Der Preis der Verrechnung - EY
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03 / 2017 Politik nach BEPS Brick and Click Brüssel und Berlin drängen auf maximale Transparenz. Die Digitalisierung revolutioniert den Einzelhandel Die komplexe Welt Für Unternehmen wird es bürokratischer. und schafft neue Geschäftsmodelle. des Freihandels Der Preis der Verrechnung Die Finanzbehörden nehmen die internatio nalen Transferpreise ins Visier. Unternehmen müssen klar und konsistent reagieren.
Raffles Clarke Quay Merlion Marina Bay Sands EY Singapur Gardens by the Bay Lau Pa Sat EY in Singapur • Auf Seite 56 finden Sie einen Rundgang mit Margit Kiyomi Fischer. EY Die Löwenstadt Mitarbeiter Singapur gilt als drittgrößtes Finanzzentrum der Welt hinter New York und London, vor in Singapur 3.056 Hongkong. TAX 641 Der Stadtstaat liegt an der Straße von Malakka, einer der mit rund 2.000 Schiffen täglich am stärksten befahrenen Wasserrouten. Hier befindet sich einer der drei größten Umschlaghäfen Advisory 592 der Welt. Assurance 1.271 Im Global Competitiveness Report Index des Weltwirtschaftsforums belegt Singapur Platz Transaction 256 zwei nach der Schweiz. Das kaufkraftbereinigte Bruttoinlandsprodukt betrug zuletzt fast 88.000 US-Dollar pro Einwohner, ermittelte der IWF (zum Vergleich Deutschland: rund 48.000 US-Dollar). Der Name stammt aus dem Sanskrit und heißt auf Deutsch „Löwenstadt“. 2 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Welt wird immer komplexer und, zumindest im Steuerbereich, auch transparenter. Das fordert in international tätigen Unter nehmen die Steuerabteilungen heraus. Sie müssen (unter anderem) für Klarheit und Konsistenz bei den Verrechnungspreisen sorgen. Das gilt erst recht im Zeitalter von BEPS. Die Dokumentation der Verrech- nungspreise bildet einen Schwerpunkt der OECD-Initiative gegen s ogenannte „aggressive“ Steuergestaltung und Gewinnverschiebung. Konzerne müssen künftig „Master Files“ und „Local Files“ ausfüllen und „Country-by-Country- Reports“ erstellen. Damit Sie hier nicht den Überblick verlieren, empfehle ich Ihnen unser aktuelles Top Thema ab Seite 12 zur Lektüre. Dort stellen Ihnen meine Kollegen auch ein webbasiertes Tool vor, das Sie bei der Dokumentation der Verrechnungspreise unterstützt. Digitalisierung ist derzeit das Megathema. Die Fortschritte sind atemberaubend, der Informationsbedarf entsprechend groß. Wir haben uns daher e ntschieden, im Tax & Law Magazine eine eigene Rubrik „Digital Tax“ zu schaffen, wo wir Sie über die normalen Berichte hinaus gezielt über digitale Entwicklungen infor- mieren möchten (s. Seite 36/37). Einen weiteren Schwerpunkt bilden diesmal die Umwälzungen in der Konsum güterbranche. Im Online-Zeitalter entstehen völlig neue Bedürfnisse und Geschäftsmodelle. Erfolgreiche Unternehmen sprechen die Verbraucher jeder- zeit, überall, individuell an. Welche steuerlichen und bilanziellen Herausforde- rungen zu beachten sind, können Sie auf den Seiten 40/41 lesen. Ich wünsche Ihnen eine anregende und gewinnbringende Lektüre! Ihre Ute Benzel Managing Partner Tax / Germany Switzerland Austria Titel: iStock / Nastco EY TAX & LAW Magazine 03/2017 3
12 Die Staatengemeinschaft fordert mehr Trans- parenz bei Verrechnungspreisen und erhöht die Dokumentationspflichten. Die Konzerne müssen kontern – mit mehr Konsistenz. 20 Anzeigepflichten, Länder-Reports, Harmonisierung der Bemessungsgrundlage – wie die Europäer gegen „aggressive“ Steuergestaltung vorgehen wollen. 2 EY in Singapur Top 3 Editorial Ute Benzel 12 Transfer Pricing Wie Unternehmen am besten 4 Inhaltsverzeichnis auf die steigenden Anforderungen der Finanz behörden reagieren. Spots 6 Freihandel Tax 8 Digitale Steuerabteilung 20 BEPS Neue Maßnahmen im Überblick Fotos: iStock / Nastco, picture alliance / REUTERS 9 Innovation / Steuern / Buch 23 35-Euro-Grenze Pauschalsteuer inklusive 10 Steuersenkung / Gerichtsverfahren / Personalien 24 Erben I Pflichtteilansprüche 11 EY-Veranstaltungen 25 Erben II Ohne Bayern 26 Unternehmensstrafrecht Druck aus London 28 Grunderwerbsteuer Konzernklausel 29 Lizenzboxen Deutscher Vorbehalt 4 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
46 Nichtfinanzielle Kennziffern werden für die kritische Öffentlichkeit immer wichtiger. Das schlägt sich auf die Berichtspflichten von Unternehmen nieder. 52 Filibustern ist ein parlamentarisches Mittel des Protests. Die Dauerredner gingen schon Caesar auf die Nerven. Bald auch Trump? 38 Retail 30 Arbeitgeber Zusatzleistungen Law 32 Organkreis Umsatzsteuerliche Eingliederung 46 CSR-Reporting Wie Unternehmen 34 Betriebsprüfung I Einsicht in Gutachten nichtfinanzielle Informationen kommunizieren 35 Betriebsprüfung II Elektronischer Datenzugriff 48 Brexit Was wird aus der Limited? 36 Digital Tax Bots 49 Hotspot Checkliste 50 Frankreich Arbeitsmarktreformen 51 Betriebsrenten Neuer Schwung Sektoren Fotos: Paul Langrock / Zenit / laif, picture alliance / AP Photo 38 Retail Multichannel-Revolution 40 Consumer Products & Retail Udo ändert alles 360° 42 Health F&E-Bonus und Verrechnungspreis 52 Filibuster Dauerreden gegen die Mächtigen 43 Energy Stromsteuer-Erstattung 44 TMT Quellensteuer bei Lizenzen 56 Mein Singapur 45 Industrie 4.0 Ausländische Betriebsstätten 57 Publikationen / Impressum EY TAX & LAW Magazine 03/2017 5
Spots NOR 2,9 48,4 � 6 29,1 � 35,2 CAN 247,6 � 362,2 3,9 � 3 19,8 USA 33 ,9 � 19 ,0 121,9 9 0, 3 � 9 � ,4 29 3,6 MEX Afrika 23,0 (ohne ZAF) � 22 ,9 BRA Die bunte Welt des ZAF Freihandels Ungeachtet der Schlappe beim TTIP-Abkommen mit den USA treibt Weltweit gibt es über 800 Handelsabkommen, an rund 300 ist die Europäische Union ihre Freihandelsbemühungen voran. Zuletzt die EU beteiligt. Für global tätige Unternehmen besteht damit die verhandelte Brüssel intensiv ein Abkommen mit Japan (Jefta), Schwierigkeit, die jeweiligen Begünstigungen und Besonderheiten dessen Unterzeichnung noch im Herbst stattfinden soll. In Asien, zu kennen und für sich optimal zu nutzen. Für Handels- oder Pro- der Region mit der weltweit größten Wirtschaftsdynamik, versucht duktionsstätten gibt es IT-gestützte Lieferantenerklärungs- und die EU derzeit zehn Freihandelsabkommen unter Dach und Fach Präferenzmanagement-Lösungen. Ein „Customizing“ auf die indivi zu bringen. duellen Bedürfnisse und Prozesse des jeweiligen Unternehmens ist notwendig, um eine zollbasierte Präferenzkalkulation durchfüh- Was gerade für die deutsche Wirtschaft eine gute Nachricht zu sein ren zu können, die mit den Systemen für Materialwirtschaft bzw. scheint, offenbart jedoch die derzeitige Schwäche der Welthandels Lagerhaltung und Finanzbuchhaltung verbunden wird. Eine Heraus- organisation. Die WTO sollte eigentlich das Anwachsen von bi- forderung sind auch nachträgliche oder rückwirkende Änderungen und multilateralen Handelsabkommen zwischen einzelnen Staaten bei der Bewertung von Vormaterialien bzw. der hergestellten Waren. bzw. Staatengruppen stoppen und stattdessen den globalen Abbau Die bunte Welt der Freihandelsabkommen ist eine Herausforderung von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen vorantreiben. für die Wirtschaft. 6 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
