Alma UNIVERSITÄT - Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen

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 UNIVERSITÄT

Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen   # 1 / 2018
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SOCIETY 4.0
                      BUILDING THE ECONOMY OF OUR FUTURE

                                     9. INTERNATIONALE

HSG ALUMNI KONFERENZ
                              30.8.–1.9.2018
                         CAMPUS DER HSG, ST.GALLEN

       PAUL ACHLEITNER
            AUFSICHTSRATSVORSITZENDER
                                                                 MIRIAM MECKEL
                                                                          HERAUSGEBERIN
                  DEUTSCHE BANK                                         WIRTSCHAFTSWOCHE

                   RICHARD DAVID PRECHT
                                PHILOSOPH UND PUBLIZIST
                                                                                  MARK SCHNEIDER
                                                                                             CEO NESTLÉ

AHMED AMER                        KARL-ERIVAN HAUB                           TILL REUTER
  CEO ALLIANZ RE                   INHABER TENGELMANN-GRUPPE                      CEO KUKA

                   FILIP SCHWARZ                  CHRISTIAN STAUB                     CLAUDIA SÜSSMUTH
                        CEO IFOLOR                  LEITER DACH BLACKROCK
                                                                                         DYCKERHOFF
 VALENTIN VOGT
                                                                                             VERWALTUNGSRÄTIN

                                                          OMID ASCHARI                       ROCHE & CLARIANT
PRÄSIDENT SCHWEIZERISCHER
                                                   MANAGING DIRECTOR SIM-HSG
   ARBEITGEBERVERBAND
                               ADRIAN LOCHER                                            ROGER WÜTHRICH-
     THOMAS BIEGER
                               GRÜNDER MERANTIX
                                                     ISABELLE WILDHABER                   HASENBÖHLER
REKTOR UNIVERSITÄT ST.GALLEN                        HSG-PROFESSORIN FÜR PRIVAT-     CHIEF DIGITAL BUSINESS SWISSCOM
                                                      UND WIRTSCHAFTSRECHT

              SICHERE DIR DEINEN PLATZ ZUM EARLY-BIRD-RABATT
                                            alumnikonferenz.ch
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Inhalt                                                                                                                    Editorial

                                                                                                                            Universität
                                                                                                                            Ursprünglich meint der Begriff «Univer-
                                                                                                                            sität» die Gemeinschaft der Lehrenden
                                                                                                                            und Studierenden. Erst viel später wurde
                                                           Dossier
                                                                                                                            es im Sinn von Humboldt als «Gesamt-
                                                           06	Das HSG Learning Center wird ein                             heit aller Wissenschaften» interpretiert.
                                                               Nukleus für das neue Lernen                                  Und mit diesem Ansatz schlug der ur-
                                                                                                                            sprünglich als «Handelsakademie», spä-
                                                           10	Zu zweit akademische Karriere machen                         ter zur «Handelshochschule» und zur
                                                                                                                            «Hochschule für Wirtschafts-, Rechts-
                                                           11	Freier Austausch von Wissen beflügelt                        und Sozialwissenschaften» gewordenen
                                                               die Forschung                                                HSG bis in die 70-er Jahre des letzten
 06
                                                                                                                            Jahrhunderts Skepsis von anderen Uni-
                                                           Netzwerk
                                                                                                                            versitäten entgegen – etwa in der Frage,
                                                           16	Ein Alumnus mit grossen Meriten                              ob sie einen eigenständigen juristischen
                                                                                                                            Lehrgang mit entsprechenden Abschlüs-
                                                           17	Inspirierende Kontakte für Speed-                            sen einführen dürfe.
                                                               Netzwerker
                                                                                                                            Nun, inzwischen wird die HSG längst im
                                                           18 HSG-Alumna on Tour                                            Kreis der Schweizer Universitäten als voll-
                                                                                                                            wertig wahrgenommen, es präsidierten
                                                           Chapters & Clubs
                                                                                                                            schon HSG-Rektoren die Universitätsrek-
 17
                                                           20	9th International Presidents’ Meeting                        torenkonferenz, und auch sogenannte
                                                                                                                            «Voll-Universitäten» können heute nicht
                                                           21	HSG Alumni Zürich Flagship Event                             mehr in allen Disziplinen «alles» Wissen
                                                                                                                            vermitteln und «alle» Fragen erforschen.
                                                           22	Women’s Chapter-Event «Traumfänger»                          Geblieben ist allen – auch der HSG – der
                                                                                                                            Anspruch, ihre Studierenden zu befähi-
                                                           24	HSG Alumni Club Frankfurt Rhein-                             gen, das erworbene Wissen in der Praxis
                                                               Main                                                         sinnvoll anzuwenden und sich selbst in
                                                                                                                            dieser Praxis weiterzuentwickeln.
                                                           27 NZZ-Preis für EMBA-Masterarbeit
 18
                                                                                                                            Projekte wie das HSG Learning Center, das
                                                           Rubriken
                                                                                                                            auf dem Campus entstehen soll, zeigen,
                                                           28	Publikationen                                                dass das Studium vermehrt «studentenzen-
                                                                                                                            triert» erfolgen wird, dass also der bisher
                                                           29 HSG in den Medien                                             vor allem (via Vorlesungen und Bücher und
                                                                                                                            E-Learning) «empfangende» Teil der Uni-
                                                           Universität
                                                                                                                            versitäts-Community in Zukunft noch
                                                           31	«Ritterschlag» für HSG-Doppelprogramm                        mehr selbst beitragen und aktiver in die
                                                                                                                            Wissensvermittlung einbezogen werden
                                                                                                                            wird. Denn das meint «Universität» in der
 21
                                                                                                                            ursprünglichen ganz bestimmt: Es gibt
                                                                                                                            nicht jene, die alles wissen, und andere, die
                                                                                                                            nichts wissen, sondern jeder und jede kann
                                                                                                                            einen Beitrag dazu leisten, dass Wissen
                                                                                                                            vermehrt, Neues entdeckt und Lösungen
                                                                                                                            gefunden werden: Gerade das «unwissen-
Impressum                                                  Beiträge: Céline Bleiker, Roman Bolli, Florian Brodersen,        de» Fragen und Nachfragen von Studieren-
Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen               Daniela Decurtins, Marco Gerster, Marius Hasenböhler-Backes,
                                                                                                                            den kann Lehrende dazu bringen, Erkennt-
(bis 1997: «St.Galler Hochschulnachrichten»)               Amanda Kayne, Roland Köcher, Fiammetta Kym, Urs Landolf,
ISSN 1422-5980, 15. Jahrgang, Nr. 1/2018 (Dezember 2017)   Markus Müller-Chen, Vito Roberto, Lailah Rottinger,
                                                                                                                            nisse spannend weiterzugeben.
Auflage: 27 000 Exemplare, erscheint alle 3 Monate         Thomas Rudolph, Ulrich Schmid, Dominik Schwyter,
Herausgeber: HSG Alumni                                    Adrian Stübi, Katja Tinner, Roger Tinner, Daniela Wyss.          Roger Tinner, Chefredaktor
Verlagsleitung: Stefano Alghisi                            Redaktion: alma, alea iacta ag, Rosenbergstrasse 85,
Chefredaktion: Roger Tinner                                CH-9001 St.Gallen, T +41 71 244 66 00, alma@alea-iacta.ch
Projektleitung/Redaktion: alea iacta ag, St.Gallen         Anzeigen: print-ad kretz gmbh, Tramstrasse 11, Postfach,         Zum Titelbild:
Gestaltung: Schalter&Walter GmbH, St.Gallen                8708 Männedorf, T +41 44 924 20 70, info@kretzgmbh.ch            Von der griechischen Antike bis zur HSG im 21. Jahrhundert:
Druck: Stämpfli AG, Bern                                   Adressänderungen: HSG Alumni, Dufourstrasse 50,                  Das Bild der Universität hat sich in vielem gewandelt.
                                                           CH-9000 St.Gallen, T +41 71 224 30 10, alumni@unisg.ch           (Illustration: Florian Brunner)

                                                                                                                                                               01 alma 1 / 2018
Alma UNIVERSITÄT - Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen
Nachrichten

