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Weiterbildung Dokumentation des Bündnisses für Lebenslanges Lernen zur Umsetzung der Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft“
DOKUMENTATION 2 Weiterbildung INHALTSVERZEICHNIS Grußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Bündnis für Lebenslanges Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Entstehung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Bündnisarbeit bis heute • Der Digitale Weiterbildungscampus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 • Das Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 • Alphabetisierung in Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Landesprogramm Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Best-Practice-Beispiele • Grundbildung / Alphabetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 • Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 • Inklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 • Elternbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 • Einstieg / Wiedereinstieg in den Beruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 • Weiterbildung im Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 • Neue Medien und Mobiles Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 • Aufsuchende Weiterbildungsberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Autoren und Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
GRUSSWORT Grußwort 3 Lebenslanges Lernen ist weniger ein permanenter formaler Bildungsprozess als vielmehr eine persönliche Einstellung: die Bereitschaft, sich veränderten Bedingungen in allen Lebensbereichen zu stellen, neugierig zu bleiben, sich nicht mit dem Erreichten zufrieden zu geben, aktiv das persönliche und gesellschaftliche Umfeld mitzugestalten und so ein lebendiges Mitglied der Gesellschaft sein zu wollen. Lebenslanges Lernen ist daher sowohl aus sozialen als auch ökonomischen Gründen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft wichtig. Le- benslanges Lernen hilft, mit sozialen Veränderungen umzugehen und sich besser den Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu stellen. Es schafft Selbstvertrauen und kann die Lebensqualität entscheidend verbessern. Die vorliegende Dokumentation soll Wege in das lebenslange Lernen aufzeigen. Mit der Enquetekommis- sion „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft“, der ich als Fachexpertin angehört habe, ist seit 2011 auch für die Weiterbildung ein neues Kapitel mit Empfehlungen aufgeschlagen worden, die wir im Bündnis für Lebenslanges Lernen aufgegriffen haben. Als für das Bündnis verantwortliche Staatssekretärin freue ich mich, dass wir mit dem Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung, dem Digitalen Weiterbildungscampus, dem Lan- desprogramm Weiterbildung und der Initiierung neuer Grundbildungsangebote und innovativer Ansätze ins- besondere für bildungsferne Menschen wichtige Meilensteine schon gesetzt haben. Diese Dokumentation soll zum einen das Erreichte innerhalb der bisherigen Bündnisarbeit darstellen, zum anderen gleichzeitig Perspektiven für die nähere Zukunft unserer Weiterbildungspolitik aufzeigen. Beschrie- ben werden insbesondere gute Beispiele unserer Projektförderung im Rahmen des Landesprogramms Weiter- bildung, die auf diesem Weg weitere Beachtung und Nachahmung erfahren sollen. Ich würde mich freuen, wenn unsere Dokumentation Ihr Interesse findet! Mit besten Grüßen Marion v. Wartenberg Staatssekretärin Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
BÜNDNIS FÜR LEBENSLANGES LERNEN 4 Bündnis für Lebenslanges Lernen Kiriakoula Damoulakis und Dr. Norbert Lurz ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG eines jeden Einzelnen ist eine wichtige gemeinsame Das Bündnis für Lebenslanges Lernen in Baden- Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Württemberg wurde 2010 in seinen Grundzügen Jede und jeder Einzelne trägt Verantwortung für ihre konzipiert, 2011 vom Land und von relevanten Trä- und seine persönliche und berufliche Weiterbildung gern der Weiterbildung geschlossen und schließlich entsprechend den individuellen Bedürfnissen und 2012 in einer ersten Vollversammlung konstituiert. Möglichkeiten. Damit wurde nach dem Ende des Weiterbildungs- kuratoriums ein lang diskutierter und von verschie- Lebenslanges Lernen sichert den Fachkräftebedarf denster Seite geforderter Wunsch eingelöst, seitens durch Qualität: Die berufliche Weiterbildung leistet des Landes ein Bündnis für Lebenslanges Lernen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des künfti- mit Vertreterinnen und Vertretern der Weiterbil- gen Fachkräftebedarfs, indem sie die Qualifikation dung in Baden-Württemberg gründen zu wollen. Die der Beschäftigten dem kommenden Bedarf anpasst. Idee basierte auf schon länger vorhandenen Überle- Sie unterstützt dies mit qualitativ hochwertigen gungen diverser Arbeitsebenen in den zuständigen Weiterbildungsangeboten und auch durch eine ent- Landesministerien. Dabei darf nicht vergessen wer- sprechende Qualifizierung der in der Weiterbildung den, dass die Zuständigkeiten für die verschiedenen tätigen Personen. Fachbereiche der Weiterbildung in Baden-Württem- berg auf verschiedene Ministerien verteilt sind. Bei- Lebenslanges Lernen sichert die politische, soziale spielsweise ressortiert die allgemeine Weiterbildung und kulturelle Teilhabe: Die freiheitlich-demokra- im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, die tische Grundordnung unseres Landes lebt davon, berufliche Weiterbildung im Ministerium für Finan- dass möglichst alle Bürgerinnen und Bürger diese zen und Wirtschaft, die wissenschaftliche Weiterbil- unterstützen und sich aktiv einbringen. Maßnahmen dung im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Zugänge insbesondere der allgemeinen und po- und Kunst und die ländliche Erwachsenenbildung litischen Weiterbildung in den Bereichen Integration im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbrau- und Inklusion helfen dabei, Brücken zu bauen und cherschutz. Um die Fort- und Weiterbildung der Teilhabe möglich zu machen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes selbst zu gewährleisten, war in Karlsruhe bereits die Füh- Lebenslanges Lernen erfordert eine angemessene, rungsakademie des Landes eingerichtet worden. verlässliche Finanzausstattung: Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit eines pluralen, bedarfsge- In der Bündnisurkunde vom 31. Januar 2011 verstän- rechten, für alle Bevölkerungsgruppen erschwing- digten sich die Bündnispartnerinnen und -partner lichen und flächendeckenden Bildungsangebots ist auf mehrere weitreichende Ziele, um insbesonde- die Gewährleistung sowie die Fortentwicklung einer re das lebenslange Lernen in Baden-Württemberg verlässlichen und bedarfsgerechten Finanzausstat- gemeinsam zu unterstützen und seine Bedeutung tung. Dies erfordert gemeinsame Anstrengungen der nachhaltig in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu Akteure aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und rücken. So wurde im Vereinbarungstext erklärt: jedes Einzelnen. Die durch Artikel 22 der Landes- verfassung garantierte Förderung der Erwachsenen- Lernen ist ein Lebensprinzip:Eine stärkere Veran- bildung durch Land und Kommunen ist hierzu ein kerung von Weiterbildung in der Bildungsbiografie wichtiger Beitrag.
