Vom Drunter und Drüber - Verband der Restauratoren VDR
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Te chn i ke n de r Archä o l o g i sch en S p urensich er ung Wir gestalten die Zukunft der Restauratoren. Vom Drunter und Drüber Besuchen Sie uns unter 7. Fachtagung der Fachgruppe www.restauratoren.de Archäologische Ausgrabung Vom 13.–16. April 2016 in der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, Campus Wilhelminenhof
Herausgeber Verband der Restauratoren e.V. Haus der Kultur Lage des Tagungsgebäudes G, Campus Wilhelminenhof © HTW Berlin Weberstraße 61 53113 Bonn Telefon (02 28) 92 68 97-0 Telefax (02 28) 92 68 97-27 e-mail: info@restauratoren.de www.restauratoren.de www.facebook.com/restauratoren.de Vorbereitungsteam der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung im VDR Matthias Rummer Jona Schlegel Dipl. Ing. (FH) Christof Schubert Redaktion, Koordination, Satz VDR-Geschäftsstelle Titelfoto: Geomagnetische Aufnahme, Fotomontage © HTW Berlin
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Vom Drunter und Drüber Techniken der Archäologischen Spurensicherung Programm und Zusammenfassung der Vorträge 7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung im Verband der Restauratoren (VDR) e.V. 13.-16. April 2016, HTW Berlin Eine Veranstaltung des Verbandes der Restauratoren (VDR) e.V. auf freundliche Einla- dung und mit Unterstützung der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin – Studiengang Konservierung Restaurierung / Grabungstechnik. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 1
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Inhalt Vorwort ...................................................................3 Veranstaltungshinweis ...............................................3 Programm ................................................................4 Zusammenfassung der Vorträge und Workshops ...........7 Referenten ...............................................................22 Wir danken den Institutionen Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, Deutscher Verband für Archäologie DVA und Landesamt für Archäologie Sachsen für die freundliche Unterstützung, Brandenburgi- sches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum BLDAM für die freundliche Unter- stützung bei der Organisation der Exkursionsführung sowie dem Freundeskreis des Museums für Vor- und Frühgeschichte (FAGUA e.V.) für die freundliche finanzielle Unterstützung. Den Firmen Arcontor, Faro und Sensys danken wir für die freundliche finanzielle Unterstützung. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 2
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Vorwort Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste, zum 7. Mal kann die Fachgruppe Archäologische Ausgra- bung im Verband der Restauratoren ihre bundesweite Ta- gung veranstalten, im Jahr 2016 auf Einladung und mit freundlicher Unterstützung der HTW Berlin und mehrerer Institutionen und Firmen. Diese Einladung wurde gerne angenommen. Denn die HTW Berlin repräsentiert einen Ort, an dem im Studiengang Konservierung Restaurierung / Grabungstechnik der Umgang mit und der Einsatz für ar- chäologisches Kulturgut hervorragend erlernt werden kann. Diese besonderen Fähigkeiten sind heute so notwendig wie vielleicht nie zuvor in einer Welt, in der täglich archäologi- sche Stätten durch Bodeneingriffe, Naturereignisse und bewaffnete Konflikte Schaden nehmen. Wo wäre ein Kon- gress zum Thema Ausgrabung besser aufgehoben als in Berlin, das dank seiner kulturellen Einrichtungen auch als Hauptstadt der Feldarchäologie angesehen werden kann. Im Jahr 2016 feiern wir ein Jubiläum: Die Arbeit der gra- bungstechnischen Fachgruppe begann 1956 in der Arbeits- gemeinschaft des technischen Museumspersonals ATM. Ganz gleich wie man unseren Beruf heute sieht. Seit Jahr- zehnten übernehmen Grabungstechnikerinnen und Gra- bungstechniker komplexe Aufgaben für das unwiederbring- liche archäologische Erbe und waren in den aufeinanderfol- genden Verbänden ATM – AdR – VDR immer vertreten. In diesen 60 Jahren wurden von der Fachgruppe in eigener Regie 11 mehrtägige Tagungen zum Themenschwerpunkt Ausgrabung organisiert. Dies lässt nicht nur Kontinuität erkennen sondern zeigt auch, wie diese Arbeit durch alle Ebenen der Archäologie wohlwollend unterstützt wurde und wird. Das ist – in Zeiten, die nicht immer rosig sind – be- merkenswert. Und ein schöner Anlass, um allen Menschen, Institutionen und Sponsoren zu danken, welche uns seit- dem begleitet haben. Nicht zuletzt wird dies ermöglicht durch den Verband der Restauratoren, dessen Motto „Schutz und Erhalt von Kunst und Kulturgut“ eine Aufgabe beschreibt, die es auch über die kommenden Jahrzehnte hinaus zu erfüllen gilt. Damit wünsche ich allen Tagungsgästen einen angenehmen Veranstaltungshinweis: Aufenthalt in Berlin – Oberschöneweide. Die Firmen Arcontor, Faro und Sensys informieren über ihre Produkte außerhalb der Vortragszeiten im Foyer des Tagungs- Matthias Rummer, Fachgruppensprecher gebäudes G. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 3
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Programm 14.30 Uhr Olaf Reineke, Julian Schierenbeck, Thomas Schenk Hephaistos auf der Spur - Nachweis von Eisenverarbeitung mittels Bo- • Mittwoch, 13.04.2015 denproben. ............... 10.00 Uhr Öffnung des Tagungsbüros in der HTW Berlin, Campus Wilhel- 15.00 Uhr Thomas Schenk, Jonas Sack minenhof, Wilhelminenhofstr. 75a, Automatisierte Erstellung von 3D- Foyer Gebäude G Polygonen in der Grabungsvermes- sung. .............. ............... 11.00 Uhr Begrüßung und Grußworte 15.30 Uhr Jens May, Sophie Heisig Prof. Dr. Matthias Knaut Die „Steingrubenreihe“ am „Königs- Vizepräsident für Forschung und In- grab“ von Seddin. Zum Stand der ternationales, HTW Berlin Dokumentationen und Interpretatio- nen. Prof. Dr. Matthias Wemhoff ............... Museumsdirektor und Landesarchäo- loge Berlin 16.00 Uhr Kaffeepause von dort geführter Übergang zum Prof. Dr. Franz Schopper Rundgang Museumsdirektor und Landesarchäo- ............... loge Brandenburg 16.30 – 18.30 Uhr Dr. Jan Raue Rundgang durch die HTW Berlin Präsident des Verbandes der Restau- ............... ratoren VDR 19.00 Uhr Abendempfang des VDR Prof. Dr. Thomas Schenk (Nur mit Anmeldung) Studiengang Konservierung und Res- taurierung / Grabungstechnik HTW Berlin • Donnerstag, 14.04.2015 .............. Moderation: Matthias Rummer 08.30 Uhr Öffnung des Tagungsbüros in der HTW Berlin, Campus Wilhel- .............. minenhof, Wilhelminenhofstr. 75a, 11.30 Uhr Matthias Knaut Foyer Gebäude G Grabungstechnik- und Restaurie- ............... rungsstudium im Kontext eines „Cul- tural Heritage Network“ Ausgangsla- Moderation: Thomas Schenk ge und Perspektiven. ............... .............. 09.00 Uhr Marika Emonds, Fred Ruchhöft 11.30 Uhr Matthias Wemhoff Herausforderungen am Abgrund. Die Archäologie in der Hauptstadt. neuen Ausgrabungen am Kap Ar- kona. .............. ............... 12.45 Uhr Gruppenfoto 09.30 Uhr Bernhard Ludwig .............. Die Pergamongrabung als archäolo- 13.00 Uhr Mittagspause gisches Großprojekt - Herausforde- rungen der (grabungs) technischen .............. Leitung. Moderation: Jona Schlegel ............... .............. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 4
