Wahlen in Brasilien - Die für Aktien sind gut Aussichten - GLOBAL INVESTOR
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Wahlen in Brasilien – Die Aussichten für Aktien sind gut Wie erwartet hat der konservative Kandidat Jair Bolsonaro (PSL) die zweite Runde der brasilianischen Präsidentschaftswahlen mit 55% der gültigen Stimmen gewonnen. Der Kandidat der PT (Arbeiterpartei), Fernando Haddad, kam auf 45%. Bolsonaros wirtschaftspolitische Agenda ist sehr marktfreundlich – Senkung und Vereinfachung von Steuern, Privatisierung von Staatsunternehmen, Reform des Rentensystems. Bolsonaro hat auf diesem Gebiet wenig vorzuweisen, dafür aber den in Chicago ausgebildeten Paulo Guedes zum Leiter seines Finanzteams (und zum künftigen Finanzminister) ernannt. Er ist offenbar bereit, diesem liberalen Ökonomen die Verantwortung für die wirtschaftspolitische Agenda zu überlassen, während er selbst sich auf die Fragen der öffentlichen Ordnung, sein wichtiges Wahlkampfthema, konzentrieren will. Ob die Präsidentschaft von Bolsonaro zum Erfolg wird, hängt vermutlich weniger von seinem eigenen Reformwillen ab, sondern vor allem von seiner Fähigkeit, Reformen durchzusetzen. Diese Frage ist in der Tat von hoher Brisanz, denn seine Partei verfügt nur über 10% bzw. 5% der Sitze in Unterhaus und Senat. Wenn er Erfolg haben will, muss Bolsonaro eine Koalition mit Brasiliens zahlreichen Parteien der Mitte eingehen. Diese haben zwar grundsätzliches Interesse an einer Regierungsbeteiligung, Bolsonaro
wird ihnen aber in verschiedenen Sachfragen entgegenkommen müssen. Ob er hierzu bereit ist, bleibt abzuwarten. Erste Hinweise werden seine Kandidaten für die Sprecher der beiden Häuser liefern – wenn er auf eigenen Parteikollegen besteht, wird es für ihn schwieriger, im Kongress etwas zu bewegen. Günstig ist, dass die alte Regierung unter Temer schon nennenswerte Reformfortschritte erzielt hat – so etwa Ausgabenobergrenzen, Arbeitsmarktreform, die Beseitigung einiger Steuervorteile und eine Reform der staatlich kontrollierten Unternehmen (einschließlich einer deutlichen Senkung der subventionierten Kredite). Die komplette Umsetzung von Bolsonaros Reformagenda würde den Märkten enormen Auftrieb verleihen, ist nach meiner Einschätzung aber nicht erforderlich für eine weiterhin gute Marktentwicklung. Die Beibehaltung der Ausgabenobergrenze in Kombination mit einer leicht verwässerten Rentenreform wäre machbar und könnte die Stimmung in der Wirtschaft verbessern sowie die konjunkturelle Erholung stützen. Stärkeres Wirtschaftswachstum zusammen mit (wegen der weiterhin nicht an der Kapazitätsgrenze arbeitenden Wirtschaft) geringer Inflation und niedrigen Zinsen sollte ein positives Umfeld für höhere Unternehmensgewinne schaffen. Besonders gilt dies für stark inlandsorientierte Unternehmen in der Finanzbranche und im Konsumsektor. Im Vergleich mit den langfristigen historischen Durchschnitten sind die Bewertungen bei zyklusbedingt nach wie vor niedrigen Unternehmensgewinnen immer noch attraktiv. Die Aussichten für Aktien sind also gut.
Risiken für den brasilianischen Markt sehe ich vor allem in einer Nichtumsetzung der Rentenreform bis Ende 2019 und einem Einbruch des chinesischen Wachstums (oder einer globalen Rezession). Brasilien am Scheideweg Brasilien ist eine junge Demokratie. Von 1964 bis 1985 wurde das Land von einer Militärdiktatur geführt. Danach kam der Sieg der Demokratie, welcher in der Nova República (Sechste Republik) mündete, was mit einer Stärkung der bürgerlichen Freiheitsrechte einherging. Im Anschluss daran wurde Brasilien traditionell von der PT (Arbeiterpartei – Partido dos Trabalhadores) und der PSDB (Mitte- rechts – Partido da Social Democracia Brasileira) dominiert. So stellte die PT die vergangenen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva (2003 bis 2011) und Dilma Rousseff (2011 bis 2016). Durch einen 2017 aufgedeckten Korruptionsskandal (Operation Lava Jato) in dem unter anderem das Mineralölunternehmen Petrobas S.A. im Fokus der Ermittlungen stand, kamen Rousseff und Lula da Silva zu Fall. Lula da Silva musste infolgedessen für 12 Jahre ins Gefängnis, was ihn automatisch von der Wahl ausschloss. Eine juristische Anfechtung Lula da Silvas gegen den Ausschluss von der Wahl, wurde final am 31. August 2018 vom obersten Gerichtshof zurückgewiesen. Dilma Rousseff wurde 2016 durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben. Ex- Präsident Lula da Silva ist sehr populär in
Brasilien, besonders unter der ärmeren Bevölkerung, da er selbst ein „Aufsteiger“ ist und während seiner Amtszeit durch staatliche Sozialprogramme mehr als 40 Millionen Brasilianern aus der Armut geholfen hat. Dadurch hat er sich eine Popularität und eine unerschütterliche Basis geschaffen, die auch nach dem Skandal nach wie vor loyal zu ihm steht. Lula da Silva war dadurch auch der designierte Kandidat der PT für die Präsidentschaftswahl 2018. Da Lula da Silva von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen wurde, musste ein neuer Kandidat ernannt werden. Lula da Silva benannte den früheren Oberbürgermeister von São Paulo, Fernando Haddad (Jurist, Ökonom und Doktor der Philosophie), als seinen Protegé. Dieser war den meisten der 147 Millionen brasilianischen Wahlberechtigten unbekannt. Durch die Loyalität einer großen Bevölkerungsgruppe zu Lula da Silva, konnte Haddad aber von Anfang an eine breite Unterstützung erfahren. Ohne die Fürsprache Lula da Silvas wäre dies undenkbar gewesen. Kritiker werfen ihm auch deswegen vor, eine Marionette Lula da Silvas und der PT zu sein. Nicht zu vergessen ist, dass sich Brasilien bis Ende 2017 in einer dreijährigen Rezession befand. Diese konnte trotz politischer Instabilität überwunden werden. Geführt wird Brasilien derzeit vom ehemaligen Vizepräsidenten Michael Temer. Dieser erfreut sich seit Amtsantritt einstelliger Beliebtheitswerte in politischen Umfragen. Darüber hinaus kämpft die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas mit einer hohen Korruption, steigenden Zahlen von Gewalttaten und ausufernder
Kriminalität, die immer neue Rekorde bricht. Begünstigt durch diese Umstände stieg der Stern des Marktfavoriten Jair Bolsonaro. Bolsonaro ist ein Populist und wird gemeinhin als rechtsextrem bezeichnet. Der Ex-Militär präsentiert sich als Law- and-Order-Kandidat, der mit markigen Sprüchen in der Öffentlichkeit Stimmung macht. Bolsonaro hat sich in der jüngeren Vergangenheit mehrfach hetzerisch gegenüber Homosexuellen, Immigranten und negativ gegenüber Frauen geäußert. Seine größten Unterstützer sind konservative evangelikale Christen (27 Prozent der Bevölkerung), Anhänger des Militärs und vor allem wohlhabende und gebildete Brasilianer. Insgesamt kann der Wahlkampf in Brasilien als Kampf der Polarisierung beschrieben werden. Beide Seiten sind extrem und die Bevölkerung ist tief gespalten. Vielen Wählern scheint es um das geringere Übel zu gehen. Während die einen den militanten Populisten und Frauenfeind Bolsonaro verhindern wollen, geht es für andere darum die PT auszubremsen, die für viele Brasilianer für die ausufernde Korruption steht und für reiche Brasilianer den Weg in eine Richtung beschreitet, wie sie momentan in Venezuela unter Präsident Nicolás Maduro zu beobachten ist. Dies erklärt auch die Unterstützung der Vermögens- und Bildungselite für den rechtsgerichteten Kandidaten. Zu bedenken ist auch, dass der uns vertraute europäische Rechts-links-Kompass auf Lateinamerika nicht eins zu eins übertragbar ist. Im ersten Wahlgang am 07 Oktober 2018 erzielte Jair Bolsonaro (PSD) 46 Prozent, Fernando Haddad (PT) kam auf 29 Prozent während Ciro Gomes (PDT) 12 Prozent der Stimmen erzielte. Da keiner der Kandidaten die
