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vm Ve r b a nd s M a g a z i n Themen, Trends und Fakten der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft – VdW Rheinland Westfalen # 7– 8 2021 19 DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT HILFT UND SPENDET – HELFEN AUCH SIE! 32 VDW-VERBANDSTAG AM 7. UND 8. SEPTEMBER 2021 IN BONN 4 SCHWERPUNKT – BUNDESTAGSWAHL Gas oder Bremse – Wohnungspolitik im Bundestagswahlkampf
EDITORIAL 1 Kooperation statt Konfrontation K urz vor der Bundestagswahl steht sehr viel mehr bewirken lässt als mit Kon- die Wohnungspolitik auf der Agenda frontation und Zwang. Was durch ordnungs- der Parteien und in den Augen vie- rechtliche Forderungen erreicht werden soll, ler Wählerinnen und Wähler wieder ganz leisten die kommunalen, genossenschaftli- weit oben. Jetzt erleben wir, dass sich der chen, kirchlichen und privaten Mitglieder Fokus der wohnungspolitischen Debatte des Verbandes bereits seit Langem. dorthin verschoben hat, wo jahrelang zu wenig bezahlbarer Wohnraum geschaffen Durch ihre gemeinwohlorientierte Ge- wurde und nun tiefgreifende Forderungen schäftspraxis und den beständigen Abruf von nach Eingriffen in die Wohnungsmärkte die Mitteln der öffentlichen Wohnraumförde- Debatte prägen. rung sind die Mitglieder des VdW Rheinland Westfalen eine gebaute Mietpreisbremse Mietpreisbegrenzungen durch bundesweite im Verbandsgebiet und geben wohnungs- Mietendeckel, die Einführung einer neuen wirtschaftliche Antworten auf wohnungs- Wohnungsgemeinnützigkeit, sogar die Un- politische Fragen. Sie schaffen bezahlbaren terstützung für die Enteignung von Woh- Wohnraum für breite Schichten der Gesell- Quelle: Roland Baege/VdW Rheinland Westfalen nungsunternehmen – fast alle Maßnahmen schaft, bringen sowohl im Bestand als auch setzen am Ende bei der Miete an, statt die im Neubau den Klimaschutz voran und Ursachen, die hohe Dynamik bei den Bau- bewegen sich mit 5,83 Euro Nettokaltmiete „Die Mitglieder des VdW land- und Baustoffpreisen zu thematisieren. pro Quadratmeter rund 15 Prozent unter Rheinland Westfalen der durchschnittlichen Nettokaltmiete in geben wohnungswirt- Dabei zeigte schon der Berliner Landesmie- Nordrhein-Westfalen. tendeckel in der kurzen Phase seines Beste- schaftliche Antworten hens, dass solch konfrontative Maßnahmen Die gesellschaftlichen Herausforderungen auf wohnungspolitische nicht zu einer Entspannung beitragen kön- der kommenden Jahre – Klimaschutz, demo- nen und vor allem die gemeinwohlorientier- grafischer Wandel und der Bau von bezahl- Fragen“ ten Anbieter von Wohnraum in ihren Mög- barem Wohnraum – lassen sich nur durch lichkeiten hart getroffen werden. Nicht nur in ein kooperatives Miteinander, angemessene Berlin, auch in anderen stark nachgefragten wohnungspolitische Rahmenbedingungen Metropolen in ganz Deutschland wird vor und ein positives Klima für die Schaffung von allem Eines benötigt: Die Ausweitung des Wohnraum gemeinsam lösen. Was abseits Angebots an verfügbarem und bezahlbarem von Berlin auch öfter der Fall ist, als es in der Wohnraum. Die stark ideologisch geprägten wohnungspolitischen Debatte den Anschein Vorschläge in den Wahlprogrammen werden macht. aber das genaue Gegenteil erreichen und auch die gemeinwohlorientieren Unterneh- men und Genossenschaften ausbremsen. Alexander Rychter Richtet man den Blick auf Nordrhein-Westfa- len, so zeigt sich, dass sich mit einem koope- Verbandsdirektor des rativen Ansatz und zielführender Sachpolitik VdW Rheinland Westfalen 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
2 INHALT 4 20 32 Gas oder Bremse – Wohnungspo- 20. VdW-Forum Die Wohnungswirtschaft trifft sich litik im Bundestagswahlkampf Wohnungswirtschaft in Bonn Quelle: frank peters – stock.adobe.com Quelle: Roland Baege Quelle: WCC Bonn SCHWERPUNKT SONDERRUBRIK VDW-FORUM AKTUELLES NRW 4 Gas oder Bremse – Wohnungspolitik 20 Rückblick auf das 20. VdW-Forum 32 Die Wohnungswirtschaft trifft sich im Bundestagswahlkampf Wohnungswirtschaft in Bonn Die Wohnungswirtschaft vor der Bun- Wohnen im Fokus der Bundespolitik VdW-Verbandstag 2021 destagswahl 2021 27 Wohnungsunternehmen und 33 Artenvielfalt betrifft auch die 8 Welche wohnungspolitischen -genossenschaften unter sich Wohnungswirtschaft Positionen stehen zur Wahl? Vollversammlungen und Ausschuss- Biodiversität im urbanen Raum Wahlprogramme der Parteien sitzung der Sparten Kölner Quartier Bilderstöckchen 10 Bundespolitische Standpunkte erhält Zertifikat aus NRW Audit generationengerechtes AKTUELLES Wohnen im Quartier 12 Die Wohnungswirtschaft im Dialog Persönlich, digital oder auch im 28 Die Wohnungswirtschaft blickt nach 34 Wohnraumförderung für Stream Berlin und über die Bundesgrenzen Neueinsteiger hinaus Veranstaltungsankündigung 14 „Eine Umlegung des CO2-Preises Der digitale und interaktive GdW- nach energetischer Gebäudequali- Aktuelles Steuerrecht tät erscheint sinnvoll“ WohnZukunftsTag am 16. Juni 2021 Veranstaltung Im Gespräch mit Christian Huttenlo- Erste Jahresversammlung mit her, Generalsekretär des Deutschen Fachkongress Verbandes für Wohnungswesen, Initiative Wohnen.2050 zog Bilanz AKTUELLES RLP Städtebau und Raumordnung e. V. (DV) 29 Digitale Premiere 35 Erstes wohnungspolitisches 8. Deutscher Baugerichtstag am Gespräch nach der Landtagswahl 16 „Nebulöse Gemeinnützigkeitsde- 21./22. Mai 2021 Wohnungspolitische Diskussion batten und Enteignungen helfen nicht bei Angebotsknappheit“ 30 Innenstadtleben benötigt 36 „Was bedeutet für Sie Baukultur?“ Was steckt hinter der wohnungspoli- Nutzungsvielfalt VdW-Verbandsdirektor Alexander tischen Debatte? Konferenz zur Schönheit und Lebens- Rychter im Interview im Zentrum fähigkeit der Stadt Baukultur 18 „Wohnen ist ein Menschenrecht“ Im Gespräch mit Anja Weber, 31 Mehr Gemeinwohl und Bezahlbar- Schwerpunkte gesetzt, Arbeitsgrup- Vorsitzende des Deutschen Gewerk- keit dank Mietenstopp? penstruktur geändert schaftsbunds Nordrhein-Westfalen Auf eine L‘Immo im Podcast Bündnis für Wohnen und Bauen Aktuelles Genossenschaftsrecht 19 Die Wohnungswirtschaft hilft und 2021 37 Zwischen Kontinuität und Wechsel: spendet – helfen auch Sie! Die Ministerien der neuen Landes- Hochwasserunglück in Nordrhein- Digitale Veranstaltung für Vorstände regierung Westfalen und Rheinland-Pfalz und Aufsichtsräte Neues politisches Personal in den Ministerien 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