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 10.00 Uhr Wolfgang Neubauer Moderation: Hans Lang Das Stonehenge Hidden Landscapes ............... Project. 16.30 Uhr Hermann Menne ............... Grabungsfotos ohne ‚drunter und 10.30 Uhr Kaffeepause drüber‘ – von analogen und digitalen Welten. ............... ............... Moderation: Hermann Menne 17.00 Uhr Helmut Stickl ............... ATM - AdR – VDR. 60 Jahre Tagun- 11.00 Uhr Matthias Paulke gen zur Grabungstechnik. Ein römisches Dosenschloss aus dem ............... Vicus von Mamer-Bartringen (Lu- xemburg) – Bergung, restauratori- 17.30 Uhr offene VDR Fachgruppensitzung sche Versorgung, Untersuchung und ............... digitale Rekonstruktion. 19.00 Uhr Abendvortrag ............... Rainer Bartels M.A. 11.30 Uhr Lukas Fischer Schmölln 46. Ein mehrphasiger Kult- GIS, CAD und 3D. Passt das zusam- und Bestattungsplatz in der Ucker- men? mark. ............... Einführung: Prof. Dr. Thomas Schenk 12.00 Uhr Gianpiero di Maida 3D-Dokumentation von spätglazialer Felskunst aus Sizilien: die Höhlen von Levanzo und Addaura. • Freitag, 15.04.2014 ............... 08.30 Uhr Öffnung des Tagungsbüros 12.30 Uhr Mittagspause in der HTW Berlin, Campus Wilhel- ............... minenhof, Wilhelminenhofstr. 75a, Foyer Gebäude G Moderation: Tilman Wanke ............... ............... Moderation: Janet Schramm 14.00 Uhr David Bibby Survey2GIS – Eine flexible Open- ............... Source-Lösung für den Transfer von 09.00 Uhr Marina Gerhards, Julia Hammer- Vermessungsdaten zu GIS. schmied, Alexandra Jeberien ............... Block oder nicht Block – Das ist kei- ne Frage! Wieso eine Bergung im 14.30 Uhr Hans Lang Block an archäologischen Gläsern Survey2GIS-2CAD oder wie? Standard sein sollte. ............... ............... 15.00 Uhr Gunnar Nath 09.30 Uhr Alexandra Jeberien, Olga Emgrund AISBer (Archäologisches Informati- Das Waldglas Projekt - Präventive onssystem Berlin). Maßnahmen der Fundbergung und ............... Fundversorgung an archäologischen Gläsern. 15.30 Uhr Luka Bekić, Roman Scholz Fotobasierte Dokumentationsmetho- ............... den in der limnischen und maritimen 10.00 Uhr Matthias Blana Archäologie. Die Bergung von Scherbenteppichen ............... unter Erhalt der Zusammenhänge. 16.00 Uhr Kaffeepause ............... ............... 10.30 Uhr Kaffeepause ............... Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 5
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Moderation: Jan Geidner 09.30 Uhr Dagmar Fritzsch Mikromorphologie an Bodendünn- ............... schliffen – Spurenlesen im „Dreck“ 11.00 Uhr Tatjana Held, Petra Herold, Matthias der Kulturen. Rummer ............... Das Beste kommt zum Schluss: Mehrphasige Siedlungsbefunde mit 10.00 Uhr Toralf Kahl, Swen Heinermann Bestattung und Gefäß der frühen Mehr Drunter als Drüber: Mit Groß- Bronzezeit in Schkeuditz, Lkr. Nord- gerät an die polizeiliche Spurensiche- sachsen. rung. ............... ............... 11.30 Uhr Bettina Jungklaus 10.30 Uhr Kaffeepause Mehr als blanke Knochen – Anthro- ............... pologen auf der Ausgrabung. Moderation: Mitglieder der Fachgruppe ............... ............... 12.00 Uhr Tim Schüler Drüber steht ein Residenzschloss 11.00 Uhr Eckhard Laufer und was ist drunter? Kombination Raubgrabungen und illegaler Anti- von geophysikalischen Prospekti- kenhandel. onsmethoden zur zerstörungsfreien ............... Erkundung von Baustrukturen unter dem Residenzschloss-Areal von 11.30 Uhr Agnes Rahm Weimar. Der Nachlass: Was am Ende übrig bleibt… ............... ............... 12.30 Uhr Mittagspause 12.00 Uhr Ende der Tagung ............... 14.00 Uhr Exkursion ins Germanendorf Klein Köris / Brandenburg (nur mit Anmel- dung). ............... 19.15 Uhr Offenes Treffen des Arbeitskreises Grabungstechnik, Gebäude A, Raum 001 • Samstag, 16.04.2014 08.30 Uhr Öffnung des Tagungsbüros in der HTW Berlin, Campus Wilhel- minenhof, Wilhelminenhofstr. 75a, Foyer Gebäude G ............... Moderation: Christof Schubert ............... 09.00 Uhr Johann Friedrich Tolksdorf „Spurensicherung“ in Bergbauregio- nen. Erfahrungen und Perspektiven zur transdisziplinären Erforschung bergbaulicher Aktivitäten aus dem Erzgebirge (Sachsen und Böhmen). ............... Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 6
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Zusammenfassung der Beiträge Grabungstechnik- und Restaurie- Archäologie in der Hauptstadt. rungsstudium im Kontext eines 'Cul- Prof. Dr. Matthias Wemhoff tural Heritage Network' Ausgangslage und Perspektiven. Die Archäologie in Berlin steht vor besonderen Her- ausforderungen. Die wachsende Stadt benötigt neue Prof. Dr. Matthias Knaut Bauflächen an den Stadträndern, verdichtet die Be- bauung in vielen Bezirken und erschließt die histori- Sogenannte 'Kleine Fächer', zu denen neben den sche Mitte der Stadt neu. Eine große Zahl von Aus- Archäologien auch diverse andere geisteswissen- grabungen ist daher unabweisbar notwendig. Neben schaftliche Disziplinen an den deutschen und inter- großflächigen Untersuchungen in vor- und frühge- nationalem Universitäten gehören, gibt es auch an schichtlichen Siedlungsarealen liegt ein Schwerpunkt den einschlägigen Hochschulen für Angewandte Wis- auf der mittelalterlichen und neuzeitlichen Stadt. senschaften (HAW) wie heute üblicherweise die Großgrabungen im Bereich des Schlosses, des Pet- ehemaligen Fachhochschulen bezeichnet werden. riplatzes und des Rathauses haben für die Grün- Hierzu gehören Grabungstechnik und Restaurierung dungsphase und die Genese der Stadt weitreichende mit ihren geringen Studierendenzahlen und damit neue Erkenntnisse gebracht. Aber auch das 20. einhergehend den nur wenigen Professuren. Diese Jahrhundert bildet ein großes Aufgabenfeld, das von 'Kleinen Fächer' sind im Rahmen der Kulturhoheit den Stätten des Nationalsozialismus bis zur Berliner der