Grenzen von 50 Prozent im ersten Wahlgang überschreiten konnte, wird es am 28. Oktober zu einer entscheidenden Stichwahl zwischen Bolsonaro und Haddad kommen. Jair Messias Bolsonaro: Favorit der Märkt Bolsonaro (63), ein ehemaliger Captain der Armee und Offizier der Reserve, ist der Marktfavorit und Präsidentschaftskandidat der PSL (Partido Social Liberal). In der Vergangenheit fiel er vor allem mit Lob für die Militärdiktatur auf. Diese verfolgte in ihrer Wirtschaftspolitik die Förderung staatseigener Betriebe, Infrastruktur und Logistik. Die Hoffnung der Marktteilnehmer liegt aber im Falle eines Wahlsiegs nicht auf Bolsonaro alleine, sondern zu einem großen Teil auf seinem designierten Finanzminister Paulo Guedes und einem starken Beraterteam mit Leuten aus der Privatwirtschaft. Privatisierung Zuletzt äußerte sich Bolsonaro zur Privatisierung, insbesondere im Energiesektor, Stichwort Petrobas. Bolsonaro sieht Privatisierungen als Mittel, die Wettbewerbsfähigkeit brasilianischer Unternehmen zu erhöhen und Korruption entgegenzuwirken. Die Privatisierung von Staatsbetrieben könnte aber in allen Sektoren anstehen. Jedoch sollten Auslandsinvestitionen in strategischen Sektoren wie Energie und Mining „vorsichtig reguliert“ werden. Petrobas ist schon ins Schaufenster gestellt worden für einen wahrscheinlichen Wahlsieg Bolsonaros. Auch über eine Privatisierung des Energieunternehmens Eletrobrás S.A. soll in der kommenden Legislaturperiode erneut abgestimmt werden. Jedoch
wurde betont, dass dies vielmehr mittelfristig bzw. am Ende des Horizonts geschehen wird und kein billiger Ausverkauf stattfinden wird. Zuletzt hieß es, dass wahrscheinlich nur die distribution und refining units von Petrobas privatisiert werden sollen. Als Proxy für eine mögliche Entwicklung der Aktienkurse von Staatsunternehmen kann ein Pricetarget von XP Brokerage für Petrobas herangezogen werden: 33BRL/Share, wenn Bolsonaro gewinnt, gegenüber 22 BRL/Share, wenn Haddad gewinnt. Geldpolitik Es kann erwartet werden, dass Bolsonaro als autoritärer Präsident auftreten und versuchen wird, Einfluss auf geldpolitische Entscheidungen der brasilianischen Zentralbank zu nehmen. Im Bereich der Zentralbankpolitik setzt Bolsonaro auf Stabilität hinsichtlich Personen und Politik. Der brasilianische Real soll laut ihm auf seinem derzeitigen Niveau weitestgehend bleiben und die Zentralbank in den Devisenhandel eingreifen, sofern notwendig.
Handelspolitik China löste 2009 die Vereinigten Staaten als größter Handelspartner Brasiliens ab. Besonders Exporte von Soja und Eisenerzen machen einen Großteil des Handelsvolumens aus. Jedoch hat Bolsonaro Bedenken bezüglich chinesischer Auslandsinvestitionen und des Ausverkaufs der brasilianischen Wirtschaft geäußert. Stattdessen bevorzugt er eine starke Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten. Dies könnte auch für die Vergabe von Staatsaufträgen und Übernahmen durch ausländische Unternehmen ein bedeutender Faktor werden, auch wenn Bolsonaro die Aussagen nachträglich relativierte und China als „außergewöhnlichen“ Partner bezeichnete. Rentenreform Brasilien hat eines der großzügigsten Rentensysteme der Welt, was nahezu ein Drittel der brasilianischen Staatsausgaben in Anspruch nimmt und sich somit stark negativ auf das Staatsdefizit (-8.3 Prozent für 2018) auswirkt. Bolsonaro sagt, dass das Rentensystem in Brasilien reformiert werden müsse; als Abgeordneter hatte er sich noch gegensätzlich geäußert. Detaillierte Pläne zu einer Reform des Rentensystems wurden bis jetzt noch nicht veröffentlicht. Des Weiteren plant Bolsonaro, das aufgeblähte Beamtensystem des Landes ins Visier zu nehmen und auch Sozialhilfeprogramme zu überprüfen, darunter „Bolsa Familia“ was zuletzt vor allem durch das erschleichen von Sozialleistungen in den Schlagzeilen stand. Von Bolsonaro ist zum Machterhalt eine Politik für die Oberschicht zu erwarten, statt sozialer Programme wie unter Ex- Präsident Lula da Silva. Die Auswirkungen auf den privaten Konsum sind nicht genau messbar, da
Programme wie zum Beispiel „Bolsa Familia“ primär nur den Grundbedarf auf sehr niedrigem Niveau abdecken, aber in der Vergangenheit einer nicht bezifferbaren Anzahl von armen Brasilianern den Weg in die Mittelschicht eröffnet hat. Auslandsinvestitionen Gemeinhin wird erwartet, dass Bolsonaro durch eine Law-and-Order-Politik das Umfeld für ausländische Investitionen in die brasilianische Wirtschaft verbessern wird. Hierzu zählt insbesondere der Kampf gegen Korruption und Kriminalität. Ferner hat Bolsonaro angekündigt, sich an bestehende Verträge halten zu wollen, was die Rechtssicherheit für ausländische Investitionen verbessert. Brasilien ist nach wie vor ein wachsendes Land und die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Auch das Durchschnittsalter ist mit 33,5 Jahren im Jahr 2020 noch relativ jung im Vergleich zu den meisten entwickelten Volkswirtschaften. Ein großer Pool an Arbeitskräften und Wachstumschancen sind unter stabilen wirtschaftspolitischen Voraussetzungen ein ideales Umfeld für Auslandsinvestitionen. Finanzminister Im Falle eines Wahlsiegs der PSD wird voraussichtlich Paolo Guedes (69) Finanzminister werden. Der Ökonom und Mitgründer der Investmentbank BTG Pactual ist in der Vergangenheit politisch nur beratend in Erscheinung getreten und hat sich nach seiner Zeit als Banker einen Namen als Unternehmer im brasilianischen Bildungssektor und Gründer einer Private-Equity-Firma gemacht. Guedes ist Absolvent der University of Chicago, wo er 1978 seinen Ph.D. erlangte. Chicago wurde zu dieser Zeit vom späteren
