Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW

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Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
weltzeit
 Das Magazin der Deutschen Welle   AUSGABE 1 | 2018

Meinung. Freiheit. Zukunft.
Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
Dass die DW just an dem Tag zu senden begann,
                                                             den die Vereinten Nationen zum Welttag der
                                                       Pressefreiheit ausgerufen haben, ist – wie wir in Ber-
                                                       lin sagen – ‚ein glücklicher Zufall‘. In 65 Jahren hat
                                                       die DW beharrlich das Recht auf uneingeschränkte
                                                       Meinungsfreiheit verteidigt und gefördert. Indem
                                                       wir jene schützen, die die Wahrheit sagen, setzt sich
                                                       die UNO – wie die DW – dafür ein, die Würde des
                                                       Menschen zu achten.«

                                                                                                         Alison Smale, United Nations,
                                                                                    Under-Secretary-General for Global Communications

      Politische Polarisierung und wachsende wirtschaftli-
      che Ungleichheit drohen unsere Gesellschaften zu
spalten. Doch während Ungleichheit das Leben und die
Grundrechte von immer mehr Menschen einschränkt,
stehen zugleich Menschen auf, um mit Elan gegen die-
se Ungerechtigkeiten vorzugehen. Die Sehnsucht nach
einem chancenreichen Leben, frei von Unterdrückung
und Demütigung, teilen Milliarden Menschen. Jetzt ist
der Moment, sich für ihre Geschichten einzusetzen.«

                          Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International
Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
Editorial

                                                                                                                                          ©© DW/P. Böll
         Es ist ein gutes Gefühl, auf 65 Jahre   umgehungssoftware, immer auf der Höhe         sie im nächsten Moment zu überschreiten.
Tradition im Journalismus blicken zu kön-        der Zeit sein müssen. Wir wollen Menschen     Nichts und niemand kann uns davon abhal-
nen. Wir bei der Deutschen Welle können          dabei unterstützen, Zusammenhänge zu          ten, die Wahrheit zu erzählen.
stolz sein auf das, was wir erreicht haben.      verstehen und sich eine eigene Meinung           Der Rückblick auf 65 Jahre ist kein Mo-
Vom Sendestart 1953 bis heute hat die DW         zu bilden. Dazu leistet die DW einen wich-    ment der Besinnung. Er ist uns Ermutigung,
enorme Veränderungen bewältigt. Vom              tigen Beitrag.                                die Erwartung unserer Nutzer zu erfüllen,
Kurzwellenradio für Deutsche im Ausland                                                        sie zu begleiten und ihnen Inspiration zu
haben wir uns zum multimedialen Aus-                                                           geben. Aus unserer Geschichte leiten wir die
landssender der Bundesrepublik Deutsch-             »Die Deutsche                              Grundlagen für verantwortlichen Journa-
land gemausert.                                                                                lismus ab, der Teil unseres Selbstverständ-
    Dabei spüren wir jeden Tag das Privileg        Welle ist lebendig                          nisses ist. Die DW ist der Auslandsrundfunk
und die damit einhergehende Verantwor-
tung, im Chor der Weltsender die deutsche             gewordener                               einer der stärksten Demokratien der Welt.
                                                                                               Einer Demokratie, die dazu steht, dass sie
Stimme sein zu dürfen. Für eine ständig
wachsende Zahl von Nutzerinnen und Nut-
                                                     Idealismus.«                              nicht frei ist von Fehlern.
                                                                                                  Ermutigung und Inspiration – das sind
zern überall auf der Welt ist die DW eine zu-                                                  auch die Leitmotive in dieser Weltzeit. Es
verlässige Quelle für Informationen gewor-          Die Digitalisierung hat uns neue Hori-     geht um zentrale Aspekte und Ziele unseres
den. Wir bekämpfen die Unterdrückung der         zonte eröffnet. Wir können heute deutlich     täglichen Tuns. Nicht so sehr um den Blick
Meinungsfreiheit alltäglich mit Journalis-       mehr Menschen eine Stimme verleihen           zurück, vielmehr um Herausforderungen, de-
mus, der sich der freien Meinungsäußerung        und sie am globalen Dialog teilhaben las-     nen wir uns als weltweit präsentes Medienun-
verpflichtet hat. Ohne Einschränkungen.          sen, als sich die Gründungsväter wohl hät-    ternehmen stellen.
Die Wertschätzung, die wir dafür erhalten,       ten träumen lassen.                              Unser Auftrag gönnt uns keine Pause,
ist ein enormer Ansporn.                            Ich darf jeden Tag mit hoch motivierten    denn die Demokratie muss täglich bewahrt
    Regime blockieren unsere Sendesignale        Kolleginnen und Kollegen aus 60 Nationen      werden.
und dennoch finden aufgeklärte Men-              daran arbeiten, die Welt zu einem besseren
schen in Diktaturen Wege, unsere Beiträge        Ort zu machen. Einem Ort, an dem die Mei-     Ihre Ines Pohl,
zu lesen und mit anderen zu teilen. Für uns      nung des Einzelnen zählt. Die DW ist leben-
bedeutet dies, dass wir auch technologisch,      dig gewordener Idealismus. Wir mögen ge-
zum Beispiel beim Einsatz von Zensur-            legentlich an Grenzen stoßen. Aber nur, um     twitter.com/inespohl

                                                                                                                         Deutsche Welle             3
Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
MENSCHEN BEGEGNEN

                                                                                                                           ©© DW

    Julia Hahn            berichtet für die DW aus Istanbul.     bin ich gut vernetzt“, so Hahn. Das Büro unweit des
    „Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen“, so die       ­Taksim-Platzes ist mit modernster TV- und Kommu-
    32-Jährige, die in Erfurt, Istanbul und Zürich Internatio-    nikationstechnik ausgestattet und bietet einen weiten
    nale Politik studierte und ihr Volontariat bei der DW         Blick über die Dächer der Stadt.
    absolvierte. Seither war sie als Reporterin unterwegs –
    unter anderem in der Türkei – und als Nachrichten-           Angesichts der schwierigen deutsch-türkischen Be-
    moderatorin im Berliner Studio im Einsatz. Nachdem           ziehungen und der Einschränkung der Pressefreiheit
    die türkischen Behörden die notwendige Dauerakkre-           in der Türkei seien internationale Sender umso mehr
    ditierung ausgestellt hatten, konnte sie im Januar ihre      verpflichtet, für eine objektive Berichterstattung über
    Arbeit im neuen Korrespondentenbüro der DW an der            die Entwicklungen im Land zu sorgen. Diese Mission
    Nahtstelle zwischen Europa und Asien aufnehmen.              hatte Intendant Peter Limbourg der Korrespondentin
    „Istanbul ist meine zweite Heimat geworden, hier             mit auf den Weg gegeben.

4    Weltzeit 1 | 2018
Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
Inhalt
MENSCHEN BEGEGNEN                            18 Intendant im Interview
                                             Peter Limbourg: „Wir sind die Stimme
6  Sharon Momanyi                            für ganz Deutschland“
Moderatorin im Paradies
                                             20 Kontroverse
6    Ofelia Harms                            Journalismus und die Terror-Falle
Frieden als Herzensangelegenheit
                                             22 Verifizierung
7    Jamshid Barzegar                        Sherlock Homes 4.0 mit Truly.Media
Farsi-Leiter mit starker Motivation
                                             24 Digitalisierung
7    Rüdiger Rossig                          „Change is the new normal“
Balkanexperte mit Empathie
                                        10   25 Starke Partner

AKTUELLES ERFAHREN                           26 Testimonials

8    Projekt DW Freedom                      28 China
Freiheitsrechte weltweit stärken             Ritt auf dem roten Drachen

8    Newsroom eingeweiht                     30 Radio für Myanmar
„Ein Symbol des Aufbruchs“                   Revolution auf dem Land

9   Global Media Forum                       32 DW Akademie
The place made for minds                     Meinungsfreiheit täglich erkämpfen

9   Firas unter Menschen                     34 Afrika
Abenteuer Integration als Video-Reihe        Im Dialog mit #The77percent

                                             36 Arabische Länder
                                        18
TITELTHEMA                                   Vom Frühling in die Eiszeit

10   65 Jahre DW                             38 Lateinamerika
Die fehlende Nachricht von einer             Im öffentlichen Interesse
besseren Welt
                                             39 Impressum
13 Programmauftrag
Wir sagen, was ist                           40 Unternehmenskultur
                                             Werte vermitteln – Werte leben
14 Westbalkan
Faktencheck gegen Stabilokraten
                                             WELT ANSCHAUEN
16 Griechenland
Die Sendung der freien Raucher               42 Carolina Chimoy
                                             Zwischen den Welten

                                        30

                                                                         Deutsche Welle   5
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MENSCHEN BEGEGNEN

Moderatorin im Paradies

                                                                                                                                                          ©© DW
Als Journalistin hat sie sich Umweltthemen verschrieben: Sharon
Momanyi, mehrfach ausgezeichnet, lebt in Nairobi, wo sie für die
DW das Umweltmagazin Eco@Africa moderiert.

