Wissenschaftstheorie und Methodologie - WS 21/22, Goethe Universität, Frankfurt a. M. Prof. Dr. Martin Lanzendorf Institut für Humangeographie ...

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Wissenschaftstheorie und Methodologie - WS 21/22, Goethe Universität, Frankfurt a. M. Prof. Dr. Martin Lanzendorf Institut für Humangeographie ...
Wissenschaftstheorie und
     Methodologie

 WS 21/22, Goethe Universität, Frankfurt a. M.

         Prof. Dr. Martin Lanzendorf

        Institut für Humangeographie

    Email: Lanzendorf@geo.uni-frankfurt.de
Wissenschaftstheorie und Methodologie - WS 21/22, Goethe Universität, Frankfurt a. M. Prof. Dr. Martin Lanzendorf Institut für Humangeographie ...
Aufbau Veranstaltung (Zeitplan)
Sitzung    Termin      Inhalt
  1       19.10.2021   Motivation, Ziel, Aufbau, Geschichte
  2       26.10.2021   Wissenschaftstheoretische Grundlagen
  3       02.11.2021   Quantitativer Forschungsprozess: Fragestellung, Hypothesen, Ablauf
  4       09.11.2021   Quantitative Befragung 1: Grundlagen, Frageformulierung
  5       16.11.2021   Quantitative Befragung 2: Stichprobe und Auswahlverfahren
  6       23.11.2021   Quantitative Befragung 3: Operationalisierung, Ablauf, Pretest
  7       30.11.2021   Qualitative Erhebungsmethoden
  8       07.12.2021   Qualitative Auswertungstechniken
  9       14.12.2021   Weihnachtssitzung / Soziales Event
  10      11.01.2021   Qualitative Forschung: Gütekriterien
  11      18.01.2022   Erhebungsform Beobachtung (und Kartierung, Zählung)
  12      25.01.2022   Poststrukturalistische Verfahren / Diskursanalyse
  13      01.02.2022   Besondere Erhebungsformen und Triangulation
  14      08.02.2022   Puffersitzung
  15      15.02.2022   Abschlusssitzung

                                Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie      2
Wissenschaftstheorie und Methodologie - WS 21/22, Goethe Universität, Frankfurt a. M. Prof. Dr. Martin Lanzendorf Institut für Humangeographie ...
Wiederholung
Definitionen und Merksätze

Wissenschaft ist „jede intersubjektiv überprüfbare Untersuchung von Tatbeständen und die
   auf ihr beruhende systematische Beschreibung und – wenn möglich – Erklärung der
   untersuchten Tatbestände“ (nach Körner 1988, S. 726, zit. nach Wessel 1996, S. 13).

„Ein Grundprinzip von Wissenschaft, jedenfalls im neuzeitlichen Sinne, ist die
    bedingungslose Kritik, der prinzipielle Zweifel an jeder Aussage bzw. Behauptung.“
    (Blotevogel 1997, S. 6)

Wissenschaft unterscheidet sich von Werturteilen durch ihre systematische und
   überprüfbare Vorgehensweise (vgl. Max Weber). Wissenschaft ist aber häufig in ein
   Gefüge von Werturteilen und Interessenslagen eingebunden. Es ist wichtig, diese
   Bezüge transparent zu machen.

Das theoretische Ziel von Wissenschaft besteht darin, die Realität nach einem System
   von Regeln nachprüfbar in einem geschlossenen Modell zu rekonstruieren

Das praktische Ziel von Wissenschaft ist es, ein rationales und humaneres Leben der
   Menschen zu ermöglichen

                                Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie       3
Erkenntnistheoretische (epistemologische) Fundierung
der empirischen Sozialforschung I

 Erkenntnistheorie:
    Behandeln von Fragen der alltäglichen und der wissenschaftlichen Erkenntnis 
    „Was können wir als Menschen mit den Mitteln unseres Verstandes über die Welt um
    uns herum überhaupt wahrnehmen?“
    (Reuber & Pfaffenbach 2005, 26)

