Alternsforscher und Direktor des
                                             Hinzukommt, dass Älteren die eigene         e.V.“ in Hamburg, eine Wohnge-
Instituts für Gerontologie an der Rup-
                                             Endlichkeit mehr und mehr bewusst           meinschaft zum Wohlfühlen für
recht-Karls-Universität Heidelberg, von
                                             wird, was auch zu Existenzängsten           aufgeschlossene Menschen mit
Verletzlichkeit im hohen Alter spricht,
                                             führen kann.                                Beeinträchtigung. Käsekuchen
dann meint er eine Vielzahl von Symp-
tomen.                                       Besondere Stärken im Alter                  mit Sauerkraut von Barabara
                                                                                         Wentzel und Miriam Collée,
Zum einen eine erhöhte Empfänglich-          Kruse malt dennoch kein düsteres Bild       ISBN: 3492058647, 20 Euro. FS
keit für Erkrankungen und Funktions-         vom Alter. Er stellt der Verletzlichkeit
einbußen. Dazu kommt zum anderen             im Alter besondere Stärken gegenüber.       Andreas Kruse:
der Verlust nahestehender Menschen.          Dazu gehören zum Beispiel, sich selbst      Lebensphase hohes Alter:
Das bedeutet dann zusätzlich, dass alte      differenziert wahrnehmen zu können,         Verletzlichkeit und Reife,
Menschen häufig ohne diejenigen aus-         der Überblick über einzelne Lebensbe-       ISBN 978-3-662-50415-4,
kommen müssen, die ihnen im Leben            reiche, die Annahme des eigenen Le-         25 Euro.
eine Stütze waren. Er meint zudem,           bens und seine Einordnung in eine

                                                                                                             spätlese 2 /2018    3
Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Verletzlichkeit im Alter

                                                                                          siert. Nähe, Zugewandtheit, Interesse
                                                                                          für Kinder und Enkel sind gerade in der
                                                                                          dritten Lebensphase wichtig. Und hier
                                                                                          hat man in aller Regel mehr freie Zeit
                                                                                          für das, was wichtig ist. Das „Ge-
                                                                                          brauchtwerden“ bietet älteren Men-
                                                                                          schen die Chance, voll integriert in der
                                                                                          Familie zu bleiben, Sorgen, Nöte und
                                                                                          Freuden, aber auch die Lebenserfah-
    Opa, – Mensch,                                                                        rung mit den Lieben zu teilen.

    ärgere dich nicht!                                                                    Win-win-Situation
                                                                                          Auch die jüngere Generation hat dar-
    Die achtjährige Laura sitzt zusam-          Zeit verbringen und gut zuhören. Da       aus Vorteile. Die oft berufstätigen Kin-
    men mit ihrem Opa Klaus am Kü-              hört er schon mal, dass ein Mitschü-      der wissen ihre Kleinen bei den Groß-
    chentisch. Egal ob „Fang den Hut“,          ler seine Laura in der Pause schubst      eltern wohl behütet. Lange Ferienzei-
    „Malefiz“ oder „Mensch, ärgere dich         und ärgert. Opa stärkt seine Enkelin      ten in der Schule können überbrückt
    nicht!“, Opa Klaus hat keine Chance         und sagt ihr, sie sei etwas ganz Be-      werden. Und Oma und Opa unterstüt-
    im Spiel.                                   sonderes: „Das darfst du nie verges-      zen mit Nachhilfe in Mathematik oder
                                                sen!“ Opa möchte etwas trinken. „Ich      Fremdsprachen. Schließlich lernen die
    Die Kleine ist fix und entscheidungs-                                                 Enkel die eigenen Wurzeln kennen,
                                                hole dir ein Glas Wasser“, sagt Lau-
    freudig. Sie würfelt und bewegt blitz-                                                wenn sie mit den Großeltern über de-
                                                ra. „Du kannst ja nicht mehr so gut
    schnell die Spielsteine. „Opa, du musst                                               ren frühere Berufswünsche, Träume
                                                laufen. Mama hat gesagt, ich soll gut
    besser aufpassen“, sagt sie freudestrah-                                              und das Leben sprechen.
                                                auf dich aufpassen. Hier Opa, und
    lend, „du hättest mich gerade raus-
                                                trinke langsam.“                          Im Gegenzug haben Kinder nicht sel-
    werfen können.“
                                                Integriert in der Familie                 ten durch ihre Spontaneität ein Ge-
    Für Opa ist das Ergebnis zweitrangig,                                                 spür dafür, helfen zu wollen, insbeson-
    das sagt er natürlich nicht seiner Laura.   Die Szene ließe sich endlos fortsetzen.   dere wenn die Großeltern körperliche
    Er liebt und genießt diese Momente          Kinder haben ein Gespür dafür, wenn       oder kognitive Einschränkungen offen
    mit seiner Enkelin – einfach gemeinsam      sich jemand wirklich für sie interes-     eingestehen können.                 NM

    Mehrgenerationenhaus
    in Kirchen ausgezeichnet
    540 Mehrgenerationenhäuser brin-                                                      statt verbindet Menschen mit und ohne
    gen Alt und Jung in ganz Deutschland                                                  Fluchtgeschichte über Sprachgrenzen
    zusammen, bieten Beratung in allen                                                    hinweg in der gemeinsamen Arbeit und
    Lebenslagen und nachbarschaftliche                                                    beim Sicherheitstraining, so die Jury,
    Hilfe.                                                                                und ganz nebenbei tausche man sich
                                                                                          über Regeln und Gepflogenheiten des
    Fünf dieser Mehrgenerationenhäuser
                                                                                          Zusammenlebens in Deutschland aus.
    hat Bundesfamilienministerin Dr. Fran-
    ziska Giffey als „DemografieGestalter                                                 „DemografieGestalter – Der Mehr-
    2018“ ausgezeichnet. Der mit jeweils                                                  generationenhauspreis“ wird auch im
    2.000 Euro dotierte „Mehrgeneratio-                                                   nächsten Jahr verliehen. Ab Herbst
    nenhauspreis“ wurde in diesem Jahr                                                    sind die rund 540 Mehrgenerationen-
    zum ersten Mal verliehen.                                                             häuser wieder aufgerufen, sich mit ih-
                                                                                          ren besten Projekten zur Bewältigung
    In der Kategorie Integrationsarbeit
                                                                                          der demografischen Herausforderun-
    wurde das Mehrgenerationenhaus
                                                                                          gen vor Ort zu bewerben.
    „Gelbe Villa“ Kirchen mit dem Projekt
    „Fahrradwerkstatt mit Verkehrssicher-                                                 Weitere Informationen finden Sie unter
    heitstraining“ gekürt. Die Fahrradwerk-                                               www.mehrgenerationenhaeuser.de.

