Teilbericht 3: Green Learning&Education: Green Jobs&Skills&Qualification - LIquA
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Innovations- und Qualifikationsanforderungen im Bereich der Öko-Technologien&Wirtschaft&Politik in Oberösterreich. Teilbericht 3: Green Learning&Education: Green Jobs&Skills&Qualification AuftraggeberInnen: AMS OÖ, Land OÖ – Wirtschaftsressort, Land OÖ – Umweltressort.: LIquA/IBR/GIH 04/2011 d.lechner@liqua.net
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 LIquA / IBR / GIH LIquA - Linzer Institut für qualitative Analysen Netzwerk Innovative Bildungsräume (IBR) Green Innovation Hub (GIH) Mag. David Lechner / Mag.a Kathrin Anzinger / Doris Friesenecker ..... & Friends Untere Donaulände 10/1 | A-4020 Linz tel | fax | +43 070 21 69 74 mob | +43 650 207 208 9 mail | d.lechner@liqua.net IBR&GIH blog | www.liqua.net/ibr fb | http://www.facebook.com/liqua.ibr twitter | http://twitter.com/da_goliath About Das Linzer Institut für qualitative Analysen (LIquA) wurde Mitte 2001 mit dem Ziel gegründet, als unabhängiges sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut innovative Im- pulse in der österreichischen Forschungslandschaft zu setzen und den außeruniversitären Forschungsstandort in Österreich zu stärken. Das Netzwerk Innovative Bildungsräume (IBR) ist ein innovativer Zusammenschluss von WissenschafterInnen, ExpertInnen und PraktikerInnen aus unterschiedlichen Fach- richtungen. Die Mitglieder des Netzwerks decken das weite Spektrum zwischen Theorie und Praxis, zwischen Forschung und Beratung sowie zwischen den verschiedenen wis- senschaftlichen Disziplinen ab. Durch die Herausforderung der Klima-, Energie- und Ressourcenkrise wächst der Druck in Richtung radikaler und sozialer Innovationen. Die klassischen Bereiche wissenschaftli- cher und wirtschaftlicher Innovation werden daher einem fundamentalen institutionellen Umbau unterworfen. Durch die Pluralisierung der beteiligten Akteure und Instanzen (und damit auch die Beteiligung der anderen gesellschaftlichen Bereiche an den heterogen verteilten Innovationsprozessen) geraten diese anderen gesellschaftlichen Bereiche selbst unter Anpassungs- und Veränderungsdruck. Aus diesen Gründen wurde eine addonal Erweiterung des Netzwerkes LIquA/IBR um den Bereich der transdiziplinären ökologi- schen Innovationsforschung in Form eines Green Innovation Hub (GIH) vorgenommen. 2
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Über die Studie Der Forschungsfokus und -auftrag dieser Studie lag neben einer Erfassung der regional- wirtschaftlichen Folgen und Auswirkungen der Klima-, Energie und Rohstoffkrise und der Analyse der Branchen- Beschäftigungs-, Berufsstruktur und Qualifikationsbedarfe der Öko-Wirtschaft in OÖ, auf der Bestimmung von innovations- und wachstumsförderlichen Rahmenbedingungen und Strategien. Auf Basis einer umfassenden Literatur- und Interne- trecherche, von qualitative ExpertInnengespräche und -interviews (N = 50) mit relevanten regionalen, nationalen und internationalen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik und einer Unternehmensbefragung bei den oberösterreichischen Unternehmen des Ökoenergie-Clusters und des Umwelttechnik-Cluster (N = 211; RQ 40%) wurden folgen- de Ergebnisse erzielt. Teilbericht 1: Klimawandel und die Endlichkeit (fossiler) Rohstoffe&Ressourcen Dieser Teilbericht beschäftigt sich mit den Ursachen der Klima-, Energie- und Ressour- cenkrise. Betrachtet werden darüberhinaus die mannigfaltigen (lebensweltlichen, regiona- len und wirtschaftlichen) Auswirkungen sowie die daraus resultierenden Herausforderun- gen, die auf dem Weg zu einer Green Economy und Gesellschaft bewältigt werden müs- sen. Teilbericht 2: Green & No-carbon - Economy. Öko- & Umwelt -Wirtschaft In diesem Teilbericht der Studie liegt der Fokus auf der definitorische Abgrenzung und Charakterisierung der Green Economy sowie auf der Analyse von Beschäftigungs- und Marktpotentialen der Öko-Wirtschaft in Oberösterreich. Teilbericht 3: Green Learning&Education&Jobs&Skills&Qualification Der Fachkräfte- und Qualifizierungsbedarf sowie notwendige Anforderungen an ein adä- quates und proaktives Aus- und (Weiter-)Bildungssystem werden in diesem Teilbericht in den Mittelpunkt gestellt. Teilbericht 4: Green Innovation Policy Der Teilbericht 4 skizziert umfassend die politischen aber auch unternehmerischen und lebensweltlichen (Haus)Aufgaben, die auf dem erfolgreichen Weg zu einer Green Eco- nomy & Gesellschaft zu bearbeiten und zu leisten sind. 3
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Abstract ___________________________________________________________7 Green Learning&Education__________________________________________8 Jobs&Skills&Qualification ___________________________________________8 Green Job _________________________________________________________________________________11 Green Skills________________________________________________________________________________11 Green Qualification_________________________________________________________________________13 Charakteristika der Öko-Wirtschaft in Oberösterreich_________________________________________15 Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist/wird wissensintensiv. ______________________________________15 Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist technikorientiert___________________________________________15 Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist/wird dienstleistungsorientiert ______________________________16 Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist international ______________________________________________18 Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist/wird fachübergreifend _____________________________________19 Herausforderungen und Strategien sowie deren Bewältigung _________________________________20 Herausforderung: Proaktives Übergangsmanagement. Bildungs- und Berufsverläufe gestalten _________20 Strategie: Flexibilisierung des Bildungssystems durch die Annäherung an europäische Ziele ___________21 Strategie: Den Maßnahmen-Dschungel gezielt durchforsten, adäquat abholzen und reduziert aufforsten 22 Practice: „Übergänge mit System“ der Bertelsmann Stiftung. __________________________________________22 Strategie: Die Qualität der schulischen Berufs- und Studienorientierung stärken _______________________23 Herausforderung: Eine (Weiter-)Bildungs- und Berufsorientierung für die Öko-Wirtschaft _______________24 Strategie: Die schulische Berufsorientierung wird grün_______________________________________________24 Practice: Lehr- und Bildungsmaterialien _____________________________________________________________25 Strategie: Die Potenziale einer außerschulischen Berufsorientierung für die Öko-Wirtschaft nutzen _____27 Strategie: Frauen in die “grüne” Wirtschaft. Green Service bietet Potential ____________________________27 Practice: ME:Energy ______________________________________________________________________________28 Practice: Weiterbildungsprogramm "Umwelt- und Energiemanagement für (berufstätige) Frauen____________28 Strategie: Web 2.0 Internetportal für (Weiter-)Bildungsangebote ______________________________________28 4