        Das englischsprachige TV-Magazin ist eine in ihrer Art ein-
malige europäisch-panafrikanische Koproduktion: Seit 2016 produ-
ziert die DW Eco@Africa in Zusammenarbeit mit Channels TV in
Nigeria und dem kenianischen Sender Kenya Television Network
(KTN), ausgestrahlt wird es von allen drei beteiligten Partnern. In-
zwischen ging die 100. Ausgabe auf Sendung.
   Das Magazin legt den Fokus auf ökologische Innovationen und
Best-Practice-Beispiele aus Afrika und Europa sowie auf Klima-
schutzideen aus aller Welt. Es geht vor allem um Lösungen, gemein-
sam präsentiert von Sharon Momanyi und Nneota Egbe, Moderator
auf Seiten des nigerianischen Partners Channels TV.
   Sharon Momanyi hat in Nairobi Journalismus und Public Rela-
tions studiert und einen Master in Internationalen Beziehungen
erworben. Seit mehr als vier Jahren arbeitet sie bei KTN – als Nach-
richtenmoderatorin und Reporterin. Umweltberichterstattung ist
ihre Leidenschaft, Themen aus Gesundheit, Bildung und Entwick-
lung ihre weiteren Schwerpunkte.                                                          Sharon Momanyi
   Sharon Momanyi gehört seit Herbst 2017 zum Eco@Africa-Team
und meint: „Das Magazin behandelt Schlüsselthemen auf innova-
tive Weise. Für eine engagierte Umweltjournalistin ist die Sendung                      dw.com/eco-africa
geradezu ein Paradies.“                                                                twitter.com/dw_environment

                                                                                       Frieden als Herzensanliegen
                                                                                       Kolumbien, ein Land im Friedensprozess – ein attraktiver Stand-
                                                                                       ort für eine junge Korrespondentin: Ofelia Harms leitet das neue
                                                                                       DW-Büro in Bogotá. Von hier verstärkt sie die Berichterstattung
                                                                                       aus Lateinamerika.

                                                                                               Kolumbien sei ein „Symbol der Hoffnung für ganz Latein-
                                                                                       amerika und positives Beispiel für den Weg, durch zivile Konflikt-
                                                                                       lösung ein Ende der Gewalt anzustreben“, so DW-Intendant Peter
                                                                                       Limbourg Ende Februar bei der Eröffnung.
                                                                                          Ofelia Harms leitet das DW-Büro in Bogotá. Die 31-Jährige be-
                                                                                       richtet insbesondere für das spanische und das englischsprachige
                                                                                       TV-Programm. Gefragt sind Einschätzungen aus der gesamten
                                                                                       Region – aktuelle Beiträge ebenso wie Hintergrundberichte. Für
                                                                                       Harms ist es ein „Herzensanliegen“, gerade die Themen anzupa-
                                                                                       cken, die es oft nicht in südamerikanische Medien schaffen, etwa
                                                                                       Korruption und die Benachteiligung der indigenen Völker.
                                                                                          Die Journalistin kennt beide Welten – die europäische und die
                                                                                       lateinamerikanische. Ofelia Harms stammt aus Mexiko, wurde in
                                                                                       Puebla geboren. Dort studierte sie Kommunikationswissenschaften.
                                                                                       Mit 24 kam sie nach Bonn, wo sie ihren Master und anschließend
                                                                                       ein Volontariat bei der DW absolvierte. Seit 2015 arbeitet sie für die
                                                                 ©© DW/DW/B. Geilert

                                                                                       Spanisch-Redaktion in Berlin. Auch für die DW Akademie war sie
                                                                                       im Einsatz. Auf die Korrespondentin warten wichtige Termine: In
                                                                                       Kolumbien, Brasilien, Venezuela, Mexiko, Paraguay, Costa Rica und
                                                                                       Kuba wird bald gewählt. 
    Ofelia Harms mit ihrem Kollegen Aitor Saez
                                                                                        twitter.com/Oharruti

6    Weltzeit 1 | 2018
Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
Starke Motivation                                                                           „Der deutsche Auslandssender hat eine lange und erfolg-
                                                                                    reiche Geschichte, er baut Brücken in die ganze Welt. Teil der DW-
                                                                                    Familie zu sein ist eine starke Motivation“, sagte Barzegar, der von
Jamshid Barzegar ist neuer Leiter der Farsi-Redaktion der                           der BBC in London kam, wo er zuletzt als Senior Iran Analyst und
Deutschen Welle. Der renommierte Journalist und promovierte                         Editor tätig war. Iran ist einer der am stärksten reglementierten Ziel-
Politologe will das Nachrichtenangebot der DW für Iran weiter                       märkte der DW. Dass die Regierung in Teheran das Internet-Angebot
ausbauen und insbesondere die Sozialen Medien nutzen.                               blockiere, sei „völlig inakzeptabel“, betonte Programmdirektorin
                                                                                    Gerda Meuer bei der Vorstellung Barzegars im Februar in Bonn.
                                                                                    „Die Nutzung von Zensurumgehungstools in der Bevölkerung ist

                                                                  ©© DW/B. Scheid
                                                                                    weit verbreitet und das Interesse an internationalen Informations-
                                                                                    anbietern hoch“, so Meuer. Für die DW sei es sehr wichtig, einen
                                                                                    Beitrag zur Verbesserung der Meinungsfreiheit in Iran zu leisten.
                                                                                        Jamshid Barzegar ist seit 30 Jahren als Journalist tätig. Bis 2001
                                                                                    arbeitete er für zahlreiche Printmedien in Teheran, anschließend
                                                                                    für die BBC in London und Wien. Nach zwei Jahren bei Radio Free
                                                                                    Europe/Radio Liberty kehrte er 2008 zur BBC zurück und verant-
                                                                                    wortete dort das persischsprachige Radio- und Online-Angebot.
                                                                                    Barzegar produzierte TV-Dokumentationen über sein Heimatland,
                                                                                    ist Autor mehrerer Bücher und war häufig als Experte in Fernseh-
                                                                                    und Radiosendungen zu Gast. 

   Jamshid Barzegar                                                                  dw.com/persian
                                                                                     facebook.com/dw.persian

Balkanexperte

                                                                                                                                                         ©© O. Stiebitz
mit Empathie
Rüdiger Rossig leitet seit 15. April die
DW-Redaktionen des Bereichs Bosnisch,
Kroatisch, Serbisch. Rossig, der bereits
seit einigen Jahren als Freier Autor für die
Westbalkan-Programme der DW arbeitete,
kommt von der „taz“.

        Der 1967 in Mannheim geborene
Journalist, Buchautor und Dokumentar-
filmer war seit 1993 Redakteur bei der „taz“,
wo er insbesondere für den Balkan zustän-
dig war. 2013 war er am Aufbau des Ressorts
„taz.eins“ beteiligt.                              Rüdiger Rossig
   Rossig studierte in Berlin Balkanologie
und Südosteuropäische Geschichte. 1987
begann er als Lokalreporter beim „Mann-            Rossig hat sich stets auch für Menschen,                    „Rüdiger Rossig kennt Länder und Men-
heimer Morgen“. Nach einer Zeit als Freier      die aus Jugoslawien und später den Nachfol-                 schen der Region seit Jahrzehnten“, so Adel-
Autor und ersten Jahren bei der „taz“ ging      gestaaten nach Deutschland kamen, inte-                     heid Feilcke, Leiterin Europa-Redaktionen.
er zum Fernsehen der UN-Friedenstruppen         ressiert. Seit den 1980er-Jahren begleitete er              „Er bringt nicht nur die journalistische
UNTV in Zagreb, Kroatien, und von dort          Gastarbeiter in der Bundesrepublik, in den                  Expertise, sondern auch viel kulturelle
als Radioproduzent zur UN-Polizeimission        Kriegsjahren unterstützte er Flüchtlinge                    Sensibilität für ein von Krieg und Trauma
UNIPTF nach Sarajevo, Bosnien-Herzego-          aus allen Teilen Ex-Jugoslawiens. Diese Er-                 geprägtes Zielgebiet mit.“
wina. Ende 1998 kehrte er zurück zur „taz“      fahrungen fasste er 2008 in dem Buch „(Ex-)
nach Berlin – als Redakteur für Meinungs-       Jugos“ zusammen. Über die Lage in Bosnien                     ruediger-rossig.de
formate. 2006 war er zudem als Senior           und Kosovo drehte er zusammen mit Regis-                      dw.com/bs | dw.com/hr |        dw.com/sr
Editor am Aufbau der Monatszeitung „The         seur Zoran Solomun den Dokumentarfilm
German Times“ beteiligt.                        „Europas vergessene Protektorate“.