HSG Learning Cen-                              Thomas Geiser wird emeritiert
ter: Wettbewerb läuft
Die HSG Stiftung möchte für die Uni-
versität St.Gallen mit Schenk­ungen
                                               Der Vorhang fällt
ein Learning Center auf dem Rosen-
berg realisieren – wir haben in der            Als Rechtswissenschaftler hat Thomas            kurs-, der Gleichstellungs- und der Kunst-
letzten «alma»-Ausgabe darüber be-             Geiser die HSG geprägt, als Bundes-             kommission, und vertrat die Arbeitnehmer
richtet. Inzwischen wurde der Archi-           richter und Kunstliebhaber die Gesell-          der Universität in der Pensionskasse.
tekturwettbewerb für das Learning              schaft gestaltet. Nun fällt für ihn an
Center gestartet und das Interesse da-         der Universität St.Gallen ein letztes           Neben seinen universitären Pflichten ist Gei-
ran ist gross. Diverse internationale          Mal der Vorhang. Von der Bühne tritt            ser auch in der Wirtschafts- und der Kunst-
und nationale Architekten sowie                er jedoch noch lange nicht ab. Ein Aus-         welt verwurzelt. Er ist Stiftungsrat der Kuoni
Nachwuchsbüros von St.Gallen bis               zug aus der Würdigung in «HSG Fo-               und Hugentobler-Stiftung sowie Verwal-
Tokio möchten das Projekt umsetzen.            cus» von Vito Roberto.                          tungsrat bei Kuoni und Aldi Suisse, Positio-
                                                                                               nen, welche die Medien schreiben liessen:
Um die Chancen der Digitalisierung zu          Über Thomas Geiser zu schreiben, ist keine      «Thomas Geiser ist ein Linker, der in Unter-
nutzen und die Qualität der Universität        leichte Aufgabe. Zu vielfältig sind seine Ak-   nehmen zum Rechten schaut.» Zudem sitzt
und ihrer Lehre weiter zu stärken, wird        tivitäten in Forschung, Lehre und Gesell-       er im Vorstand der Solothurner Filmtage, ist
auf dem Rosenberg ein Learning Center          schaft: Er ist Rechtswissenschaftler, Bundes-   Geschäftsleiter der Stiftung Weiterbildung
entstehen. Diese Denk- und Arbeitsstätte       richter, Kunstsammler, Filmförderer, Militär-   Film und Audiovision FOCAL und war Mit-
ermöglicht innovative Arten des Lernens        dienstverweigerer, Sozialdemokrat und           glied der Eidgenössischen Filmkommission.
und der Interaktion, um Studierende im         Pendler zwischen seinen Wohnorten in
digitalen Zeitalter bestmöglich für die Ar-    St.Gallen, Bern und am Lago Maggiore. 1952      Neben seinen vielfältigen Tätigkeiten hat
beitswelt vorzubereiten. In Gruppenar-         in Basel geboren, studierte er dort von 1972    Thomas Geiser auch die rechtswissenschaft-
beitsräumen und Arenen werden die Stu-         bis 1976 Rechtswissenschaften. Knapp vier       liche Forschung und Lehre auf seinen Ge-
dentinnen und Studenten mit komplexen          Jahre später folgte die Promotion an seiner     bieten massgeblich vorangetrieben. Das Ver-
und bedeutsamen Problemstellungen              Heimuniversität. 1990 verlieh ihm die Uni-      zeichnis seiner Veröffentlichungen umfasst
konfrontiert und treten mit inspirierenden     versität Basel die Lehrberechtigung für Pri-    weit mehr als 400 Einträge. Publiziert hat er
Persönlichkeiten in Kontakt.                   vatrecht. 1992 wurde Geiser dort Assistenz-     vor allem im Arbeits-, Familien- und Erb-
                                               professor. In die Ostschweiz kam Thomas         recht. Beschäftigt haben ihn aber auch das
Die HSG Stiftung beabsichtigt, die Finan-      Geiser 1995, als er an der HSG die Stelle als   Sozialversicherungsrecht und das Wirt-
zierung vollumfänglich über Schenkungen        ordentlicher Professor für Privat- und Han-     schaftsrecht. Doch auch seine umfassende-
zu erzielen. Für die Erstellung, Ausstattung   delsrecht antrat. Von Beginn an war Geiser      ren Werke haben in der Schweizer Rechts-
und Inbetriebnahme sind Gesamtkosten           Direktor des Forschungsinstituts für Arbeit     wissenschaft grosse Bedeutung erlangt. Zu
von rund 50 Millionen Franken veran-           und Arbeitswelten. Sodann war er akademi-       nennen sind etwa die Basler Kommentare
schlagt. Für den benötigten Grundstücks-       scher Leiter des juristischen Programms,Vor-    zum Zivilgesetzbuch, die Geiser mitheraus-
anteil will der Kanton St.Gallen der HSG       stand der rechtswissenschaftlichen Abteilung    gibt, die Berner Kommentare zu den Wir-
Stiftung ein Baurecht gewähren.                und Prorektor. Daneben war er in mehreren       kungen der Ehe und zum Güterrecht, die
                                               Kommissionen engagiert, darunter in der Re-     Beiträge in den Handbüchern für die An-
Jurierung Ende Januar 2018                                                                     waltspraxis sowie seine Lehrbücher zum Ar-
Der Architekturwettbewerb hat ein er-                                                          beits- und Familienrecht, die sich zu Stan-
freuliches Interesse bei Architekturbüros                                                      dardwerken entwickelt haben. Seit 1995
von St.Gallen bis Tokio ausgelöst. Folgen-                                                     wirkt er ausserdem als nebenamtlicher Bun-
de acht Büros wurden zum Wettbewerb                                                            desrichter an der Rechtsfortbildung mit.
eingeladen: Grafton Architects, Dublin;
Sou Fuji Moto Architects, Tokio; Anne                                                          Thomas Geiser verabschiedete sich bereits
Lacaton & Jean Philippe Vassal Architec-                                                       vor zwei Jahren von den Studierenden, ist
tes, Paris; Peter Märkli, Zürich; Christ &                                                     der Universität aber in dieser Zeit erhalten
Gantenbein, Basel; EM2N Architekten,                                                           geblieben als Direktor seines Instituts, Refe-
Zürich; Made in, Genf und Zürich sowie                                                         rent an Weiterbildungsveranstaltungen, Gut-
Barao-Hutter GmbH, St.Gallen.                                                                  achter und publizierender Forscher. Einen
                                                                                               Teil dieser Funktionen wird er auch nach der
Die Kommunikation des Siegerprojektes                                                          Emeritierung beibehalten. Und so fällt für
ist auf Mitte/Ende Februar 2018 geplant.                                                       ihn mit der Abschiedsvorlesung zwar ein
Der Baubeginn sollte 2019/20 stattfinden,                                                      letztes Mal der Vorhang. Die Universität und
damit das HSG Learning Center ab                                                               die rechtswissenschaftliche Gemeinschaft
Frühlingssemester 2022 wirken (oder in                                                         dürfen sich jedoch auf eine fulminante Zu-
Betrieb genommen werden) kann.                 Thomas Geiser.                     (Foto pd)   gabe freuen.

02 alma 1 / 2018
Alma UNIVERSITÄT - Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen
Nachrichten