4   spätlese 2 /2018
Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Verletzlichkeit im Alter

Zieh Dich nicht in Deine vier Wände zurück
                                                                                     Ich wollte der Gesellschaft, der ich so
                                                                                     viel verdanke, etwas zurückgeben und
                                                                                     auch deshalb mehr ehrenamtlich ar-
                                                                                     beiten.
                                                                                     Neue Aufgaben halten jung und
                                                                                     helfen unserer Gesellschaft
                                                                                     So habe ich, zusätzlich zu meinen an-
                                                                                     deren Engagements in Vereinen und
                                                                                     Institutionen, mit neuem Verständnis
                                                                                     für die Not von Flüchtlingen die Be-
                                                                                     treuung einer Roma-Familie übernom-
                                                                                     men. Und in der Städtepartnerschaft
                                                                                     Polch-Vineuil (Frankreich) erlebe ich
                                                                                     immer neue Aspekte, die sich beim
                                                                                     Kennenlernen fremder Traditionen und
                                                                                     Brauchtümer ergeben. Ich habe dabei
                                                                                     echte Freunde gefunden, mit denen
                                                                                     ich seit Jahren verbunden bin. Uns ist
                                                                                     es auch gelungen, viele Jugendliche
                                                                                     für die deutsch-französische Freund-
                                                                                     schaft zu begeistern und zu gewinnen.
                                                                                     Dies ist bei einer zunehmenden Frem-
                                                                                     denfeindlichkeit und der nicht mehr so
Nachdem ich als angestellter Inge-         ders in fremden Ländern, in fremden       weltoffenen Haltung vieler Menschen
nieur, eingezwängt in einem eng-           Kulturen zu arbeiten. Die physischen      in Europa wichtiger denn je.
maschigen Netz von Hierarchie und          und emotionalen Beschränkungen wur-
                                                                                     Besonders bereichernd ist meine Mit-
Verantwortlichkeiten, mit 68 Jah-          den mit den Jahren immer stärker. Da-
                                                                                     arbeit in der Redaktion der Spätlese.
ren zum Rentner wurde, mochte ich          mals war ich dann doch schon fast
                                                                                     Diese Mitarbeit führt dazu, übrigens
nicht ganz auf meine Arbeit ver-           Mitte 70, und jünger bin ich auch nicht
                                                                                     wie auch andere Tätigkeiten im ehren-
zichten.                                   geworden. Kreuz- und Gelenkschmer-
                                                                                     amtlichen Bereich, sich mit Menschen,
                                           zen, eine gewisse Kurzatmigkeit und
Außerdem wollte ich mich stärker eh-                                                 Ansichten, Kulturen und Lebensweisen
                                           eine koronare Herzkrankheit zeigten
renamtlich engagieren. Ich machte                                                    auseinanderzusetzen und diese neu zu
                                           mir, dass meiner Belastbarkeit Gren-
mich also selbstständig: So konnte ich                                               bewerten. Oft gelangt man zu einer
                                           zen gesetzt waren.
beruflich entscheiden, welche Projekte                                               neuen Sicht auf das eigene Leben und
ich übernehme und mir damit gleich-        Aufgewachsen in den 30er- und 40er-       zu mehr Verständnis für andere und
zeitig den Freiraum für die ehrenamtli-    Jahren, ging und geht es unserer Ge-      Fremde. Für mich, der mittlerweile
che Tätigkeit sichern. Nach wenigen        neration, aber auch mir persönlich,       mehr hinter sich als vor sich hat, ist die
Jahren spürte ich, dass es mehr Zeit er-   gesundheitlich im Alter dennoch bes-      Tätigkeit mitten in der Gesellschaft
forderte, auf dem Stand der Technik zu     ser als früheren Generationen. Die        eine Bereicherung, die ich nicht mehr
bleiben, es anstrengender war, beson-      Zukunft war also nach wie vor offen.      missen möchte.                         DK

                                                                                                                  INFO

Anlässlich des Internationalen Tages der älteren Menschen      schenrechtskonforme Gestaltung der Altenpflege. In seinem
am 1. Oktober hat das Deutsche Institut für Menschenrechte     Positionspapier „Menschenrechte in Pflegeheimen“ plä-
zwei Publikationen zu Menschenrechten in der Pflege heraus-    diert das Institut dafür, dass die Rechte der zu Pflegenden
gegeben. „Die Menschenrechte in der Pflegepraxis. Her-         und die der Pflegekräfte gleichermaßen gestärkt werden
ausforderungen und Lösungsansätze in Pflegeheimen“:            sollten. Internet: www.institut-fuer-menschenrechte.de, Stich-
Diese Analyse enthält Empfehlungen an die Politik und Ak-      wort Publikationen. Die Publikationen sind ausschließlich als
teure in der Pflege sowie gute Praxisbeispiele für die men-    Download erhältlich.

                                                                                                             spätlese 2 /2018     5
Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Verletzlichkeit im Alter

    Ene, mene, muh – wie alt bist Du?
    Ganz egal, wie alt Du bist, raus bist Du noch lange nicht!
                                                                                        gerade für die ältere Generation ge-
                                                                                        schaffen werden muss. Heutzutage ist
                                                                                        ein Strickkreis für Frauen über 60 Jah-
                                                                                        ren nett, aber nicht mehr zeitgemäß:
                                                                                        Frauen über 60 Jahre fühlen sich nicht
                                                                                        alt. Das Gleiche gilt für die Generation
                                                                                        Ü80. Diese Generation ist agiler und er-
                                                                                        wartet mehr als Volksliedabende und
                                                                                        Stammtische. Aber was interessiert
                                                                                        Menschen, die schon lange nicht mehr
                                                                                        im Arbeitsleben stehen? Sie wollen auf
                                                                                        keinen Fall im Abseits stehen. Einsam-
                                                                                        keit ist gerade bei Hochaltrigen ein
                                                                                        wichtiges Thema.

    Altersangaben finden sich überall:       Treppensteigen, an dessen Ende eine        Hier ist die Generation selbst gefragt.
    Schulpflicht ab sechs Jahren, Alko-      Toilette in ungeahnter Tiefe steht. Raus   Keiner weiß so gut wie sie, was ge-
    hol ab 16 Jahren, Kinofilme und Au-      aus dem Café wartet an der Ampel die       wünscht wird und was möglich ist.
    tofahren ab 18 Jahren. In den letz-      nächste Herausforderung. In unserer        Ein Ansprechpartner kann der Senio-
    ten Jahren modern geworden sind          schnelllebigen Zeit ist auch die Am-       renbeirat oder das Seniorenbüro vor
    Ü30-Partys.                              pelschaltung auf Sprintläufer einge-       Ort sein. Neben Veranstaltungen und
                                             stellt und nicht auf ältere Fußgänger.     Kursen bietet das Büro auch Unter-
    Die Ü30-Generation ist demnach schon                                                stützung bei Alltagsfragen und kann
                                             Das sind veränderbare Kleinigkeiten
    die Generation der älteren Menschen?                                                an soziale Einrichtungen vermitteln. Es
                                             des Alltags, die aber vielleicht manch
    Und was machen die 80-Jährigen?                                                     unterstützt auch den Wunsch, so lan-
                                             Älteren ängstigen und einschränken.
    Natürlich kann jeder in ein Café um                                                 ge wie möglich in seiner eigenen Woh-
    die Ecke gehen. Spätestens beim Weg      Viele Städte und Kommunen haben            nung und seinem gewohnten Umfeld
    zu den Sanitäranlagen beginnt das        mittlerweile erkannt, dass ein Angebot     zu bleiben.                        TEB