Nobelpreisträger Milton Friedman geprägt. Friedman war Zeit seines Lebens ein Anhänger freier Märkte. Auch Guedes kann als Anhänger dieser Lehre gesehen werden. Die Privatisierung von Staatsunternehmen und Deregulierung verschiedener Sektoren wurde bereits angekündigt. Ferner hat Guedes 1989 den Kandidaten Guilherme Afif Domingos (PSD) bei seiner Präsidentschaftskampagne in Wirtschaftsthemen beraten. Domingo ist ebenfalls ein Mann aus der Wirtschaft der zuletzt das Amt des Vize-Gouverneur von São Paulo (2011 bis 2015) bekleidete. Fernando Haddad Fernando Haddad (55) ist der Kandidat der PT und von libanesischer Abstammung. Der Jurist, Volkswirt und Doktor der Philosophie war überwiegend im öffentlichen Dienst tätig. Zudem war er Sonderberater des Ministeriums für Planung, Haushalt und Verwaltung. Haddad ist ein ausgebildeter Bürokrat, der aller Voraussicht nach nicht den Staatsapparat abbauen wird. Von 2012 bis 2017 war er Oberbürgermeister von São Paulo. Ein eigenes, landesweites, politisches Profil konnte Haddad bisher nicht entwickeln. Vielmehr gilt er als Mann des von der Wahl ausgeschlossenen Ex-Präsidenten Lula da Silva. Die Nähe zu Lula da Silva ist für den Kandidaten, der im ersten Wahlgang 29 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte, Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite garantiert Lula da Silva eine loyale Wählerbasis, die ihn sonst nicht beachten würde, auf der anderen Seite ist Lula da Silva der Grund, warum er für viele Brasilianer nicht wählbar ist. Zwar besteht die Wahrscheinlichkeit, dass er die Stimmen der Anhänger
des ultralinken Kandidaten Gomes (12 Prozent im ersten Wahlgang) in einer Stichwahl erhält. Jedoch müsste er dafür sein politisches Profil in diese Richtung schärfen. Gomes fiel damit auf, dass er Investoren davon abriet, in staatliche Unternehmen zu investieren, da er sie im Falle eines Wahlsieges enteignen würde. Eine solche Politik ist von Haddad nicht zu befürchten. Haddad machte sich dafür stark, die Austeritätspolitik zu beenden. “Without public investment, without families spending, without cheap credit, the economy won’t recover.” Haddad, der als moderater Kandidat der PT antritt, wird vermutlich seine Wirtschaftspolitik an der Politik seiner Vorgänger und dem Programm der PT ausrichten. Hierzu gehören Pläne, die Budgetrestriktion des öffentlichen Haushalts auszuweiten und an dem, den Haushalt belastenden Rentensystem festzuhalten, sowie eine Fortführung und Ausweitung staatlicher Sozialprogramme. Ein Anstieg der Staatsausgaben ist im Falle eines Sieges nahezu ausgemacht. Zu erwähnen ist, dass Rousseff auch abgesetzt wurde, weil sie sich über Budgetrestriktionen hinwegsetzt hat. Um eine Chance auf den Wahlsieg zu haben, muss Haddad sich wirtschaftsfreundlicher zeigen, um vor allem Stimmen aus dem gemäßigten Zentrum und den mittleren bis oberen Einkommensschichten hinzuzugewinnen. Bereits im August soll sich Haddad einem Reuters- Bericht zufolge mit Abgesandten von Banken und Investment-Firmen getroffen haben. Ein strategischer Zug, den auch schon Lula da Silva 2002 unternahm und anschließend den Wahlsieg errang, nachdem er eine liberalere Wirtschaftspolitik ankündigte. Der
Konsensus der Investoreneinschätzung ist, dass Haddad offener ist für eine wirtschaftsfreundliche Politik als erwartet und aufgeschlossener ist als der Grundtenor der PT. Im Falle eines Wahlsieges wird erwartet, dass sich seine Wirtschaftspolitik an der ersten Amtszeit Lula da Silvas orientiert und nicht an jener der ausgabefreudigen Dilma Rousseff, deren Wirtschaftspolitik er teilweise kritisierte. So wurde unter Dilma Rousseff z. B. dem Mineralöl- Unternehmen Petrobas von Seiten der Regierung der Preis diktiert. Eine Form der Wirtschaftspolitik, von der Fernando Haddad sich öffentlich distanziert. “I’m against using Petrobras to combat inflation. Petrobras is a company, it has shareholders,” so Haddad. Einen Investmentbanker als Berater an seiner Seite hat Haddad dennoch kategorisch ausgeschlossen. Den Schwerpunkt seiner Wirtschaftspolitik will Haddad auf das Schaffen von Arbeitsplätzen legen. Ein geeigneter Kandidat für das Amt des Finanzministers wäre seiner Ansicht nach Josue Gomes, Sohn des ehemaligen brasilianischen Vizepräsidenten Jose Alencar. Zudem machte sich Haddad zuletzt öffentlich für ein einheitliches Rentensystem stark. Einen Verkauf der Staatsunternehmen Petrobas, Banco de Brasil, CEF (Caixa Economica Federal), Eletrobas und der brasilianischen Post Correios (Empresa de Correios e Telegrafos) hat Haddad bis jetzt verneint. Möglicherweise sollen die Staatsunternehmen die Sozialprogramme und das Rentensystem Brasiliens in Zukunft finanzieren und zu diesem Zweck auch zukünftigen Generation zur Verfügung stehen. Offen bleibt aber, wie viel eigenes Gewicht in Haddads Ankündigungen steckt. Schließlich begründet
sich sein Erfolg auf dem Wohlwollen Lula da Silvas und der PT. Diese könnten Haddad genauso schnell fallen lassen, wie sie ihn hervorgebracht haben. Eine Hochrechnung des Portals Datafolha (Datafolha hat den Sieg von Bolsonaro im ersten Wahlgang mit 32 Prozent geschätzt, 46 Prozent waren es am Ende) sieht das Wahlergebnis der Stichwahl derzeit bei 58 Prozent zu 42 Prozent zugunsten Bolsonaros (Stand 15. Oktober 2018). Eine Umfrage des Instituts Ibope vom 16. Oktober sieht Bolsonaro gar bei 59 Prozent. Sollte Haddad dennoch gewinnen, ist damit zu rechnen, dass die Aktienkurse um die Gewinne der letzten drei Monate teilweise bereinigt werden. Dennoch ist ein Wahlsieg Haddads kein Weltuntergang für die brasilianische Wirtschaft, sollte sich Haddad an der ersten Amtszeit Lula da Silvas orientieren. Diese endete 2006 und war von Wirtschaftswachstum und einer sinkenden Armutsrate geprägt. Auch in der zweiten Amtszeit konnte das Wirtschaftswachstum aufrechterhalten werden. Jedoch spaltete sich das Land zunehmend was in einem polarisierenden Wahlkampf im Herbst 2018 resultierte. Wertentwicklung im Ibovespa Index nach Unternehmen und Sektoren Im Zeitraum 18. Juni 2018 bis 10. Oktober 2018 hat der brasilianische Ibovespa-Index um starke 19,86 Prozent zugenommen. Diese Entwicklung wurde angetrieben von einem wahrscheinlichen Sieg Bolsonaros. Sollte Bolsonaro wie erwartet die Wahl gewinnen, ist davon auszugehen, dass die Aktienkurse der in den vergangenen Monaten profitierenden Sektoren und Unternehmen auch während seiner Amtszeit profitieren werden. Im Ibovespa-Index waren
dies vor allem Nicht-Basiskonsumgüter (+16,33 Prozent), Energie (+55,05 Prozent), Finanzwerte (+31,46 Prozent) und Real Estate (23,61 Prozent) sowie Versorgungsunternehmen (21,30 Prozent). Ferner sollte der brasilianische Real gegenüber Fremdwährungen aufwerten, da ein ausuferndes Budgetdefizit eher im Falle eines Wahlsieges Haddads zu befürchten ist. Dies könnte auch Auswirkungen auf die Produktion und somit den Preis von Kaffee und Zucker haben, beide Commodities werden in US-Dollar gehandelt. Im selben Zug ist auch zu erwarten, dass die Risikoprämie für brasilianische Staatsanleihen sinken wird. Entscheidend wird sein, wie schnell Guedes die Privatisierung vorantreibt und wie schnell und in welchem Umfang das Rentensystem reformiert wird. Dies könnte ceteris paribus zu einem günstigeren Klima für Investition führen und mit einer prosperierenden brasilianischen Wirtschaft einhergehen. Sollte entgegen den Erwartungen der PT- Kandidat, Fernando Haddad, als Sieger aus der Wahl hervorgehen, könnten die Sektoren Energie und Finanzen ihre Gewinne einbüßen. Profitieren könnten dann Unternehmen, die von Staatsausgaben profitieren. Besonders Konsumgüterhersteller könnten in den Fokus der Investoren geraten. Eine Reform des Rentensystems und eine Privatisierungswelle im Sinne Thatchers ist unter Haddad nicht zu erwarten.
