Steroiddiabetes - gibt es Kochrezepte? - Thorsten Siegmund - FKDB 2012

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Steroiddiabetes - gibt es Kochrezepte? - Thorsten Siegmund - FKDB 2012
FKDB 2012

Steroiddiabetes – gibt es Kochrezepte?

                        Thorsten Siegmund
          Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie
      Städt. Klinikum München GmbH, Klinikum Bogenhausen
Steroiddiabetes - gibt es Kochrezepte? - Thorsten Siegmund - FKDB 2012
Glucocorticoide – Segen und Fluch
-   immunsuppressiv, antiinflammatorisch  gewünscht

aber:

-   Probleme einer langdauernden Steroidtherapie
    oberhalb der Cushing-Schwellendosis:
-   Klinische Symptome eines Cushing-Syndroms:
-   Hyperglykämie
-   Nebennierenrindeninsuffizienz
-   Osteoporose
-   Dyslipidämie
-   Arterielle Hypertonie

-   M. Cushing allgemein:
-   2-fach erhöhte Mortalitätsrate (insb. kardiovaskulär)
-   deutlich erhöhte Morbidität
-   vergleichbar mit der Prognose eines Colon-CA
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Glucocorticoid-induzierter Diabetes -
                        Pathophysiologie

                         Steigerung der Insulinresistenz
                         Abnahme der Beta-Zell-Funktion
Langsang MC et al. CCJM Vol. 78, 11, 2011
Steroiddiabetes - gibt es Kochrezepte? - Thorsten Siegmund - FKDB 2012
Cortisol – Metabolisches Syndrom

Panagiotis et al., J Clin Endocrinol Metab., 2009, 94(8):2692–2701
Glucocorticoid-induzierter Diabetes ist häufig

Beispiele:

- Rheumatoide Arthritis:
  9% aller Patienten unter Steroidtherapie entwickeln
  einen Diabetes innerhalb der ersten 2 Therapie-Jahre

- Nicht-Diabetiker mit Niereninsuffizienz:
  unter 0,75mg/kg KG (ca. 60 mg Tagesdosis) Predinisolon
  haben 42% der Patienten im OGTT BZ-Werte über 200 mg/dl

- Nachgewiesen sind erhöhte Raten an Ketoazidosen (T1D) bzw.
  vermehrt hyperosmolare Entgleisungen (T2D) bei Diabetikern
  unter Steroidtherapie
Glucocorticoid-induzierter Diabetes ist häufig
Glucocorticoid-induzierter Diabetes ist häufig
-   dosisabhängige Wahrscheinlichkeit für die Notwendigkeit einer
    antidiabetischen Therapie bei bisherigen Nicht-Diabetikern:

=> OR 1,77 bei Hydrocortison-Äquivalenzdosen von 1-39 mg/Tag
=> OR 3,02 bei Hydrocortison-Äquivalenzdosen von 40-79 mg/Tag
=> OR 5,82 bei Hydrocortison-Äquivalenzdosen von 80-119 mg/Tag
=> OR 10,34 bei Hydrocortison-Äquivalenzdosen von ≥120 mg/Tag
Äquvialenzdosen:
20 mg Hydrocortison ≈
5 mg Prednison, Prednisolon (Decortin®/Decortin H®) ≈
0,75 mg Dexamethason (Fortecortin®)

Cortisol-Eigenproduktion (Cushing-Schwelle): 4,8 – 6,8 mg/qm/Tag:

Bsp.: 89 kg, 188 cm, BMI 25,2 kg/qm, KOF 2,16 qm
=> Cushing-Schwelle liegt bei ca. 10-15 mg Hydrocortison 2-4 mg Prednisolon
(die Bioverfügbarkeit beträgt ca. 40-80%, sodass die Cushing-Schwellendosis oberhalb 5 mg
Prednison anzunhemen ist)
Glucocorticoid-induzierter Diabetes –
           wie screenen – wie vorgehen?

1. Dauer der Steroidtherapie:
   Tage, wenige Wochen, Dauertherapie?

2. Leitlinien zur Glukosediagnostik unter Steroidtherapie liegen
   kaum vor (Dauertherapiepatienten nach Transplantation)

3. Risikopatienten:
   HbA1c ≥ 5,7%, Übergewicht, familiäre Vorbelastung
Glucocorticoid-induzierter Diabetes –
          wie screenen – wie vorgehen?