sechzehn deutschen Bundesländer mit (mehr Mauer reicht. Die Berliner Bodenfunde werden im als) sechzehn Denkmalämtern und Denkmalschutz- Museum für Vor- und Frühgeschichte verwahrt und gesetzen und der Autonomie der mehr als 300 zum Teil im Neuen Museum präsentiert. Hochschulen bundesweit nicht sehr gut vernetzt. Hier liegen somit strukturelle Rahmenbedingungen vor, die diese Fächer an ihren Institutionen und in der politischen Landschaft schwächen. Gleicherma- ßen verletzlich ist auch die Perspektive für die Be- rufsfelder, dies in besonderem Maße als wir heute 'eigentlich' mindestens in einem 'Europäischen For- schungs- und Wissenschaftsraum' (ERA) agieren, wenn nicht schon in einem globalisierten. Anfragen aus dem Ausland (auch aus dem Inland!) an unsere 'Kleinen Fächer' in Deutschland werden immer mehr und steigen in diesen krisenhaften Zei- ten noch einmal rapide an. Die Hochschulen werden einzeln konfrontiert mit zahlreichen Unterstützungs- anfragen, ebenso mit Kooperationsanfragen in For- schung, Aus- und Weiterbildung bis hin zu Expertise beim Wiederaufbau von Verwaltung und vielem mehr. Viele der traditionellen Forschungsprojekte erhalten heute eine 'Third Mission' bei der es sich u.a. um Capacity Building, Einbindung lokaler Kräfte, Kooperationen mit Unternehmen und nachhaltige Effekte handelt. Oft ist der einzelne Studiengang, das einzelne Insti- tut an einer Hochschule damit überfordert. Obwohl der Bedarf gesehen wird, fehlen Kapazitäten, Kom- petenzen und Mittel, um in vielen Fällen aktiv wer- den zu können. Wie sind wir heute und in der Zukunft für diese Situ- ation gerüstet? Welche Institutionen oder Netzwerke können dafür aufgebaut oder gestärkt werden? Wie meistern wir die zunehmenden interdisziplinären Anforderungen, die an uns und unsere Projekte her- angetragen bzw. von ihnen abverlangt werden? Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 7
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Hephaistos auf der Spur - Nachweis Automatisierte Erstellung von 3D- von Eisenverarbeitung mittels Boden- Polygonen in der Grabungsvermes- proben. sung. Olaf Reineke, Julian Schierenbeck, Prof. Dr. Prof. Dr. Thomas Schenk, Jonas Sack Thomas Schenk Die von Hand ausgeführte zeichnerische Grabungs- Auf archäologischen Grabungen ist die Entnahme dokumentation auf Millimeterpapier tritt angesichts von Bodenproben gängige Praxis und zumeist ver- rasanter technologischer Entwicklungen mehr und binden sich damit konkrete Fragen. Während organi- mehr in den Hintergrund. Zu der seit vielen Jahren sche Makroreste Rückschlüsse auf die Umwelt und etablierten, rein tachymetrischen Aufnahme, teils die Ernährungsgewohnheiten erlauben, können durch spezielle Softwarelösungen unterstützt, haben Phosphatkonzentrationen Anhaltspunkte zu speziel- sich längst die Methoden der 3D-Photogrammetrie len Nutzungsbereichen liefern, beispielsweise zur als fester Bestandteil hinzugesellt. Bei der digitalen Lage von Stallungen. Weniger verbreitet ist die Su- Dokumentation kann also grob zwischen vektorba- che nach Rückständen der Eisenverarbeitung, dem sierten und pixelbasierten Aufnahmeverfahren un- sogenannten Hammerschlag oder Zunder, obwohl terschieden werden. Beide Verfahren werden sinn- einige Grabungsrichtlinien auf dieses Phänomen vollerweise auch in Kombination eingesetzt. Wäh- hinweisen. Diese Magnetit-Partikel entstehen bei der rend jedoch die vektorbasierte Aufnahme bereits die Aufbereitung des Roheisens und beim Schmieden Ansprache von Befundgrenzen und Schichtverläufen von Werkstücken. Sie sind relativ klein und werden beinhaltet, muss deren Interpretation aus den im Grabungsgeschehen nur selten registriert. Punktwolken, 3D-Netzen oder aus berechneten Or- tho-Fotos mit sehr viel Mühe abgeleitet werden. Die Studiengänge Grabungstechnik und Land- Dieser Schritt ist noch immer notwendig, um Über- schaftsarchäologie der HTW Berlin untersuchen der- sichts- und Phasenpläne erzeugen zu können. zeit zwei Fundstellen im Land Brandenburg, bei de- Schließlich sollten die Grabungsergebnisse irgend- nen sich die Existenz von Schmiedewerkstätten aus wann zwischen zwei Buchdeckeln erscheinen. vorangegangenen Beobachtungen und Prospekti- onsmaßnahmen vermuten lässt. Proben aus dem Die tachymetrische Aufnahme von Befunden mit Oberboden wurden jeweils systematisch im Raster Einzelmessungen wird oft als zeitintensiv empfun- entnommen und unterschiedliche Vorgehensweisen den, vor allem dann, wenn die Konturen sehr kom- bei der Extraktion und Reinigung der mikroskopisch plex sind und detailliert wiedergegeben werden sol- kleinen Magnetit-Partikel getestet. Eine anschließen- len. Mit Nostalgie wird manch einer an das Trigo- de Mengenkartierung ermöglichte es, die Schmiede- mat-System von Friedrich Balck zurückdenken, das plätze näher einzugrenzen. die Aufnahme von 3D-Polygonen ermöglichte. Doch mit modernen Tachymetern lassen sich diese eben- falls erzeugen. Vorgestellt wird die Nutzung eines mit hoher Messfolge arbeitenden Robotik- Tachymeters mit frei definierbaren Punktabständen, dessen Bedienung mit Fernsteuerung und umgebau- tem 360°-Prisma von einer Person allein vorge- nommen werden kann. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 8
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Die „Steingrubenreihe“ am „Königs- Herausforderungen am Abgrund. Die grab“ von Seddin. Zum Stand der Do- neuen Ausgrabungen am Kap Arkona. kumentationen und Interpretationen. Marika Emonds, Dr. Fred Ruchhöft Dipl. Prähist. Jens May, Sophie Heisig Die 1168 von den Dänen zerstörte slawische Tem- pelburg Arkona liegt auf einem exponierten, zwi- Nur knapp 55 m nördlich des Fußes des Seddiner schen 40 und 50 m hohen Kliff an der Nordspitze der Großgrabhügels liegen etwa 150 Gruben auf einer Insel Rügen. Der jährlich bis zu 0,3 m starke Küs- unregelmäßigen Linie mit ca. 290 m Länge im Un- tenrückgang hat bereits mehr als die Hälfte der Burg tergrund verborgen. Die Ausdehnung und der Ver- zerstört. Seit 2012 führt das Landesamt für Kultur lauf der Reihe wurden durch geomagnetische Mes- und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern wie- sungen erfasst und durch archäologische Teilunter- der Rettungsgrabungen durch, um dem absehbaren suchungen bestätigt. Die Gruben enthalten in aller Verlust weiterer archäologischer Substanz zuvorzu- Regel nur Steine, die Spuren von Feuereinwirkungen kommen. Die Untersuchungen finden auf den akut aufweisen. Ein Teil der Gruben wurde noch während durch Erosion gefährdeten Flächen statt, wodurch oder kurz nach der Errichtung des Großgrabhügels sich besondere Herausforderungen an