Spots Global Trade 72,4 � 118,8 RUS 58,1 � 66,5 44,5 � 41,4 170,1 � 34 4,7 37,8 � 3 JPN 9,3 CHN KOR 45 ,9 EU & Zollunion � 9 ,2 IND Europäischer Wirtschaftsraum ARE Präferenzabkommen anwendbar 31 Präferenzabkommen vor Annahme und Ratifizierung SAU ,4 � 19 ,5 Präferenzabkommen in Verhandlung Präferenzabkommen im Modernisierungsprozess Potenzial für ein Freihandelsabkommen besteht Stand-alone Investitionsvereinbarung in Verhandlung Keine Verhandlungen SGP 32 ,4 Ein- und Ausfuhren in Milliarden Euro � 1 3,1 AUS Ein- und Ausfuhren der EU EU-28-Extra-Handel (2016), Anteil der Ein- und Ausfuhren von ausgewählten Mitgliedstaaten mit Ländern außerhalb der EU (in Prozent) Sonstige EU-28 14,1 18,8 Deutschland Sonstige EU-28 14,8 28,7 Deutschland Schweden 2,1 Schweden 3,0 Polen 2,9 Irland 3,3 Spanien 6,3 Einfuhren Ausfuhren Spanien 5,0 1.707 Milliarden 1.745 Milliarden insgesamt 16,6 Großbritannien insgesamt Belgien 7,2 Belgien 5,7 Niederlande 7,2 11,1 Großbritannien Italien 8,4 14,2 Niederlande Italien 10,5 Frankreich 9,4 10,5 Frankreich Quellen: Eurostat, Europäische Union EY TAX & LAW Magazine 03/2017 7
Spots Digitalisierungs- Was die leitenden Steuerentscheider zur Digitalisierung sagten defizite in den S teuerabteilungen 84 % 88 % Die Digitalisierung hat einen zunehmenden Einfluss auf den Arbeitsalltag von Entscheidern in der Steuerabteilung. Dabei planen Unternehmen allerdings ihre Digitalisierungsstrategien oft ohne ihre Steuerabteilung. halten die d atenbasierte Wie aus einer neuen EY-Studie hervorgeht, haben 61 Prozent der Unter- rüfung der Prozess- P nehmen eine digitale Strategie. Aber nur 22 Prozent der befragten Compliance in Bezug auf die erwarten, dass sich die Steuerabteilungen fühlen sich ausreichend eingebunden. Dies mag dar- steuerlichen G esetzes- und Digitalisierung stark oder sehr an liegen, dass die Mehrheit der Befragten bisher kaum bzw. überhaupt Unternehmensrichtlinien für stark auf die Prozesse der nicht mit Fragestellungen in der Digitalisierung konfrontiert wurde. wichtig oder sogar sehr wichtig. k orrekten Umsatzsteuer auswirken wird und für eine Folglich gibt es im Bereich Digital Tax einen großen Bedarf an Informa effiziente und automatisierte tion und Investitionen. Im Vergleich zum aktuellen Budget sehen die Jedoch beträgt der Anteil der- Umsatzsteuerdeklaration von Befragten durchschnittlich einen Investitionsbedarf von 340 P rozent. jenigen, die eine automatische Nöten ist. Bescheidprüfung nutzen 0% Die Studie können Sie per E-Mail an TLM@de.ey.com anfordern. Auszüge der Studie präsentiert Ihnen Tax & Law. Unternehmen sollten ihre Steuerabteilungen von Anfang an in die digi- 68 % tale Unternehmensstrategie einbinden. Denn Entscheider in den Steuer abteilungen wissen, wo sich solche Investitionen besonders lohnen. und derjenigen, die eine daten- Automatisierungen von Reporting-Aufgaben und Routineprozessen sind basierte Prüfung der Prozess- ein bedeutendes Feld, mit dem bereits viele Steuerabteilungen Erfah- Compliance anwenden nur 12 % rung haben. Laut Studie könnte die Sicherstellung von Compliance die schätzen die Prognose der nächste Investitionswelle auslösen. Viele Steuerabteilungen möchten nalen Effective Tax Rate fi ihre Compliance datenbasiert und in Echtzeit gesichert wissen. während des laufenden Geschäftsjahres als wichtig oder sogar sehr wichtig ein. Ihre Ansprechpartner zur Studie und für Tax Technology & Transformation 85 % 24 % Und doch nutzen einen Diese Studie, an der über 100 Mitarbeiter von Steuer Tax Data Lake lediglich abteilungen teilgenommen haben, wurde von der neuen Geschäftseinheit Tax Technology & Trans- formation (TTT) durchgeführt. Der e igenständige der Entscheider halten Tools Bereich beschäftigt sich mit Steuertechnologie und für die Steuerberechnung für digitaler Transformation von Steuerprozessen und und digitale Technologien im wichtig oder sogar sehr wichtig. verbindet steuerliches Know-how mit besonderer ahmen der Steuerplanung R Erfahrung in Informatik, Physik, Mathematik, künst w eniger als 10 % licher Intelligenz und Data Science. Dies versetzt EY in die Lage, ein Eine digitale Lösung für das breites Spektrum an Services anzubieten: Prozessautomatisierung, C ountry-by-Country-Reporting zentrale Bereitstellung aller steuerrelevanten Daten in Echtzeit, verwenden jedoch nur 28 % ERP-Anpassung bis hin zu individualisierten Softwareentwicklungen (z. B. künstliche Intelligenz). Ihre Ansprechpartner: Florian Buschbacher Tax Technology & Analytics Leader EMEIA, und ein Gewerbesteuer florian.buschbacher@de.ey.com, EY Stuttgart, Ralph Doll GSA Tax zerlegungstool lediglich Eine Automatisierung 23 % Technology & Transformation Leader, ralph.doll@de.ey.com, EY Köln, r outinierter Arbeitsprozesse André Hengst GSA Indirect Tax Technology Leader, andre.hengst@ verwenden nur geringe 15 % de.ey.com, EY Berlin, G ünther Hüttinger ITA Solution L eader EMEIA, guenther.huettinger@de.ey.com, EY München, Stephan Ludwig GSA Tax Performance Advisory Leader, stephan.ludwig@de.ey.com, EY Düsseldorf 8 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
Spots 50 Millionen Nutzer erreichten diese Produkte nach … In Jahren 50 28 18 68 62 46 22 Fluglinien Telefon Kreditkarten Geldautomaten Automobile Elektrizität Fernseher 14 7 4 3 2 12 4 Computer Internet Twitter YouTube Facebook Mobiltelefon iPod 0,35 Steuerzahlen der 3,825 18. Legislaturperiode 5,19 11,7 Mrd. Euro Steuerliche Entlastung Das Bundesministerium hat die steuerlichen Entlastungen der in der 18. Legislaturperiode gerade zu Ende gehenden Legislaturperiode berechnet. Demnach kommt die Anhebung des Grundfreibetrags den Steuerzahlern mit 0,695 5,2 Milliarden Euro jährlich zugute. Ebenso wirkt sich die Tarifver- 1,595 165 Mrd. Euro schiebung zur Dämpfung der kalten Progression mit 3,8 Milliarden Steuermehreinnahmen im Euro positiv für die Steuerpflichtigen aus. Einschließlich weiterer Anhebung Grundfreibetrag Vergleichszeitraum Gesamtsteuereinnahmen 2013: 570 Mrd. Euro Maßnahmen summieren sich die Entlastungen auf 11,7 Milliarden Anhebung Kindergeld Anhebung Kinderfreibetrag Prognose Juli 2017: 735 Mrd. Euro Euro im Jahr. Das ist jedoch wenig im Vergleich zu den Steuermehr- Tarifverschiebung einnahmen vor allem aufgrund der guten Konjunktur und Beschäf- Sonstige Maßnahmen tigungsentwicklung, die 2017 um 165 Milliarden Euro höher als vor Quelle: Bundesministerium der Finanzen vier Jahren liegen dürften. eBook ist nicht gleich Buch – noch? Europas Staaten durften eBooks und elektronische Publikationen, die herun- tergeladen werden können, höher besteuern als gedruckte Werke oder s olche 25 % DNK 25 % 19 % DEU 7% auf Datenträgern. Das hatte der Europäische Gerichtshof entschieden. Die Richter betonten, dass es für den Onlinehandel klare und einheitliche Regeln zur Mehrwertsteuer geben müsse. Würden eBooks zum Herunterladen ein 25 % SWE 6% 19 % NLD 6% ermäßigter Mehrwertsteuersatz zugebilligt, müssten Finanzbehörden aufwen- dig prüfen, welche Produkte des elektronischen Handels dafür infrage kämen, argumentierten die Richter im März diesen Jahres, nachdem das polnische Verfassungsgericht den EuGH um Auslegung des Unionsrechts bat. Im Juli 23 % POL 5% 18 % ESP 4% vermeldete nun jedoch das Europäische Parlament im Rahmen eines Richt linienvorschlags, dass eine Angleichung im Zuge des digitalen Lebenswandels auch beim MwSt-Satz des eBooks nicht halt machen dürfe. 