Brasilien verspricht Rendite-Chancen Die absehbare Wahl des Rechtspopulisten Jair Bolsonaro zum brasilianischen Staatspräsidenten ermöglicht neue Anlagestrategien. Brasiliens politische Unsicherheit der vergangenen zwei Jahre wäre dann vorüber. Kurzfristig dürfte eine liberale Agenda zu einem Anstieg der über Jahre aufgeschobenen Investitionen und des Konsums in dem Schwellenland führen. Dieses Wirtschaftswachstum könnte den finanzpolitischen Spielraum des Landes vergrößern. Finisterre Capital, eine Boutique von Principal Global Investors, hält deshalb eine „Long-Position“ in brasilianische Anlagen. Zum einen setzt der Asset Manager auf nach Unternehmensentwicklung ausgesuchte
Wertpapiere, zum anderen auf den steigenden Wechselkurs des Real. Die Wertpapiere werden als Risikoausgleich durch Sovereign CDS, also handelbare Versicherungsscheine gegen Zahlungsausfälle, abgesichert. Weder Kandidat Jair Bolsonaro noch die liberal- konservative Partei PSL haben sich bislang durch eine große Wirtschafts- und Finanzexpertise ausgezeichnet. Aufgrund dieser Tatsache ist es umso interessanter, wen der Rechtspopulist für den Posten des künftigen Finanzministers und des Zentralbankchefs vorschlagen sollte. Es ist davon auszugehen, dass Brasiliens möglicher Staatspräsident Bolsonaro die Experten in ihren Ämtern gewähren lässt, solange sie sich nicht grundsätzlich in seine ideologische Agenda einmischen. Als aussichtsreicher Kandidat gilt Paulo Guedes, bislang Bolsonaros Wirtschaftsberater. Der ehemalige Banker Guedes hat erste richtige Signale gesendet. Er will notwendige Renten-, Haushalts- und Finanzreformen umsetzen. Auch weiteren Privatisierungen steht er offen gegenüber. Nähere Details sind dazu noch nicht bekannt. Nach wie vor benötigt Brasilien dringend eine weitreichende Finanz- und Wirtschaftsreform, um das Wirtschaftswachstum zu erhöhen und die Schuldentragfähigkeit des Schwellenlandes sicherzustellen. Darüber hinaus sind Diversifizierungen von natürlichen Ressourcen, Investitionen in die Infrastruktur und die Bildung notwendig.
Stichwahl in Brasilien: Fünf Antworten Wie beurteilen Sie den Zustand der brasilianischen Wirtschaft? Nicht alle Kennzahlen in Brasilien sind schlecht: Die Auslandsverschuldung ist relativ gering, die Inflation niedrig und das Leistungsbilanzdefizit in den letzten Jahren deutlich zurückgekommen. Allerdings muss das brasilianische Volk derzeit schmerzlich erfahren, dass nicht dauerhaft zulasten der Zukunft regiert und gelebt werden kann. Der jüngste Abschwung an den Rohstoffmärkten ging einher mit der schwersten Rezession in der Geschichte des Landes. Was sind die größten Herausforderungen für den Wahlsieger? Wer die Stichwahl am 28. Oktober gewinnt, wird sich der Herkulesaufgabe stellen müssen, lange überfällige Strukturreformen unter massivem Gegenwind der Bevölkerung und der Opposition umzusetzen. Hierzu zählen die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und vor allem die bei der Bevölkerung
verhasste Reform des Pensionssystems. Ohne Erfolg an dieser Front werden Pensionsaufwendungen jährlich um ca. 0,3% des BIP wachsen und somit Kürzungen bei Gesundheit, Bildung und öffentlichen Löhnen erforderlich machen. Neben den strukturellen Themen wie Reformbedarf und Korruption ist vor allem das massive Haushaltsdefizit (-7,8% des BIP für 2017, Tendenz weiter steigend) besorgniserregend. Die daraus resultierende wachsende Staatsverschuldung hatte bereits 2017 mit 73% des BIP ein Niveau erreicht, bei dem es historisch für ein Schwellenland extrem schwierig ist, ohne radikale und schmerzhafte Rosskur zu gesunden. Werden hier nicht zeitnah Fortschritte erzielt, droht ein Teufelskreis weiter ansteigender Refinanzierungskosten durch erhöhte Länderrisikoprämien, u.a. aufgrund von Ratingherabstufungen. Diese stellen eine nachhaltige Finanzierung des schnell wachsenden und besorgniserregend hohen Schuldenberges in Frage. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen erwarten Sie bei einem Wahlsieg Fernando Haddads? Es ist fraglich, ob Fernando Haddad die notwendigen Strukturreformen angehen würde. Er hat sich u.a. für die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen und für die Aufhebung der verfassungsrechtlich verankerten Ausgabengrenze ausgesprochen. Selbst wenn er die öffentlichen Ausgaben in nennenswertem Maße reduzieren möchte, ist mit massiven Gegenwind von
seiner eigenen Partei zu rechnen, die als Bollwerk gegen Wirtschaftsreformen gilt Was erwarten Sie von Jair Bolsonaro im Falle eines Wahlsieges? Das überraschend klare Abschneiden von Bolsonaro in der ersten Runde erhöht die Siegchancen in der Stichwahl deutlich und dürfte sehr positive für brasilianische Assets sein. Mit seinem Wahlsieg verbindet sich die Hoffnung auf die Implementierung dringend nötiger Strukturreformen und ein entschlossenes Vorgehen gegen Korruption und Kriminalität, welche die wirtschaftliche Entwicklung bremsen. Jair Bolsonaro gibt zu, wenig von Wirtschaft zu verstehen und ist in der Vergangenheit auch nicht als Reformer aufgefallen. Die Wahl seines Wirtschaftsberaters, des international anerkannten Ökonomen und Bankers Paulo Guedes, hat ihm jedoch Vertrauen bei Investoren eingebracht. Bolsonaros Team hat – anders als Haddad – die wirtschaftlichen Herausforderungen klar benannt. Inwieweit die richtige Identifizierung der Probleme nach einem möglichen Wahlsieg in nachhaltige Reformen übersetzt werden kann, ist derzeit in keiner Weise verlässlich prognostizierbar Was ist notwendig, um