                                                                                                                                        Deutsche Welle              7
Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
AKTUELLES ERFAHREN

Freiheitsrechte weltweit stärken
Das neue Projekt „DW Freedom“ informiert
über weltweite Verstöße gegen Freiheits-
rechte und bietet eine Plattform zur
Vernetzung gegen Zensur.

        Verurteilung wegen angeblicher Ver-
breitung von Propaganda, Ermordung eines
Journalisten, Einschränkung von Frauen-
rechten: Auf der Plattform DW Freedom
führt der deutsche Auslandssender die ak-
tuelle Berichterstattung sowie Hintergrund­
berichte und Kommentare zur weltweiten
Entwicklung der Meinungs- und Pressefrei-                                          dw.com/freedom
heit zusammen.
    Das Projekt ist eng verknüpft mit dem
„Freedom of Speech Award“, den die DW seit
2015 jährlich auf dem Global Media Forum          rechte weltweit stärken, demokratische                  schaftlern, Cartoonisten und Hackern fin-
in Bonn verleiht. Preisträger und ihre An-        Werte vermitteln und den interkulturellen               den sich sowohl auf der Webseite dw.com/
liegen werden auf DW Freedom vorgestellt,         Dialog stärken. Themen, die in jüngster Ver-            freedom als auch auf Twitter (@dw_free-
ihre Geschichten erzählt und die weltweite        gangenheit erheblich an Relevanz gewon-                 dom) und Facebook (DW Freedom). In den
Solidarität gefördert – beispielsweise mit        nen haben. „Jeder Journalist hat das Recht,             Diskussionen der Nutzerinnen und Nutzer
Raif Badawi, dem Preisträger 2015, der wei-       seine Arbeit zu tun. Jeder Künstler hat das             geht es unter anderem um sichere Kom-
ter in Saudi-Arabien inhaftiert ist. Das Pro-     Recht, sich auszudrücken. Und genauso                   munikation und Datenschutz. DW-Chef-
jekt DW Freedom ist zudem vernetzt mit            sollte es das Recht eines jeden Menschen                redakteurin Ines Pohl ist überzeugt: „Frei-
allen relevanten Organisationen, die sich         sein, seine Meinung offen zu vertreten“, so             heit ist das ultimative Menschenrecht – ob
diesem Thema widmen.                              Intendant Peter Limbourg zum Start von                  Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versamm-
    Im 65. Jahr ihres Bestehens intensiviert      DW Freedom.                                             lungsfreiheit oder Religionsfreiheit.“
die DW mit diesem englischsprachigen                 Die jeweils aktuellen Beiträge und Analy-
Angebot ihre Kernaufgaben: die Freiheits-         sen, die Interviews mit Aktivisten, Wissen-               dw.com/freedom

                                                                                   „Ein Symbol des Aufbruchs“
                                                                   ©© DW/J. Röhl

                                                                                   Die DW hat im März an ihrem Standort in der Berliner Volta-
                                                                                   straße einen neu konzipierten Newsroom eingeweiht. Ein
                                                                                   weiterer Meilenstein auf dem Weg der DW zum integrierten
                                                                                   digitalen Medienhaus.

                                                                                           In einem über drei Etagen ausgelegten offenen Redaktions-
                                                                                   Raum arbeiten nun die Redaktion Politik und Gesellschaft, die Pla-
                                                                                   nung für die Nachrichtenredaktion und der Social-Media-Desk ge-
                                                                                   meinsam mit Redakteuren aus Wirtschaft, Kultur und Sport.
                                                                                      An der Einweihung der neuen Redaktionsräume durch Inten-
                                                                                   dant Peter Limbourg nahmen auch Mitglieder des Deutschen Bun-
                                                                                   destags sowie Vertreter von Ministerien teil.
                                                                                      Der Newsroom sei „ein Symbol des Aufbruchs“, so der Intendant.
                                                                                   Tempo und Wettbewerb im Informationsgeschäft hätten enorm zuge-
                                                                                   legt. Der neu konzipierte Newsroom bringe die DW entscheidend nach
                                                                                   vorn. „Mit der besseren Verzahnung der Redaktionen und Arbeitsab-
                                                                                   läufe können wir unsere Inhalte noch schneller für unsere Nutzer in
                                                                                   den verschiedenen Medien aufbereiten“, sagte Limbourg.
    Peter Limbourg bei der Einweihung in Berlin
                                                                                    dw.com/news

8    Weltzeit 1 | 2018
Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
The place made for minds
Viele internationale Akteure aus Medien, Politik, Wirtschaft und Kultur haben sich               Die Deutsche Welle, die DW Akademie
bereits zum Global Media Forum 2018 angemeldet. Leitmotiv der elften Ausgabe der             und mehr als 60 Partnerorganisationen
Medienkonferenz der DW vom 11. bis 13. Juni in Bonn: ­Global Inequalities.                   bieten Talkrunden, Präsentationen, Work-
                                                                                             shops und interaktive Formate.
        Die Deutsche Welle erwartet wieder     und Gesellschaft. Darüber hinaus werden           Ein Höhepunkt wird auch 2018 die Ver-
rund 2.000 Gäste aus über 100 Ländern.         Kernthemen der journalistischen Arbeit        leihung des „Freedom of Speech Award“
Unter ihnen Mariya Gabriel, EU-Kommis-         wie die Berichterstattung über Terroran-      sein. Die DW vergibt den Preis zum vierten
sarin für Digitalisierung, Hamid Karzai,       schläge und der Umgang mit Cybermob-          Mal im Rahmen ihrer Medienkonferenz.
ehemaliger Präsident von Afghanistan,          bing kritisch reflektiert.                    Wie in den vergangenen Jahren werden zu-
Ebele Okobi, Facebook Afrika, Madhav              Der dritte Tag der Konferenz, der Media    dem kulturelle Beiträge das Treffen berei-
Chinnappa, Direktor für Strategische Be-       Innovation Lab Day (MILD), widmet sich in     chern – zum Beispiel ist die britische Poetin,
ziehungen bei Google, Wolfgang Ischinger,      zahlreichen Workshops und Mindtalks den       Songwriterin, Sängerin und Pianistin Anne
Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz,      Herausforderungen der Digitalisierung.        Clark zu Gast, ebenso wie die junge indische
und Colin Gonsalves, Menschenrechtsan-         Internationale Experten präsentieren ihre     Sängerin Ginni Mahi.
walt und Träger des Alternativen Nobel-        Thesen und diskutieren mit dem Publikum:          Das Global Media Forum ist zugleich
preises. Sie und viele andere werden im        Wie können Journalisten das Darknet nut-      eine Plattform, auf der sich die Gäste aus
World Conference Center zusammenkom-           zen? Welche Risiken und Chancen bietet        aller Welt vernetzen. Beispielsweise bie-
men, um die Rolle der Medien im Kontext        künstliche Intelligenz? Welchen Einfluss      tet die Konferenz-App Möglichkeiten zum
der Globalisierung zu diskutieren.             hat die Digitalisierung von Newsrooms auf     Matchmaking. So diskutieren Teilnehmerin-
   Das Global Media Forum hat sich als         die journalistische Arbeit? Der MILD bietet   nen und Teilnehmer während der Konferenz
„The place made for minds“ etabliert, als      zudem viele Möglichkeiten, neue Formate       auch über Twitter. Via Livestream können
größte internationale Medienkonferenz          und Technologien auszuprobieren. Es geht      Interessierte, die nicht vor Ort sind, wichtige
in Deutschland. Das diesjährige Leitmotiv      beispielsweise um Datenjournalismus, di-      Veranstaltungen verfolgen.
„Global Inequalities“ wird aus unterschied-    gitales Storytelling und Mobile Reporting.
lichen Perspektiven betrachtet – von Vertre-   Ein News-Hackathon mit der BBC lädt zum         dw.com/gmf/registration
tern aus Medien, Wirtschaft, Politik, Kultur   Mitmachen ein.