21 % ITA 4% 7% FRA 7% Der Rechtsstreit um den ermäßigten Mehrwertsteuersatz dokumentiert den Reformbedarf bei dieser Steuer, die es hierzulande seit bald einem halben Jahr- 20 % GBR 0% 3% LUX 3% hundert gibt. So kritisiert der Bundesrechnungshof: „Eine Beibehaltung von überholten oder gemeinschaftsrechtswidrigen Ermäßigungen wird den Ansprü- chen an ein modernes und effizientes Steuerungsinstrument nicht gerecht.“ Quelle: Freuen Sie sich dazu auch auf den Sonderdruck 50 Jahre Mehrwertsteuer. 20 % AUT 10% Europäische Kommission, 2017 EY TAX & LAW Magazine 03/2017 9
Spots Steuern runter Personalia Extern Zahlreiche Länder senken in diesem Jahr ihre Steuersätze für In zweiter Amtszeit bleibt Stephan Toscani Unternehmen. Weitere denken darüber nach, insbesondere die USA. (CDU) saarländischer Landesminister für In Deutschland steigt damit der Druck auf die nächste Bundesregie- Finanzen und Europa und ist somit bereits in rung, ebenfalls über niedrigere Belastungen nachzudenken. der dritten Legislaturperiode in ministerieller Verantwortung für das Bundesland tätig. Zuvor war er u. a. Landesminister für Inneres und Wer 2017 seine Unternehmensteuern ändert Europaangelegenheiten. In Prozent In Schleswig-Holstein heißt die alte und neue 9 19 Finanzministerin Monika Heinold. Die g rüne HUN Politikerin hatte diese Position 2012 im Kabi- 27,9 31,4 nett von Torsten Albig (SPD) übernommen und ITA behält sie unter dem neuen Ministerpräsiden- 34,4 38 ten Daniel Günther (CDU). FRA 27,1 29,2 LUX Lutz Lienenkämper (CDU) ist neuer Finanz- 19 20 minister von Nordrhein-Westfalen. Er folgt auf GBR Norbert Walter-Borjans (SPD). Lienenkämper 21 22 hatte bereits von 2009 bis 2010 einen Minis- SVK terposten im Kabinett von Jürgen Rüttgers (CDU) inne und war damals für Bauen und Ver- 24 25 ISR kehr zuständig. 24 25 NOR Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, urde zum neuen Präsidenten des International w 27,8 28,1* Institute of Public Finance gewählt. Der Welt * Änderung auf Provinzebene CAN verband der Finanzwissenschaftler und Volks- 24 25 wirte befasst sich mit der Rolle des Staates Quelle: EY “The outlook for global tax policy in 2017” CHL in der Marktwirtschaft. Fuest ist auch Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat Steuern von EY. Fotos: saarland.de (Stephan Toscani), Gerd Seidel (Monika Heinold), Laurence Chaperon (Lutz Lienenkämper), ifo Institut (Clemens Fuest) Leitfaden für die Übertragung von Vermögen Personalia Intern Unser aktualisierter EY Worldwide Estate and Inheritance Thorsten Ehrhard ist neuer Partner bei EY Tax Guide 2017 liefert einen detaillierten steuerrecht Law am Standort in Mannheim. Sein Fokus ist lichen Überblick für die Übertragung von Vermögen auf rund die strategische Beratung von nationalen und 400 Seiten für 37 Staaten. Den Guide finden Sie auf unserer internationalen Unternehmen in den Bereichen Homepage. Umstrukturierung und Restrukturierung, Com- pliance Management Systeme sowie Vorstands- und Aufsichtsratshaftung. Kurzer Prozess Durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten an Finanzgerichten Ein durchschnittliches Gerichtsverfahren vor einem Finanzgericht sollte nicht länger als gut zwei Jahre dauern. So lautet der Anspruch des Bundes- finanzhofs (BFH) an seine vorgelagerten Finanzgerichte. 16,6 15,9 15,4 15,1 Die meisten Verfahren entsprechen dieser „Angemessenheitsvermutung“. Jahrelange Gerichtsverfahren für einfache Fälle sind die Ausnahme. Ihre Dauer konnte bei Hauptverfahren an Finanzgerichten seit 2012 sogar um 3,8 3,8 3,4 mehr als anderthalb Monate reduziert werden. Einen zuverlässigen Rechts- anspruch auf ein Gerichtsverfahren unter zwei Jahren gibt es aber nicht. 2012 2013 2014 2015 Wie lange ein Verfahren dauert, richtet sich meist nach den Umständen des Einzelfalls, vor allem nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens Hauptverfahren Eilverfahren Quellen: und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. (seit 2013 möglich) Statistisches Bundesamt, BFH 10 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
Spots Unsere Jahresendveranstaltungen 2017 29.11. Hamburg 2.11. Bremen 21.11. 29.11. Berlin Hannover 21.11. 23.11. Düsseldorf Dortmund 27.11. Leipzig 27.11. 1.12. Köln Jena 5.12. Eschborn / FFM Bei unseren alljährlichen Steuer informationsveranstaltungen zum 6.12. 14.11. Jahresende informieren wir Sie und geben Ihnen zahlreiche P lanungs- 28.11. Mannheim Nürnberg und Gestaltungshinweise. Die Saarbrücken Einladungen werden im Oktober versendet. Gerne können Sie uns 5.12. aber auch direkt kontaktieren, wenn Stuttgart Sie Interesse an einer Teilnahme haben: TLM@de.ey.com 23.11. 28.11. 21.11. Villingen- München 27.11. Freiburg Schwenningen Ravensburg EY TAX & LAW Magazine 03/2017 11
Kontern mit Konsistenz Die Staatengemeinschaft fordert mehr Transparenz bei Verrechnungspreisen und erhöht die Dokumentations- pflichten. Den steigenden Anforderungen können Unter- nehmen durch den Einsatz von technologischen Tools gerecht werden. D ie internationale Gewinnabgrenzung multinatio Die Dokumentation der Verrechnungspreise bildet auch naler Unternehmen ist in den letzten Jahren durch einen Schwerpunkt der OECD-Initiative gegen sogenannte das BEPS Projekt der G 20 und die beihilferecht „aggressive“ Steuergestaltung und Gewinnverschiebung lichen Untersuchungen der EU in das öffentliche Bewusst- (BEPS). Die im Aktionspunkt 13 formulierten Anforderun- sein gerückt. Jenseits der öffentlichen Wahrnehmung gen an den Inhalt der Verrechnungspreisdokumentation achten die Finanzbehörden in immer größerem Ausmaß finden sich wieder in den OECD-Verrechnungspreisricht- darauf, ob international agierende Unternehmen ange- linien vom Juli 2017. Diese haben zwar nur empfehlen- messene Verrechnungspreise ansetzen. Umso wichtiger