WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? - Bildungsmaterial zur VEM-Menschenrechtskampagne 2019 - Vereinte ...
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2 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Einführung in das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 UN-Abkommen: Wirtschaft und Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Der UN-Prozess für weltweit verbindliche Regeln zu Wirtschaft und Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und ihre Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Bündnis für nachhaltige Textilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Material für die Menschenrechtsarbeit vor Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Musterbrief an Sportvereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Musterbrief Bestellung Fußballschuhe, Trikots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Theaterszene zu Sportschuhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 »Ich habe einen Traum« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Was kann ich tun? Empfehlenswerte Textil-Siegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Material für Schule, Konfirmanden- und Jugendarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Handout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Anziehpuppen – Meine Kleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Weltreise einer Jeans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Kreisdiagramm: Wenn man Arbeit hat … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Check das mal – Innenstadtrallye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Filmempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Eine Tüte voller billiger Ausreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Andacht zu Zachäus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Womit werden wir uns kleiden? Planspiel zum Bildungsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Gemeinsam glauben, leben, handeln! Die Vereinte Evangelische Mission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Das Planspiel »Für Menschenrechte in der Textilindustrie« können Sie hier herunterladen: www.vemission.org/planspiel/textilindustrie Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 3 Einleitung D as Thema Kleidung ist komplex und bietet zur Verfügung zu stellen. Dabei gliedert sich das Heft unterschiedliche Ansätze zu Auseinander- in mehrere Teile. Nach einer Einführung in das setzung. Im hier vorliegenden Material geht Thema und Informationen zu Initiativen auf es vor allem um die Herstellung von Kleidung und politischer Ebene erhalten Sie Anregungen für die dabei im Speziellen um die Arbeitsbedingungen von Arbeit in Ihrer Gemeinde. Daran schließt sich Mate- Menschen. Ziel des Materials ist es, Ihnen neben rial für Konfirmanden, Jugendliche und Schulen an. Informationen zum Thema vor allem Bildungsmodule Dieses beinhaltet ein umfangreiches Planspiel. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
4 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? Einführung in das Thema A ktuelle Nachrichten über die Situation in der dern geführt hat, die durch Sozial- und Lohndum- globalen Textil- und Bekleidungs-industrie ping Investoren und Aufträge anlocken wollten. In erinnern an lange überwunden geglaubte Ar- den Regelungen der Welthandelsorganisation beitsbedingungen aus den Frühzeiten der industri- (WTO) sucht man Sozialstandards vergeblich. In ellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert. Exzes- Deutschland gibt es keine gesetzlichen Regelungen sive Arbeitszeiten, Hungerlöhne und (lebens-)ge- zur globalen sozialen Haftung von Unternehmen. Es fährliche Arbeitsplätze bestimmen noch heute den wird immer noch auf freiwillige Selbstverpflichtun- Alltag von Millionen von Arbeitern, zumeist Frauen. gen vertraut. So starben 1.127 Arbeiterinnen und Arbeiter beim Einsturz der Fabrik Rana Plaza in Bangladesch am In den Chefetagen der Firmen, die in Billiglohnlän- 24. April 2013. dern produzieren lassen, ist genau bekannt, was in den Fabriken dort geschieht. Sie verlagern ihre Pro- Wie kann das sein? Die Allgemeine Erklärung der duktion dennoch dorthin, weil die Kosten niedrig Menschenrechte hat schon 1948 festgestellt: »Jeder, sind. So haben in Deutschland in den vergangenen der arbeitet, hat das Recht auf angemessene und vierzig Jahren 800.000 Beschäftige im Textil- und Be- befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Fa- kleidungsbereich ihre Arbeit verloren. Verantwortli- milie eine der menschlichen Würde entsprechende che in Unternehmen, deren Ziel größtmögliche Pro- » Existenz sichert (Art. 23). Wie kann das fitmaximierung ist, nehmen auf Men- sein? Produzierende Länder wie Bang- schenrechte keine Rücksicht. ladesch, China, Sri Lanka oder Indone- sien haben doch gute Arbeitsgesetze, Die in den vergangenen Jahren von vie- sie haben auch die entsprechenden len Unternehmen verfolgte Politik der Übereinkünfte der Internationalen Ar- Verantwortliche globalen sozialen Verantwortung (Cor- beitsorganisation (ILO) ratifiziert. Wie in Unternehmen, porate Social Responsibility, CSR) hat kann das sein, wo es seit den 1970er- deren Ziel nur marginale Verbesserungen ge- Jahren OECD-Leitsätze für multinatio- größtmögliche bracht. Sie ist nicht Ergebnis eigener nale Unternehmen gibt, wo der Men- Profitmaximierung Einsicht, sondern die Folge von öffent- schenrechtsrat der Vereinten Nationen ist, nehmen auf lichem Druck und Sorge um Imagever- im Jahr 2011 »Leitprinzipien für Wirt- Menschenrechte lust. Wie ist es sonst zu erklären, dass schaft und Menschenrechte verab- keine Rücksicht. « sich viele Firmen auch nach der Brand- schiedet hat, die Staaten und Unterneh- katastrophe von Tazreen in Bangla- men zur Achtung der Menschenrechte desch am 24. November 2012, bei der verpflichten? 