      INFO
    Drei „bewegende“ Angebote des Seniorenbüros Speyer
    zeigen, wie auch Hochaltrige teilhaben können. Die Zeit-
    schrift „aktiv dabei“ des Seniorenbüros interviewt in jeder
    Ausgabe eine Person über 90 Jahre. Dabei erfahren die Leser
    überraschende persönliche Erlebnisse mitten aus dem Le-
    ben. Diese Aussagen machen sensibel für Menschen, die mit
    Beeinträchtigungen zu leben haben, und für deren Möglich-
    keiten, damit umzugehen.
    Mehr als 100 ältere Menschen kommen alljährlich zu der
    Veranstaltung „Wir sind dabei – 90 plus“, die das Senio-
    renbüro zusammen mit Schulklassen durchführt. Die Schü-
    ler kümmern sich um Organisation, Bewirtung und bereiten
                                                                   statt. Patientinnen und Patienten, Angehörige und Pflegen-
    Tischgespräche vor. Auch die Seniorinnen und Senioren be-
                                                                   de schätzen diese liebevoll gestaltete Initiative.
    teiligen sich mit vorgetragenen, mehrstrophigen Gedichten
    oder Gesang. Hochwertige Konzerte am Nachmittag – das          Weitere Infos unter www.speyer.de, Stichworte „Leben
    sind Kulturangebote mit jungen Künstlern, die älteren Mit-     in Speyer“, „Senioren“ und „Demografische Entwicklung“.
    bürgern tagsüber eine bessere Teilhabe ermöglicht. Zu-         Seniorenbüro, Maulbronner Hof 1a, 67346 Speyer,
    sätzlich finden die Konzerte auch auf der Palliativstation     Telefon 0 62 32 /14 26 61.                           NM

6   spätlese 2 /2018
Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Verletzlichkeit im Alter

Wege aus der Einsamkeit
Der Postbote klingelt bei mir, da
die Frau aus dem Nachbarhaus
nicht öffnet. Er bittet mich, das an
sie adressierte Päckchen entgegen-
zunehmen. Frau Marthaler ? – kenne
ich nicht. Ich will aber so schnell
wie möglich versuchen, ihr das Päck-
chen vorbeizubringen. Nach Läuten,
Klopfen und langem Warten öffnet
sie mir die Tür.
Sie will nicht, dass ich gleich wieder
gehe, sondern bittet mich, einzutreten
und am Wohnzimmertisch Platz zu
nehmen. Lächelnd dreht sie das Päck-
                                            ne, Frau Marthaler aber nie bewusst        Senioren, die gar keinen Kontakt mehr
chen in ihren Händen: „Von meiner
                                            wahrgenommen habe.                         zur Umwelt haben. Wohlfahrtsvebän-
Enkeltochter aus München. Sie hat
                                                                                       de und Kirchengemeinden, kommuna-
meinen 85. Geburtstag nicht verges-         Besuch? Einmal im Monat
                                                                                       le Seniorenbüros und Mehrgeneratio-
sen.“ Sie setzt sich mir gegenüber und
                                            „Einsamkeit“ ist schon seit längerer       nenhäuser sehen eine ihrer Aufgaben
beginnt zu erzählen. Dabei werden ihre
                                            Zeit Thema vieler wissenschaftlicher       darin, den Menschen in der Stadt wie
Augen feucht und dann laufen ihr un-
                                            Studien. Sie zeigen, dass in ihr die Ur-   auf dem Land durch ein vielfältiges
entwegt die Tränen über die Wangen.
                                            sache für viele schwerwiegende Er-         Angebot aus ihrer Einsamkeit zu hel-
Sie lebt seit ihrer Eheschließung in die-
                                            krankungen liegen kann. In Großbri-        fen, zum Beispiel durch die ehrenamt-
ser Kleinstadt in der Pfalz, also seit
                                            tannien wurde zu Beginn des Jahres         lichen Besuchsdienste.
über 60 Jahren. Eine langfristige Bezie-
                                            2018 sogar ein Ministerium geschaf-
hung war gelungen und gemeinsame                                                       Frau Marthaler trocknet ihre Tränen und
                                            fen, das „gegen Einsamkeit als traurige
Höhen und Tiefen wurden durchge-                                                       entschuldigt sich für ihren Gefühlsaus-
                                            Realität des modernen Lebens“ Abhilfe
standen, der Krieg und die Nachkriegs-                                                 bruch. Ich bleibe noch eine Weile bei
                                            schaffen soll.
zeit, die gemeinsame Verantwortung                                                     ihr sitzen. Bei der Verabschiedung frage
für die Kinder. Jede gemeisterte Krise      Circa zwei Millionen Menschen über         ich, ob sie mich zu einem „Konzert am
hat das Zusammenwachsen gestärkt,           80 Jahre leben in Deutschland allein.      Nachmittag“, welches vom Senioren-
den Respekt voreinander reifen lassen       Laut des Deutschen Zentrums für Al-        büro unserer Stadt angeboten wird,
und die Liebe vertieft.                     tersfragen (DZA) hat jeder vierte alte     begleiten möchte. Sie wirkt zögerlich,
                                            Mensch nur noch einmal im Monat            nickt jedoch. „Kein Weg aus der Ein-
Wenn der Partner stirbt
                                            Besuch von Freunden und Bekannten.         samkeit“, denke ich „sondern zunächst
Und heute? Der geliebte und vertraute       Dazu kommt eine nicht zu unterschät-       ein kleiner Pfad.“ Und freue mich, das
Partner ist nicht mehr da. Es gibt          zende Dunkelziffer von Seniorinnen und     Konzert mit ihr genießen zu dürfen. SO
niemanden mehr, der einen gut kennt,
der einen versteht, der tröstet, verzeiht
und diskutiert über die vielen Fragen,                                                                             INFO
die sich in dieser schnelllebigen Welt                            Sehr alte Menschen, die noch keiner Pflege bedürfen, erfahren
auftun. Die Kinder sind mit ihrem ei-                             durch die seit Juli 2015 bis Dezember 2018 zunächst als Mo-
genen Leben beschäftigt. Man hat sie                              dellprojekt laufende „Gemeindeschwester plus “ vorbeu-
ja auch zur Selbstständigkeit und Un-                             gende und gesundheitserhaltende Unterstützung. Die durch-
abhängigkeit erzogen. Aber es tut doch                            weg positiven Rückmeldungen aus den neun ausgewählten
sehr weh, wenn die Besuche weniger                                Regionen in RLP und das Ergebnis einer wissenschaftlichen
werden und die Telefonanrufe in immer                             Untersuchung zeigen, dass dieses Projekt auch als Hilfe ge-
größeren Zeitabständen immer kürzer         gen Vereinsamung erlebt wird. Durch die Vernetzung der in der Gemeinde vor-
und unter Zeitdruck erfolgen. Sie be-       handenen Angebote, wie beispielsweise Seniorennachmittage, gut erreichbare
endet ihre Erzählung mit dem Satz:          Mittagstische und Hausnotruf, werden hochbetagte Menschen unterstützt,
„Diese Einsamkeit. Sie ist unerträglich.“   Kontakte aufzunehmen und zu pflegen. Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler
Beschämt stelle ich fest, dass ich nun      sicherte zu, dass das Land sein Engagement in diesem Bereich fortsetzen wird. SO
seit fünf Jahren im Nachbarhaus woh-

                                                                                                              spätlese 2 /2018    7
Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Verletzlichkeit im Alter