Renato Martinoni wird emeritiert                                                                   Erste HSG FinTech
                                                                                                   Challenge
Il Cavaliere                                                                                       FinTech gewinnt immer mehr an Be-
                                                                                                   deutung. Sogar die etablierten Fi-
Renato Martinoni, Ordinarius für Ita-           auch mit Kollegen aus anderen Schools. Zu          nanzinstitute und Grossbanken sind
lienische Sprache und Literatur, tritt          den Besonderheiten seiner Lehre gehört die         inzwischen auf diesen Trend auf-
nach langjähriger Tätigkeit an der              Tatsache, dass er seine Seminare bisweilen         merksam geworden. Dadurch zieht
HSG zurück. Ein Auszug aus der Wür-             auf Französisch hält. Seine öffentlichen Vor-      die FinTech-Branche Investoren
digung in «HSG Focus» von Ulrich                lesungen über die italienische Literatur zie-      und Kapital an. Auch in der Schweiz
Schmid.                                         hen ein Stammpublikum an. Überhaupt liegt          startet die FinTech-Szene durch. Die
                                                eines der wichtigsten Verdienste von Renato        Universität St.Gallen hat deshalb
Renato Martinoni ist mein einziger Kollege,     Martinoni darin, dass er an der HSG kultur-        die erste «HSG FinTech Challenge»
der nicht gern Ferien macht. Im Sommer          wissenschaftliche Theorieangebote aus dem          ins Leben gerufen.
verbringt er murrend zwei Wochen am             Bereich der lateinischen Sprachen verfügbar
Strand, seiner Familie zuliebe. Richtig wohl    macht. Damit trägt er entscheidend zur Di-         Die Jury aus Unternehmensvertretern,
ist ihm nur an seinem Schreibtisch, wenn er     versität des wissenschaftlichen Diskurses an       Wissenschaftlern, Investoren und Grün-
sich der Literatur widmet. Er ist allerdings    der HSG bei. Legendär sind auch die «cenet-        dern hatte vier Teams auserkoren, die ihre
kein traditioneller Literaturwissenschaftler.   te per gli italofoni», die Renato Martinoni ein-   Geschäftsidee am Finale der HSG FinTech
Natürlich legt er auch Interpretationen und     mal pro Semester für die italienischsprachi-       Challenge 2017 in Kurzpräsentationen
Analysen literarischer Werke vor. Aber seine    gen Universitätskolleginnen und -kollegen          vorstellten. Professor Dr. Florian Weigert,
besondere Aufmerksamkeit gilt aufwändig         im «Wienerberg» organisiert.                       Executive Director MBF-HSG, sprach in
kommentierten Editionen italienischspra-                                                           seiner Begrüssung den rasanten Wandel
chiger Lyriker und sorgfältig komponierten      Renato Martinoni ist in vielen Kulturberei-        in der Finanztechnologie an. Das habe die
Romanen, in denen er seine eigene Famili-       chen zuhause. Er ist ein eingefleischter Fan       Universität St.Gallen dazu bewogen, den
engeschichte verarbeitet. Renato Martinoni      des «Progressive Rock» und sammelt gleich-         Trend auch bei den Studierenden zu the-
stammt aus einer alteingesessenen Tessiner      zeitig Gemälde von Renaissance- und Ba-            matisieren.
Familie in Minusio bei Locarno.                 rockmalern. Neben seiner Tätigkeit an der
                                                HSG war er lange Jahre als Visiting Professor      Die erste HSG FinTech Challenge war
Im Tessin ist Renato Martinoni als einer der    für vergleichende Literaturwissenschaft an         vom Assessment-Jahr bis zur Promotion
führenden Intellektuellen bekannt. Er äus-      der Universität Venedig tätig. Seine Aktivi-       für alle HSG-Studierenden offen. Sechs
sert sich oft auf RSI über das kulturelle       täten in Italien strahlen bis in den Quirinal      Teams haben laut Lea Bühler, Pro-
Geschehen im Südkanton. Im Gratisblatt Il       aus. Im Jahr 2011 wurde Renato Martinoni           grammkoordinatorin des MBF-Pro-
Caffè kommentiert er in einer wöchentlichen     mit dem Verdienstorden der Republik «Il Ca-        gramms, eine Geschäftsidee zur Beurtei-
Kolumne scharfsinnig und mit feiner Ironie      valiere» ausgezeichnet. Darin unterscheidet        lung eingereicht. «Die Beteiligung war
das Weltgeschehen. Umgekehrt engagiert er       er sich von einem anderen Cavaliere – Silvio       klein, aber fein. Alle eingereichten Arbei-
sich aber auch für die Vermittlung der ost-     Berlusconi wurde 1977 zum «Cavaliere del           ten hatten Potenzial», erklärte sie.
schweizerischen Kultur im italienischspra-      lavoro» ernannt. Wir sind stolz darauf, mit
chigen Raum. In seinem schönen Buch             Renato Martinoni einen Ritter der italieni-        Fast gleichzeitig mit der FinTech Challen-
«L’Italia in Svizzera», das 2010 bei Marsilio   schen Kultur unter uns zu haben.                   ge startete das neue Vorlesungsseminar
in Venedig erschienen ist, gibt es ein ganzes                                                      der School of Finance in «Financial Tech-
Kapitel über das Thema «St.Gallen in der                                                           nology». Der 4-ECTS-Kurs, der für MBF-
italienischen Literatur».                                                                          Studenten offen ist und von Assistenzpro-
                                                                                                   fessor Christoph Aymanns geleitet wird,
In einem aktuellen Forschungsprojekt be-                                                           zielt darauf ab, Studenten Technologien
schäftigt sich Martinoni mit der faszinieren-                                                      und Methoden vorzustellen, die Innova-
den Gestalt des autodidaktischen Künstlers                                                         tion in verschiedenen Bereichen der Fin-
Antonio Ligabue (1899-1965). Renato Mar-                                                           Tech antreiben. Beispiele dafür sind On-
tinoni gehört zu den ersten Forschern, die                                                         line-Kredite, Robo-Berater, Kryptowäh-
in der Schweiz den Spuren Ligabues nach-                                                           rungen und intelligente Verträge.
spüren. Es liegt nahe, dass Ligabue mit dem
prominenten Tigermotiv in seinen Bildern                                                           Die Sieger der ersten HSG FinTech Chal-
Traumata aus seiner schwierigen Kindheit                                                           lenge 2017 sind die Teams «TWHIZ» und
verarbeitet hat.                                                                                   «Treashare». Sie reisen nun nach Frankfurt
                                                                                                   und stellen ihre Geschäftsidee bei der eta-
Renato Martinoni setzt sich in seinen Veran-                                                       blierten Veranstaltung «Between the Tow-
staltungen an der HSG mit Themen wie Tou-                                                          ers» vor.
rismus, Mafia, Faschismus oder Nationsbil-
dung auseinander. Dabei unterrichtet er oft     Renato Martinoni.                     (Foto pd)                              mbf.unisg.ch

                                                                                                                            03 alma 1 / 2018
Alma UNIVERSITÄT - Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen
President’s Corner                           Nachrichten