INHALT 3 41 56 61 Vielfalt im Quartier schaffen und Zahlung der Gewerberaummiete Umfassendes Konzept für bezahl- erhalten während des „Lockdowns“ der baren Klimaschutz Corona-Pandemie Quelle: VIVAWEST Quelle: Vittaya_25 – stock.adobe.com Quelle: lily – stock.adobe.com VERBAND UND GREMIEN Digitale wohnungspolitische Gespräche in Rheinland-Pfalz vor 44 Olaf Rabsilber ist neues Mitglied im Am Vorgebirgspark liegt die „Zukunft Wohnen“ VdW-Präsidium der Bundestagswahl Neubesetzungen in den Gremien des Neubauprojekt der Wohnungsgenos- Insta-Live-Talk und „Wohnzimmer Verbandes senschaft am Vorgebirgspark eG auf Reisen“ 50 Grundsteinlegung für urbanes Neu- 38 Neues Arbeiten – neues Wohnen? ARBEITSGEMEINSCHAFTEN bauquartier 20. Bauforum Rheinland-Pfalz Wohnungsgenossenschaft Essen- Nord eG Was hält Wohnungsunternehmen von gemeinschaftlichen Mietwohn- 44 WohWi-Talks: Bestandsaufnahme Starkes Zeichen für Tier- und Arten- und Debatte vor Ort projekten ab? schutz im Quartier Die ARGEN im Dialog mit der Bun- Studienergebnisse Antoniter Siedlungsgesellschaft mbH despolitik im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region VDW-ARBEITSKREISE AUS DEN UNTERNEHMEN 51 Rot-Zeder-Schindeln verschönern die Margarethenhöhe 39 Compliance-Management-System: 45 Rheinwohnungsbau GmbH feiert Margarethe Krupp-Stiftung Voraussetzungen und Einführung runden Geburtstag Auszeichnung als fahrradfreundli- Sommersitzung des AK Compliance 90 Jahre Heimatgestalter cher Arbeitgeber 40 „Interkulturelle Kompetenz stärken“ 46 Zwischen Wohnungswirtschaft, Bun- Wohn + Stadtbau Wohnungsunter- Wohnungswirtschaftliches Engage- nehmen der Stadt Münster GmbH destag und Pandemiebekämpfung ment für Integration DOGEWO21 41 Vielfalt im Quartier schaffen und 47 Nachverdichtung ermöglicht 22 erhalten 52 TERMINE / STEUERN barrierefreie Wohnungen Arbeitskreis Integration Gemeinnütziger Bauverein Gütersloh 56 RECHT 42 Koordinierte Prüfung internati- eG startet Neubauprojekt in Kattenstroth 59 TECHNIK UND MULTIMEDIA onaler Datentransfers durch die Schlüsselübergabe für 282 Aufsichtsbehörden 62 FÜR SIE GELESEN Wohnungen in Münster Arbeitskreis Datenschutz 63 SEMINARE VIVAWEST Gemeinsame Sitzung von VdW süd- west und VdW Rheinland Westfalen 48 Quartiersrundgang mit Landtagsab- geordneten und Spendenaktionen Arbeitskreis Recht Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbar- Vonovia SE keit wird die männliche Personenbezeichnung 43 Steuerliche Entwicklung in Bund 49 Kooperation zur Stärkung des gewählt. Die Angaben beziehen sich jedoch auf und Land sozialen Arbeitsmarktes beide Geschlechter. Arbeitskreis Steuern und Bilanzierung Gelsenkirchener Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
4 SCHWERPUNKT Gas oder Bremse – Wohnungspolitik im Bundestagswahlkampf DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT VOR DER BUNDESTAGSWAHL 2021 >> Über mangelndes Interesse kann man sich nicht beschweren – schon bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen und der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz stand Wohnungspolitik hoch im Kurs. Auch bei der kommenden Bundestagswahl spielt Wohnungspolitik eine wichtige Rolle, sofern sich Politik derzeit um Sachthemen kümmern kann. Die Ideen sind vielfältig, aber auch bequem. Im Wesentlichen soll am Ende bei den Mieten gedrosselt werden. Eine Bestandsaufnahme. Quelle: frank peters – stock.adobe.com Der 21. September 2018 stellte wohl den end- dem Ende der 19. Legislaturperiode nicht und wird bundesweit von wenigen lokalen gültigen Moment dar, an dem niemand in mehr gelungen, im ausreichenden Umfang Entwicklungen und Initiativen bestimmt. der Bundespolitik sich noch auf den Stand- Impulse auszulösen, um die hitzige Diskus- Ansatzpunkt der Empörung ist dabei die punkt stellen konnte, dass Deutschland sion um das Recht auf Wohnen und wie man Mietenentwicklung. So greifen einige Partei- gebaut wäre. Im Bundeskanzleramt fand es sich am besten nimmt, durch Sachpolitik en in der Folge die pauschalen Forderungen an diesem Tag der Wohn- und Mietgipfel zu beruhigen (vgl. VM 03/2021). von Initiativen nach der Enteignung von statt, bei dem die Bundesregierung mit Ex- Wohnungsunternehmen und der Deckelung pertinnen und Experten beraten wollte, wie Die Ursache für die steigenden Mieten liegt, von Mieten auf, ohne einen ausreichenden man dem Nachfrageüberhang Herr werden wenn man der politischen Debatte glauben Blick auf die unterschiedlichen am Woh- kann, der sich nach der Finanzmarktkrise mag, in erster Linie im Gewinnstreben der nungsmarkt tätigen Akteure zu werfen. und durch die starke Außen- und Binnen- Wohnungseigentümer, der Privatisierung wanderung spätestens seit dem Jahr 2015 und Spekulation mit Wohnraum, zumindest Ideenlosigkeit in der auf den angespannten Wohnungsmärkten auf einigen Wohnungsmärkten. Verges- Ursachenbekämpfung bemerkbar gemacht hatte. sen sind die politischen Reflexe, die in den Die Ursache für die angespannte Situation 2000er-Jahren in einigen Städten zur Pri- insbesondere der metropolen Wohnungs- Hatte die Bundesregierung zunächst noch vatisierung von Wohnraum geführt haben, märkte ist so einfach wie offensichtlich der durch eine grundgesetzliche Änderung den als Wohnungspolitik weit unten auf der Mangel an bedarfsgerechtem und bezahl- Rahmen für eine weiterlaufende Finanzie- politischen Agenda stand und öffentliche barem Wohnraum. In einigen Regionen in rung der Wohnraumförderung geschaffen, Haushalte rasch saniert werden wollten. Deutschland ist der Wohnungsneubau der ist es durch ihren Entwurf eines in der Ver- Zuwanderung aus den Regionen und ganz bändelandschaft kritisch kommentierten Nun ist Wohnungspolitik also wieder in Europas schlichtweg jahrelang nicht nach- Baulandmobilisierungsgesetzes kurz vor der Mitte der Gesellschaft angekommen gekommen. Wohnungsneubau ist also nicht 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
BUNDESTAGSWAHL 5 nur aus demografischer und klimapolitischer politisch einfacher zu erklären und es geht politischen Raum häufig überzeichnet disku- Perspektive die Lösung, um den absoluten schneller. tiert (vgl. Interview Prof. Dr. Torsten Bölting). Wohnraummangel zu beheben. Die Diskussion um bezahlbare Mieten fin- VdW-Mitglieder sind gebaute Bei der Lösung der Herausforderungen – det zudem nicht ausreichend differenziert Mietpreisbremse Konkurrenz um Bauland, Baulandpreis- statt und tangiert am Ende auch nur eine Der Blick auf die Situation der Mieten im entwicklung, mangelnde Kapazitäten der Symptomatik, deren Ursache in den nicht Bereich des VdW Rheinland Westfalen zeigt, Bauwirtschaft und die zuletzt durch die ausreichenden Haushaltseinkommen vieler dass es nicht ein Mehr an ordnungsrechtli- Corona-Pandemie nochmals exponentiell Haushalte liegt. Aber der Reihe nach. chen Eingriffen braucht, sondern ein Mehr gestiegenen Rohstoffkosten – herrscht bun- an Wohnraum von eben jenen gemeinwohl- despolitische Ideenlosigkeit. Zuletzt hatte Debatte mit falschen Annahmen orientierten Anbietern. Aufgrund des hohen das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Für