 Probleme menschlicher Wahrnehmung:
  • Selektivität, d.h. Eingeschränktheit unserer Wahrnehmung und
  • Subjektivität, d.h. äußere Eindrücke werden immer individuell interpretiert und bewertet

                                                                                           (Reuber & Pfaffenbach 2005, 25-30)

                                      Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                 4
Erkenntnistheoretische (epistemologische) Fundierung
der empirischen Sozialforschung II

   Deshalb:
      Wahrnehmung einer „objektiven Realität“ unmöglich, vielmehr entstehen Weltbilder
      im Kopf, d.h. werden individuell „konstruiert“

     Konstruktivismus

   Für Humangeographie vgl.

             Geographical Imagination (Gregory 1994)
             alltägliche Regionalisierung (Werlen 1995, 1997)
             neue Kulturgeographie

   Letztlich sei demnach „der Anspruch einer absoluten Wahrheit unwissenschaftlich“
      (Blotevogel 1996, 47-48)

                                                                                      (Reuber & Pfaffenbach 2005, 25-30)

                                 Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                 5
Wissenschaftstheoretische Grundlagen

   1.   Wissenschafts- bzw. erkenntnistheoretische Grundpositionen

   2.   Induktion vs. Deduktion

   3.   Quantitative vs. Qualitative Methoden

                            Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   6
Zwei grundlegende Positionen der Erkenntnistheorie
in der empirischen Humangeographie (& Sozialwissenschaft)

 1.     Kritischer Rationalismus
        (deduktiv-nomologisch, quantitativ-analytisch)

 2.     Sozialer Konstruktivismus
        (phänomenologisch-hermeneutisch,
         interpretativ-verstehend)

                                                          Quelle: Kramer: Vorlesung empirische Sozialforschung WS 06/07

                        Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                                7
Zentrale Positionen der Erkenntnistheorie:
Kritischer Rationalismus

 • stärker quantifizierende, naturwissenschaftliche Richtung
 • Basishypothese:
 es existiert eine objektive Realität, die zwar wissenschaftlich nicht komplett
 zu erkennen ist, der man sich jedoch annähern kann
 • Erkenntnisfortschritt als Annäherung an die objektive Welt
 • Anwendung:
     • dominierende Strömung in den Sozialwissenschaften
     • quantitative Geographie: Blütezeit in den 1960er und 70er Jahren
     • heute dominierend in angewandter Humangeographie & bei
       Geographischen Informationssystemen

                                                                               (Reuber & Pfaffenbach 2005, 25-33)

                          Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                 8
Zentrale Positionen der Erkenntnistheorie:
Kritischer Rationalismus

             Sir Karl Popper (1902-1994)

                                                     Quelle: Kramer: Vorlesung empirische Sozialforschung WS 06/07

                   Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                                9
Zentrale Positionen der Erkenntnistheorie:
Kritischer Rationalismus

  Popper (1934): Logik der Forschung

  • wissenschaftlicher Fortschritt geschieht dadurch, dass bestimmte
    Theorien widerlegt ("falsifiziert") werden

  • evolutionsartiger Selektionsprozess:
      • die "wahrheitsnäheren" Theorien setzen sich durch,
      • sicheres Wissen kann dabei allerdings nie erreicht werden; alles
       Wissen ist vorläufig.

                                                            Quelle: Kramer: Vorlesung empirische Sozialforschung WS 06/07

                          Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                            10
Zentrale Positionen der Erkenntnistheorie:
Kritischer Rationalismus

 Ablehnung von Induktion
  • aus Einzelfällen kann kein allgemeines Gesetz abgeleitet werden,
  • auch Wahrscheinlichkeiten, wie z.B. „Theorie A ist mit 80%
    Wahrscheinlichkeit wahr“, lehnt er ab

                                                             Quelle: Kramer: Vorlesung empirische Sozialforschung WS 06/07

                           Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                            11
Kritischer Rationalismus: Verifikation oder
Falsifikation von Hypothesen und Theorien?

