Vom Drunter und Drüber - Verband der Restauratoren VDR

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Vom Drunter und Drüber - Verband der Restauratoren VDR
Te chn i ke n de r Archä o l o g i sch en S p urensich er ung
Wir gestalten die Zukunft der Restauratoren.
                                               Vom Drunter und Drüber
Besuchen Sie uns unter                             7. Fachtagung der Fachgruppe
www.restauratoren.de                               Archäologische Ausgrabung

                                                                                  Vom 13.–16. April 2016
                                                                                  in der Hochschule für Technik und Wirtschaft
                                                                                  HTW Berlin, Campus Wilhelminenhof
Herausgeber
Verband der Restauratoren e.V.
Haus der Kultur                                                                                    Lage des Tagungsgebäudes G, Campus Wilhelminenhof © HTW Berlin
Weberstraße 61
53113 Bonn
Telefon (02 28) 92 68 97-0
Telefax (02 28) 92 68 97-27
e-mail: info@restauratoren.de
www.restauratoren.de
www.facebook.com/restauratoren.de

Vorbereitungsteam
der Fachgruppe
Archäologische Ausgrabung
im VDR
Matthias Rummer
Jona Schlegel
Dipl. Ing. (FH) Christof Schubert

Redaktion, Koordination, Satz
VDR-Geschäftsstelle

                                    Titelfoto: Geomagnetische Aufnahme, Fotomontage © HTW Berlin
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

   Vom Drunter und Drüber
Techniken der Archäologischen Spurensicherung

     Programm und
     Zusammenfassung der Vorträge

     7. Tagung
     der Fachgruppe
     Archäologische Ausgrabung
     im Verband der Restauratoren (VDR) e.V.

     13.-16. April 2016, HTW Berlin

Eine Veranstaltung des Verbandes der Restauratoren (VDR) e.V. auf freundliche Einla-
dung und mit Unterstützung der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin –
Studiengang Konservierung Restaurierung / Grabungstechnik.

                                    Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      1
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung    2016

                Inhalt
                Vorwort ...................................................................3
                Veranstaltungshinweis ...............................................3
                Programm ................................................................4
                Zusammenfassung der Vorträge und Workshops ...........7
                Referenten ...............................................................22

Wir danken den Institutionen Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, Deutscher Verband für
Archäologie DVA und Landesamt für Archäologie Sachsen für die freundliche Unterstützung, Brandenburgi-
sches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum BLDAM für die freundliche Unter-
stützung bei der Organisation der Exkursionsführung sowie dem Freundeskreis des Museums für Vor- und
Frühgeschichte (FAGUA e.V.) für die freundliche finanzielle Unterstützung.

Den Firmen Arcontor, Faro und Sensys danken wir für die freundliche finanzielle Unterstützung.

                                                              Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      2
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

Vorwort

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Gäste,

zum 7. Mal kann die Fachgruppe Archäologische Ausgra-
bung im Verband der Restauratoren ihre bundesweite Ta-
gung veranstalten, im Jahr 2016 auf Einladung und mit
freundlicher Unterstützung der HTW Berlin und mehrerer
Institutionen und Firmen. Diese Einladung wurde gerne
angenommen. Denn die HTW Berlin repräsentiert einen Ort,
an dem im Studiengang Konservierung Restaurierung /
Grabungstechnik der Umgang mit und der Einsatz für ar-
chäologisches Kulturgut hervorragend erlernt werden kann.
Diese besonderen Fähigkeiten sind heute so notwendig wie
vielleicht nie zuvor in einer Welt, in der täglich archäologi-
sche Stätten durch Bodeneingriffe, Naturereignisse und
bewaffnete Konflikte Schaden nehmen. Wo wäre ein Kon-
gress zum Thema Ausgrabung besser aufgehoben als in
Berlin, das dank seiner kulturellen Einrichtungen auch als
Hauptstadt der Feldarchäologie angesehen werden kann.

Im Jahr 2016 feiern wir ein Jubiläum: Die Arbeit der gra-
bungstechnischen Fachgruppe begann 1956 in der Arbeits-
gemeinschaft des technischen Museumspersonals ATM.
Ganz gleich wie man unseren Beruf heute sieht. Seit Jahr-
zehnten übernehmen Grabungstechnikerinnen und Gra-
bungstechniker komplexe Aufgaben für das unwiederbring-
liche archäologische Erbe und waren in den aufeinanderfol-
genden Verbänden ATM – AdR – VDR immer vertreten.

In diesen 60 Jahren wurden von der Fachgruppe in eigener
Regie 11 mehrtägige Tagungen zum Themenschwerpunkt
Ausgrabung organisiert. Dies lässt nicht nur Kontinuität
erkennen sondern zeigt auch, wie diese Arbeit durch alle
Ebenen der Archäologie wohlwollend unterstützt wurde und
wird. Das ist – in Zeiten, die nicht immer rosig sind – be-
merkenswert. Und ein schöner Anlass, um allen Menschen,
Institutionen und Sponsoren zu danken, welche uns seit-
dem begleitet haben. Nicht zuletzt wird dies ermöglicht
durch den Verband der Restauratoren, dessen Motto
„Schutz und Erhalt von Kunst und Kulturgut“ eine Aufgabe
beschreibt, die es auch über die kommenden Jahrzehnte
hinaus zu erfüllen gilt.

Damit wünsche ich allen Tagungsgästen einen angenehmen              Veranstaltungshinweis:
Aufenthalt in Berlin – Oberschöneweide.                             Die Firmen Arcontor, Faro und Sensys
                                                                    informieren über ihre Produkte außerhalb
                                                                    der Vortragszeiten im Foyer des Tagungs-
Matthias Rummer, Fachgruppensprecher                                gebäudes G.

                                                                   

                                                      Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      3
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

Programm                                                   14.30 Uhr Olaf Reineke, Julian Schierenbeck,
                                                                     Thomas Schenk
                                                                     Hephaistos auf der Spur - Nachweis
                                                                     von Eisenverarbeitung mittels Bo-
• Mittwoch, 13.04.2015                                               denproben.

                                                           ...............
10.00 Uhr Öffnung des Tagungsbüros
          in der HTW Berlin, Campus Wilhel-                15.00 Uhr Thomas Schenk, Jonas Sack
          minenhof, Wilhelminenhofstr. 75a,                          Automatisierte Erstellung von 3D-
          Foyer Gebäude G                                            Polygonen in der Grabungsvermes-
                                                                     sung.
..............
                                                           ...............
11.00 Uhr Begrüßung und Grußworte
                                                           15.30 Uhr Jens May, Sophie Heisig
                 Prof. Dr. Matthias Knaut                            Die „Steingrubenreihe“ am „Königs-
                 Vizepräsident für Forschung und In-                 grab“ von Seddin. Zum Stand der
                 ternationales, HTW Berlin                           Dokumentationen und Interpretatio-
                                                                     nen.
                 Prof. Dr. Matthias Wemhoff                ...............
                 Museumsdirektor und Landesarchäo-
                 loge Berlin                               16.00 Uhr Kaffeepause
                                                                     von dort geführter Übergang zum
                 Prof. Dr. Franz Schopper                            Rundgang
                 Museumsdirektor und Landesarchäo-         ...............
                 loge Brandenburg
                                                           16.30 – 18.30 Uhr
                 Dr. Jan Raue                                        Rundgang durch die HTW Berlin
                 Präsident des Verbandes der Restau-       ...............
                 ratoren VDR
                                                           19.00 Uhr Abendempfang des VDR

                 Prof. Dr. Thomas Schenk                                     (Nur mit Anmeldung)
                 Studiengang Konservierung und Res-
                 taurierung / Grabungstechnik HTW
                 Berlin                                    • Donnerstag, 14.04.2015
..............