Brasilien wieder zu stärken? Helfen würde dem Land eine Erholung der Rohstoffmärkte, aber ohne ein deutliches Bekenntnis zu Strukturreformen werden Ratingabstufungen und eine weitere Erosion des wirtschaftlichen Vertrauens nicht zu verhindern sein. Dies würde die derzeitige Polarisierung weiter verschärfen. Von den Wahlen in Brasilien profitieren Unser Portfolioaufbau hat nicht das Ziel, ein Engagement in einem bestimmten Land einzugehen. Bei unserem Investmentprozess geht es darum, Portfolios nach dem Bottom-up-Ansatz Aktie für Aktie aufzubauen und in die rund um den Globus verfügbaren besten Geschäftsmodelle zu investieren. Allerdings finden wir für unsere Investments viele von diesen Unternehmen gerade in Brasilien. Unternehmen wie Ambev, Lojas Renner, Banco Itau und Ultrapar sind nur einige Beispiele. Unabhängig vom Wahlausgang glauben wir, dass diese Unternehmen ausreichend Möglichkeiten für weiteres Wachstum bieten. Wer auch immer der nächste Präsident wird, die Verbraucher in Brasilien werden ihre Lieblingsbiermarke weiterhin schätzen, zum Tanken zu der Tankstelle in der Nachbarschaft fahren und Mode zu attraktiven Preisen kaufen. Das Risiko im Umfeld der Wahlen bietet uns gewissermaßen die Chance, in diesen Bereichen zu
niedrigeren Bewertungen zu kaufen. Unsere Investments in Brasilien werden sich nicht aus dem Ergebnis der Wahlen begründen Der Markt ist zu sehr auf den nächsten Präsidenten fokussiert und unterschätzt die Tatsache, dass Brasilien nachweislich über solide Institutionen verfügt. Die Operation Lava Jato (zu Deutsch „Autowäsche“) im Zusammenhang mit dem Petrobras- Korruptionsskandal hat gezeigt, dass das Justizsystem funktioniert und niemand über dem Gesetz steht. In den letzten Jahren stand das Land mehrfach vor schweren Herausforderungen (Amtsenthebung eines Präsidenten, schwerste Rezession seit einem Jahrhundert, Inhaftierung von Ex-Präsident Lula da Silva), und der demokratische Prozess setzte sich dennoch fort. Es ist kein Kinderspiel für Brasilien, in wenigen Wochen trotz all dieser Probleme Wahlen zum Staatspräsidenten, zu den Gouverneuren der Bundesstaaten und zum Kongress durchzuführen. Das große Fiskalproblem, mit dem das Land konfrontiert ist, ist nicht zu unterschätzen, aber den rechten und linken Kandidaten ist die Wichtigkeit der Debatte über Rentenreform und Steuerstabilität sehr wohl bewusst. Der nächste Präsident wird mit dem Auftrag gewählt, Arbeitsplätze zu schaffen und die Lebensbedingungen für Millionen von Menschen zu verbessern. Die Fiskalreform ist an dieser Stelle keine ideologische Debatte, sie ist eine Frage der Regierungsfähigkeit.
Nach dem Sturm kommt immer die Ruhe Auf mittlere Sicht sind wir positiv eingestellt. Die Regierung muss ein Mindestmaß an Glaubwürdigkeit wiederherstellen, um das Vertrauen des Marktes zurückzugewinnen. Der nächste gewählte Präsident wird den politischen Rückhalt dafür haben, was beim derzeitigen Präsidenten Michel Temer nicht der Fall ist. Brasilien ist auf dem Weg zu einer wichtigen Debatte über die Rolle des Staates in der Wirtschaft. Die früheren Regierungen mussten an diesem Thema nicht so hart arbeiten, es gab Raum für höhere Steuern und Schulden, da der Anteil am BIP geringer war. Dies ist nicht mehr möglich. Wir halten diese Debatte für wichtig, nicht nur, um die Finanzkonten des Staates wieder ins Gleichgewicht zu bringen, sondern auch, um einen stabileren Wachstumspfad zu fördern, was bislang für den Markt eher frustrierend gewesen ist. Erholungspotenzial jenseits der negativen Schlagzeilen? Die Wahlen in Brasilien werden von Unsicherheit bestimmt. Bei Umfragen erzielt bislang kein Kandidat Ergebnisse, die auf einen Sieg schon in der ersten Runde am 7. Oktober hindeuten. Das Rennen wird sich
daher wohl bis zur Stichwahl am 28. Oktober hinziehen. Der führende Kandidat wurde jüngst Opfer einer Messerattacke. Ein weiterer potenzieller Kandidat, Ex-Präsident Lula, verbüßt gerade eine Haftstrafe wegen Korruption – und darf laut einer kürzlich gefallenen Gerichtsentscheidung überhaupt nicht fürs Präsidentenamt kandidieren. Das Land hat gerade erst eine Rezession hinter sich gebracht und wurde von zwei großen Ratingagenturen Anfang des Jahres herabgestuft. Der brasilianische Real ist eine der schwächsten Währungen des Jahres und fiel gegenüber dem US-Dollar um 20 Prozent. Wo sind für Anleger also die guten Nachrichten? So schwierig das politische Umfeld auch sein mag: Unter der turbulenten Oberfläche gibt es für Investoren dennoch Lichtblicke bei Aktien, Anleihen und auch bei der Währung. Aktienanleger dürfte ermutigen, dass das Gewinnwachstum der Unternehmen mit 21 Prozent in diesem und erwarteten 18 Prozent im kommenden Jahr zu den global höchsten zählt. Diese Verbesserung ist größtenteils auf den hohen operativen Hebel zurückzuführen, den brasilianische Unternehmen im Gefolge der Rezession aufweisen. Dadurch wirken sich selbst geringe Umsatzsteigerungen erheblich auf die Gewinne aus. Dieses hohe Ertragswachstum gibt es zu einem Kurs- Gewinn-Verhältnis von 11 auf Basis der prognostizierten Gewinne für 2018 – ein Wert, der ungefähr dem Durchschnitt der ohnehin günstig bewerteten Schwellenländer entspricht. So ergibt sich eine seltene Mischung von Wachstum zu einem vernünftigen Preis. Bei Anleihen erhalten Investoren 10-jährige Renditen
über 6 Prozent auf US-Dollarbasis und über 12 Prozent in lokaler Währung. Beide Zinssätze sind damit aktuell am oberen Ende aller Schwellenländer- Emittenten – und die höchsten der jüngsten brasilianischen Geschichte. Wenn sich die Stimmung nicht verschlechtert und die Preise stabil bleiben, sind dies sehr attraktive Kupons. Und schließlich können auch Währungsinvestoren auf Wertsteigerungen hoffen angesichts der scharfen Korrektur seit Jahresbeginn und der nunmehr ausgeglichenen Leistungsbilanz Brasiliens. Natürlich gibt es keine Garantie, dass es bis zu den Wahlen und darüber hinaus keine Volatilität und kein bedeutendes Abwärtsrisiko gibt. Eine große Sorge besteht um die Nachhaltigkeit der Finanzpolitik, insbesondere im Bereich der sozialen Sicherheit. Es ist vor einer Wahl natürlich kaum zu erwarten, dass ein Kandidat die Kürzung von Sozialleistungen und anderen Ausgaben in den Fokus seines Wahlprogramms stellt. Reformen in diesem Bereich sollte man daher nicht als zwangsläufig ansehen. Dennoch haben die Kandidaten ihre Absicht angedeutet, das Haushaltsdefizit sofort nach ihrem Amtsantritt in Angriff zu nehmen. Das schafft Chancen für einige positive Überraschungen angesichts des extremen Pessimismus, der aktuell in den brasilianischen Vermögenswerten eingepreist ist. In Anbetracht der erheblichen Korrektur ist eine Erholungsrallye alles andere als unwahrscheinlich.