den nicht unerheblichen Teil der ord- Anteils an gefördertem und preisgedämpf- Raumforschung im Immobilienmarktbe- nungsrechtlichen Forderungen nach einem tem Wohnraum in Bestand und Neubau wir- richt von 2020 festgestellt, dass die Bau- Ausbremsen oder dem Einfrieren (Mieten- ken die Unternehmen insbesondere auf den landpreise, getrieben von der Situation in stopp) von Mieten wird häufig eine Miet- angespannten Wohnungsteilmärkten lokal den Ballungsräumen, zwischen den Jahren preisdynamik, insbesondere auf den ange- erheblich entschleunigend auf die prozykli- 2010 und 2019 um 84 Prozent gestiegen spannten Wohnungsmärkten und bei den sche Mietendynamik. Ein Lösungsweg wäre sind. Die Baukosten sind in der reinen Angebotsmieten, angeführt. Diese Miet- also die konsequente politische Unterstüt- Preisentwicklung in derselben Zeit laut Bau- preisdynamik wird regelmäßig auf Basis zung eben jener Wohnungsmarktakteure, kostenbericht der Arbeitsgemeinschaft für von Angebotsmieten unterstellt, die durch die den Bau und die Bewirtschaftung von zeitgemäßes Bauen um 48 Prozent gestie- Online-Mietportale, wie Immobilienscout bezahlbarem Wohnraum per Gesellschafts- gen. Ohne die zusätzlichen Anforderungen oder Immoweb, zur Verfügung gestellt wer- zweck einsetzen. von EnEV oder die Rohstoffpreisexplosion den. Problematisch ist, dass ein Großteil, in der Corona-Pandemie. beispielsweise im VdW Rheinland Westfalen Der Bereich der Bestandsmieten eignet sich und den übrigen Kollegialverbänden der ge- insgesamt nicht für die erhitzte Debatte. Mieten sind die Summe der Preise für Bau- meinwohlorientierten Wohnungswirtschaft Die Mietenentwicklung verläuft seit Jahren land-, Gestehungs- und Finanzierungskos- organisierten Wohnungsunternehmen und unterhalb der Inflationsrate. ten. Ordnungsrechtliche Eingriffe bei der -genossenschaften, ihre Wohnungen nicht Baulandpreisdynamik oder der Entwick- über diesen Weg vermietet. Da diese Portale Sozialpolitik muss an den Ursachen lung der zuletzt reichlich gestiegenen Roh- nur einen Teil der Vermietungen am Markt ansetzen stoffpreise finden sich jedoch nicht in den abbilden und die Mieten im Bereich der VdW- Auch auf der Nachfrageseite gäbe es poli- Wahlprogrammen. Einfacher, so scheint es, Mitglieder deutlich geringer sind, verzerrt sich tischen Handlungsbedarf: Seit den 1990er- ist der Ansatz bei den Mieten. Der ist auch das Bild der Wohnungsmärkte und wird im >> Gewichtiger Einflussfaktor auf die Bezahlbarkeit des Wohnens: Die dynamische Entwicklung der Bauwerkskosten zwischen 2000 und 2021 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
6 SCHWERPUNKT Jahren hat die Reallohnentwicklung zu- te für den Wohnungsbau. Statt populär nur bedingt abseits der Berliner Landes- nächst stagniert, um dann seit 2015 parallel klingenden und vermeintlich einfachen grenzen taugt. Land und Wohnungsmärkte zur Verbraucherpreisentwicklung anzu- ordnungsrechtlichen Maßnahmen mit präsentieren sich wesentlich heterogener – steigen. Nur ein Hinweis darauf, dass sich unklarer Rechtsbasis sollte Fachpolitik in Bezug auf die Wohnraumnachfrage, die Haushaltseinkommen im Verhältnis nachhaltig an den Ursachen arbeiten, die aber auch die jeweiligen lokalen stadt- zu den Kosten kaum entwickelt haben. die Neuschaffung von Wohnraum behin- entwicklungs- und wohnungspolitischen Nicht nur vor dem Hintergrund der stetig dern. Zumal ein pauschaler bundesweiter Herausforderungen. Das Land hat eine steigenden demografischen und klima- Mietendeckel weder der Vielfältigkeit des lange Geschichte bei der Förderung von politischen Ansprüche an Wohnraum ist Landes noch der wohnungswirtschaftli- Wohnraum und besitzt im Bundesver- es ein großes sozialpolitisches Problem, chen Akteure gerecht werden würde. gleich mit rund 1,3 Milliarden Euro das wenn das Haushaltseinkommen nicht größte Fördervolumen. mehr ausreicht, Mieten und andere Le- Der Neubau ist dabei eine wichtige Strate- benskosten ohne die Zuhilfenahme von gie, aber in den Kernstädten durch die ho- Auch auf der kommunalen Ebene ist das Transferleistungen zu bestreiten. Auch im he Konkurrenz mit profitablen Eigentums- Thema Wohnungspolitik, flankiert von geförderten Wohnungsbau kann es dabei oder Gewerbemaßnahmen auch teuer, Unterstützungsmaßnahmen zur Bau- zu Situationen kommen, wo die reine Kos- wenn man (lokal-)politisch keinen Rah- landentwicklung und Wohn- und Städte- tenmiete die wirtschaftlichen Verhältnisse men setzt. Die zentrale Grundlage dafür bauförderung des Landes, in weiten Teilen einzelner Haushalte übersteigt und die wäre eine vorrausschauende, kooperative angekommen. Dafür spricht auch die Neu- Wohnbelastungsquote auf weit über 30 Stadtentwicklungspolitik, in der durch eine gründung kommunaler oder kreisangehö- Prozent ansteigt. aktive kommunale Liegenschaftspolitik be- riger Wohnungsunternehmen. zahlbare Baugrundstücke für bezahlbares Ähnlich wie im Bereich der Mieten ist es je- Wohnen bereitgehalten werden. Die gemeinwohlorientierte Wohnungs- doch auch hier schwierig, greifbare Zahlen wirtschaft spielt hier eine partnerschaft- zu bekommen. Selbst die Sozialverbände Aber auch der Blick in die Region wird liche und verantwortungsbewusste Rol- kritisieren regelmäßig die in der Sozialbe- zusehends wichtiger, wenn innerstädti- le und setzt einen wesentlichen Teil der richterstattung unzureichende Datenlage. sche Potenziale ausgeschöpft sind. Re- Wohnraumfördermaßnahmen um (vgl. gionale Vernetzung und Strukturpolitik VM 02/2020). Wohnungspolitik ist Sachpolitik sind gefragt, damit nicht nur gleichwertige In der Summe merkt man schnell, dass Lebensverhältnisse geschaffen, sondern In der Summe kann man nur feststellen: sich Wohnungspolitik nicht für Polemik Regionen auch insgesamt resilienter ge- Der Blick über den Berliner Tellerrand eignet, sondern reine Sachpolitik bleiben genüber klimatischen, demografischen lohnt sich. Die Instrumente für mehr be- sollte. Deshalb sind weder die absolute De- und wirtschaftlichen Veränderungen wer- zahlbaren Wohnraum liegen nicht nur auf ckelung von Mieten oder die Abschaffung den. dem Tisch, sondern sind bereits erprobt. von bisher umlagefähigen Steuern (wie bei Eine neue Bundesregierung kann also in der Grundsteuer oder der CO 2-Umlage) Nordrhein-Westfalen ist nicht Berlin puncto Wohnungspolitik beruhigt mehr und auch nicht die Vergesellschaftung Der Blick zurück nach Nordrhein-Westfalen NRW wagen und Gas geben. ON von Wohnraum zielführende Instrumen- zeigt, dass die bundespolitische Diskussion Bundesweiter Rückgang von mietpreis- und belegungsgebundenen Die Mitglieder des VdW Wohnungen zwischen 2002 und 2020 Rheinland Westfalen ... Wohnungen Rückgang 2002 – 2020: • zählten im Jahr 2020 174.354 rund 1,2 Millionen Wohnungen 1.882.936 Wohnungen mit Belegungsbin- 1.743.822 dungen, was rd. 18 Prozent ihres Gesamtbestandes entspricht 1.577.759 1.467.459 1.4341780 1.332.666 • haben in 2020 305 Millionen Euro 1.252.582 Fördermittel des Landes NRW abgeru- 1.131.643 1.053.420 1.021.890 fen, woraus 2.227 neue Wohnungen 929.963 889.197 entstanden und 1.048 Wohnungen 855.055 840.873 812.256 758.258 739.948 energetisch modernisiert wurden 711.273 705.583 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Quelle: VdW-Jahresbericht 2020/2021 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