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Practice: Social-Media und Milieu-Analysen als Grundlage für eine innovatives HR-Marketing, Recruting und Em- ployer Branding (©LIquA/IBR 2010 im Auftrag von neturalcommunication) _______________________________29 Strategie: Eine regionale Aus- und Weiterbildungsmesse für die Öko-Wirtschaft _______________________32 Herausforderung: Die Humanressource ist knapp. Qualifizierte Fachkräfte und attraktive Stellen________33 Strategie: Green Streaming in der Aus- und Weiterbildung als Voraussetzung für Green Qualification____34 Strategie: Technologische und gesellschaftliche Entwicklungen und Innovationen als Grundlage für die Aus- und Weiterbildung (Green Innovation-Skill-Matrix) ___________________________________________________35 Strategie: Die Förderung neuer, grüner Berufsbilder. Weniger ist oft mehr… ___________________________37 Practice: Grüne Berufsbilder im Bereich der Elektromobilität ___________________________________________37 Strategie: Modularisierung von Lehrberufen und gemeinsame berufliche Grundbildung ________________38 Practice: Schulversuch BERG ______________________________________________________________________39 Strategie: Die Entwicklung von grünen Kompetenzen im Handwerk fördern ___________________________40 Practice: Bau-Medien-Zentrum_____________________________________________________________________40 Practice: Euro Crafts 21 – Kompetenzentwicklung im europäischen Handwerk (inkl. Online-Tool) ___________41 Strategie: Lernpartnerschaften zwischen (Weiter-)Bildungseinrichtungen und Betrieben forcieren ______42 Practice: KURS 21: Schulen unternehmen Zukunft____________________________________________________42 Strategie: Die Gründung nachhaltiger Juniorenfirmen unterstützen ___________________________________44 Practice: Verein UnternehmensGrün ________________________________________________________________44 Strategie: Nachhaltiges Wirtschaften im Modellunternehmen lernen __________________________________45 Strategie: Der Einsatz von E-Learning und Blended-Learning (Augmented Learning) im Unterricht ______46 Practice: Studiengang Renewable Energy Finance. Neue Energie für Ihre Karriere ________________________47 Strategie: Gründung eines transdisziplinären Cluster-Umweltuniversität ______________________________48 Practice: Umweltcampus Birkenfeld ________________________________________________________________50 Practice: GreenCampus ist die Weiterbildungsakademie der Heinrich-Böll-Stiftung _______________________50 Strategie: Stipendienfonds für Studium und berufliche Weiterbildung _________________________________51 Strategie: Schulungen für nachhaltiges Wirtschaften im Unternehmen und in der öffentlichen Hand (Train the LeitungsträgerIn) __________________________________________________________________________________51 Strategie: Flächendeckende Einführung von Ressourceneffizienzbeauftragten ________________________51 5
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Strategie: Forcierung von Ressourceneffizienz- bzw. InnovationsberaterInnen _________________________52 Strategie: Train the Trainer _________________________________________________________________________52 Practice: Train-the-Trainer Konzept im Rahmen des Euro Crafts 21 Qualifizierungs- und Beratungskonzeptes 55 Strategie: Train the LeistungsträgerInnen ___________________________________________________________55 Herausforderungen: Neue Modelle in der (beruflichen) Weiterbildung. (Weiter-)Bildungsinnovationen ____56 Strategie: Erwerbsarbeit, Bildung und außerberufliches Leben miteinander vereinbaren. Lebensphasenorien- tierten Personal- und Arbeitsmarktpolitik ___________________________________________________________57 Siehe Practice: Social-Media und Milieu-Analysen als Grundlage für eine innovatives HR-Marketing, Recruting und Employer Branding (©LIquA/IBR 2019 im Auftrag von neturalcommunication) ________________________60 Strategie: (Weiter-)Qualifizierung älterer ArbeitnehmerInnen. Altersgerechte Qualifizierung und Lernen im Erwerbsverlauf ____________________________________________________________________________________60 Strategie: (Weiter-)Qualifizierungsstrategien für ältere Arbeitslose ____________________________________64 Strategie: Das Qualifizierungsdilemma der Zeitarbeit beheben________________________________________64 Literatur- und Quellenverzeichnis ___________________________________________________________66 6
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Abstract Die fortschreitende Klimaveränderung und die zunehmende Ressourcenverknappung so- wie die damit einhergehenden Veränderungen in der gesellschaftlichen Wertehaltung trei- ben die "positive" Entwicklung der Öko-Wirtschaft voran. Die Nachfrage nach grünen Produkten, Technologien und Dienstleistungen wird sowohl national als auch international stark zunehmen. Die sich ändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbe- dingungen werden sich nicht nur auf die Umwelt und Wirtschaft sondern auch auf den Arbeitsmarkt positiv auswirken. Grundsätzlich verfügt die Öko-Wirtschaft über ein enormes Beschäfti- gungspotenzial, das aber nur dann optimal ausgeschöpft werden kann, wenn ausreichend qualifizierte Fachkräfte und geeignete politische&ge- sellschaftliche&wirtschaftliche Rahmenbedingungen (Siehe Kapitel "Green Innovation Policy) zur Verfügung stehen. Bereits heute zeichnet sich gerade in den auf starkes Wachstum ausgerichteten Öko- Branchen bzw. Leitmärkten ein