BÜNDNIS FÜR LEBENSLANGES LERNEN 5 Lebenslanges Lernen passt sich verändernden Lern- Erstmals in Baden-Württemberg haben sich damit bedürfnissen an: Lerninhalte und Lernmethoden Weiterbildungsträger, die untereinander in Konkur- unterliegen laufenden Veränderungen. Daher wer- renz stehen, Kommunen und Land, durchaus auch den unter Ausschöpfung der technischen Möglich- mit unterschiedlichen Interessen, auf beachtliche keiten neue Lernformen bedarfsgerecht entwickelt gemeinsame Ziele verständigt. Die unmittelbar da- und nutzerfreundlich eingesetzt. vor im Dezember 2010 im baden-württembergischen Landtag verabschiedeten Empfehlungen der En- Lebenslanges Lernen erfordert die Vernetzung der quetekommission „Fit fürs Leben in der Wissens- Anbieter: Die Bildungsinstitutionen und Bildungs- gesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiter- zweige tragen durch Netzwerkbildung zur Trans- bildung“ 1 sahen außerdem vor, dass dieses in der parenz und zur weiteren Verzahnung der Weiter- Entstehung begriffene Bündnis mit der Umsetzung bildungsangebote bei. der Empfehlungen für den Weiterbildungsbereich beauftragt wird. Damit war der Arbeitsauftrag de- Lebenslanges Lernen widmet sich verstärkt bil- finiert: die Inhalte, die sich das Bündnis selbst ge- dungsfernen Schichten: Menschen ohne Schulab- geben hat, und die konkreten Maßnahmen, die der schluss, ohne Ausbildung oder ohne Arbeit sowie Landtag dem Bündnis zur Umsetzung übertragen hat. Analphabeten und andere bildungsferne Menschen erhalten im Wege der Erwachsenenbildung durch BÜNDNISARBEIT BIS HEUTE gezielte Angebote, Programme und Maßnahmen des Dem Bündnis für Lebenslanges Lernen gehören Zweiten Bildungsweges eine zusätzliche Bildungs- heute mehr als 45 baden-württembergische Dach- chance. organisationen und Verbände der allgemeinen, be- ruflichen und wissenschaftlichen Weiterbildung Lebenslanges Lernen bedeutet Mitgestalten: Zu sowie der beteiligten Ministerien an. Seit 2012 arbei- wesentlichen Gestaltungselementen des lebenslan- ten die Bündnispartner in zwei Arbeitsgruppen, der gen Lernens gehören insbesondere die Transparenz AG 1 – „Innovative Weiterbildungskonzepte“ und der Bildungsangebote, die Verbesserung der Durch- der AG 2 – „Weiterbildungsberatung“, zusammen, lässigkeit des Bildungssystems und die Überführung um insbesondere Maßnahmen zur Steigerung der des Bildungserfolgs in Bildungsnutzen. An der Rea- Weiterbildungsbeteiligung bildungsbenachteiligter lisierung dieser Anforderungen tragen die öffent- liche Hand, Sozialpartner, Bildungsanbieter und Un- 1 Vgl. Landtag von Baden-Württemberg, 14. Wahlperiode, ternehmen eine gestaltende Gesamtverantwortung. Drucksache 14/7400, Bericht und Empfehlungen der Ehrenamtliches Engagement soll hierbei gestärkt Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesell- schaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“, und unterstützt werden. 3.4 „Allgemeine und berufliche Weiterbildung“, S. 231 ff.
BÜNDNIS FÜR LEBENSLANGES LERNEN 6 AG 1 FG Innovative Neue Medien und Mobiles Lernen Weiterbildungskonzepte (Aktiv: Optimierung des Digitalen Weiterbildungscampus u.v.m.) AG 2 FG Weiterbildungsberatung Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung (Aufgabe abgeschlossen) BÜNDNIS FÜR LEBENSLANGES LERNEN Geschäftsstelle / Alle Partnerinnen und Partner Bündnisarbeit 2012 – 2013: Baumstruktur mit Arbeits- und Fachgruppen AG 1 – Innovative Weiterbildungskonzepte AG 2 – Weiterbildungsberatung Schwerpunkte: Schwerpunkte: Strategien zur Förderung des lebenslangen Modelle zur aufsuchenden Weiterbildungs- Lernens beratung Stärkung der Weiterbildungsbeteiligung Unterstützung und Weiterentwicklung des bildungsferner Erwachsener Landesnetzwerks Weiterbildungsberatung Förderung und Weiterentwicklung innovativer Sensibilisierung, Beratung und Mentoring im Weiterbildungskonzepte Bereich Grundbildung und Alphabetisierung Austausch, Vernetzung und Kooperation Einbeziehung bundes- und europaweiter zwischen der allgemeinen, beruflichen und Beratungsnetzwerke sowie Fördermaßnahmen wissenschaftlichen Weiterbildung in diesem Bereich Unterstützung und Weiterentwicklung des Einbeziehung bundes- und europaweiter Digitalen Weiterbildungscampus Gemeinschaftsprojekte im Bereich Weiter- Gemeinschaftsprojekte und öffentlichkeits- bildungsberatung und Qualifizierung wirksame Maßnahmen Schwerpunkte der Arbeitsgruppen „Innovative Weiterbildungskonzepte“ und „Weiterbildungsberatung“ auf einen Blick Gruppen – z. B. durch einen stärkeren Austausch werden könnten. Ein erstes sichtbares Ergebnis der sowie kooperative, flächendeckende Projekte – zu Fachgruppenarbeit ist die Optimierung und Weiter- unterstützen. entwicklung des Digitalen Weiterbildungscampus, der seit seiner Einrichtung durch das Ministerium für Innerhalb der AG 1 – „Innovative Weiterbildungs- Kultus, Jugend und Sport 2014 von aktuell 62 Or- konzepte“ hat sich 2013 die Fachgruppe „Neue ganisationen der Weiterbildung als Lerninstrument, Medien und Mobiles Lernen“ als Untereinheit he- virtuelles Klassenzimmer, Austauschplattform und rausgebildet. Sie setzt sich vor allem mit der Frage Online-Beratungschat genutzt wird. 2 auseinander, wie neue multimediale Instrumente für die Weiterbildung und insbesondere für die Ziel- 2 Zur Nutzung und Weiterentwicklung des Digitalen Weiter- bildungscampus siehe Beitrag „Der Digitale Weiter- gruppe der Bildungsbenachteiligten besser genutzt bildungscampus“ in dieser Broschüre.
BÜNDNIS FÜR LEBENSLANGES LERNEN 7 Rund 400 Gäste aus allen Bereichen der Weiterbildung nahmen am Fachkongress „Bündnis für Lebenslanges Lernen. Ein Erfolgsmodell in Baden-Württemberg“ am 17. Juli 2014 im Haus der Wirtschaft Baden-Württemberg teil. len Arbeitsbeginn der neu eingerichteten Koordinie- rungsstelle des Landesnetzwerks am 1. Januar 2015 hat die gleichnamige Fachgruppe ihre Aufgabe erfüllt.4 Die AG 2 – „Weiterbildungsberatung“ befasst sich seither mit der weiterführenden Unterstützung von Maßnahmen zur aufsuchenden Weiterbildungsbe- ratung, mit beratenden Begleitangeboten innerhalb der Themenfelder Elternbildung, Grundbildung und Staatssekretärin Marion v. Wartenberg mit Mitarbeiterinnen Alphabetisierung sowie mit der bundes- und europa- und Mitarbeitern aus dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg weiten Netzwerkpflege in diesem Bereich. Im wei- teren Verlauf des Jahres 2015 wird das Bündnis für Parallel zur AG 1 hatte sich 2013 innerhalb der Lebenslanges Lernen den Prozess unterstützen, der AG 2 – „Weiterbildungsberatung“ die Fachgruppe zur Verabschiedung eines Weiterbildungspaktes füh- „Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung“ heraus- ren soll. Der Weiterbildungspakt wird ressort- und gebildet. Diese hat bis Ende 2014, gemäß den Emp- bereichsübergreifende Ziele der Weiterbildungspoli- fehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben tik des Landes und der Träger für die nächsten fünf in der Wissensgesellschaft“, 3 eine Gesamtkonzep- Jahre konkretisieren und das Bündnis mit deren Um- tion zur Einrichtung eines landesweiten Netzwerks setzung beauftragen. Weiterbildungsberatung, unter der Federführung des Volkshochschulverbands Baden-Württemberg und in 3 Vgl. Landtag von Baden-Württemberg, 14. Wahlperiode, Drucksache 14/7400, Bericht und Empfehlungen der Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg, ent- Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesell- schaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“, wickelt. Mit der Fertigstellung dieser Gesamtkonzep- 3.4.6 „Netzwerk Weiterbildungsberatung in Baden- Württemberg“, S. 239–241. tion, der Unterzeichnung der Gründungsurkunde durch die Gründungsmitglieder sowie politische wie 4 Weiterführende Informationen zu den Aufgaben des Landes- netzwerks Weiterbildungsberatung siehe Beitrag „Das Lan- ideelle Unterstützer und dem anschließenden offiziel- desnetzwerk Weiterbildungsberatung“ in dieser Broschüre.
DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS 8 Der Digitale Weiterbildungscampus Roland Bauer Heute bekam ich die Nachricht, dass mein Kurs • zu wenig individuelle Rückmeldungen zum Stand „Schopenhauers Metaphysik der Geschlechtsliebe“ des Lernens, als dass frühzeitig auf eventuelle aufgrund zu geringer Anmeldezahlen ausfallen muss Versäumnisse reagiert werden könnte, usw. – schon wieder! Außerdem sollte ich für meine be- rufliche Weiterentwicklung unbedingt einen CAD1- Diese kleine, keineswegs umfassende Aufzählung Kurs absolvieren. Aber wer bietet auf dem Lande einiger alltäglicher, das Weiterbildungsverhalten schon so etwas an? Und abends nach der Arbeit noch negativ beeinflussender Beispiele zeigt auf, dass die zwei Stunden zum nächsten Anbieter zu fahren, klassische Weiterbildung alleine heutigen Anforde- das ist mir dann doch zu beschwerlich. Außerdem rungen an lebenslanges Lernen nicht mehr gerecht habe ich gelesen, dass heute Martin Walser in Mün- werden kann. Das zukünftige Weiterbildungs- chen eine Lesung hält. Zu gerne wäre ich da dabei! angebot muss sich durch die Umsetzung vielfältiger Aber wie komme ich dahin? Und abends ohne Auto methodisch-didaktischer Ansätze auszeichnen, weit komme ich gar nicht mehr zurück … über den klassischen Präsenzunterricht hinaus. Diese Ansätze haben sich daran zu orientieren, den Unzu- WEITERBILDUNG: HINDERNISSE länglichkeiten konventionellen Unterrichts zu begeg- Mit solchen Gegebenheiten müssen sich viele abfin- nen und für die Herausforderungen an die heutige den, die auf dem Land oder in einer anderen struk- Weiterbildung Lösungen bereitzustellen. turschwachen Gegend leben, kein Auto besitzen und somit auf den öffentlichen Personennahverkehr DIE LÖSUNG: (ÖPNV) angewiesen sind oder vielleicht sogar noch TECHNOLOGIEUNTERSTÜTZUNG zusätzlich gesundheitliche Defizite aufweisen, die Dabei wird schnell offensichtlich, dass Lösungen ihre Mobilität einschränken. Das sind nur wenige nur mithilfe intelligenter Technologien angeboten Beispiele für erhebliche Hindernisse, die der Umset- werden können: Wenn die Menschen nicht (mehr) zung des Prinzips „Lebenslanges Lernen“ im Wege in der Lage sind, selbst zur Bildung zu gehen, muss stehen und in der öffentlichen Diskussion oft ausge- dafür gesorgt werden, dass die Bildungsinhalte zu blendet werden. Die vielen anderen problematischen den Menschen gebracht werden. Das ist in den Aspekte der konventionellen Weiterbildung seien meisten Fällen ohne technologische Unterstützung dabei nur noch kurz am Rande erwähnt: nicht möglich. Auch die alte politische Forderung • wenig flexibel in vielerlei Hinsicht, bei gleichzei- nach einem flächendeckenden und qualitativ hoch- tiger Forderung, dass wir – die Lernenden, die wertigen Bildungsangebot, bei der es sich ja letztlich Erwerbstätigen, die Mitglieder der Gesellschaft – um eine Aufforderung zur Überwindung strukturel- flexibler werden müssen; ler Nachteile handelt, kann unter finanziell akzep- • ineffektives Lernen auf Vorrat, weil das Gelernte tablen Gegebenheiten nur angenommen werden, in dem Moment, in dem es angewendet werden wenn intelligente technische Lösungen eine flä- soll, nicht mehr präsent ist; chendeckende Verteilung von hochwertigen Bil- • zu wenig oder zu starr organisierte Betreuung dungsinhalten ermöglichen. Die Vermittlung immer durch die Lehrenden; komplexer werdender Themen lässt immer häufiger • zu wenige interaktive Elemente in der Wissensver- einen fächerübergreifenden Ansatz in der Wissens- mittlung, wie selbst manipulierbare Simulationen oder vielleicht sogar motivierende Lernspiele; 1 Computer Aided Design, computerunterstütztes Entwerfen.
DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS 9 Dozent Stephan Langer bei einer virtuellen Weiterbildung am seinem Schreibtisch vermittlung notwendig werden. Auch hier können technischen Möglichkeiten integriert sind, um neue technisch unterstützte, virtuelle Szenarien hervor- Weiterbildungskonzeptionen zu realisieren. Die zen- ragende Dienste leisten und die Weiterbildung kann trale Aufgabe des Digitalen Weiterbildungscampus trotzdem bezahlbar bleiben. Die heute zur Ver- besteht somit darin, das klassische Repertoire an fügung stehenden Technologien zur Unterstützung Bildungsszenarien durch technisch unterstütze Sze- des Lernens und des Lehrens können dazu genutzt narien zu ergänzen. Die Betonung liegt dabei aus- werden, die Weiterbildung methodisch-didaktisch drücklich auf dem Wort ergänzen: Ergänzen heißt zu erweitern. Sie können sowohl die persönlichen, nicht ersetzen. individuellen Befindlichkeiten als auch die öffent- lichen strukturellen Probleme überwinden helfen HERAUSFORDERUNGEN AN EINE und dazu beitragen, das Weiterbildungsgeschehen MODERNE WEITERBILDUNG insgesamt vielfältiger und interessanter und dadurch Wie gehen die Betreiber des Campus an die Ergän- effizienter, attraktiver und motivierender zu gestal- zung des klassischen Weiterbildungskanons heran? ten. Zunächst wurden die Herausforderungen an eine moderne Weiterbildung systematisch herausgearbei- Um die Vorteile technisch unterstützter Lehr- und tet und analysiert. Eine kurze, stichwortartige Zu- Lernszenarien allen, insbesondere Weiterbildungs- sammenfassung der Analyse zeigt, ohne Anspruch trägern als den Produzenten des Produkts Bildung, auf Vollständigkeit, folgende Punkte auf: zugänglich zu machen, wurde der Digitale Wei- 1. Individualisierung von Bildungsprozessen: terbildungscampus als zentrale technische Infra- Inhalte sollen gezielt auf die Bedarfe, die struktur des Landes eingerichtet. Damit steht eine Anforderungen und die individuellen Lern- Infrastruktur zur Verfügung, in die weitgehend alle bedingungen der Lernenden angepasst sein.
DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS 10 Screenshot_Vitero: Bild eines virtuellen Konferenz- raums (mit anonymisierten Teilnehmern) 2. Arbeitsplatzorientierte Weiterbildung: Weiter- gezielte, auf die Defizite reagierende Zuweisung bildungen in Präsenz haben viele positive von Lerninhalten wird möglich. Wirkungen wie Belohnungseffekte, Stärkung 10. Bildung von homogeneren Gruppen in Prä- des sozialen Miteinanders und auch durchaus senzphasen durch vorbereitende Lernmodule: motivierende Erholungseffekte. Aber sie sind oft Dadurch werden Präsenzphasen effektiver. Der teuer und ineffektiv, da sie nicht gewährleisten Präsenzunterricht kann sich auf Inhalte be- können, dass Inhalte dann zur Verfügung stehen, schränken und auf Methoden konzentrieren, in wenn sie benötigt werden: bei der konkreten denen dessen Vorzüge und Potenziale besonders Problemlösung, direkt am Arbeitsplatz, zum stark zur Geltung gebracht werden können. Zeitpunkt, an dem das Problem auftaucht. 11. Aktualität: Die Aktualisierung schnelllebiger In- 3. Hohe Komplexität: Viele Problemstellungen halte, zum Beispiel in der EDV, wird erleichtert. und Fragen haben heute eine Komplexität 12. Angebote zu Nischenthemen: Diese können erreicht, die Interdisziplinarität und fächerüber- nun trotz eines real kleinen Marktes, also einer greifende Antworten erfordern. für ein Präsenzangebot zu geringen Nachfrage, 4. Flexibilität: flexible Gestaltung der Lernorte und betriebswirtschaftlich umgesetzt werden. Lernzeiten. 13. Flächendeckendes Angebot: Auch qualitativ 5. Intensivere Betreuung der Kunden bzw. Ler- hochwertige Weiterbildung muss flächende- nenden: wird ermöglicht durch neue Konzepte. ckend zur Verfügung stehen. 6. Mediale Aufbereitung von Inhalten: Verbesse- 14. Digitale Spaltung der Bevölkerung: Diese Spal- rung der Weiterbildung insbesondere durch Si- tung setzt sich in einer digitalen Spaltung der mulationen, Animationen, interaktive Elemente. Bildungslandschaft fort, da viele Einrichtungen 7. Motivation: Verbesserung der Motivation durch die Herausforderungen schon alleine wegen ständige Feedbackmöglichkeiten. ihrer Größe nicht bewältigen können. 8. Persönliche Kompetenzen: Führung eines per- 15. Geänderte Kommunikation: Kommunikations- sönlichen Kompetenzportfolios wird erleichtert. wege ändern sich ebenso wie das Kommunika- 9. Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten: Aus- tionsverhalten der Menschen, das sollte sich in zugleichende Defizite werden eher erkannt, eine der Weiterbildung widerspiegeln.
DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS 11 16. Teilhabe: Erhöhung der Partizipation am gesell- nach den Technologien, den Applikationen gestellt; schaftlichen und kulturellen Leben auch bei speziell bezogen auf den Digitalen Weiterbildungs- körperlichen Gebrechen. campus: Was kann dieser der Einrichtung und sei- 17. Verbesserung von Eingliederungsmaßnahmen: nem Personal an technischen Möglichkeiten zur Erwerbstätige nach beruflichen Auszeiten haben Verfügung stellen? Darauf folgen die Frage nach der bessere Möglichkeiten, wieder ins Erwerbsleben Handhabung der Software, die Beschreibung eines zurückzukehren. möglichen Anwendungsszenarios und zuletzt die 18. Unterstützung des Bologna-Prozesses: Dem – wesentlichste und vollkommen von der Technik Bachelor-Abschluss, dem häufig ein Arbeitsver- losgelöste – Frage nach den Herausforderungen, die hältnis folgt, kann der Master berufsbegleitend für die Einrichtung und ihr Klientel spezifisch sind. leichter nachgeschoben werden. Konkret: Wie soll und kann das Angebot meiner Ein- richtung für (neue) Kunden aussehen, welche Mehr- werte, die nur durch den Einsatz von Technik mög- lich sind, möchte ich als Weiterbildungseinrichtung ganz gezielt meinen Kunden bieten, welche neuen Szenarien sollen für welche Zielgruppen gerade in dieser Bildungseinrichtung das Portfolio erweitern? Oder kurz die zentrale Frage: Weshalb soll das an- gebotene Produkt Bildung weiterentwickelt werden – von einem Standardprodukt zu einem variablen, an die Kundenwünsche angepassten Einzelprodukt? Diese Abfolge in der Fragestellung führt häufig dazu, DAS VORGEHEN: THEORIE UND PRAXIS dass der bereits bei der Klärung der ersten Frage als Die Herausforderungen sind benannt. Nun stellen abschreckend empfundene technische Überbau die sich die Fragen nach den methodischen Szenarien, Veränderungsbereitschaft minimiert und die weitere die gezielt auf diese Herausforderungen reagieren Diskussion bis zur entscheidenden Frage nach dem und diese annehmen können, und zu guter Letzt spezifischen Nutzen verhindert. nach den Technologien, die zur Umsetzung dieser Szenarien in realen Lehr- und Lernumgebungen zum DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS Einsatz kommen müssen. Diese Reihenfolge – also: ALS BERATUNGSINSTRUMENT 1. Beschreibung der Herausforderungen, 2. Ent- Dieser Situation haben sich die Betreiber des Digi- wicklung methodischer Kreativität und 3. Angebot talen Weiterbildungscampus zu stellen und sie haben technischer Lösungen zur Umsetzung der kreativen darauf adäquat zu reagieren. So handelt es sich beim Lösungen – ist, obwohl eigentlich eine Selbstver- Campus zwar eigentlich um eine technische Infra- ständlichkeit, auch heute noch bei der Einführung struktur, er wird zurzeit aber vor allem als ein Be- technisch unterstützter Lehr- und Lernszenarien in ratungsinstrument und Schaufenster genutzt. Dabei Bildungseinrichtungen keineswegs üblich. geht es nicht darum, die technische Infrastruktur zu erklären oder technische Tools bedienen zu können. Die Vorgehensweise ist dort meist umgekehrt: Zu- Der Fokus liegt – noch – eindeutig auf methodisch- erst wird ganz allgemein die Frage nach der Technik, didaktischen Fragestellungen, die mit fertigen, selbst
DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS 12 erlebbaren Szenarien beantwortet werden. Dafür Mit dem momentanen Status quo des Systems wird werden ausgewählte, intelligente Szenarien für ganz den Weiterbildungsträgern die Möglichkeit geboten, bestimmte Zielgruppen, Herausforderungen oder In- sich auf ihr Kerngeschäft, die Bildung, zu konzentrie- halte vornehmlich in Projekten exemplarisch umge- ren. Der Campus befreit sie von zwar wichtigen, aber setzt, um modellhaft methodische (und nicht tech- als Ballast empfundenen Aufgaben: Die technische nische) Lösungen zu zeigen, zu demonstrieren und Administration ist gewährleistet, ein integriertes um die Beratung mit Beispielen zu konkretisieren. Ticketsystem bietet den Trägern der Weiterbildung zeitnahe technische Unterstützung, entsprechende Erst durch die Demonstration fertiger Lehr- und Lern- Hard- und Softwarelösungen garantieren die Erfül- umgebungen wird die Notwendigkeit der dahinter lung der Anforderungen an den Datenschutz ebenso stehenden Technik erkannt und akzeptiert, wird die wie die Umsetzung der BSI-Richtlinien2 ; juristisch Kreativität, eigene Szenarien zu entwickeln, geför- überprüfte Nutzervereinbarungen, SaaS 3- und Auf- dert und die Motivation zur Veränderung gestärkt. tragsdatenverarbeitungsverträge sichern den eigenen Am Ende eines solchen mit Modellbeispielen angerei- Betrieb rechtlich weitgehend ab. cherten Beratungsprozesses wird das zur Umsetzung individueller, selbst entwickelter Weiterbildungs- Diese zentral administrierte, einheitliche Technik konzeptionen zugehörige Technikpaket geschnürt. bedeutet aber nicht Gleichheit, sondern Vielfalt der In diesem Sinne ist auch die Arbeit der Fachgruppe Erscheinungsbilder: Eine Vielfalt, die die Vielfalt der „Neue Medien und mobiles Lernen“ zu sehen. Die Trägerlandschaft auf dem Campus widerspiegelt. Für Mitglieder der Fachgruppe, die Verantwortlichen der die Akzeptanz einer zentralen Struktur ist dies für Modell- und Referenzprojekte, sollen als Multiplika- viele auch miteinander konkurrierenden Einrich- toren in die Weiterbildungsszene hinein wirken. tungen ganz wesentlich. Als Instrument der Eigen- ständigkeit kann ein individueller „Skin“, ein indivi- DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS duelles Erscheinungsbild bei den Kunden, über den – EIN UMFASSENDES ANGEBOT selbst verwalteten Bereich innerhalb des Campus Ein technisch unterstütztes Weiterbildungsszenario gelegt werden. zu entwickeln und aufzusetzen, ist das Eine. Damit verbunden sind aber weitere, weit über die reine SYNERGIEN: WIRTSCHAFTLICHKEIT UND Weiterbildung hinaus gehende Aspekte zu beachten. KOOPERATION Dazu gehören insbesondere die Administration von Nicht nur das individuelle Erscheinungsbild, sondern Servern und die Verwaltung von Lizenzen, aber es gerade die Generierung von Synergieeffekten ist ein gilt auch juristische, sicherheitstechnische und da- großer Vorteil des Campus. Eine zentrale Struktur tenschutzrechtliche Anforderungen sowohl auf der minimiert die Kosten durch eine verbesserte Ausnut- Software- als auch der Hardwareseite zu erfüllen. zung der technischen und menschlichen Ressourcen Dieser Bereich überfordert viele Weiterbildungsein- und fasst Aufgaben zusammen, die von den meisten richtungen noch eher als die technische Umsetzung Bildungseinrichtungen nicht erfüllt werden können. von Weiterbildung. Und so wird spätestens bei die- sen Problemstellungen die Notwendigkeit und damit 2 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, die Sinnhaftigkeit einer zentralen technischen Infra- siehe: www.bsi.bund.de. struktur offensichtlich. 3 SaaS: Software as a Service.
DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS 13 Preisverleihung des eLearning AWARDs auf der Didacta 2015. Von links: Uwe Kohnle (Internetlehrer GmbH), Eva Peters (Bundesagentur für Arbeit), Frank Siepmann (Herausgeber und Chefredakteur des eLearning Journals), Dr. Fabian Kempf (Vitero GmbH) und Roland Bauer (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg). Dazu gehören aufwendige Back-up-Möglichkeiten, DER DIGITALE CAMPUS: DAS Sicherungssysteme, die eine hohe Zuverlässigkeit „INSTRUMENT“, NICHT DIE „MUSIK“ des Systems garantieren, individuell angepasste Pro- Dabei stellt der Digitale Weiterbildungscampus grammierungen, die von mehreren Einrichtungen – und das sei hier besonders herausgestellt – aus- beispielsweise als Plug-in benutzt werden können, schließlich ein Angebot dar. Ein Angebot zur Um- oder die Bereitstellung von Schnittstellen zu Verwal- setzung methodischer Vielfalt, zur Bereitstellung tungstools in den Einrichtungen. und Verteilung von Inhalten, zur Beantwortung technischer Fragen usw. Er steht zur Nutzung zur Eine gemeinsame Infrastruktur erleichtert auch die Verfügung: Wie und in welcher Weise eine Bildungs- Kooperationen der Einrichtungen untereinander. einrichtung die angebotenen technischen Möglich- Insbesondere kann das Teilen von digitalen Inhal- keiten einsetzt, um maximalen Nutzen für sich und ten, das Content Sharing, bis hin zu einer großen ihre Kunden zu generieren, darüber entscheidet sie Marktplatzlösung weiterentwickelt werden. Damit selbst. Sie entscheidet, welche Angebote des Campus ließen sich die Zugriffszahlen auf Lernmodule erhö- sie annimmt, welches Szenario umgesetzt wird, wel- hen, um so eine „kritische Größe“ – also Anzahl – zu che technischen Lösungen benötigt werden, welche erreichen, mit der das System auch für professionelle Inhalte über das System verteilt werden. Inhaltsanbieter (Content-Provider) interessant wird. Auf diese Weise eröffnen sich neue Verhandlungs- Der Digitale Weiterbildungscampus entlässt keine spielräume mit den Anbietern in Bezug auf den Einrichtung aus ihrer Verantwortung für die Bildung. Preis, die Lizenzierung von Inhalten und das Recht Im Gegenteil: Die Verantwortung wird gestärkt, da zur Modularisierung dieser. Auch die gemeinsame er Rahmenbedingungen schafft, gerade dieser Bil- Durchführung von Veranstaltungen oder der Auf- dungsverantwortung intensiver, ohne ressourcen- bau von Supportstrukturen wird finanziell möglich. verbrauchenden technischen Ballast mitschleifen zu Ebenso kann die Schulung des Personals effektiver müssen, gerecht werden zu können. organisiert und durchgeführt werden.
DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS 14 RAHMENBEDINGUNGEN UND und gleichzeitig die Verantwortung für die Weiter- FINANZIERUNG entwicklung des Produkts Bildung, speziell in der Diese erweiterten Rahmenbedingungen für die Wei- Erwachsenenweiterbildung, in hohem Maße in der terbildung sind sowohl technischer als auch finan- Verantwortlichkeit der vielfältigen, selbstständigen zieller Natur. Technisch definieren sie sich weitest- Bildungseinrichtungen liegt, werden nach einem gehend aus internetbasierenden Applikationen zur konkreten Zeitplan die Erstattungsbeträge des Lan- Herstellung von digitalen Lerninhalten, deren Ver- des an die Einrichtungen langsam abgeschmolzen. teilung über das Netz, zur Interaktion und zur Pflege Das System sollte sich auf lange Sicht – so das Ziel sozialer Kontakte durch asynchrone Kommunika- – finanziell selbst tragen und von den Trägern auto- tionsmittel wie ein Forum oder synchrone wie z. B. nom betrieben werden. die beiden integrierten virtuellen Konferenzräume „Vitero“ und „Openmeetings“. FAZIT Sowohl der innovative Ansatz, eine zentrale tech- Die finanziellen Rahmenbedingungen ergeben sich nische Infrastruktur für die Weiterbildung aufzu- aus einer vorläufigen Kostenübernahme der tech- bauen, als auch die Innovationen, die in den Modell- nischen Struktur durch das Land Baden-Württem- projekten auf dem Campus umgesetzt werden, wur- berg. Diese scheint gerechtfertigt, da die Lösung der den bereits mehrfach prämiert und ausgezeichnet: aufgeführten Herausforderungen an die Weiterbil- Finalist beim European eLearning AWARD 2009, dung – und darüber besteht wohl allgemein Konsens eLearning AWARD-Preisträger 2013 in der Katego- – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt. Zur rie „Social Media“ und 2015 in der Kategorie „Virtual Organisation der Kostenübernahme wurden vier Classroom“, 2015 Nominierung für den deutschen Leistungsmodelle entwickelt, die an die verschie- E-Learning Innovations- und Nachwuchs-Award denen Bedarfe unterschiedlicher Träger angepasst (d-elina) in der Kategorie „School“. sind. Einrichtungen können ein Modell buchen; die Leistungen werden dann über einen SaaS-Vertrag Die Beachtung, die der Campus in der Öffentlich- jedem Träger zugesichert. Da viele Bildungseinrich- keit findet und die sich in den diversen Preisen und tungen mit der Konzeption und der Durchführung Anfragen widerspiegelt, zeigt, dass das Land Baden- technisch unterstützter Weiterbildungsangebote Württemberg mit dieser Einrichtung einen richtigen Neuland betreten, stellt die Refinanzierung der im und innovativen Weg eingeschlagen hat. Diese Auf- Vorfeld zu leistenden enormen Investitionskosten für merksamkeit ist für uns Ansporn und Motivation, die notwendige Technik ein hohes finanzielles Risi- den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und das ko dar. Diese Hürde darf aber nicht dazu führen, dass Projekt fortzuentwickeln. die Weiterbildung in Baden-Württemberg stagniert und sich in einem hoch innovativen Bildungsbereich nicht fortentwickeln kann. Die Kostenübernahme durch das Land stellt damit eine bildungspolitisch wichtige Zukunftsinvestition dar. Da aber eine Dauerförderung des Digitalen Wei- terbildungscampus zurzeit (noch) nicht in Sicht ist,
DER DIGITALE WEITERBILDUNGSCAMPUS 15 INTERNET Digitaler Weiterbildungscampus Backupsystem lifetime-learning.de MANAGEMENT NETZ vimotion GmbH Friedhofstrasse 26 71566 Althütte vimotion GmbH REVERSE PROXY Friedhofstrasse Logs 26abt 71566 Althütte DB Server DB Server Germany Template Config Management-System/Backoffice Anwendungen und Dienste WEBSERVER NETZ Backup Postfach Round11 10 Trac Targert Cube Server 71564 Althütte Web V-Server Web V-Server n-te Germany Test Webserver Systeme Config DNS1 ILIAS Ether- Open- AUTH. NETY DNS2 pad fire VPN vimotion T +49 (0) 7183Reverse Webserver 42898-0 Proxy Authentifizierungs -Dienst F +49Template Config (0) 7183 42898-44 Open Selenium Mail vimotion Admin VLAN Meetings Developer VLAN M info@vi-motion.de Reverse Proxy Server VM Monitoring W Template www.vimotion.de DB-Logs Webserver Syslog/ Logs Server DB NETZ Reporting Reverse Proxy Backup DB VM DB2 VM Logs Logs DB 1 DIENST(E) DIENST(E) DIENST(E) V-Server V-Server V-Server Hardware/Betriebssoftware Dateisystem verschlüsselt Dateisystem verschlüsselt Dateisystem verschlüsselt Buffer Cache Buffer Cache Festplatten-Treiber DRBD TCP/IP TCP/IP DRBD RAID -Festplatten Festplatten-Treiber NIC Treiber NIC Treiber Festplatten-Treiber RAID RAID -Festplatten -Festplatten HARDWARE HARDWARE 128 Kerne 16 Kerne 1 TB Arbeitsspeicher 64 GB Arbeitsspeicher Betriebssystem Debian Betriebssystem Debian SELinux SELinux vimhost01a vimhost01b vimhost01c Der Digitale Weiterbildungscampus: Steckbrief mit technischen Fakten Gf: Harald Grübele Marken Nr.: 30 2010 026 719 USt-IdNr.: DE298925586 HRB 751731 Bankverbindung Commerzbank Backnang IBAN: DE65 6024 1074 0793 6560 00 BIC: COBADEFFXXX
DAS LANDESNETZWERK WEITERBILDUNGSBERATUNG 16 Das Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung Mareike Bahn, Prof. Dr. Christiane Schiersmann, Melanie Skiba, Silke Taubert-Vikuk und Willi Zierer „Wir wollen mit dem Landesnetzwerk Weiterbil- wurde im Rahmen des Bündnisses für Lebenslanges dungsberatung den Bildungsmarkt transparent ma- Lernen an der Umsetzung dieser Empfehlung gear- chen. Damit unterstützen wir junge Menschen und beitet. Dazu wurde im Zeitraum Dezember 2012 bis Erwachsene bei ihrer Entscheidung für ein Weiter- November 2014 das Landesnetzwerk mit Fördermit- bildungsangebot“, so betonte Staatssekretärin Marion teln des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport v. Wartenberg die Bedeutung des Landesnetzwerks aufgebaut. Federführend war hierbei der Volkshoch- Weiterbildungsberatung am 17. Oktober 2014, als schulverband Baden-Württemberg e. V. in Koopera- dieses im Rahmen einer Auftaktveranstaltung im tion mit dem Institut für Bildungswissenschaft der Neuen Schloss in Stuttgart offiziell gegründet wurde. Universität Heidelberg. Bei dem Festakt waren 55 Einrichtungen dem Netz- werk als Gründungsmitglieder offiziell beigetreten. Die übergeordnete Zielsetzung des Projekts ist es, ein flächendeckendes Netzwerk aus Trägern zu schaffen, Den entscheidenden Impuls zum Aufbau des Lan- das leicht zugängliche Weiterbildungsberatung für desnetzwerks Weiterbildungsberatung setzte eine alle Bürger und Bürgerinnen Baden-Württembergs Empfehlung der Enquetekommission des Landtags ermöglicht. Dadurch können Ratsuchende zukünf- „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – be- tig wohnortnahe, kostenfreie und qualitätsgesicherte rufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“, deren Weiterbildungsberatung in Anspruch nehmen, um Bericht am 15. Dezember 2010 im Landtag verab- die für sie geeignete Weiterbildungsmöglichkeit zu schiedet wurde. In den vergangenen zwei Jahren finden. Gruppenbild vor dem Neuen Schloss in Stuttgart: Gründungsmitglieder und ideelle Unterstützer des Landesnetzwerks Weiterbildungsberatung nach Unterzeichnung der Gründungsurkunde am 17. Oktober 2014