BUNDESTAGSWAHL 7 Umfrage unter den Arbeitsgemeinschaften des Verbandes: Wie wird die wohnungspolitische Debatte wahrgenommen? Welchen Aspekt der aktuellen wohnungspolitischen Debatte sehen Sie mit Welches wohnungswirtschaftliche Themenfeld sollte als Blick auf die Bundestagswahl besonders kritisch? Erstes auf politischer Ebene bearbeitet werden? Maßnahmen zur Senkung 7,69 % der Baukosten Forderungen nach einer „Neuen Anreize zum Ausbau von Wohnungsgemein- 30,77 % erneuerbaren Energien nützigkeit“ Die Einführung Bereitstellung von mehr eines bundesweiten 30,77 % Mietendeckels bezahlbarem Bauland Steigende Kosten durch weitere Auflagen im Wohnungsbau 23,08 % Eine Kostenverteilung der 7,69 % CO2-Bepreisung zulasten Die Umsetzung einer der Vermieterseite Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen und -genossenschaften Wohnungswirtschaftliche und wohnungspolitische Lösungen gemeinsam gedacht Bezahlbares Wohnen langfristig sichern Regionales Wachstum und gleichwertige Soziales Wohnen stärken – Akzeptanz und Rechts- Lebensverhältnisse fördern sicherheit für Mietspiegel – klimagerechtes und Siedlungsachsen vs. Zersiedlung – Flächenin- digitales Wohngeld – zukunftsfähiges altersge- anspruchnahme definieren – Lebensverhältnis- rechtes Wohnen – zukunftsfähige Digital-Infra- se smart angleichen – schrumpfende Regionen strukturen – neues digitales Betriebskostenrecht und Abrisshilfen des Bundes stärken – Alt- schuldenhilfeproblematik fair lösen – Leitbild Klimaschutz ohne Dogma und mit dezentrale Konzentration nachhaltiger Ökonomie Langfristige und verlässliche Förderprogramme – Modernes, sicheres und bezahlbares digitale Nutzerunterstützung – Förderung auf Kli- Wohnen braucht gute Investitionsbedin- maeffizienz ausrichten – dezentraler, attraktiver gungen Quartiersstrom – unbefristete Innovationsklau- Realitätsnahe Abschreibungsbedingungen – seln – energetische Stadtsanierung verbessern – keine Vermögensteuer – Grundsteuer: Inves- E-Mobilität: Ladeinfrastruktur fördern – Wärme- titionsbremse vermeiden – EU-Vorgaben mit wende: Ausbau erneuerbarer Energien Blick auf gutes Wohnen umsetzen – Klimanot- stand erfordert befristete Ausnahmeregelun- Ressourcenschonendes, bezahlbares Bau- Verantwortungsvolle Stadtentwicklungspolitik gen für KMU und Beihilferecht – en braucht staatliches Engagement Stadt-Land-Ausgleich – vielfältige Innenstädte Baukostenbremse und -kontrolle – Rohstoff- nach Corona – neue Nutzungskonzepte und Nut- sicherung – digitale Bauermöglichung – echte zungsmix – urbane Resilienz – Mobilitätswende – Die Forderungen der Wohnungswirtschaft Baulandmobilisierung – staatliche Preistreibe- Städte-Wachstum mit Freiräumen – Leitbild und weitere Informationen stehen unter rei beim Grunderwerb beenden – ressourcen- soziale Mischung – Integration als nationale Auf- www.gdw.de/downloads/publikationen/ schonendes Bauen vereinfachen, digitalisieren, gabe. Gründung Kompetenzzentrum „Zusammen- booklet zum Abruf online bereit. beschleunigen leben im Quartier“ 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
8 SCHWERPUNKT Welche wohnungspolitischen Positionen stehen zur Wahl? WAHLPROGRAMME DER PARTEIEN >> Das Thema „Wohnen und Mieten“ nimmt aufgrund der zunehmend intensiven wohnungspolitischen Debatte, die aus Sicht der Wohnungswirtschaft mit zu starkem Augenmerk auf die Situation des Berliner Wohnungsmarktes geführt wird und in der das differen- zierte Gesamtbild nicht durchgehend im Fokus ist, bei der diesjährigen Bundestagswahl am 26. Sep- tember 2021 einen erwartungsgemäß hohen Platz auf der politischen Agenda der Parteien ein. Die grundlegenden, parteiübergreifend formulierten Ziele – gutes, bezahlbares, energetisch modernes und klimaneutrales Wohnen für breite Schichten der Gesellschaft zu schaffen – wollen die Parteien teils mit sehr unterschiedlichen Ansätzen erreichen. In der nachfolgenden Übersicht werden die wichtigsten wohnungspolitischen Positionen der Wahlprogramme betrachtet. – Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden und so für – Mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen: – keine Mietendeckel – bis 2025 mehr als 1,5 Millionen neue – Gebäude energetisch sanieren: – Wohnungsbaugesellschaften in Pflicht nehmen – – einen Modernisierungsschub sorgen Wohnungen – steuerliche Förderung der energetischen Sanierung Der Emmissionshandel soll ausgebaut Nachhaltig, bezahlbar und altersgerecht – „Mieterstrom“ voranbringen und noch – werden: bauen: bestehende Hemmnisse abbauen – gezielte Entlastungen in den Bereichen – Bauen mit Holz voranbringen Wohnen und Mobilität – Brachlandentwicklung im Rahmen der Städ- Zukunftsregionen schaffen: Stadt und – umfassender europäischer Emissions- tebauförderung verstärken Land zusammenbringen: handel mit einheitlichem Preis und – sozialen Wohnungsbau fördern – Stadt und Land müssen zusammenge- globaler Anschlussfähigkeit – Wohngeld ab 2022 regelmäßig anpassen dacht werden – Anstiegspfad der CO2-Bepreisung straffen – mit den Ländern erörtern, ob sie auf jeden – gemeinsame Planung in den Regionen – Abschaffung der EEG-Umlage Bundes-Euro mind. einen Euro drauflegen binden – Klimaeffizienzreform: energiebezogene und zweckgebunden einsetzen Steuern, Umlagen und Entgelte stärker – Investitionen in altersgerechten und barrie- auf CO2-Ausstoß ausrichten refreien Umbau insb. über KfW-Programme – – Mietrecht: – Verpflichtende Sanierungsfahrpläne zur – Einführung eines bundesweiten Mietende- Verdreifachung der Sanierungsquote Die Bodenpreise sollen gedeckelt werden: ckels für Wohnen und Gewerbe – Klimaneutraler Bestand bis 2040 – – Keine Privatisierung öffentlicher Grund- – Vergesellschaftungsgesetz zur Möglichkeit – Neubaustandard KfW-40 stücke durch ein Bodensicherungsgesetz der Rekommunalisierung von Boden und – Vergabe nur noch im Erbbaurecht Beständen Energiewende im Bestand: – Staatliches Ankaufprogramm mit jährlich – verpflichtende Mietspiegel – jährlich zehn Milliarden Euro Fördermittel zwei Milliarden Euro – Verschärfung von Umwandlungsverboten – Förderbedingung: Vermieter müssen sich – Gemeinnützigkeit der BlmA und Eigenbedarfskündigungen zu einer