das Gra- im 9. Jh. BC angelegt. Damit ist ein räumlicher, zeit- bungsteam und an die Grabungsmethodik ergeben: licher und inhaltlicher Zusammenhang zwischen Einerseits ist rasches Vorgehen geboten, anderer- beiden Objekten wahrscheinlich. Grubenreihen stel- seits erfordert die Bedeutung des Bodendenkmals len ein interessantes und weit verbreitetes Phäno- höchste Sorgfalt. Der Einsatz von Technik ist kaum men der jüngeren Bronzezeit dar. Von der For- möglich, weil mehr als 90% aller Metallfunde in der schung werden die Befunde überwiegend als „Brenn- Humusschicht, einem alten Ackerboden, liegen. Der , Koch- oder Gargruben“ gedeutet. Eine solche Deu- Maschineneinsatz beschränkt sich deshalb auf den tung ist für Seddin unwahrscheinlich. Deshalb wur- Abtrag der Rasensoden und das Verschließen der den in den vergangenen Jahren der Blick auf die Flächen. Die Bodenverhältnisse, u. a. der bei Tro- Befunde geschärft und die Dokumentationsmetho- ckenheit bemerkenswert harte Mergel und selten den verfeinert. sicher auszumachende Befundkonturen, erschweren Anhand einer exemplarischen Ausgrabung und Do- die Arbeit wesentlich. Große Mengen Boden sind zu kumentation zweier ausgewählter Gruben wurden sieben oder zu schlämmen, der Einsatz des Metall- die Befunde in Hinblick auf Errichtungsvorgang und detektors zur Bergung kleinster Metallfragmente wie Entstehungsszenario untersucht. Zentrale Fragen Hacksilber (bis ca. 0,2 g) und eiserner Ringbrünnen waren dabei die nach einer intentionellen Anordnung ist unabdingbar. Zur Minderung des Gefahrenpoten- der Steine in der Grube, sowie deren Zustand zum tials kommt für die Arbeit in den Bereichen unmit- Zeitpunkt der Verfüllung. Eine äußerst praktikable telbar an der Kliffkante eine professionelle Siche- Dokumentationsmethodik stellte die digitale Nahbe- rungseinrichtung zum Einsatz. Als problematisch reichsphotogrammetrie unter Einsatz des Structure- erwiesen sich die unzureichenden Dokumentationen from-Motion-Verfahrens dar. Ziel war eine dreidi- der Altgrabung der 1990er Jahre; bei den aktuellen mensionale Rekonstruktion der Gruben als Grundla- Grabungen wurden mehrere nur unvollständig ge- ge weitere Informationsgewinnung. Die Grabungs- grabene Flächen entdeckt, die noch wichtige Befun- methodik richtete sich nach den Anforderungen bzw. de und Funde enthielten. Außer den technischen Möglichkeiten der Nahbereichsphotogrammetrie. So Besonderheiten der Grabung wird auch erläutert, wurden die Befunde im Negativ ergraben und ein- welche Möglichkeiten sich ergeben, wenn die Aus- zelne, künstlich definierte Lagen photogrammetrisch wertung historischer Bildquellen mit dem Einsatz aufgenommen. Diese können nach der Prozessie- moderner Dokumentationstechniken kombiniert rung der Daten zu einem Gesamtmodell zusammen- wird. gesetzt werden. Die erstellten Modelle bieten eine breite Möglichkeit der Auswertung. Positionen ein- zelner Steine sowie die Stufen der Freilegung kön- nen rekonstruiert und visualisiert werden. Die Gene- rierung beliebiger Profilansichten ermöglicht zudem eine „virtuelle Ausgrabung“ um Fragen im Hinblick auf den Errichtungsvorgang nachzugehen. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 9
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Die Pergamongrabung als archäologi- Das Stonehenge Hidden Landscapes sches Großprojekt - Herausforderun- Project. gen der (grabungs) technischen Lei- Prof. Dr. Wolfgang Neubauer tung. Stonehenge ist das wohl weltweit berühmteste prä- Bernhard Ludwig M. Sc. historische Monument, das jedes Jahr über eine Million Besucher anzieht. Der Steinkreis von Ston- An der türkischen Westküste befindet sich eine der ehenge steht aber nicht isoliert, sondern ist einge- bedeutendsten Stätten der Antike, die Ruinen der bunden in eine rituelle Landschaft welche über Jahr- Metropole von Pergamon. Große Bekanntheit erlang- tausende bedeutungsvoll war und seit 1986 zum te der Ort Ende des 19. Jahrhunderts durch die Ent- Weltkulturerbe zählt. deckung des Pergamonaltars. Im Anschluss daran wurden zahlreiche Unternehmungen zur Erforschung Im Rahmen des „Stonehenge Hidden Landscapes der Stätte durchgeführt. Nach nun über 135 Jahren Projects“ unter der Leitung des Ludwig Boltzmann systematischer Forschungs- und Ausgrabungsarbei- Instituts für archäologische Prospektion und Virtuelle ten entwickelt sich die Pergamongrabung zu einem Archäologie (LBI ArchPro) und der Universität Bir- internationalen und interdisziplinären Forschungs- mingham wurde ein Gebiet von annähernd 20 km² zentrum, das durch die Abteilung Istanbul des Deut- mit zerstörungsfreien Methoden untersucht. Ziel ist schen Archäologischen Instituts geleitet wird. Seit es das zentrale Steinmonument in Zusammenhang 2014 stehen Pergamon und sein Umland als Welt- mit seiner Landschaft zu stellen und sowohl die kulturerbe auf der Unesco-Welterbeliste. obertägige noch sichtbaren Monumente als auch die im Untergrund verborgenen archäologischen Über- In der Grabungs- und Survey-Kampagne 2015 ar- reste erstmals nach Jahrtausenden wieder sichtbar beiteten über gut zwei Monate hinweg insgesamt zu machen. Dazu wurde die Landschaft rund um den etwa 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus zahl- Steinkreis mit 3-D Laserscanner hoch genau doku- reichen Fachrichtungen zu unterschiedlichen Projek- mentiert und ein hochauflösendes DGM erstellt. Das ten in und um Pergamon. Ein solches Großprojekt Gebiet wurde innerhalb von vier Jahren mit magne- stellt daher nicht zuletzt besonders hohe Anforde- tischen Prospektions- und Bodenradarmessungen rungen an die technische Leitung, die die klassische untersucht, wodurch erstmals ein Gesamtüberblick Tätigkeit des Grabungstechnikers im Hinblick auf über die kulturelle Hinterlassenschaft in der Land- Planung, Organisation und Durchführung der Arbei- schaft von Stonehenge vorliegt. ten einschließt. Die magnetischen Messungen erfolgten mit motori- Im Vortrag werden einige der Herausforderungen sierten Multisensorsystemen mit einer Auflösung von dargestellt, denen ein Grabungstechniker/ Ausgra- 25x12.5 cm, die den Nachweis für zahlreiche bisher bungsingenieur innerhalb eines internationalen und unbekannte Monumente, Flursysteme, Gräberfelder interdisziplinären Großprojektes begegnet und die es und zahlreiche überraschende Details zu bereits zu bewältigen gilt. Weiterhin werden neben den bekannten Monumenten erbrachten. Die Bodenra- Methoden und Verfahren der unterschiedlichen Fach- darmessungen, die mit Auflösungen von 4x8 cm und richtungen auch die derzeit angewandten grabungs- 5x25 cm mit motorisierten Multiantennensystemen technischen