                                             Alfred Koller wird emeritiert

                                             Urgestein der HSG
                                             Mit Alfred Koller verlässt ein Urge-               Alfred Koller war bekannt dafür (und bei
                                             stein die HSG. Der Ausserschwyzer                  manchen Studierenden auch berüchtigt), in
                                             wurde 1987 an die damalige Hoch-                   Lehre und Forschung einem kompromiss-
                                             schule St.Gallen gewählt und ist ihr –             losen Qualitätsmassstab verpflichtet zu sein.
                                             trotz eines Rufes an die Universität Zü-           Davon zeugen insbesondere auch seine
                                             rich (2006) – immer treu geblieben. Ein            Lehrbücher zum Allgemeinen und Beson-
Liebe Alumnae, liebe Alumni                  Auszug aus der Würdigung in «HSG                   deren Obligationenrecht, die Generationen
                                             Focus» von Markus Müller-Chen.                     von angehenden und gestandenen Juristin-
Ohne die Universität gäbe es auch keine                                                         nen und Juristen auch Antworten auf Fragen
Alumnae und Alumni. Das tönt banal,          Alfred Koller hat in Freiburg i.Ue. studiert,      liefern, die sie sich selbst noch gar nicht ge-
zeigt aber, wie lebenswichtig für uns        promoviert und schliesslich 1985 mit der heu-      stellt haben. Dabei hat er sich auch nie davor
Ehemalige die «alma mater» ist. Das Bild     te noch viel beachteten und häufig zitierten       gescheut, die Rechtsprechung des Bundes-
der Mutter Universität, die ihre studen-     Schrift «Der gute und der böse Glaube im           gerichts zu sezieren und nötigenfalls poin-
tischen Kinder nährt, mag uns nicht          allgemeinen Schuldrecht» habilitiert. Vor sei-     tiert zu kritisieren.
mehr so nahliegen wie den Studenten          ner Berufung an die HSG arbeitete er nicht
im Mittelalter. Es hat seine symbolische     nur als wissenschaftlicher Assistent und Lehr-     Ein Blick auf die Umschlagsseite seiner bei-
Bedeutung aber keineswegs eingebüsst.        beauftragter an der Universität Freiburg i.Ue.,    den Lehrbücher offenbart eine andere Fa-
Denn ganz ähnlich wie in unserer eige-       sondern auch als Anwalt und von 1984 bis           cette des Menschen Koller: Er ist ein passi-
nen Familie geht es darum, als Alumna        1987 als Gerichtssekretär an der II. öffentlich-   onierter Anhänger des Schwingsports. Wer
oder Alumnus immer wieder dorthin zu-        rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts.          Alfred Koller kennt, den verwundert diese
rückzukehren, wo man/frau einen ent-                                                            Verbundenheit mit einer urschweizerischen
scheidenden Lebensabschnitt verbracht        Diese Verbindung von Wissenschaft und              Institution nicht. Er hat sich nie in der uni-
hat. Das kann eine tatsächliche Rückkehr     Praxis («From insight to impact») setzte sich      versitären Schreibstube versteckt, sondern
sein für einen Anlass, ein Referat oder      auch nach seiner Wahl an die Universität           war den Menschen immer nahe. Generati-
eine Weiterbildung an der Executive          St.Gallen fort. Während langer Jahre war er        onen von Studierenden, Doktorierenden
School der HSG, aber auch eine gedank-       in den St.Galler Anwaltskanzleien Steiner          und Assistierenden haben ihm wissen-
lich-idelle. Seine eigenen Wurzeln, auch     Koller und Möhr sowie Rohner Thurnherr             schaftlich und persönlich viel zu verdanken.
jene der Aus- und Weiterbildung, nicht       Wiget & Koller tätig. Er amtete als ordent-        Die Rechtswissenschaftliche Abteilung ist
zu vergessen, ist sinnstiftend für jeden     liches Mitglied des St.Galler Kassationsge-        Alfred Koller für alle seine Dienste in Lehre,
Menschen. «Dankbarkeit» ist ein grosses      richts, wirkte in der eidgenössischen Kom-         Forschung und Selbstverwaltung zu gros-
und wichtiges Wort in unserem familiä-       mission für die Gesamtrevision des Haft-           sem Dank verpflichtet. Wir wünschen ihm
ren Umfeld, und genauso wie dort neh-        pflichtrechts mit, gründete und leitete die        eine in jeder Hinsicht schöne und erfüllen-
men wir an der Universität doch vieles       Forschungsstelle für Haftpflicht- und Versi-       de Zeit jenseits der Emeritierung.
einfach als selbstverständlich hin, und so   cherungsrecht am hiesigen Institut für Ver-
sind wir zu oft nur an Jubiläumsanlässen     sicherungswirtschaft, war in der Weiterbil-
in der Lage, Dankbarkeit auch in Worte       dung aktiv und gründete und leitete die Ver-
zu fassen. Wäre das nicht ein Vorsatz für    einigung für Baurecht.
2018, unsere Dankbarkeit der HSG ge-
genüber auch konkret zu zeigen, indem        Als Ordinarius für Privat- und Handelsrecht
wir uns als Mentorin oder Mentor für         lag sein Schwerpunkt in der Lehre im               Neues Kunstwerk
Studierende engagieren, indem wir Ein-
ladungen zu Anlässen von HSG Alumni
                                             Obligationen- und Sachenrecht, daneben
                                             pflegte er auch das Haftpflicht- und Privat-
                                                                                                auf dem Campus
als Chance für persönliche Begegnungen       versicherungsrecht, in früheren Zeiten kam         Vor kurzem wurde die «Transparency
sehen und indem wir uns mit angemes-         sogar noch das Arbeitsrecht hinzu.                 Grenade» an der HSG eingeweiht. Mit
senen Spenden fürs HSG Learning Cen-                                                            diesem Kunstwerk von Julian Oliver wird
ter engagieren?                              Während seiner 30 Jahre war Alfred Koller          uns die Diskussion um den «gläsernen
                                             auch sehr aktiv in der Selbstverwaltung der        Bürger» ganz konkret vor Augen geführt.
Herzlichst, Euer                             Abteilung und der Universität: Er bekleide-        Die «Granate» wird im Zusammenhang
                                             te das Amt des Abteilungsvorstands, war            mit dem Auftakt der Awareness-Kampa-
                                             Mitglied und Vorsitzender der Programm-            gne zur Digitalisierung an der HSG
                                             kommission für das juristische Doktorats-          eingeweiht und zuerst vor dem Eingang
                                             programm, Präsident der Rekurskommission           der Mensa installiert.
Urs Landolf, Präsident HSG Alumni            und Mitglied der Forschungskommission.

04 alma 1 / 2018
Alma UNIVERSITÄT - Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen
Start-up

HSG-Student Fabian Graf erfindet «HeatsBox»

Faitron verspricht «warmes Essen
ohne Mikrowelle»
«Plastikboxen und kalte Mittagessen
sollten verboten werden» – aus diesem
Gedanken heraus entstand das Start-
up-Unternehmen «Faitron». Die Grün-
der – darunter HSG-Student Fabian
Graf – kreierten die «HeatsBox», mit
der man/frau den Lunch ohne zusätz-
liche Hilfe aufwärmen kann. Das
spart Zeit, das umständliche Suchen
nach einer Mikrowelle und sagt kal-
tem Essen den Kampf an.

Katja Tinner

Nie wieder kaltes oder lauwarmes Essen?
Das wünscht sich doch (fast) jede/r. In gewis-
sen Schulen und Universitäten sind Mikro-
wellen gar nicht erlaubt, was das Aufwärmen
des eigenen Lunchs erschwert. Faitron hat
mit der «HeatsBox» eine Lösung für dieses
Problem gefunden – denn diese lässt sich per                 Aron Kenessy (links) und Fabian Graf gründeten Faitron gemeinsam.            (Foto pd)
Knopfdruck heizen und garantiert damit das
ersehnte warme Essen.                            nehmen und kalt geniessen. Für Graf unvor-          sche». Auch diese wird direkt über eine App
                                                 stellbar: «Es kann doch nicht sein, dass unser      gesteuert und kann entsprechend auf die
Weichen an der HSG gestellt                      Lunch immer kalt gegessen werden muss!»             richtige Temperatur eingestellt werden.
Fabian Graf, BWL-Student an der Universität      Der Co-Founder wirkte während seines Stu-
St.Gallen, ist einer der Gründer von Faitron.    diums bei einem Finanzdienstleister, bevor          Achterbahnfahrt in Extremform
Für ihn war seit dem Gymnasium klar, dass        er und sein Mitgründer Aron Kenessey die            Bei der Gründung von Faitron konnte Graf
er an der HSG Betriebswirtschaft studieren       Möglichkeit bekamen, Vollzeit an ihrer Pro-         wiederum von der Universität St.Gallen
würde: «Ein zusätzlicher Grund, der für die      duktidee zu arbeiten. 2016 konnten sie –            profitieren: «An der HSG wird konzeptionel-
HSG sprach, war, dass mein Vater bereits         dank gefundenen Investoren – «endlich» Fai-         les und systematisches Denken gelehrt –
selbst seine Ausbildung an der Universität       tron gründen und ihre Idee umsetzen.                die Herausforderungen, die die Gründung ei-
St.Gallen abgeschlossen hatte», sagt Graf.                                                           nes Unternehmens mit sich bringt, konnte ich
Und die Uni scheint ihn nicht enttäuscht zu      Angefangen hat Faitron mit der HeatsBox,            so auf strukturierte Weise bewältigen.» Welche
haben, denn er schätzte vor allem den Be-        einer beheizbaren Lunchbox für unterwegs            Prozesse nötig sind, um ein haptisches Pro-
reich der konkreten Start-up-Unterstützung,      oder im Büro. Dank der Steuerung über eine          dukt für den Massenmarkt bereitzustellen, ha-
der «bereits sehr gut aufgestellt» sei. Als      App kann das passende Aufwärm-Programm              ben die Gründer unterschätzt – «entsprechend
sehr gewinnbringend empfand er auch die          ausgewählt und eingestellt werden. So wird          ging die Entwicklungszeit auch länger als ge-
Wahlkurse zu den verschiedenen Formen            das Essen auf einen selbst bestimmten Zeit-         plant», sagt Graf. «Die Gründung eines Start-
des Unternehmertums. «Viele Start-ups            punkt auf die richtige Temperatur aufgeheizt.       ups ist eine wahre Achterbahnfahrt, die einen
sind aus Initiativen wie Intrapreneurship und    Die Box besteht aus Aluminium, hat verschie-        extrem herausfordert.» Er schätze diese Her-
Digital Entrepreneurship hervorgegangen»,        dene Fächer und kann aufheizen, kochen              ausforderung und die mit ihr verbundene
schwärmt Graf.                                   oder toasten. Laut Graf ist die HeatsBox «die       «Lernkurve» aber sehr, zieht er eine positive
                                                 weltweit schnellste beheizbare Lunchbox».           persönliche Bilanz.
Verbotene Mikrowellen und                        Nach dem Launch ihres ersten Produktes
beheizbare Lunchboxen                            starteten die beiden Gründer bereits mit dem        faitron.com
Die Idee einer beheizbaren Lunchbox ent-         zweiten: «Babynahrung oder Muttermilch
stand bereits im Gymnasium, da es dort in        unterwegs aufzuwärmen ist für Eltern sehr
der Schule verboten war, den Schülern Mik-       schwierig», meint Graf. Um auch Eltern das          Dieses und weitere interessante Start-ups
rowellen zur Verfügung zu stellen. Die Schü-     Leben zu erleichtern, kreierten sie «BabyBoo»       findest du unter: hsgalumni.ch/startup
ler mussten ihr Essen in einer Plastikbox mit-   – «die weltweit erste elektrische Babyfla-