gemeinnützigen Bewirtschaftung – – bis zu sechs Monate langes Vorkaufs- – Verbot von Share Deals und Entzug der verpflichten – recht der Kommunen Zulassung von Immobilienfonds zur Unter- bindung von Spekulation mit Wohnraum Stadtentwicklung: Förderung von bezahlbaren Wohnungen: – Verbot der Zweckentfremdung – Ausweitung des Milieuschutzes und – Neubau von 150.000 kommunalen oder – Legitimation der Besetzung von zweckent- Förderung der sozialen Durchmischung – genossenschaftlichen Wohnungen pro Jahr fremdetem Wohnraum – Städtebauförderung mit Augenmerk – Einführung einer Neuen Gemeinnützig- auf Sanierung, Wohnumfeld, altersge- keit mit ewiger Bindung von Wohnungen Abschaffung der Modernisierungsumlage: rechtem und barrierefreiem Umbau, – Zehn Milliarden Euro jährlich für 50 – Mieterhöhungen sollen nur noch warmmie- Förderung nachhaltiger Mobilität und von Prozent des Wohnungsmarktes in öffent- tenneutral möglich sein Smart-City-Maßnahmen licher und gemeinnütziger Hand 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
BUNDESTAGSWAHL 9 – Förderung des Mietwohnungsbaus durch Erhöhung der linearen Abschreibung von zwei – Grunderwerbssteuerfreier Eigentumser- werb für natürliche Personen bis zu einem – – – auf drei Prozenz Freibetrag von 500.000 Euro – – Aktivierung von Bauland: Erhöhung der Subjektförderung Verhinderung von Share Deals – Kooperation zwischen Ländern und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Digitalisierte und teilautomatisierte Klimaneutralität: (BlmA) Baugenehmigungsverfahren: – Schrittweise Abschaffung der EEG-Umlage – Erstellung von Baulücken- und – Bundesweites, digitales Portal für alle – Finanzierung von Förderzusagen über die Potenzialflächenkatastern Bauanträge CO2-Steuer – Erleichterung der Wiederverwertung von – Anpassung der Landesbauordnungen an die – Reform von Umlagen, Steuern und – Brachflächen Musterbauordnung Abgaben auf Energie – Entbürokratisierung von Dachausbau und – Absenkung der Stromsteuer auf das -aufstockung sowie seriellem und modu- Eine Mietpreisbremse oder -deckel möchte EU-Mindestmaß larem Bauen die FDP verhindern – Entlastung der Bürger durch eine Energiedividende – Aktivierung von Bauland und – Sanktionierung von Mietwucher, Fehl- – Neubau von 100.000 Sozialwohnungen – Wohnungsneubau: nutzungen und spekulativem Leerstand jährlich – strategische und gerechte Bodenpo- – Einführung einer anteiligen Besteuerung – litik der öffentlichen Hand durch ein bei Share Deals Einführung einer neuen Wohnungsge- Baugebot meinnützigkeit zur Förderung eines nicht – Umwandlung der BlmA in einen gemein- Warmmietenneutrale Modernisierung gewinnorientierten Segmentes auf dem – nützigen Bodenfonds durch eine Beschränkung der Modernisie- Wohnungsmarkt – – (Verbilligtes) kommunales Vorkaufsrecht rungsumlage auf 1,50 € / m2 von Bundesimmobilien Umsetzung eines zeitlich befristeten Mieten- – – Flächenvergabe bevorzugt in Erbpacht Klimaneutralität und Energie- moratoriums, mit dem Mieten nur entspre- – wende durch Überarbeitung des chend der Inflationsrate erhöht werden dürfen Förderung von Mietwohnungsbau: Bundesklimaschutzgesetzes: – Stärkung und Neugründung kommu- – Anhebung der Ziele für 2030 und Entfristung der Mietpreisbremse und naler Wohnungsgesellschaften CO2-Bremse für neue Gesetze bundesweit einheitliche Instrumente zur – Unterstützung von Kauf und Modernisie- – Flankierung durch Förderprogramme Erstellung von Mietspiegeln, welche die – rung leer stehender Wohnungen – Solarpflicht zur Erhöhung von regenera- Bestands- und Angebotsmietpreise der – tivem Strom letzten acht Jahre erfassen Bezahlbares Wohnen durch Einführung – Einnahmen aus CO2-Besteuerung sollen einer Neuen Wohngemeinnützigkeit: die Bürger entlasten Kommunale Wohnbauflächen sollen nicht – Erhöhung der Fördermittel für sozialen – Entlastung von Unternehmen für klima- mehr verkauft werden, sondern nur durch – Wohnungsraum schonendes Verhalten Erbbaurecht für den Neubau verpachtet – – Eine Million neue Sozialwohnungen bis werden – 2030 Nachhaltiges Bauen durch ein Gebäude-Ressourcen-Gesetz und eine Schaffung von Bodenfonds unter Einbe- – Regionale Mietobergrenzen durch ein Holzbaustrategie: ziehung bundeseigener Grundstücke Bundesgesetz – Digitalisierung von Planung und – – Entfristung und Verschärfung der Genehmigung Ausbau von Solaranlagen auf Dächern Mietpreisbremse und Förderung weiterer innovativer – – Begrenzung von regulären Mieterhö- Städtebauförderung mit Augenmerk Formen der erneuerbaren Stromerzeugung hungen auf 2,5 Prozent im Jahr bis zur auf grüne und blaue Infrastruktur: ortsüblichen Vergleichsmiete – Förderung von Smart-City-Projekten, Warmmieten-Neutralität durch CO2-Preis- – – Erhöhung des Betrachtungszeitraums gemeinschaftlichen Wohnformen und last aufseiten der Vermieterseite von Mietspiegeln auf 20 Jahre Co-Working-Spaces – Ausweitung von Milieuschutz und Bis 2030: fünf Millionen Häuser mit inno- Umwandlungsverboten vativen Heiz- und Energiesystemen 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
10 SCHWERPUNKT Bundespolitische Die von der Debatte um den Berliner Wohnungsmarkt ausge- henden Forderungen nach einem bundesweiten Mietendeckel Standpunkte aus NRW sind mit Blick auf Nordrhein-Westfalen … Quelle: photothek … nicht zielführend. In NRW sind die Regionen ganz unterschiedlich von Rolf Mützenich, steigenden Mieten betroffen. Dennoch wollen wir einen Mietenstopp in MdB (SPD), Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten einführen: Hier dürfen die Mieten für mindestens fünf Jahre nur in Höhe der Inflation steigen. Dies Erstplatzierter der schafft ein Zeitfenster, in dem der Wohnungsbau weiter vorangetrieben NRW-Landesliste werden kann. Quelle: Benjamin Zimmer … akut und dringlich. In den urbanen Zentren in NRW sind die Mieten Dr. Sahra für viele Menschen oft nicht mehr bezahlbar. Es darf nicht sein, dass Wagenknecht, sich z. B. in Düsseldorf und Köln nicht einmal mehr Normalverdiener eine MdB (Die Linke), innerstädtische Wohnung leisten können. Die Politik muss eine wirksame Regelung zur Sicherung bezahlbarer Mieten schaffen. DIE LINKE fordert Erstplatzierte der einen Mietenstopp und einen bundesweiten Mietendeckel. NRW-Landesliste Quelle: studio kohlmeier … ein Anlass, um über den großen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zu Britta Haßelmann, sprechen. Mieten und Immobilienpreise steigen vielerorts. Die Situation MdB (Bündnis in vielen Großstädten ist alarmierend. Immer mehr Menschen sind mit 90 / Die Grünen), den steigenden Wohnkosten überlastet. Daher braucht es auch in NRW Erstplatzierte der mehr Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum für alle. Zudem braucht es NRW-Landesliste eine robuste und deutlich nachgeschärfte