DAS LANDESNETZWERK WEITERBILDUNGSBERATUNG 17 Mit der Zielsetzung waren folgende Aufgaben ver- Die Bestandsaufnahme erfolgte durch eine Online- bunden: Befragung der Leitungen von Einrichtungen, die • Durchführung einer wissenschaftlichen Bestands- Weiterbildungsberatung anbieten, sowie deren Be- aufnahme von Einrichtungen der Weiterbildungs- ratenden. Für eine bessere Interpretation der Ergeb- beratung in Baden-Württemberg; nisse wurden zusätzlich Experteninterviews zu eini- • Etablierung eines Qualitätsmodells für Einrich- gen Frageblöcken durchgeführt. tungen der Weiterbildungsberatung (gemeinsame Qualitätsmerkmale sowie Kompetenzprofil für Die Einrichtungen, die Weiterbildungsberatung an- Beratende); bieten, wurden im Hinblick auf ihre institutionelle • Erweiterung der Kompetenzen der Beratenden Zuordnung in drei Gruppen in Anlehnung an das durch ein Weiterbildungsangebot; Adult Education Survey (AES), an Gnahs (2010) so- • Entwicklung eines Finanzierungsmodells zur För- wie an Zeuner und Faulstich (2009) eingeteilt in derung der trägerneutralen Beratungsleistungen; • private Träger, • Verbesserung der Informationsmöglichkeiten für • gesellschaftliche Großgruppen und Beratende und Ratsuchende über die Datenbank • öffentliche Träger. auf www.fortbildung-bw.de. Tabelle 1 zeigt die Einteilung des Rücklaufs der WISSENSCHAFTLICHE Bestandsaufnahme nach Anbietern zu den drei ver- BESTANDSAUFNAHME schiedenen Trägergruppen. Abbildung 1 zeigt die Um einen Überblick über die bestehenden Möglich- Verteilung der 136 antwortenden Einrichtungslei- keiten der Weiterbildungsberatung zu bekommen, tungen auf die Träger. führte das Institut für Bildungswissenschaft der Uni- versität Heidelberg im Herbst 2013 eine Bestandsauf- Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die nahme von Weiterbildungsberatungseinrichtungen antwortenden Einrichtungen unterschiedliche Be- in Baden-Württemberg durch. Die Ergebnisse der ratungsschwerpunkte anbieten. Obwohl gezielt Bestandsaufnahme werden nachfolgend stark zusam- Weiterbildungsberatungseinrichtungen in der Befra- mengefasst dargestellt. gung angesprochen wurden, zeigt die Rückmeldung TRÄGER ANBIETER Öffentliche Träger Arbeitsagenturen, Hochschulen, Landkreis, Kommune/Stadt, Kontaktstelle Frau und Beruf, Regionalbüros/Netzwerk für berufliche Fortbildung, Volkshochschulen, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, öffentliche Schulen, ESF geförderte Träger Gesellschaftliche Arbeitgeberverbände, Arbeitsgemeinschaft ländlicher Erwachsenenbildung, Großgruppen Beratungsstellen für Menschen mit besonderem Beratungsbedarf, Diakonie, Kirchen, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, gemeinnützige Vereine, Fördervereine, Familienbildungsstätten, Akademie e. V. Private Träger gewerbliche und private (Weiter-) Bildungsträger, Steinbeis, freiberufliche/selbst- ständige Beratende, eigenes Institut, Versicherungen/Konzerne/Arbeitgeber, Stiftungen Tabelle 1: Einteilung in Trägergruppen
DAS LANDESNETZWERK WEITERBILDUNGSBERATUNG 40 37 40 53 37 18 Anzahl der Antwortenden 37 private Träger 53 53 öffentliche / staatliche Träger Anzahl der Antwortenden 40 gesellschaftliche Großgruppen persönliche Beratung innerhalb von Sprechzeiten 37 private Träger 84% 53 öffentliche / staatliche Träger 70% 65% 40 gesellschaftliche Großgruppen persönliche Beratung innerhalb von Sprechzeiten Telefonberatung Beratung zur Frage derAbbildung beruflichen 77% 49% 84% 1: Träger der Einrichtungen Weiterbildung 57% 70% Qualifizierungs- 43% 65 % beratung 58% Telefonberatung Online-Beratung (z.B. Mail, Chat, Video-Chat) Beratung zur Frage der beruflichen 77% 16 % 49% Beratung zu Fragen Weiterbildung der allgemeinen 52% 23% 57% Weiterbildung Qualifizierungs- 10% 43% beratung 58% Kompetenz- Gruppenberatung Online-Beratung (z.B. Mail, Chat, Video-Chat) entwicklungs- 51% beratungzu Fragen 16 % 49% Beratung der allgemeinen 52% 2343% % Beratung Weiterbildung für Frauen 48% 10 30% % Kompetenz- Gruppenberatung entwicklungs- 51% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90 % 100% Beratung für beratung 49% Menschen mit 41% private Träger Migrationshintergrund Beratung 43% für Frauen 48% öffentliche / staatliche Träger 30% berufliche Reflexionen (Supervision und 37% gesellschaftliche Großgruppen 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90 % 100% Coaching) Beratung für Menschen mit 41% private Träger Abbildung 3: Beratungsformen nach Trägern mit Termin Beratung für Migrationshintergrund sozial 30% (Mehrfachnennungen möglich) öffentliche / staatliche Träger Benachteiligte berufliche Reflexionen (Supervision und 37% gesellschaftliche Großgruppen Beratung fürCoaching) Menschen 24% (siehe Abb. 2), dass diese häufig ein darüber hinaus- mit Behinderung Beratung für Bildungsprämien- sozial 30% gehendes Beratungsangebot haben. Die wichtigste Benachteiligte beratung 22% Beratungsform über alle Beratungsanbieter hinweg Beratung für Menschen 24% ist die persönliche (face-to-face) Beratung. Daneben Beratung zu Fragen der mit Behinderung wissenschaftlichen 16% hat die Telefonberatung bei allen befragten Einrich- Weiterbildung Bildungsprämien- beratung 22% tungen ebenfalls eine große Bedeutung. Ratsuchen- Arbeitsvermitllung für Arbeitsuchende 14% de in Baden-Württemberg müssen in der Regel bis und Arbeitslose Beratung zu Fragen der maximal zwei Wochen auf einen Beratungstermin wissenschaftlichen 16% Existenz- Weiterbildung gründungs- 14% warten. Ein Beratungsgespräch dauert in den meis- beratung Arbeitsvermitllung ten Fällen bis zu 60 Minuten. Weiterhin konnte fest- für Arbeitsuchende 14% Beratung undim Arbeitslose gestellt werden, dass Beratung in unterschiedlichen Kontext von 10 % Fallmanagement Existenz- Sprachen (z. B. Englisch, Französisch, Spanisch, gründungs- 14% 0% 10% 20% 30% 40% beratung 50% 60% 70% 80% 90% Italienisch, Türkisch, Russisch, Polnisch, Litauisch, Beratung im Peruanisch, Rumänisch, Serbokroatisch, Ungarisch) Kontext von 10 % angeboten wird. Fallmanagement 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Abbildung 2: Beratungsschwerpunkte in den Einrichtungen In Bezug auf die Qualifikationen des Beratungs- (Mehrfachnennungen möglich) personals hat die Befragung ergeben, dass 56 % der