Brasilien-Wahl: Die Kandidaten im Überblick Am 7. Oktober findet die Wahl in Brasilien statt. Die über 145 Millionen wahlberechtigten Brasilianer des flächenmäßig fünftgrößten Landes der Welt wählen an diesem Tag neben dem Staatspräsidenten auch einen neuen Nationalkongress. Sollte keiner der Präsidentschaftskandidaten eine absolute Mehrheit erzielen, sind die Brasilianer am 28. Oktober aufgerufen, wieder an die Wahlurnen zu treten. Der derzeitige brasilianische Präsident, der 77- jährige Michael Temer, ist einer der unbeliebtesten in der noch jungen demokratischen Geschichte des Landes. Nach einem beispiellosen Korruptionsskandal, der nahezu alle Parteien betraf und zu einer Erschütterung der Grundfeste der Demokratie führte, geht es bei der Wahl im Oktober um nicht weniger als die Zukunft der brasilianischen Demokratie und die Frage, ob dem wirtschaftlich stärksten Land Lateinamerikas ein politischer Neuanfang gelingt. Insgesamt haben 13 Kandidaten dem Obersten Wahlgericht ihre Kandidatur für das Präsidentenamt gemeldet. Nachfolgend werden die in den jüngsten Umfragen (Stand 17.09.2018; Quelle: CNT/MDA) aussichtsreichsten fünf Kandidaten vorgestellt. Ein stark fragmentiertes Kandidatenfeld Der 63-jährige Jair Bolsonaro liegt in den Umfragen bei 28 Prozent. Bolsonaro wurde am 6. September auf
einer Wahlkampfveranstaltung in Südbrasilien Opfer einer Messerattacke. Der ehemalige Hauptmann des Militärs fällt immer wieder mit homophoben, frauenfeindlichen und rassistischen Äußerungen auf. Mit 5,4 Millionen Facebook-Fans (zum Vergleich: Lula 3,5 Mio.; Marina Silva 2,3 Mio.; Alckmin 930.000; Ciro Gomes 310.000) dominiert Bolsonaro die neue Social Media-Welt. In der Presse gilt Bolsonaro auch als „Brasiliens Trump“ und gilt als Anti-System- Kandidat. Fernando Haddad liegt in den Umfragen bei 18 Prozent. Der 55-Jährige ersetzt in letzter Minute den ehemaligen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva, der in einem in Brasilien umstrittenen Korruptionsverfahren zu 12 Jahren Haft verurteilt wurde und gemäß Entscheidung des Obersten Wahlgerichtes nicht kandidieren darf. Haddad hielt von 2013 bis 2017 die Position des Bürgermeisters von São Paulo inne und war einst Brasiliens Bildungsminister. Haddads Idee, São Paulo mit mehr Radwegen auszustatten, brachte ihm ein grünes Image ein. Spannend wird, ob es Haddad schafft, einen großen Teil von Lulas Stimmenpotenzial in den verbleibenden Wochen auf sich zu ziehen. Innerhalb der letzten Woche sind die Umfragewerte von Haddad von allen Kandidaten am deutlichsten gestiegen (von 8 Prozent auf 18 Prozent). Der 60-jährige Ciro Gomes, ein studierter Jurist, liegt in den Umfragen mit 11 Prozent derzeit auf dem dritten Platz. Er blickt auf eine über 30-jährige politische Karriere zurück. Gomes plädiert gegen die Privatisierung des halbstaatlichen Erdölkonzerns Petrobras. Ausländische Investoren verschreckt Gomes zudem durch Aussagen, dass alle Ölfelder, die seit
der Amtsenthebung der ehemaligen Staatspräsidentin Dilma Rousseff an das Ausland verkauft worden seien, enteignet würden. Der 65-jährige Geraldo Alckmin mit Umfragewerten von 9 Prozent gilt als Favorit der Finanzmärkte, aber seine Umfragewerte sind noch zu tief. Der 65-jährige studierte Mediziner ist Mitgründer der sozialdemokratischen Partei und gilt als erfahrener und souveräner Politiker. Bis April 2018 regierte er den bevölkerungsreichsten Bundesstaat São Paulo, aus dem der Präsidentschaftskandidat auch stammt. Alckmin steht für eine liberale Wirtschaftspolitik und Entbürokratisierung. Alckmin spricht eher Wähler mit höheren Einkommen und Großunternehmer an. Marina Silva vereint in den Umfragen 4 Prozent Stimmen auf sich. Die 60-jährige studierte Historikerin ist dem linken Parteienspektrum zuzuordnen. Sie möchte die Umwelt, das von ihr hauptsächlich besetzte Thema, besser mit der Wirtschaft, einschließlich dem Agrobusiness, verbinden. Marina Silva war im Zeitraum 2003 bis 2008 Umweltministerin und ist die einzige Frau im Feld der Spitzenkandidaten. Das brasilianische Kandidatenfeld ist stark fragmentiert. Das macht die Analyse knapp drei Wochen vor der Wahl nicht einfach. Die beschriebenen fünf Kandidaten vereinen in der jüngsten Umfrage 67 Prozent der Stimmen auf sich. Kandidaten mit derzeit einstelligen Popularitätswerten können durchaus noch an Zustimmung in der Bevölkerung gewinnen und für Überraschungen beim Wahlausgang sorgen. Am Ende muss ein Kandidat die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erreichen, um neuer Präsident zu werden.