    „Da war doch noch was?“– Leben mit Demenz

    „Wo habe ich denn meine Brille            ausforderung für die Beteiligten dar.    Beispiel Hirnverletzungen. Aktuell le-
    hingelegt?“ Das ist eine Frage, die       Demenziell erkrankte Menschen möch-      ben in Deutschland etwa 1,5 Millionen
    wir uns schon alle einmal gestellt        ten in ihrer Wahrnehmung ernst ge-       Menschen mit Demenz.
    haben. Diese „Alltagsvergesslich-         nommen werden. Ihre Verletzlichkeit
                                                                                       Was tun?
    keit“ ist nicht ungewöhnlich, da          resultiert aus dem Vergessen der eige-
    unser Gehirn ständig mit Informa-         nen Biografie. Damit einhergehend ist    Das soziale Umfeld muss lernen, die
    tionen überflutet wird.                   der zunehmend schwindende Kontakt        neue Lebenswelt der Betroffenen zu
                                              zum sozialen Umfeld.                     akzeptieren und sie in den Alltag zu
    Kritisch wird es, wenn die Vergesslich-
                                                                                       integrieren. Auch wenn Ereignisse, die
    keit Auswirkungen auf das „normale“       Was ist Demenz?
                                                                                       erzählt werden, noch so verwirrend
    Leben hat. Jemand findet den Nach-
                                              Demenz ist eine der häufigsten Ge-       sind, für Menschen mit Demenz ist das
    hauseweg nicht mehr oder die eigenen
                                              sundheitsrisiken, die sich mit zuneh-    Realität. Emotionale Nähe erzeugt
    Kinder und die Partnerin oder der Part-
                                              mendem Alter einstellen. Der größte      Vertrauen, Berührungen sind wichtig.
    ner werden nicht erkannt. „Seitdem
                                              Auslöser von Demenz ist die Alzheimer-   Wichtig sind auch immer wiederkeh-
    mein Arzt bei mir Demenz diagnosti-
                                              Krankheit. Man unterscheidet zwischen    rende Rituale, die in die Tagesstruktur
    ziert hat, ist mein Leben aus den Fu-
                                              primärer und sekundärer Demenz. Bei      Sicherheit bringen. Gemeinsames Sin-
    gen geraten, ich fühle mich so verlas-
                                              der primären Demenz degenerieren die     gen von bekannten Liedern oder das
    sen“, sagt Anna L.. Ihre Demenzerkran-
                                              Nervenzellen des Gehirns. Die sekun-     Zubereiten von Mahlzeiten sind abruf-
    kung ist erst im Anfangsstadium, sie
                                              dären Demenzen finden ihre Ursachen      bare Rituale, die an der Gemeinschaft
    versucht, ihr Leben neu zu organisie-
                                              bei organischen Erkrankungen wie zum     teilhaben lassen.                   RH
    ren: „Ich möchte so lange wie möglich
    die Kontrolle über mein Leben behal-
    ten!“ So wie bei Anna L. stellen die
    Auswirkungen von Demenz eine Her-                                  Buchtipp
                                                Arno Geiger: Der alte König in seinem Exil. „Weil
                                                man als Kind seine Eltern für stark hält […], sieht
      Rheinland-Pfalz setzt sich bereits        man ihnen die allmählich sichtbar werdenden
      seit 2003 für die Anliegen von            Schwächen sehr viel schwerer nach als anderen
      Menschen mit Demenz ein und               Menschen.“ So der Sohn im autobiografischen Ro-
      trägt mit vielen Maßnahmen und            man von Arno Geiger. Aber allmählich tritt er ein in
      Projekten zur Weiterentwicklung           das „Exil“ des an Alzheimer erkrankten Vaters und
      einer flächendeckenden guten              erkennt staunend, dass „der alte König“ trotz seiner
      Demenzversorgung bei. Alle Infos          Unzulänglichkeiten Phasen großer Zufriedenheit
      unter www.demenzstrategie.rlp.de          durchlebt. Trost für den Sohn und für uns, die wir
      und www.menschen-pflegen.de.              das Buch lesen. ISBN: 978-3446236349, 20 Euro. FS

8   spätlese 2 /2018
Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Verletzlichkeit im Alter

Aktiv im Alter – neue Herausforderungen
bieten neue Chancen
„Das Menschenleben ist eine stän-           zeitstag – hält ihr Figurentheater jung.   ist ein Studium möglich. Wer gern stu-
dige Schule“, meinte der Schrift-           Infiziert damit als Jugendliche, wei-      dieren möchte, kann sich auch als
steller Gottfried Keller. Genau wie         tergepflegt im pädagogischen Beruf         Gasthörer an vielen Universitäten ein-
in der Schule kann man sich zu-             und jetzt in der Rente bleibt die Faszi-   schreiben. Dieser Status erlaubt es, in
rücklehnen und nichts tun oder              nation.                                    die verschiedenen wissenschaftlichen
Ideen entwickeln und versuchen,                                                        Fachgebiete hineinzuschnuppern und
                                            Knobeln ist das Hobby von Walter
sie umzusetzen.                                                                        auszuloten, was einem persönlich liegt
                                            Rupp aus Flomersheim. Er entwirft
                                                                                       und interessiert – ganz ohne Druck
Nach neuesten Studien kann der              Kreuzworträtsel auf Pfälzisch. Elfriede
                                                                                       und Leistungszwang. Um einen akade-
Mensch bis zu 140 Jahren alt werden.        Brücker aus Freinsheim ist Jungauto-
                                                                                       mischen Titel zu erwerben, ist ein re-
Hundertjährige gibt es mehr als je          rin mit 79 Jahren. Ihr erstes Buch be-
                                                                                       guläres Studium notwendig. Die ent-
zuvor, Senioren sind fitter als in frühe-   steht aus Mundartgedichten. „Dialekt“,
                                                                                       sprechenden schulischen Vorausset-
ren Generationen. Der technische und        meint sie, „stiftet Identität, schafft
                                                                                       zungen muss man nachweisen.
wissenschaftliche Fortschritt bietet Ent-   Vertrauen und bietet Gestaltungsfrei-
wicklungsmöglichkeiten für Körper und       heit.“ Bei bildenden Künstlern spricht     In Rheinland-Pfalz werden in Kaisers-
Geist auch im hohen Alter ab 80 oder        man vom Alterswerk. Schauspieler rei-      lautern, Koblenz-Landau, Mainz und Trier
90 Jahren.                                  fen vom jugendlichen Liebhaber zum         Gasthörerstudien angeboten. In Trier
                                            Charakterdarsteller, zum Beispiel Ma-      sind Ägyptologie/Altorientalistik/Kop-
Rente und Schluss war gestern                                                          tologie, die Erforschung der Hochkul-
                                            rio Adorf, ein Rheinland-Pfälzer.
Mit 70 Jahren noch Marathon laufen,                                                    turen des Alten Ägyptens in sprachli-
                                            Studium im Alter                           cher, kultureller und archäologischer
noch im Beruf arbeiten oder ehrenamt-
lich tätig werden im Sport-, Sozial-        Hirn braucht Arbeit, sagen sich immer      Hinsicht, sowie Japanologie, die Erfor-
oder Kulturbereich, das alles ist keine     mehr ältere Menschen, die neugierig        schung und Lehre der Sprache, Ge-
Seltenheit mehr. Das Ehepaar Kliewer –      und wissenshungrig geblieben sind.         schichte und Kultur Japans, sehr be-
kürzlich feierten sie ihren 60. Hoch-       Selbst in sehr fortgeschrittenem Alter     liebte Vorlesungen.                EPM