Moderation: Matthias Rummer                                08.30 Uhr Öffnung des Tagungsbüros
                                                                     in der HTW Berlin, Campus Wilhel-
..............
                                                                     minenhof, Wilhelminenhofstr. 75a,
11.30 Uhr Matthias Knaut                                             Foyer Gebäude G
          Grabungstechnik- und Restaurie-
                                                           ...............
          rungsstudium im Kontext eines „Cul-
          tural Heritage Network“ Ausgangsla-              Moderation: Thomas Schenk
          ge und Perspektiven.
                                                           ...............
..............
                                                           09.00 Uhr Marika Emonds, Fred Ruchhöft
11.30 Uhr Matthias Wemhoff                                           Herausforderungen am Abgrund. Die
          Archäologie in der Hauptstadt.                             neuen Ausgrabungen am Kap Ar-
                                                                     kona.
..............
                                                           ...............
12.45 Uhr Gruppenfoto
                                                           09.30 Uhr Bernhard Ludwig
..............
                                                                     Die Pergamongrabung als archäolo-
13.00 Uhr Mittagspause                                               gisches Großprojekt - Herausforde-
                                                                     rungen der (grabungs) technischen
..............
                                                                     Leitung.
Moderation: Jona Schlegel
                                                           ...............
..............

                                                        Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      4
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung     2016

10.00 Uhr Wolfgang Neubauer                            Moderation: Hans Lang
          Das Stonehenge Hidden Landscapes
                                                       ...............
          Project.
                                                       16.30 Uhr Hermann Menne
...............
                                                                 Grabungsfotos ohne ‚drunter und
10.30 Uhr Kaffeepause                                            drüber‘ – von analogen und digitalen
                                                                 Welten.
...............
                                                       ...............
Moderation: Hermann Menne
                                                       17.00 Uhr Helmut Stickl
...............
                                                                 ATM - AdR – VDR. 60 Jahre Tagun-
11.00 Uhr Matthias Paulke                                        gen zur Grabungstechnik.
          Ein römisches Dosenschloss aus dem
                                                       ...............
          Vicus von Mamer-Bartringen (Lu-
          xemburg) – Bergung, restauratori-            17.30 Uhr offene VDR Fachgruppensitzung
          sche Versorgung, Untersuchung und
                                                       ...............
          digitale Rekonstruktion.
                                                       19.00 Uhr Abendvortrag
...............
                                                                         Rainer Bartels M.A.
11.30 Uhr Lukas Fischer
                                                                         Schmölln 46. Ein mehrphasiger Kult-
          GIS, CAD und 3D. Passt das zusam-
                                                                         und Bestattungsplatz in der Ucker-
          men?
                                                                         mark.
...............
                                                       Einführung: Prof. Dr. Thomas Schenk
12.00 Uhr Gianpiero di Maida
          3D-Dokumentation von spätglazialer
          Felskunst aus Sizilien: die Höhlen
          von Levanzo und Addaura.                     • Freitag, 15.04.2014
...............
                                                       08.30 Uhr Öffnung des Tagungsbüros
12.30 Uhr Mittagspause                                           in der HTW Berlin, Campus Wilhel-
...............                                                  minenhof, Wilhelminenhofstr. 75a,
                                                                 Foyer Gebäude G
Moderation: Tilman Wanke
                                                       ...............
...............
                                                       Moderation: Janet Schramm
14.00 Uhr David Bibby
          Survey2GIS – Eine flexible Open-             ...............
          Source-Lösung für den Transfer von           09.00 Uhr Marina Gerhards, Julia Hammer-
          Vermessungsdaten zu GIS.                               schmied, Alexandra Jeberien
...............                                                  Block oder nicht Block – Das ist kei-
                                                                 ne Frage! Wieso eine Bergung im
14.30 Uhr Hans Lang                                              Block an archäologischen Gläsern
          Survey2GIS-2CAD oder wie?                              Standard sein sollte.
...............                                        ...............
15.00 Uhr Gunnar Nath                                  09.30 Uhr Alexandra Jeberien, Olga Emgrund
          AISBer (Archäologisches Informati-                     Das Waldglas Projekt - Präventive
          onssystem Berlin).                                     Maßnahmen der Fundbergung und
...............                                                  Fundversorgung an archäologischen
                                                                 Gläsern.
15.30 Uhr Luka Bekić, Roman Scholz
          Fotobasierte Dokumentationsmetho-            ...............
          den in der limnischen und maritimen          10.00 Uhr Matthias Blana
          Archäologie.                                           Die Bergung von Scherbenteppichen
...............                                                  unter Erhalt der Zusammenhänge.

16.00 Uhr Kaffeepause                                  ...............

...............                                        10.30 Uhr Kaffeepause

                                                       ...............

                                                    Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre        5
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung     2016

Moderation: Jan Geidner                                09.30 Uhr Dagmar Fritzsch
                                                                 Mikromorphologie an Bodendünn-
...............
                                                                 schliffen – Spurenlesen im „Dreck“
11.00 Uhr Tatjana Held, Petra Herold, Matthias                   der Kulturen.
          Rummer
                                                       ...............
          Das Beste kommt zum Schluss:
          Mehrphasige Siedlungsbefunde mit             10.00 Uhr Toralf Kahl, Swen Heinermann
          Bestattung und Gefäß der frühen                        Mehr Drunter als Drüber: Mit Groß-
          Bronzezeit in Schkeuditz, Lkr. Nord-                   gerät an die polizeiliche Spurensiche-
          sachsen.                                               rung.

...............                                        ...............

11.30 Uhr Bettina Jungklaus                            10.30 Uhr Kaffeepause
          Mehr als blanke Knochen – Anthro-
                                                       ...............
          pologen auf der Ausgrabung.
                                                       Moderation: Mitglieder der Fachgruppe
...............
                                                       ...............
12.00 Uhr Tim Schüler
          Drüber steht ein Residenzschloss             11.00 Uhr Eckhard Laufer
          und was ist drunter? Kombination                       Raubgrabungen und illegaler Anti-
          von geophysikalischen Prospekti-                       kenhandel.
          onsmethoden zur zerstörungsfreien
                                                       ...............
          Erkundung von Baustrukturen unter
          dem Residenzschloss-Areal von                11.30 Uhr Agnes Rahm
          Weimar.                                                Der Nachlass: Was am Ende übrig
                                                                 bleibt…
...............
                                                       ...............
12.30 Uhr Mittagspause
                                                       12.00 Uhr Ende der Tagung
...............

14.00 Uhr Exkursion ins Germanendorf Klein
          Köris / Brandenburg (nur mit Anmel-
          dung).

...............

19.15 Uhr Offenes Treffen des Arbeitskreises
          Grabungstechnik, Gebäude A, Raum
          001

• Samstag, 16.04.2014

08.30 Uhr Öffnung des Tagungsbüros
          in der HTW Berlin, Campus Wilhel-
          minenhof, Wilhelminenhofstr. 75a,
          Foyer Gebäude G

...............

Moderation: Christof Schubert

...............

09.00 Uhr Johann Friedrich Tolksdorf
          „Spurensicherung“ in Bergbauregio-
          nen. Erfahrungen und Perspektiven
          zur transdisziplinären Erforschung
          bergbaulicher Aktivitäten aus dem
          Erzgebirge (Sachsen und Böhmen).

...............

                                                 Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      6
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung      2016