nationale Mietpreisbremse. Quelle: Stefan Finger … und auch bundesweit nicht zielführend. Wie jede Preiskontrolle löst Johannes Vogel, auch ein Mietendeckel das Problem des Wohnungsmangels nicht und MdB (FDP), hat in Berlin sogar zu deutlich weniger verfügbarem Wohnraum geführt. In Ballungsräumen fehlt seit Jahren bezahlbarer Wohnraum, sowohl Stellvertretender Mietwohnungen als auch Eigenheime. Um das zu ändern brauchen wir Bundesvorsitzender mehr Wohnungen und bessere Rahmenbedingungen für den Erwerb eines Eigenheims. Quelle: Franklin Berger … nicht sinnvoll. Nordrhein-Westfalen ist Nordrhein-Westfalen. Die CDU Ina Scharrenbach hat dafür Sorge getragen, dass sowohl die Baufertigstellungen im Woh- (CDU), nungsbau als auch die Anzahl der Baugenehmigungen für neue Wohnun- Ministerin für Heimat, gen auf Rekordniveau sind. Nur ein Mehr an Wohnungen ist der beste Kommunales, Bau Schutz für Mieter vor ständig steigenden Mieten. Dies geht mit einer Po- und Gleichstel- litik einher, die – statt auf eine toxische Konfrontation wie in Berlin – auf lung des Landes Konsens und Kompromiss setzt. Nordrhein-Westfalen und Mitglied des CDU-Bundesvorstands 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
BUNDESTAGSWAHL 11 Eine vollständig von der Vermieterseite Die im VdW Rheinland Westfalen organi- Mehr bezahlbaren Wohnraum schafft getragene CO2-Bepreisung ist … sierte gemeinwohlorientierte Wohnungs- man am besten durch … wirtschaft ist … … vom Tisch. Wir halten die Übernahme der … ein guter Beitrag, um die Mieten stabil zu … eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik und Mehrkosten in Höhe von mindestens 50 Prozent halten. Wir wollen kommunale Wohnungsunter- durch die Bekämpfung von Bodenspekulationen durch Vermieter für die ökologisch richtige und nehmen und Genossenschaften, private Woh- sowie den Bau von mehr bezahlbarem Wohn- sozial gerechteste Lösung, um Anreize für eine nungsunternehmen und Vermieter, die sich einer raum. Die Kommunen müssen bei der Auswei- Investition in klimafreundliche Alternativen zu sozialverträglichen Vermietung verpflichtet füh- sung von Wohnraum wieder mehr Kompetenzen setzen. Die Mieter können hingegen durch ihr len, an einen Tisch bringen. Nach wie vor ist der erhalten und die langjährigen Genehmigungs- Verbraucherverhalten Einfluss auf den CO2- Neubau von 400.000 Wohnungen jährlich, davon verfahren müssen deutlich vereinfacht und be- Ausstoß ausüben. 100.000 Sozialwohnungen, erforderlich. schleunigt werden. … zumindest gerechter als die einseitige Belas- … unverzichtbar für einen funktionierenden … den Bau von Sozialwohnungen, ein Ende des tung der Mieter. DIE LINKE hat einen Antrag in Wohnungsmarkt und den notwendigen sozial- Auslaufens von Sozialbindungen und die Stär- den Bundestag eingebracht, um auszuschließen, ökologischen Umbau der Gesellschaft. DIE LINKE kung eines gemeinwohlorientierten Wohnungs- dass Mieter die Kosten für die CO2-Preise tragen will mit einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit sektors. DIE LINKE fordert jährlich 15 Milliarden sollen – obwohl sie im Gegensatz zu den Ver- Förderung und steuerliche Vergünstigungen dau- Euro, damit pro Jahr 250.000 neue Sozialwoh- mietern keinen Einfluss auf die Energieeffizienz erhaft an Mietobergrenzen, eine Pflicht zur Rein- nungen entstehen können. DIE LINKE will, dass und die Heizungsart ihrer Wohnung haben. vestition von Gewinnen sowie demokratische 50 Prozent der Wohnungen in öffentlicher und Leider wurde der Antrag mit den Stimmen von Mitbestimmungsrechte für Mieter binden. gemeinnütziger Hand sind und dass es Sozial- CDU / CSU, FDP, SPD und AfD abgelehnt. wohnungen in allen Vierteln gibt. … ein Anreiz, um klimafreundliche Heizungen … ein wichtiger Pfeiler der Wohnungswirtschaft … eine Trendwende. Wir brauchen soziale einzubauen. Aktuell tragen die Mietenden die in Nordrhein-Westfalen mit einem bewahrens- Konzepte zur steuerlichen Unterstützung und kompletten Wärmekosten ohne Einfluss auf den werten Anteil an kommunalen und öffentlichen verstärkte Investitionen von Unternehmen, die Energieträger zu haben. Der CO2-Preis kann Wohnungen. bezahlbaren Wohnraum bereitstellen. Ein besse- eine echte Lenkungswirkung erzielen, wenn er res kommunales Vorkaufsrecht und eine gezielte auch bei jenen ansetzt, die etwas am Zustand Bundesförderung für bezahlbares Wohnen sind der Gebäude und der Wärmeversorgung ändern dringend notwendig. Für ein starkes Mietrecht können. Dafür braucht es eine soziale und sach- braucht es eine entfristete und robuste Miet- orientierte Umlage mit flankierenden Unterstüt- preisbremse. zungsmaßnahmen für die Vermietenden. … wenig hilfreich und sogar schädlich für den … ein Beispiel dafür, wie man gemeinsam … mehr verfügbare Wohnungen und bessere Wohnungsmarkt. Die Mieter entscheiden über ausreichend Wohnraum schafft. Wir Freie De- Rahmenbedingungen für Bau und Erwerb von den CO2-Verbrauch. Diese Kosten komplett auf mokraten denken, dass die Schaffung von mehr Wohnraum. Dazu wollen wir einen Baukosten- die Vermieter abzuwälzen, führt letztendlich zu Wohnraum nur gelingt, wenn eine Zusammenar- TÜV einführen, der neue Regelungen auf ihre einer Einpreisung in die Nettokaltmiete zulasten beit mit allen Akteuren und Vertretern der Woh- Kosten ermittelt, Kostentreiber identifiziert und aller Mieter, unabhängig davon, wie umweltbe- nungswirtschaft stattfindet, insbesondere auch eine transparente Handlungsgrundlage erstellt. wusst sie heizen. Eine CO2-Bepreisung schafft ei- den gemeinwohlorientierten. Auch bestehende Regelungen wollen wir kritisch nen echten Anreiz für umweltbewusstes Heizen. überprüfen und gegebenenfalls anpassen. … politisch heiße Luft. Die CO2-Steuer ist eine … der Hauptabnehmer der öffentlichen Wohn- … mehr bauen. Verbrauchsteuer. Wohngeldempfänger werden raumförderung in Nordrhein-Westfalen und durch eine neue Klimakomponente bis 2023 von damit einer der Garanten für das Schaffen von der CO2-Steuer entlastet. Für die übrigen Mieter mietpreisgebundenem Wohnraum für Menschen sinkt ab 2022 die EEG-Umlage. Bei der Strom- mit kleinem Geldbeutel und für die Versorgung und Wärmewende ist der Dreiklang aus „sicher, mit Wohnraum ganz allgemein. Die Unterneh- sauber und bezahlbar“ dringend zu wahren. Statt men, die sich in der öffentlichen Wohnraumför- Klima-Sonntagsreden benötigen wir ein durch- derung engagieren, sind für Nordrhein-Westfa- dachtes Klima-Handwerk. len ein festes Fundament, auf das sprichwörtlich gebaut werden kann. 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
