www.aaku.ch März 2018 Nr. 13 - Aargauer Kulturmagazin
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www.aaku.ch März 2018 Nr. 13 CELLIST KIAN SOLTANI Der Musiker spielt Schumanns Cello konzert mit dem argovia philharmonic LYRIKFESTIVAL Ein Gespräch mit Martin Zingg über die Lyrik als Allesfresserin AUFBRUCH STATT ABBRUCH Der «Orientalische Frühling» läutet die Umbauphase des Kurtheaters Baden ein
NEONFISCHE LYRIKFESTIVAL Samstag, 3. März 2018 – Sonntag, 4. März 2018 Sa 10.15-18h, So 10.30-18h Mit Robert Schindel, Joachim Sartorius, Kathrin Schmidt, Ernst Halter, Raphael Urweider, Frédéric Wandelère, Klaus Merz, Me- ret Gut, Jürg Halter, Cornelia Travnicek, Tim Holland sowie den Übersetzerinnen Elisabeth Edl und Marion Graf. Neonfische sind spezielle Süsswasserfische, deren Biotop aber nicht etwa in Europa, sondern im Amazonas zu finden ist. Wen- dig sind die kleinen, fragilen Fische, unterirdisch geheimnisvoll irisierend leuchtend. Bilden sie eine Gruppe, verdichten sich ihre Körper zu immer neuen, kaleidoskopartigen Strukturen. Das Lyrikfestival NEONFISCHE 2018 versammelt wieder besonders leuchtende Einzeltiere, die sich unter deutschsprachigen Autor/ innen tummeln, welche die Grenzen der Sprache ausloten und den Rändern der Poesie entlang arbeiten, um immer neue Klang- und Wortkonstellationen aufscheinen zu lassen. Tagespass: Fr. 25.-/20.-; Einzellesung: Fr. 15.-/12.- Reservationen: info@buchhandlung-otz.ch c/o Müllerhaus, Bleicherain 7, 5600 Lenzburg, www.@aargauer-literaturhaus.ch Salon Leftovers, Prunkstücke und andere Badener Geschichten Kunstraum Baden 9. bis 26. März 2018 Haselstrasse 15, 5400 Baden, Eingang: Bahnhof West – Toreinfahrt Regionalwerke Öffnungszeiten: Mi bis Fr 14-17 Uhr, Sa & So 12-17 Uhr, Eintritt frei
Herausgegeben von der IG Kultur Aargau März 18 Aargauer Kulturmagazin Editorial Aushalten Man muss es aushalten, dass die Welt sich uns nicht auf den ersten Blick erschliesst: «Schlag deine Augen nieder. Wo ist dein Versteck. / Du hast den Mund noch immer geöffnet, / bevor du beginnst, wieder zu lachen. / Den Anfang haben wir vergessen, / aber übermorgen bring mit den Dolch, / dass wir überlegen, weshalb wir leben.» Dies ist ein Auszug aus «Libellengrab», ein Gedicht von Meret Gut. Corinne Rufli Doch wie soll ich es deuten? Eine gute Antwort darauf gibt Martin Zingg, Lyrikexperte Redaktionsleiterin und Autor: «Wer von einem Gedicht Informationen erwartet, wird enttäuscht werden. corinne.rufli@aaku.ch Gedichte schlagen vor, wie Sprache auf Welt reagieren kann. Und man muss es aus halten, ein Gedicht nicht auf Anhieb zu verstehen.» Wie sie gelesen werden können, was gute Lyrik ausmacht und ob man Gedichte übersetzen kann, erzählt Zingg im Interview ab Seite 21 sowie am Lyrikfestival Neonfische im Aargauer Literaturhaus. Dem Festival widmen wir den Leitartikel und lassen Gedichte der Zürcherin Meret Gut und der beiden Aargauer Ernst Halter und Matthias Dieterle für sich sprechen. Wer sich schon lange nicht mehr an Lyrik gewagt hat, sei ermuntert, das Festival als Eisbrecher zu sehen oder im stillen Bibliothekskämmerchen Ingeborg Bachmann, den Jandl oder gar Christa Reinig wieder einmal hervorzunehmen. Aushalten muss man auch, dass im Kurtheater bald das Stück «Abrissbirne» sehr live demonstriert wird. Bis dahin weckt der «Orientalische Frühling» die im Winter erstarrten Glieder. Trotz Umbau des Theaters bleibt der Betrieb – ausser Haus – bestehen. Aushalten müssen viele auch, dass unser Heimatreporter Benjamin von Wyl keine idyllischen Pressereisli ins Aargauer Land veranstaltet, sondern sich wagemutig von einem Kaff ins andere wirft und in seinem süffig-subjektiven Stil beschreibt, was mit ihm geschieht. Die Chance bietet sich nun, ihn live zu sehen (siehe Seite 27). Aushalten muss man auch, dass Kian Soltani (Cover) nicht nur schön, sondern auch hochbegabt ist. Der aus einer persischen Musikerfamilie stammende, in Bregenz aufgewachsenen Cellist spielt Schumanns Cellokonzert mit dem argovia philharmonic. Aushalten müssen wir nun nur noch den ungewissen Ausgang der «No Billag»- Abstimmung. Und wir müssen zusammenhalten gegen den Abbau von Kultur. 3
AL PRIDE HALLAVARA ODEON BRUGG das Kulturhaus beim Bahnhof 28. APRIL 2018 CINEMA BÜHNE BAR www.salzhaus-brugg.ch Info 056 450 35 65 Vorverkauf Mo – Do 17.30 – 23 Uhr Tickets Mo bis Fr ab 14 Uhr Fr + Sa 17.30 – 24 Uhr odeon-brugg.ch Sa/So ab 10 Uhr Sonntag 17.30 – 22 Uhr CINEMA BÜHNE Donnerstag 1. märz 18 UHr FreItag 2. märz 20.15 UHr FILMREIHE VINDONISSA mICHaeL FeHr gLaDIator Der Autor trägt aus seinen 2017 er- USA 2000 149 Min. E/d ab 14 Jahren Regie: Ridley Scott schienenen Erzählungen «Glanz und Ridley Scotts Meisterwerk besticht Schatten» vor. durch spannende Kampfszenen und einen grossartigen Russell Crowe. mIttWoCH 7. märz 18 UHr CAMPUSCINEMA eLDoraDo CH 2018 90 Min. D ab 12 Jahren Regie: Markus Imhoof Der neue spannende Dokfilm von Markus Imhoof (MORE THAN HO- sonntag 4. märz 11 UHr NEY) mit anschliessendem Filmge- brUno Im gLÜCK – Jörg boHn spräch. Mit vielen Bildern und wenigen Wor- ten geht das Stück den Fragen nach, wie Kommunikation gelingt und wo das Glück beginnt. ab 6 Jahren 50 Minuten Dialekt Aarauerstrasse 26 I 5200 Brugg FreItag 9. märz 20.15 UHr DoDo HUg – CosmoPoLItana Carpe diem mit Madâme la cosmo- ab Donnerstag 8. märz politana! PREMIERE eLLa & JoHn sonntag 11. märz 17.30 UHr NOCHE L ATINA MIT «COR A ZON L ATINO» I/F 2017 112 Min. E/df ab 12 Jahren Regie: Paolo Virzì Um ein letztes Mal ein richtiges KULtUrDInner Abenteuer zu erleben, beschliessen tHomas rabensCHLag die beiden Rentner, zu zweit in ihrem Mit einer höchst illustren Gästeschar SA 03. März | 21 Uhr Wohnwagen von Boston nach Florida (u.a. Max Lässer)setzt sich der Brug- zu fahren. Eine berührende Komödie ger Musiker Thomas Rabenschlag an den Tisch und bereitet vor den Augen, Mit Dudu Penz, einem der wohl besten Latin-Bassisten mit Helen Mirren und Donald Sutherland. Nasen und Ohren des Publikums eine der Schweiz, stürmt Bandleader Andy Bopp schon zum Minestrone zu. 5. Mal das Dampfschiff. Donnerstag 15. märz 19 UHr tanDem-LesUng: ernst HaLter UnD PIUs strassmann Hol dir deinen kostenlosen Drink! Gedichte leben vom Klang, von Ausschneiden und mitbringen (gültig am 03.03.18) Bildern und Assoziationen, sie wollen www.dampfschiff brugg.ch nicht verstanden, sondern gehört und erlebt werden! www.facebook.com/dampfschiff kultur samstag 17. märz 17.45 UHr FILMNACHT FILmnaCHt InDIen Indien: ein Land voller Extreme. Wir