112 Menschen zu Tode gekommen sind, geweigert haben, an einem Programm Es gibt viele Gründe. Die UNO ist hier ein zahnloser zu Brandschutz und Gebäudesicherheit teilzuneh- Tiger, denn ihre Beschlüsse zu Sozial- und Arbeits- men – und es mitzufinanzieren? Dort verbrannten rechten sind für die Staaten nicht rechtsverbindlich. die Arbeiterinnen bei lebendigem Leib oder spran- Hinzu kommt, dass viele Staaten sich um die gen aus den Fenstern in den Tod. Erst nach der Ka- Einhaltung ihrer Arbeitsgesetze nicht kümmern, tastrophe von Rana Plaza fanden sich weitere Un- weil sie Standortnachteile befürchten. Nach dem ternehmen dazu bereit. Doch bis heute gibt es deut- Auslaufen des Welttextilabkommens Ende 2004 sche Textilunternehmen, die in Bangladesch sind Produktion und Handel in diesem Bereich wei- produzieren lassen und dem Abkommen nicht bei- ter liberalisiert worden. Exportquoten sind gefallen, getreten sind. was zu einer verstärkten Konkurrenz zwischen Län- Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 5 Ein Horrorszenario, das hässliche Gesicht der Globa- lisierung. Der Mensch verkommt zum bloßen Pro- duktions- und Kostenfaktor. Wo sind die Gegenkräf- te zu finden? Da sind die weltweiten Gewerkschaften und da sind die Aktivitäten der Zivilgesellschaft, wie die der »Kampagne für Saubere Kleidung«,– ein Dachverband, der Organisationen in 16 europäi- schen Ländern vereinigt. In Deutsch- » land gehören beispielsweise das Institut Südwind dazu, die Christliche Initiative Romero, die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend, die Evangeli- schen Frauen, die Studierenden-Ge- meinden, das Amt für MÖWe der Evan- Ein Horrorszenario, gelischen Kirche von Westfalen (EKvW) das hässliche und die Vereinte Evangelische Mission Gesicht der (VEM). Globalisierung. Der Mensch ver- Die Kirchen sind vielfältig beteiligt. Sie kommt zum bloßen bringen – auch international – klar zum Produktions- und « Ausdruck, dass die Wirtschaft dem Men- Kostenfaktor. schen dienen muss: Wirtschaften für das Leben. Nach biblischer Überzeugung ist der Mensch als Abbild Gottes geschaffen und hat ein Recht auf ein Leben in Wür- de. Jede Form der Ausbeutung von Menschen ist mit dieser Überzeugung unvereinbar. So stellt die Evan- gelische Kirche von Westfalen fest: »Durch öffentli- che Kritik an Unternehmen wird öffentlicher Druck aufgebaut und ausgeübt. Die EKvW unterstützt in diesem Sinn alle Formen des bürgerschaftlichen En- gagements, die sich für ökologische und soziale Min- deststandards bei der Produktion von Waren einset- zen.« Papst Franziskus hat in seinem apostolischen Schrei- ben »Evangelii Gaudium« mit deutlichen Worten die negativen Folgen des vorherrschenden kapitalisti- schen Wirtschaftssystems für viele Menschen be- schrieben, die ausgeschlossen werden und als »Ab- fall« gelten. Er sagt: »Diese Wirtschaft tötet«. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
6 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? UN-Abkommen: schenrechtsabkommen zu transnationalen Konzer- Wirtschaft und Menschenrechte nen und anderen Unternehmen zu unterstützen. Die Wirtschaftsprozesse sind global organisiert. Wa- (Martina Schaub, Südwind Institut für Ökonomie und ren werden dort hergestellt, wo es am billigsten ist, Ökumene) sie werden um die ganze Welt transportiert. Wenn die Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessert wer- Das Positionspapier zum UN-Abkommen über Wirt- den sollen, muss dies auf internationaler Ebene ge- schaft und Menschenrechte finden Sie auf der Web- schehen. Die Vereinten Nationen spielen hier eine site der Kampagne für Saubere Kleidung (www.sau- herausragende Rolle. Sie nehmen multinationale bere-Kleidung.de). Konzerne in die Pflicht, Menschenrechte zu achten und die Umwelt zu schützen. Kontakt: CorA-Netzwerk für Unternehmensverant- wortung (www.cora-netz.de/treaty) UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und ihre Umsetzung in Deutschland Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat im Jahr 2011 »Leitprinzipien für Wirtschaft und Men- schenrechte« verabschiedet. Staaten und Unterneh- men werden dort zur Wahrung menschenrechtlicher Sorgfalt verpflichtet. Die UN-Mitgliedstaaten müssen diese Leitprinzipien jeweils auf nationaler Ebene um- setzen. Die Umsetzung in Deutschland ist enttäu- schend. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich die Der UN-Prozess für weltweit verbindliche SPD und die Unionsparteien dazu verpflichtet, die Regeln zu Wirtschaft und Menschenrechten Leitprinzipien umzusetzen. Am 21. Dezember 2016 wurde der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Mit dem sogenannten »UN-Treaty-Prozess« soll ein Menschenrechte (NAP) schließlich verabschiedet. internationales Menschenrechtsabkommen erarbei- Das Ergebnis ist ernüchternd. Zwar setzt die Bundes- tet werden, das für die Vertragsparteien verbindlich regierung darin eine Zielmarke: Bis 2020 soll die Hälf- ist, klare Regeln für Unternehmen schafft und damit te aller Großunternehmen menschenrechtliche Sorg- den Betroffenen Klagemöglichkeiten eröffnet. Seit faltspflichten umsetzen. Aber es gibt keine verbindli- 2015 verhandelt eine zwischenstaatliche Arbeits- chen Regelungen für Unternehmen wie zum Beispiel gruppe bei den Vereinten Nationen über das künftige in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden, Abkommen. In der Treaty Alliance (www.treatymo- wo Gesetze mit Menschenrechtsvorgaben für Aus- vement.com) haben sich mehr als 1000 zivilgesell- landsgeschäfte von Unternehmen verabschiedet schaftliche Organisationen und Einzelpersonen zu wurden. Wieder einmal beschränkt sich die Bundes- einem internationalen Bündnis zusammengeschlos- regierung auf freiwillige Selbstverpflichtungen für sen, um den Prozess hin zu einem globalen Men- Unternehmen. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 7 Den Text der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Bündnis für nachhaltige Textilien Menschenrechte finden sie in deutscher Überset- zung auf der Seite des Deutschen Global Compact Als Reaktion auf die Katastrophe von Rana Plaza hat Netzwerk (www.globalcompact.de) unter dem Punkt Minister Gerd Müller vom Bundesministerium für »Bibliothek/Publikationen« oder auf der Seite der wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Kampagne für Saubere Kleidung (www.saubere-klei- (BMZ) im Oktober 2014 ein »Bündnis für nachhaltige dung.de). Textilien« ins Leben gerufen. Ziel dieses Bündnisses sind nachprüfbare soziale und ökologische Verbes- Den Text des deutschen Nationalen Aktionsplans für serungen in der gesamten Wertschöpfungskette von Wirtschaft und Menschenrechte finden Sie auf der Textilien und Bekleidung: vom Baumwollfeld bis Seite der Bundesregierung (www.bundesregierung.de) zum Kleiderbügel. unter dem Punkt »Service/Infomaterial der Bundes- regierung«. Das Bündnis hat 123 Mitglieder (Stand August 2018), Fortschrittsberichterstattung. Dies ist ein Schritt in die darunter 80 Unternehmen, die ca. 50 Prozent des deut- richtige Richtung, zumal es in Deutschland keine gesetzli- schen Textilmarktes abdecken. Zu den 