12 SCHWERPUNKT PERSÖNLICH, DIGITAL ODER AUCH IM STREAM Die Wohnungswirtschaft im Dialog S eit Juni 2021 diskutieren der VdW Rhein- tern aus Wirtschaft und Politik. Im Mittelpunkt bundesweiter Mietendeckel oder -stopp, Kli- land Westfalen und seine Mitgliedsun- der Gespräche stehen die derzeit drängends- maschutz, Energiewende und Dekarbonisie- ternehmen und -genossenschaften in ten wohnungspolitischen Themen: bezahl- rung, neue Wohnungsgemeinnützigkeit und ganz unterschiedlichen Formaten mit Vertre- bares Wohnen, Strategien für mehr Bauland, geförderter Mietwohnungsbau. Guter, klima- effizienter und Quelle: VdW/Agentur Statement Quelle: VdW/Agentur Statement bezahlbarer Der Berliner Quelle: VdW/Agentur Statement Wohnraum bei Mietendeckel ist Bilanz kurz vor Mietenstopps verfassungswidrig – Ende der Legis- und Neuer sind bundesweite laturperiode: Wohnungsge- Mietendeckel und Welche Ziele meinnützigkeit? Mietenstopps wurden in der Wie soll das eine angemessene Baupolitik des funktionieren? Lösung? Bundes erreicht? 9. Juni 2021 14. Juni 2021 15. Juni 2021 Insta-Live-Talk mit Insta-Live-Talk mit Insta-Live-Talk mit MdB Caren Lay (Die Linke) Dr. Jan-Marco Luczak, CDU (MdB) Mechthild Heil, CDU (MdB) 17. Juni 2021 21. Juni 2021 Wohnungspolitische Runde im Rahmen des IfG-Sympo- WohWi-Talk in der „Haselnuss-Siedlung“ der LEG siums Wohnungsgenossenschaften Immobilien SE Quelle: VdW RW Quelle: Heleen Berkemeyer Unter dem Motto „Bezahlbares Wohnen, Baukosten, Mieten- Nordrhein-Westfälischer Blick auf Berlin und die aktuelle stopp“ diskutierten Peter Preuß, MdL (CDU), Aufsichtsratsmit- Debatte: Uwe Eichner, Vorstand der Geschäftsführung der VI- glied der DWG eG, Düsseldorf, Manfred Todtenhausen, MdB VAWEST Wohnen GmbH, Rolf Buch, CEO der Vonovia SE und (FDP), Monika Düker, MdL (Bündnis 90/Die Grünen), und Lars von Lackum, Vorstandsvorsitzender der LEG Immobilien Klaus Mindrup, MdB (SPD), mit VdW-Verbandsdirektor Ale- SE, tauschten sich mit NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach, xander Rychter zu wohnungspolitischen Positionen im Bund Mona Neubaur, Fraktionsvorsitzende der NRW-Grünen und (v. l.) VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter aus 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
BUNDESTAGSWAHL 13 SIE HABEN FRAGEN? WIR HABEN DIE ANTWORTEN! Die Wohnungswirtschaft vor der in ganz Deutschland. Die Frage „Warum sollte Bundestagswahl man nicht einfach die Mieten deckeln oder Bis zur Bundestagswahl am 26. September die Unternehmen vergesellschaften?“, steht 2021 wird sich die Wohnungswirtschaft in ebenfalls im Kern politischer Diskussionen und weiteren Gesprächsformaten zur politischen alltäglicher Gespräche unter Bürgern, um nur Debatte austauschen. Im Nachgang werden zwei Beispiele zu nennen. alle Talks auf dem YouTube-Kanal des Ver- bands zum Anschauen bereitgestellt. Diese alltagsweltlich formulierten Fragen lassen sich nicht in aller Kürze abschließend beantwor- FAQs zur wohnungspolitischen Debatte ten, dafür sind die wohnungswirtschaftlichen Denn die Wohnungswirtschaft steht im und wohnungspolitischen Zusammenhänge Fokus: Der Bereich Wohnen und Mieten be- zu komplex – dennoch stehen diese Fragen im findet sich in diesem Bundestagswahlkampf Raum und bedürfen einer differenzierten Ausei- nach vielen Jahren im Schatten anderer nandersetzung und Einordnung. Themengebiete wieder weit oben auf der politischen Agenda der Parteien. Viele Men- Unter https://www.vdw-rw.de/vdw-rw/bun schen stellen sich Fragen rund um ihre eigene destagswahl-2021.html befindet sich auf der Wohnung. „Werden Wohnungen durch Homepage des VdW Rheinland Westfalen eine len Fragen aus wohnungswirtschaftlicher energetische Modernisierungen und die Ein- Übersicht mit den häufigsten Fragen zu den Perspektive sowie Informationen zu allen führung der CO2-Bepreisung teurer?“, fragen wichtigsten Punkten der wohnungspolitischen weiteren Gesprächsformaten bis zur Bundes- sich viele Mieter, nicht nur in NRW, sondern Debatte und den Antworten auf diese zentra- tagswahl am 26. September 2021. 21. Juni 2021 22. Juni 2021 6. Juli 2021 VdW-Wohnzimmer auf Reisen mit Wohnungspolitische Gesprächs- VdW-Wohnzimmer auf Reisen Rolf Buch, CEO der Vonovia SE runde im Rahmen des 20. mit Wolfram Leibe, Oberbürger- VdW-Forums Wohnungswirtschaft meister der Stadt Trier Quelle: VdW RW Quelle: Roland Baege Quelle: VdW RW Wie soll man bezahlbaren und klimaef- Im digitalen Austausch mit Chris Im Gespräch mit dem Trierer OB Wolf- fizientenWohnraum trotz Forderungen Kühn, MdB (Bündnis 90/Die Grünen), ram Leibe standen kommunale und nach „Mietendeckel, Klimaschutz, Ver- Daniel Föst, MdB (FDP), Bernhard bundespolitische Strategien für mehr gesellschaftung“ schaffen? Das war die Daldrup, MdB (SPD) und Kai Wegner, bezahlbaren Wohnraum im Fokus zentrale Frage des Talks zwischen dem MdB (CDU) wurden die aktuellen CEO der Vonovia SE und und VdW- politischen Positionen aus dem Bund Verbandsdirektor Alexander Rychter diskutiert 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
14 SCHWERPUNKT „Eine Umlegung des CO2 -Preises nach energetischer Gebäudequalität erscheint sinnvoll“ IM GESPRÄCH MIT CHRISTIAN HUTTENLOHER, GENERALSEKRETÄR DES DEUTSCHEN VERBANDES FÜR WOHNUNGSWE- SEN, STÄDTEBAU UND RAUMORDNUNG E. V. (DV) >> Christian Huttenloher ist seit 2009 Generalsekretär des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. (DV). Der Dipl.-Geo- graf beteiligte sich unter anderem maßgeblich an den Handlungsempfehlungen zur Liegenschafts- politik beim Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen des Bundesbauministeriums, an der Erstellung von Handlungsempfehlungen zur energetischen Quartiersentwicklung, an der Begleitung des Stadt-Umland-Wettbewerbes der EU-Strukturfonds in Brandenburg sowie an der Moderation und Durchführung bundesweiter Konferenzen zur Akzeptanz von Wohnungsneubau. Quelle: DV_Michael-Kirsten VM: Im Januar 2021 ist die Christian Huttenloher: Angesichts der Kli- es unverzichtbar, dass die Zuschüsse und Bundesregierung über das Bundes- maschutzziele der Bundesregierung waren Tilgungszuschüsse deutlich erhöht und ein emmissionshandelsgesetz (BEHG) in die CO 2-Emissionen für die Bestandsbe- Bonus für erneuerbare Energien eingeführt die Besteuerung von CO2-Emissionen trachtung bereits vor der Einführung der wurden und alle Eigentümergruppen mit der auch für den Bereich der Wohnge- CO2-Bepreisung wichtig. Die Verteuerung BEG gefördert werden können. Wegen des bäude eingestiegen. Die Steuer ist eine fossiler Emissionen ist nun ein lange not- zeitlichen Vorlaufs der Modernisierungen Konsequenz aus der Klimaschutzge- wendiger Schritt, um erneuerbare Ener- hätte dies früher erfolgen sollen, damit die setzgebung auf der Ebene des Bundes. gieversorgung konkurrenzfähiger zu ma- Branche ihre Investitionsstrategien rechtzei- Für die Wohnungswirtschaft stellt die chen und die Amortisation energetischer