den Charakter, doch orientieren sich viele Staaten daran. wird die Dokumentation der steuerlichen Angemessenheit Dies gilt auch für Nicht-OECD-Länder wie beispielsweise der Verrechnungspreise. Fehler können die Unternehmen Südafrika. Andererseits gibt es umgekehrt Mitgliedsländer teuer zu stehen kommen. In den USA schlagen die Behör- wie die USA, die den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien den bei unzureichenden Verrechnungspreis-Dokumenta nicht (uneingeschränkt) folgen. tionen bis zu 40 Prozent Strafe dazu. In Indonesien sind bis zu 200 Prozent der nicht gezahlten Steuern zu zahlen Die Verrechnungspreisdokumentation mit konzernbezo und darüber hinaus noch weitere strafrechtliche Konse- genen Stammdaten („Master File“) und länderspezifi- quenzen zu erwarten. In Mexiko kann zusätzlich zu einer schen „Local Files“ soll – zusammen mit dem Country- Geldstrafe, der Zugang des Unternehmens zum öffent by-Country-Reporting – die Finanzverwaltungen in die Foto: iStock / Nastco lichen Sektor verweigert werden und in den Niederlanden Lage versetzen, bei Unternehmen eventuelle Verrech- können strafrechtliche Sanktionen in Abhängigkeit zur nungspreisrisiken zu identifizieren und diese dann gezielt finanziellen Höhe des Schadens folgen. Bei vorsätzlicher zu prüfen (siehe Kasten Seite 15). Betriebsprüfer w ollen Pflichtverletzung drohen sogar bis zu vier Jahren Haft. auf diese Weise umfängliche Informationen über die 12 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
TOP Die Welt der Wirtschaft wird größer, komplexer, und auch die Dokumentationspflichten nehmen deutlich zu. Weltweites BIP in Billionen US-Dollar 28 78 + 1.732 % 1995 2015 Zunahme der für den Seitenzahl der OECD- Weltwarenexport produzierten Erzeugnisse Verrechnungspreisrichtlinien 247 608 2009 2017 Entwicklung des grenzüberschreitenden Warenhandels +571 % weltweit 1960 bis 2015 Zunahme der weltweiten Warenproduktion 1960 1970 1980 1990 2000 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Quellen: World Trade Organization (WTO): World Trade Statistical Review 2016; eigene Berechnungen EY TAX & LAW Magazine 03/2017 13
TOP lobalen und lokalen Aktivitäten des Steuerpflichtigen g wendig ist, d. h. das Master File/Local File-Konzept findet einer internationalen Unternehmensgruppe erhalten. In gar keine Anwendung. Zwar gibt es Überschneidungen vielen Fällen dürfte es darum gehen, dem jeweils e igenen in den Inhalten nach dem OECD Konzept, jedoch besteht Land ein möglichst großes Stück vom Steuerkuchen zu die Kunst darin, aus dem OECD Master File/Local File sichern. Bestandteile zu übernehmen und um die für die US Doku- mentation notwendigen Inhalte, wie z. B. die US Verrech- Für die betroffenen Unternehmen heißt dies in Bezug auf nungspreismethoden, zu ergänzen. ihr Verrechnungspreis-Management: Es wird umfang- reicher, unübersichtlicher, komplizierter und möglicher Fristen einhalten weise teurer. Die Konsequenzen gehen über einen höhe- ren Aufwand bei der Erstellung von Master File und Local In Deutschland gibt es eine Frist zur Erstellung der Ver- File hinaus. Die Unternehmen müssen sich auch mit den rechnungspreisdokumentation nur für außergewöhn notwendigen organisatorischen Veränderungen ausein- liche Geschäftsvorfälle (sechs Monate nach Beendigung andersetzen, um der steigenden Transparenz mit ange- des Wirtschaftsjahres, in dem der außergewöhnliche messener Konsistenz zu begegnen. Das spricht für einen Geschäftsvorfall stattfand). In vielen anderen Ländern zentralen Ansatz bei der Erstellung der Verrechnungs- muss ein Unternehmen seine Dokumentation jedes Jahr preisdokumentationen und für den Einsatz von techno- zu einem bestimmten Zeitpunkt erstellt haben. Wenn logischen Lösungen. EY hat dabei ein eigenes internet die Dokumentation bei Abgabe der Ertragsteuererklärung basiertes Tool – TP Web™ – entwickelt. Nachfolgend vorliegt, schützt dies vor Strafzuschlägen im Fall einer stellen wir beispielhaft vor, welche H erausforderungen Verrechnungspreiskorrektur. die Steuerabteilungen von international agierenden Unternehmen zu bewältigen haben – und wie sie darauf Erklärung und Dokumentation reagieren sollten. Unabhängig von der Ertragsteuererklärung müssen Unternehmen in Ländern wie Australien, China, Nieder Lokale Besonderheiten lande, Singapur, Südafrika und den USA sogenannte Bei der Umsetzung des BEPS-Aktionspunkts 13 und der Verrechnungspreiserklärungen abgeben (TP Returns, OECD-Verrechnungspreisrichtlinien gehen die Staaten TP Schedules, TP Forms etc.). Der Steuerpflichtige muss unterschiedlich vor und erlauben sich, davon nach Gut- darin typischerweise die Transaktionen mit v erbundenen dünken abzuweichen. So definiert Deutschland zusätz Unternehmen auflisten. Wichtig ist dabei, dass die dort liche Anforderungen für die Dokumentation. aufgelisteten konzerninternen Geschäftsbeziehungen und die einschlägigen Verrechnungspreismethoden mit Generell zeichnet sich der Trend ab, dass die Länder den den Angaben in der Verrechnungspreisdokumentation Master File-Standard der OECD weitestgehend unverän- übereinstimmen. Im Gegensatz zu einer Dokumentation dert übernehmen und sich die Abweichungen vor allem der Verrechnungspreise fehlen bei einer Erklärung die auf das Local File beziehen. In einigen Ländern behält der deskriptiven Bestandteile (Beschreibung des Unter bisherige Dokumentationsansatz seine Gültigkeit. Zu die- nehmens, Funktions- und Risikoanalyse) und der Nach- sen Ländern gehören die USA, wo weiterhin eine Verrech- weis für die Angemessenheit der Verrechnungspreise nungspreisdokumentation nach IRS Code § 6662 not- m ittels Datenbankanalysen. 14 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
TOP Master File und Local File Nach den überarbeiteten OECD-Verrechnungspreisrichtlinien ent- Im Vergleich zu den in der Vergangenheit typischen Inhalten hält die Verrechnungspreisdokumentation zwei Komponenten: eines Master Files, das einmal für die Gruppe erstellt werden soll, ein Master File und ein Local File. Während das Master File d iverse sind Informationen zu den immateriellen Werten einschließlich Informationen zu dem Konzern bzw. zur Unternehmensgruppe der Hauptforschungs- und Entwicklungsstandorte und die Stand enthalten soll, fordert das Local File spezifische Informationen zu orte des Managements der Forschungs- und Entwicklungstätig dem lokalen Steuerpflichtigen in der Rechtsform einer Kapital keiten b eizufügen, außerdem die konzerninterne Finanzierung und gesellschaft, Personengesellschaft oder Betriebsstätte. Das Konzept Verträge über die Finanzierung der Gruppe mit fremden Dritten, eines Master Files ist grundsätzlich nicht neu und basiert auf den eine Auflistung der unilateralen Advance Pricing Agreements und Empfehlungen des EU Joint Transfer Pricing