Methoden zur bestmöglichen Sicherung vorgenommen wurden, erbrachten hochauflösende der archäologischen Spuren vorgestellt. dreidimensionale Daten, in denen sich bisher unge- ahnte Details erkennen lassen. Neben kleineren Henges mit Holzstrukturen in ihrem Inneren, die in die Zeit vor dem Steinmonument datieren oder aus Holz errichteten Kollektivgräbern hat vor allem die Untersuchung des größten Henges, Durrington Walls, 2600-2500 BC nur 3 km von Stonehenge entfernt errichtet, wesentliche neue Erkenntnisse gebracht. Trotz zahlreicher großer Grabungsprojekte in der Vergangenheit konnten erst durch die großflächigen Radarmessungen unter dem monumentalen Wall, der ein Areal von 20 Hektar umschließt, an die 200 große Gruben entdeckt wer- den. Diese Gruben dienten zur Fundamentierung einer langen Reihe von Monolithen. Einzelne der Monolithen des ursprünglichen Monuments liegen noch unter dem Wall begraben und haben die Di- mension der Steine des äußeren Steinkreises von Stonehenge. Diese Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Geschichte von Stonehenge und seiner Land- schaft. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 10
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Ein römisches Dosenschloss aus dem GIS, CAD und 3D. Passt das zusam- Vicus von Mamer-Bartringen men? (Luxemburg) – Bergung, Lukas Fischer restauratorische Versorgung, Die Möglichkeiten der Informatik haben zu einer Untersuchung und digitale großen Diversität der Dokumentationsmetoden ge- Rekonstruktion. führt. Liegt der Schwerpunkt ergrabener Befunde auf komplexer Stratigrafie, auf Mehrphasigkeit oder Matthias Paulke muss ich komplexe geometrische Strukturen Abbil- den? Zahlreiche Softwarelösungen und Formate sind Römische Dosenschlösser bilden ein beeindrucken- für die Archäologie im Einsatz. Manche sprechen von des Zeugnis provinzialrömischer Handwerkskunst. einem „Drunter und Drüber“. Gerade wenn man mit Sie gelten als Vorläufer heutiger Vorhängeschlösser dreidimensionalen Daten arbeiten möchte braucht und verriegelten mittels eines Bügels oder einer man jedoch eine Hybrid-lösung. Kette. Mit der Vorstellung eines Neufundes aus dem gallo-römischen Vicus von Mamer-Bartringen wird Aufgrund dieser Umstände wurde das Projekt GeO- erstmals ein Objekt dieser Fundgattung aus Luxem- SurveyTool ins Leben gerufen. Das Programm läuft burg präsentiert. Die rasche restauratorische Ver- als Add-on über die Open-Source Plattform Blender. sorgung und Aufbewahrung ermöglichte es, das Bereits jetzt kann damit live mit einem Tachymeter vollständig erhaltene Dosenschloss mittels Compu- vermessen werden. Blender ist auch für die Animati- tertomographie zu untersuchen. Dadurch wurde es on von 3D Modellen geeignet die zusammen mit der möglich die komplex aufgebaute Drehschlüssel- Vermessung einen allumfassenden 3D Plan einer Mechanik des Schlosses zu rekonstruieren. In der Ausgrabung bilden können. Außerdem helfen uns Folge konnten die so gewonnenen Daten dreidimen- diverse leistungssparende Technologien wie die Tex- sional visualisiert werden. Unter Einbeziehung zahl- tur oder das Normalmapping. Durch die Offenlegung reicher Neufunde aus den letzten Jahren wurde die des Quellcodes darf und kann alles an diesem Pro- im Jahre 1990 letztmalig untersuchte Verbreitung gramm verändert werden. Blender kann sowohl mit der Dosenschlösser in den römischen Nord-West- dem Tachymeter kommunizieren, als auch mit einer Provinzen ergänzt. Datenbank. Dieses Potential möchten wir nutzen, um mit einer einzigen grafischen Oberfläche ein Maximum der Dokumentation zu bündeln und zu archivieren. Das bedeutet langfristig auch die Inter- aktion mit einem SQL Datenbanksystem und allen damit verbundenen Automatismen. Nebenbei ist so die Abhängigkeit von proprietärer Software über- wunden. Derzeit liegt noch ein langer Weg vor uns und ein Erscheinungstermin steht noch nicht fest. Vor allem die Übersichtlichkeit von Blender lässt noch viele Wünsche offen. In der Alphaversion kann man schon jetzt an der Entwicklung mitwirken. Über den aktuel- len Entwicklungsstand von GOST werden wir auf der Tagung berichten (www.geosurveytool.com). Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 11
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 3D-Dokumentation von spätglazialer Survey2GIS – Eine flexible Open- Felskunst aus Sizilien: die Höhlen von Source-Lösung für den Transfer von Levanzo und Addaura. Vermessungsdaten zu GIS. Der Vortrag wird auf Englisch gehalten. David Bibby Gianpiero di Maida, PhD Stud. Bei der Software Survey2GIS handelt es sich um eine kompakte und benutzerfreundliche Lösung für Die Rolle von Höhlen in der Geschichte der Archäo- die Ausgrabungsdokumentation. Sie führt eine Auf- logie war seit dem Entstehen der Disziplin als eige- bereitung zwei oder dreidimensionaler Punktmessda- nes Fach im 19. Jahrhundert entscheidend (Bergsvik ten zu komplexen Geometrien (Punkte, Linien und / Skeates 2012, 28). Felskunst wurde immer mit Polygone, auch mehrteilig und mit Löchern) für die großem Interesse von den Wissenschaftlern betrach- weitere Verarbeitung im GIS durch. tet, da sie als unmittelbare und naturgemäße Ver- bindung mit der spirituellen Welt der menschlichen Als Eingabedaten werden eine oder mehrere einfa- Gesellschaften gesehen werden muss. In den letzten che Textdateien mit einem Datensatz (Koordinaten Jahrzehnten ist jedoch eine Stagnation in den For- plus Attributdaten) pro Zeile erwartet. Derart struk- schungsfeldern der Felskunst-Archäologie und der turierte Daten können z. B. tachymetrisch (Totalsta- Höhlenarchäologie festzustellen. Sizilien folgt diesem tion) oder per GPS-Vermessung gewonnen werden. Trend (nahezu) perfekt: Einer Anfangsphase von Als Ausgabedaten erzeugt survey2gis standardkon- intensiven Forschungen mit vielen neuen Entde- forme Dateien im Format ESRI (tm) Shapefile (2D ckungen folgt eine erste Einstellung der Arbeiten oder 3D), nach Geometrietypen getrennt, mit voll- (Graziosi 1956, 1973). Weitere Studien zur Spätglai- ständigen Attributdaten. zial- / Frühholozän-Forschung werden dann, still- Eine DXF-Ausgabe ist auch möglich. Komplexere schweigend geduldet, verringert und schließlich Geometrien wie Linien und Polygone werden aus komplett gestoppt. Ein Wiederaufleben des For- einfachen Punktdaten erstellt, indem die einzelnen schungsinteresses kommt spät und ist nur begrenzt. Datensätze anhand im Feld kodierter Attributdaten Ein erstes wichtiges Ziel meines PhD-Projektes ist verwoben werden. es, eine Bestandsaufnahme zu erstellen und die prähistorische Kunst in den Grotten und Höhlen von Anhand der