Fachkräftemangel ab. Dieser lässt sich u.a. im Wesentlichen auf a) die demographische Entwicklung, b) den geringen Anteil von Frauen in naturwissenschaftlichen und technischen Berufen und c) die Diskrepanz zwischen nachgefragten und angebotenen Qualifikationen und Kompetenzen (Skill Gap) zurückführen. Um dem quantitativen und qualitativen Arbeitskräftebedarf der Öko-Wirtschaft gerecht zu werden und einen Fachkräftemangel abwehren zu können, ist ein adäquates Aus- und Weiterbildungssystem erforderlich. Dazu braucht es eine Reihe von strukturellen und inhaltlichen Veränderungen, die im Kapitel „Herausforderungen und Strategien zu deren Bewältigung“ dargelegt werden. Zuvor werden aber die drei zentralen Begriffe „Green Job“, „Green Skills“ und „Green Qualification“ begrifflich voneinander abgegrenzt. Anschlie- ßend wird die Öko-Wirtschaft selbst einer Charakterisierung unterzogen, woraus sich bereits Indizien für die zukünftige Ausrichtung der Aus- und Weiterbildung ergeben. 7
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Green Learning&Education Jobs&Skills&Qualification Die fortschreitende Klimaveränderung und die zunehmende Ressourcen- verknappung sowie die damit einhergehenden Veränderungen in der ge- sellschaftlichen Wertehaltung treiben die "positive" Entwicklung der Öko- Wirtschaft voran. Die Nachfrage nach grünen Produkten, Technologien und Dienstleistungen wird sowohl national als auch international stark zu- nehmen. Die sich ändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rah- menbedingungen werden sich nicht nur auf die Umwelt und Wirtschaft sondern auch auf den Arbeitsmarkt positiv auswirken. Grundsätzlich verfügt die Öko-Wirtschaft über ein enormes Beschäfti- gungspotenzial, das aber nur dann optimal ausgeschöpft werden kann, wenn ausreichend qualifizierte Fachkräfte und geeignete politische&ge- sellschaftliche&wirtschaftliche Rahmenbedingungen (Siehe Kapitel "Green Innovation Policy) zur Verfügung stehen. Bereits heute zeichnet sich gerade in den auf starkes Wachstum ausge- richteten Öko-Branchen bzw. Leitmärkten ein Fachkräftemangel ab. 8
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Dieser lässt sich u.a. im Wesentlichen auf a) die demographische Entwick- lung, b) den geringen Anteil von Frauen in naturwissenschaftlichen und technischen Berufen (Gender Gap) und c) die Diskrepanz zwischen nach- gefragten und angebotenen Qualifikationen und Kompetenzen (Skill Gap) zurückführen. ● Die Verknappung des Arbeitskräfteangebotes lässt sich u.a. auf die Veränderungen der Bevölkerungsstruktur zurückführen. Laut Beschäftigungsprognosen ist die Alte- rung der Gesellschaft bei gleichzeitigem Rückgang der jüngeren Altersgruppe1 ein vorrangiger Grund für die Zunahme des Arbeitskräftemangels. (vgl. ZBW 2009, Amt der Oö. Landesregierung 2009) Um die negativen Effekte der demographischen Ent- wicklung auf das Wachstum der Öko-Wirtschaft in Grenzen zu halten, ist es einerseits notwendig älterer ArbeitnehmerInnen bedarfsgerecht (weiter) zu qualifizieren (siehe S. …). Andererseits muss es gelingen mehr Jugendliche und junge Erwachsene für die Tätigkeitsfelder der Öko-Wirtschaft zu begeistern. Konkret heißt das, vor allem das Interesse für Naturwissenschaften und Technik, insbesondere bei Mädchen und jun- gen Frauen (siehe Punkt b)), zu stärken. Die internationale Studie „ROSE” (The Rele- vance of Science Education) (vgl. Schreiner/Sjøberg 2004) belegt, dass Jugendliche und junge Erwachsene Naturwissenschaften und Technik umso weniger positiv ge- genüber stehen, je moderner und entwickelter das Land ist, in dem sie leben. Dies ließe sich jedoch durch einen Schulunterricht ändern, der anstelle von fachspezifi- schen Details, das Potenzial von Naturwissenschaften und Technik zur Lösung gesell- schaftlicher Probleme aufzeigt und berufs und lebenspraktischen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, hervorhebt. Angesichts der Tatsache, dass der Klimawandel und die Endlichkeit der fossilen Ressourcen die zentralen Herausforderungen der Menschheit darstellen, ist es unbedingt erforderlich, dass Handlungs- und Tätigkeits- felder, die zu deren Bewältigung beitragen, in den (naturwissenschaftlichen und tech- nischen) Schulunterricht integriert werden. ● Geringer Frauenanteil bei naturwissenschaftlichen und technischen Berufen: Trotz der durchaus positiven Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren, ist die Zahl der Mädchen und jungen Frauen, die sich für einen naturwissenschaftlichen oder techni- 1 Das Bevölkerungswachstum wird von Alterung begleitet. Während die Gesamtbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten wächst, verändert sich parallel dazu auch die Altersstruktur. Die Zahl der unter 20-jährigen Kinder und Jugendlichen sinkt in den nächsten Jahren, ihr Anteil geht langfristig stark zurück. Ist derzeit noch rund jede/r Vier- te jünger als 20 Jahre, so wird dies mittelfristig im Jahr 2030 jede/r Fünfte bzw. langfristig im Jahr 2050 nur mehr jede/r Sechste sein. Die Bevölkerung im Alter von über 65 Jahren wird hingegen zahlen- und anteilsmäßig stark an Gewicht gewinnen. Heute ist jede/r Sechste in dieser Altersgruppe, in 20 Jahren wird es jeder Vierte und in 40 Jahren nahezu jeder Dritte sein. (Amt der Oö. Landesregierung 2009 9
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 schen Beruf entscheiden, nach wie vor sehr gering. (vgl. WKOÖ 2010) Ursache dafür ist das traditionelle Rollenbild, das nach wie vor in der Gesellschaft verankert ist. Die geringe Präsenz von Frauen trägt wesentlich zum Fachkräftemangel in einer naturwis- senschaftlich und technisch ausgerichteten Öko-Wirtschaft bei, weswegen die An- strengungen, Mädchen und junge Frauen für entsprechende Berufe zu begeistern, erhöht werden müssen bzw. müssen bestehende Maßnahmen auf ihre Effektivität überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden. ● Skill Gap: Ein Fachkräftemangel lässt sich des Weiteren auf einen bestehenden „Skill Gap“ (Qualifizierungslücke) zurückführen. Der Begriff „Skill Gap“ bezeichnet die Dis- krepanz zwischen den von Seiten der Unternehmen nachgefragten und den von Sei- ten der Arbeitskräfte angebotenen Skills (Qualifikationen und Kompetenzen). Das heißt, die Arbeitskräfte können aufgrund fehlender oder unzureichender Qualifizierung den Anforderungen der Betriebe nicht gerecht werden. Angesichts