Forums und wurde in Vorabzusagen über die Verteilung der Einkünfte darzulegen und der der Vergangenheit von einigen Ländern übernommen. Während das Konzern- bzw. Gruppenabschluss. Konzept des Master Files in der Vergangenheit dem Steuerpflich tigen mehr Auslegungsspielraum über die Form und den Inhalt der Verrechnungspreisdokumentation ließ, gibt es nun erstmals einen international festgelegten Standard. Master File Local File Beschreibung des Unternehmens und seiner Aktivitäten Lokale Unternehmenseinheit Allgemeine Beschreibung der Aktivitäten, inklusive: • Beschreibung des Managements, der Organisationsstruktur • Erläuterungen zur Wertschöpfungskette der fünf und Beschreibung an wen der lokale Geschäftsführer umsatzstärksten Produkte/Dienstleistungen und der Bericht erstattet und wo sich diese Adressaten befinden. Produkte/Dienstleistungen, die mehr als fünf Prozent des Konzernumsatzes ausmachen (grafische Visualisierungen sind erlaubt). • Auflistung und Beschreibung der wichtigsten konzerninternen Dienstleistungsverträge. • Wichtige Restrukturierungen der Geschäftsaktivitäten. Immaterielle Vermögensgegenstände (IA) Transaktionen mit verbundenen Unternehmen • Allgemeine Erläuterung der IA-Strategie, der wichtigsten Für jede wesentliche konzerninterne Transaktion der F&E Standorte und der F&E Management Standorte. Unternehmenseinheit: • Auflistung und Beschreibung der wichtigsten konzerninternen • Transaktionsmatrix, d. h. Darstellung alle Transkationen Verträge zu immateriellen Vermögensgegenständen. mit verbundenen Unternehmen (einschließlich der Funktions- und Risikoanalyse und Angemessenheitsanalyse). • Angabe von Gründen für die Durchführung von mehrjährigen Analysen. • Kopien aller uni-/bi- und multilateraler APAs (verbindliche Auskünfte/Vereinbarungen), die mit anderen Finanzbehörden geschlossen wurden, mit Bezug zur jeweiligen Transaktionskategorie. • Kopien von wichtigen Verträgen mit verbundenen Unternehmen. Konzerninterne Finanzierungstätigkeiten Finanzdaten • Allgemeine Erläuterung der konzerninternen • Darlegung, wie die Finanzdaten zur Bestimmung der Finanzierungsvereinbarungen, inklusive Vereinbarungen geeigneten Verrechnungspreismethode und zur Überleitung mit fremden Dritten. zum Jahresabschluss genutzt wurden. Finanz- und Ertragsteuerpositionen • Liste der in der Gruppe bestehenden unilateralen APAs und verbindlichen Auskünften über die Allokation von Einkünften. • Konsolidierter Jahresabschluss (Group Accounts). EY TAX & LAW Magazine 03/2017 15
TOP Umsetzung in deutsches Recht Obwohl die OECD ihre überarbeiteten Ver- lichen Anforderungen entsprechen grund- wenn ein Unternehmen aufgrund der rechnungspreisrichtlinien erst im Juli 2017 sätzlich denen in den OECD-Richtlinien. Einflussmöglichkeiten als verbundenes veröffentlichte, hat die Mehrheit der Mitglied- Unternehmen zu behandeln ist. staaten seit der Veröffentlichung des BEPS- Deutsche Steuerpflichtige, deren Umsätze • Während die OECD-Richtlinien grundsätz- Berichts zu Aktionspunkt 13 im Oktober 2015 aus Warenlieferungen mit verbundenen lich auf die Ist-Zahlen am Wirtschafts bereits das Konzept Master File/Local File in Unternehmen mehr als sechs Millionen Euro jahrende bei dem Nachweis der Angemes- die nationale Gesetzgebung und weitere Vor- und die Entgelte aus allen anderen Leistungs- senheit der Verrechnungspreise abstellen, schriften überführt. Dazu zählt Deutschland. beziehungen mit verbundenen Unternehmen müssen deutsche Steuerpflichtige zusätz- mehr als 600.000 Euro betragen, müssen im lich den Zeitpunkt der Verrechnungs- In Deutschland haben Steuerpflichtige für Local File weitere Informationen offenlegen, preisbestimmung und die hierfür verfüg- Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember die über die Empfehlungen der 2017 OECD baren und verwendeten Informationen 2016 beginnen, eine Stammdokumentation Verrechnungspreisrichtlinien hinausgehen. offen legen. Die Verrechnungspreisanalyse (Master File) und eine landesspezifische, Beispielhaft seien zwei Punkte genannt: umfasst auch Informationen über mögliche unternehmensbezogene Dokumentation Preisanpassungen. (Local File) zu erstellen. Die Details über Art, • Deutsche Steuerpflichtige müssen die Inhalt und Umfang der Aufzeichnungen wer- Beteiligungsverhältnisse mit v erbundenen Verrechnungspreisdokumentationen sollen den in der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungs- Unternehmen, zu denen Geschäftsbezie- im Regelfall nur im Rahmen von Betriebs- Verordnung vom 12. Juli 2017 definiert. hungen bestehen, sowohl zu Beginn des prüfungen von deutschen Steuerpflichtigen Wirtschaftsjahres als auch – bei Änderun- angefordert werden. Dem Steuerpflichtigen Der deutsche Gesetzgeber verpflichtet nur gen – im Verlauf des Wirtschaftsjahres verbleiben dann, wie in der Vergangenheit, Steuerpflichtige zur Erstellung einer Stamm- darstellen. Das gilt analog für die Darstel- grundsätzlich 60 Tage (30 bei außergewöhn- dokumentation, deren Umsatz im voran- lung der organisatorischen und o perativen lichen Geschäftsvorfällen), um seine Verrech- gegangenen Wirtschaftsjahr mindestens Konzernstruktur. Des Weiteren ist eine nungspreisdokumentation bei der Finanz 100 Millionen Euro betragen hat. Die inhalt Darlegung sonstiger Umstände n otwendig, verwaltung einzureichen. Doppelbesteuerung Neue Rolle für die Zentrale Schon bei bisherigen Betriebsprüfungen hat die Finanz- Für Unternehmen stellt sich nun die Frage, wie sie den verwaltung vermehrt Verrechnungspreise korrigiert. wachsenden Aufgaben und dem gestiegenen Risiko bei Das Risiko steigt weiter durch den zunehmenden Infor- den Verrechnungspreisen gerecht werden können. mationsaustausch zwischen den Behörden. Gleiches In der Vergangenheit haben viele einen eher dezentra- gilt durch koordinierende steuerliche Außenprüfungen len Ansatz verfolgt. Die lokale Verrechnungspreisdoku der Finanzverwaltungen in mehreren S taaten. Die mentation oblag letztlich den Tochtergesellschaften vor mit Verrechnungspreiskorrekturen einhergehenden Ort, und die Konzernzentrale war in den Erstellungs Mehr- und Doppelbesteuerungen können zwar durch die prozess nicht oder nur am Rande eingebunden. In der Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach dem zentralen Steuerabteilung gab es häufig keine Informatio einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen oder der nen über die lokalen Verrechnungspreisdokumentatio- EU-Schiedskonvention reduziert bzw. aufgehoben werden, nen hinsichtlich Darstellung, Inhalt, Einhaltung der Erstel- doch handelt es sich um einen zeitintensiven Prozess. lungsfristen etc. TP TP 16 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