Firas unter Menschen
                                                                                                                                           ©© DW/F. Alshater

Ein gebürtiger Syrer nimmt Eigenheiten seiner neuen Heimat
Deutschland unter die Lupe. Die Video-Reihe mit Firas Alshater
ist ein humorvolles Integrations-Abenteuer – auf Arabisch.

Der syrische Schauspieler und Journalist Firas Alshater lebt seit
fünf Jahren in Deutschland. In kurzen Videos zeigt der 26-Jäh-                                                            Firas Alshater
rige, was ihn in seiner neuen Heimat überrascht – im Biomarkt,
auf dem Recyclinghof oder am Arbeitsplatz. „Menschen in mei-
ner ehemaligen Heimat haben merkwürdige Vorstellungen von               Firas Alshater hatte in Syrien für Demo­kratie und Meinungsfrei-
Deutschland, zum Beispiel, dass hier alle Mercedes fahren.“ Ge-      heit gekämpft. Mehrfach wurde er verhaftetet und gefoltert. Er floh
gen solche Vorurteile setzt die Social-Media-Serie Aufklärung –      in den Norden des Landes, wo ihn IS-Kämpfer gefangen nahmen.
mit einer Prise Humor.                                               Schließlich kam er nach Deutschland.

                                                                                                                        Deutsche Welle                  9
Weltzeit - Meinung. Freiheit. Zukunft - Das Magazin der Deutschen Welle - DW
TITELTHEMA

10   Weltzeit 1 | 2018
TEXT JOHANNES HOFFMANN, LEITER DER INTENDANZ

             Die fehlende Nachricht
             von einer besseren Welt
             Menschen in aller Welt freien Zugang zu verlässlichen Informationen verschaffen,
             damit sie sich ihr eigenes Bild machen können: Das ist seit 65 Jahren zentrales Anliegen
             der Deutschen Welle. Das galt zu Zeiten des Kalten Kriegs und der Teilung Deutschlands
             insbesondere mit Blick auf Osteuropa. Das gilt bis heute angesichts zunehmender
             Einschränkungen der Pressefreiheit in immer mehr Ländern.

               D         as russische Außenministeri-
                         um schäumte. Es sei „eine be-
                         sonders zynische und perfide
             Form der Einmischung in die russische
                                                           Fernsehen und auf digitalen Plattformen.
                                                           Sie sind wirkungsmächtige Instrumente,
                                                           um Meinungen zu prägen und die Öffent-
                                                           lichkeit für sich zu gewinnen.
                                                                                                       teuren Kurzwellenkapazitäten wirkten
                                                                                                       wie aus der Zeit gefallen. Abbau war die
                                                                                                       Devise. Die staatlichen Geldgeber hinter-
                                                                                                       fragten die Legitimation.
             Wahlsphäre“. Wenige Tage vor den Präsi-          Am 3. Mai 1953 gegründet, ist die DW        Der DW allerdings gelang ein kleines
             dentschaftswahlen im März 2018 war ein        ein Kind des Kalten Kriegs. Das mediale     Zwischenhoch: 1992 startete sie aus der
             Beitrag der Deutschen Welle Anlass für die    Wettrüsten bis 1989 ließ auch Deutsch-      Hauptstadt Berlin ein deutsches Aus-
             Empörung in Moskau. Die Russisch-Re-          lands Auslandssender prosperieren. Mit      landsfernsehen via Satellit. Das wieder-
             daktion hatte sich in dem Online-Artikel      einem Radioprogramm auf Deutsch             vereinigte Deutschland wollte sich der
             mit Strategien von Protestverhalten im        ging die DW erstmals auf Sendung. Doch      Welt über die Kraft der Bilder präsentie-
             Zuge der Wahlen befasst. Aus russischer       schon bald wurde aus dem Service für        ren, als weltoffene, friedliebende und
             Sicht ein „eklatanter Verstoß gegen die       die „lieben Landsleute in aller Welt“,      europäisch geprägte Nation. Gleichzei-
             journalistische Ethik und den Grundsatz       wie der damalige Bundespräsident The-       tig wurden die Angebote einiger Sende­
             der Nicht-Einmischung in die inneren An-                                                  sprachen der DW deutlich reduziert oder
             gelegenheiten eines Staates“, so die Reak-                                                eingestellt. So schienen Ungarisch, Tsche-
             tion auf die DW-Analysen.                         »Werte stehen                           chisch und Slowakisch verzichtbar mit
                 Eine aggressive Rhetorik, die an längst
             vergangene Zeiten erinnert: 30 Jahre nach          in heftigem                            Blick auf die Entspannungspolitik, den
                                                                                                       Prozess der europäischen Einigung und
             dem Ende der Ost-West-Konfrontation
             zeichnet sich ein neuer „Kalter Krieg“ ab.        Widerspruch.«                           die – aus damaliger Sicht – irreversiblen
                                                                                                       demokratischen Entwicklungen in Mittel-
             Zwischen einem selbstbewusst-nationa-                                                     und Osteuropa.
             listischen Russland auf der einen, den        odor Heuss zum Sendestart sagte, ein           Der Krieg im früheren Jugoslawien
             erratisch agierenden USA auf der anderen      vielsprachiges Programmangebot. 1962        riss Europa aus den Friedensträumen.
             Seite – und einem verzagten, erodieren-       schon 17 Sendesprachen, waren es vier       Aufklärung durch Radioprogramme auf
             den Europa dazwischen.                        Jahre später 28 und 1973 deren 33. Ent-     Serbisch, Kroatisch, Mazedonisch und
                 Die Interessen und Ansprüche, Gesell-     sprechend dynamisch wuchsen Etat und        Bosnisch war bei der DW das Gebot der
             schaftsmodelle und Wertvorstellungen          Mitarbeiterzahl.                            Stunde. Spätestens mit dem Schock von
             stehen international wieder in heftigem          Der Fall des Eisernen Vorhangs in Eu-    9/11, den Kriegen in Afghanistan, Irak und
             Widerspruch. Der Wettbewerb der Ideen         ropa brachte 1989 einen Wendepunkt.         Syrien zerschlugen sich wohl die letzten
             und der Kampf um die Köpfe werden – wie       Die international agierenden Sender er-     Hoffnungen auf eine friedlichere Welt.
             schon einst – auch und gerade über die        fuhren schmerzhafte Einschnitte. Ihre na-      Zur gleichen Zeit erfuhren weltweit
©© ESA/OHB

             Medien ausgetragen. Heute zumeist im          hezu erd­umspannenden und ungemein          die Medienmärkte einen dramatischen