Die möglichen Auswirkungen für die Finanzmärkte Alckmin steht für eine liberale Wirtschaftspolitik und Entbürokratisierung und ist eigentlich der Favorit der Börsianer. Da er jedoch in den Umfragen bisher nur einstellige Popularitätswerte erhält, erscheint es aus jetziger Sicht unwahrscheinlich, dass er das Rennen zum Präsidenten für sich entscheiden kann. Knapp drei Wochen vor der Wahl sieht es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Jair Bolsonaro und Fernando Haddad aus. Falls Bolsonaro gewinnt, könnte dies positive Auswirkungen auf die brasilianische Währung, den brasilianischen Real, und brasilianische Aktien haben. An der Seite von Bolsonaro steht als Finanzberater der Investmentbanker Paulo Guedes. Dieser möchte staatliche Firmen privatisieren (z.B. Banco do Brasil und Petrobras) und damit die Staatsschulden reduzieren. Fernando Haddad kandidiert für Brasiliens Arbeiterpartei als Präsidentschaftskandidat. Sollte der Linkspolitiker Haddad gewinnen, könnten der brasilianische Real und brasilianische Aktien darunter leiden. Am brasilianischen Finanzmarkt scheint allerdings auch schon einiges an potenziell negativen Entwicklungen eingepreist. Der brasilianische Real hat gegenüber dem Euro in diesem Jahr bereits 18 Prozent seines Wertes verloren und der brasilianische Aktienmarkt notiert derzeit mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis für das laufende
Jahr von 11,3 bereits 30 Prozent unter dem im Oktober 2016 markierten Fünf-Jahres-Bewertungshoch von 16,1. Vor diesem Hintergrund schließen wir auch eine brasilianische Erholungsrallye nach dem Wahlausgang in Brasilien nicht aus. Wird Brasilien das nächste Krisenland? Könnte Brasilien nach Argentinien und der Türkei das nächste Schwellenland sein, das in eine Krise gerät? „Die Entwicklungen in den Emerging Markets stehen in keinem Zusammenhang zueinander“, sagt Erik Lueth, Global Emerging Market Economist bei Legal & General Investment Management (LGIM). Stattdessen habe jedes Land mit seinen spezifiischen Schwächen zu kämpfen. „Für Brasilien sind die Herausforderungen vor allem das beachtliche Haushaltsdefizit und die Präsidentschaftswahlen im Oktober“, erklärt der Experte. Haushaltsdefizit ist ein Unsicherheitsfaktor Mit Luiz Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei PT und dem Kongressabgeordneten Jair Bolsonaro lagen in den Umfragen bislang Kandidaten der extrem links- und rechtsgerichteten politischen Lager vorne. Während das oberste Wahlgericht den ehemaligen Präsidenten inzwischen aufgrund seiner Verurteilung wegen Korruption von den Wahlen ausgeschlossen hat,
konnte Bolsonaro, der bei einer Wahlkampfveranstaltung mit einem Messer angegriffen wurde, seinen Vorsprung weiter ausbauen. Geraldo Alckmin, der Präsidentschaftskandidat der konservativen Zentrumsparteien, ist im Rückstand. „Brasilien fehlt es an einem fiskalischen Anker“, sagt Lueth. Dieses Thema stehe im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen aus Anlegersicht im Zentrum. Das Haushaltsdefizit des Landes liege über einem tragfähigen Niveau. Gleichzeitig betrage die Staatsverschuldung fast 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und die Sozialausgaben stiegen rapide an. „Investoren sind sich der Verschuldungsdynamik Brasiliens sehr bewusst. Trotzdem haben sie dem Land einen Vertrauensvorschuss gewährt, nachdem die gegenwärtige Regierung Maßnahmen zur Stabilsierung der öffentlichen Schuldenlast eingeleitet hatte“, analysiert Lueth. Nach Meinung des Experten haben diese nun die Hoffnung, dass die nächste Regierung die Haushaltskonsolidierung erfolgreich abschließt, vor allem durch eine umfassende Rentenreform. „Da die meisten Staatsschulden von Brasilianern gehalten werden und das in Landeswährung, ist das Ausfallrisiko gering. Sollte die neue Regierung jedoch die Rentenreform nicht verabschieden, könnten Anleger, die eine Monetarisierung der Schuldenlast befürchten, Investitionen in großem Stil abbauen“, erklärt Lueth. Dies sei zum Beispiel im Jahr 2015 geschehen, als der brasilianische Real die Hälfte seines Wertes verlor. Konservativer
Präsidentschaftskandidat könnte sich durchsetzen Dennoch gilt es als unwahrscheinlich, dass sich eine solche Krise wiederholt. Denn das Wahlsystem ist so gestaltet, dass es den Zentrumsparteien Vorteile bietet: Öffentliches Wahlkampfgeld und TV- Werbezeiten für Parteien werden nach Parlamentssitzen verteilt, und die Wahlen werden in zwei Runden ausgetragen. „Als Präsidentschaftskandidat der größten Koalition konnte sich Joachim Alckmin eine vergleichseise lange Werbesequenz sichern. In den Umfragen sollte er deshalb bald aufholen und könnte sich in der abschließenden Wahlrunde durchsetzen“, sagt Lueth. Abwärtstrend bei Währungen der Emerging Markets Mit großer Regelmäßigkeit geraten Währungskrisen in Schwellenländern in den Blickpunkt der Finanzberichterstattung. Zuletzt ist es der Türkei so ergangen, nachdem die türkische Lira (TRY) rasch um circa 30 Prozent gegenüber dem Euro und vor allem dem amerikanischen Dollar abwertete. Unlängst mussten mehr als 7 Lira für einen Euro bezahlt werden. Zu Anfang des Monats August 2018 waren es erst 5,4 Lira pro Euro und zu Jahresbeginn
stand der Lira-Kurs bei 4,7 pro Euro. Stellt man die TRY-Entwicklung in einen langfristigen Kontext, dann zeigt sich, dass die Landeswährung der Türkei am Ende des Jahres 2000 bei knapp 0,70 Cent pro Euro und zehn Jahre später zum Ultimo 2010 bei 2,05 lag. Wie in nahezu allen Schwellenländern (brasilianischer Real, russischer Rubel, indische Rupie etc.) sieht man solche oder ähnliche Abwärtsentwicklungen der Währung. Krisenherd Türkei beeinflusst die Weltwirtschaft An den üblichen Zutaten veritabler Währungskrisen fehlt es auch nicht. Die offiziell gemeldete Inflationsrate in der Türkei betrug zuletzt 18 Prozent. Solche Werte nötigen die dortige Zentralbank, hohe Zinsen festzusetzen, um die Kapitalflucht einzudämmen. Ein Teufelskreis kommt in Gang. Es vergeht kaum ein Tag, an dem der türkische Präsident Recep Erdogan nicht seine Landsleute auffordert, ihre Euros und Dollars zu verkaufen und in türkische Lira umzutauschen. Allerdings genießt Erdogan an der Wahlurne – besonders bei in Deutschland lebenden Türken – mehr Loyalität als in den Wechselstuben der Welt. Und nirgendwo ist die Wertschätzung eines Landes präziser abzulesen als an den Zinsen, die für Staatsanleihen zu entrichten sind. Für die marktführende zehnjährige türkische Staatsanleihe in US-Dollar steht derzeit eine Rendite von 8,9 Prozent zu Buche. Und die in türkische Lira begebene Anleihe rentiert gar mit über 20 Prozent. Zum Vergleich: Das „gerettete“
Griechenland muss aktuell Renditen von 4,4 Prozent für zehnjährige Staatsanleihen anbieten. Am Beispiel Griechenlands hat man seit 2008 studieren können, welche Therapie einzuleiten ist, um von der Weltgemeinschaft gerettet zu werden. Freilich ist dazu zunächst erforderlich, gerettet werden zu wollen. Bei dem Ausdruck dieses Wunsches handelt es sich jedoch um einen vergleichsweise demütigen Akt, so dass nicht jeder stolze Staatslenker dazu ohne Zeitverzug willens ist. Aber in Argentinien, wo man das Prozedere bereits mehrfach durchexerziert hat, bat man jetzt schnurstracks um Hilfskredite durch den Internationalen Währungsfonds (IWF). Ohne Auswirkung auf die Wirtschaft bleiben die beschriebenen Währungskrisen nicht. Die internationalen Handelsströme werden dadurch tangiert und die Schwierigkeiten der Handelsfinanzierung steigen dramatisch an. Aktien aus Schwellenländern: ausschließlich Rohstoffe Die fünf LOYS Aktienfonds sind angesichts der konservativen Anlagephilosophie des Hauses LOYS traditionell nur gering oder gar nicht in Schwellenländeraktien investiert. Und wenn Aktien aus Ländern wie Brasilien, Russland oder der Türkei für attraktiv genug gehalten werden, dann handelt es sich in der Regel um Werte aus dem Rohstoffbereich, weil Rohstoffe wie Energie oder Metalle weltweit in harter Währung gehandelt werden. Tatsächlich wurden zuletzt im LOYS Global Positionen
in dem russischen Mineralölkonzern Lukoil ausgebaut und in brasilianischem Mineralölunternehmen Petrobras eingegangen. Insgesamt ist aber davon auszugehen, dass die derzeitigen Währungskrisen das weltweite Wirtschaftswachstum etwas abschwächen werden. Volatilität schafft ideale Rahmenbedingungen Die Märkte für Schwellenländeranleihen (Emerging Markets, kurz EM) standen seit Mitte April unter dem Einfluss verschiedener politischer und wirtschaftlicher Ereignisse. Nachdem zunächst die zehnjährigen US-Staatsanleihen die psychologisch wichtige Marke von drei Prozent erreicht hatten, rückte Lateinamerika in den Fokus vieler Investoren. Argentinien bat den Internationalen Währungsfonds (IWF) um finanziellen Beistand und in Brasilien sorgen die anstehenden Wahlen im Oktober für anhaltende Unsicherheit. Doch auch die jüngste politische Krise in Italien sowie der Ausgang der Wahlen in Mexiko Anfang Juli haben sich auf die Märkte für Schwellenländeranleihen ausgewirkt. Haben sich damit die Perspektiven für Schwellenländeranleihen nachhaltig eingetrübt? Für eine sachgerechte Bewertung ist es wichtig, die vorangegangenen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen genauer zu analysieren, um sie richtig einordnen zu können.