18 Nichtregierungs- chen Regelungen gibt, die eine menschenrechtliche organisationen gehören das Amt für MÖWe der Evangeli- Sorgfaltspflicht von Unternehmen beinhalten. schen Kirche von Westfalen, die Kampagne für Saubere Kleidung, das Südwind Institut für Ökonomie und Ökume- Trotz einiger Fortschritte im Bündnis für nachhaltige ne, Misereor und Transparency International. Die Bundesre- Textilien halten die zivilgesellschaftlichen Mitglieder des gierung ist mit drei Ministerien vertreten, die Gewerk- Textilbündnisses gesetzliche Maßnahmen für notwendig, schaften durch den DGB und die IG Metall. besonders für die Bereiche Offenlegungs- und Berichts- pflichten, die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfalts- Die Mitgliedschaft im Textilbündnis ist freiwillig. Wer pflichten sowie die Haftung von Unternehmen bei Mitglied wird, verpflichtet sich aber zur (schrittweisen) Verletzungen der Menschenrechte bei der Arbeit. Umsetzung der Bündnisziele, zur Aufstellung eines jährlichen Maßnahmenplans und einer regelmäßigen www.textilbuendnis.de Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
8 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? Material für die Menschenrechtsarbeit vor Ort S portvereine und prominente Sportler sind die ihren Lieblingsteams. Diese positiven Bilder sollen bevorzugten und erfolgreichsten Werbeträger sich auch auf die Markenfirmen und ihre Produkte der großen Markenfirmen wie beispielsweise übertragen, so das Konzept der Werbung. Darüber Adidas und Puma. Anlässlich der großen Sportereig- werden die Produktionsbedingungen der Trikots nisse wie Olympiaden oder Fußball-Weltmeister- und der Sportschuhe ausgeblendet, bei denen Arbei- schaften steigern diese Markenfirmen ihre Umsätze terinnen und Arbeiter ausgebeutet, Menschen- und erheblich. Obwohl viele Sportarten zum Geschäft Arbeitsrechte verletzt werden. Wenn dieses Thema in geworden sind und Doping und Korruption das Sportvereine getragen wird, können viele Menschen, Image trüben, verbinden viele Menschen den Sport vor allem auch Jugendliche, für diese Problematik mit Werten wie Fairness und identifizieren sich mit sensibilisiert werden. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 9 An Trainer, Betreuer und andere Verantwortliche in Sportvereinen MUS T ER- Sehr geehrte Damen und Herren, BRIEF AN S P O R T- alle großen Sportartikel-Hersteller (zum Beispiel Adidas, Puma, Nike, Reebok) lassen fast vollständig in Billiglohnländern V EREINE produzieren. Dabei müssen Arbeiterinnen und Arbeiter unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen leiden: » • Löhne unter dem Existenzminimum • zwangsweise Anordnung von Überstunden, die oft gar nicht oder unter den vorgeschriebenen Regelungen bezahlt werden « • Arbeitszeiten von bis zu 90 Wochenstunden • (sexuelle) Misshandlungen und demütigende Behandlung Die »Kampagne für Saubere Kleidung setzt sich dafür ein, dass in den Fabriken, die u. a. auch für deutsche Firmen arbeiten, die grundlegenden Arbeitsrechte eingehalten werden, wie sie in internationalen Vereinbarungen festgelegt sind. Fairness wird im Sport großgeschrieben. In der Produktion von Sportbekleidung sollten menschliche Arbeitsbedingungen selbstverständlich sein. Wenn Weltkonzerne wie Adidas jedes Jahr Hunderte von Millionen Euro für Werbung ausge- ben und gleichzeitig die Arbeiter mit einem Hungerlohn abspeisen, ist das durch nichts zu rechtfertigen. Die Konzerne haben zwar selbst soziale Mindeststandards für ihre Zulieferfir- menaufgestellt, tun jedoch kaum etwas, um sie durchzusetzen. Die Arbeiter kennen sie meistens nicht einmal. Sie können als Sportverein, als Endverbraucher diese Situation verändern, indem Sie dieses Thema in Ihrem Verein bekannt machen und bei der Bestellung von Sportbekleidung darauf hinweisen, dass Sie Wert auf Produkte legen, die unter menschlich und rechtlich einwandfrei- en Bedingungen hergestellt sind (ein Musterbrief ist beigelegt). Weitere Informationen und Aktionsmöglichkeiten finden Sie im Internet unter: www.ci-romero.de oder www.saubere-kleidung.de Mit freundlichen Grüßen Kirchengemeinde Irgendwo Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
10 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? An die Adidas-Salomon-AG MUS T ER- BRIEF BE S T EL L UNG Bestellung von Fußballschuhen und Trikots F U S S B A L L- Sehr geehrte Damen und Herren, SCHUHE T RIKO T S für unseren Verein möchten wir eine größere Anzahl von Fußball- schuhen und Trikots bestellen. Bevor wir dies tun, möchten wir jedoch ein Thema ansprechen, das uns im Zusammenhang mit Ihrer Firma beschäftigt. Nach uns vorliegenden Informationen werden in Fabriken, die für Sie arbeiten, grundle- gende Arbeitsrechte missachtet, zum Beispiel in Indonesien und in China. So liegen beispielsweise die Löhne unter dem Existenzminimum, es gibt zwangsweise Anordnung von Überstunden, menschenunwürdige Behandlung von Arbeiterinnen und Arbeitern, (sexuelle) Übergriffe gegenüber Frauen, Behinderung von gewerkschaftlichen Aktivitäten. Wir kaufen gerne Ihre Produkte, wir möchten aber sicher sein, dass sie nicht unter den oben beschriebenen Bedingungen hergestellt sind. Wir fordern Sie deshalb auf, bei Ihren Zulieferbetrieben dafür zu sorgen, dass dort menschlich und rechtlich einwandfreie Arbeitsbedingungen gesichert sind. Wir würden uns freuen, wenn Sie dem Verhaltenskodex der »Kampagne für Saubere Kleidung zustimmen würden. Die Arbeitsbedingungen in Ihren Zulieferfabriken sollten einem unabhängigen Kontroll- system unterliegen, das auch die Beteiligung von Gewerkschaften und Zivilgesellschaft miteinschließt. Mit freundlichen Grüßen Ihr Einkäufer vom FC Irgendwo Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 11 Theaterszene zu Sportschuhen T heater ist emotional. Es spricht die Gefühlsebe- ne an. Das Publikum erlebt Situationen mit und Personen kann sich mit den Figuren identifizieren – oder Verkäufer: V eben auch nicht. Theater regt zum Nachdenken an, Oma: O zur Auseinandersetzung – und es transportiert In- Enkel: E formationen. Kunde/in: K Diese kurze Szene benötigt nur wenige Requisiten Requisiten und ist leicht zu spielen. Sie gibt eine Alltagssituati- Kleiderstange mit Kleidern on wieder, die den Kernpunkt eines jeden Unterneh- mens berührt: den Verkauf, den Umsatz, den Profit. Regal mit Adidas-Kartons 1 (in Sportgeschäften Dieser Kernpunkt ist zugleich die Achillesferse des erhältlich) unternehmerischen Prozesses: Der Umsatz darf nicht einbrechen, er soll steigen, die Devise heißt Wachs- mindestens ein Paar Adidas-Fußballschuhe tum. Verkaufstisch evtl. mit Kasse Wirtschaft und Ethik, Wirtschaft und menschen- rechtliche Sorgfaltspflicht müssen miteinander ver- bunden sein. Unternehmen müssen Sozialstandards befolgen, die zum Beispiel den Arbeitern durch eine entsprechende Einkaufspolitik angemessene Löhne und damit ihnen und ihren Familien ein menschen- würdiges Leben ermöglichen. In diesem Stück wird nicht zum Boykott von Adidas- Produkten aufgerufen. Auch wenn dies oft die erste Reaktion von Jugendlichen ist, wenn sie von den üblen Produktionsbedingungen erfahren. Vielmehr geht es darum, die Unternehmen an ihre Verantwor- tung zu erinnern, die sie gegenüber den Menschen haben, die ihre Profite erst möglich machen. Kunden haben eine Einkaufsmacht. Gespräche mit Verkäu- fern oder ein Einsatz der erwähnten Aktionskarten kann den Druck auf Unternehmen steigern. 