TOP Hiervon sind die Fälle zu unterscheiden, in denen die Steuerabteilung steigt, da nur sie eine gruppenweite Tochtergesellschaften für die Erstellung der lokalen Ver- Konsistenz sicherstellen kann. Beim zentralen Dokumen- rechnungspreisdokumentation verantwortlich sind, d iese tationsansatz werden die gleichen Transaktionstypen – aber von der Konzern-Steuerabteilung durch zentral wie Lohnfertigung, Auftragsforschung und Lieferung erstellte Inhalte/Bausteine unterstützt werden. In der von Fertigwaren an eine Vertriebsgesellschaft – bei allen Praxis war eine intensive Unterstützung durch die zen Erbringern und Empfängern einheitlich innerhalb der trale Steuerabteilung aus Ressourcen- und Zeitgründen Unternehmensgruppe dokumentiert. Hierdurch bekom- jedoch eher selten. men alle betroffenen Finanzverwaltungen die gleichen Informationen, so dass im Falle einer späteren Betriebs- prüfung oder möglicher Verständigungsverfahren keine Zusammenspiel von Mutter und Tochter Widersprüche entstehen. Aufgrund der Vielzahl von zu Dies ändert sich durch die neuen OECD-Richtlinien fun- dokumentierenden Transaktionstypen und der notwendi- damental. Ein zentraler Ansatz setzt sich zunehmend gen Aktualisierung der quantitativen Daten ist es wichtig, durch. Dieser zeichnet sich durch eine zentrale Erstel- den richtigen Detaillierungsgrad zu finden. lung der Verrechnungspreisdokumentationen aus, welche die lokalen gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen. Primäre und sekundäre Dokumentation Die Tochtergesellschaften unterstützen den Prozess mit allgemeinen Informationen über die Beteiligungsverhält Die gesetzlich geforderte Verrechnungspreisdokumenta- nisse, den Geschäftsbetrieb und den Organisationsaufbau tion dient als primäre Quelle, um die lokalen Dokumenta- mit Aufzeichnungen über die Geschäftsbeziehungen des tionsvorschriften zu erfüllen. Allerdings müssen Unter- Steuerpflichtigen sowie mit Funktions-, Risiko- und Ver- nehmen bei Betriebsprüfungen in diversen Staaten mit rechnungspreisanalysen für das Local File, das neben dem detaillierten Informationsanfragen rechnen, die weit über Master File erstellt werden muss. die Vorschriften der lokalen Verrechnungspreisdokumen- tation hinausgehen. Derart umfängliche, jeweils in eini- Sofern in der Zentrale die Daten für die Auflistung gen Staaten erforderliche Unterlagen und Informationen der Geschäftsvorfälle mit verbundenen Unternehmen sollten aus Konsistenzgründen oft nicht in das Local File und Finanzdaten für die Angemessenheitsprüfung der aufgenommen werden. Deshalb entwickeln viele Unter konzerninternen Transaktionen nicht vorhanden sind, nehmen eine sogenannte „sekundäre“ Dokumentation, die müssen die Tochtergesellschaften sie zur Verfügung stel- im Fall einer steuerlichen Außenprüfung die vorhandene len. Solch ein zentraler Ansatz führt zu einem hohen Verrechnungspreisdokumentation ergänzt. Bestandteile Grad an Übereinstimmung innerhalb der Gruppe. Gerade der sekundären Dokumentation können Präsentationen zu Konsistenz ist im BEPS-Zeitalter von außerordentlicher Unternehmen und Produktfamilien, Unterlagen über die Bedeutung, weil die Unternehmen immer transparenter Berechnung der Verrechnungspreise oder Protokolle über für die Finanzverwaltung werden. verrechnungspreisrelevante Entscheidungen sein. Transparenz und Konsistenz Ressourcen und Qualitätssicherung Unter Risikoaspekten erfordert die zunehmende Trans- Der wachsende Aufwand für die zentralen Steuerabtei- parenz in den meisten Fällen eine Neuordnung des Doku- lungen korrespondiert typischerweise nicht mit einer mentationsprozesses. Die Verantwortung für die z entrale personellen Aufstockung. Um den qualitativen Anforde- TP TP EY TAX & LAW Magazine 03/2017 17
TOP rungen an Verrechnungspreisdokumentationen gerecht lungen über die Gesellschaft alle Informationen zu zu werden, entscheiden sich viele Unternehmen deshalb, den Transaktionen der Gesellschaft, einschließlich der einen globalen Berater einzuschalten und/oder eine ent- Angemessenheitsanalysen, automatisch zusammen. sprechende Technologie zur Unterstützung der zentralen Dadurch können sich die Nutzer auf die Analyse von Steuerabteilung einzusetzen. Transaktionen konzentrieren, die mehr Aufmerksam- keit bedürfen – zum Beispiel Funktionsverlagerungen oder das Beenden lokaler Geschäftsaktivitäten. Technologische Unterstützung Mit Aktionspunkt 13 des BEPS-Projekts wurde erstmals • Ein umfangreiches Workflowmanagement erinnert ein global weitgehend einheitlicher Ansatz für die Ver- die Nutzer an die fristgerechte Erledigung der jeweili- rechnungspreisdokumentation entwickelt Das hat EY gen Arbeitsschritte. Der Status der Verrechnungspreis- dazu v eranlasst, ein Tool zu entwickeln – TP Web™ –, das dokumentationen ist per Knopfdruck auf einem Dash- zum einen die Erstellung und Pflege einer Dokumentation board ersichtlich. Es zeigt sowohl für das Master File gemäß Kapitel V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien der Gruppe als auch für das Local File jeder einzelnen aus 2017 unterstützt und zum anderen die Flexibilität Gesellschaft an, wie weit der Prozess fortgeschritten ist bietet, lokale Abweichungen zu berücksichtigen. Die unter- und ob alle Termine, einschließlich der Erstellungsfrist stützende Wirkung von TP Web™ soll an den folgenden für die Dokumentation, eingehalten werden. Es hilft der zwei Beispielen verdeutlicht werden: zentralen Steuerabteilung damit bei der Arbeitsorgani- sation und dem Projektmanagement. • TP Web™ erlaubt das zentrale Anlegen von Modulen für die verschiedenen Transaktionstypen einer Unter- Eine webbasiere Lösung für die Verrechnungspreisdoku- nehmensgruppe. Ein Transaktionsmodul umfasst, mentationserstellung, wie TP Web™, sorgt nicht nur für neben einer kurzen Beschreibung der Transaktion, eine Konsistenz und Kontrolle, es minimiert auch das R isiko Funktions- und Risikoanalyse, die Art der Angemessen- von Fehlern, die etwa durch das manuelle Verschieben heitsanalyse (Finanzdaten, TP Policy oder a lternative von Textbausteinen entstehen können. Damit werden Analyse), eine Auswahl der Tested Party (Unternehmen international aktive Unternehmen den höheren qualitati- in der Transaktion, dessen Finanzzahlen relevant für ven Anforderungen gerecht, die sich aus den gestiegenen die Prüfung der Angemessenheit der Verrechnungs- Anforderungen der Staatengemeinschaft an die Verrech- preise sind) und die einschlägigen D atenbankanalysen. nungspreise ergeben. Entsprechend dem Geschäftsvorfall zwischen zwei verbundenen Unternehmen lädt das Tool die für den Transaktionstyp hinterlegten Informationen und führt Ein Video zum TP Web™ und weitere Informationen die Angemessenheitsanalyse automatisch durch, zum Thema, finden Sie auf unserer Internetseite. soweit die einschlägigen Finanzdaten vorhanden sind. www.de.ey.com/tlm Analog stellt TP Web™ neben den deskriptiven Darstel Ihre Autoren Oliver Wehnert Cornelia Wolff Partner Partner International Tax & Transfer Pricing EY Global Transfer Pricing Technology Leader für Deutschland, Österreich and Transformation Leader und der Schweiz cornelia.wolff@de.ey.com oliver.wehnert@de.ey.com 18 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