Argentinien Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive spricht vieles dafür, dass sich die Kreditwürdigkeit Argentiniens grundsätzlich auf dem Weg der Besserung befindet. Im letzten Jahr stufte S&P das Rating des lateinamerikanischen Landes gleich zwei Mal herauf. Die reformorientierte Regierung unter Mauricio Macri hat trotz des Widerstands der Gewerkschaften erste Fortschritte bei der Arbeitsreform erzielt. Gleichzeitig wurden wichtige Steuerreformen durchgeführt und auch Kapitalmarktreformen sind in Vorbereitung. Zudem werden Exporthemmnisse abgebaut, die Bedingungen für ausländische Direktinvestitionen verbessert und die Infrastrukturinvestitionen erhöht. Die argentinische Zentralbank hat ihren Willen, den Peso zu verteidigen, mit Zinserhöhungen auf 40 Prozent unter Beweis gestellt, was Leerverkäufer abschrecken dürfte. Die Entscheidung, den IWF um Hilfe zu bitten, war ein notwendiger und nicht zuletzt mutiger Schritt. Denn bei den Argentiniern ist der Internationale Währungsfonds nicht sonderlich beliebt. Wir sehen deshalb vor allem technische Faktoren in Argentinien als Auslöser des jüngsten Ausverkaufs. Brasilien Der brasilianische Real hat in den letzten Wochen eine gewisse Volatilität erlebt. Dies betraf auch Lokalwährungsanleihen, wobei die Renditen der fünfjährigen Staatsanleihen um fast zwei Prozent auf rund elf Prozent stiegen. Viele Anleger bleiben nervös, womöglich auch vor dem Hintergrund der Ereignisse im benachbarten Argentinien. Sicherlich mag Brasilien mit diversen sozialen und auch politischen Problemen konfrontiert sein, allen voran
die Unfähigkeit der Regierung, die Finanzpolitik und damit den inländischen Verschuldungsgrad in den Griff zu bekommen. Doch wie so oft zeigt der genaue Blick auf die makroökonomischen Daten auch positive Faktoren, die sich unter den aktuellen Negativschlagzeilen verstecken. Die Inflation liegt bei unter drei Prozent und damit auf dem niedrigsten Stand seit der Einführung eines Inflationszielsystems im Jahr 1999. Tatsächlich liegt sie unter der aktuellen Zielspanne von drei bis sechs Prozent, die von der Zentralbank festgelegt wurde. Die jüngste Abwertung des brasilianischen Real wird sich zwar durch höhere Importpreise auf die Inflation auswirken. Aber Brasilien ist eine relativ geschlossene Volkswirtschaft mit einer sehr niedrigen Dollarisierung, sodass dieser Effekt die Inflation wohl kaum in dem Maße ankurbeln wird, wie es in Ländern wie der Türkei oder Argentinien der Fall ist. Auch der Blick auf die Zahlungsbilanz gibt aktuell kein Grund zur Besorgnis. Die Grundbilanz (Leistungsbilanz und Nettoauslandsinvestitionen) bleibt mit rund vier Prozent des BIP auf einem komfortablen Niveau. Brasilien verfügt zudem über massive Devisenreserven, die mehr als zwei Jahre Importe abdecken können. Italien Die politische Krise in Italien hat Anleihen aus der Peripherie und aus Schwellenländern erfasst. Theoretisch sollte der Abstand gegenüber den risikolosen Zinssätzen davon unberührt bleiben. Aber in der Praxis sieht das mitunter anders aus. Häufig werden Anleihen aus Schwellenländern unabhängig von risikolosen Zinsen gehandelt. Die Ereignisse in
Italien haben Spuren bei EM-Anleihen hinterlassen. Euro-basierte Anleger sind in Deckung gegangen und dürften sich nun höher verzinsten Alternativen in Heimatnähe zuwenden. Tatsächlich muten die aktuellen Ereignisse sehr nach einer Wiederholung von 2011 an, als Anleger den Euro auf eine harte Probe stellten. Diese Art von Ereignissen bietet eine Fülle von Anlagemöglichkeiten. Aber dies ist kein Markt für kurzfristige Handelswetten, denn der richtige Zeitpunkt ist wie immer schwer zu fassen. Für langfristig orientierte, antizyklische Anleger sind das jedoch ideale Rahmenbedingungen, die für ein Bond-Picking wie geschaffen sind. Mexiko Für die Märkte für Schwellenländeranleihen standen Anfang Juli die Wahlen in Mexiko im Fokus, bei denen Kommunal-, Regional- und Präsidentschaftswahlen zusammenfielen. Zwar wurde ein Sieg des linken Präsidentschaftskandidaten López Obrador erwartet. Doch dass seine Partei die Mehrheit in beiden Kammern des Landes errang, war eine Überraschung. Da die Investoren davon überzeugt waren, dass Obrador wahrscheinlich in beiden Kammern, zumindest aber im Senat, eine Koalition eingehen müsse, muss die Bekanntgabe des Wahlergebnisses wie eine alarmierende Nachricht geklungen haben. Trotzdem hat es für eine kleine Rally mexikanischer Vermögenswerte gereicht. Zwar sind die Märkte Obrador und seiner populistischen Rolle, ein „Mann des Volkes“ zu sein, überdrüssig. Doch könnten sich diese Befürchtungen als übertrieben herausstellen. Schließlich hat Obrador seinen Wahlkampf auf einer Anti-Korruptions-Kampagne aufgebaut. Es bleibt nun abzuwarten, wie erfolgreich er sein wird und wie er
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