Attributdaten lassen sich Befunde und Sizilien zu inventarisieren, unter Berücksichtigung Funde mit entsprechender Symbologie darstellen. der bereits bekannten Stätten sowie auch der Suche Kodierte Eingaben im Felde lassen sich während der nach neuen Fundstellen. Die 3D-Scanning Methode Prozessierung durch maßgeschneiderte Thesaurie hat sich als verlässliche, objektive, genaue, schnelle automatisch zu echten Begriffen in den Attributta- und weniger kostspielige Methode (Tusa et al. 2013, bellen umwandeln. Alle Prozesse lassen sich durch Defrasne 2014), im Vergleich zu den traditionellen einen konfigurierbaren Parser in allen Details steu- Dokumentationsmethoden bewährt (Vv. Aa. 1998). ern, was eine flexible Anpassung an unterschied- In meinem Vortrag, möchte ich die Daten einer Pi- lichste Arbeitsabläufe und Datenstrukturen, ein- lotstudie vorstellen, welche ich im Jahre 2012 in schließlich der Aufnahme von Profilen und Ansichten, Zusammenarbeit mit meinem Team auf Levanzo erlaubt. gewonnen habe (Tusa et al. 2013) sowie die Ergeb- Die Software ist leicht bedienbar. Sie verfügt über nisse einer bisher unpublizierten Kampagne aus dem detaillierte Protokollfunktionen zur Qualitätssiche- Jahre 2015. rung und Dokumentation der Datenverarbeitung. Bei Survey2GIS wird großer Wert auf topologisch kor- rekte Ausgabedaten gelegt, welche sich direkt für die quantitative Analyse im GIS eignen. Hierzu ge- hören z.B. Funktionen zum Löschen doppelter Mess- punkte, Einrasten von Stützpunkten auf Polygon- grenzen und "Ausstanzen" überlappender Polygone. Die Software wird unter den GNU GPU frei zur Ver- fügung gestellt. Sie läuft unter Windows, Linux und Mac OS X. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 12
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Survey2GIS-2CAD oder wie? AISBer (Archäologisches Informati- Hans Lang onssystem Berlin). Gunnar Nath Das Programm Survey2GIS bietet die Möglichkeit, Vermessungsdaten von archäologischen Ausgrabun- Der beste Zugang zur Stadtentwicklung Berlins sind gen in GIS-Programmen darzustellen (s. a. David historische Karten, zu tiefgreifend ist das Zentrum Bibby). im 19. und 20.Jahrhundert überformt worden. Ganz aktuell steht die Stadtarchäologie vor der Heraus- Jedoch lassen sich komplexere 3D-Strukturen, wie forderung qualifizierte, von allen Beteiligten nach- sie z.B. in der Stadtarchäologie anzutreffen sind, in vollziehbare Aussagen zur archäologischen Bedeu- einem (Open-Source) GIS nur ungenügend darstel- tung einer Fläche im Voraus zu formulieren. Dies ist len und editieren. aber nur möglich, wenn alle kartographischen Quel- Andererseits gibt es mittlerweile langjährige Erfah- len präzise aufbereitet genutzt werden können. Mit diesem Ziel ist das Archäologische Informationssys- rungen mit CAD-Programmen. Die Wege der digita- tem Berlin (AISBer) entwickelt worden. Im Bearbei- len Dokumentation von der Vermessung bis zur tungsgebiet innerhalb des Festungsrings sind nun Planzeichnung und Publikation sind relativ gut ohne die historischen Karten mit den aktuellen Bebau- große Reibungsverluste durchführbar. ungsstrukturen lagegenau in Verbindung gebracht Der im Referat beschriebene Weg zeigt die Möglich- worden. keiten, die auf der Ausgrabung erhobenen Struktu- Zielgruppen sind einerseits die Städteplaner und ren und Daten mit Survey2GIS zu prozessieren, sie andererseits die Investoren und Bauherren, denen in 3D-DXF zu konvertieren und in einem CAD weiter Planungs- und Rechtssicherheit gegeben wird. Zu- zu editieren und zu gestalten. Ebenso soll auf die gleich hat sich aber jetzt schon gezeigt, dass die Verarbeitung von Profilen und die Entzerrung von neuentwickelte Karte auch für die historische For- Messfotos eingegangen werden. schung und die Präsentation archäologischer Ergeb- nisse von großem Nutzen sind. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 13
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Fotobasierte Dokumentationsmetho- Grabungsfotos ohne ‚drunter und den in der limnischen und maritimen drüber‘ – von analogen und digitalen Archäologie. Welten. Dr. Luka Bekić, Dipl. Ing. (FH) Roman Scholz Hermann Menne Eine neuere Methode wird unter dem Begriff Struc- Grabungsfotografie ist oft etwas spezieller. Der täg- ture from Motion (SFM) zusammengefasst und findet liche Umgang mit Licht und Schatten birgt schon so in den letzten Jahren zunehmend den Weg in die manchen Fallstrick – dabei soll das Bild nicht nur Bodendenkmalpflege. Dieses, allein auf Bilddaten einen immens wichtigen Beitrag zur Dokumentation gestützte, Aufnahmeverfahren ermöglicht eine rela- liefern, sondern auch noch technisch perfekt sein tiv problemlose Erzeugung von 3D-Modellen, mit und letztlich zudem den ästhetischen Ansprüchen an denen anschließend sehr genaue Zeichnungen und eine Publikation entsprechen. Wenn es dann auf Videoanimationen erstellt werden können. Erste dem Foto ‚drunter und drüber geht‘, die Info-Träger Tests in der Praxis haben gezeigt, dass diese Metho- Fototafel, Nordpfeil und Maßstab irgendwie bunt auf de auch unter Wasser einsetzbar ist. SFM wird in der Fläche verteilt sind und zudem das eigentlich Zukunft zu einer enormen Verbesserung der For- bildwichtige Motiv, den archäologischen Befund, schungsarbeiten im Unterwassersektor beitragen, da überdecken, ist etwas nicht optimal gelaufen. damit gerade komplexe, dreidimensionale Objekte Hat sich die Fotografie seit ihrer Erfindung zuerst gut zu erfassen sind. Darüber hinaus bietet die Me- etwa 170 Jahre rein analog entwickelt, so ist seit thode auch für Fundplätze in großer Tiefe, die für über einem Jahrzehnt die digitale Revolution auch in den Forschungstaucher nur kurze Arbeitszeiten zu- diesem Gebiet äußerst erfolgreich vorangeschritten. lassen, erstmals eine zufrieden stellende Lösung. Die Der fotografische Alltag ist Dank des enormen tech- Qualität dieser Daten zeigt, das SFM grundsätzlich nischen Fortschritts inzwischen zumeist deutlich auch unter Wasser eingesetzt werden kann. Mit Hilfe einfacher geworden. der besseren Aufnahme der in situ Situation des Objektes ist es nun möglich, selbst komplexe Situa- Obwohl immer noch in manchen Grabungsrichtlinien tionen zu dokumentieren. Im Rahmen erster Vorun- auch analoge fotografische Dokumentation gefordert tersuchungen wurden Testdaten, die bei Taucharbei- ist, wird aktuell schon -nach eigener Erfahrung- ten im Mittelmeer und der Ostsee gewonnen wur- zumeist ausschließlich digital fotografiert. Da kommt den, mit zwei SFM-Programmen gerechnet. Sowohl man schon mal zu Fragestellungen wie: Welche Auf- die kommerzielle Software aSPECT 3D der