1 Das Unternehmen Adidas steht hier als Beispiel. Die geschilderten Produktions- bedingungen finden sich flächendeckend auch bei anderen Unternehmen. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
12 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? Die gespielte Szene für Unterricht, Gottesdienst, Schulaktion V: hantiert an den Kartons herum, sortiert etc. O O: Was sollen die denn kosten? und E kommen herein. V: Die? (sieht auf dem Karton nach) 100 Euro. E: Komm hierher, Oma, hier sind die Adidas-Schu- he, so welche will ich haben! Wirklich toll, dass O: Was? 100 Euro? Für ein Paar Turnschuhe? du mir neue Fußballschuhe versprochen hast! E: Das sind keine Turnschuhe, Oma, das sind O: Langsam, langsam, eine alte Frau ist kein Fußballschuhe. Die sind eben so teuer – dafür Intercity. Wie heißen die? Was für Schuhe sollen sind sie auch gut! In meiner Mannschaft haben das sein? alle solche! Bitte, Oma! E: Adidas! Adidas – hast du noch nie von Adidas O: (zieht den Geldbeutel aus der Handtasche) Na gehört? Das ist doch die größte deutsche Sport- gut – versprochen ist versprochen. Wir nehmen firma. Alle großen Fußballstars haben Adidas an sie. – und auch die deutsche Nationalmannschaft! K: Hallo, ihr beiden, was macht ihr denn hier? O: Und da willst du dann auch rein, in die National- mannschaft, wenn du diese Adidas-Schuhe E: Hallo, Frau Haberland. Ich habe gerade neue anhast, oder? Fußballschuhe bekommen – von Adidas! Echt geil! E: Jedenfalls sind das Top-Fußballschuhe, super- geil! K: Von Adidas? Ja wisst ihr denn nicht, was mit den Schuhen von Adidas los ist? Und auch mit den V: Kann ich Ihnen helfen? Trikots und all den anderen Sachen von Adidas? E: Ja, wir möchten ein Paar Adidas-Fußballschuhe O: Was denn? Was soll denn mit denen los sein? Ist – für mich! das etwa keine gute Qualität? V: Welche Größe hast du denn? K: Doch, doch, gute Qualität ist das schon. Aber diese Schuhe haben einen anderen Fehler. E: So 39–40. E: Einen Fehler? (guckt sich die Schuhe genau an) V: Mal sehen (sucht zwischen den Kartons). Ah, Ich kann nichts finden. hier, die müssten passen. Probiere die doch mal an. K: Diesen Fehler kann man dem Schuh auch nicht ansehen. Guck doch mal nach, wo er hergestellt E: (zieht die Schuhe an und läuft ein paar Schritte) worden ist. Toll! Super! Die passen wunderbar! Und so weich! E: Wo steht das denn drauf? Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 13 K: Hier, in der E: (schaut seine neuen Schuhe an) Jetzt habe Lasche (zeigt ich gar keine Freude mehr an meinen sie). neuen Schuhen. Können wir da nichts gegen tun? E: (liest) Made in Indonesia. In Indonesien, das ist ja in Asien! Das ist ja auf der anderen Seite der K: Doch! (holt die Kundinnen-Karte der CCC Welt! heraus) webshop.inkota.de/produkt/aktionsmaterial-flyer/ K: Ja, das stimmt. Adidas lässt dort seine Waren augen-auf-beim-kleiderkauf-kundinnenkarte herstellen. In riesigen Fabriken, wo viele tausend Menschen unter ganz schlimmen Bedingungen (oder die CIR-Karte: »Ich möchte die ganze arbeiten müssen. So machen das alle großen Rechnung sehen) Firmen. www.ci-romero.de/produkt/aktionspostkarte-ich- moechte-die-ganze-rechnung-sehen/ O: Was für schlimme Bedingungen? Davon weiß ich ja gar nichts. Hier, guckt mal. Hier auf dieser Karte steht drauf, dass wir als Kunden diese Ausbeutung nicht V: Ich auch nicht – dabei verkaufe ich die Adidas- wollen. Wir wollen, dass Adidas seinen Einfluss Schuhe schon seit vielen Jahren. benutzt, damit in seinen Fabriken in Indonesien und anderswo menschliche Arbeitsbedingungen K: Ihr werdet es nicht glauben, die Arbeiterinnen herrschen. (zur Verkäuferin): Würden Sie diese bekommen nur neun Euro am Tag! Von dem Karte bei der Geschäftsleitung abgeben? Ihr Chef Geld können sie nie und nimmer leben. kann die Karte dann weiterschicken zu Adidas, damit die merken, dass es uns Kunden nicht egal O: Habe ich richtig gehört? Neun Euro am Tag? Sie ist, wie diese Sachen hergestellt werden. meinen sicher, pro Stunde. V: Klar, mach ich! Warum weiß man denn nichts K: Nein, neun Euro pro Tag. Und das ist nicht alles. von diesen schlimmen Zuständen? Ich dachte Weil sie so wenig verdienen, sind sie zu Über- immer, Adidas wäre eine gute, saubere Firma. stunden gezwungen und müssen manchmal bis zu 90 Stunden pro Woche arbeiten. Immer E: Oma, ich bin froh, dass wir doch etwas dafür tun wieder werden die Frauen auch angeschrien und können, dass sich für die Arbeiterinnen was schlecht behandelt. verbessert. Von den Karten besorge ich mir noch mehr und verteile sie in meinem Fußballverein. E: Warum lässt Adidas denn solche schlimmen Sachen zu, Frau Haberland? K: Um mehr zu verdienen natürlich. Das ist das Schlimme: Adidas verdient Hunderte von Millionen im Jahr, und alles auf Kosten der Arbeiterinnen, die so ausgebeutet werden. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