der rasanten tech- nologischen Entwicklung ist „Skill Gap“ eine zentrale Ursache für den Fachkräfteman- gel in der Öko-Wirtschaft. (vgl. CEDEFOP 2010) In der wissenschaftlichen Diskussion herrscht mittlerweile weitgehend Konsens darü- ber, dass es in Hinblick auf die Schließung der Qualifizierungslücke nicht der Entwick- lung völlig neuer berufsbezogener Qualifikationen bedarf, sondern vielmehr die Auf- stockung2 bzw. die Weiterqualifizierung bereits vorhandener Qualifikationen und die Stärkung fachübergreifender Kompetenzen braucht. (vgl. ippr 2009; CEDEFOP 2010) Darüber hinaus baut die Öko-Wirtschaft bzw. die sukzessive Transformation der Wirt- schaft zu einer grünen Wirtschaft auf entsprechenden Werten und Einstellungen auf. Um dem quantitativen und qualitativen Arbeitskräftebedarf der Öko-Wirtschaft gerecht zu werden und einen Fachkräftemangel abwehren zu können, ist ein adäquates Aus- und Weiterbildungssystem erforderlich. Dazu braucht es eine Reihe von strukturellen und in- haltlichen Veränderungen, die im Kapitel „Herausforderungen und Strategien zu deren Bewältigung“ dargelegt werden. Zuvor werden die drei zentralen Begriffe „Green Job“, „Green Skills“ und „Green Qualification“ begrifflich voneinander abgegrenzt. Anschließend wird die Öko-Wirtschaft selbst einer Charakterisierung unterzogen, woraus 2 Lehrberufe, wie etwa SchlosserIn, ElektrikerIn, RegelungstechnikerIn, NachrichtentechnikerIn, etc. bedürfen ei- ner Adaption, in etwa nach dem Vorbild des/der Öko-HeizungsinstallateurIn. Die Lehrberufe müssen in Anlehnung an den/die Öko-HeizungsinstallateurIn einem "greening-Prozess" unterzogen werden. So gibt es z.B. sehr viele ArbeitnehmerInnen mit einer Marketingausbildung. Die wenigsten verfügen aber über ein technisches Verständnis, was aber benötigt wird, möchte man z.B. eine Solaranlage adäquat bewerben. (vgl Interview Dell/Egger (O.Ö. Energiesparverband Öko-Energie-Cluster, 11.05.2011) 10
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 sich bereits Indizien für die zukünftige Ausrichtung der Aus- und Weiterbil- dung ergeben. (1) Green Job Der Begriff “Green Job” erweist sich hinsichtlich seiner Definition als schwierig. Anfänglich beschränkte sich die Bezeichnung “Green Job” ausschließlich auf Berufe, die im Bereich “Umweltschutz” angesiedelt sind. Diese enge, auf den Kernbereich konzentrierte Definiti- on wurde im Zuge der wissenschaftlichen und politischen Auseinandersetzung zuneh- mend erweitert. Mittlerweile finden sich in der Literatur mehrere, enger und weiter gefass- te begriffliche Abgrenzungen. Erst kürzlich veröffentlichte das Europäische Parlament eine umfassende Definition, nach welcher der Begriff “Green Job” alle Tätigkeiten, die im Rahmen der Berufsausübung dazu beitragen, a) Energie zu sparen, b) er- neuerbare Energien zu verwenden, c) natürliche Ressourcen und das Öko- system zu schonen, d) die biologische Vielfalt zu erhalten sowie e) Abfall und Luftverschmutzung zu vermeiden bezeichnet. (vgl. Europäisches Par- lament 2010) Demnach finden sich Green Jobs nicht ausschließlich in den Branchen der Öko-Wirtschaft sondern sind in allen Wirtschaftsbereichen anzutreffen. (2) Green Skills Bei der Definition der Bezeichnung “Green Skills” muss zunächst zwischen den Begriffen “Qualifikation” und “Kompetenz” unterschieden werden. Die Entwicklung von Qualifikationen beschreibt den Erwerb von berufsspezifischen prakti- schen, technischen und fachlichen Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnissen, die für das professionelle Ausüben des Berufes erforderlich sind. Unter “Kompetenz” wird das berufsübergreifende Potenzial zur Bewältigung zukünftiger Anforderungen und Aufgaben verstanden. Die Ausbildung von Kompetenzen für Nachhal- tigkeit soll dazu befähigen, Spielräume beruflicher Handlungssituationen in Übereinstim- mung mit dem Leitgedanken nachhaltigen Wirtschaftens identifizieren und ausgestalten zu können. In Hinblick auf das Unternehmen ist damit die Verbesserung aller Betriebs- abläufe sowie die Leitbild-, Personal- und Organisationsentwicklung unter Berücksichti- gung des Nachhaltigkeitsaspektes gemeint. In Hinblick auf den Markt wird damit auf die Gestaltung nachhaltiger Technologien, Produkte und Dienstleistungen und das Erkennen, dass diese zu einem erheblichen Wettbewerbsvorteil beitragen können, verwiesen. 11
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Gestal- tungskompetenz zu. Sie wird als Schlüssel- oder Zukunftskompetenz be- zeichnet und bündelt folgende Fähigkeiten: ● Die Systemkompetenz bezeichnet die Fähigkeit systemisch und vernetzt zu denken. Das heißt, mit Komplexität, die sich bei nachhaltigem Handeln und Verhalten prinzipi- ell durch das Zusammenwirken von ökonomischen, ökologischen und sozialen Kom- ponenten ergibt, umgehen zu können. Dazu gehört auch die Fähigkeit kreislaufwirt- schaftliche Strukturen und Lebenszyklen zu verstehen. Ein Aspekt, der in Hinblick auf die Herausforderung der Veränderung in den Köpfen, die im Wesentlichen auf der Verinnerlichung des Lebenszyklusdenkens beruht, von zentraler Bedeutung ist. ● Die Informationskompetenz beschreibt die Fähigkeit zur eigenständigen Recherche und Bewertung von Informationen, auch vor dem Hintergrund, die komplexen Zu- sammenhänge verstehen zu können. ● Die Kommunikations- und Beratungskompetenz bezieht sich auf die Fähigkeit, die komplexen Beziehungen (z.B. auch in Gesprächen mit KundInnen) adäquat präsentie- ren und kommunizieren, Netzwerke gestalten und mit Konflikten und “scheinbaren” Widersprüchen konstruktiv umgehen zu können. ● Die Sozialkompetenz meint die Fähigkeit miteinander lernen und arbeiten, unter- schiedliche Meinungen und Erfahrungshintergründe akzeptieren und wertschätzen sowie in einer Gesellschaft für sich und andere Verantwortung übernehmen zu kön- nen. Die Sozialkompetenz unterscheidet sich von den drei zuvor genannten Kompe- tenzen indem sie auch oder vor allem die Vermittlung von Einstellungen und Werten nachhaltiger Entwicklung berücksichtigt. Das erhöht die Chance, dass Kompetenzen nicht nur erworben sondern später tatsächlich auch angewendet werden. Der Begriff “Green Skills” vereint demnach a) fachbezogene Qualifikatio- nen, b) berufsübergreifende Kompetenzen und c) Einstellungen und Werte, die Arbeitskräfte mit bringen müssen, um ökologische, soziale und öko- nomische Technologien, Produkte und Dienstleistungen hervorbringen zu können. “Green Skills” können daher auch als “Skills für Nachhaltigkeit” oder als “Skills für nachhaltiges Wirtschaften” verstanden werden. (vgl. COAG 2009, S. 1) Im Zusammenhang den beruflichen Voraussetzungen für die Ziele des „Nachhaltigen Wirtschaftens“ muss laut der Studie „Berufliche Aus- und Weiterbildung für Nachhaltiges Wirtschaften“ (AMS/HILL AMC Management 2009) deutlich mehr Gewicht auf Erwerb und Ausbau praktischer Fähigkeiten unter dem Sammelbegriff „Sozialkompetenzen“ ge- legt werden. Dazu gehören Kommunikations- und Teamfähigkeit, kooperative Entschei- 12