 Problem mit Verifikation (Beglaubigung, Bestätigung) allgemeingültiger
     Hypothesen:

 •   erfordert unendlich viele Versuche

 •   Letztlich: Verifikation wäre ein Induktionsschluss, da aus einer begrenzten
     Anzahl spezieller Ereignisse unzulässiger Weise auf die Allgemeingültigkeit
     der Theorie geschlossen wird.
      Die Verifikation allgemeingültiger Aussagen über Populationen ist anhand
     von Stichprobendaten logisch nicht möglich.

 Die Richtigkeit einer Theorie kann durch empirische Forschung niemals
 endgültig bewiesen werden. Theorien gelten immer nur als vorläufig
 bestätigt.                                                    Quelle: Kramer: Vorlesung empirische Sozialforschung WS 06/07

                             Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                            12
Kritischer Rationalismus: Verifikation oder
Falsifikation von Hypothesen und Theorien?

Allerdings kann eine theoretische Behauptung mit Allgemeingültigkeitsanspruch
   falsch sein:
   ein Fall oder ein einziges der Theorie widersprechendes Ereignis genügen,
   um die Theorie zu falsifizieren (widerlegen).

    Aber: Hieraus folgt nicht, dass eine Theorie wahr ist, solange sie nicht
   falsifiziert werden konnte.

    Wissenschaftlicher Fortschritt ist nur auf der Basis der Eliminierung falscher
   Theorien möglich.

                                       Quelle: Kramer: Vorlesung empirische Sozialforschung WS 06/07

                             Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                        13
Kritischer Rationalismus –
idealtypischer Erkenntnisprozess
                                                    Deduktion als Grundprinzip:
                                                     Vorannahmen und vorübergehende
                                                     Gewissheiten (Hypothesen) werden
                                                     ständiger Überprüfung unterzogen

                                                    Verifikation und Falsifikation
                                                     Bestätigung (vorübergehend) und
                                                     Widerlegung (endgültig)

                                                    „Kritischer Rationalismus“
                                                     Falsifikation als der höherwertige
                                                     Erkenntnisschritt

                                                    Ziel: weitestgehende Verallgemeiner-
                                                     barkeit, Aussagen, die auf alle
                                                     Untersuchungsobjekte zutreffen,
                                                     Repräsenativität

 Quelle: Borsdorf 1999: 24      => Leitprinzip der meisten quantitativen Studien
                             Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie             14
Zentrale Position der Erkenntnistheorie
Sozialer Konstruktivismus

 • Basishypothese: es existiert eine objektive Realität (ähnlich wie kritischer
 Rationalismus)

 • allerdings: objektive Beschaffenheit der Welt ist nicht erfahrbar und deshalb
 bedeutungslos für den sozialen Alltag und die Konstitution der Gesellschaft

 • die Welt als soziale Konstruktion erfordert
       - nicht die Suche nach der Beschaffenheit der objektiven Wirklichkeit,
       - sondern vielmehr nach der Bedeutung sozialer Konstruktionen für
         Kommunikation und Strukturierung der Gesellschaft

 • „there can never be an empirical world, therefore, only a myriad of worlds of
 meanings: there can be no universal truths“ (Johnston 1997)

 (Reuber & Pfaffenbach 2005, 25-33)

                                      Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   15
Was ist wahr?

                                                                                         http://www.sciechimiche.org/immagini/truman_show_advance.jpg
                                 http://www.entwurf-online.de/images/matrix-plakat.jpg

                                                                                                                                                             Vgl. Reuber & Pfaffenbach 2005
 https://www.youtube.com/watch?v=zQ1_IbFFbzA

 http://www.youtube.com/watch?v=AGZiLMGdCE0

                              Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                                                        16
Zentrale Position der Erkenntnistheorie
Sozialer Konstruktivismus

 • Basishypothese: es existiert eine objektive Realität (ähnlich wie kritischer
 Rationalismus)

 • allerdings: objektive Beschaffenheit der Welt ist nicht erfahrbar und deshalb
 bedeutungslos für den sozialen Alltag und die Konstitution der Gesellschaft