14 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? »Ich habe einen Traum« B ei dieser Überschrift denken viele an die Rede Welt folgender Schriftzug sichtbar: Menschenrechts- von Martin Luther King, die er 1963 auf einer verletzungen in deinen Fabriken – Adi lass das! Demonstration in Washington gehalten hat. Sein Traum war eine Gesellschaft, in der es keinen Noch am gleichen Tag wird die Zentrale des Drei- Rassismus gibt, in der Menschen mit unterschiedli- Streifen-Konzerns in Herzogenaurach mit Protesten chen Hautfarben gleichberechtigt leben können: per Telefon, Fax und Mail aus aller Welt überschüt- »Ich habe einen Traum, dass eines Tages wirklich in tet. In den nächsten Tagen schicken Zehntausende Alabama kleine schwarze Jungen und Mädchen mit Sportschuhe, Trikots und Trainingsanzüge zurück – kleinen weißen Jungen und weißen Mädchen als wegen sozialer Markenfehler. Binnen zweier Wo- Schwestern und Brüder Hände halten können«. Die- chen sinkt der Umsatz gegen Null. ser Traum war damals weit von jeder Realität ent- fernt – und doch hat er ungezählte Men- Die Spitzenmanager geraten in Panik. In » schen inspiriert, hat ihnen Kraft gege- einer Krisensitzung beschließen sie ei- ben, so dass Veränderungen möglich nen radikalen Kurswechsel in der Unter- wurden. nehmensphilosophie und -politik: Ers- tes Unternehmensziel ist ab sofort nicht In Träumen werden sehnliche, uner- Aber das ist mehr Gewinnmaximierung um jeden füllte Wünsche lebendig. Ein Traum hat doch unmöglich, Preis, vielmehr wird das Wirtschaften keine Grenzen. Er knüpft an der realen das ist doch und die Produktion in den Dienst der Gegenwart an und übersteigt sie. Er Spinnerei! Menschen gestellt. In jedes Produkt wird kümmert sich nicht um Einwände wie: Träume können das neue Logo eingenäht: Adidas–Pro- »Aber das ist doch unmöglich, das ist verändern – dukt: garantiert sozial verträglich herge- doch Spinnerei! Träume können verän- das zeigt schon stellt. Hinter dem dritten Streifen wird « dern – das zeigt schon die Bibel. die Bibel. ein Ausrufungszeichen angebracht, das die neue Politik bekräftigt. Der vorliegende Text kann auf unter- schiedliche Weise genutzt werden. Er Existenzsichernde Löhne, humane Ar- kann in einer Unterrichtsstunde gele- beitszeiten und gesunde Arbeitsbedin- sen und diskutiert werden, er kann auf einer Veran- gungen sind nun selbstverständlich. Die Umsetzung staltung oder bei einer Aktion vorgetragen werden, dieser Standards wird von unabhängigen Teams er kann auch in einer Schülerzeitung abgedruckt überprüft, in denen auch Gewerkschaften vertreten werden. Der Text dient zur Sensibilisierung und regt sind. auf besondere Weise zum Nachdenken an. Arbeiterinnen und Arbeiter in den Adidas-Zuliefer- Ich habe einen Traum 2 fabriken in Indonesien, China und in vielen anderen Thomas Müller entledigt sich nach seinem Siegtor Billiglohnländern verstehen nicht, wie ihnen ge- im WM-Endspiel seines Nationaltrikots. Auf seinem schieht: Sie werden plötzlich als Menschen behan- Unterhemd wird für ein Millionen-Publikum in aller delt und nicht länger wie Maschinen, die ausrangiert werden, wenn sie kaputt sind. Ihr Lohn wird verdrei- facht. Sie beginnen ein neues, würdiges Leben. 2 as Unternehmen Adidas steht hier als Beispiel. Die geschilderten Produktions- D bedingungen finden sich flächendeckend auch bei anderen Unternehmen. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 15 MADE IN HELL HERGESTELLT IM RECHTSFREIEN RAUM KEINE MINDESTLÖHNE KEIN VERSAMMLUNGSRECHT 90-STUNDEN-WOCHE KEIN SAUBERES TRINKWASSER KEIN ARBEITSSCHUTZ SEXUELLE ÜBERGRIFFE 100 % AUSBEUTUNG Der Adidas-Umsatz steigt weltweit sprunghaft an. dafür ihre Gesundheit ruiniert. Dass Adidas auch an- Spitzensportler und Millionen Sportbegeisterte in ders könnte, sieht man schon daran, dass der Kon- aller Welt gehen für Adidas auf die Straße. Binnen zern jedes Jahr Hunderte von Millionen verdient eines Vierteljahres hat man dem bisherigen Markt- und Millionen für Werbung und Sponsoring von führer Nike die Spitzenposition abgejagt. Die Aktio- großen Vereinen und berühmten Sportlern ausgibt. näre sind aus dem Häuschen. Alle können es sehen: Umweltfreundliche und sozial verträgliche Produk- Studien zeigen, dass schwere Verletzungen von Men- tion ist die Grundlage für erfolgreiches und nachhal- schen- und Arbeitsrechten in den Adidas-Zulieferfa- tiges Wirtschaften. Ein Traum, leider nur ein Traum. briken an der Tagesordnung sind: Hungerlöhne, (se- xuelle) Belästigungen und Erniedrigung von Arbei- Die Träume der Adidas-Manager sind aus einem an- terinnen, Arbeitszeiten von bis zu 90 Wochenstunden. deren Stoff. Immer mehr und immer billiger produ- Arbeiter bekommen verschmutztes Wasser zu trin- zieren. Das Ganze mit sozialem Touch bemänteln ken, Schwangere werden entlassen. Gewerkschafter und durch karitatives Engagement Image-Pflege be- werden bedroht und misshandelt. treiben. Weltmeisterschaften, Mode und große Na- men benutzen. Adi, lass das endlich, kann man da nur sagen. Wenn man in Konfirmandenstunden über dieses Erbärmliche Träume sind das. Erbärmlich, weil ohne Thema spricht, sagen die Jugendlichen oft: »Wenn Erbarmen mit den Hunderttausenden von Arbeitern, das so ist, möchten wir keine Adidas-Sachen mehr die die Millionengewinne erarbeiten. Von den hun- anziehen! Bei Jugendlichen in der Bronx klang das dert Euro, die wir für einen Sportschuh bezahlen, noch drastischer an die Adresse von Nike: »Wir fallen gerade mal 80 Cent für die Arbeiterin ab, die haben dich gemacht, wir können dich auch vernichten!« Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
16 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? Was kann ich tun? Wie auch bei anderen globalen Problemen kann • Ab und zu mit Freunden Kleidung tauschen – man schnell ein Gefühl der Ohnmacht bekommen. vielleicht für eine Zeit lang, oder für eine beson- Was kann ich als einzelner Mensch schon tun? Ich dere Gelegenheit? Wie wäre es mit einer Kleider- weiß, dass ich als Konsument ein Teil der »textilen tausch-Party? Kette« bin. Ich kaufe die Produkte, die oft unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt • Wenn es etwas Neues sein soll: auf vertrauens- wurden. Mit jeder Kaufentscheidung habe ich Ein- würdige Label / Zertifikate am Kleidungsstück fluss auf den Markt – in die eine oder in die andere achten. Lieber etwas mehr ausgeben, dafür lang- Richtung. lebige Qualität kaufen – damit spart man auf lan- ge Sicht gegenüber Kleidung minderer Qualität, SO KANN ICH AKTIV WERDEN: die schneller kaputt geht. • Nicht so oft neue Kleidungsstücke kaufen, nicht Achtung: Teure Kleidung von »angesagten« Marken- jede neue Mode mitmachen. Überlegen: Brauche firmen garantieren nicht, dass die Arbeiter nicht ich das wirklich? ausgebeutet werden. Hochpreisige Marken lassen oft in denselben Fabriken produzieren wie die Bil- • Sich im Secondhandshop umsehen. Da gibt es ligmarken. nicht nur Altes und »Verstaubtes«! • Ich kann mich informieren und an Kampagnen beteiligen, die Unternehmen unter Druck setzen, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Empfehlenswerte Textil-Siegel ferkette wird zwecks Risikomanagement geprüft, ob die