                                                                                                                  INFO
   Kaiserslautern, Studierenden-Service-Center, Gottlieb-Daimler-Straße, Gebäude 47, Erdgeschoss 67, Telefon
   06 31/2 05 52 52, www.uni-kl.de/studium/studienangebot/gasthoererschaft/;
   Koblenz-Landau, Studierendensekretariat Koblenz, Telefon 0 61 31/37 46 00, E-Mail: studko@uni-koblenzlandau.de,
   www.uni-koblenz-landau.de/ unter den Stichpunkten Studienangebot, Bewerbungsverfahren und Gasthörer;
   Mainz, Studieren 50plus Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW), Telefon 0 61 31/39-2 21 33, www.
   zww.uni-mainz.de/;
   Trier, Seniorenstudium der Uni Trier, Servicebüro Seniorenstudium, Universitätsring 15, 54286 Trier, Frau Sabine Krein,
   Telefon 06 51/2 01-32 49, www.uni-trier.de/index.php?id=32056. Die Seite www.senioren-studium.de/ bietet zusätz-
   liche und weiterführende Informationen und Artikel.                                                               EPM

                                                                                                              spätlese 2 /2018    9
Spätlese - Verletzlichkeit im Alter - Ministerium für Arbeit, Soziales ...
Verletzlichkeit im Alter

        Sich der                                                       Die Generation der Kriegskinder, die in den 30er-

        Vergangenheit stellen                                          und 40er-Jahren geboren wurden, wurde immer
                                                                       wieder konfrontiert mit dem Erbe der Nazizeit. Da-
                                                                       mit umzugehen, in der Familie, der Gesellschaft
                                                                       und auch bei Begegnungen über nationale Grenzen
                                                                       hinaus, ist eine Herausforderung.
                                                                       Die Frage nach Schuld und Verantwortung macht ver-
                                                                       letzlich – und fordert gleichzeitig Stärke. Sich diesem
                                                                       Erbe zu stellen, dafür haben die Menschen verschie-
                                                                       dene Wege gefunden. So setzen sich die einen durch
                                                                       eigene Forschungen und Recherchen mit der Ge-
                                                                       schichte auseinander. Andere wählen den literari-
                                                                       schen Weg. Als Beispiel seien hier zwei Bücher vorge-
                                                                       stellt, die sich auf unterschiedliche Weise mit den
                                                                       Verstrickungen der eigenen Familie in der Nazizeit
                                                                       beschäftigen. Wieder andere übernehmen Verant-
                                                                       wortung, indem sie durch ihr Engagement versuchen,
                                                                       etwas wiedergutzumachen. Ein Beispiel dafür lesen
                                                                       Sie unten.                                            CS

     Umgang mit deutscher Vergangenheit
     Deutschlands besondere Verantwortung für die Roma
     Ich war etwa vier bis fünf Jahre          Diskriminierung in Deutschland              2016, zur Zeit als im Bundestag die
     alt und sah, als ich die ersten           und Europa                                  Armenienresolution beschlossen wur-
     Ausflüge in die nähere Umgebung                                                       de, begann ich, Freundinnen und
                                               Achtzig Jahre später lernte ich wieder
     meines Elternhauses machte, am                                                        Freunde, Bekannte, Politikerinnen und
                                               eine Roma-Familie kennen, die in ihrer
     Waldrand einen grün gestrichenen                                                      Politiker in Kreis, Bund und Land auf
                                               Heimat im Kosovo verfolgt, diskrimi-
     Wagen. Sein Dach bestand aus                                                          das Schicksal der Roma und „mei-
                                               niert, von der Polizei schikaniert und
     einer grünen Plane. Aus dem                                                           ner“ Roma-Familie hinzuweisen. Die
                                               geschlagen wurde, bevor sie nach
     hinteren Teil des Wagens ragte                                                        von mir betreute Familie hat nur ein
                                               Deutschland geflohen ist. Die Familie
     ein rostbraunes Rohr in die Höhe,                                                     Bleiberecht, das alle vier Wochen von
                                               ist seit Jahren in Deutschland. Alle fünf
     aus dem weißer Rauch empor-                                                           der Ausländerbehörde genehmigt wer-
                                               Kinder und die Eltern sprechen gut
     stieg. Hinter dem Wagen weidete                                                       den muss. Die drohende Abschiebung
                                               deutsch. Drei von fünf Kindern sind in
     ein struppiges, kleines Pferd.                                                        lähmt alle Pläne für die Zukunft. Jeden
                                               Deutschland geboren, und alle sind
                                                                                           Monat zittert die Familie vor Angst,
     Beim langsamen, vorsichtigen Näher-       hier in die Schule gegangen oder ge-
                                                                                           abgeschoben zu werden.
     kommen sah ich ein kleines Mädchen        hen noch. Seit 2015 betreue ich diese
     mit schwarzen Haaren auf einer schma-     Familie. Ich wusste, dass auch in
     len Leiter sitzen, die ins Innere des     Deutschland die „Zigeuner“ diskrimi-
     Wagens führte. Das Mädchen schaute        niert wurden. In meinem Gymnasium
     mich an, ich schaute sie an, stumm,       wurde über die Lage der Roma und
     minutenlang. Dann ging das Mädchen        Sinti nicht gesprochen. Erst später er-
     hinter den grünen Wagen, kam mit ei-      fuhr ich, dass die Sinti und Roma in
     nem kleinen Igel wieder zurück und leg-   Deutschland von den Nazischergen ver-
     te den winzigen, warmen, stacheligen      folgt, gefoltert, vergast und vernichtet
     Igel in meine Hände. Plötzlich nahm sie   wurden, ebenso wie die Juden. Die
     den kleinen Igel wieder an sich und
                                                                                           Eine von vielen Tragödien
                                               Roma unterlagen den mörderischen
     hüpfte die Leiter hinauf und ver-         Nürnberger Gesetzen, sie sollten als        Bei meinen Recherchen stieß ich auf
     schwand im Inneren des Wagens. Seit-      Volk aus rassehygienischen Gründen          das Schicksal des Rom Anton Rein-
     her habe ich oft an sie gedacht.          ausgemerzt werden wie die Juden.            hardt, der 1943 sterilisiert werden

10   spätlese 2 /2018
Verletzlichkeit im Alter

sollte. Nachdem ihm zunächst die
Flucht in die Schweiz gelungen war,
wurde er an die Nazis ausgeliefert.
Nochmals gelang ihm eine Flucht, er
wurde aber am Karfreitag gefangen
genommen und von einem SS-Stand-
gericht zum Tode verurteilt. Der noch
nicht 18-Jährige musste sein Grab
selbst schaufeln und wurde dann er-
schossen. Seine beiden Mörder wur-
den 1959 zu Haftstrafen auf Bewäh-
rung verurteilt, beide saßen keinen
Tag im Gefängnis.
Wir Kinder und Enkel des Naziverbre-
cherstaates sind nicht schuldig, aber
für die Sicherheit der Roma und Sinti
verantwortlich. Deshalb sollten wir die
Sinti und Roma in unserer Mitte auf-
nehmen und schützen und sie nicht
abschieben.                         DK