Zusammenfassung der Beiträge

Grabungstechnik- und Restaurie-                            Archäologie in der Hauptstadt.
rungsstudium im Kontext eines 'Cul-                        Prof. Dr. Matthias Wemhoff
tural Heritage Network' Ausgangslage
und Perspektiven.                                          Die Archäologie in Berlin steht vor besonderen Her-
                                                           ausforderungen. Die wachsende Stadt benötigt neue
Prof. Dr. Matthias Knaut                                   Bauflächen an den Stadträndern, verdichtet die Be-
                                                           bauung in vielen Bezirken und erschließt die histori-
Sogenannte 'Kleine Fächer', zu denen neben den
                                                           sche Mitte der Stadt neu. Eine große Zahl von Aus-
Archäologien auch diverse andere geisteswissen-
                                                           grabungen ist daher unabweisbar notwendig. Neben
schaftliche Disziplinen an den deutschen und inter-
                                                           großflächigen Untersuchungen in vor- und frühge-
nationalem Universitäten gehören, gibt es auch an
                                                           schichtlichen Siedlungsarealen liegt ein Schwerpunkt
den einschlägigen Hochschulen für Angewandte Wis-
                                                           auf der mittelalterlichen und neuzeitlichen Stadt.
senschaften (HAW) wie heute üblicherweise die
                                                           Großgrabungen im Bereich des Schlosses, des Pet-
ehemaligen Fachhochschulen bezeichnet werden.
                                                           riplatzes und des Rathauses haben für die Grün-
Hierzu gehören Grabungstechnik und Restaurierung           dungsphase und die Genese der Stadt weitreichende
mit ihren geringen Studierendenzahlen und damit            neue Erkenntnisse gebracht. Aber auch das 20.
einhergehend den nur wenigen Professuren. Diese            Jahrhundert bildet ein großes Aufgabenfeld, das von
'Kleinen Fächer' sind im Rahmen der Kulturhoheit           den Stätten des Nationalsozialismus bis zur Berliner
der sechzehn deutschen Bundesländer mit (mehr              Mauer reicht. Die Berliner Bodenfunde werden im
als) sechzehn Denkmalämtern und Denkmalschutz-             Museum für Vor- und Frühgeschichte verwahrt und
gesetzen und der Autonomie der mehr als 300                zum Teil im Neuen Museum präsentiert.
Hochschulen bundesweit nicht sehr gut vernetzt.
Hier liegen somit strukturelle Rahmenbedingungen
vor, die diese Fächer an ihren Institutionen und in
der politischen Landschaft schwächen. Gleicherma-
ßen verletzlich ist auch die Perspektive für die Be-
rufsfelder, dies in besonderem Maße als wir heute
'eigentlich' mindestens in einem 'Europäischen For-
schungs- und Wissenschaftsraum' (ERA) agieren,
wenn nicht schon in einem globalisierten.
Anfragen aus dem Ausland (auch aus dem Inland!)
an unsere 'Kleinen Fächer' in Deutschland werden
immer mehr und steigen in diesen krisenhaften Zei-
ten noch einmal rapide an. Die Hochschulen werden
einzeln konfrontiert mit zahlreichen Unterstützungs-
anfragen, ebenso mit Kooperationsanfragen in For-
schung, Aus- und Weiterbildung bis hin zu Expertise
beim Wiederaufbau von Verwaltung und vielem
mehr. Viele der traditionellen Forschungsprojekte
erhalten heute eine 'Third Mission' bei der es sich
u.a. um Capacity Building, Einbindung lokaler Kräfte,
Kooperationen mit Unternehmen und nachhaltige
Effekte handelt.
Oft ist der einzelne Studiengang, das einzelne Insti-
tut an einer Hochschule damit überfordert. Obwohl
der Bedarf gesehen wird, fehlen Kapazitäten, Kom-
petenzen und Mittel, um in vielen Fällen aktiv wer-
den zu können.
Wie sind wir heute und in der Zukunft für diese Situ-
ation gerüstet? Welche Institutionen oder Netzwerke
können dafür aufgebaut oder gestärkt werden? Wie
meistern wir die zunehmenden interdisziplinären
Anforderungen, die an uns und unsere Projekte her-
angetragen bzw. von ihnen abverlangt werden?

                                                        Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      7
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

Hephaistos auf der Spur - Nachweis                      Automatisierte Erstellung von 3D-
von Eisenverarbeitung mittels Boden-                    Polygonen in der Grabungsvermes-
proben.                                                 sung.
Olaf Reineke, Julian Schierenbeck, Prof. Dr.            Prof. Dr. Thomas Schenk, Jonas Sack
Thomas Schenk
                                                        Die von Hand ausgeführte zeichnerische Grabungs-
Auf archäologischen Grabungen ist die Entnahme          dokumentation auf Millimeterpapier tritt angesichts
von Bodenproben gängige Praxis und zumeist ver-         rasanter technologischer Entwicklungen mehr und
binden sich damit konkrete Fragen. Während organi-      mehr in den Hintergrund. Zu der seit vielen Jahren
sche Makroreste Rückschlüsse auf die Umwelt und         etablierten, rein tachymetrischen Aufnahme, teils
die Ernährungsgewohnheiten erlauben, können             durch spezielle Softwarelösungen unterstützt, haben
Phosphatkonzentrationen Anhaltspunkte zu speziel-       sich längst die Methoden der 3D-Photogrammetrie
len Nutzungsbereichen liefern, beispielsweise zur       als fester Bestandteil hinzugesellt. Bei der digitalen
Lage von Stallungen. Weniger verbreitet ist die Su-     Dokumentation kann also grob zwischen vektorba-
che nach Rückständen der Eisenverarbeitung, dem         sierten und pixelbasierten Aufnahmeverfahren un-
sogenannten Hammerschlag oder Zunder, obwohl            terschieden werden. Beide Verfahren werden sinn-
einige Grabungsrichtlinien auf dieses Phänomen          vollerweise auch in Kombination eingesetzt. Wäh-
hinweisen. Diese Magnetit-Partikel entstehen bei der    rend jedoch die vektorbasierte Aufnahme bereits die
Aufbereitung des Roheisens und beim Schmieden           Ansprache von Befundgrenzen und Schichtverläufen
von Werkstücken. Sie sind relativ klein und werden      beinhaltet, muss deren Interpretation aus den
im Grabungsgeschehen nur selten registriert.            Punktwolken, 3D-Netzen oder aus berechneten Or-
                                                        tho-Fotos mit sehr viel Mühe abgeleitet werden.
Die Studiengänge Grabungstechnik und Land-
                                                        Dieser Schritt ist noch immer notwendig, um Über-
schaftsarchäologie der HTW Berlin untersuchen der-
                                                        sichts- und Phasenpläne erzeugen zu können.
zeit zwei Fundstellen im Land Brandenburg, bei de-
                                                        Schließlich sollten die Grabungsergebnisse irgend-
nen sich die Existenz von Schmiedewerkstätten aus
                                                        wann zwischen zwei Buchdeckeln erscheinen.
vorangegangenen Beobachtungen und Prospekti-
onsmaßnahmen vermuten lässt. Proben aus dem             Die tachymetrische Aufnahme von Befunden mit
Oberboden wurden jeweils systematisch im Raster         Einzelmessungen wird oft als zeitintensiv empfun-
entnommen und unterschiedliche Vorgehensweisen          den, vor allem dann, wenn die Konturen sehr kom-
bei der Extraktion und Reinigung der mikroskopisch      plex sind und detailliert wiedergegeben werden sol-
kleinen Magnetit-Partikel getestet. Eine anschließen-   len. Mit Nostalgie wird manch einer an das Trigo-
de Mengenkartierung ermöglichte es, die Schmiede-       mat-System von Friedrich Balck zurückdenken, das
plätze näher einzugrenzen.                              die Aufnahme von 3D-Polygonen ermöglichte. Doch
                                                        mit modernen Tachymetern lassen sich diese eben-
                                                        falls erzeugen. Vorgestellt wird die Nutzung eines
                                                        mit hoher Messfolge arbeitenden Robotik-
                                                        Tachymeters mit frei definierbaren Punktabständen,
                                                        dessen Bedienung mit Fernsteuerung und umgebau-
                                                        tem 360°-Prisma von einer Person allein vorge-
                                                        nommen werden kann.

                                                    Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      8
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