Firma lösung benötigt ein Bild mindestens? Welches Spei- ArcTron, als auch die kostenlose Programmlösung cherformat sichert den Erhalt der bestmöglichen VisualSFM lieferte verwendbare Ergebnisse. Wie zu Bildqualität? Welches Farbmodell wähle ich in der erwarten war, ist die Erzeugung brauchbarer Bildda- Kamera vor (RGB oder sRGB)? ten bei schlechten Sichtverhältnissen in der Ostsee Spätestens beim Blick ins Altaktenarchiv kommt (Sicht unter 1,5 Meter) eine große Herausforderung. dann auch beim Anblick langsam verblassender Es zeigt sich, dass im Vergleich zum Mittelmeer mit Schwarz-Weiß Fotos und alter Zeichnungen und Sichtweiten weit über 5 Metern, eine größere Anzahl Pläne auf inzwischen oft zerbröselndem transparen- an Bildern für die Erstellung eines Models in der tem Millimeterpapier die Frage nach der digitalen Ostsee benötigt wird. Im Vergleich zu bislang übli- Sicherung der Altbestände auf. Der Blick ins Dia- chen Dokumentationsmethoden sind die gerechne- Archiv sieht oft genug auch nicht viel besser aus: ten Modelle aber um einiges genauer und detailrei- Verblassende Farben und kleine schwarze Punkte cher. Im Rahmen dieses Beitrages werden die der- durch Pilzbefall lassen Übles ahnen. Wie scannt man zeitigen Erfahrungen und Ergebnisse dieser For- alte Dokumente am besten? Welche Mindestauflö- schungsarbeit vorgestellt. Dabei wird auch auf eine sung und welche Dateiformate sind für die Langzeit- optimierte Datengewinnung bei Tauchgängen und archivierung gefordert? Sollten Fotos digital anders die zu verwendende Ausrüstung eingegangen. Da als Zeichnungen und Pläne behandelt werden? gerade diese Faktoren entscheidend für die Qualität der Modelle sind, wird diesem Aspekt in der weiteren Untersuchung eine wichtige Bedeutung beigemes- sen. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 14
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 ATM - AdR – VDR. 60 Jahre Tagungen Schmölln 46. Ein mehrphasiger Kult- zur Grabungstechnik. und Bestattungsplatz in der Ucker- Helmut Stickl mark. In einem Rückblick anhand der Tagungsprogramme Öffentlicher Abendvortrag im Rahmen vom VDR , der AdR und des ATM wird eine kleine Entwicklung der Grabungs- und Dokumentations- der Tagung technik, sowie deren Präsentation auf den Verband- stagungen aufgezeigt. Rainer Bartels M.A. Weiterhin sollen markante Ecksteine in der Ver- Moderation Prof. Dr. Thomas Schenk bandsarbeit in Bezug auf den Beruf des geprüften Grabungstechnikers/der geprüften Grabungstechni- Archäologische Untersuchungen am Standort eines kerin besprochen werden. geplanten Regenrückhaltebeckens an der Bundesau- tobahn A11 bei Schmölln brachten im Jahr 2014 Ergänzt wird das Ganze mit hoffentlich vielen Bilder völlig unerwartet ein Gräberfeld mit großflächigen aus einer 60-jährigen Verbands- und Vortragsarbeit. Steinsetzungen zum Vorschein. Der Fundplatz Schmölln 46 im Landkreis Uckermark liegt am Nordwestrand der Randowniederung auf einem Schwemmkegel an einem natürlichen Flussüber- gang. Die vorgeschichtlichen Befunde waren voll- ständig von einem Kolluvium überdeckt. Die meisten Bestattungen sind Urnengräber der frühen vorrömi- schen Eisenzeit, die an der Oberfläche mit sorgfältig gesetzten Steinpflastern von bis zu 8 m Durchmes- ser abgedeckt worden waren. Mehrere Grabanlagen waren durch runde Steinkränze mit Stelen aus gro- ßen Steinblöcken markiert. Der mit 10 m größte Steinkranz enthielt fünf Stelen am Rand und 12 Ur- nen unter bzw. neben einem zentralen Steinpflaster. Drei Befunde wiesen radiale bzw. „speichenförmige“ Steinsetzungen auf. Außergewöhnlich und für Bran- denburg einzigartig sind fünf große lineare Stein- pflaster. Der größte derartige Befund erstreckte sich geradlinig auf 105 m Länge über die gesamte Gra- bungsfläche. Nördlich davon verliefen zwei bis zu 65 m lange schiffsförmige Steinpflaster und am nord- westlichen Grabungsrand eine doppelte schiffsförmi- ge Steinsetzung auf 45 m Länge. Ebenso ungewöhn- lich ist der Nachweis von Kalkanhaftungen, die teil- weise streifenförmige Muster auf den Steinen bilde- ten. Die ältesten Bestattungen sind mittelneolithi- sche Körpergräber der Trichterbecherkultur, darun- ter ein Großsteingrab mit einer spätneolithischen Nachbestattung, die eventuell ursprünglich von ei- nem Langhügel überdeckt waren. Direkt daneben wurde eine Grube mit den Knochen von mindestens acht, vermutlich aus dem Großsteingrab umgebette- ten Individuen freigelegt. Weitere neolithische Be- stattungen befanden sich unter einer der schiffsför- migen Steinsetzungen und am östlichen Ende der Grabungsfläche: Die Bestattungen umfassen somit einen Zeitraum von etwa 3000 Jahren. Im Rahmen der Ausgrabung wurde eine Fläche von fast 0,7 ha untersucht, die Gesamtausdehnung des Fundplatzes ist jedoch noch unbekannt. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 15
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Block oder Nicht Block – Das ist Keine Das Waldglas Projekt - Präventive Frage! Wieso eine Bergung im Block Maßnahmen der Fundbergung und an archäologischen Gläsern Standard Fundversorgung an archäologischen sein sollte. Gläsern. Marina Gerhards, Julia Hammerschmied, Prof. Prof. Dr. Alexandra Jeberien, Dipl. Rest. Olga Dr. Alexandra Jeberien Emgrund Das Landesamt für Denkmalpflege Hessen führte in Stark abgebaute mittelalterliche Holzasche-Gläser den Jahren 1998 bis 2013 Grabungen auf dem frän- stellen an Archäologie und Grabungstechnik und an kischen Reihengräberfeld Büttelborn, Kreis Groß- die Konservierungswissenschaften hohe Anforderun- Gerau, durch. Dabei wurden Glasgefäße aus dem 6. gen. Aktuelle Forschungen widmen sich den Korrosi- und 7. Jahrhundert n. Chr. geborgen. Zum Teil wur- onsprozessen oder der konservatorischen Erhaltung den die Gläser im Block geborgen, teils direkt aus des Glasmaterials. Hingegen liegen über Maßnah- dem Erdreich entnommen. Bereits bei der Übergabe men, die bereits mit der Bergung und Fundbehand- an die Studierenden der Konservierung und Restau- lung archäologischer Gläser einsetzen, nahezu keine rierung/Grabungstechnik an der HTW Berlin zeigten oder nur veraltete Informationen vor. Die Fundver- sich Erhaltungszustände, die auf die Bergungsme- sorgung macht besonderes Know-how und eine thoden und eine Erstfundbehandlung auf der Gra- nachhaltige Planung erforderlich. Bleibt diese aus, bung zurückzuführen sind. folgen mehrheitlich irreversible Schäden der Gläser und ein erheblicher Mehraufwand der konservatori- Wenige Gläser wurden im Block geborgen. Ihre sehr schen Maßnahmen. Im schlimmsten Fall liegt ein empfindliche originale Oberfläche blieb dabei unver- kompletter