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 dungsfähigkeit, systemisches Denken, Fehlerlernfähigkeit, Präventions- und Risiko-Ein- schätzungsfähigkeit u.a.m. In der AMS/HILL-Studie werden folgende Strategien an der Nahtstelle "Bildung und Ar- beitsmarkt" als wichtig erachtet. ● Bezüglich der. Sozialkompetenzen wird insb. im Bereich des dualen Systems der ös- terr. Berufsausbildung bzw. in den Berufsschulen ein großes Manko geortet, das so- wohl Lehrplanstrukturen als auch die Qualifikationen der Berufsschullehrer betrifft. Hier wäre durch gezielte Maßnahmen der Qualitätssicherung sowie Supervision nach einem System „Teach the teacher“ und Supervisionen Abhilfe zu schaffen. ● Dem AMS wird gerade auch in Fragen der Herausbildung und Sicherung von Sozial- kompetenzen in Zusammenhang mit beruflichen Fortbildungs- und Wiedereingliede- rungsmaßnahmen eine potenziell starke Rolle zugesprochen. ● Auch dies wird vornehmlich für Qualifikationen im Bereich „Teamfähigkeit“, Steigerung der Flexibilität und Selbststeuerungsfähigkeit, auch in Zusammenhang mit postschuli- sche Gestaltungshilfen für integraler Lebenskonzepte (Schlagwort „Work Life Balan- ce“) gesehen. Allerdings wäre eine breitere Rolle des AMS auf diesem Gebiet erst gezielt zu entwickeln, da das AMS derzeit solchen Anforderungen nur bedingt ent- spreche. ● In den überbetrieblichen Lehrwerkstätten des AMS könnten Nachhaltigkeitsthemen vermehrt in die Curricula eingebaut werden (auch in der FacharbeiterInnen- Intensiv- ausbildung). ● Das AMS könnte auch stärker beitragen, aus den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes heraus konkrete fehlende „Brückenqualifikationen“ bei Arbeitslosen zu identifizieren, um hier Wiedereintrittserfordernisse zu statuieren, die dann mit gezielten Weiterbil- dungsangeboten und –Maßnahmen abzudecken wären (insb. bei Berufs- „Verwandt- schaften“). Es geht mehr um Aufbau und Erhalt von „Wissensfähigkeit“ und weniger um Steigerung von „Wissensquanten“ – und dies gerade auch in den Do- mänen der Weiterbildung und Requalifikation. (AMS/HILL AMC Manage- ment 2009) (3) Green Qualification Der Begriff “Green Qualification” beschreibt notwendige Aus- und Weiter- bildungsmaßnahmen, im Rahmen welcher die (zukünftigen) Arbeitskräfte entsprechend der Leitidee nachhaltigen Wirtschaftens (weiter-)qualifiziert werden. 13
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Vorrangiges Ziel ist a) die Aus- und Weiterbildung der berufsbezogenen Qualifikationen entsprechend der Bedarfe, die sich aufgrund von neuen, innovativen Technologien, Pro- dukten und Dienstleistungen ergeben und b) die Vermittlung der oben genannten Kompe- tenzen, Einstellungen und Werte, die zu selbstständigem Agieren im Sinne der Nachhal- tigkeit befähigen. Das impliziert eine curriculare Öffnung, da sich Green Qualification nicht auf einfache Instruktions- und Vermittlungsprozesse beschränkt, sondern den klassischen Fachunterricht um aktivierende, interdisziplinäre und praxisnahe Lehr- und Lernformen auf allen Ebenen des Aus- und Weiterbildungssystems erweitert. Konkret betrifft das a) die duale Ausbildung, b) die schulische Ausbildung, c) die akademische Ausbildung und d) die betriebliche wie nicht betriebliche Weiterbildung. (vgl. Roland Berger Strategy Consul- tants 2009a) Green Qualification ist aufgrund von drei zentralen Entwicklungen für den positiven Verlauf der Öko-Wirtschaft unverzichtbar: ● Die Grenzen zwischen umweltfreundlichen und nicht umweltfreundlichen Arbeitsplät- zen verschwimmen zunehmend. Die meisten Berufe können schon heute nicht aus- schließlich entweder als “Green Job” oder “Nicht-Green Job” klassifiziert werden. Vielmehr ist die Zuordnung durch fließende Übergänge charakterisiert. Die OECD (Or- ganisation for Economic Co-operation and Development) spricht in diesem Zusam- menhang von “Shades of Green”. (vgl. OECD 2010) So kann z.B. der Beruf “Elektri- kerIn” nicht eindeutig kategorisiert werden, da sich ElektrikerInnen je nach Auftragsla- ge sowohl mit fossiler als auch mit erneuerbarer Energie befassen. ● Damit einhergeht, dass “Green Skills” zukünftig an allen Arbeitsplätzen wichtig sein werden (“Green Streaming”: Grün ist überall). Diese Entwicklung ist mit jener der IT- Kompetenzen, die mittlerweile in vielen Bereichen des Arbeitslebens eine zentrale Rol- le spielen, vergleichbar. (vgl. CEDEFOP 2010, S. 2) Die oberösterreichische Öko-Wirtschaft hat enormes Wachstumspotential (Siehe Teilbericht 2: Green Economy). Um dieses Wachstumspotenzial, insbesondere vor dem Hintergrund eines drohenden Fachkräftemangels, voll ausschöpfen zu können, ist Green Qualification die wichtigste Voraus- setzung. Denn nur durch, auf die Bedarfe der Öko-Wirtschaft und Gesell- schaft ausgerichtete, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen ist es möglich die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften zu decken. 14