                                                                                                                               Deutsche Welle   11
TITELTHEMA

                                                                                                   ©© ESA/OHB
           »Jede Investition in die DW ist
          eine Investition in die Förderung
              demokratischer Werte.«
Umbruch: Liberalisierung, Deregulierung         dern, haben China, Russland und Iran in
und Digitalisierung brachten neue Akteure,      der vergangenen Dekade die Instrumente
verschärften den Wettbewerb und verän-          ihrer Auslandskommunikation professio-
derten binnen weniger Jahre das Nutzungs-       nalisiert, ausgebaut und ideologisch in Stel-
verhalten in tiefgreifender Weise. Entwick-     lung gebracht. Ob CGTN, RT oder Press TV –
lungen, die die Deutsche Welle – wie andere     sie stehen für das Bemühen, Macht- und
Auslandssender – technisch, programmlich        Außenpolitik medial zu flankieren. Mit Pro-
und mit Blick auf ihre Verbreitungswege be-     paganda und Desinformation.
rücksichtigen musste.                              Die DW tritt dem mit umfassender Auf-
                                                klärung entgegen, auf der Grundlage ihrer
Neuer Auftrag – neue Auf­gaben                  journalistischen Werte und Qualitätsstan-
                                                dards. Nur so kann sie den neuen „Kalten
Auch das 2005 novellierte DW-Gesetz trug        Kriegern“ überzeugend Paroli bieten. Der
der neuen Zeit Rechnung: Ausdrücklich er-       massive Anstieg der Nutzung ihres rus-
laubte es der DW nun auch die Nutzung von       sischen und ukrainischen Angebots seit
„Telemedien“, um ihre Inhalte zu den Men-       Beginn des Russland-Ukraine-Konflikts be-
schen zu bringen.                               legt eindrucksvoll, dass die DW bei vielen
   Trotz nicht unerheblicher Budgetkür-         Menschen bis heute als glaubwürdige und
zungen seit 1998 gelingt es der DW gleich-      verlässliche Informationsquelle gilt.
wohl, international den Anschluss zu hal-
ten. Sparprogramme und die Umschichtung         Aufklärung versus Propaganda
von Mitteln ermöglichen es, immer wieder
rasch auf politische Herausforderungen re-      Um in einer volatilen weltpolitischen Ge-
agieren zu können. Als nach den Anschlä-        mengelage im Interesse Deutschlands
gen vom 11. September 2001 in den USA die       handlungsfähig zu bleiben, ist die Spra-
arabische Welt und Afghanistan in den Fo-       chenvielfalt der DW essenziell. Immer neue
kus der Weltöffentlichkeit geraten, verstärkt   politische Brandherde erfordern mediale
die DW auch für diese Regionen ihre Akti-       Reaktionen. Seien es Flucht und Migrati-
vitäten. 2002 startet sie ein zweistündiges     on nach Europa oder die Entwicklung der
TV-Fenster für Afghanistan – zum ersten         Türkei hin zu einem autokratischen System.
Mal produziert sie ein Fernsehprogramm          Auch den Menschen zwischen Bosporus
speziell für eine Krisenregion. Gleichzeitig    und Anatolien bietet die DW Informations-
bildet die DW Akademie afghanische Jour-        angebote: frei, unabhängig, vielfältig. Pläne,
nalisten aus. Wenige Monate später folgt        gemeinsam mit anderen westlichen Aus-
ein dreistündiges TV-Angebot auf Arabisch.      landssendern ein türkisches TV-Programm
Ein Beitrag zum Dialog mit der islamischen      aufzulegen, werden zurzeit ausgearbeitet –
Welt – und zur Konfliktprävention.              und könnten rasch starten.
   Es sind globale Entwicklungen wie diese,         Jede Investition in die DW ist eine Investi-
die die DW wieder stärker in das Blickfeld      tion in die Förderung demokratischer Wer-
der Politik rücken. Regierung und Parla-        te, des weltweiten Zugangs zu verlässlicher
ment erkennen zunehmend den Wert, den           Information – als Voraussetzung für die
ein leistungsfähiger Auslandssender für         Meinungsbildung – und des Dialogs.
Deutschland hat. TV-, Radio- und Online­
angebote, Informationen in 30 Sprachen –          dw.com/65jahre
ein wirkungsvoller Weg, deutsche und euro-
päische Positionen und Perspektiven inter-
national zu vermitteln.
   Weitgehend unbeachtet von einer brei-
teren Öffentlichkeit in den westlichen Län-

12   Weltzeit 1 | 2018
©© DW/S. Takato

                                                                                                 Auch Tabuthemen diskutieren: Shababtalk
                                                                                                 für das junge arabische Publikum

                   TEXT GERDA MEUER, PROGRAMMDIREKTORIN

                                                                                                    »Fakten statt Fake,
Sagen, was ist                                                                                     Haltung statt Hass.«

Wir haben Breaking News, die die Welt bewegen. Wir bieten                                         Media-Plattformen in öffentlichen Räu-
unzensierte Informationen, die in der Zielregion keiner hat.                                      men, in denen nicht nur Journalistinnen
                                                                                                  und Journalisten senden, sondern alle. Auch
Wir liefern die deutsche Perspektive zu einer Story, die unsere                                   das Publikum, das früher nur empfangen
Nutzer interessiert. Wir informieren und hinterfragen, wir                                        hat, sendet jetzt selbst. Das schafft Nähe,
legen dar und spitzen zu. Wir sind schnell und gründlich.                                         weil wir in den direkten Austausch mit dem
                                                                                                  Nutzer treten und unsere Angebote so bes-
Für all das stehen wir. Wir sagen, was ist.                                                       ser auf ihn zuschneiden können. Durch die
                                                                                                  genaue Analyse von Erfolg und Misserfolg
                                                                                                  einzelner Formate.
        Sagen, was ist: Dieser Leitspruch für    da sind. Für die Nutzer weltweit, die uns           Was uns stark macht? Profilierte Pro-
Journalisten von „Spiegel“-Gründer Rudolf        als überaus glaubwürdige Quelle schätzen.        grammmacher, die agil die besten Wege
Augstein stammt noch aus der analogen            Und die durch uns freien Zugang zu Infor-        zum Publikum im Blick haben und erken-
Welt. Schon da war er wertvoll. Er ist es        mationen haben und sich austauschen kön-         nen, was eine gute Geschichte ist. Die vo-
erst recht in der digitalen Welt, in der alles   nen mit anderen Menschen weltweit.               rangehen, wo es möglich ist, die sich auch
gleichrangig scheint und nichts bewiesen.           Die fruchtbaren Debatten, die unser Ara-      korrigieren, wo es nötig ist. Und die damit
Die Welt, in der sich die Deutsche Welle im      bisch-Programm auf den digitalen Platt-          Vorbild sind für junge Kolleginnen und Kol-
Jahr 2018 dynamisch bewegt. Und selbst           formen entfacht, die kontroversen Diskus-        legen.
Akteur ist.                                      sionen, die unsere afrikanischen Nutzer auf         Unsere Programmziele für die kommen-
   Weltweit befinden sich Gesellschaften         Facebook führen, das große Engagement,           den Jahre haben wir gemeinsam festgelegt.
durch das Netz in großer Gereiztheit. Unse-      mit dem Redaktionen asiatischer Sprachen         Noch digitaler wollen wir werden, fokus-
re Antwort darauf: große Aufmerksamkeit          ihr Publikum in der digitalen Welt so überaus    sierter, exklusiver. Mehr eigene Geschich-
und journalistische Sorgfalt. Bei der Arbeit     erfolgreich ansprechen, die hohe Akzeptanz       ten. Über allem aber steht: Was wir in die
an der sauber recherchierten Geschichte.         des englischen TV-Kanals – diese und viele       Welt senden, darf niemanden gleichgültig
Beim konfrontativ geführten Interview mit        andere Beispiele stehen für die Wirkungs-        lassen. Zuallererst uns selbst nicht. „In Dir
einem Politiker. Bei der bildstark erzählten     macht der DW im 65. Jahr ihres Bestehens.        muss brennen, was Du in anderen entzün-
Reportage aus einem Land, in dem Terror             Es gibt einen entscheidenden Unter-           den willst.“ Noch so ein Satz aus der analo-
herrscht. Zu bieten haben wir Fakten statt       schied für die heutigen Programmmacher           gen Welt, der auch in der digitalen gültig
Fake News, Haltung statt Hass, Austausch         der Deutschen Welle im Vergleich zu frühe-       bleibt. Der Journalismus, mit dem wir be-
statt Abschottung. Und zu gewinnen haben         ren Zeiten: Wir bewegen uns auf Facebook,        geistern wollen, muss uns weiterhin auch
wir: Wertschätzung von denen, für die wir        Instagram, Twitter und anderen Social-           selbst begeistern. 

                                                                                                                            Deutsche Welle   13
TITELTHEMA

                    TEXT ADELHEID FEILCKE, LEITERIN EUROPA

Mit Faktencheck
gegen Stabilokraten
Europa in der Krise! Krise der Demokratie! Schlagzeilen, die
immer wieder auftauchen. Nationalistische und populistische
Parteien haben Zulauf, der liberalgesellschaftliche Konsens
erodiert. Im Südosten des Kontinents haben sich viele dieser
Krisensymptome seit Jahren entwickelt, ausgeprägt und gefähr-
lich verfestigt. Eine Demokratie- und Europamüdigkeit breitet
sich aus. Die DW hält im 65. Jahr ihres Bestehens dagegen, gibt
kritischen Köpfen und anderen Sichtweisen Platz.