Substanz- und somit Informationsverlust letzt. Die direkt geborgenen Gläser wurden auf der vor. Viele Landesdenkmalämter sowie der Verband Ausgrabung partiell vorgereinigt. Durch die Ber- der Landesarchäologen in Deutschland greifen diese gungsmethode kam es zum Verlust kleiner Frag- Erkenntnisse in ihren Grabungsrichtlinien auf und mente. Während des Transports rieben die Frag- fordern, dass archäologische Gläser direkt an die mente aneinander, so dass weiterer Materialverlust zuständigen Fachbehörden und Restaurierungswerk- erfolgte. Die originale Oberfläche der Objekte war stätten übergeben werden. Dabei sollte der boden- nicht mehr vorhanden. feuchte Erhaltungszustand bis zur konservatorischen Die Gefäße wurden konservatorisch und restaurato- Bearbeitung erhalten bleiben, so dass Abbauprozes- risch bearbeitet. Es wurden naturwissenschaftliche se minimiert werden. In der Praxis finden diese An- Untersuchungen hinsichtlich ihrer chemischen Zu- forderungen jedoch kaum Anwendung. Das For- sammensetzung und Erhaltung durchgeführt. Um schungsprojekt ‚Waldglas‘ widmet sich der Diskre- Substanzverlust zu verhindern und eine kulturhisto- panz aus Anforderungen und Berufsrealität und eru- rische Typologisierung zu ermöglichen wurden die iert aktuelle Methoden der Glasbergung und Fund- Gefäße zusammengesetzt. Dazu konnte der rever- versorgung. Die Basis dafür bildet das Fundmaterial sible Acrylatesterharz-Klebstoff (Paraloid B72 50% der mittelalterlichen Glashütten im Weserbergland, in Aceton gelöst) verwendet werden. Zudem wurde die durch die Martin-Luther Universität Halle er- eine optimale Transportverpackung aus chemisch forscht werden. Per Umfrage wurden zunächst be- inerten Materialien konzipiert. stehende Methoden, u.a. zur Bergung und Verpa- ckung erschlossen, die anschließend in Laboranwen- Die Direktentnahme, welche leider immer noch die dungen innovativ (weiter-)entwickelt und schließlich gängige Bergungsmethode für archäologische Gläser auf der Grabung evaluiert und optimiert wurden. Ziel darstellt, ist zweifellos schnell durchzuführen. Je- ist es, archäologische Gläser objektgerecht und mili- doch resultiert diese Bergung in hohem Substanz- euerhaltend zu bergen/zu versorgen und gleichzeitig und Informationsverlust. Es gestaltet sich als zeitin- das Fortschreiten der Korrosion zu verhindern. Pa- tensiv den Scherbenverband später im Labor wie- rallel soll eine anwendungsorientierte, realistische derherzustellen. Durch die Vorreinigung ist ein Arbeitsgrundlage für das Grabungspersonal geschaf- enormer Substanzverlust entstanden. Die Gel- fen werden. Daher fließen die Forschungsergebnisse schicht, also die ursprüngliche Originaloberfläche, in einen Leitfaden zur verbesserten Fundbergung geht verloren. Analysemöglichkeiten und wissen- und Fundversorgung archäologischer Glasfunde auf schaftliche Auswertungen sind stark eingeschränkt. Ausgrabungen ein, der sich an Institutionen der Das Kulturgut ist in seiner Substanz und seiner Aus- Bodendenkmalpflege richtet. Dieser wird durch Hin- sagekraft dezimiert. weise für ein objektgerechtes Grabungsequipment Eine Blockbergung bietet dem fragilen Objekt den ergänzt. Das Projekt wurde von der Martin-Luther nötigen Schutz und garantiert die vollständige Erhal- Universität Halle initiiert und in Kooperation mit der tung. Im Labor kann eine adäquate Freilegung unter Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin sowie dem Mikroskop durchgeführt werden. der Otto-Friedrich Universität Bamberg durchge- führt. Gefördert wird es durch die Deutsche Bun- desstiftung Umwelt. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 16
7. Tagung der Fachgruppe Archäologische Ausgrabung 2016 Die Bergung von Scherbenteppichen Das Beste kommt zum Schluss: unter Erhalt der Zusammenhänge. Mehrphasige Siedlungsbefunde mit Matthias Blana Bestattung und Gefäß der frühen Bronzezeit in Schkeuditz, Lkr. Nord- Scherbenteppiche aus Keramik u.a. Materialien (Glas, Putz) im Befund können ab der Bronzezeit bis sachsen. in die Neuzeit auftreten. Ihre Bergung unter Erhalt Dipl. Restauratorin (FH) Tatjana Held, Petra des Zusammenhangs der Bruchkanten ermöglicht Herold, Matthias Rummer einen schonenden Transport, eine bessere Lagerung und spart nachfolgend in der Restaurierung Zeit. Die Aufgrund der Baumaßnahme eines Regenrückhalte- Vorgehensweise ist unabhängig von der Zeitstellung beckens von gut 1 Hektar Größe wurden im Schkeu- - rein materialbezogen. Der Arbeitsablauf wird an- ditzer Ortsteil Wehlitz Siedlungsstrukturen freige- hand von zwei praktischen Beispielen aus der Arbeit legt, deren Zeitstellungen sich vom Neolithikum über der archäologischen Bodendenkmalpflege Bayern die Frühbronzezeit bis in die Eisenzeit einordnen geschildert. ließen. Widrige Faktoren reduzierten die Grabungs- zeit auf wenige Wochen. In dieser Zeit konnte durch ein kleines, eingespieltes Team des Landesamtes für Archäologie Sachsen 3 Hausgrundrisse, mehrere Grubenkomplexe und eine Brandbestattung doku- mentiert werden. Der vorletzte Grabungstag wartete mit einer besonderen Überraschung auf, als beim Abspaten der letzten Verfärbungen im Süden der Fläche ein ungewöhnlich reich verziertes Gefäß an- geschnitten wurde. Die Bergung der Gefäßfragmente war durch den schlechten Erhaltungszustand und die starke Verdichtung des umgebenden Sediments nur erschwert möglich. Beim Feinputz erwies sich die umgebende Mulde als im Planum abgerundet recht- eckige, flache Grube mit weiterhin einem Bronzebeil und Knochenfragmenten, welche eine Interpretation als früh bronzezeitliche Bestattung eines jugendli- chen Individuums mit außergewöhnlichen Beigaben nahelegen. Die Verfüllung konnte am letzten Gra- bungstag fachgerecht abgegraben, die Funde der Restaurierungswerkstatt des LfA übergeben werden. Nachfolgend wird nur auf den Fund des Keramikge- fäßes im Detail eingegangen. Die Scherben des mit Noppen verzierten Gefäßes wurden zunächst gerei- nigt, anschließend zusammengestellt und der Erst- zustand dokumentiert. Hierbei stellte sich heraus, dass es sich um ein linsenförmiges mit drei Henkeln versehenes Gefäß handelt, welches im unteren Be- reich ein Noppendekor aufweist. Beim Zusammenfü- gen konnten, anhand vieler kleiner Details, die Her- stellungstechniken des Objektes im Allgemeinen und des noppenartigen Dekors im Speziellen herausge- arbeitet werden. Ein 3D-Scan des Gefäßes unter- stütze die umfangreiche Dokumentation und trug maßgeblich zum besseren Verständnis des ursprüng- lichen Gebrauchs bei. Verband der Restauratoren e.V. | Tagungsbroschüre 17
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