TOP Konsistenz durch TP Web™ Unser Tool unterstützt Sie: • Erstellung der Verrechnungspreisdokumentationen für alle lokalen Gesellschaften entsprechend den lokalen Anforderungen • Liefert ein Status-Tracking im Dokumentationsprozess • Automatisierte Erinnerung-E-Mails unterstützen Sie bei der Verrechnungspreisdokumentation • Flexible Verwaltung von Zugriffsrechten auf u nterschiedliche Prozesstiefen • Berücksichtigung länderspezifischer und im Tool implementierter Anforderungen TP Web™ Headquarter Central management EYTax.Tech™ TP Web™ Dashboard Status Due date I nformation status Review status Masterfile 06/30/2017 In progress Not started Group data 06/30/2017 Completed Global business unit data 06/30/2017 In progress Industrial goods 06/30/2017 In progress Consumer goods 06/30/2017 Completed Financial Services 06/30/2017 Completed Local entity information Local file Transaction Local entity Country Region Due date I nformation status Analysis status Review status m atrix status CA-01 – Canadian Co Canada (CA) Groupregion 06/30/2017 Not started Not started Not started Not started CG Canadian Co 06/30/2017 Not started Not started Not started DE-01 – Germany GmbH Germany (DE) Groupregion 12/31/2017 Not started In progress In progress Not started DE-02 – Germany AG Germany (DE) Groupregion 12/31/2017 In progress Completed Completed Not started IG Germany AG 12/31/2017 Not started Completed Completed FR-01 – France Co France (FR) Groupregion 12/31/2017 In progress Completed In progress Not started CG France Co 12/31/2017 Not started Completed Not started IG France Co 12/31/2017 Completed Completed Completed ZA-01 – South Africa AG South Africa (ZA) Groupregion 12/31/2017 Not started Not started Not started Not started IG South Africa AG 12/31/2017 Not started Completed Completed CN-01 – China Co China (CN) Groupregion 12/31/2017 In progress Completed Completed Not started CG China Co 06/30/2017 Not started Not started Not started EY TAX & LAW Magazine 03/2017 19
Drang nach Ein- und Offenheit Der BEPS-Pakt hat in Brüssel und Berlin z usätzliche steuerpolitische Aktivitäten ausgelöst. Ein Überblick. D ie korrekte Umsetzung der OECD-Empfehlungen erweitert die ATAD II die Richtlinie um Vorschriften für gegen sogenannte „aggressive“ Steuergestaltung hybride Gestaltungen unter der Beteiligung von Drittstaa- und Gewinnverlagerung (BEPS) reicht der Europä- ten. Mit ATAD I und II kommt die EU den Empfehlungen ischen Union und Deutschland offenkundig nicht aus. Viel- der OECD nach, wonach eine Zahlung nur einmal abzugs- mehr scheinen Brüssel und Berlin hier eine Vorreiterrolle fähig und gleichzeitig eine einmalige Besteuerung sicher- einnehmen zu wollen. So spielte das Thema auch beim gestellt ist. Zwar handelt es sich hierbei schon um bereits G20-Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer verabschiedete Vorschriften, doch gilt es jetzt, die einzel- in Hamburg eine Rolle. Im Schlusskommuniqué bekannten nen Umsetzungsmaßnahmen in den EU-Mitgliedstaaten sich die Staats- und Regierungschefs zur weiteren Umset- im Auge zu behalten. zung der BEPS-Maßnahmen. Unter der sehr steueraffi- nen und zielstrebigen Ratspräsidentschaft Estlands ist zu Denn immerhin hat Deutschland in Sachen hybride erwarten, dass es auf EU-Ebene deutliche Fortschritte bei Gestaltungen bereits einige Vorarbeiten geleistet. Ende einigen der nachfolgend beschriebenen Initiativen gibt. 2016 wurde ein § 4i EStG eingeführt, der einen doppel ten Betriebsausgabenabzug im Zusammenhang mit der deutschen Besonderheit des sogenannten Sonder Bekämpfung von Steuervermeidungs betriebsvermögens bei Personenunternehmen verhindert. praktiken Bereits seit 2014 gilt für Dividenden das Korrespondenz- Nachdem erst im Juni 2016 über die Richtlinie zur prinzip, nach dem diese nur freigestellt werden, wenn Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken (ATAD I) die Dividendenzahlung nicht steuerlich abzugsfähig war. entschieden wurde, folgte bereits im Mai 2017 die formel- Die Preisfrage ist nun, welche weitergehenden Änderun- le Verabschiedung einer Änderungsrichtlinie, der ATAD II. gen durch die ATAD I/II in Deutschland notwendig sind. Die ATAD I legt Mindeststandards in fünf Bereichen fest: eine Zinsschrankenregelung, eine Vorschrift zur Wegzugs- Genau damit beschäftigt sich seit bald zwei Jahren eine besteuerung, eine generelle Missbrauchsvermeidungs- Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Zwar tagt diese Arbeits norm, eine Vorschrift zur Hinzurechnungsbesteuerung gruppe nicht öffentlich, Ende 2016 ließen die Länder aber sowie Regelungen im Bereich hybrider Gestaltungen zur durchblicken, dass sie sich einiges vorgenommen haben. Vermeidung eines doppelten Betriebsausgabenabzugs In einem Bundesratsbeschluss forderten sie die Bundes- oder eines Betriebsausgabenabzugs ohne korrespondie- regierung auf, „gemeinsam mit den Ländern umfassende rende Besteuerung. gesetzgeberische Maßnahmen zur möglichst vollständi gen Beseitigung unversteuerter Einkünfte bzw. eines Während die Vorschriften der ATAD I ausschließlich hyb- doppelten Betriebsausgabenabzugs durch hybride Gestal- ride Strukturen betreffen, die innerhalb der EU bestehen, tungen vorzubereiten“. Klarheit darüber, was Bund und 20 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
Im Mai 2017 trafen sich die G7 in Taormina (Italien). Die Gipfelteilnehmer sagten erneut zu, alle politischen Instrumente – einschließlich geld-, fiskal- und strukturpolitischer Instrumente – zu nutzen, um ein robustes, nachhaltiges, ausgewogenes und integratives Wachstum zu erreichen. Ländern vorschwebt, dürfte ein Referentenentwurf brin- nun geforderte Veröffentlichung der interpretations gen, der möglicherweise trotz Bundestagswahl noch in anfälligen Daten gilt daher eher als Steilvorlage für Kam- diesem Jahr veröffentlicht wird. pagnen von Nicht-Regierungsorganisationen und für Unternehmensinteressenten aus Nicht-EU-Staaten, die selbst möglicherweise keinen solchen Pflichten unterlie- Offenlegung steuerlich relevanter gen. Auch stellt sich die Frage, warum die EU einseitig I nformationen (public CbCR) den mühsam ausgehandelten BEPS-Konsens verlässt, der Im April 2016 veröffentlichte die EU einen Vorschlag, der gerade keine Veröffentlichung vorsieht. Auf EU-Ebene die Richtlinie 2013/34/EU („Bilanzrichtlinie“) hinsichtlich droht Deutschland mangels Verbündeten jedoch eine Nie- der Offenlegung von Ertragsteuerinformationen ändern derlage. Auch national