     B     esonders in den Staaten des West-
           balkans – Albanien, Bosnien-Her-
           zegowina, Kroatien, Kosovo, Ma-
zedonien, Montenegro und Serbien – ist die
                                                Demokratie scheint lediglich Mittel zum
                                                Zweck, nicht das Ziel zu sein. Sie nutzen die
                                                demokratischen Instrumente und setzen
                                                diese gleichzeitig de facto außer Kraft, um
Euphorie des demokratischen Aufbruchs           einen Elitenwechsel zu verhindern.
längst der Ernüchterung und Stagnation             Die sukzessive Aushöhlung des Rechts-
gewichen. Dort hält sich eine Klasse aus        staats durch „Justizreformen“ hat sogar in
Politikern mit populistischen und nationa-      scheinbar schon gefestigten Demokratien,
listischen Parolen an der Macht, die vielfach   etwa in Polen und Ungarn, aufschrecken
tief in Korruption und Vetternwirtschaft        lassen. Auch in Rumänien versucht die Re-
verstrickt ist. Eine Perspektive auf Verände-   gierung, die Kontrollstrukturen auf Kurs zu
rung ist für die Bevölkerung nicht absehbar.    bringen. In den Staaten des westlichen Bal-
Deshalb stimmen die Menschen mit den            kan besteht der Rechtsstaat vielfach nur auf
Füßen ab. Kein Wunder, dass der Migrati-        dem Papier.
onsdruck aus den EU-Ländern im Südosten
des Kontinents wie auch den Beitrittsstaa-      Zugriff auf kritische Medien­
ten vom westlichen Balkan anhält. Wer ir-       öffentlichkeit
gend kann, versucht, die als hoffnungslos
erlebte Heimat zwischen Adria und Donau         Dort, wo die Gewaltenteilung den immer
zu verlassen, um in einem westeuropäi-          autoritärer agierenden Machthabern im
schen Land eine bessere Zukunft zu finden.      Wege steht, ist auch der Zugriff auf eine
    Denn in den Balkanstaaten grassiert eine    kritische Medienöffentlichkeit nicht weit.
                                                                                                ©© Fotolia/Oleksandr

neue Herrschaftsform nach dem Muster:           Durch vielerlei legalistische Tricks und po-
autoritär führen, nationalistisch argumen-      litisch unterstützte wirtschaftliche Verdrän-
tieren, neoliberal wirtschaften. Die Herr-      gungsprozesse werden unliebsame Stim-
schenden, die sogenannten Stabilokraten,        men ausgeschaltet oder marginalisiert. Auf
zeichnet ein Machtpragmatismus nach Art         der aktuellen Rangliste für Pressefreiheit
des türkischen Präsidenten Erdogan aus –        der Organisation Reporter ohne Grenzen

14   Weltzeit 1 | 2018
Balkan: Das Leben der anderen
                                            Soziokulturelle Facetten des Balkans neu entdecken und Vorurteile abbauen: Darum
                                            geht es im multimedialen DW-Projekt „Balkan Booster“. Beteiligt sind Jungjourna-
                                            listinnen, Aktivisten, Autoren und Karikaturistinnen. Gemischte Teams aus Albanien,
                                            Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien und Serbien besuchten einander und
                                            nahmen – und gewährten – Einblick in den jeweiligen Alltag. Sie entdeckten Ähnlich-
                                            keiten und Unterschiede, setzten sich mit Vorurteilen auseinander, die in der Region
                                            unterschwellig noch immer vorhanden sind.
                                                Mit Unterstützung des Auswärtigen Amts haben Journalistinnen und Journalisten
                                            der Westbalkan-Redaktion der DW die Reisen begleitet und die Facebook-Nutzer teilha-
                                            ben lassen – mit Textbeiträgen, Bildergalerien und rund 240 Videos in fünf Sprachen der
                                            Region – Albanisch, Bosnisch, Kroatisch, Mazedonisch und Serbisch.

                                              multimedia.dw.com/balkan-booster

                                                 »Durch vielerlei Tricks werden
                                               unliebsame Stimmen ausgeschaltet
                                                      oder marginalisiert.«

                                         sind Bulgarien (Rang 109), Mazedonien (111)     nalisten der DW berichten, genießt hohe
                                         und Montenegro (106) traurige „Spitzenrei-      Glaubwürdigkeit und hat Gewicht, immer
                                         ter“ in Europa.                                 wieder auch als Korrektiv von gezielten
                                            Umso wichtiger ist es und wird es in         Falschmeldungen. Die kleinen Redaktions-
                                         Zukunft sein, neben den lauten Stimmen          teams schaffen dies durch innovative For-
                                         der regierungstreuen Medien, die die po-        mate und gut platzierte Expertise. Mit
                                         pulistischen Botschaften der Regierungs-        Partnerschalten in reichweitenstarken TV-
                                         politiker hinausposaunen, auch kritischen       Sendern sind wir in Albanien, Bulgarien,
                                         Köpfen und anderen Sichtweisen auf Le-          Serbien, Kosovo und Bosnien-Herzegowina,
                                         benswirklichkeit und Zivilgesellschaft Platz    in Kroatien, Mazedonien, Rumänien und
                                         zu geben. Die Deutsche Welle ist in den Län-    der Republik Moldau in den Landessspra-
                                         dern Südosteuropas vielerorts das einzige       chen vor Ort Teil des Diskurses.
                                         Medium aus dem westlichen Europa, das               Mit dem wöchentlichen Webvideo-For-
                                         weiterhin Angebote in den Regionalspra-         mat #DE_Facto sowie dem Dialog-Format
                                         chen macht – RT, Sputnik, Al Jazeera haben      „Balkan Booster“ sprechen die Westbalkan-
                                         hingegen in den vergangenen Jahren ihre         programme der DW gezielt die Jugend an
                                         Angebote in der Region drastisch ausgebaut      und laden auf Facebook zum Faktencheck
                                         und befeuern kräftig den antieuropäischen       sowie zum Dialog mit jungen Menschen aus
                                         und antidemokratischen Diskurs.                 der Region. Beide Formate haben im ver-
                                                                                         gangenen Jahr mehrere Millionen Aufrufe
                                         Als Stimme für Meinungs­                        und Tausende von Reaktionen generiert.
                                         vielfalt unverzichtbar                              Im 65. Jahr ihres Bestehens ist die DW in
                                                                                         Südosteuropa jung, frisch und präsent. Sie
                                         Seit den Jahren der Jugoslawien-Kriege hat      ist als Stimme für Chancen- und Meinungs-
                                         sich die Deutsche Welle als ein „ehrlicher      vielfalt und somit für eine demokratische
Die Farben des Protests: Monument in
                                         Makler“ und als Stimme der Vernunft eta-        Zukunft in Europa unverzichtbar.
Skopje, Mazedonien, nach einer Demons-
                                         bliert. Ob auf Bosnisch, Kroatisch, Serbisch,
tration im August 2016
                                         Albanisch oder Mazedonisch: Was die Jour-

                                                                                                                   Deutsche Welle   15
TITELTHEMA

                            TEXT SPIROS MOSKOVOU, LEITER DER GRIECHISCH-REDAKTION

Sie hören die Sendung der freien Raucher
Die Präsenz der DW in Griechenland ist geschichtsträchtig.                                        Kampfes gegen die Diktatur geschaffen hat,
Sternstunden erlebte das Griechisch-Programm während der                                          war eine moralische und politische Investi-
                                                                                                  tion Deutschlands in Griechenland. Bis heu-
Militärdiktatur Ende der 1960er-Jahre. Millionen Griechen                                         te symbolisiert die DW das Vertrauen der
saßen jeden Abend an den Radiogeräten, begierig darauf zu                                         Griechen in die deutsche Demokratie.“ Eine
erfahren, was tatsächlich in ihrem Land vor sich ging. Diese                                      hervorragende Leistung, wenn man be-
                                                                                                  denkt, welche Verwüstungen Nazi-Deutsch-
Reputation als glaubwürdige, verlässliche Informationsquelle                                      land in Griechenland hinterlassen hatte.
hat die DW bis heute gewahrt.                                                                        Dieses historische Vermächtnis erklärt
                                                                                                  auch die Renaissance des griechischen
                                                                                                  DW-Programms 1989, als in Griechenland
         Ende Januar veröffentlichte die DW       auf Kurzwelle verpönt war. Die Deutsche         zum ersten Mal der private Rundfunk zu-
einen Bericht zur desolaten Lage am grie-         Welle wurde zum kollektiven Erlebnis, wo-       gelassen wurde. Dutzende lokale Sender
chischen Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit       ran sich viele Griechen bis heute erinnern.     in Athen und der landesweit empfangbare
war zwar von 27 auf 20 Prozent gesunken,              Umfassend berichtete die DW über die        Premium-Partner SKAI übernehmen seit-
doch sechs von zehn Arbeitnehmern sind            Aktivitäten des Widerstands, der sich im        dem das griechische Hörfunkangebot der
nur teilzeitbeschäftigt und müssen oben-          Ausland formierte. Die Menschen erfuhren        Deutschen Welle, inzwischen erweitert
drein im Durchschnitt sechs Monate lang           zum ersten Mal vom Schicksal der Wider-         um Online-Angebote und TV-Schalten aus
auf ihr Gehalt warten. Der Bericht wurde          standskämpfer in Griechenland – von Ver-        Bonn. Die Marke DW steht in Griechenland
zu einer Zeit publiziert, als die Regierung       haftungen und Folterungen. Über ein weit-       stets für Seriosität und Zuverlässigkeit.
Tsipras verstärkt Erfolgsmeldungen zu ihrer       gespanntes Netz von Informanten sammelte           In all diesen Jahren, auch beim leisesten
Arbeitsmarktpolitik verbreitete. Daraufhin        und verbreitete die Griechisch-Redaktion        Anzeichen einer Einschränkung der bür-
schrieb ein konservativer Politiker in einer      alle wichtigen Meldungen, die unter die Zen-    gerlichen Freiheiten, beruft man sich auf
Athener Zeitung in einem Gastbeitrag: „Wie        sur der Obristen fielen. Die damaligen Kolle-   die alte Instanz. Sogar als die griechische
©© DW