Die „Steingrubenreihe“ am „Königs-                       Herausforderungen am Abgrund. Die
grab“ von Seddin. Zum Stand der Do-                      neuen Ausgrabungen am Kap Arkona.
kumentationen und Interpretationen.                      Marika Emonds, Dr. Fred Ruchhöft
Dipl. Prähist. Jens May, Sophie Heisig
                                                         Die 1168 von den Dänen zerstörte slawische Tem-
                                                         pelburg Arkona liegt auf einem exponierten, zwi-
Nur knapp 55 m nördlich des Fußes des Seddiner
                                                         schen 40 und 50 m hohen Kliff an der Nordspitze der
Großgrabhügels liegen etwa 150 Gruben auf einer
                                                         Insel Rügen. Der jährlich bis zu 0,3 m starke Küs-
unregelmäßigen Linie mit ca. 290 m Länge im Un-
                                                         tenrückgang hat bereits mehr als die Hälfte der Burg
tergrund verborgen. Die Ausdehnung und der Ver-
                                                         zerstört. Seit 2012 führt das Landesamt für Kultur
lauf der Reihe wurden durch geomagnetische Mes-
                                                         und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern wie-
sungen erfasst und durch archäologische Teilunter-
                                                         der Rettungsgrabungen durch, um dem absehbaren
suchungen bestätigt. Die Gruben enthalten in aller
                                                         Verlust weiterer archäologischer Substanz zuvorzu-
Regel nur Steine, die Spuren von Feuereinwirkungen
                                                         kommen. Die Untersuchungen finden auf den akut
aufweisen. Ein Teil der Gruben wurde noch während
                                                         durch Erosion gefährdeten Flächen statt, wodurch
oder kurz nach der Errichtung des Großgrabhügels
                                                         sich besondere Herausforderungen an das Gra-
im 9. Jh. BC angelegt. Damit ist ein räumlicher, zeit-
                                                         bungsteam und an die Grabungsmethodik ergeben:
licher und inhaltlicher Zusammenhang zwischen
                                                         Einerseits ist rasches Vorgehen geboten, anderer-
beiden Objekten wahrscheinlich. Grubenreihen stel-
                                                         seits erfordert die Bedeutung des Bodendenkmals
len ein interessantes und weit verbreitetes Phäno-
                                                         höchste Sorgfalt. Der Einsatz von Technik ist kaum
men der jüngeren Bronzezeit dar. Von der For-
                                                         möglich, weil mehr als 90% aller Metallfunde in der
schung werden die Befunde überwiegend als „Brenn-
                                                         Humusschicht, einem alten Ackerboden, liegen. Der
, Koch- oder Gargruben“ gedeutet. Eine solche Deu-
                                                         Maschineneinsatz beschränkt sich deshalb auf den
tung ist für Seddin unwahrscheinlich. Deshalb wur-
                                                         Abtrag der Rasensoden und das Verschließen der
den in den vergangenen Jahren der Blick auf die
                                                         Flächen. Die Bodenverhältnisse, u. a. der bei Tro-
Befunde geschärft und die Dokumentationsmetho-
                                                         ckenheit bemerkenswert harte Mergel und selten
den verfeinert.
                                                         sicher auszumachende Befundkonturen, erschweren
Anhand einer exemplarischen Ausgrabung und Do-           die Arbeit wesentlich. Große Mengen Boden sind zu
kumentation zweier ausgewählter Gruben wurden            sieben oder zu schlämmen, der Einsatz des Metall-
die Befunde in Hinblick auf Errichtungsvorgang und       detektors zur Bergung kleinster Metallfragmente wie
Entstehungsszenario untersucht. Zentrale Fragen          Hacksilber (bis ca. 0,2 g) und eiserner Ringbrünnen
waren dabei die nach einer intentionellen Anordnung      ist unabdingbar. Zur Minderung des Gefahrenpoten-
der Steine in der Grube, sowie deren Zustand zum         tials kommt für die Arbeit in den Bereichen unmit-
Zeitpunkt der Verfüllung. Eine äußerst praktikable       telbar an der Kliffkante eine professionelle Siche-
Dokumentationsmethodik stellte die digitale Nahbe-       rungseinrichtung zum Einsatz. Als problematisch
reichsphotogrammetrie unter Einsatz des Structure-       erwiesen sich die unzureichenden Dokumentationen
from-Motion-Verfahrens dar. Ziel war eine dreidi-        der Altgrabung der 1990er Jahre; bei den aktuellen
mensionale Rekonstruktion der Gruben als Grundla-        Grabungen wurden mehrere nur unvollständig ge-
ge weitere Informationsgewinnung. Die Grabungs-          grabene Flächen entdeckt, die noch wichtige Befun-
methodik richtete sich nach den Anforderungen bzw.       de und Funde enthielten. Außer den technischen
Möglichkeiten der Nahbereichsphotogrammetrie. So         Besonderheiten der Grabung wird auch erläutert,
wurden die Befunde im Negativ ergraben und ein-          welche Möglichkeiten sich ergeben, wenn die Aus-
zelne, künstlich definierte Lagen photogrammetrisch      wertung historischer Bildquellen mit dem Einsatz
aufgenommen. Diese können nach der Prozessie-            moderner Dokumentationstechniken kombiniert
rung der Daten zu einem Gesamtmodell zusammen-           wird.
gesetzt werden. Die erstellten Modelle bieten eine
breite Möglichkeit der Auswertung. Positionen ein-
zelner Steine sowie die Stufen der Freilegung kön-
nen rekonstruiert und visualisiert werden. Die Gene-
rierung beliebiger Profilansichten ermöglicht zudem
eine „virtuelle Ausgrabung“ um Fragen im Hinblick
auf den Errichtungsvorgang nachzugehen.

                                                     Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      9
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

Die Pergamongrabung als archäologi-                    Das Stonehenge Hidden Landscapes
sches Großprojekt - Herausforderun-                    Project.
gen der (grabungs) technischen Lei-                    Prof. Dr. Wolfgang Neubauer
tung.
                                                       Stonehenge ist das wohl weltweit berühmteste prä-
Bernhard Ludwig M. Sc.                                 historische Monument, das jedes Jahr über eine
                                                       Million Besucher anzieht. Der Steinkreis von Ston-
An der türkischen Westküste befindet sich eine der     ehenge steht aber nicht isoliert, sondern ist einge-
bedeutendsten Stätten der Antike, die Ruinen der       bunden in eine rituelle Landschaft welche über Jahr-
Metropole von Pergamon. Große Bekanntheit erlang-      tausende bedeutungsvoll war und seit 1986 zum
te der Ort Ende des 19. Jahrhunderts durch die Ent-    Weltkulturerbe zählt.
deckung des Pergamonaltars. Im Anschluss daran
wurden zahlreiche Unternehmungen zur Erforschung       Im Rahmen des „Stonehenge Hidden Landscapes
der Stätte durchgeführt. Nach nun über 135 Jahren      Projects“ unter der Leitung des Ludwig Boltzmann
systematischer Forschungs- und Ausgrabungsarbei-       Instituts für archäologische Prospektion und Virtuelle
ten entwickelt sich die Pergamongrabung zu einem       Archäologie (LBI ArchPro) und der Universität Bir-
internationalen und interdisziplinären Forschungs-     mingham wurde ein Gebiet von annähernd 20 km²
zentrum, das durch die Abteilung Istanbul des Deut-    mit zerstörungsfreien Methoden untersucht. Ziel ist
schen Archäologischen Instituts geleitet wird. Seit    es das zentrale Steinmonument in Zusammenhang
2014 stehen Pergamon und sein Umland als Welt-         mit seiner Landschaft zu stellen und sowohl die
kulturerbe auf der Unesco-Welterbeliste.               obertägige noch sichtbaren Monumente als auch die
                                                       im Untergrund verborgenen archäologischen Über-
In der Grabungs- und Survey-Kampagne 2015 ar-          reste erstmals nach Jahrtausenden wieder sichtbar
beiteten über gut zwei Monate hinweg insgesamt         zu machen. Dazu wurde die Landschaft rund um den
etwa 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus zahl-    Steinkreis mit 3-D Laserscanner hoch genau doku-
reichen Fachrichtungen zu unterschiedlichen Projek-    mentiert und ein hochauflösendes DGM erstellt. Das
ten in und um Pergamon. Ein solches Großprojekt        Gebiet wurde innerhalb von vier Jahren mit magne-
stellt daher nicht zuletzt besonders hohe Anforde-     tischen Prospektions- und Bodenradarmessungen
rungen an die technische Leitung, die die klassische   untersucht, wodurch erstmals ein Gesamtüberblick
Tätigkeit des Grabungstechnikers im Hinblick auf       über die kulturelle Hinterlassenschaft in der Land-
Planung, Organisation und Durchführung der Arbei-      schaft von Stonehenge vorliegt.
ten einschließt.
                                                       Die magnetischen Messungen erfolgten mit motori-
Im Vortrag werden einige der Herausforderungen         sierten Multisensorsystemen mit einer Auflösung von
dargestellt, denen ein Grabungstechniker/ Ausgra-      25x12.5 cm, die den Nachweis für zahlreiche bisher
bungsingenieur innerhalb eines internationalen und     unbekannte Monumente, Flursysteme, Gräberfelder
interdisziplinären Großprojektes begegnet und die es   und zahlreiche überraschende Details zu bereits
zu bewältigen gilt. Weiterhin werden neben den         bekannten Monumenten erbrachten. Die Bodenra-
Methoden und Verfahren der unterschiedlichen Fach-     darmessungen, die mit Auflösungen von 4x8 cm und
richtungen auch die derzeit angewandten grabungs-      5x25 cm mit motorisierten Multiantennensystemen
technischen Methoden zur bestmöglichen Sicherung       vorgenommen wurden, erbrachten hochauflösende
der archäologischen Spuren vorgestellt.                dreidimensionale Daten, in denen sich bisher unge-
                                                       ahnte Details erkennen lassen.
                                                       Neben kleineren Henges mit Holzstrukturen in ihrem
                                                       Inneren, die in die Zeit vor dem Steinmonument
                                                       datieren oder aus Holz errichteten Kollektivgräbern
                                                       hat vor allem die Untersuchung des größten Henges,
                                                       Durrington Walls, 2600-2500 BC nur 3 km von
                                                       Stonehenge entfernt errichtet, wesentliche neue
                                                       Erkenntnisse gebracht. Trotz zahlreicher großer
                                                       Grabungsprojekte in der Vergangenheit konnten erst
                                                       durch die großflächigen Radarmessungen unter dem
                                                       monumentalen Wall, der ein Areal von 20 Hektar
                                                       umschließt, an die 200 große Gruben entdeckt wer-
                                                       den. Diese Gruben dienten zur Fundamentierung
                                                       einer langen Reihe von Monolithen. Einzelne der
                                                       Monolithen des ursprünglichen Monuments liegen
                                                       noch unter dem Wall begraben und haben die Di-
                                                       mension der Steine des äußeren Steinkreises von
                                                       Stonehenge. Diese Entdeckung wirft ein neues Licht
                                                       auf die Geschichte von Stonehenge und seiner Land-
                                                       schaft.