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 (4) Charakteristika der Öko-Wirtschaft in Oberösterreich Die Öko-Wirtschaft und ihre Entwicklung ist durch fünf wesentliche Cha- rakteristika und Trends gekennzeichnet. Die im Folgenden dargestellten Merkmale sind zugleich als Indizien für die Ausbildung einer bedarfsge- rechten Green Qualification zu verstehen. (4)(1) Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist/wird wissensintensiv. Innovationen sind ein wesentlicher Treiber für den Fortschritt innerhalb der Öko-Wirt- schaft. Der Erfolg von Unternehmen sich am Markt zu positionieren hängt wesentlich von ihrer Innovationstätigkeit ab. So gaben die befragten Unternehmen am häufigsten den Erhalt bzw. die Erhöhung des Marktanteils sowie die Erschließung neuer Absatzmärkte als Motiv für Innovationen an. Damit einher geht ein hohes Maß an Wissensintensität, da er- folgreiche Innovationstätigkeit die Generierung von Wissen voraussetzt, wozu qualifizierte Fachkräfte erforderlich sind. Konkret handelt es sich dabei um Arbeitskräfte, die in der Lage sind For- schungs-, Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeiten durchzuführen. Das trifft vor allem auf HochschulabsolventInnen, insbesondere auf jene, die eine natur- oder ingenieurwissenschaftliche Ausbildung vorweisen kön- nen, zu. Tätigkeiten der Forschung, Entwicklung und Konstruktion werden aber nicht ausschließlich von akademisch ausgebildetem Personal ausge- führt. Im Rahmen der Assistenz (z.B. Assistenz im Labor), Fertigung oder Überprüfung (z.B. Fertigung und Überprüfung eines Prototypen) tragen auch FacharbeiterInnen zu den Forschungs- und Entwicklungsleistungen eines Unternehmens bei. (4)(2) Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist technikorientiert Die Branchen der Öko-Wirtschaft zählen zu den Hochtechnologiebranchen, weswegen den so genannten “MINT-Berufen” (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ein hoher Stellenwert zukommt. Die technische Ausrichtung der Öko-Wirtschaft öffnet daher insbesondere TechnikerInnen und NaturwissenschafterInnen ein breites Be- schäftigungsfeld, das sich aufgrund der prognostizierten positiven Entwicklung noch er- weitern wird. Das AMS (Arbeitsmarktservice) sagt technischen Berufen generell eine rosi- ge Zukunft voraus, vor allem jenen, die sich mit der Lösung von Problemen der Zukunft auseinandersetzen. Eine zentrale Rolle wird u.a. der Mechatronik, dem Maschinenbau, der Elektrotechnik und der Energietechnik zugeschrieben. (vgl. AMS Österreich 2009/10) 15
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Das entspricht im Wesentlichen den im Rahmen der Befragung identifizierten Berufen in oberösterreichischen Unternehmen der Öko-Wirtschaft. ● Neben den allgemeinen Nennungen “TechnikerIn” und “KonstrukteurIn” ergänzen z.B. die Berufe ElektronikerIn, AnwendungstechnikerIn oder VerfahrenstechnikerIn das Spektrum. Für die Umwelt-Bereiche “Abfall”, “Wasser” und “Luft” sind darüber hinaus UmwelttechnikerInnen, ChemikerInnen und MesstechnikerInnen relevant. ● Die ingenieurtechnischen und vergleichbaren Fachkräfte (Berufsgruppe 31 nach ISCO 2008) stellen nach den ProduktionsmitarbeiterInnen (Berufsgruppe 81 nach ISCO 2008: Bediener stationärer Anlagen und Maschinen) die zweit größte Berufsgruppe dar. Generell erwarten die Betriebe eine Zunahme des Bedarfs an ingenieurtechni- schen und vergleichbaren Fachkräften. ● Bei den technischen Lehrberufen der Metallbe- und -verarbeitung (Berufsgruppe 72 nach ISCO 2008) wurden neben MetallfacharbeiterInnen, SchweißerInnen und Werk- zeugbauerInnen vor allem SchlosserInnen genannt. ● Im Bereich der “Erneuerbaren Energien” und der “Energieeffizienz” kommt - wenig überraschend - den InstallateurInnen (Berufsgruppe 71 nach ISCO 2008) heute wie zukünftig eine große Bedeutung zu. Die Zuordnung weiterer ausgewählter Berufe nach Leitmärkten wurde tabellarisch vorge- nommen und werden in der Green Innovation-Skill Matrix (siehe Anhang) dargestellt. (4)(3) Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist/wird dienstleistungsorientiert Der Dienstleistungsbereich innerhalb der Öko-Wirtschaft birgt ein enormes Beschäfti- gungspotenzial. So prognostizierte das deutsche Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit für das Jahr 2020 1,69 Millionen Beschäftigte im Dienstleis- tungssektor (2009: 860.000 Personen). In der Öko-Wirtschaft in Oberösterreich umfasst der Green-Service-Bereich rd. 9.700 Beschäftigte (Juli 2010). Durch die Zunahme von wissensintensiven Tätigkeiten3 wird die Nachfra- ge nach akademisch ausgebildeten TechnikerInnen sowie IngenieurInnen steigen. Der wachsende Bedarf lässt sich u.a. auf den Bedeutungsgewinn von endkundenbezo- genen Dienstleistungen (z.B. Energieberatung, Abfallberatung, Umweltberatung, Erstel- lung von Gutachten, Projektentwicklung, Energie-Contracting) zurückführen. 3 Bspw. wird für Gruber ( GF der AVE Österreich GmbH und Beirat des Umwelttechnik-Clusters) die Abfallwirt- schaft nicht nur zunehmend zu einem eigenen Industriezweig sondern auch dadurch wissensintensiver. Das be- deutet, dass Forschung und Entwicklung immer wichtiger werden, weswegen die Zusammenarbeit mit Universitä- ten von Bedeutung ist. (vgl. Interview Gruber 09.11.2011) 16
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Aber auch für Rechts- und WirtschaftswissenschafterInnen bietet der wis- sensintensive Dienstleistungsbereich Beschäftigungsmöglichkeiten. Sie werden überwiegend für die Durchführung von unternehmensbezogenen Dienstleis- tungen (z.B. Finanzierung, Versicherung, Unternehmensberatung, Wirtschaftsprüfung, Rechtsanwaltschaft, betriebliche Aus- und Weiterbildung) gebraucht werden. Im industriebezogenen Dienstleistungssektor (z.B. Forschung und Ent- wicklung, technische Planung, Beratung und Prüfung, Bereitstellung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Logistik, Vertrieb, Betrieb und Wartung, Entsorgung und Recycling) wird sich die Nachfrage nach ArbeitnehmerIn- nen mit fachspezifischen Ausbildungsberufen erhöhen. Der Dienstleistungsbereich erweist sich somit als wichtiger Jobmotor nicht nur für hoch- qualifizierte IngenieurInnen und HochschulabsolventInnen, sondern auch für Personen mit handwerklicher und technischer Ausbildung, wobei allerdings der Bedarf an hochqualifi- zierten technischen Personal aufgrund der vorhandenen Innovationsorientierung deutli- cher steigen wird. (vgl. BMU 2009) Eine vergleichbare Entwicklung ist auch für Oberösterreich denkbar. Waren im Juni 2010 rd. 9.600 der (unselbstständig) Beschäftigten im Green Service-Bereich tätig, so beläuft sich die Zahl für das Jahr 2020 auf rd. 20.800 Personen. Grundsätzlich eröffnen Dienstleistungen Unternehmen ein großes Differenzierungspoten- zial, wodurch sich Vorteile im intensiven Wettbewerb am Inlands- und Auslandsmarkt er- geben. Vor allem die Verknüpfung der Bereitstellung von Produkten mit entsprechenden Serviceleistungen bietet gute Chancen, sich von der Konkurrenz abzuheben, wodurch auch der produzierende Sektor dienstleistungsorientierter werden wird. (vgl. vgl. Roland Berger Strategy Consultants 2009b) Durch die stärkere Ausrichtung der Öko-Wirtschaft auf Dienstleistungen werden an die ArbeitnehmerInnen spezifische Anforderungen gestellt. So sehen die befragten Unternehmen im Bereich “Kommunikation und Ver- halten” vor allem in der Gesprächs- und Verhandlungsführung wie auch in der Kommunikation und Präsentation Weiterbildungsbedarf. Überhaupt kommt der Kommunikationsfähigkeit mittlerweile auch in technischen Berufen große Bedeutung zu. Sie ist nicht nur für den Umgang mit KundInnen sondern auch für die Arbeit im je eigenen Team unumgänglich. 17