tig auf einen künftigen CO2-Preis einstellen Betrachtung der CO2-Emissionen ihrer Modernisierungen zu erhöhen. Allerdings kann. Für die immobilienwirtschaftliche Bestände einen Paradigmenwechsel bringt ein sich kontinuierlich verteuern- Investitionspraxis stellt zudem der ab 2027 dar. Ihre neue Förderung für effiziente der Gas- und Ölpreis ein soziales und wirt- nicht kalkulierbare CO2-Preis ein Problem Gebäude hat der Bund erst im Juli 2021 schaftliches Problem mit sich. Die warmen dar. Hier sollte sich die Branche allerdings gestartet. Die Wohnungswirtschaft ist Wohnkosten in unmodernisierten, fossil darauf einstellen, dass der CO2-Preis deut- ein Wirtschaftsbereich mit langfristigen beheizten Beständen steigen deutlich, für lich über 100 Euro pro Tonne CO2 steigen Investitionszyklen. Wurde hier nicht der warmmietenneutrale Modernisierungen dürfte – Klimaschutzexperten gehen sogar zweite Schritt vor dem ersten gemacht? bleibt aber weiterhin eine teils erhebliche von mindestens 180 Euro aus. Finanzierungslücke. Gerade deshalb war 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
BUNDESTAGSWAHL 15 VM: Bei der Diskussion um die Umlage Christian Huttenloher: Das ist in der Tat zwar ein zusätzlicher Anreiz zu energeti- der CO2-Steuer zeigt sich das Dilemma der politisch wie fachlich stark umstrittene schen Modernisierungen. Allerdings sind der Wohnungswirtschaft zwischen Knackpunkt, für den man vor Einführung der die CO2-Vermeidungskosten dafür deutlich klimapolitischen und sozialpolitischen CO2-Bepreisung eine Lösung hätte finden höher als der bis 2026 absehbare CO2-Preis, Ansprüchen besonders gut. Derzeit müssen. Gerade für einkommensschwächere weshalb eher die Umstellung auf erneuerbare müssen die Mieter die Kosten tragen, Mieterinnen und Mieter sind immer höhere Energien angereizt werden dürfte, z. B. über die CO2-Steuer ist eine verbrauchsab- Heizkosten in unmodernisierten Beständen Wärmepumpen, was wiederum für Mieter hängige Steuer. Je nach politischer ebenso problematisch wie deutlich erhöhte vorerst teurer werden kann. Zudem bleibt die Interpretation sollen die Kosten Kaltmieten nach energetischen Modernisie- Finanzierungslücke zur Warmmietenneutra- aber entweder paritätisch zwischen rungen, durch die sich Energiekosten aber lität bestehen und kann nur mit ausreichend Vermieter und Mieter umgelegt werden nicht im gleichen Maße verringern lassen. Förderung gelöst werden. oder sogar ganz beim Vermieter Das Nutzerverhalten beeinflusst zwar eben- falls den Energieverbrauch, ist aber vor al- VM: Sie haben mit Ihren Handlungsempfeh- verbleiben. Als Argument wird dazu lem für modernisierte Bestände besonders lungen vom Runden Tisch „Neue Impulse die Anreizwirkung zur energetischen relevant. Wird der CO2-Preis teilweise oder für mehr Klimaschutz im Gebäudebestand“ Modernisierung angeführt. Wie beur- ganz auf die Vermieterseite umgelegt, besteht auch Modelle zu einer begrenzten Umlage teilen Sie die Situation? der CO2-Kosten betrachtet. Vor allem in der Wohnungswirtschaft sind diese Modelle Position der Wohnungswirtschaft: Umlage der CO2- positiv aufgenommen worden, weil sie Bepreisung entsprechend des Modernisierungsgrades den bestehenden energetischen Gebäu- dezustand anhand der Effizienzklassen des Gebäudes antizipieren. Auch der Bundesverband Die Lasten, die durch den Klimaschutz entste- erhebliche Investitionen in die energetische GdW hat dieses Modell aufgenommen. Die hen, müssen gerecht verteilt werden. Vermieter, Modernisierung gesteckt haben, derzeit die Gebäudequalitäten in der gemeinwohl- die bereits energetisch modernisiert haben, entsprechenden Kredite tilgen und die ihre Be- orientierten Wohnungswirtschaft sind im müssen gegenüber denjenigen, der dies noch stände nur über Jahrzehnte hinweg entwickeln Wesentlichen in einem guten energeti- nicht getan hat, bessergestellt werden. Da- können. schen Standard. Welche Anreizwirkungen her ist der Regelgeber gehalten, durch kluge versprechen Sie sich von Ihrem Modell Gestaltung eine vernünftige Lastenverteilung Energetisch bereits modernisierte Gebäude, und welche Akteure sehen Sie noch in umzusetzen. Die im Klimaschutzprogramm vor- die weniger als 120 kWh/m²a verbrauchen, der Verantwortung bei der energetischen gesehene Anreizwirkung muss erreicht werden, entsprechen den Energieeffizienzklassen A+,A, Sanierung des Gebäudebestandes? ohne den Gebäudeeigentümern einfach nur er- B und C im GEG. Und zwar umgerechnet vom hebliche Mittel zu entziehen und diese damit in Bezug auf die Nutzfläche in den Bezug auf die Christian Huttenloher: Eine Umlegung die faktische Handlungsunfähigkeit zu treiben. Wohnfläche. Die Gebäude mit dem höchsten des CO2-Preises nach energetischer Gebäu- Energieverbrauch sind diejenigen, welche mehr dequalität erscheint in zweierlei Hinsicht Für energetisch bereits modernisierte Gebäude als 190 kWh/m²a Endenergie pro m² Wohnfläche sinnvoll: Zum einen hätte dies eine höhere darf keine begrenzte Umlagefähigkeit vorge- für Heizung und Warmwasserbereitung benöti- Anreizwirkung für energetische Moderni- sehen werden. Dies wäre eine Bestrafung der gen. Dies entspricht wiederum den Energieeffi- sierungen. Vermieter unsanierter Bestände Gebäudeeigentümer, die Portfolien bewirtschaf- zienzklassen F, G und H im GEG. GdW/AT mit Instandsetzungsbedarf würden durch ten, in die sie in den vergangenen 25 Jahren den hohen Anteil an den CO2-Kosten stär- ker zur Modernisierung angeregt, was aber wirtschaftlich nur in Verbindung mit der < 120 kWh/m2a > 190 kWh/m2a mittlerweile verbesserten Förderung funkti- oniert. Zum anderen würden weder Mieter in unsanierten Beständen noch Eigentümer 0 120 190 von neuen oder modernisierten Beständen durch die CO2-Steuer „bestraft“, die beide selbst wenig zur Vermeidung der CO2-Kos- 40 % ab 2024 ten beitragen können. Dies würde für alle 0% Gebäudeeigentümer ein weitaus stärkeres 40 % ab 2027 80 % ab 2027 Signal senden, bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, als eine „ein- fache“ Halbierung des CO2-Preises. Dafür Quelle: eigene Darstellung nach GdW müsste aber nun so schnell wie möglich, aber Die prozentualen Angaben zeigen den Anteil der Vermieter an den Kosten der auch so sorgfältig wie nötig eine praktisch CO2 -Bepreisung: Vermieter von energetisch bereits modernisiertem Wohnraum dürfen umsetzbare und rechtssichere Systematik nicht pauschal belastet werden, für alle anderen werden Anreize gesetzt, in die Energie- für die Bewertung des Gebäudebestandes effizienz der Wohngebäude zu investieren erarbeitet und eingeführt werden, wozu es einige komplexe Aspekte zu lösen gilt. 07 – 08/2021 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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