haben sich SPD, Grüne und Linke soll. In der EU tätige große multinationale Unternehmen in ihren Wahlprogrammen zur Veröffentlichung bekannt. sollen verpflichtet werden, Berichte über steuerlich rele- vante Informationen aufzustellen und diese offenzulegen. Anzeige von Steuergestaltungsmodellen Diese Initiative der Kommission ist unabhängig von den BEPS-Vorschlägen der OECD zum Country-by-Country- Der Vorschlag vom 21. Juni 2017 zur Änderung der Reporting (CbCR) und geht darüber hinaus. Richtlinie 2011/16/EU zielt darauf ab, eine automatische Meldepflicht schädlicher und grenzüberschreitender Da es sich nicht um eine rein steuerrechtliche Richtlinie Steuergestaltungsmodelle einzuführen. Die Offenlegungs- handelt, sondern um eine Rechnungslegungsrichtlinie zur pflicht und zeitnahe Benachrichtigung der Behörden soll Niederlassungsfreiheit der Unternehmen, kann der Euro- es diesen ermöglichen, frühzeitig Gegenmaßnahmen päische Rat mit qualifizierter Mehrheit darüber entschei- bei „schädlichen“ Modellen zu ergreifen. Im Richtlinien- den. Allerdings haben sich einige Mitgliedstaaten bereits vorschlag sind eine Reihe von Kennzeichen („hallmarks“) kritisch gegenüber der Offenlegungspflicht geäußert, so aufgeführt, die auf kritische Steuerplanung hindeuten. dass derzeit offen ist, wann und mit welchen genauen Dazu zählen unter anderem das grenzüberschreitende Inhalten die Richtlinie verabschiedet wird. Nutzen von Verlusten zur Senkung der Steuerlast oder das Ausnutzen günstiger Steuersonderregelungen und Foto: picture alliance / REUTERS Im Herbst jedenfalls beginnt auf EU-Ebene der entschei- Vereinbarungen unter Beteiligung von Ländern, die dende „Trilog“ zwischen Kommission, Rat und EU-Parla die internationalen Standards für verantwortungsvolles ment. Die unionsgeführten Ministerien der Bundesregie Handeln nicht einhalten. rung sind gegen ein öffentliches CbCR. Nicht zuletzt deshalb, weil die Finanzbehörden bereits CbCR-Daten Sobald eines dieser Merkmale zutrifft, muss die geplante erhalten, also kein Erkenntnisgewinn gegeben wäre. Die Gestaltung dem Fiskus gemeldet werden. Bei einigen EY TAX & LAW Magazine 03/2017 21
TAX GK(K)B – Zukunftsprojekte oder Grenzen einer Harmonisierung? Derzeitige Vorgehensweise 1. Schritt 2. Schritt 3. Schritt Letzter Schritt Berechnung der Steuerbemessungs- Konsolidierung von Gewinnen Verteilungsschlüssel Besteuerung grundlage nach EU-Vorschriften und Verlusten Derzeitige Rechtslage Vorgehensweise nach GK(K)B Bemessungs- + 100 € + 90 € + 90 € + 180 € +180 € 50 € × 30 % Steuersatz grundlage Muttergesellschaft Verteilungsschlüssel aus: + 120 € + 130 € + 130 € 120 € × 34 % Steuersatz Umsatz Tochtergesellschaft 1 Arbeitslöhne − 50 € − 40 € − 40 € 10 € × 28 % Steuersatz Kapital Tochtergesellschaft 2 • Drei unterschiedliche • Ein gemeinsamer Rechnungslegungs- Verteilungsschlüssel • Jedes einzelne Land wendet Rechnungslegungsstandards standard Ein Land der Mutter teilt die dann auf seinen Gewinnanteil, • Drei unterschiedliche • Berechnung von drei Steuerbemessungs- Bemessungsgrundlage zwischen seinen eigenen Körperschaft- Vorgehensweisen für die grundlagen (eine für jedes Land) den drei Ländern auf. steuersatz an Berechnung des Gewinns • Keine Harmonisierung der K örperschaftsteuersätze dieser hallmarks (z. B. eine grenzüberschreitende Verlust- anteil zur Besteuerung zugewiesen. Die Formel berück- nutzung) ist zusätzlich ein „main benefit“ Test erforder- sichtigt den Anteil jedes Landes an Umsatz, Arbeitskräf- lich. D. h. meldepflichtig wären Steuergestaltungen nur ten und Vermögenswerten des Unternehmens. Auf diesen dann, wenn der Hauptvorteil des Modells die Erlangung Gewinnanteil wendet jedes Land seinen Steuersatz an, eines Steuervorteils darstellt. Der Meldepflicht unter der je nach Land variieren kann. Interessanterweise ent- liegen im Wesentlichen Intermediäre, also Steuerberater, hält bereits der GKB-Vorschlag eine grenzüberschreitende Rechtsanwälte und auch Syndikusanwälte und -berater Verlustverrechnung, was konzeptionell eigentlich erst innerhalb eines Unternehmens. Kann sich ein Intermediär Teil der GKKB ist – ein Vorschlag, der von den Bundes auf seine gesetzlichen Schweigepflichten berufen, geht ländern wegen befürchteter Einnahmeausfälle sogleich die Meldepflicht auf den Steuerpflichtigen über. kritisiert wurde. Auch Deutschland und Frankreich haben sich unlängst wieder dazu bekannt, gemeinsam die Har- monisierung der Unternehmensbesteuerung voranzutrei- Erst GKB, dann GKKB ben. Somit könnte das seit bald zehn Jahren verfolgte So sehr eine Harmonisierung der steuerlichen Bemes- GK(K)B-Projekt doch noch von Erfolg gekrönt werden. sungsgrundlage auch im Rahmen einer einheitlichen Unternehmensbelastung sinnvoll erscheint, so groß sind Nicht-kooperative Steuergebiete die Schwierigkeiten, die das Vorhaben einer Gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage in der EU auf- Die sogenannte Code of Conduct Gruppe des Finanz wirft. Dennoch fand am 23. Mai 2017 im Europäischen ministerrates der EU und die Kommission wollen im Kampf Rat eine Standortbestimmung statt, um die Mitgliedstaa- gegen unlautere Steuervermeidung auch eine Liste nicht- ten zu einer Stellungnahme hinsichtlich des Richtlinien kooperativer Steuergebiete erstellen. Die s ogenannte vorschlags zur GKB vom 25. Oktober 2016 zu drängen. „Black List“ soll bereits Ende 2017 vorliegen. Es sollen die Länder aufgeführt werden, die den von der EU festge- Dabei zeigt sich die EU-Kommission ausgesprochen legten Mindestanforderungen für verantwortungsvolles mbitioniert: Nach der Schaffung einer Gemeinsamen a staatliches Handeln im Steuerwesen nicht nachkommen. Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) soll in Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, für jedes Land einem zweiten Schritt das Projekt einer Gemeinsamen die vier Kriterien Transparenz (insbesondere im Hinblick konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage auf die internationalen Standards für den automatischen Ihr Ansprechpartner (GKKB) folgen. Während die GKB nur eine EU-weit glei- Informationsaustausch), fairer Steuerwettbewerb, BEPS- che Gewinnermittlung vorsieht, ergänzt die GKKB zusätz- Umsetzung sowie Niveau der Besteuerung zu überprüfen. Prof. Dr. Klaus von Brocke lich die Konsolidierung und Formelgewinnaufteilung. Im Februar 2017 versendete die von der EU-Kommission klaus.von.brocke Alle Gewinne inkl. Verluste eines Konzerns werden bei eingesetzte Arbeitsgruppe Schreiben an 92 Länder (dar- @de.ey.com der GKKB über alle EU-Länder konsolidiert. Abschließend unter die USA und die Schweiz), welche genauer überprüft erhält jedes Land anhand einer Formel seinen Gewinn- werden sollen. 22 EY TAX & LAW Magazine 03/2017
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