                                                                                                                                   05 alma 1 / 2018
Alma UNIVERSITÄT - Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen
Dossier

Im Gespräch mit HSG-Rektor Thomas Bieger

«Das HSG Learning Center wird ein
Nukleus für das neue Lernen»
«Eine Universität ist ein Ort des Er-
kenntnisgewinns durch Forschung
und forschungsbasierte Lehre. Und
das neue HSG Learning Center wird
ein Nukleus für das neue Lernen im
digitalen Zeitalter sein»: Das sagt
HSG-Rektor Thomas Bieger im Ge-
spräch mit «alma».

alma: Thomas Bieger, Ihre Ausbildung
haben Sie an der Universität Basel,
der ältesten Schweizer Hochschule,
absolviert. Wie unterscheidet sich
die Universität St.Gallen, die Sie heute
als Rektor führen, von einer solchen
klassischen Universität, einmal abgese-
hen vom Fächerkanon?
Die Universität St.Gallen ist eine von zehn
kantonalen Universitäten. Sie ist die Univer-
sität des Kantons St.Gallen und die einzige
in der Ostschweiz. Sie ist zudem in der
Schweiz die einzige Vertreterin des dritten
Uni-Typus neben Volluniversitäten und den
technisch ausgerichteten ETHs: Eine Uni-
versität für Wirtschafts-, Rechts- und Sozi-
alwissenschaften. Mit der Entwicklung des
Welthandels entstand dieser Typus in der        HSG-Rektor Thomas Bieger studierte selbst an der Universität Basel, kam 1996 als Professor an
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als         die Universität St.Gallen, die er seit 2011 führt.
«Handels-Hochschulen». Weil Stadt, Kanton
und Kaufmännisches Direktorium diese Ein-       Eine Universität ist ein Ort des Erkenntnis-          Sie sind seit über 20 Jahren an der
richtung gemeinsam gründeten, hatte die         gewinns durch Forschung und forschungs-               HSG. Was hat sich an dieser Institution
HSG früh einen hohen Grad an Autonomie          basierte Lehre. Sie ist damit immer auch ein          seither am stärksten verändert?
und eine unternehmerische Orientierung.         Ort des Austauschs in einer Gemeinschaft              Mit der Globalisierung und Digitalisierung
Beide Komponenten prägen die HSG bis            von Forschenden, Lehrenden und Studie-                haben sich nicht nur Forschungsthemen
heute. Der fachliche Fokus hat aus meiner       renden mit der Wirtschaft und Gesellschaft.           und Lerninhalte, sondern auch die Prozesse
Sicht zwei wesentliche Vorteile gegenüber       Drei Elemente sind für die Funktion von               der Forschung und des Lernens verändert.
anderen Universitäten: Auch als relativ klei-   Universitäten entscheidend. Erstens ihre in-          Beim Berufsbild Professor zum Beispiel ha-
ne Universitäten kann man in seinen Fach-       ternationale Ausrichtung: Der Austausch auf           ben Globalisierung und Digitalisierung ähn-
bereichen hohe Qualität liefern und globale     Ebene der Faculty wie der Studierenden ist            lich wie bei anderen Berufen auch «einge-
Ausstrahlung anstreben. Zweitens gibt es bei    seit der Gründung der ersten Universitäten            schlagen»: Die Humboldtsche Universität
uns keine eigenständigen Fakultäten mit je      in der Antike wichtig. Zum zweiten hat eine           war geprägt durch unabhängige, mehr oder
eigenen Prüfungsprozessen, sondern viel         Universität eine «Universalität», eine gewis-         weniger hierarchisch geprägte Lehrstühle.
durchlässigere «Schools», die einfacher und     se Breite an Disziplinen. Und drittens ist sie        Heute dominieren offenere Arbeitsstruktu-
rascher interdisziplinär miteinander arbeiten   auf langfristig wirksame Grundlagenfor-               ren, Doktorierende und Assistenzprofesso-
und damit den für die HSG wichtigen inte-       schung ausgerichtet. Sie muss weiterschau-            rinnen und –professoren bewegen sich weit-
grativen Ansatz bieten.                         en als nur auf kurzfristig anwendungsorien-           gehend selbständig in Scientific Communi-
                                                tierte Fragestellungen, sich über aktuelle            ties, Forschung und Lehre geschieht in
Was ist aus Ihrer Sicht die Aufgabe             Modeströmungen hinaus um mehrjährige                  grösseren Einheiten von Departments oder
einer Universität, wie kann eine                Forschungsthemen kümmern. Grundlage                   Instituten respektive Programmen, kollabo-
Bildungsinstitution der Bezeichnung             für all das ist ihre Autonomie und sind ihre          ratives Forschen und Lernen steht im Vor-
«Universität» gerecht werden?                   akademischen Freiheiten.                              dergrund. Forschungs- und Lehr-/Lernme-

06 alma 1 / 2018
Alma UNIVERSITÄT - Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen
Dossier