 • die Welt als soziale Konstruktion erfordert
       - nicht die Suche nach der Beschaffenheit der objektiven Wirklichkeit,
       - sondern vielmehr nach der Bedeutung sozialer Konstruktionen für
         Kommunikation und Strukturierung der Gesellschaft

 • „there can never be an empirical world, therefore, only a myriad of worlds of
 meanings: there can be no universal truths“ (Johnston 1997)

 (Reuber & Pfaffenbach 2005, 25-33)

                                      Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   17
Sozialer Konstruktivismus –
Idealtypischer Erkenntnisprozess

                                                                                  Ursprung: Textauslegung,
                                                                                   Götterbote Hermes
                                                                                   (umstritten)

                                                                                  „Verstehen von Texten –
                                                                                   und weitergedacht – von
                                                                                   sozialer Wirklichkeit – wird
                                                                                   zu einem aktiven Prozess
                                                                                   der Herstellung von
                                                                                   Wirklichkeit“ (Flick 2012: 159)

                                                                                  Schütz: „Interpretation von
                                                                                   Interpretationen“ (auch
                                                                                   Vergleich von Interpreta-
                                                                                   tionen)
Quelle: Borsdorf 1999: 26
                                                                                  Induktion, subjektiver Sinn

=> Leitprinzip der meisten qualitativen Studien                                   Hermeneutischer Zirkel
                            Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                  18
Wissenschaftstheoretische Konzepte im Überblick

            Ebene      Ontologie                   Epistemologie                        Methodologie        Politische Haltung
                       Lehre vom Wesen             Erkenntnistheorie
Ansatz                 der Dinge
Empirismus             Beobachtete Dinge           Wissen durch                         Darstellung der     Wertneutralität,
(Alt) Positivismus     sind Fakten                 Erfahrung                            Fakten, Induktion   Objektivität
                                                                                                            => status quo

  Quelle: Borsdorf 1999: 27, modifiziert

     Positivismus: wissenschaftliches Selbstverständnis, nachdem Wissenschaft die
     Aufgabe habe „die reale Welt zu erkennen und zu erklären“ (Schnell, Hill, Esser
     1995:37-38, zitiert nach Mattissek et al. 2013: 30)

     => Heute in dieser Form überholt („äußere Welt ist dem Menschen sensorisch und
     kognitiv nicht unmittelbar zugänglich“ Siebert 1999: 5, zitiert: Mattissek et al.
     2013: 30)

                                           Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                  19
Wissenschaftstheoretische Konzepte im Überblick

            Ebene      Ontologie                 Epistemologie                        Methodologie        Politische Haltung
                       Lehre vom Wesen           Erkenntnistheorie
Ansatz                 der Dinge
Empirismus             Beobachtete Dinge         Wissen durch                         Darstellung der     Wertneutralität,
(Alt) Positivismus     sind Fakten               Erfahrung                            Fakten, Induktion   Objektivität
                                                                                                          => status quo
Kritischer             Aussagen über die         Erfahrungswissen                     Theoriegeleitetes   Kritizismus,
Rationalismus          Realität mit              durch                                Vorgehen,           Intersubjektivität
                       intersubjektiver          Hypothesenüber-                      Deduktion           => Kontinuierliche
                       Evidenz                   prüfung                                                  Verbesserung der
                                                                                                          Lebensverhältnisse

     Quelle: Borsdorf 1999: 27, modifiziert

                                         Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                  20
Wissenschaftstheoretische Konzepte im Überblick