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 (4)(4) Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist international Durch die Exportorientierung insbesondere der großen Unternehmen und die Bestrebung von Seiten der Politik die Exporttätigkeit der heimischen Betriebe, vor allem die der klei- nen und mittelgroßen, zu forcieren wird die Öko-Wirtschaft zunehmend internationaler, wodurch einerseits neue Arbeitsplätze entstehen, andererseits aber auch zusätzliche An- forderungen an die MitarbeiterInnen gestellt werden. So müssen die Arbeitskräfte über fundierte, fachspezifische Englisch- kenntnisse (technisches Englisch, verhandlungssicheres Englisch) verfü- gen und zwar nicht nur jene, die vor Ort tätig sind, sondern auch jene, die im Unternehmen für die Betreuung der ausländischen KundInnen zustän- dig sind. Hier zeigt sich bei den befragten Unternehmen ein Weiterbil- dungsbedarf. Darüber hinaus können, je nach Exportmarkt, auch andere Sprachen ge- fordert sein. Grundsätzlich sollten MitarbeiterInnen, die mit ausländischen KundInnen befasst sind, die Bereitschaft, ihre Sprachkenntnisse auszu- bauen, mitbringen. Im Umgang und der Arbeit mit Personen anderer Kulturen spielen natür- lich auch soziale und interkulturelle Kompetenzen eine zentrale Rolle. Da- rüber hinaus müssen bestehende (umwelt-)rechtliche Rahmenbedingun- gen und Standards bekannt sein. So gab einE TeilnehmerIn an der Unter- nehmensbefragung explizit den bestehenden Weiterbildungsbedarf in puncto “internationales Vertragsrecht” an. Nicht vergessen werden darf die durch die Exportorientierung bedingte räumliche wie zeitliche Flexibilität, die von den MitarbeiterInnen gefordert wird. Arbeitskräfte, die interna- tional eingesetzt werden, müssen bereit sein, oft für mehrere Monate oder Jahre im Aus- land zu arbeiten. Besonders betrifft das z.B. den Bereich der Montage, Installation und Inbetriebnahme von Anlagen oder Maschinen. Durch die prognostizierten Auswirkungen der Klima- und Ressourcenkrise ist aber zu er- warten, dass mittelfristig nicht nur Regionen mit energieintensiven Industrie- und Gewer- bestandorten, durch Industrie- und Gewerbebrachen, Altlastensanierung, regional- wirtschschaftlichen Krisen, Abwanderung, .... betroffen sein werden. Vor allem der stei- genden Ölpreis - ausgelöst durch den Peak Oil - wird massive Auswirkungen auf die glo- bale Wirtschaft haben. Der Ölmarktanalyst Rubin beantwortet die Frage nach den Auswir- kungen eines dreistelligen Ölpreises auf die globalen Handel wie folgt: „Derzeit ist unsere 18
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 Wirtschaft so organisiert, dass die Produktion getrennt ist von den Märkten. Das lohnt sich wegen der Lohnunterschiede, braucht aber enorm viel Energie. In einer Welt, in der Öl dreistellige Beträge kostet, macht es keinen Sinn mehr Stahl von China nach Nord- amerika zu importieren. Die Kosten übersteigen die Lohnunterschiede. […] Der globale Handel wird niemals mehr so wachsen wie früher, stattdessen wird regionaler Handel zu- nehmen. […] Wenn aber die Wirtschaft diesbezüglich proaktiv regional organisiert wird, werden wir davon nicht so hart getroffen. (Rubin 2010, o. S.)“. Die hohen Transportkosten werden somit regionale Wertschöpfungsketten und Märkte begünstigen und Betriebe, die diesbezüglich ökologische Güter, Technologien und Dienst- leistungen anbieten, werden im Gegensatz zu rein exportorientierten Betrieben, an Wett- bewerbsfähigkeit gewinnen. (4)(5) Die Öko-Wirtschaft in Oberösterreichs ist/wird fachübergreifend Die Gespräche mit VertreterInnen ausgewählter Unternehmen haben ge- zeigt, dass ein breites Grundlagenwissen, das über das je eigene Fachge- biet hinausgeht, sehr wichtig ist, auch aufgrund der Tatsache, dass die Projekt- und Teamarbeit an Bedeutung gewinnt. Das trifft insbesondere auf die Tätigkeiten der Berufsgruppen, mit denen verstärkt zusammenge- arbeitet wird, zu. So müssen sich z.B. DachdeckerInnen und SpenglerInnen heute vermehrt mit Dach- durchdringungen aufgrund von Solaranlagen befassen, wozu ein grundlegendes Wissen über den Aufbau und die Beschaffenheit derartiger Anlagen notwendig ist. Ein anderes Beispiel bietet die Produktion von Anlagen und Maschinen. Arbeitskräfte unterschiedlicher Fachrichtungen arbeiten Hand in Hand. Dazu ist das Wissen über die Aufgabenbereiche der anderen Fachdisziplinen unumgänglich. Auch deshalb ist der Beruf des/der Mechat- ronikerIn in der Öko-Wirtschaft äußerst gefragt. Die Mechatronik kombiniert Maschinen- bau, Elektrotechnik bzw. Elektronik und Informatik und bietet daher einen Einblick in un- terschiedliche Fachrichtungen und deren Zusammenhänge. Die Spezialisierung - falls er- forderlich - wird in der Regel relativ rasch im Betrieb erworben. Durch die breite Grundla- genausbildung sind MechatronikerInnen vielfältig einsetzbar. Darüber hinaus wird z.B. von TechnikerInnen, insbesondere wenn sie lei- tende Funktionen inne haben, immer häufiger ein gewisses Maß an be- triebwirtschaftlichen Verständnis gefordert. Dieses fehle oft vollständig, so ExpertInnen. Für die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens sei ein derar- tiges Wissen aber entscheidend. 19