ILO-Kernarbeitsnormen auditiert wurden. Der »Fairtrade Textile Standard« hat zum Ziel, die Textilproduktion sozial verantwortlich und nach- haltig zu gestalten. Arbeitsrechte und Sicherheit ste- hen dabei im Mittelpunkt. Existenzsichernde Löhne sollen in der gesamten Wertschöpfungskette schritt- weise erreicht werden. Die Dachorganisation Fairtrade International (FLO) wird von zahlreichen Nichtregierungsorganisatio- Fair Trade nen (NROs) getragen und von öffentlichen Institu- tionen unterstützt. Die Standards werden von Fair- Das »Fairtrade-Siegel für Baumwolle« steht für faire trade International festgelegt, die Zertifizierungsge- Arbeitsbedingungen und langfristige Handelsbezie- sellschaft FLOCERT GmbH kontrolliert deren hungen in der Baumwollproduktion und fördert den Einhaltung. Umstieg auf biologischen Anbau. In der weiteren Lie- www.fairtrade-deutschland.de Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 17 GOTS (Global Organic Textile Standard) Fair Wear Foundation (FWF) GOTS steht für einen hohen ökologischen Standard Die FWF ist eine unabhängige Non-Profit Organisa- über die gesamte textile Kette. In geringerem Um- tion, die mit Unternehmen und Herstellern zusam- fang fließen auch soziale Kriterien ein. Die Transpa- menarbeitet, um die Bedingungen für Beschäftigte renz ist hoch. in der Bekleidungsindustrie zu verbessern. Die 80 Mitgliedsunternehmen repräsentieren 120 Marken, Das Label wurde vom Internationalen Verband der darunter Jack Wolfskin, Engelbert Strauss, Bier- Naturtextilwirtschaft IVN (Deutschland) zusammen baum Proenen, Hess Natur, Schöffel, Takko, Vaude. mit der Soil Association (England), der Organic Trade Hervorzuheben ist die enge Zusammenarbeit mit Association (USA) und der Japan Organic Cotton As- lokalen Organisationen. Durch die Veröffentlichung sociation (Japan) entwickelt. 2008 einigten sich die umfangreicher Daten wird Transparenz erzielt. teilnehmenden Parteien auf ein gemeinsames Logo sowie ein einheitliches Lizenzierungsverfahren. Durch die FWF wird eine Verbesserung der sozialen Bedingungen in den Nähfabriken sowie bei den www.global-standard.org/de Subunternehmen und Lieferanten angestrebt. Die FWF weist dabei die höchsten sozialen Standards auf und gilt hier als Vorzeige-Label. www.fairwear.org IVN NATURTEXTIL BEST IVN Best-Produkte erfüllen die zurzeit höchsten re- alisierbaren Öko-Standards über die gesamte textile Kette. Es fließen auch soziale Kriterien ein. Die Transparenz ist hoch. IVN steht für den 1989 gegründeten Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. Der Verband zählt über 100 Mitgliedsunternehmen aus Textil- produktion und -handel, darunter Alnatura, Engel Naturtextilien und Hess Natur. Der IVN war auch Mitbegründer des GOTS und gibt neben IVN Best auch das GOTS-Siegel heraus. www.naturtextil.de/qualitaetszeichen
18 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? Webseiten zur Orientierung und zu Kampagnen Kampagne für Saubere Kleidung www.saubere-kleidung.de Christliche Initiative Romero www.ci-romero.de Literaturhinweise / Materialien Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene Imke Müller-Hellmann: »Leute machen Kleider«. www.suedwind-institut.de Eine Reise durch die globale Textilindustrie. Osburg Verlag, Hamburg 2018 (2. Aufl.) Klaus Werner-Lobo / Hans Weiss: Schwarzbuch Markenfirmen: Die Welt im Griff der Konzerne. Ull- stein Taschenbuch, Berlin 2016 Martina Hahn / Frank Herrmann: Fair einkaufen – FEMNET e.V. - feministische Perspektiven aber wie? Der Ratgeber für Fairen Handel, für Mode, auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Geld, Reisen, Elektronik und Genuss. Brandes & Ap- www.femnet-ev.de sel, Frankfurt am Main (5. Aufl.) Pädagogik-Koffer zum Thema »Textilien« beim Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverant- wortung der Evangelischen Kirche von Westfalen (MÖWe): www.moewe-westfalen.de/bildung_und_ materialttp www.siegelklarheit.de Ein Wegweiser durch das Label-Labyrinth: www.ci-romero.de Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 19 Material für Schule, Konfirmanden- und Jugendarbeit EINLEITUNG Wenn heute ein Material zum Thema »saubere Klei- Vertiefung: Hier finden sich zwei zeitintensive Me- dung« erarbeitet wird, dann ist es leider nicht das thoden: Die Innenstadtrecherche und das Planspiel. erste. Die Problematik der schnellen und günstigen Kleidung hat sich in den vergangenen Jahren, trotz Die Recherche wurde in der Vergangenheit mit einer vieler Bemühungen, eher verschärft als entspannt. Mittagspause verbunden, kann aber auch kürzer ge- halten werden. Bei den vorliegenden Modulen handelt sich um das Ergebnis von vielen durchgeführten Seminaren mit Abschluss: Hier kommt es auf die Gruppe an. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden. Sie finden vorgeschlagenen Methoden sind als Auswahl zu ver- erprobte pädagogische Methodenvorschläge zu Ih- stehen. rer freien Verwendung. Jedes Modul kann in der Arbeit mit Konfirmanden, in der Jugendarbeit und Sie finden das gesamte Material auch als Download in der Schule eingesetzt werden. auf der Seite der Vereinten Evangelischen Mission (www.vemission.org/). ABLAUF Hier finden Sie einen Vorschlag, wie die einzelnen Module hintereinandergestellt werden können. So umgesetzt ergibt sich ein sehr intensiver Themen- tag. Die Teile können auch einzeln und in anderen Kontexten verwendet werden. Die Zeitangaben sind dabei ungefähre Angaben. Die konkreten Zeiten richten sich nach der Gruppe und dem Setting und können abweichen. Einstieg: Die Module dienen der ersten Annähe- rung an das Thema. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