                                                    Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      10
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

Ein römisches Dosenschloss aus dem                     GIS, CAD und 3D. Passt das zusam-
Vicus von Mamer-Bartringen                             men?
(Luxemburg) – Bergung,                                 Lukas Fischer
restauratorische Versorgung,
                                                       Die Möglichkeiten der Informatik haben zu einer
Untersuchung und digitale                              großen Diversität der Dokumentationsmetoden ge-
Rekonstruktion.                                        führt. Liegt der Schwerpunkt ergrabener Befunde
                                                       auf komplexer Stratigrafie, auf Mehrphasigkeit oder
Matthias Paulke                                        muss ich komplexe geometrische Strukturen Abbil-
                                                       den? Zahlreiche Softwarelösungen und Formate sind
Römische Dosenschlösser bilden ein beeindrucken-       für die Archäologie im Einsatz. Manche sprechen von
des Zeugnis provinzialrömischer Handwerkskunst.        einem „Drunter und Drüber“. Gerade wenn man mit
Sie gelten als Vorläufer heutiger Vorhängeschlösser    dreidimensionalen Daten arbeiten möchte braucht
und verriegelten mittels eines Bügels oder einer       man jedoch eine Hybrid-lösung.
Kette. Mit der Vorstellung eines Neufundes aus dem
gallo-römischen Vicus von Mamer-Bartringen wird        Aufgrund dieser Umstände wurde das Projekt GeO-
erstmals ein Objekt dieser Fundgattung aus Luxem-      SurveyTool ins Leben gerufen. Das Programm läuft
burg präsentiert. Die rasche restauratorische Ver-     als Add-on über die Open-Source Plattform Blender.
sorgung und Aufbewahrung ermöglichte es, das           Bereits jetzt kann damit live mit einem Tachymeter
vollständig erhaltene Dosenschloss mittels Compu-      vermessen werden. Blender ist auch für die Animati-
tertomographie zu untersuchen. Dadurch wurde es        on von 3D Modellen geeignet die zusammen mit der
möglich die komplex aufgebaute Drehschlüssel-          Vermessung einen allumfassenden 3D Plan einer
Mechanik des Schlosses zu rekonstruieren. In der       Ausgrabung bilden können. Außerdem helfen uns
Folge konnten die so gewonnenen Daten dreidimen-       diverse leistungssparende Technologien wie die Tex-
sional visualisiert werden. Unter Einbeziehung zahl-   tur oder das Normalmapping. Durch die Offenlegung
reicher Neufunde aus den letzten Jahren wurde die      des Quellcodes darf und kann alles an diesem Pro-
im Jahre 1990 letztmalig untersuchte Verbreitung       gramm verändert werden. Blender kann sowohl mit
der Dosenschlösser in den römischen Nord-West-         dem Tachymeter kommunizieren, als auch mit einer
Provinzen ergänzt.                                     Datenbank. Dieses Potential möchten wir nutzen,
                                                       um mit einer einzigen grafischen Oberfläche ein
                                                       Maximum der Dokumentation zu bündeln und zu
                                                       archivieren. Das bedeutet langfristig auch die Inter-
                                                       aktion mit einem SQL Datenbanksystem und allen
                                                       damit verbundenen Automatismen. Nebenbei ist so
                                                       die Abhängigkeit von proprietärer Software über-
                                                       wunden.
                                                       Derzeit liegt noch ein langer Weg vor uns und ein
                                                       Erscheinungstermin steht noch nicht fest. Vor allem
                                                       die Übersichtlichkeit von Blender lässt noch viele
                                                       Wünsche offen. In der Alphaversion kann man schon
                                                       jetzt an der Entwicklung mitwirken. Über den aktuel-
                                                       len Entwicklungsstand von GOST werden wir auf der
                                                       Tagung berichten (www.geosurveytool.com).

                                                    Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      11
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

3D-Dokumentation von spätglazialer                       Survey2GIS – Eine flexible Open-
Felskunst aus Sizilien: die Höhlen von                   Source-Lösung für den Transfer von
Levanzo und Addaura.                                     Vermessungsdaten zu GIS.
Der Vortrag wird auf Englisch gehalten.                  David Bibby

Gianpiero di Maida, PhD Stud.
                                                         Bei der Software Survey2GIS handelt es sich um
                                                         eine kompakte und benutzerfreundliche Lösung für
Die Rolle von Höhlen in der Geschichte der Archäo-
                                                         die Ausgrabungsdokumentation. Sie führt eine Auf-
logie war seit dem Entstehen der Disziplin als eige-
                                                         bereitung zwei oder dreidimensionaler Punktmessda-
nes Fach im 19. Jahrhundert entscheidend (Bergsvik
                                                         ten zu komplexen Geometrien (Punkte, Linien und
/ Skeates 2012, 28). Felskunst wurde immer mit
                                                         Polygone, auch mehrteilig und mit Löchern) für die
großem Interesse von den Wissenschaftlern betrach-
                                                         weitere Verarbeitung im GIS durch.
tet, da sie als unmittelbare und naturgemäße Ver-
bindung mit der spirituellen Welt der menschlichen       Als Eingabedaten werden eine oder mehrere einfa-
Gesellschaften gesehen werden muss. In den letzten       che Textdateien mit einem Datensatz (Koordinaten
Jahrzehnten ist jedoch eine Stagnation in den For-       plus Attributdaten) pro Zeile erwartet. Derart struk-
schungsfeldern der Felskunst-Archäologie und der         turierte Daten können z. B. tachymetrisch (Totalsta-
Höhlenarchäologie festzustellen. Sizilien folgt diesem   tion) oder per GPS-Vermessung gewonnen werden.
Trend (nahezu) perfekt: Einer Anfangsphase von           Als Ausgabedaten erzeugt survey2gis standardkon-
intensiven Forschungen mit vielen neuen Entde-           forme Dateien im Format ESRI (tm) Shapefile (2D
ckungen folgt eine erste Einstellung der Arbeiten        oder 3D), nach Geometrietypen getrennt, mit voll-
(Graziosi 1956, 1973). Weitere Studien zur Spätglai-     ständigen Attributdaten.
zial- / Frühholozän-Forschung werden dann, still-
                                                         Eine DXF-Ausgabe ist auch möglich. Komplexere
schweigend geduldet, verringert und schließlich
                                                         Geometrien wie Linien und Polygone werden aus
komplett gestoppt. Ein Wiederaufleben des For-
                                                         einfachen Punktdaten erstellt, indem die einzelnen
schungsinteresses kommt spät und ist nur begrenzt.
                                                         Datensätze anhand im Feld kodierter Attributdaten
Ein erstes wichtiges Ziel meines PhD-Projektes ist
                                                         verwoben werden.
es, eine Bestandsaufnahme zu erstellen und die
prähistorische Kunst in den Grotten und Höhlen von        Anhand der Attributdaten lassen sich Befunde und
Sizilien zu inventarisieren, unter Berücksichtigung      Funde mit entsprechender Symbologie darstellen.
der bereits bekannten Stätten sowie auch der Suche       Kodierte Eingaben im Felde lassen sich während der
nach neuen Fundstellen. Die 3D-Scanning Methode          Prozessierung durch maßgeschneiderte Thesaurie
hat sich als verlässliche, objektive, genaue, schnelle   automatisch zu echten Begriffen in den Attributta-
und weniger kostspielige Methode (Tusa et al. 2013,      bellen umwandeln. Alle Prozesse lassen sich durch
Defrasne 2014), im Vergleich zu den traditionellen       einen konfigurierbaren Parser in allen Details steu-
Dokumentationsmethoden bewährt (Vv. Aa. 1998).           ern, was eine flexible Anpassung an unterschied-
In meinem Vortrag, möchte ich die Daten einer Pi-        lichste Arbeitsabläufe und Datenstrukturen, ein-
lotstudie vorstellen, welche ich im Jahre 2012 in        schließlich der Aufnahme von Profilen und Ansichten,
Zusammenarbeit mit meinem Team auf Levanzo               erlaubt.
gewonnen habe (Tusa et al. 2013) sowie die Ergeb-
                                                         Die Software ist leicht bedienbar. Sie verfügt über
nisse einer bisher unpublizierten Kampagne aus dem
                                                         detaillierte Protokollfunktionen zur Qualitätssiche-
Jahre 2015.
                                                         rung und Dokumentation der Datenverarbeitung. Bei
                                                         Survey2GIS wird großer Wert auf topologisch kor-
                                                         rekte Ausgabedaten gelegt, welche sich direkt für
                                                         die quantitative Analyse im GIS eignen. Hierzu ge-
                                                         hören z.B. Funktionen zum Löschen doppelter Mess-
                                                         punkte, Einrasten von Stützpunkten auf Polygon-
                                                         grenzen und "Ausstanzen" überlappender Polygone.
                                                         Die Software wird unter den GNU GPU frei zur Ver-
                                                         fügung gestellt. Sie läuft unter Windows, Linux und
                                                         Mac OS X.