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 (5) Herausforderungen und Strategien sowie deren Bewältigung (5)(1) Herausforderung: Proaktives Übergangsmanagement. Bildungs- und Berufsverläufe gestalten Der Wunsch eine berufsbezogene Ausbildung zu beginnen, führt Jugend- liche, insbesondere jene, die eine Hauptschule4 besucht haben, oft in das so genannte „Übergangssystem“, das mittlerweile zu einem festen Best- andteil des Berufsbildungs- und Arbeitsmarktsystems geworden ist. Für viele dieser Jugendlichen endet der Weg jedoch in der Ausbildungslosig- keit. De facto ist das jetzige Übergangssystem nicht in der Lage, die eigentliche Aufgabe – Übergänge in berufliche Bildungswege und damit die Voraussetzung für die soziale Integ- ration junger Menschen zu schaffen – zu erfüllen. Ursache dafür ist einerseits, dass im Übergangssystem das fortgeführt wird, was im sozial selektiv wirkenden Bildungssystem zuvor begründet wird, denn Chancengleichheit und Durchlässigkeit gibt es real nicht. Nach wie vor wird zwischen dem Königsweg „vom Gymnasium an die Universi- tät“ und dem Trampelpfad „von der Hauptschule in die Berufsausbildung“ unterschieden. (vgl. BiBB. bwp 5/2010) Trotz des Bekenntnisses für ein chancengleiches und durchlässiges Bildungssystem, bes- tehen starke signifikante Zusammenhänge zwischen der sozialen Herkunft, dem Bil- dungsstand und den sozialen Gestaltungs-, Teilhabe- und Integrationschancen der Indivi- duen. Andererseits kann gerade die starke Berufsorientierung des Bildungssys- tems als Ursache für das Scheitern des Übergangssystems gesehen wer- den. Der Ausbildungsberuf ist als Standard definiert und alle auf den beruflichen Bildungsweg bezogenen Anstrengungen in den vorgeschalteten Segmenten des Bildungssystems sind an diesem Ziel orientiert. Der erfolgreiche Übergang wird durch den Abschluss des Aus- 4 Eine für den Öko-Technik-Sektor interessante Gruppe ist aber auch die der "Trop-Outs" von HTLs. Hier wäre spannend festzustellen, aus welchen Gründen die Schule abgebrochen worden ist und welche Wege die Jugend- lichen nach dem Schulabbruch einschlagen. (vgl Interview Dell/Egger (O.Ö. Energiesparverband Öko-Energie- Cluster, 11.05.2011) 20
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 bildungsvertrages markiert. Während in anderen Ländern Europas und der OECD zuneh- mend von „school-to-work-transitions“ mit fließenden und flexiblen Übergängen gespro- chen wird, wird in Österreich noch immer das Einmünden in den Ausbildungsberuf als exklusives Ziel innerhalb des Bildungssystems fokussiert. Gerade das gelingt aber vielen Jugendlichen nicht. Sie gelangen in das Übergangssystem, das in Wirklichkeit ein Instru- ment der Abgangsselektion ist. Unter den gegebenen institutionellen und strukturellen Bedingungen be- wirkt die Prädominanz des Konstrukts „Ausbildungsberuf“ einen Sperrrie- geleffekt vor allem für schwächere SchülerInnen. Daraus ergibt sich die Forderung nach einem flexibleren Bildungssystem, das ein proaktives Ü- bergangsmanagement integriert, wodurch die individuelle Gestaltung von Bildungs- und Berufsverläufen möglich wird. (5)(1)(1) Strategie: Flexibilisierung des Bildungssystems durch die Annäherung an europäische Ziele Zur Identifikation von vorhandenen Flexibilisierungspotenzialen kann der Blick über den „nationalen Tellerrand“ hilfreich sein, da viele der im europäischen Kontext diskutierten Konzepte zur Flexibilisierung, Modularisierung, Kompetenzorientierung und Anerkennung informell erworbener Kompetenzen auf ein höheres Maß an systemischer Flexibilität ab- zielen. Als sinnvoll sich dabei die Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens für le- benslanges Lernen (EQR) einschließlich der Etablierung des Leistungspunktesystems (ECVET) erweisen. Der im Entwurf des EQR vorgegebene europäische Metarahmen kommt ohne die Kategorie „Beruf“ aus und enthält verschiedene Flexibilisierungspotenzia- le, vor allem in Hinblick auf die Integration gering qualifizierter Jugendlicher. Dazu gehören z.B. Konzepte der Modularisierung, der Flexibilisierung von Zeitrahmen (lebenslanges Lernen, Verlängerung der Qualifizierungszeiten im Übergangssystem etc.), der Outcome-Orientierung (Anerkennung von informell erworbenen Kompetenzen) sowie der Entwicklung unterschiedli- cher, aber gleichberechtigter biografischer Bildungs- und Berufspfade. (vgl. Münk in BIBB. bwp 5/2010) 21
Teilbericht 3: Green Jobs&Skills&Qualification LIquA/IBR 03/2011 (5)(1)(2) Strategie: Den Maßnahmen-Dschungel gezielt durchforsten, adäquat abholzen und reduziert aufforsten Vor allem in Hinblick auf den Übergang von der Schule in den Beruf bedarf es aktiver In- stitutionen (Bund, Länder, Kommunen, Kammern, Unternehmen etc.) die verstärkt Pro- gramme, Maßnahmen und Initiativen setzen. Dazu muss aber in einem ersten Schritt der unübersichtliche Dschungel an bestehenden Maßnahmen – deren Effizienz ohnehin um- stritten ist – durchforstet werden, denn Probleme entstehen häufig dann, wenn die Tätig- keiten der Institutionen nicht aufeinander abgestimmt sind. Überschneidungen (Zielset- zung, Zielgruppe etc.) können für die Jugendlichen unnötige Umwege zur Folge haben. Koordination und Vernetzung gelten häufig als Instrumente, um zu trans- parenten, aufeinander abgestimmten, anschlussfähigen und effizienten Übergangswegen zu gelangen. Doch ihre Umsetzung gestaltet sich in der Praxis oft schwierig. Koordination und Vernetzung können nur dann er- folgreich sein, wenn klare Ziele definiert sind, anhand welcher sich die Handlungen der Institutionen orientieren. Erst mit einer solchen normativen Komponente kann praktisch geprüft werden, welche Aktivitäten gebündelt, weiterentwickelt oder unterlassen werden sollten. Der Zielfindungs- prozess selbst muss dabei möglichst professionell und ergebnisorientiert – etwa durch eine neutrale Institution – gesteuert werden. Practice: „Übergänge mit System“ der Bertelsmann Stiftung. Ein gelungenes Beispiel dafür ist die Initiative „Übergänge mit System“ der Bertelsmann Stiftung. Hier arbeiten derzeit neun Ministerien aus fünf Bundesländern (Baden-Württem- berg, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen) im Dialog mit der Bundes- agentur für Arbeit an einem gemeinsamen Rahmenkonzept zur Reform des Übergangs- systems. Dabei geht es nicht darum, neue Maßnahmen zu entwickeln. Vielmehr sollen sich die beteiligten Ministerien auf Basis ihrer vielfältigen Erfahrungen auf eine gemeinsa- me Zielformulierung verständigen und Eckpunkte für ein übergeordnetes Rahmenkonzept, das die Struktur für zukünftige Maßnahmen vorgeben wird, entwickeln. Ziel ist, die bislang stark fragmentierte und unübersichtliche Vielfalt an Maßnahmen auf wenige, klar struktu- rierte Grundtypen zu reduzieren. Alle Akteure, die am Übergangsgeschehen beteiligt sind – allen voran die Jugendlichen selbst – sollen Transparenz darüber erhalten, welche Wege genommen werden können, um zielgerichtet eine Berufsausbildung antreten und absol- vieren zu können. (vgl. BERTELSMANN STIFTUNG 2009) 22
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