20 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? Dauer Wozu Was Wie (Lern-/Arbeitsziel) (Lern-/Arbeitsinhalt) (Lehr-/Lern-/Arbeitsmethoden) 10‘ TN werden auf ihre eigene »Anziehpuppen« sollen skizzenhaft Kugelschreiberzeichnung auf Einstieg in das Thema Kleidung verwiesen, angezogen werden Papier Lebensweltbezug Zeichnungen sollen beschriftet werden Etikettensuche in eigener Kleidung 20‘ Überblick über Herkunftslän- Auf einer Weltkarte werden die gefundenen Mit Pins auf großer Weltkarte festhalten, der verschaffen Produktionsländer markiert per Zuruf 10‘ Hintergrundinfos mitteilen Weltreise einer Jeans Leitung trägt Reise vor, TN markieren auf ihrem Handout Ein TN auf großer Karte 10‘ Eigene Lebenswünsche Kreisdiagramm: Erster Ring wird ausgefüllt Jeder TN füllt den ersten Ring seines bewusstmachen Diagramms aus 90‘ Arbeitssituation von Planspiel Planspiel der Kampagne Saubere Kleidung Vertiefung -120‘ Textilarbeitenden bewusst von 1997 überarbeitet »Die Jeans, die arm machen und reich macht« (u.a. von Frauke Bürgers entwickelt) 90‘ Verknüpfung mit Lebenswelt Rallye in der Innenstadt Informationen in den Bekleidungsgeschäf- -180‘ ten vor Ort abfragen (mit Fragebogen) 10‘ Informationsweitergabe Film Film schauen 10‘ Realitäten vergleichen Kreisdiagramm: Zweiter Kreis wird genutzt Jeder TN füllt nun den Kreis für Näher aus Bezug Persönlichen herstellen – Bezug zum Film 10‘ Ideen entwickeln Diskussion Die TN sollen mitteilen, wie der mittlere Ring aussehen sollte 10‘ Letzte Infos Kurzes Eingehen auf Vortrag Abschluss • CCC • FWF • Logos (Fairtrade etc.) • Links 5‘ Abschluss Film schauen Kurzfilm ohne neue Informationen 5‘ - 10‘ Abschluss Tüte der billigen Ausreden Diskussion 15‘ Abschluss Andacht HANDOUT Die Vorlagen für das Handout können können auf nen. Zudem enthält das Handout Basisinformatio- einem Din-A4-Blatt auf Vorder- und Rückseite auf- nen zum Thema. Es empfiehlt sich, die Anziehpup- gedruckt werden. Dadurch erhalten die Konfis ein pen nach Geschlecht getrennt aufzudrucken. kompaktes Handout, mit dem sie gut arbeiten kön- Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
Immer schön nach Links...schaun Saubere Kleidung? (K)eine Frage des Waschens www.saubere-kleidung.de Kopiervorlage Internetpräsenz der Kampagne für saubere Kleidung – deutscher Zweig www.fairwear.org Seite ist auf Englisch. Gute Übersicht über Modelabel, die Mitglied sind www.femnet-ev.de feministische Perspektiven auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft www.lohnzumleben.de Die Löhne reichen oft nicht für ein menschenwürdiges Leben. Hier gibt es Informationen www.fairtrade-deutschland.de viele Infos www.ci-romero.de Aktionen, Kampagnen, Informationen auch rund um saubere Kleidung www.fairtradekleidung.org Infos und Linkliste mit Onlineshops korrekte-klamotten.de Facebook-Seite mit viel Interessantem www.fairticken-shop.de cooler Laden - coole Klamotten – online und in Bielefeld www.avocadostore.de noch mehr korrekte Klamotten, auch Schuhe! www.fairtragen.de und noch ein Shop – diesmal Online und Bremen www.grundstoff.net Online-Shop, der bezahlbar ist… oder mal nachfragen: Malte Hausmann / VEM-Bildungszentrum Bethel hausmann-m@vemission.org; (0521) 144-4525 » Kleider you think you're too small to have an machen Leute. » Ifimpact, try going to bed with a mosquito © Vereinte Evangelische Mission « – Gottfried Keller – Anita Roddick WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? in the room. « 21
Weltweite Handelskette oder wer ist der Weltenbummler: ich oder meine Jeans? 22 Die Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Cam- paign, kurz CCC) ist ein internationales Netzwerk, das sich für WOMIT die Rechte und die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbe- Kopiervorlage dingungen der Beschäftigten in der Textilindustrie weltweit einsetzt. In der deutschen CCC haben sich 23 Trägerorganisa- »WOMITWERDEN tionen zusammengefunden. Dabei sind u. a.: WERDENWIR • Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Jugend in WIRUNS Deutschland e.V. (aej) • Vereinte Evangelische Mission Wuppertal (VEM) • Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverant- UNSKLEIDEN? KLEIDEN« wortung der Ev. Kirche von Westfalen (MÖWe) Die Fair Wear Foundation ist eine unabhängige Non-Profit- Organisation, die mit Unternehmen und Herstellern zusam- menarbeitet, um die Bedingungen für Beschäftigte in der Wenn man Arbeit hat, dann will man ... Bekleidungsindustrie zu verbessern. Die FWF arbeitet u. a. mit Jack Wolfskin, Vaude, Engelbert Strauss, Hess Natur, sich selbst ernähren Schöffel und Takko zusammen. Durch die Veröffentlichung die eigenen Kinder zur Schule schicken umfangreicher Daten wird Transparenz erzielt. Durch die FWF wird eine Verbesserung der sozialen Bedingungen in ein Auto haben die eigenen Kinder ernähren den Nähfabriken sowie bei den Subunternehmen und Liefe- ranten angestrebt. Die FWF weist dabei die höchsten sozia- len Standards auf und gilt hier als Vorzeige-Label. zum Arzt gehen eine eigene Wohnung haben Das GOTS-Siegel auf Kleidung steht für einen hohen ökolo- gischen Standard bei der Herstellung des Kleidungsstücks. In geringerem Umfang fließen auch soziale Kriterien ein. Die Transparenz ist hoch. Das Label wurde von Organisationen geregelte ein eigenes in Deutschland, England, USA und Japan gemeinsam entwi- Arbeitszeiten Zimmer haben ckelt. 2008 einigten sich die teilnehmenden Parteien auf ein haben gemeinsames Logo sowie ein einheitliches Lizenzierungsver- fahren. © Vereinte Evangelische Mission Urlaub haben fließendes sauberes Wasser in der müssen der Wandel sein, den wir Wohnung haben » Wir in der Welt zu sehen wünschen.« fair vom Arbeitgeber bezahlt werden Geld für schlechte Zeiten sparen – Mahatma Gandhi
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 23 ANZIEHPUPPEN – MEINE KLEIDUNG Ziel Zusammenhang zwischen eigener Kleidung herstel- len / Zusammenhang zwischen Kleidung und »Her- kunftsländern« herstellen Zeit 10-15 Minuten Material Kopierte Vorlagen und Stifte, große Weltkarte, Pins Aufgabenstellung Schritt 1: Die TN sollen zunächst die Vorlagen mit ihrer eige- nen Kleidung versehen. Diese soll einfach auf die Puppe gezeichnet werden. Schritt 2: Die Zeichnungen sollen beschriften werden. Dazu müssen sie ggf. in die Etiketten ihrer Kleidung schau- en. Gegenseitige Hilfestellung ist manchmal ange- bracht. Beschriftung der Zeichnung mit: Um was für ein Kleidungsstück handelt es sich? Wo- her habe ich das Kleidungsstück / aus welchem La- den stammt es? Was hat das Kleidungsstück gekos- tet? Made in…? Schritt 3: Die gefundenen Länder sollen auf der Weltkarte markiert werden. Dazu können die TN zunächst auf ihren Karten schauen, ob sie die Länder finden, dann können sie gemeinsam die Länder auf einer großen Wandkarte suchen und die Länder markieren. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