damals, zur Zeit der Diktatur, als wir still      gen geißelten aus Köln unmissverständlich       Regierung 2002 das erste – später allerdings
blieben und die Deutsche Welle hörten.“           das Regime in Athen.                            gescheiterte – Rauchverbot in öffentlichen
Auch heute, so meinte der griechische Poli-                                                       Gebäuden und Restaurants ankündigte, re-
tiker, seien seine Landsleute auf den deut-       Die alte Instanz                                agierte eine große griechische Tageszeitung
schen Auslandssender angewiesen, wenn                                                             mit dieser Karikatur: Ein in seiner Woh-
sie die Wahrheit über die Situation im Lan-       Seit dem Sturz der Junta 1974 gilt die DW als   nung verbarrikadierter Grieche sitzt ver-
de erfahren wollten.                              der wichtigste deutsche Beitrag zur Wieder-     zweifelt rauchend vor seinem Radio. Und
   In der Zeit der Militärjunta war die DW        herstellung der Demokratie. Der Schriftstel-    hört schließlich erleichtert: „Hier ist die
eine der wenigen freien Informationsquel-         ler und Journalist Alexander Skinas, einer      Deutsche Welle. Sie hören die Sendung der
len in einem Land, in dem es keine Presse-        der Hauptkommentatoren der griechischen         freien Raucher.“
freiheit mehr gab. Radio als Aufklärung und       DW-Sendung, formulierte in einem spä-
Freiheitsübung unter den Augen der Dikta-         teren Interview diesen Beitrag so: „Was die      dw.com/greek
tur, in der das Hören von fremden Sendern         Deutsche Welle in diesen sieben Jahren des

Tolle Griechen                                   erfolgreiche Griechen in Deutschland vor,        Moskovou. „Viele waren verletzt und be-
                                                 darunter ein Kardiologe aus Berlin, eine         leidigt, dass deutsche Medien ein Bild des
Von Facebook ins Frühstücksfernsehen:            Sopranistin aus Wuppertal, ein Fischhänd-        faulen und verschwenderischen Griechen
Reporter des Griechisch-Programms der            ler aus Köln und eine 90-jährige Ballerina       zeichnen.“ Das DW-Projekt habe der griechi-
DW drehten eine Porträtreihe über erfolg-        aus Stuttgart.                                   schen Seele geschmeichelt. So war das Inte-
reiche Griechen in Deutschland – und Pre-           Die Serie mit dem Titel „Die tollen Grie-     resse auch jenseits der Social-Media-Com-
mium-Partner SKAI TV strahlte sie aus.           chen“ stieß auf viel Interesse, auf der On-      munity geweckt: Der größte Privatsender
                                                 line-Seite ebenso wie auf der Facebook-          und langjährige DW-Partner SKAI TV in
Als Ergebnis des Mobile-Reporting-Ein-           Seite. „Die Schuldenkrise hat den Griechen       Athen nahm die Reihe in sein populäres
satzes stellt die Redaktion ein Dutzend          sehr zugesetzt“, erklärt Teamleiter Spiros       Morgenmagazin.

16      Weltzeit 1 | 2018
Meinungsfreiheit füttern

                                                        In einer Zeit, in der autokratische Re-
                                                        gierungen die Pressefreiheit aus-
                                                 höhlen und die wahrheitsgemäße Be-
                                                 richterstattung torpedieren, um zu
                                                 verhindern, dass ihre Verfehlungen öf-
                                                 fentlich gemacht werden, steht die DW
                                                 weiter für professionellen Journalis-
                                                 mus in vielen Sprachen. Wir sind stolz
                                                 darauf, dass die DW seit vielen Jahren auf
                                                 Recherchen und Analysen von Human Rights
                                                 Watch als glaubwürdige Quelle zurückgreift. Von der
                                                 weltweiten Verbreitung durch die DW profitieren auch wir.«

                                                                       Kenneth Roth, Direktor Human Rights Watch

                                                       Meinungsfreiheit ist kein natürli-
                                                       cher Zustand. Sie muss gefüttert
                                                 werden mit Literatur, Wissenschaft
                                                 und Philosophie. Diese intellektuelle
                                                 Versorgung ist in der Türkei gefährdet.
                                                 Deshalb ist es umso wichtiger, dass die
                                                 DW und andere Stimmen von außen ei-
                                                 nen intensiven Dialog mit der laizisti-
                                                 schen türkischen Zivilgesellschaft führen.«

                                                            Tarik Günersel, türkischer Schriftsteller, Drehbuchautor,
                                                                            Schauspieler und Regisseur (PEN Türkei)

                                                        Cuny TV zeigt eine Reihe von DW-Programmen, darunter die
                                                        News und Features, die Talksendung Quadriga und die Maga-
                                                 zine Euromaxx, Fokus Europa und Global 3000. Diese Informa-
                          ©© Pixabay/Walkerssk

                                                 tions-, Bildungs-, und Unterhaltungsformate werden von unserem
                                                 Publikum sehr geschätzt, wie das positive Feedback zeigt.«

                                                                                Oksana Israilova, Cuny TV, New York

                                                          Indische Musik hat eine über Jahr-
                                                            tausende gewachsene und bis
                                                         heute lebendige Tradition. Ihre
                                                  Lebenskraft speist sich daraus, dass es
                                                     immer wieder Freidenker gibt, die
»Bis heute symbolisiert                          keine Barriere zwischen Tradition und
                                                 Aufbruch sehen. Der Kompositionsauf-
 die DW das Vertrauen                            trag der DW im Rahmen des Beethoven-
                                                       fests Bonn befördert diese Freiheit.«
  der Griechen in die
                                                                 Rakesh Chaurasia, indischer Flötist und Komponist
deutsche Demokratie.«                                                                  für das Campus-Projekt 2018

                                                                                                  Deutsche Welle   17
TITELTHEMA

                         FRAGEN VON CHRISTOPH JUMPELT

„Wir sind die Stimme
für ganz Deutschland“
Die Deutsche Welle blickt auf 65 Jahre bewegte Geschichte zurück – und steht vor zahlreichen
Herausforderungen. Intendant Peter Limbourg erläutert, warum Deutschland seine mediale
­Präsenz in der Welt weiter stärken muss.