                          Buchtipps
   Uwe Timm: Am Beispiel meines Bruders.          sich ein und provozieren Fragen: „Wie sah
   „Erhoben werden – Lachen, Jubel, eine un-      der Bruder sich selbst? Welche Empfindun-
   bändige Freude“, mit dieser Erinnerung be-     gen hatte er? Erkannte er etwas wie Täter-
   ginnt die autobiografische Erzählung von       schaft, Schuldigwerden, Unrecht?“ Es sieht
   Uwe Timm. Es ist das Kriegsjahr 1943, Timm     so aus, als leiste Uwe Timm stellvertretend
   ist drei Jahre alt und sein 16 Jahre älterer   Trauerarbeit. Seine Familie, besonders sein
   Bruder auf Heimaturlaub. Wenige Monate         Vater, typisch für die durch die Niederlage
   später ist er tot. Nach 60 Jahren nähert       gedemütigte Generation, verdrängte die
   sich Uwe Timm diesem Bruder, der sich,         Schuldfrage, sprach von „Befehlsnotstand“.
   kränkelnd, aber „tapfer“, wie sein Vater ur-   Uwe Timm reflektiert, analysiert, aber ver-
   teilte, freiwillig zur SS-Totenkopfdivision    urteilt nicht. Es ist – so der Titel eines Ro-
   meldete. Er war gerade mal 19 Jahre alt. Auf   mans von Peter Härtling – eher „nachge-
   der Grundlage von Briefen und Tagebuch-        tragene Liebe“ zu seiner Familie und der
   einträgen versucht der kleine Bruder den       unerfüllbare Wunsch, sein Bruder hätte die Möglichkeit der Selbst-
   großen zu verstehen. „Brückenkopf über den     konfrontation gehabt, der Aussöhnung mit der Vergangenheit. Im
   Donez. 75 m raucht Iwan Zigaretten, ein        Jahre 2003 veröffentlicht, ist dieses Buch immer noch absolut lesens-
   Fressen für mein MG.“ Diese Worte brennen      wert. ISBN: 978-3462033205, 16,90 Euro                            FS

   „Die Menschheit kommt mir vor wie ein          nen, die sich mal streiten und dann wieder
   Kind, das einen Turm baut, immer höher,        zusammenraufen nach dem Motto „Wir sind
   immer größer, aber zwischendurch verspürt      doch Schwestern“: starke Frauen, berufstä-
   es unbändige Lust, alles zu zerstören.“ So     tig, selbstbewusst, dabei sehr katholisch und
   Adeles Kommentar zu ihrem wechselvollen        politisch konservativ. Der Autorin merkt
   Leben von der Kaiserzeit bis zur Jahrtau-      man die Bewunderung für ihre Großtanten
   sendwende. Die Fernsehmoderatorin Anne         an, die an den seelischen Verletzungen und
   Gesthuysen porträtiert im Gewand eines         Zumutungen des Lebens nicht zerbrochen
   Familienromans ihre drei Großtanten und        sind. Anna Gesthuysen ist ein interessan-
   lädt die Leserschaft an die Festtafel von      ter und humorvoller Roman gelungen mit
   Adele, die ihren 100. Geburtstag feiert. In    hohem Identifikationspotenzial für die weib-
   zahlreichen Rückblenden lernen wir Adele       liche Leserschaft. Anne Gesthuysen: Wir
   und ihre beiden jüngeren Schwestern ken-       sind doch Schwestern. ISBN: 978-3-462-04465-2, 19,99 Euro.       FS

                                                                                                        spätlese 2 /2018   11
Europa

     Ein europäischer Moment
     Die Bundesministerin für Familie,
     Senioren, Frauen und Jugend,
     Dr. Franziska Giffey, und Brigitta
     Wortmann, Bundesnetzwerk
     Bürgerschaftliches Engagement
     (BBE), haben die Engagement-Bot-
     schafterin und die Engagement-
     Botschafter 2018 ernannt.
     Katja Sinko von „The European Mo-
     ment“ und weitere Ernannte stehen
     stellvertretend für die Millionen von
     Ehrenamtlichen und Freiwilligen, die
     mit ihrem Einsatz in Initiativen, Pro-
     jekten und Vereinen unsere Gesell-
     schaft lebenswerter machen.
     Katja Sinko ist Europa-Aktivistin und
     Initiatorin der Kampagne „The Euro-
     pean Moment“. Schockiert vom Er-
     starken anti-europäischer Bewegun-
     gen und den rechtspopulistischen und       Von links nach rechts: Jan Duensing, Brigitta Wortmann, Dr. Franziska Giffey, Katja Sinko,
     fremdenfeindlichen Entwicklungen der       Klaus Hirrich und Johannes Müller
     letzten Jahre rief sie gemeinsam mit
     anderen jungen Engagierten die pro-        sche Werte und gegen rechtspopulis-            sen dem destruktiven Zorn populisti-
     europäische Kampagne ins Leben. Mit        tische Hetze einzusetzen. Mit ihrem            scher Gruppierungen entgegenzustel-
     dem „March for Europe“ im Frühjahr         politischen Engagement möchte Katja            len. „Sorry, wir sind spät dran, aber
     2017 und der Unterschriftenkampag-         Sinko auch andere Menschen öffent-             jetzt wird Europa gerettet“, sagt die
     ne „Mach es europäisch“ mobilisierte       lichkeits- und medienwirksam dazu mo-          Engagement-Botschafterin. Mehr zu
     „The European Moment“ Tausende Men-        tivieren, gemeinsam ihre Stimmen für           „The European Moment“ unter http://
     schen, sich gemeinsam für europäi-         Europa zu erheben und sich entschlos-          theeuropeanmoment.eu.             CS

                                                                                                                             INFO
                                 „Ein gutes Leben im Alter – weltweit!“ – so         den. Ferner über Selbstbestimmung per Ge-
                                 heißt ein neues Themenheft der Bundesar-            setz in Irland und Bürgerteams für Ältere im
                                 beitsgemeinschaft der Senioren-Organisa-            Projekt Monalisa in Frankreich.
                                 tionen e.V. (BAGSO). Es stellt innovative
                                 Projekte der Seniorenarbeit rund um den             Printexemplare (Einzelexemplare und größe-
                                 Globus vor und gibt Impulse für die interna-        re Mengen) können bei der BAGSO bestellt
                                 tionale Seniorenpolitik. Beispielsweise er-         werden unter bestellungen@bagso.de, Tele-
                                 fährt man mehr über seniorenfreundliche             fon 02 28/2 49 99 30. Herunterladen kann
                                 Gemeinden in der Euro-Region Maas-Rhein             man das Heft auf der Seite www.bagso.de,
                                 in Belgien, Deutschland und den Niederlan-          Stichwort Publikationen.                CS

                                       Ein Zusammenschluss meh-       Luxemburg studieren und in Saarbrücken Veranstaltun-
                                       rerer Universitäten ist die    gen besuchen, in Lüttich forschen und in Kaiserslautern
                                       Universität der Großre-        an einem Projekt arbeiten. Die Universität der Großregion
                                       gion. Bestehend aus den        wurde 2008 durch ein Projekt der EU gefördert, das bis
                                       Universitäten in Trier, Kai-   2013 lief. Seitdem besteht sie in Form eines grenzüber-
        serslautern, Saarbrücken, Lothringen, Luxemburg und           schreitenden Universitätsverbunds mit eigener Rechts-
        Lüttich bietet der einzigartige Verbund vielfältige Mög-      form. Die zentrale Geschäftsstelle befindet sich in Saar-
        lichkeiten für Studierende. Sie können beispielsweise in      brücken, Villa Europa, Kohlweg 7, www.uni-gr.eu.       CS

12   spätlese 2 /2018
AUS SENIORENBEIRÄTEN
                                                                                                         UND PROJEKTEN