            Ebene      Ontologie                  Epistemologie                        Methodologie           Politische Haltung
                       Lehre vom Wesen            Erkenntnistheorie
Ansatz                 der Dinge
Empirismus             Beobachtete Dinge          Wissen durch                         Darstellung der        Wertneutralität,
(Alt) Positivismus     sind Fakten                Erfahrung                            Fakten, Induktion      Objektivität
                                                                                                              => status quo
Kritischer             Aussagen über die          Erfahrungswissen                     Theoriegeleitetes      Kritizismus,
Rationalismus          Realität mit               durch                                Vorgehen,              Intersubjektivität
                       intersubjektiver           Hypothesenüber-                      Deduktion              => Kontinuierliche
                       Evidenz                    prüfung                                                     Verbesserung der
                                                                                                              Lebensverhältnisse
Hermeneutik            Realität ist vom           Verstehen und                        Zirkuläres,            Subjektivität betont
                       Menschen                   Rekonstruieren des                   vertiefendes           die Kontigenz von
                       wahrgenommene              Sinns von Texten                     Verstehen, Induktion   Wirklichkeit => es
                       und konstruierte           und Handlungen                                              gibt nicht die „guten
                       Realität                                                                               Lebensverhältnisse“
                                                                                                              => ständiger
                                                                                                              Aushandlungs-
                                                                                                              prozess
     Quelle: Borsdorf 1999: 27, modifiziert

                                          Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                     21
Zwei grundlegende Positionen der Erkenntnistheorie
in der empirischen Humangeographie (& Sozialwissenschaft)

 1.     Kritischer Rationalismus
        (analytisch-nomologisch, quantitativ-analytisch)

 2.     Sozialer Konstruktivismus
        (phänomenologisch-hermeneutisch,
         interpretativ-verstehend)

                                                          Quelle: Kramer: Vorlesung empirische Sozialforschung WS 06/07

                        Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                            22
Wissenschaftstheoretische Grundlagen

   1.   Wissenschafts- bzw. erkenntnistheoretische Grundpositionen

   2.   Induktion vs. Deduktion

   3.   Quantitative vs. Qualitative Methoden

                            Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   23
Theorien, Gesetze, Hypothesen

     Sozialwissenschaften suchen nach
     •   allgemeinen Hypothesen (Gesetzen), mit deren Hilfe sie soziale
         Phänomene erklären und vorhersagen können und
     •   versuchen derartige Hypothesen zu umfassenden Systemen (Theorien)
         zu vereinigen, die die Erklärung größerer Komplexe sozialer Tatbestände
         ermöglichen.

                                                     Quelle: Faltlhauser, Popp, Salm: Seminar empirische Sozialforschung WS 05/06

                              Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                           24
Theorien, Gesetze, Hypothesen

   Hypothesen sind Aussagen, die einen Zusammenhang zwischen mindestens zwei
      Variablen postulieren.

   Gesetze sind in ihrer Struktur identisch mit Hypothesen, sie haben sich bereits
      „häufig“ an der Realität „bewährt“.

   „Theorien“
     • sind ein ganzes Aussagensystem mit mehreren Hypothesen oder Gesetzen und
     • beschreiben, erklären und treffen Vorhersagen zu Sachverhalten.

   Theorien und Hypothesen stellen zunächst selbst Vorurteile dar, die sich an der
      Realität und den logischen Regeln bewähren müssen.

                                                       Quelle: Faltlhauser, Popp, Salm: Seminar empirische Sozialforschung WS 05/06

                                Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                           25
Zwei Typen wissenschaftlichen
 Erkenntnisgewinns: Deduktion und Induktion

Quelle: Meier Kruker & Rauh 2005, S. 4

                                         Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   26
Deduktion: Ableitung der Hypothesen aus der Theorie

   Deduktion: Logische Ableitung von Aussagen (Hypothesen) aus einer Theorie

   Kritischer Rationalismus (Popper):
       Theorien, die trotz Prüfung einer Widerlegung entgehen können, bleiben
       grundsätzlich einer neuen Prüfung ausgesetzt

       Hypothese bleibt bei empirischer Bewährung gültig, wird aber in einem
      prinzipiell nicht endlichen Prozess weiter in Frage gestellt

                                                      Quelle: Faltlhauser, Popp, Salm: Seminar empirische Sozialforschung WS 05/06

                               Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                           27
Induktion: von Daten zu Hypothesen & Theorien

   Induktion:
      Methode zur Ableitung von Gesetzen und Theorien aus Erfahrungsdaten. Von
      Einzelbeobachtungen wird auf Hypothesen und dann auf allgemein gültige
      Theorien geschlossen: „Vom Besonderen zum Allgemeinen“.