                                                     Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      12
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung      2016

Survey2GIS-2CAD oder wie?                                  AISBer (Archäologisches Informati-
Hans Lang                                                  onssystem Berlin).
                                                           Gunnar Nath
Das Programm Survey2GIS bietet die Möglichkeit,
Vermessungsdaten von archäologischen Ausgrabun-            Der beste Zugang zur Stadtentwicklung Berlins sind
gen in GIS-Programmen darzustellen (s. a. David            historische Karten, zu tiefgreifend ist das Zentrum
Bibby).                                                    im 19. und 20.Jahrhundert überformt worden. Ganz
                                                           aktuell steht die Stadtarchäologie vor der Heraus-
Jedoch lassen sich komplexere 3D-Strukturen, wie
                                                           forderung qualifizierte, von allen Beteiligten nach-
sie z.B. in der Stadtarchäologie anzutreffen sind, in
                                                           vollziehbare Aussagen zur archäologischen Bedeu-
einem (Open-Source) GIS nur ungenügend darstel-            tung einer Fläche im Voraus zu formulieren. Dies ist
len und editieren.                                         aber nur möglich, wenn alle kartographischen Quel-
Andererseits gibt es mittlerweile langjährige Erfah-       len präzise aufbereitet genutzt werden können. Mit
                                                           diesem Ziel ist das Archäologische Informationssys-
rungen mit CAD-Programmen. Die Wege der digita-
                                                           tem Berlin (AISBer) entwickelt worden. Im Bearbei-
len Dokumentation von der Vermessung bis zur
                                                           tungsgebiet innerhalb des Festungsrings sind nun
Planzeichnung und Publikation sind relativ gut ohne        die historischen Karten mit den aktuellen Bebau-
große Reibungsverluste durchführbar.                       ungsstrukturen lagegenau in Verbindung gebracht
Der im Referat beschriebene Weg zeigt die Möglich-         worden.
keiten, die auf der Ausgrabung erhobenen Struktu-          Zielgruppen sind einerseits die Städteplaner und
ren und Daten mit Survey2GIS zu prozessieren, sie          andererseits die Investoren und Bauherren, denen
in 3D-DXF zu konvertieren und in einem CAD weiter          Planungs- und Rechtssicherheit gegeben wird. Zu-
zu editieren und zu gestalten. Ebenso soll auf die         gleich hat sich aber jetzt schon gezeigt, dass die
Verarbeitung von Profilen und die Entzerrung von           neuentwickelte Karte auch für die historische For-
Messfotos eingegangen werden.                              schung und die Präsentation archäologischer Ergeb-
                                                           nisse von großem Nutzen sind.

                                                        Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      13
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

Fotobasierte Dokumentationsmetho-                       Grabungsfotos ohne ‚drunter und
den in der limnischen und maritimen                     drüber‘ – von analogen und digitalen
Archäologie.                                            Welten.
Dr. Luka Bekić, Dipl. Ing. (FH) Roman Scholz            Hermann Menne

Eine neuere Methode wird unter dem Begriff Struc-       Grabungsfotografie ist oft etwas spezieller. Der täg-
ture from Motion (SFM) zusammengefasst und findet       liche Umgang mit Licht und Schatten birgt schon so
in den letzten Jahren zunehmend den Weg in die          manchen Fallstrick – dabei soll das Bild nicht nur
Bodendenkmalpflege. Dieses, allein auf Bilddaten        einen immens wichtigen Beitrag zur Dokumentation
gestützte, Aufnahmeverfahren ermöglicht eine rela-      liefern, sondern auch noch technisch perfekt sein
tiv problemlose Erzeugung von 3D-Modellen, mit          und letztlich zudem den ästhetischen Ansprüchen an
denen anschließend sehr genaue Zeichnungen und          eine Publikation entsprechen. Wenn es dann auf
Videoanimationen erstellt werden können. Erste          dem Foto ‚drunter und drüber geht‘, die Info-Träger
Tests in der Praxis haben gezeigt, dass diese Metho-    Fototafel, Nordpfeil und Maßstab irgendwie bunt auf
de auch unter Wasser einsetzbar ist. SFM wird in        der Fläche verteilt sind und zudem das eigentlich
Zukunft zu einer enormen Verbesserung der For-          bildwichtige Motiv, den archäologischen Befund,
schungsarbeiten im Unterwassersektor beitragen, da      überdecken, ist etwas nicht optimal gelaufen.
damit gerade komplexe, dreidimensionale Objekte
                                                        Hat sich die Fotografie seit ihrer Erfindung zuerst
gut zu erfassen sind. Darüber hinaus bietet die Me-
                                                        etwa 170 Jahre rein analog entwickelt, so ist seit
thode auch für Fundplätze in großer Tiefe, die für
                                                        über einem Jahrzehnt die digitale Revolution auch in
den Forschungstaucher nur kurze Arbeitszeiten zu-
                                                        diesem Gebiet äußerst erfolgreich vorangeschritten.
lassen, erstmals eine zufrieden stellende Lösung. Die
                                                        Der fotografische Alltag ist Dank des enormen tech-
Qualität dieser Daten zeigt, das SFM grundsätzlich
                                                        nischen Fortschritts inzwischen zumeist deutlich
auch unter Wasser eingesetzt werden kann. Mit Hilfe
                                                        einfacher geworden.
der besseren Aufnahme der in situ Situation des
Objektes ist es nun möglich, selbst komplexe Situa-     Obwohl immer noch in manchen Grabungsrichtlinien
tionen zu dokumentieren. Im Rahmen erster Vorun-        auch analoge fotografische Dokumentation gefordert
tersuchungen wurden Testdaten, die bei Taucharbei-      ist, wird aktuell schon -nach eigener Erfahrung-
ten im Mittelmeer und der Ostsee gewonnen wur-          zumeist ausschließlich digital fotografiert. Da kommt
den, mit zwei SFM-Programmen gerechnet. Sowohl          man schon mal zu Fragestellungen wie: Welche Auf-
die kommerzielle Software aSPECT 3D der Firma           lösung benötigt ein Bild mindestens? Welches Spei-
ArcTron, als auch die kostenlose Programmlösung         cherformat sichert den Erhalt der bestmöglichen
VisualSFM lieferte verwendbare Ergebnisse. Wie zu       Bildqualität? Welches Farbmodell wähle ich in der
erwarten war, ist die Erzeugung brauchbarer Bildda-     Kamera vor (RGB oder sRGB)?
ten bei schlechten Sichtverhältnissen in der Ostsee
                                                        Spätestens beim Blick ins Altaktenarchiv kommt
(Sicht unter 1,5 Meter) eine große Herausforderung.
                                                        dann auch beim Anblick langsam verblassender
Es zeigt sich, dass im Vergleich zum Mittelmeer mit
                                                        Schwarz-Weiß Fotos und alter Zeichnungen und
Sichtweiten weit über 5 Metern, eine größere Anzahl
                                                        Pläne auf inzwischen oft zerbröselndem transparen-
an Bildern für die Erstellung eines Models in der
                                                        tem Millimeterpapier die Frage nach der digitalen
Ostsee benötigt wird. Im Vergleich zu bislang übli-
                                                        Sicherung der Altbestände auf. Der Blick ins Dia-
chen Dokumentationsmethoden sind die gerechne-
                                                        Archiv sieht oft genug auch nicht viel besser aus:
ten Modelle aber um einiges genauer und detailrei-
                                                        Verblassende Farben und kleine schwarze Punkte
cher. Im Rahmen dieses Beitrages werden die der-
                                                        durch Pilzbefall lassen Übles ahnen. Wie scannt man
zeitigen Erfahrungen und Ergebnisse dieser For-
                                                        alte Dokumente am besten? Welche Mindestauflö-
schungsarbeit vorgestellt. Dabei wird auch auf eine
                                                        sung und welche Dateiformate sind für die Langzeit-
optimierte Datengewinnung bei Tauchgängen und
                                                        archivierung gefordert? Sollten Fotos digital anders
die zu verwendende Ausrüstung eingegangen. Da
                                                        als Zeichnungen und Pläne behandelt werden?
gerade diese Faktoren entscheidend für die Qualität
der Modelle sind, wird diesem Aspekt in der weiteren
Untersuchung eine wichtige Bedeutung beigemes-
sen.