Eindrücke vom Deutschen Seniorentag
                                                                                          Die Idee zur gemeinsamen Fahrt ging
                                                                                          von der Seniorenhilfe Altenkirchen aus
                                                                                          und wurde gerne aufgenommen.
                                                                                          Schlussendlich machte sich eine Grup-
                                                                                          pe von 34 Teilnehmerinnen und Teil-
                                                                                          nehmern auf den Weg ins Ruhrgebiet.
                                                                                          Neben Mitgliedern der Seniorenbeiräte
                                                                                          und Nachbarschaftshilfen, der Land-
                                                                                          frauen, des Mehrgenerationenhauses
                                                                                          „Mittendrin“ in Altenkirchen sowie der
                                                                                          Kirchengemeinden waren auch mit-
                                                                                          fahrende Seniorensicherheitsberaterin-
                                                                                          nen und -berater mit dem Angebot
Der zwölfte Deutsche Seniorentag           Fahrt, 30 Seniorinnen und Senioren             des Seniorentages mehr als zufrieden.
fand im Mai 2018 in Dortmund               waren der Einladung gefolgt. Sie infor-
                                                                                          Zufrieden war auch das Team der Re-
statt. Viele Menschen aus Rhein-           mierten sich auf der Messe mit über
                                                                                          daktion Spätlese. Denn fünf Redakteu-
land-Pfalz besuchten die Metro-            200 Ausstellerinnen und Ausstellern
                                                                                          rinnen und Redakteure nutzten den
pole im Ruhrgebiet, um sich zu             und den angebotenen Veranstaltungen
                                                                                          Seniorentag, um sich über Neuigkeiten
informieren und zu vernetzen.              zu den Themen Gesundheit und Pfle-
                                                                                          im Bereich der Seniorenarbeit zu infor-
                                           ge, Bildung und soziales Engagement.
„Ältere bilden das Rückgrat der Ehren-                                                    mieren. Die Eindrücke waren positiv
                                           Höhepunkt der Veranstaltung war für
amtlichen“, so Bundespräsident Frank-                                                     und werden sicherlich in vielen Berich-
                                           sie die festliche Eröffnung mit dem Bun-
Walter Steinmeier in seiner Rede, mit                                                     ten aufgegriffen werden. Der Deut-
                                           despräsidenten.
der er den Deutschen Seniorentag er-                                                      sche Seniorentag wird von der Bun-
öffnete. Dabei war auch das Senioren-      Auch der Kreisseniorenbeirat des Land-         desarbeitsgemeinschaft der Senioren-
büro „Die Brücke“ des Rhein-Lahn-Krei-     kreises Altenkirchen organisierte einen        Organisationen (BAGSO) ausgerichtet.
ses. Das Seniorenbüro organisierte die     Besuch des Deutschen Seniorentags.                                                 CS

Seniorenbeirat Stadt Pirmasens wählte komplett
weiblichen Vorstand
Der für drei Jahre gewählte gschäfts-      Wertvolle Arbeit für die Stadt                 Die Delegierten für die Landesvertre-
führende Vorstand des Seniorenbei-                                                        tung sind Dietmar Brose und Heini
                                           Zwick lobte die gute soziale Vernet-
rates der Stadt Pirmasens gab be-                                                         Ehrlich, stellvertretend Elfriede Baas
                                           zung des Beirates und führte anhand
reits im Vorfeld der Wahlen bekannt,                                                      und Lothar Sandoz.       M.-L. Hehner
                                           einer Zusammenstellung noch einmal
dass alle bisher handelnden Perso-
                                           detailliert die Aktivitäten des „Senio-
nen für eine erneute Kandidatur nicht
                                           renbeirat der Stadt Pirmasens“ vor Au-
mehr zur Verfügung stehen.
                                           gen. Insgesamt sprach Zwick von gro-
Als zuständiger Dezernent bedankte         ßen Bewegungen und Ideenreichtum.
sich Bürgermeister Markus Zwick bei        Unter der Leitung von Bürgermeister
dem scheidenden Vorsitzenden Horst         Zwick, dem Leiter des Seniorenbüros
Resch, seinem Stellvertreter Dietmar       Peter Riegel sowie dem dortigen Mit-
Brose, der zweiten stellvertretenden       arbeiter Walter Schwarz brachte die
Vorsitzenden Roswitha Schmenger so-        Vorstandswahl des neuen Seniorenbei-           Neben Bürgermeister Markus Zwick (links)
wie der Schriftführerin Renate Raidt       rats folgendes Ergebnis: Geschäftsfüh-         werden sich die nächsten drei Jahre (wei-
und deren Stellvertreterin Elfriede Baas   render Vorstand, Vorsitzende: Renate           ter von links) Renate Vogl, Elfriede Baas,
für die geleistete wertvolle Arbeit.       Vogl, erste Stellvertreterin: Elvira Sche-     Elvira Scherer, Inge Kratz, Lothar Sandoz,
Aufgabe des Seniorenbeirates ist die       rer, zweite Stellvertreterin: Elfriede Baas,   Maria-Luise Hehner, Heini Ehrlich und
Vertretung der älteren Menschen in         Schriftführerin: Maria-Luise Hehner, stell-    Dietmar Brose für die Rechte der Senio-
allen für sie relevanten Anliegen.         vertretende Schriftführerin: Inge Kratz.       rinnen und Senioren einsetzen.

                                                                                                                  spätlese 2 /2018     13
AUS SENIORENBEIRÄTEN
     UND PROJEKTEN

     SeniorTrainerinnen und -Trainer fördern Inklusion
                                                                                         Das Mehrgenerationenhaus
                                                                                         (MGH) „Mittendrin“ in Alten-
                                                                                         kirchen signalisiert schon
                                                                                         durch seinen Namen: Mitten-
                                                                                         drin für alle Menschen, und das
                                                                                         heißt vor allem auch mitten-
                                                                                         drin für Menschen mit Behin-
                                                                                         derungen.
                                                                                         „Jeder Mensch gehört dazu“, sagt Silke
                                                                                         Seyler, die Koordinatorin des MGH.
                                                                                         Ganz besonders wichtig ist ihr die Ar-
                                                                                         beit der inklusiven Freiwilligenagentur
     Im Reperaturcafé in Altenkirchen                                                    des Diakonischen Werkes in Altenkir-