   •   Hypothesenerkundende oder induktive Funktion empirischer Forschung.
   •   Hypothesenbildende Kraft des Verstehens (Einfühlung in den Gegenstand,
       Einbildungskraft und Intuition, „verstehende Methode“ von Max Weber)

                                                      Quelle: Faltlhauser, Popp, Salm: Seminar empirische Sozialforschung WS 05/06

                               Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                           28
Zwei Typen wissenschaftlichen
 Erkenntnisgewinns: Deduktion und Induktion

Quelle: Meier Kruker & Rauh 2005, S. 4

                                         Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   29
Induktion-Deduktion Merksatz

   Eine Hypothese ist bei induktiver Vorgehensweise das Resultat und bei deduktiver
      Vorgehensweise der Ausgangspunkt einer empirischen Untersuchung.

                                                      Quelle: Faltlhauser, Popp, Salm: Seminar empirische Sozialforschung WS 05/06

                               Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                           30
Wissenschaftstheoretische Grundlagen

   1.   Wissenschafts- bzw. erkenntnistheoretische Grundpositionen

   2.   Induktion vs. Deduktion

   3.   Quantitative vs. Qualitative Methoden

                            Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   31
Methoden

  … sind ein spezielles System von Regeln, das die Tätigkeit bei der Erlangung neuer
     Erkenntnisse und der praktischen Umgestaltung der Wirklichkeit organisiert.
  Unter Methoden der empirischen Sozialforschung versteht man die geregelte und
     nachvollziehbare Anwendung von Erfassungsinstrumenten, wie z.B. Befragung,
     Beobachtung, Inhaltsanalyse etc.
  Wesentlich:
   • Methode kennzeichnet einen Prozess, der auf ein Ziel ausgerichtet ist,
   • Methode umfasst ein System von Regeln, das diesen Prozess festlegt.

                                                        Quelle: Faltlhauser, Popp, Salm: Seminar empirische Sozialforschung WS 05/06

                                 Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie                                           32
Quantitative Methoden                            Qualitative Methoden

         Testen von a priori – Hypothesen                   Keine a priori – Hypothesen
               (Falsifikationsprinzip)                              (Leitfragen)
           Datenerhebung standardisiert            Datenerhebung nicht (oder kaum) standardisiert
      Durch Kategorien vorkonstruierte und            Nuancenreiche, abgewogene, lebendige,
      eingeengte Beantwortungsmöglichkeit                 ausführliche Auskunft möglich
  Überschaubare, in standardisierten Kategorien             Kaum strukturierte Datenfülle
            geordnete Datenmenge
    Auswertung mit normierten, mathematisch-                Auswertung mit interpretativ -
             statistischen Verfahren                  verstehenden Verfahren (subjektive, nicht
                                                           normierbare Einflüsse möglich)
   Repräsentativität durch Zufallsstichprobe und   Keine Repräsentativität im statistischen Sinn zu
        vergleichsweise große „Samples“             erreichen, da nur wenige Einzelfälle intensiv
                                                             erfasst werden (punktuell)

                                                                                                      Quelle: Reuber / Pfaffenbach 2005, S. 35
            Geeignet für die Erhebung              Geeignet für eine differenziertere Untersuchung
       „harter Daten“ und kategorisierbarer          des Einzelfalls und seiner Besonderheiten,
                  Informationen                        detaillierte Auskünfte über Meinungen,
                                                                   Einstellungen, etc.
                 „Schematisierung“                               „Individualisierung“
      Dokumentation der Ergebnisse weniger            Dokumentation der Daten problematisch
                 problematisch                               (zum Teil unmöglich)
Quelle:
                     Gütekriterium
Reuber & Pfaffenbach 2005,  der
                           S. 35                                Gütekriterium der
       intersubjektiven Überprüfbarkeit                       „Nachvollziehbarkeit“
Forschung in der Praxis: welche Methoden?

       Quelle: Freytag et al. 2016: 10 (Karikatur: Karl Herweg)

                                          Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   34
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

          Lanzendorf – Wissenschaftstheorie und Methodologie   37
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