thoden verändern sich. Data Analytics er-      ins digitale Zeitalter. Ein wichtiges Element    Was bedeutet der globale Trend der
möglichen neue Formen der Empirie,             dafür wird unser Learning Center sein, das       Digitalisierung für die HSG? Es gibt
«flipped classroom» schaffen mit dem Ein-      Studierenden nicht nur Begegnung mit Wis-        Stimmen, die sagen, dass die «wei-
satz von digitalen Hilfsmitteln einen Mehr-    sen, sondern Austausch und die Einübung          chen» Qualifikationen immer wichti-
wert im persönlichen Unterricht auf dem        dieser neuen Arbeitsformen erlaubt. Es soll      ger werden, weil sich das Inhalts­-
Campus. Wie in allen anderen Bereichen ist     ein Nukleus für das neue Lernen von Stu-         wissen sowieso im Schnell­zugstempo
auch die Leistung von Unis transparenter       dierenden und uns allen Universitätsange-        verändert. Braucht es neue Lehrin­
und damit bewertbarer geworden. Der Leis-      hörigen im digitalen Zeitalter sein.             halte und Lehrformen?
tungsdruck hat durch die Vergleichbarkeit                                                       Die Maschinen sind schon hier, Roboter sind
auf Ebene Professor, Programm und Insti-       Was bedeutet die Bezeichnung «Univer-            da, und die werden auch hierbleiben. Wo die
tution beispielsweise durch Rankings zuge-     sität» für die Strategie?                        Berufsfelder im Kontext der neuen Realitä-
nommen. An der HSG versuchen wir trotz         Als Ort der Begegnung, als «Marktplatz» der      ten liegen, beantwortet aus meiner Sicht am
dieser Veränderungen traditionelle Stärken     Ideen, Meinungen und Erkenntnisse müssen         besten das Buch von «Only Humans Need
wie die kollegiale Kultur, den unternehme-     wir die Diversität in Faculty und bei den Stu-   Apply» von Thomas Davenport und Julia
rischen Ansatz und die liberale Haltung, die   dierenden nutzen und aus­bauen. Dazu müs-        Kirby, die verschiedene Strategien beim
Initiativen zulässt, zu bewahren. Wir sind     sen wir uns noch stärker in internationale       Umgang mit den neuen Technologien vor-
aber bestimmt internationaler geworden         Netzwerke einbringen. Und wir müssen –           schlagen. Bei allen geht es letztlich um zwei
und die neuen Medien haben das Verhältnis      gemäss unserer Vision 2025 – in einzelnen        Grundfertigkeiten, nämlich eine Art «Zu-
zwischen Lehrenden und Studierenden ver-       Bereichen globale Standards setzen, um           sammenarbeitskompetenz» zwischen Men-
ändert: Es gibt einen direkteren Zugang und    wahrgenommen zu werden. Gleichzeitig sind        schen, aber auch Menschen und Maschinen.
Studierende erwarten «on demand»-Ant-          wir als kantonale Universität und eine Uni-      Es braucht somit beides, auch in Zukunft
worten vom Professor.                          versität, die Mehrwert durch Begegnung und       Soft Skills, aber auch vermehrt wieder Hard
                                               Austausch schaffen will, auf eine Verankerung    Skills. Beides kommt in allen Zukunftstätig-
Wenn Sie sich die nächsten 20 Jahre für        in der Region angewiesen. Wir müssen für         keiten, einfach in unterschiedlicher Ausprä-
die HSG vorstellen – wo wird sie               Studierende und Forschende einen Mehrwert        gung, vor.
2037 stehen? Gibt es dann noch einen           bieten durch ein inspirierendes Lern, For-
Campus oder kann man dann an                   schungs-, aber auch Lebensumfeld. In einer       Zu einer Universität gehören ja nun
der HSG via E-Learning von der ganzen          Zeit, die durch Spezialisierung und Regulie-     ganz viele Anspruchsgruppen: Öffent-
Welt aus studieren, ohne je nach               rung geprägt ist, müssen wir laufend neue        lichkeit, Studierende, Forschende,
St.Gallen zu kommen?                           Ansätze für die Sicherung unseres integrati-     Lehrende,Verwaltungsmitar­beitende,
Der Standort Schweiz ist als Hochkosten-       ven Ansatzes finden, der Kultur- und Sozial-     Wirt­schaftspartner, der Staat. Und
land mit gleichzeitig einem beschränkten       wissenschaften, politische Wissenschaften,       natürlich die Alumnae und Alumni. Wie
Heimmarkt nicht geeignet für eine reine        Recht und Wirtschaft verbindet. Und wir          schätzen Sie deren Bedeutung ein?
Online-Universität. Unser Erfolgsvorteil       müssen Unternehmertum nicht nur erfor-           Da ist eine gegenseitige Bindung: Alumnae
kann bei hohen «Produktionskosten» also        schen und lehren, sondern aktiv leben. Und       und Alumni sind froh, wenn ihre Universität
nur darin liegen, über das, was überall auf    selbstverständlich müssen wir in einer Welt      in Rankings gut ist, wenn sie international
der Welt quasi aus dem Internet oder mit       mit grossen gesellschaftlichen Herausforde-      bekannt ist. Und wir sind dankbar, wenn wir
Artificial Intelligence gemacht werden kann,   rungen Verantwortlichkeit als Wert leben und     auf die Wirkung und die Leistung unserer
Mehrwert durch persönliche Begegnung zu        vermitteln.                                      Alumni hinweisen können, wenn sie Firmen
schöpfen. Bei der persönlichen Begegnung                                                        gründen und führen oder in Politik und Ver-
entstehen spannende Fragestellungen, sy-       Was heisst das für die Zukunft der HSG?          waltung wichtige Funktionen übernehmen.
nergetisches Wissen und Kreativität. Dafür     Wichtig sind dafür Investitionen in Digita-      Die Qualität der Zusammenarbeit mit Alum-
braucht es aber spezifische Arbeitstechni-     lisierung, beispielsweise der jetzt erfolgende   ni sehen wir als wesentliche strategische Er-
ken. Die HSG soll der Ort sein, in dem sol-    Aufbau eines Department for Information          folgsposition und Entwicklungspfeiler: Feed-
                                               Science, sowie in Innovation der Lehre, aber     back der Alumni, konkrete inhaltliche Beiträ-
                                               auch in unseren Campus. Das Campuser-            ge wie Vorträge, Mentoring oder Coaching,
«Wir müssen in                                 weiterungsprojekt ist für eine Campusuni-        aber auch das Netzwerk an sich und natürlich
einzelnen Bereichen                            versität nicht nur ein Infrastruktur-, sondern
                                               ein eigentliches Entwicklungsprojekt. Mit
                                                                                                auch Schenkungen werden immer wichtiger,
                                                                                                auch für uns. Gerade in der Fundraising-
globale Standards                              dem zweiten Standort Platztor können wir         Kampagne für das Learning Center sind wir
setzen, um wahrgenom-                          unsere Kapazitätsprobleme lösen, im Mo-
                                               ment haben wir einen Campus für 5 000,
                                                                                                in dieser Hinsicht stark auf die Unterstützung
                                                                                                der Alumnae und Alumni angewiesen.
men zu werden.»                                tatsächlich eingeschrieben sind rund 8 600
                                               Studierende. Mit dem neuen Learning Cen-                              Interview: Roger Tinner
                                               ter auf dem Rosenberg, das als qualitativer
che Arbeitstechniken in der Begegnung von      Ausbau durch die HSG Stiftung finanziert
Studierenden, Forschenden, Praxis und          werden soll, können wir wie erwähnt Stan-        Ein Video-Interview mit Thomas Bieger
Alumni praktiziert werden. Wir bauen damit     dards in neuen kollaborativen Lern- und          findest du unter: hsgalumni.ch/video
auf unseren Stärken auf und überführen sie     Arbeitsformen bieten.

                                                                                                                            07 alma 1 / 2018
Alma UNIVERSITÄT - Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen
Dossier

Ehemalige im Porträt: Sascha Spoun – vom HSG-Studentenschaftspräsidenten zum Präsidenten der Leuphana Universität

«Alle begegnen sich auf Augenhöhe»
Sascha Spoun studierte in den Neun-
ziger Jahren an der HSG und war dort
unter anderem auch Präsident der Stu-
dentenschaft. Inzwischen führt er seit
einem Dutzend Jahren die Leuphana
Universität in Lüneburg als Präsident.
Ein «alma»-Gespräch über seinen Wer-
degang, seine Arbeit an der Leuphana
und seine nach wie vor enge Beziehung
zur Universität St.Gallen.

Wie sieht dein beruflicher Werdegang
aus, wieso hast du für die Ausbildung die
HSG ausgewählt?
Sascha Spoun: An der HSG wurde unterneh-
merisches Denken und Handeln schon im-
mer als Teil eines grösseren Ganzen und mit
Bezug auf die Gesellschaft gesehen. So ver-
standen konnte ich mich für Wirtschaft be-
geistern. Das entspricht auch meiner heuti-
gen Lebensphilosophie: Neue Wege zu su-
chen, die für die Menschen langfristig einen
positiven Unterschied machen können. In          Prof. Dr. Sascha Spoun, Präsident der Leuphana Universität Lüneburg.                     (Foto pd)
meinem beruflichen Werdegang konnte ich
genau dies umsetzen. Zuerst als Nachwuchs-       punkt für Fragen und Anwendungsgegen-                 Rektor bzw. Präsident einer öffentlichen Uni
dozent für Betriebswirtschaftslehre und Lei-     stand in Forschung und Lehre, ohne aber ei-           in Deutschland und der Schweiz und das für
ter der Neukonzeption der Lehre von 1999         nem flachen Praxisbezug zu verfallen.                 weitere vier Jahre. Schon daran erkennt man,
bis 2006 für die HSG selbst und seit meiner                                                            dass dies jenseits aller denkbaren Ideen oder
Wahl zum Präsidenten der Leuphana Uni-           Welche Erkenntnisse/Inhalte des                       Ziele während des Studiums lag. Auch Lüne-
versität Lüneburg im Jahr 2005. Die HSG hat      Studiums konntest du besonders gut                    burg und Norddeutschland waren weit weg.
mir die Chance geboten, früh Verantwortung       im beruflichen Alltag brauchen?
zu übernehmen.                                   Leicht erkennbar in den Ergebnissen meiner            Was genau ist dein heutiges Job-Profil,
                                                 Arbeit, das systemorientierte Denken und              was sind deine Aktivitäten?
Was ist dir von der HSG besonders gut            entsprechende Modellbildung. So entstand              Mein Job ist durch Gesetz und Statut sowie
in Erinnerung geblieben? Was                     das «3 Stufen-3 Säulenmodell» für die Neu-            Beschlüsse der Gremien der Universität fest-
weniger? Wie beurteilst du in der                konzeption der Lehre an der HSG oder eben             gelegt. Zusammen mit 150 Professoren, über
Rückschau den Praxisbezug der HSG?               das neue Universitäts- und Studienmodell              1 000 Mitarbeitenden und rund 10 000 Stu-
Der Spirit, den die Menschen ausstrahlen         der Leuphana, die erstmals als öffentliche            dierenden kann ich die Zukunft in einer Zeit,
und der inspirierend und in guten Teilen un-     Universität in den deutschsprachigen Län-             die von vielen als unsicher empfunden wird,
verändert ist. Die Studierenden sind neugie-     dern College, Graduate und Professional               mitgestalten. Die zentralen Aktivitäten sind
rig, interessiert, lebensbejahend, viele sind    School eingeführt hat.                                entsprechend die Entwicklung und Umset-
weltgewandt und engagiert. Alle, vom Rektor                                                            zung einer Strategie für die Forschung, die
bis zum Hausdienst, kennen sich und begeg-       Wie bist du zu deiner heutigen Aufga-                 Studierenden und ihre künftigen intellektu-
nen sich auf Augenhöhe. Sie verbindet der        be gekommen? Hätte man dir wäh-                       ellen, persönlichen und beruflichen Tätig-
Wille, ihren Beitrag zum Erfolg zu leisten auf   rend des Studiums vorausgesagt, dass                  keiten sowie die Mitarbeitenden und ihre
dem Campus. Im Weiteren schätze ich die          das später deine Funktion sein würde,                 wissenschaftliche wie berufliche Entwick-
grosse Selbständigkeit und Freiheit der Ins-     wie hättest du (wohl) reagiert?                       lung. Da jede Uni nur so gut sein kann wie
titute, die es sonst wohl kaum an einer Uni-     Zu meiner Aufgabe als Präsident der Leupha-           ihre Mitglieder, unterstütze ich vor allem bei
versität gibt und die eines der Erfolgsgeheim-   na Universität bin ich durch Wahl und Wieder-         der Gewinnung von Professorinnen und
nisse für die Dynamik und Aktualität der         wahl gekommen. Die Findungskommission,                Professoren, die kreativ und interessant
HSG darstellen. Erfreulicherweise sind die       der Senat und der Universitätsrat, der dort           sind. Die vielfältigen regionalen und inter-
verschiedenen Praxen ausserhalb in der           auch Stiftungsrat ist, wählten mich im Jahr           nationalen Vernetzungen prägen meinen
Hochschule häufig präsent, gerne Ausgangs-       2005 einstimmig. Damals war ich der jüngste           Arbeitsalltag.