     Kurz und knapp
                                                                    Die Bundesarbeitsgemeinschaft Fa-
                                                                    milienerholung hat im Programm „In
                                                                    jedem Alter: Häusliches Wohnen stär-
                                                                    ken, pflegende Angehörige entlasten“
                                                                    eine vom Bundesministerium für Fa-
                                                                    milie, Senioren, Frauen und Jugend
                                                                    geförderte Broschüre „Urlaub mit
                                                                    der Familie – Familienerholung für
                                                                    Menschen mit Handicap, Pflegebe-
                                                                    dürftige und Angehörige mit Pflegeverantwortung“ ver-
                                                                    öffentlicht. In Familienferienstätten gibt es seit Jahren An-
     Als „Ü80-Kurier“ ist Walter Kopf mit seinem Fahrrad in         gebote, in denen die Bedürfnisse von Menschen mit Be-
     Westhofen unterwegs. Er erledigt Einkäufe für alte, hilfsbe-   hinderungen mitbedacht wurden. Ebenso gibt es seit einiger
     dürftige Menschen. Die Einkäufe seiner Kundinnen und Kun-      Zeit spezielle Angebote für Menschen, die Pflegeverantwor-
     den transportiert er in Kisten am Lenkrad seines umge-         tung tragen, die eine gemeinsame Urlaubszeit mit der pfle-
     bauten Fahrrads. Wer über 80 Jahre alt ist, aus Westhofen      gebedürftigen Person ermöglichen und zeitgleich Entlas-
     ist und Hilfe benötigt, kann sich unter Telefon 0 62 44/7310   tung von der Pflege sicherstellen. Die Broschüre stellt
     melden.                                                   CS   erstmals das Angebot von über 30 Familienferienstätten
                                                                    vor. www.bag-familienerholung.de/links-familien/, Stichwort
                                                                    Veröffentlichungen. Bundesarbeitsgemeinschaft Familien-
     Die Bundesarbeitsgemeinschaft der                              erholung, c/o Verband der Kolpinghäuser, Breite Straße 110,
     Senioren-Organisationen (BAGSO) ruft                           50667 Köln, Telefon 02 21/29 24 13-16.                     CS
     uns alle dazu auf, die Endlichkeit
     ihres Lebens nicht zu verdrängen und
     durch das Aufsetzen einer Patienten-                           „Zeit der Reiher“ heißt ein
     verfügung und einer Vorsorgevollmacht                          Ein-Personen-Theaterstück,
     die Angehörigen nicht mit schwieri-                            dass eine Gruppe der Ano-
     gen Entscheidungen alleine zu lassen. In dem Grundsatzpa-      nymen Alkoholiker seit 2015
     pier „Würde bis zuletzt!“ erinnert sie auch an die Be-         immer wieder in Rheinland-Pfalz aufführt, zuletzt im Au-
     deutung von Ritualen wie Trauerfeier und Bestattung für die    gust 2018 in Kusel. Thema ist Sucht im Alter. Das Stück han-
     Hinterbliebenen. Vereine und Verbände sollten das Thema        delt von einem Schauspieler, der süchtig und am Ende ist. Die
     „Sterben und Tod“ als Teil ihres verbandlichen Bildungsauf-    Anonymen Alkoholiker sind eine Selbsthilfeorganisation für
     trags ansehen. Das Positionspapier finden Sie unter www.       Menschen, die alkoholkrank sind. Anonyme Alkoholiker, Te-
     bagso.de, Stichworte Publikationen und Positionen.      CS     lefon 0 87 31/3 25 73 12, www.anonyme-alkoholiker.de CS

14   spätlese 3 / 2017
AUS SENIORENBEIRÄTEN
                                                                                                     UND PROJEKTEN

chen, die Menschen mit Beeinträchti-      Dorothea Mai als ausgebildete Senior-
gungen Möglichkeiten des eigenen          Trainerin in Sachen Inklusion unter-
ehrenamtlichen Engagements eröff-         wegs. Sie initiierte und fördert ge-
nen will. Hier arbeiten SeniorTraine-     meinsam mit weiteren Ehrenamtlichen
rinnen und -Trainer und Menschen aus      die Gruppe „Regenbogen“. Unterhal-
der Freiwilligenagentur zusammen.         tungsspiele, Trommeln und Singen oder
Gute Beispiele dafür sind die Repara-     Boulespielen sind nur einige der viel-
turwerkstatt oder das Sonntagscafé        fältigen Aktivitäten, die die Regenbo-
im Mehrgenerationenhaus. „Für viele       gen-Gruppe unternimmt.
Menschen, die gewohnt sind, Hilfen
                                          Beiden engagierten Frauen gemein-
zu erhalten, ist dies eine besonders
                                          sam ist der Wunsch nach Verbesse-
wichtige Erfahrungen“, meint Silke
                                          rungen der ländlichen Infrastruktur,
Seyler.
                                          die einer Teilhabe gerade von Men-
Am ganz anderen Ende des Landes, in       schen mit Beeinträchtigungen im We-
Germersheim und Umgebung, ist             ge steht.              Winfried Frank      Klappt: Alt und Jung reparieren gemeinsam.

                                   Sozialministerin Sabine     Veranstaltungen zu Seniorensicherheit, Sicherheitstage,
                                   Bätzing-Lichtenthäler hat   Einsatz für Barrierefreiheit oder Gewaltprävention, Akti-
                                   die überarbeitete Home-     vitäten zum Bereich Notfall, Verbraucherschutzaktivitäten,
                                   page „Menschen pfle-        Sicherheit im Umgang mit PC, Smartphone und In-
                                   gen“ vorgestellt. Sie ist   ternet und vieles andere mehr. Es winkt ein Preisgeld von
nun auch auf dem Handy und dem Tablet komfortabel              2.500 Euro, außerdem ist öffentliche Anerkennung garan-
abrufbar. Die umfangreiche Plattform informiert rund um        tiert. Für die Bewerbung ist das abrufbare Bewerbungsfor-
das Thema Pflege. Über die Homepage können Interessierte       mular auf der Homepage www.kriminalpraevention.rlp.de/
erfahren, wo sie wohnortnah Beratung und Unterstützung         Landespräventionspreis zu nutzen. Einsendeschluss ist der
bekommen, wie sie Vorsorge treffen können, welche Mög-         31. Oktober 2018.                                    GFM
lichkeiten es bei einer Demenzerkrankung gibt und auch, wo
man sich hinwenden kann, um in der letzten Lebensphase
begleitet zu werden.                                           Das Sozialministerium
                                                               fördert mit dem Projekt
Eine wichtige Neuerung der Homepage ist die Funktion           WohnPunkt RLP den
„Hilfe finden“. Hier können die Leserinnen und Leser unter     Aufbau von Wohn-Pfle-
Angabe ihres Landkreises nach Pflegestützpunkten und           ge-Gemeinschaften in kleinen ländlichen Gemeinden. Im
Einrichtungen sowie Hospizen suchen und erhalten dazu          Donnersbergkreis sowie in den Landkreisen Kaiserslautern,
alle erforderlichen Kontaktdaten. Internet: www.menschen-      Bad Dürkheim, Bad Kreuznach und Mayen-Koblenz kommen
pflegen.de.                                            CS      weitere Modellkommunen hinzu. Damit wurden nun insge-
                                                               samt 33 Projekte in das Projekt aufgenommen. WohnPunkt
                                                               RLP unterstützt in einem mehrjährigen Prozess ländliche
Bei der diesjährigen Aus-                                      Gemeinden in all den Fragen, die es von der Idee bis zur
schreibung des Landes-                                         Realisierung zu klären gilt. Dabei geht es zum Beispiel um die
präventionspreises wird                                        Bedarfsermittlung, den Standort, barrierefreien Umbau, so-
ein Sonderpreis für Pro-                                       zialrechtliche Fragen und darum, wie die Einbindung in das
jekte zur Förderung der                                        Dorfleben organisiert werden kann. Dr. Matthias Krell, Ge-
Seniorensicherheit verliehen. Ein guter Grund mehr, sich       schäftsführer der Landeszentrale für Gesundheitsförderung
zu bewerben und aktuelle Projekte oder die Arbeit im           in Rheinland-Pfalz e.V., zieht eine positive Bilanz: „Drei Wohn-
Bereich Prävention aus den vergangenen zwei Jahren dar-        Pflege-Gemeinschaften sind inzwischen eröffnet, in einer wei-
zustellen. Beispiele sind Präventionstage, Vorsorgeveran-      teren hat der Spatenstich stattgefunden und in fünf Gemein-
staltungen, Sicherheitstrainings für Seniorinnen und Senio-    den wird voraussichtlich noch in diesem Jahr mit dem Bau be-
ren, Veranstaltungen zu Mobilität und Verkehrssicherheit,      gonnen.“ Informationen unter www.WohnPunkt-RLP.de, Kon-
Projekte der Seniorensicherheitsberaterinnen und -berater,     takt: Astrid Grunewald-Feskorn, Telefon 0 6131/20 69-63. CS

                                                                                                             spätlese 2 /2018     15
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