     Worin sehen Sie heute die größte He-       wir selbstverständlich, Regierung und Op-       leistet ihren Beitrag dazu, indem sie über
rausforderung für ein international tätiges     position gleichermaßen zu Wort kommen           Medien Menschen erreicht, die Deutschland
Medienhaus im Vergleich zu früher?              zu lassen.                                      sonst nicht erreichen würde.
Die Deutsche Welle hat in ihrer Geschichte
schon viele Aufgaben erfüllt. Zum Beispiel,          Die Deutsche Welle wird aus Steuer-             Die journalistischen Aufgaben, denen
Stimme der Heimat zu sein, Stimme der-          mitteln finanziert. Was hat der Steuerzah-      sich die DW stellen muss, werden nicht
jenigen, die fernab der Heimat waren und        ler, der das Angebot im Inland nicht nut-       geringer. Welche Argumente sprechen für
sich auf Nachrichten aus Deutschland ver-       zen kann, davon, dass es die DW in dieser       eine nachhaltige bessere Ausstattung des
lassen wollten. Heute ist die DW ein inter-     Form gibt?                                      Senders?
nationaler Sender, der in 30 Sprachen alle      Deutschland ist international erfolgreich.      Wir haben in der Vergangenheit gezeigt,
Sendewege bedient, von Radio über TV bis        Die Deutsche Wirtschaft ist in hohem Maße       dass wir mit unseren Mitteln effektiv um-
Social Media. Natürlich liefern wir der Welt    vom Export abhängig. Deutschland ist der        gehen, dass wir Neues wagen und dass wir
weiterhin ein umfassendes Bild davon,           Welt zugewandt und ist umso erfolgreicher,      damit sehr erfolgreich sind. Nicht nur, was
wofür Deutschland steht. Aber unser Pro-        je weltoffener es ist. Ein Zeichen unserer      die Reichweite anbelangt, sondern auch,
gramm wendet sich viel stärker als früher                                                       was Innovation im Programm betrifft und
an Nutzer in aller Welt. Wir wollen im Dialog                                                   die konsequente Digitalisierung innerhalb
sein mit unserem Publikum. Da hat sich in           »Der Bedarf an                              der DW. Wir sind in bestimmten Regionen
den vergangenen Jahren viel getan. Wir set-                                                     überaus erfolgreich, beispielsweise im ara-
zen auf Koproduktionen mit Partnern und          ­objektiver Bericht­                           bischen Raum, in Lateinamerika und Afrika.
entwickeln unseren Ansatz weiter, der die
Nutzer und unsere Partner einbezieht. Heu-           erstattung ist                             Da können wir noch enorm viel erreichen.
                                                                                                In unseren Angeboten auf Russisch und
te orientieren wir unser Programmangebot
stärker daran, was für unsere Nutzerinnen
                                                  ­weiterhin riesig.«                           Ukrainisch haben wir nach der Annexion
                                                                                                der Krim schnell und umfassend berichtet
und Nutzer relevant ist.                                                                        und objektive Informationen in die Region
                                                Weltoffenheit ist, dass wir ein realistisches   gesendet. Das sind Beispiele dafür, dass die
     Kann die DW ihre Agenda unabhängig         Bild von Deutschland und Europa zeichnen.       DW ihr Handwerk versteht. Wir machen das
umsetzen?                                       Und dass wir unzensierte Informationen in       gut und der Bedarf an objektiver Berichter-
Es ist unsere große Stärke, dass wir unab-      schwierigen Regionen zur Verfügung stel-        stattung ist weiterhin riesig.
hängig berichten können und dass wir frei       len. Es ist wichtig, dass die Werte unseres        Wir sind gut beraten, diesem Bedürf-
von staatlicher Einflussnahme sind. Wir         Grundgesetzes – Toleranz, Freiheit, Demo-       nis und dieser Nachfrage zu entsprechen.
sind ein Medienhaus, das in Deutschland         kratie und sozialer Ausgleich – erklärt wer-    Deswegen glaube ich, dass wir noch viele
sowohl Regierung und Opposition betrach-        den. Denn in vielen Ländern der Welt sind       zusätzliche Nutzer gewinnen können. Auf
tet als auch alle Strömungen in der Bevöl-      diese Werte in Gefahr. Es belastet am Ende      die großen Themen unserer Zeit – Krieg,
kerung einbezieht. Im Gegensatz zu vielen       uns alle, wenn Regionen von Krieg und Ter-      Terror, Flucht, Migration und Propaganda
staatlichen Sendern sind wir eben nicht die     ror beherrscht werden oder wenn Hungers-        – müssen wir Antworten finden. Wir tragen
Stimme der Regierung, sondern wir sind          nöte ausbrechen, weil schlecht regiert wird.    dazu bei und wollen hier auch stärker mit
die Stimme für ganz Deutschland. Das un-        Oder wenn Menschen nur noch Propaganda          unseren europäischen Partnern wie Frank-
terscheidet uns deutlich. Wir machen Jour-      ausgesetzt sind. Der deutsche Steuerzahler      reich und Großbritannien kooperieren. In
nalismus und keine PR. Auch in den Zielre-      hat ein Interesse an einer friedlichen und      Anbetracht der Tatsache, dass Freiheit und
gionen, über die wir berichten, versuchen       gerechteren Entwicklung in der Welt. Die DW     Demokratie zunehmend bedroht werden

18   Weltzeit 1 | 2018
©© DW/M. Magunia
                                                                                     „Wir wollen stärker mit unseren europäischen
                                                                                     Partnern kooperieren“: Intendant Peter Limbourg

und dass Autokratie und Diktatur auf dem                                                      Politik vergegenwärtigen muss, dass das ak-
Vormarsch sind, muss ein mediales Gegen-
gewicht entstehen.                               »Die DW wünscht                              tive Blockieren von Informationen ganz klar
                                                                                              als unfreundlicher Akt einzustufen ist.

     In Ländern wie China, Iran oder eini-      sich ­weiterhin diese                             Was wünscht sich die DW zum 65. Ge-
gen afrikanischen Staaten wird der Emp-
fang von journalistischen Inhalten der
                                                   ­Unterstützung                             burtstag?
                                                                                              Wir haben eine sehr gute Situation mit ei-
DW aktiv blockiert. Ist das für Sie auch
eine Form der Wertschätzung für die jour-
                                                 und berechenbare                             ner breiten Unterstützung in der Politik.
                                                                                              Die Deutsche Welle wünscht sich weiter-
nalistische Arbeit, wenn Regime den Emp-
fang behindern?
                                                      ­Zusagen.«                              hin diese Unterstützung und berechenbare
                                                                                              Zusagen als Ausdruck des Wohlwollens
Man kann es als Wertschätzung sehen. Aber                                                     gegenüber unseren Mitarbeiterinnen und
es ist meiner Ansicht nach ein Skandal und      langfristig auszahlen wird, wenn man weiter   Mitarbeitern und ihrer tollen Arbeit.
ein Zeichen der Schwäche, dass diese Länder     beharrlich versucht, mit objektiven Infor-
offenbar so wenig Selbstbewusstsein haben,      mationen in diese blockierten Märkte zu
dass sie kritische Stimmen verbieten. In die-   kommen. Wir sind da teilweise erfolgreich
sen Ländern wird versucht, den Menschen         über Umgehungssoftware und lokale Maß-
Informationen über Demokratie und über          nahmen. Ich bin allerdings der Auffassung,
Menschenrechte, über Pressefreiheit vorzu-      dass man sich bei allen Kontakten mit die-
enthalten. Wir sind überzeugt, dass es sich     sen Ländern auf allen Ebenen der deutschen

                                                                                                                       Deutsche Welle         19
©© picture alliance/Michael Kappeler/dpa
                                                                                             Terrorschauplatz und mediale Bühne:
                                                                                             Breitscheidplatz Berlin im Dezember 2016

                       TEXT CHRISTIAN F. TRIPPE, LEITER SICHERHEITS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK

Journalismus und
die Terror-Falle
Der 11. September 2001 markiert eine tiefgrei-                         ereignis, das musste auch ein Spielfilm widerspiegeln. Die Bilder
fende Zäsur – auch für die journalistische Be-                         der einstürzenden Doppeltürme hatten globalen Nachrichtenwert,
                                                                       sie entfalteten eine Wirkung, die die Terroristen sicherlich einkal-
richterstattung. Bald 17 Jahre und ungezählte                          kuliert hatten.
Terrorakte später denken Medienmacher und                                 In der Diskussion über das Verhältnis von Terrorismus und Jour-
Medienkritiker noch immer über das Verhält-                            nalismus wird immer wieder eine „symbiotische Beziehung“ be-
                                                                       klagt, eine ungesunde, ja gefährliche Wechselwirkung. Wer wollte
nis von Terrorismus und Journalismus nach.                             bestreiten, dass Berichte über Akte extremer politischer Gewalt gut
                                                                       sind für Quote und Auflage?
                                                                          Die Fragen, die sich dem Journalismus stellen, wiegen schwer:
                                                                       Bieten Journalisten den Terroristen die mediale Bühne, ohne die ein

  I     m Spätsommer 2002 begannen die Dreharbeiten zum Spiel-
        film „September“. Der deutsche Regisseur Max Färberböck
        wollte die Terroranschläge des 11. September filmisch verar-
beiten. Gedreht wurde unter anderem in der Berliner Voltastraße,
                                                                       Terrorakt gar nicht erst ausgeführt würde? Machen sich die Medien
                                                                       durch eine sensationsheischende und emotionalisierte Bericht-
                                                                       erstattung zu Komplizen? Al-Kaida-Pate Ayman al-Sawahiri sagte
                                                                       es 2004 ganz unverblümt: Der dschihadistische Kampf werde zur
im News-Studio der Deutschen Welle. Denn 9/11 war ein Medien­          Hälfte auf dem Medienschlachtfeld ausgetragen.

20 Weltzeit 1 | 2018
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