08 alma 1 / 2018
Dossier / Aktuelles

Was sind deine konkreten Aufgaben                  xiunternehmen ohne eigene Flotte, Airbnb          Mensch und Maschine
in der Organisation? Was konntest du
als Präsident der Leuphana schon
                                                   als Übernachtungsanbieter ohne eigene
                                                   Gebäude, Ebay als Händler ohne Lager und
                                                                                                     verbinden sich
umsetzen und wo geht es in Zukunft hin?            Geschäfte, etc.), sie verbindet fast ohne         Beim Stichwort «Verkehr» denken
Innerhalb der Universität und ausserhalb,          Kosten und sie macht neben Arbeit, Boden          die meisten Menschen an Lärm,
vor allem bei Unterstützern und in der Po-         und Kapital, die Daten (und deren Eigentü-        Umweltverschmutzung, Hektik und
litik, muss rechtzeitig und frühzeitig erkannt     mer) zu dem neuen Produktionsfaktor.              Stress. Bis zum Jahr 2040 wird sich
werden, was wir gemeinsam und jeder ein-           Herausfordernde Zeiten mit Chancen und            nicht nur unser Verhältnis zum Ver-
zeln tun könnten, um die langfristigen Zie-        Risiken stehen bevor.                             kehr, sondern auch der Verkehr an
le der Universität zu erreichen, sie weiter-                                                         sich grundlegend verändern. Das
zuentwickeln und zu überraschen. Diesen            Was ist das Spannendste an deiner                 zeigt eine neue Studie des Center for
Prozess unterstütze ich durch meine Tätig-         Funktion?                                         Aviation Competence (CFAC) der
keit. Lass mich vier Herausforderungen und         Dass ich jeden Tag viel lernen kann und darf.     Universität St.Gallen im Rahmen ei-
Ergebnisse skizzieren, die wir gemeinsam                                                             nes Projektes des «SBB Lab-HSG».
an der Leuphana in den letzten Jahren er-          Wie ist dein heutiger Bezug zur HSG?
reicht haben:                                      12 Jahre lang habe ich auf der Assessment-        Durch die Digitalisierung verändern sich
1. Die Entwicklung des Selbstverständnisses       Stufe mitgewirkt für LWA (Lernen und              etablierte Arbeits- und Lebensformen.
    der Universität als Ort für die Zivilgesell-   Wissenschaftliches Arbeiten) und IPL (In-         Das wirkt sich mit weitreichenden Folgen
    schaft des 21. Jahrhunderts, der zu Freiheit   terdisziplinäres Problemlösen) und zwar so,       auch auf die Mobilität aus. Neue Produk-
    und Verantwortung beitragen will. Hier         dass jeder dazu eine Haltung entwickeln           te und Dienstleistungen entstehen und
    war z.B. der von der EU finanzierte Inno-      konnte, in jedem Fall aber den Unterschied        verändern die Haltung gegenüber der
    vationsinkubator mit rund 100 Mio. €           von Schule und Universität in all seiner          Mobilität. Die Kundschaft möchte zukünf-
    besonders sichtbar;                            Komplexität erkennen konnte und keiner            tig hundertprozentige Sicherheit, Pünkt-
2. Drei Themen: Nachhaltigkeit, wo heute rund     «Wahrheit» mehr einfach traut. Heute lehre        lichkeit und Planbarkeit im Verkehr. Dabei
   25 Professuren und 200 Wissenschafter/in-       ich auf Bachelor- und Master-Stufe, vor           sollen die Angebote umweltfreundlich
   nen aktiv sind; Digitalität, mit ihrem For-     allem im Kontextstudium, das ich ja mit           bzw. emissionsfrei und klimafreundlich
   schungszentrum, der DFG Kollegforscher-         aufbauen durfte. In den letzten 2 Jahren          sein sowie zeitungebunden. Die Mobili-
   gruppe, dem Graduiertenkolleg und den           moderierte ich einen umfassenden Prozess          tätsbranche wird dynamischer und kom-
   Studienprogrammen; Entrepreneurship,            für die Neugestaltung des Masters in Busi-        plexer. Verkehrssysteme sind besser ver-
   wofür die Leuphana mehrfach als führend         ness Innovation (MBI), die einstimmig             netzt und Sharing-Plattformen fördern
   unter allen mittelgrossen Hochschulen in        im Senat verabschiedet wurde. Im Herbst           ein neues Verhältnis zum Verkehr.
   Deutschland ausgezeichnet wurde;                2018 geht es dann damit voll los. Erste In-
3. Das Studienmodell;                             novationen probieren wir schon aus. Und           Automatisierter, sicherer,
4. Die Campusentwicklung mit dem neuen            in der Weiterbildung gehöre ich seit 15 Jah-      individueller und grüner
    Zentralgebäude, das der New Yorker Archi-      ren der Kommission des trikontinentalen           Neue Fahrzeugtypen werden in der Zu-
    tekt Daniel Libeskind als Professor zusam-     EMBL an.                                          kunft (vollständig) automatisiert sein.
    men mit Studierenden entworfen hat.                                                              Damit, sagen die Forschenden, muss das
    Nächster Schritt sind neben Sanierungen        Und zu HSG Alumni?                                Verkehrssystem zukünftig anderen An-
    der Bau einer neuen Sporthalle.                HSG Alumni bin ich ebenfalls verbunden,           sprüchen genügen. Es muss sich durch
                                                   entstand doch deren Professionalisierung mit      neue Technologien mit seinen Subsyste-
Wo siehst du die Aufgabe einer Uni-                dem ersten Geschäftsführer Peter Hogen-           men vernetzen. Auch Mensch und Maschi-
versität in der heutigen Zeit und                  kamp aus der Studentenschaft, dann Johan-         nen verbinden sich. Dadurch wird der «hu-
wo wird sie sich in Zukunft hinbewegen             nes Kiess und im Verbund mit der Neukon-          man factor» minimiert, wodurch sich Ver-
müssen? Wie siehst du Einfluss                     zeption der Lehre ebenfalls um die Jahrtau-       kehrsunfälle und somit Kosten der
und Wirkung der Digitalisierung?                   sendwende. Und natürlich bin ich als              Mobilität reduzieren. Die Sicherheit der
Die Aufgaben einer Universität sind vielfäl-       ehemaliger Präsident der SHSG von 1992 bis        Mobilität – eines der wichtigsten Kriterien
tig, weil sie nicht nur für Erkenntnis, Refle-     1994 bei den Alumni der SHSG, der Studen-         aus Kundenperspektive – erhöht sich folg-
xion und Bildung heute steht und künftig           tenschaft, dabei, denn für die Studierenden       lich. «Mobility on demand» wird wün-
selbständig und aktiv stehen muss, sondern         tun wir dies ja alles.                            schenswerter, erläutern die Forschenden in
in besonderen Masse auch für Innovationen                                                            ihrer Studie. Für den Kunden vereinfacht
in einer Gesellschaft und in ihrer Region.         Was wolltest du noch gefragt werden?              sich das Suchen, Buchen und Durchführen
Stanford im «Silicon Valley» auf der Halbin-       Wem ich danken möchte. Ich danke allen an         von Reisen durch «one-stop shops» und
sel südlich San Francisco und die EPFL für         der HSG, die mich über Jahre hinweg ermu-         die flexible Kombination von Angeboten.
den Genferseebogen sind da starke Beispie-         tigt und bestärkt haben, aber auch durch          «Peak car-use» und der Verlust der Bedeu-
le. Die Digitalisierung, vielmehr die Digita-      Kritik bereicherten, und die sich mindestens      tung des Besitzes eines Fahrzeugs als Sta-
lität, denn wir sind schon in der post-revo-       so sehr wie ich für diese tolle Universität en-   tussymbol führen zudem zu einer Menta-
lutionären Phase, kann kaum überschätzt            gagiert haben.                                    lität des «Nutzens statt Besitzens».
werden. Sie transformiert nicht nur, sie sub-
stituiert auf unerwartete Weise (Uber als Ta-                           Interview: Roger Tinner                      imp-sbb-lab.unisg.ch