24 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? WELTREISE EINER JEANS Ziel bei einem Produktionsschritt etwas nicht mehr stim- Die langen Transportwege bei der Jeansproduktion men, sollten zum Beispiel die Löhne in China steigen, sollen anschaulich gemacht werden. kann dieser Schritt schnell verlegt werden, beispiels- weise nach Äthiopien. Zeit 10 Minuten Der Unsinn des Netzes Das Umgehen von Umweltschutz ist eine Katastro- Material phe. Die Transporte über die Weltmeere sind um- Große Weltkarte an der Wand, Pins und Bindfaden weltschädlich. Die Konzerne erwirtschaften Gewinne auf Kosten der Umwelt und auf dem Rücken der Ar- Aufgabenstellung beiter. Die Zersplitterung des Produktionsprozesses Die nachstehenden Produktionsschritte werden vor- setzt jeden einzelnen Teil unter Druck. Bei einem gelesen. Die einzelnen Stationen werden auf der Streik oder dem Ausfall von Maschinen kann der Weltkarte mit Pins markiert und mit einem Faden Konzern schnell Ersatz finden. Das geht vor allem zu verbunden. Anschließend soll das Bild genutzt wer- Lasten der Rechte der Arbeiter. den, um kurz zu erklären, warum dieses Netz aus Sicht der Großkonzerne einen Sinn hat. Die Weltreise einer Jeans chemischer Dünger für Baumwolle aus Deutschland Baumwollanbau in Usbekistan Garnspinnerei in der Türkei Weben des Garns zum Stoff in Taiwan Färben des Stoffes in Indien Zuschnitt und Zusammennähen in China Verkauf der fertigen Jeans in Deutschland Der Sinn des Netzes Aus Konzernsicht ist es notwendig, jeden Produkti- onsschritt so kostengünstig wie möglich zu gestalten. Dadurch werden Gewinne erwirtschaftet. Umwelt- auflagen und Arbeitnehmergesetze verteuern die Produktion. In Ländern zu produzieren, wo diese Auflagen nicht vorhanden sind, rechnet sich. Sollte Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? 25 KREISDIAGRAMM: WENN MAN ARBEIT HAT … Ziel ergriffen. Zudem haben sie einen jungen Mann / eine Die TN sollen ihre eigenen Wünsche an ein »gutes« junge Frau erfolgreich auf sich aufmerksam gemacht Leben mit den Bedingungen der Arbeiter weltweit und eine Familie gegründet. Zwei Kinder wuseln vergleichen. durch das Zuhause. Was wollen sie sich von dem Geld, das sie in ihrem Job verdienen, leisten können? Zeit Die Wünsche sollen im innersten Kreis eingetragen 2 x 10 Minuten, 1 x 15 Minuten werden, durch farbiges Ausmalen der Segmente. Die Abfrage kann auch in der Gesamtgruppe erfolgen, Material dazu benötigt man das Diagramm einmal in Groß an Diagrammvorlage, Stifte, ggf. Diagramm auf Over- der Tafel oder per OHP. headprojektor (OHP)-Folie mit Folienstift Schritt 2: Aufgabenstellung Im äußersten Kreis wird nun das eingetragen, was Das Ausfüllen des Kreisdiagramms sollte nicht »am Näherinnen in der Textilindustrie im Allgemeinen Stück« erfolgen. Nach dem ersten Schritt können In- bekommen. formationen zu den Lebens- / Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter vermittelt werden, zum Beispiel im Schritt 3: Planspiel. Danach folgt Schritt zwei. Im mittleren Kreis soll das eingetragen werden, wo- für in der Bekleidungsindustrie gekämpft wird und Schritt 1: was bei korrekter Kleidung eigentlich Standard sein Die TN sollen sich bitte vorstellen, 20 Jahre älter zu sollte. sein. Sie haben die Schule absolviert und einen Beruf Wenn man Arbeit hat, dann will man ... die eigenen Kinder zur Schule schicken sich selbst ernähren ein Auto haben die eigenen Kinder ernähren zum Arzt gehen eine eigene Wohnung haben geregelte ein eigenes Arbeitszeiten Zimmer haben haben Urlaub haben fließendes sauberes Wasser in der Wohnung haben fair vom Arbeitgeber bezahlt werden Geld für schlechte Zeiten sparen Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
26 WOMIT WERDEN WIR UNS KLEIDEN? Erklärungen zu den einzelnen Rubriken Die folgenden Erklärungen beziehen sich immer auf Fair vom Arbeitgeber bezahlt werden ein »Idealbild« – sie können im Einzelfall erheblich Stundenlöhne, die unter der Armutsgrenze liegen, abweichen. sind keine Seltenheit. Menschen, die in der Textilin- dustrie schwer arbeiten, können sich kaum selbst Sich selbst ernähren ernähren. Ein Arbeitslohn sollte ein Leben sicher- In jedem Fall ist dies möglich. Kein Mensch kann stellen, das bedeutet hier fair. eine Arbeit tun, bei der er verhungert. Gleichwohl leiden viele Textilarbeiter/innen an Fehlernährung, Urlaub haben da eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu Das bedeutet, dass man einen Tag bei der Arbeit feh- teuer ist. len darf, zum Beispiel für einen Arztbesuch, ohne gleich den Job zu verlieren. Das bedeutet, dass man Kinder ernähren an der Hochzeit der Schwester teilnehmen darf, Im konventionellen Handel ist dies nicht immer ohne gekündigt zu werden. möglich. Arbeiter verdienen gerade genug, um sich selbst zu ernähren. Das führt bei Heimarbeit zur Mit- Geregelte Arbeitszeiten haben arbeit der Kinder, damit diese sich selbst ernähren Erzwungene Überstunden, bis der Auftrag abgear- können. Im Bereich der sauberen Kleidung ist eine beitet ist, Arbeitszeiten von 14 bis 16 Stunden am Forderung, dass arbeitende Eltern ihre Kinder er- Tag, sieben Tage Arbeit pro Woche – alles auf Zuruf nähren können. Oft müssen dennoch beide Eltern- des Arbeitgebers. Das sind die Bedingungen in der teile arbeiten, um die Kinder ernähren zu können. Textilindustrie. Bei der Produktion von sauberer Kleidung sollen die Arbeiter geregelte Arbeitszeiten Eigene Wohnung haben haben, die auch für den Arbeitgeber bindend sind. Textilarbeiter wohnen häufig in den firmeneigenen Arbeiterunterkünften. Mehrere Menschen teilen sich Zum Arzt gehen dabei ein Zimmer. Dies sollte für saubere Kleidung Ohne Urlaub kostet der Gang zum Arzt nicht nur das anders sein, ist es aber weitgehend nicht. Geld, das der Arzt haben will, sondern zugleich ver- dient man auch nichts. Wie soll sich der Kranke Eigenes Zimmer dann ernähren? Für Arbeiter bei sauberer Kleidung Dies ist weder im konventionellen Handel noch im soll ein Arztbesuch kein unerreichbarer Luxus sein. fairen Handel möglich. Es ist jedoch in weiten Teilen Es soll die Möglichkeit bestehen, sich ohne Verlust der Welt eher unüblich, dass man ein eigenes Zim- des Arbeitsplatzes um die eigene Gesundheit zu mer hat. kümmern. Fließendes Wasser in der Wohnung Ein Auto Wer Glück hat, hat einen Brunnen vorm Haus. Flie- Nein! ßendes Wasser gehört nicht zum Standard auf dieser Welt. Fairer Handel hat hier keinen Einfluss. Die eigenen Kinder zur Schule schicken Normalerweise ist kein Geld für Schule übrig. In vie- Geld für schlechte Zeiten sparen len Konventionen und Bedingungen für die Produk- Auch wenn die Arbeiter fair bezahlt werden, bleiben tion von sauberer Kleidung ist der Schulbesuch der sie im unteren Lohnsektor. Das Arbeitsentgelt wird Kinder jedoch als Kriterium festgehalten. durch die Lebenshaltungskosten aufgebraucht. Bildungsmaterial zur VEM–Menschenrechtskampagne 2019
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