1. Wie praktisch vorgehen:

   - Steroidgabe möglichst morgens (reduziert NN-Suppression)

   - Pharmakokinetik Steroide:
    beginnender BZ-Anstieg nach 2-4 h,
    Maximal-Effekte nach 4-6 Stunden,
    Wirkdauer 13-16 h

                     typisches BZ-Profil:
             - oft normale bis leicht erhöhte Nü-BZ-Werte
(hohe Dosen/Gabe 2xtgl. induzieren zusätzlich erhöhte Nü-BZ Werte)
  - im Laufe des Vormittags drastisch ansteigende BZ-Werte, die bis
                    in den frühen Abend erhöht bleiben
Glucocorticoid-induzierter Diabetes –
             wie screenen – wie vorgehen?
1. Bisherige Nicht-Diabetiker:
   - idealer Messzeitpunkt für das Screening:
1-2 h nach dem Mittagessen (Ziel: < 180 mg/dl)

Mögliches Vorgehen:

- pp-BZ erhöht bis 200/220 mg/dl:
 möglich ist hier der Versuch einer Monotherapie:
- Metformin, DPP4-Hemmer, Glinide, GLP1-Agonisten
- Sulfonylharnstoffe nur bedingt geeignet
(cave: langwirksame SU wie Glimepirid können nächtliche Hypoglykämien induzieren)

- pp-BZ erhöht ab >220-260 mg/dl:
 möglich ist hier der Versuch einer 2-fach-Kombination:
- Metformin + DPP4-Hemmer,
- Metformin + Glinide,
- Metformin + GLP1-Agonisten
- Metformin + SU
Die Folgen einer Hyperglykämie

             (ab BZ Werten von >180 mg/dl = 11,1 mmol/l)

• Reduziertes intravasales Volumen
• Dehydratation
• Elektrolytverschiebungen
• Gestörte Leukozyten-Funktion
• Immunglobulin-Deaktivierung
• Störung der Complement-Faktoren
• Erhöhte Kollagenaseaktivität  reduzierte Wundkollagenbildung

 Indikation zur antihyperglykämischen Therapie
Glucocorticoid-induzierter Diabetes –
           wie screenen – wie vorgehen?
1. Bisherige Nicht-Diabetiker:
   - idealer Messzeitpunkt für das Screening:
     1-2 h nach dem Mittagessen (Ziel: < 180 mg/dl)

- pp-BZ erhöht ab >260 mg/dl:
   Hier hilft (nur noch) Insulin:
  - Tagesdosis ca. 0,15-0,3 Einheiten/kg KG

- A) 1xMischinsulin zum Frühstück (30/70 oder 50/50)
  (kein Analog-Misch-Insulin)
  Bsp.: 80 kg KG => 12-24 Einheiten Startdosis

- B) 3xNormalinsulin zu den Hauptmahlzeiten
  (kein kurz wirksames Analog-Insulin)
  Bsp.: 80 kg KG => 12-24 Einheiten 5-5-2 bis 10-10-4 E Startdosis
Glucocorticoid-induzierter Diabetes –
           wie screenen – wie vorgehen?
1. Bisherige Nicht-Diabetiker:
   - idealer Messzeitpunkt für das Screening:
     1-2 h nach dem Mittagessen (Ziel: < 180 mg/dl)

- Insulindosis-Titration nicht vergessen!

- Bei erhöhten Nü-BZ zusätzlich abends Mischinsulin (falls
  bisher 1x morgens Mischinsulin) bzw. ein lang wirksames
  Basalinsulin (falls bisher Normalinsulin)

- Werden die Steroide ausgeschlichen muss die Insulindosis
  reduziert werden

  Merke: %-Reduktion Steroide  %-Reduktion Insulindosis
Glucocorticoid-induzierter Diabetes –
           wie screenen – wie vorgehen?
1. Diabetiker:
   - bisher OAD:
    ggf. OAD ergänzen, bzw.
    Beginn mit Insulintherapie (zusätzlich) zu vorhandenen OAD

- Startdosis ähnlich wie bei Nicht-Diabetikern (0,15-0,3 E/kg KG)

2. Diabetiker:
- Insulintherapie vorbestehend:
 erhöhter Insulinbedarf
 entgleiste Werte: Dosis in 10-20%-Schritten erhöhen
(Pharmakokinetik beachten, insbes. die Morgens- bzw. Mittagsdosis
muss erhöht werden)
 der zu erwartende Insulinmehrbedarf beträgt 30%-100%!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

                        Thorsten Siegmund
          Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie
      Städt. Klinikum München GmbH, Klinikum Bogenhausen
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