                                                                                                                              09 alma 1 / 2018
Dossier

Doppelkarriere-Paare werden von der Universität unterstützt

Zu zweit akademische
Karriere machen
An der HSG kümmert sich neu ein eige-            Einzelperson eine Herausforderung; im Fall       und Forschung zu erhöhen und so ein aus-
nes Team um die professionelle Beru-             von zwei akademisch ambitionierten Le-           gewogeneres Verhältnis der Geschlechter
fung neuer Professorinnen und Profes-            benspartnern ist es ohne die Mithilfe der        und der Internationalität zu erreichen. Ge-
soren. Mit der Unterstützung von                 Universitäten kaum zu schaffen.» Im inter-       rade in der Wissenschaft ist es aber durch
«Doppelkarriere-Paaren» erhofft sich             nationalen Wettbewerb um hochqualifizier-        den hohen Konkurrenzdruck nicht einfach,
die Universität Vorteile im Wettbewerb           te Mitarbeitende werde diese Unterstützung       beruflichen Erfolg, eine glückliche Partner-
um die klügsten Köpfe. Denn: Immer               durch die Universitäten deshalb zu einem         schaft und die familiären Aufgaben im Be-
mehr akademisch Ausgebildete legen               wichtigen Kriterium.                             reich Kindererziehung oder Angehörigen-
Wert darauf, dass auch ihr Partner oder                                                           betreuung reibungsfrei zu kombinieren»,
ihre Partnerin vor Ort ihr/e Karriereper-        Die habilitierte Wissenschafts- und Tech-        betont Monika Kurath.
spektiven hat.                                   niksoziologin erinnert daran, dass die HSG
                                                 erst kürzlich ihr Prorektorat «Forschung &       Um Doppelkarriere-Paare zu unterstützen,
Thomas Rudolph                                   Faculty» neu aufgestellt hat, um den heuti-      braucht es deshalb die unterschiedlichsten
                                                 gen Anforderungen an die Forschung ge-           Angebote. Zum einen ist ein gutes Netzwerk
Früher war die Rollenverteilung klar: Der        recht zu werden. «Die Universität St.Gallen      zu Unternehmen, Behörden und anderen
Akademiker in der Familie war in den meis-       will neben Lehre und Weiterbildung auch          Universitäten, also potenziellen Arbeitge-
ten Fällen der Mann. Erhielt er eine Berufung    in der Forschung als eine der führenden          bern in der Region, wichtig. Im Rahmen
an eine Universität fern der Heimat, folgte      Wirtschaftsuniversitäten Europas wahrge-         dieses Netzwerkes können den Partnerin-
ihm seine Frau und kümmerte sich um Haus-        nommen werden. In ausgewählten Gebie-            nen und Partnern der neuen HSG-Mitarbei-
halt und Kinder. Dual Career Couples (der        ten will sie zur globalen Forschungsspitze       tenden direkte Jobkontakte und Ansprech-
gebräuchlichere englische Begriff für Dop-       gehören.» Dazu aber brauche es beste Rah-        personen angeboten werden. Zudem geht
pelkarriere-Paare) brechen mit ihrem Le-         menbedingungen, um die gewünschten               es um Hilfestellung bei zahlreichen Fragen
bensmodell die traditionelle Rollenverteilung    Spitzenleute gewinnen zu können. Auf al-         rund um die Wohnungssuche, zum Kinder-
auf und tragen damit zu einer Modernisie-        len Stufen gehe es darum, Unterstützung          betreuungsangebot und Schulen sowie zu
rung gesellschaftlicher Strukturen bei. «In      bei der beruflichen Integration der Partnerin    Behördengängen oder allgemein zum Leben
einer Dual-Career-Partnerschaft möchten          oder des Partners zu leisten. Im Idealfall sei   und zur sozialen Integration am neuen
beide Partner eine ambitionierte und eigen-      dies eine Stelle an der eigenen oder an einer    Wohnort. «Eine gute Kinderbetreuung ist
ständige Berufslaufbahn mit einem erfüllten      der geographisch nahegelegenen Partner­          eine wichtige Voraussetzung für alle Eltern,
Privatleben mit oder ohne Familie verbin-        universitäten zu vermitteln. Zurzeit entsteht    die eine eigene berufliche Karriere verfolgen
den», betont Monika Kurath, Direktorin           im Prorektorat «Forschung & Faculty» ein         möchten», sagt die Direktorin «Forschung
«Forschung & Faculty» an der HSG.                eigenes Team, das sich um die professionel-      & Faculty». Auch flexible Arbeitszeiten seien
                                                 le Berufung neuer Professorinnen und Pro-        für Dual Career Couples mit Nachwuchs
Grosse Herausforderung für Paare                 fessoren kümmert und den neu gewonne-            sehr gefragt.
Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den       nen internationalen Mitgliedern des Lehr-
vielseitigen Arbeits- und Lebensbereichen        körpers das Einleben in der Schweiz und in       Gemeinsam ankommen, erfolgreich
zu schaffen, ist für die Paare allerdings eine   St.Gallen erleichtert.                           durchstarten
Herausforderung. Verfolgen beide eine wis-                                                        Monika Kurath ist überzeugt, dass den
senschaftliche Laufbahn, bedeutete dies bis-     Den Anteil der Frauen erhöhen                    Doppelkarriere-Paaren aufgrund ihrer ge-
her oftmals getrennte Wohnorte, weites Pen-      Bedingt durch die steigende Zahl der Frau-       sellschaftlichen Stellung eine wichtige
deln für die Wochenend-Beziehung und             en mit hohen Bildungsabschlüssen und den         Vorbildfunktion zukommt. «Verschiedene
schlechte Bedingungen für ein Familienle-        Ambitionen, eigene berufliche Karrieren zu       Untersuchungen haben gezeigt, dass Mit-
ben. «Die Betreuung von Kindern oder An-         verfolgen, wird die Anzahl der Dual Career       arbeitende eine höhere Leistungsbereit-
gehörigen wird dadurch zur Herausforde-          Couples kontinuierlich zunehmen. Service-        schaft und Arbeitszufriedenheit haben,
rung», erklärt Monika Kurath. «Da es in den      leistungen zur besseren Vereinbarkeit von        wenn privates und berufliches Umfeld stim-
jeweiligen Fachbereichen an den Universi-        Familie und Beruf tragen daher dazu bei,         men.» Doppelkarriere-Paare seien somit ein
täten jeweils nur wenige Forschungsstellen       die Zahl der Frauen in wissenschaftlichen        wichtiges Thema für die Zukunft und zwar
gibt, erfordert eine akademische Laufbahn        Spitzenpositionen zu erhöhen und steigern        nicht nur an Universitäten. Sie könnten
ein hohes Mass an örtlicher Flexibilität und     zugleich die Attraktivität und Wettbewerbs-      mithelfen, die Bilder und Diskurse über den
die Bereitschaft, den Wohnort im Fall eines      fähigkeit der Universitäten. «Wir an der         Wert der Familie in einem modernen Sinne
Stellenangebots allenfalls auch international    HSG sind bestrebt, den Anteil von Frauen         zu beeinflussen und Vorbildwirkung für
zu wechseln. Dies ist allein schon für eine      und internationalen Biographien in Lehre         künftige Generationen haben.

10 alma 1 / 2018
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