                                                    Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      14
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung     2016

ATM - AdR – VDR. 60 Jahre Tagungen                      Schmölln 46. Ein mehrphasiger Kult-
zur Grabungstechnik.                                    und Bestattungsplatz in der Ucker-
Helmut Stickl                                           mark.

In einem Rückblick anhand der Tagungsprogramme          Öffentlicher Abendvortrag im Rahmen
vom VDR , der AdR und des ATM wird eine kleine
Entwicklung der Grabungs- und Dokumentations-
                                                        der Tagung
technik, sowie deren Präsentation auf den Verband-
stagungen aufgezeigt.                                   Rainer Bartels M.A.

Weiterhin sollen markante Ecksteine in der Ver-         Moderation Prof. Dr. Thomas Schenk
bandsarbeit in Bezug auf den Beruf des geprüften
Grabungstechnikers/der geprüften Grabungstechni-        Archäologische Untersuchungen am Standort eines
kerin besprochen werden.                                geplanten Regenrückhaltebeckens an der Bundesau-
                                                        tobahn A11 bei Schmölln brachten im Jahr 2014
Ergänzt wird das Ganze mit hoffentlich vielen Bilder    völlig unerwartet ein Gräberfeld mit großflächigen
aus einer 60-jährigen Verbands- und Vortragsarbeit.     Steinsetzungen zum Vorschein. Der Fundplatz
                                                        Schmölln 46 im Landkreis Uckermark liegt am
                                                        Nordwestrand der Randowniederung auf einem
                                                        Schwemmkegel an einem natürlichen Flussüber-
                                                        gang. Die vorgeschichtlichen Befunde waren voll-
                                                        ständig von einem Kolluvium überdeckt. Die meisten
                                                        Bestattungen sind Urnengräber der frühen vorrömi-
                                                        schen Eisenzeit, die an der Oberfläche mit sorgfältig
                                                        gesetzten Steinpflastern von bis zu 8 m Durchmes-
                                                        ser abgedeckt worden waren. Mehrere Grabanlagen
                                                        waren durch runde Steinkränze mit Stelen aus gro-
                                                        ßen Steinblöcken markiert. Der mit 10 m größte
                                                        Steinkranz enthielt fünf Stelen am Rand und 12 Ur-
                                                        nen unter bzw. neben einem zentralen Steinpflaster.
                                                        Drei Befunde wiesen radiale bzw. „speichenförmige“
                                                        Steinsetzungen auf. Außergewöhnlich und für Bran-
                                                        denburg einzigartig sind fünf große lineare Stein-
                                                        pflaster. Der größte derartige Befund erstreckte sich
                                                        geradlinig auf 105 m Länge über die gesamte Gra-
                                                        bungsfläche. Nördlich davon verliefen zwei bis zu 65
                                                        m lange schiffsförmige Steinpflaster und am nord-
                                                        westlichen Grabungsrand eine doppelte schiffsförmi-
                                                        ge Steinsetzung auf 45 m Länge. Ebenso ungewöhn-
                                                        lich ist der Nachweis von Kalkanhaftungen, die teil-
                                                        weise streifenförmige Muster auf den Steinen bilde-
                                                        ten. Die ältesten Bestattungen sind mittelneolithi-
                                                        sche Körpergräber der Trichterbecherkultur, darun-
                                                        ter ein Großsteingrab mit einer spätneolithischen
                                                        Nachbestattung, die eventuell ursprünglich von ei-
                                                        nem Langhügel überdeckt waren. Direkt daneben
                                                        wurde eine Grube mit den Knochen von mindestens
                                                        acht, vermutlich aus dem Großsteingrab umgebette-
                                                        ten Individuen freigelegt. Weitere neolithische Be-
                                                        stattungen befanden sich unter einer der schiffsför-
                                                        migen Steinsetzungen und am östlichen Ende der
                                                        Grabungsfläche: Die Bestattungen umfassen somit
                                                        einen Zeitraum von etwa 3000 Jahren. Im Rahmen
                                                        der Ausgrabung wurde eine Fläche von fast 0,7 ha
                                                        untersucht, die Gesamtausdehnung des Fundplatzes
                                                        ist jedoch noch unbekannt.

                                                     Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      15
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung    2016

Block oder Nicht Block – Das ist Keine                   Das Waldglas Projekt - Präventive
Frage! Wieso eine Bergung im Block                       Maßnahmen der Fundbergung und
an archäologischen Gläsern Standard                      Fundversorgung an archäologischen
sein sollte.                                             Gläsern.
Marina Gerhards, Julia Hammerschmied, Prof.              Prof. Dr. Alexandra Jeberien, Dipl. Rest. Olga
Dr. Alexandra Jeberien                                   Emgrund