DAS LANDESNETZWERK WEITERBILDUNGSBERATUNG 19 Leitungen und 68 % der Beratenden bereits über be- ETABLIERUNG EINES QUALITÄTS- ratungsspezifische Zusatzqualifikationen und Zertifi- MODELLS FÜR EINRICHTUNGEN DER kate verfügen. Dennoch gaben die Befragten an, in WEITERBILDUNGSBERATUNG verschiedenen Bereichen Bedarf an Weiterbildungen Zur Erreichung der genannten Ziele und zur inhalt- zu haben, so beispielsweise im Bereich der Kompe- lichen Ausgestaltung des Landesnetzwerks hat der tenzerfassung, -bewertung und -bilanzierung oder Volkshochschulverband Baden-Württemberg in Ab- zum Thema Rahmenbedingungen professioneller stimmung mit der AG 2 – „Weiterbildungsberatung“ Beratung. Somit lässt sich ein Weiterbildungsbedarf im Rahmen des Bündnisses für Lebenslanges Lernen feststellen, um die Professionalität der Beratenden und dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport langfristig sicherstellen zu können. Als Motivation für eine Fachgruppe aus Expertinnen und Experten aller die Teilnahme an Weiterbildung lässt sich konstatie- Bereiche der Weiterbildungsberatung gebildet. ren, dass die Beratenden ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten ausbauen möchten und die Mög- Die wichtigste Aufgabe dieser Expertengruppe war lichkeit eines sozialen Austauschs mit anderen Bera- es, die Qualität der Beratungen im Landesnetzwerk tenden begrüßen. zu definieren und festzulegen, wie diese gewährleis- tet werden kann. Hierzu hat die Fachgruppe Fol- Die Mehrzahl der befragten Einrichtungsleitungen gendes konsensual erarbeitet: (75 %) erwartet einen (leichten) Anstieg der Nach- • ein gemeinsames Verständnis von trägerneutraler frage nach Weiterbildungsberatung. Für die Zukunft und interessensensibler Weiterbildungsberatung, wünschen sich die Beratungsanbieter eine Arbeits- das unter anderem die Orientierung an den entlastung des Beratungspersonals und eine stär- Interessen und Vorstellungen des Ratsuchenden kere finanzielle Unterstützung der Einrichtungen. sowie die Berücksichtigung des Weiterbildungs- Die sachliche Ausstattung der Einrichtungen wurde angebots verschiedener Träger beinhaltet, durchweg als „gut“ bewertet und kann demzufolge • Qualitätsmerkmale guter allgemeiner und als gute Voraussetzung für verschiedene Beratungs- beruflicher Weiterbildungsberatung, welche die settings gewertet werden. Anforderungen an die Mitgliedseinrichtungen enthalten, sowie Die Arbeit in Netzwerken und Kooperationen wird • ein Kompetenzprofil für Beratende, das beschreibt, von den befragten Anbietern von Weiterbildungsbe- über welche Kompetenzen Personen verfügen sol- ratung als sehr wichtig angesehen. Als hinderlicher len, die im Rahmen des Landesnetzwerks beraten. Faktor für die Netzwerkbildung und Kooperation zwischen Weiterbildungsberatungsanbietern wurde Diese Qualitätsgrundlagen müssen die Einrichtun- von den Einrichtungen als zweitwichtigster Grund gen bei ihrem Beitritt erfüllen und durch Unter- die Kategorie „Bisher gibt es keinen (objektiven) zeichnen einer Selbstverpflichtungserklärung an- Akteur, der Kooperationen anregt und organisiert“ erkennen. Dabei kann die Umsetzung der Quali- angekreuzt. Das Landesnetzwerk als trägerneutraler tätsmerkmale und der Beraterkompetenzen in zwei Akteur bietet seinen Mitgliedern zukünftig auf über- Stufen erfolgen: regionaler Ebene die Möglichkeit, sich mit anderen • Ein großer Teil der Qualitätsmerkmale und Be- Anbietern der allgemeinen und beruflichen Weiter- raterkompetenzen muss bereits zum Beitrittszeit- bildungsberatung auszutauschen und zu kooperieren. punkt in den Einrichtungen realisiert sein (Stufe 1).
DAS LANDESNETZWERK WEITERBILDUNGSBERATUNG 20 LNWBB- Qualitätsmodell Selbstverpflichtungserklärung Abbildung 4: Das Qualitätsmodell des Anerkennung bzw. Erfüllung Anerkennung der Landesnetzwerks der Qualitätsgrundlagen: Rahmenbedingungen: Gemeinsames Verständnis Koordinationsstelle trägerneutraler und interessen- sensibler Weiterbildungs- Einrichtung eines Kuratoriums beratung Fördermodalitäten Qualitätsmerkmale guter Weiterbildungsberatung Kompetenzprofil für Beratende • Weitere Qualitätsmerkmale müssen nach spätes- Diese Weiterbildung setzt sich aus 120 Stunden in tens zwei Jahren in den LNWBB-Mitgliedsein- Präsenzveranstaltungen und 60 Stunden im Selbststu- richtungen voll umgesetzt sein (Stufe 2). dium zusammen und umfasst folgende drei Module: • Modul 1 (Basismodul): Beratungsprozess und Eine Einrichtung kann gemäß diesem Modell nur Beratungssettings dann dem Landesnetzwerk beitreten, wenn sie ge- • Modul 2: Rahmenbedingungen professioneller währleistet, dass die in ihrer Organisation geleistete Beratung (organisationale und gesellschaftliche Weiterbildungsberatung den Mindestanforderungen Rahmenbedingungen) (Stufe 1) entspricht. Darüber hinaus erkennen die • Modul 3: Aspekte des Beratungssystems (perso- Einrichtungen mit ihrem Beitritt auch die Rahmenbe- nenbezogene Dimensionen, Kompetenzmodelle dingungen des Netzwerks an, in denen unter anderem und -erfassung) die Fördermodalitäten sowie die Organisationsstruk- tur des Netzwerks geregelt sind. Dem Landesnetzwerk Nach einem erfolgreichen Durchlaufen aller drei können nur juristische Personen beitreten. Module sollten die Teilnehmenden in der Lage sein: • eine angemessene Anliegensklärung sowie In Abbildung 4 wird das Qualitätsmodell des Lan- Situationsanalyse durchzuführen und gemeinsam desnetzwerks zusammenfassend dargestellt. mit den Ratsuchenden Lösungsperspektiven zu entwickeln; ERWEITERUNG DER KOMPETENZEN • neuartige Beratungssettings (Online- und Tele- DER BERATENDEN fonberatung) umzusetzen; Das Ziel des Landesnetzwerks, die Beratungsqualität • ihr Beratungshandeln systematisch zu reflektieren; in den Beratungseinrichtungen in Baden-Württem- • ihr Beratungshandeln an anerkannten Qualitäts- berg zu verbessern, wurde durch ein Weiterbildungs- merkmalen auszurichten; angebot für Beratende unterstützt. Beratende, die • bei der Entwicklung von individuellen Weiterbil- bereits in der trägerneutralen Beratung tätig sind dungsperspektiven für Ratsuchende die bildungs- oder zukünftig durch ihre Einrichtung an dieser Stel- politischen, arbeitsmarktpolitischen und rechtli- le eingesetzt werden sollen, erhielten die Möglich- chen Rahmenbedingungen mit einzubeziehen; keit, mit einer finanziellen Eigenbeteiligung von 100 • gemeinsam mit den Ratsuchenden deren Kompe- Euro pro Modul an insgesamt drei Weiterbildungs- tenzen und Ressourcen zu identifizieren. modulen teilzunehmen.
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