Das Landesamt für Denkmalpflege Hessen führte in         Stark abgebaute mittelalterliche Holzasche-Gläser
den Jahren 1998 bis 2013 Grabungen auf dem frän-         stellen an Archäologie und Grabungstechnik und an
kischen Reihengräberfeld Büttelborn, Kreis Groß-         die Konservierungswissenschaften hohe Anforderun-
Gerau, durch. Dabei wurden Glasgefäße aus dem 6.         gen. Aktuelle Forschungen widmen sich den Korrosi-
und 7. Jahrhundert n. Chr. geborgen. Zum Teil wur-       onsprozessen oder der konservatorischen Erhaltung
den die Gläser im Block geborgen, teils direkt aus       des Glasmaterials. Hingegen liegen über Maßnah-
dem Erdreich entnommen. Bereits bei der Übergabe         men, die bereits mit der Bergung und Fundbehand-
an die Studierenden der Konservierung und Restau-        lung archäologischer Gläser einsetzen, nahezu keine
rierung/Grabungstechnik an der HTW Berlin zeigten        oder nur veraltete Informationen vor. Die Fundver-
sich Erhaltungszustände, die auf die Bergungsme-         sorgung macht besonderes Know-how und eine
thoden und eine Erstfundbehandlung auf der Gra-          nachhaltige Planung erforderlich. Bleibt diese aus,
bung zurückzuführen sind.                                folgen mehrheitlich irreversible Schäden der Gläser
                                                         und ein erheblicher Mehraufwand der konservatori-
Wenige Gläser wurden im Block geborgen. Ihre sehr
                                                         schen Maßnahmen. Im schlimmsten Fall liegt ein
empfindliche originale Oberfläche blieb dabei unver-
                                                         kompletter Substanz- und somit Informationsverlust
letzt. Die direkt geborgenen Gläser wurden auf der
                                                         vor. Viele Landesdenkmalämter sowie der Verband
Ausgrabung partiell vorgereinigt. Durch die Ber-
                                                         der Landesarchäologen in Deutschland greifen diese
gungsmethode kam es zum Verlust kleiner Frag-
                                                         Erkenntnisse in ihren Grabungsrichtlinien auf und
mente. Während des Transports rieben die Frag-
                                                         fordern, dass archäologische Gläser direkt an die
mente aneinander, so dass weiterer Materialverlust
                                                         zuständigen Fachbehörden und Restaurierungswerk-
erfolgte. Die originale Oberfläche der Objekte war
                                                         stätten übergeben werden. Dabei sollte der boden-
nicht mehr vorhanden.
                                                         feuchte Erhaltungszustand bis zur konservatorischen
Die Gefäße wurden konservatorisch und restaurato-        Bearbeitung erhalten bleiben, so dass Abbauprozes-
risch bearbeitet. Es wurden naturwissenschaftliche       se minimiert werden. In der Praxis finden diese An-
Untersuchungen hinsichtlich ihrer chemischen Zu-         forderungen jedoch kaum Anwendung. Das For-
sammensetzung und Erhaltung durchgeführt. Um             schungsprojekt ‚Waldglas‘ widmet sich der Diskre-
Substanzverlust zu verhindern und eine kulturhisto-      panz aus Anforderungen und Berufsrealität und eru-
rische Typologisierung zu ermöglichen wurden die         iert aktuelle Methoden der Glasbergung und Fund-
Gefäße zusammengesetzt. Dazu konnte der rever-           versorgung. Die Basis dafür bildet das Fundmaterial
sible Acrylatesterharz-Klebstoff (Paraloid B72 50%       der mittelalterlichen Glashütten im Weserbergland,
in Aceton gelöst) verwendet werden. Zudem wurde          die durch die Martin-Luther Universität Halle er-
eine optimale Transportverpackung aus chemisch           forscht werden. Per Umfrage wurden zunächst be-
inerten Materialien konzipiert.                          stehende Methoden, u.a. zur Bergung und Verpa-
                                                         ckung erschlossen, die anschließend in Laboranwen-
Die Direktentnahme, welche leider immer noch die
                                                         dungen innovativ (weiter-)entwickelt und schließlich
gängige Bergungsmethode für archäologische Gläser
                                                         auf der Grabung evaluiert und optimiert wurden. Ziel
darstellt, ist zweifellos schnell durchzuführen. Je-
                                                         ist es, archäologische Gläser objektgerecht und mili-
doch resultiert diese Bergung in hohem Substanz-
                                                         euerhaltend zu bergen/zu versorgen und gleichzeitig
und Informationsverlust. Es gestaltet sich als zeitin-
                                                         das Fortschreiten der Korrosion zu verhindern. Pa-
tensiv den Scherbenverband später im Labor wie-
                                                         rallel soll eine anwendungsorientierte, realistische
derherzustellen. Durch die Vorreinigung ist ein
                                                         Arbeitsgrundlage für das Grabungspersonal geschaf-
enormer Substanzverlust entstanden. Die Gel-
                                                         fen werden. Daher fließen die Forschungsergebnisse
schicht, also die ursprüngliche Originaloberfläche,
                                                         in einen Leitfaden zur verbesserten Fundbergung
geht verloren. Analysemöglichkeiten und wissen-
                                                         und Fundversorgung archäologischer Glasfunde auf
schaftliche Auswertungen sind stark eingeschränkt.
                                                         Ausgrabungen ein, der sich an Institutionen der
Das Kulturgut ist in seiner Substanz und seiner Aus-
                                                         Bodendenkmalpflege richtet. Dieser wird durch Hin-
sagekraft dezimiert.
                                                         weise für ein objektgerechtes Grabungsequipment
Eine Blockbergung bietet dem fragilen Objekt den         ergänzt. Das Projekt wurde von der Martin-Luther
nötigen Schutz und garantiert die vollständige Erhal-    Universität Halle initiiert und in Kooperation mit der
tung. Im Labor kann eine adäquate Freilegung unter       Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin sowie
dem Mikroskop durchgeführt werden.                       der Otto-Friedrich Universität Bamberg durchge-
                                                         führt. Gefördert wird es durch die Deutsche Bun-
                                                         desstiftung Umwelt.

                                                      Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      16
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung   2016

Die Bergung von Scherbenteppichen                      Das Beste kommt zum Schluss:
unter Erhalt der Zusammenhänge.                        Mehrphasige Siedlungsbefunde mit
Matthias Blana                                         Bestattung und Gefäß der frühen
                                                       Bronzezeit in Schkeuditz, Lkr. Nord-
Scherbenteppiche aus Keramik u.a. Materialien
(Glas, Putz) im Befund können ab der Bronzezeit bis
                                                       sachsen.
in die Neuzeit auftreten. Ihre Bergung unter Erhalt    Dipl. Restauratorin (FH) Tatjana Held, Petra
des Zusammenhangs der Bruchkanten ermöglicht           Herold, Matthias Rummer
einen schonenden Transport, eine bessere Lagerung
und spart nachfolgend in der Restaurierung Zeit. Die   Aufgrund der Baumaßnahme eines Regenrückhalte-
Vorgehensweise ist unabhängig von der Zeitstellung     beckens von gut 1 Hektar Größe wurden im Schkeu-
- rein materialbezogen. Der Arbeitsablauf wird an-     ditzer Ortsteil Wehlitz Siedlungsstrukturen freige-
hand von zwei praktischen Beispielen aus der Arbeit    legt, deren Zeitstellungen sich vom Neolithikum über
der archäologischen Bodendenkmalpflege Bayern          die Frühbronzezeit bis in die Eisenzeit einordnen
geschildert.                                           ließen. Widrige Faktoren reduzierten die Grabungs-
                                                       zeit auf wenige Wochen. In dieser Zeit konnte durch
                                                       ein kleines, eingespieltes Team des Landesamtes
                                                       für Archäologie Sachsen 3 Hausgrundrisse, mehrere
                                                       Grubenkomplexe und eine Brandbestattung doku-
                                                       mentiert werden. Der vorletzte Grabungstag wartete
                                                       mit einer besonderen Überraschung auf, als beim
                                                       Abspaten der letzten Verfärbungen im Süden der
                                                       Fläche ein ungewöhnlich reich verziertes Gefäß an-
                                                       geschnitten wurde. Die Bergung der Gefäßfragmente
                                                       war durch den schlechten Erhaltungszustand und die
                                                       starke Verdichtung des umgebenden Sediments nur
                                                       erschwert möglich. Beim Feinputz erwies sich die
                                                       umgebende Mulde als im Planum abgerundet recht-
                                                       eckige, flache Grube mit weiterhin einem Bronzebeil
                                                       und Knochenfragmenten, welche eine Interpretation
                                                       als früh bronzezeitliche Bestattung eines jugendli-
                                                       chen Individuums mit außergewöhnlichen Beigaben
                                                       nahelegen. Die Verfüllung konnte am letzten Gra-
                                                       bungstag fachgerecht abgegraben, die Funde der
                                                       Restaurierungswerkstatt des LfA übergeben werden.
                                                       Nachfolgend wird nur auf den Fund des Keramikge-
                                                       fäßes im Detail eingegangen. Die Scherben des mit
                                                       Noppen verzierten Gefäßes wurden zunächst gerei-
                                                       nigt, anschließend zusammengestellt und der Erst-
                                                       zustand dokumentiert. Hierbei stellte sich heraus,
                                                       dass es sich um ein linsenförmiges mit drei Henkeln
                                                       versehenes Gefäß handelt, welches im unteren Be-
                                                       reich ein Noppendekor aufweist. Beim Zusammenfü-
                                                       gen konnten, anhand vieler kleiner Details, die Her-
                                                       stellungstechniken des Objektes im Allgemeinen und
                                                       des noppenartigen Dekors im Speziellen herausge-
                                                       arbeitet werden. Ein 3D-Scan des Gefäßes unter-
                                                       stütze die umfangreiche Dokumentation und trug
                                                       maßgeblich zum besseren Verständnis des ursprüng-
                                                       lichen Gebrauchs bei.

                                                   Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre      17
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