zeigen THE HUNDRED FOOT JOURNEY, THE LUNCHBOX, OM SHANTI OM und verwöhnen Sie dazwischen mit Köstlichkeiten aus der indischen Küche. FreItag 16. märz 20.15 UHr Horta Van HoYe gesICHter-gesCHICHten Die flämische Bildhauerin, Clownin KUNST & APÉRO und Zeichnerin ist eine beeindru- ckende Bühnenkünstlerin, die ihre AUSSTELLUNG MIT: einzigartigen Papierfiguren auf der ELKE DELIMAR, BILDER samstag 31. märz 23 UHr Bühne zum Leben erweckt. DANIEL SCHWARZ, SKULPTUREN CINE TO THE MILKYWAY JEDEN DONNERSTAG tHe aDVentUres oF PrIsCILLa, sonntag 18. märz 11 UHr QUeen oF tHe Desert De CHasCHPer maCHt tHeater 16.45 – ca. 21.45 Uhr Aarauerstrasse 96a Eine Wiederbegegnung mit dem sym- AU 1994 104 Min. E/d ab 16 Jahren Regie: Stephan Elliot CH-5200 Brugg JEDEN SAMSTAG IM MÄRZ Majestätisch, provokativ und schrill pathischen Kasperlistück der Tösstaler erobert der ausrangierte Schulbus Marionetten in einer Neuinszenierung galerie@immaginazione.ch 10.00 – 14.00 Uhr «Priscilla» das australische Outback mit klassischen Holzhandpuppen. www.immaginazione.ch BEGEGNUNGEN, KUNST UND SEIN und die Herzen der Kinozuschauer. ab 4 Jahren 50 Minuten Dialekt Immaginazione_Inserat_AAKU_03-2018_v01.indd 1 29.01.18 18:36
Herausgegeben von der IG Kultur Aargau März 18 Aargauer Kulturmagazin Inhalt VORSCHAU Aufbruch statt Abbruch 6 Im April beginnt der Umbau des Kurtheaters Baden. Bis dahin vertreibt der «Orientalische Frühling» den Schnee MAGAZIN 20 Wann ist ein Gedicht geglückt? Das Aargauer Literaturhaus Lenzburg lädt ein zum Lyrikfestival Neonfische. Sibylle Ciarloni im Gespräch mit dem Autor und Publizisten Martin Zingg Ungleiche Paare im Museum Langmatt 8 Relikte aus dem Keller gesellen sich zu hochkarätigem Impressionismus Becca Stevens 8 Die New Yorker Sängerin kommt nach Muri Kian Soltani 9 Der Cellist spielt mit dem argovia philharmonic in Aarau und Baden «Frau im Wald» 10 Eine furiose Auflösung im Theater Tuchlaube 24 Mustafas Welt Kolumne «Kleiner Mann, was nun?» 10 Das Reinacher TaB-Ensemble nimmt sich Hans Falladas Buch an 24 Berlin einfach mit Timo Koch Ein Aargauer wandert aus Jazz geht Baden 11 Mit der deutschen Saxofonistin Anna-Lena Schnabel 25 Olga Tucek Kolumne Zwischen Hip-Hop und Hardcore 11 Deez Nuts aus Down Under im Kiff 25 Das Objekt Sammlerstücke von Rudolf Velhagen Ein Schumann-Märchen im Kloster Muri 12 Tenor Julian Prégardien und Pianist Michael Gees 27 Backstage Von Patti Basler Traum und Illusion 12 «Hin ist hin» – eine theatrale Collage für Puppen und Menschen im Thik 27 Die Schweiz im Bürgerkrieg An der Sofalesung zeichnet Benjamin von Wyl ein düsteres Bild «The Last Swiss Holocaust Survivors» 13 der Heimat Die Ausstellung im Forum Schlossplatz ermöglicht Begegnungen 28 Tour de Kaff «Körpergeschichten» 13 Nächster Halt: Magden Drei Künstlerinnen, drei Perspektiven im Gluri Suter Huus «Die nächste Stadt» 14 Ein Einblick der Badener Architektin und Stadtforscherin Sibylle Wälty AGENDA «Nordische Klänge» 14 30 Kultur im Aargau auf einen Blick Sinfonia Baden mit dem neuen Dirigenten Roman Blum Veranstaltungen im März Kultursplitter 16 Filmtipps 17 Hörtipps 18 Lesetipps 19 Cover: Kian Soltani. Foto: Nikolaj Lund 5
Vorschau März 18 Aargauer Kulturmagazin TEXT ARMIN KERBER | FOTO UTE LANGKAFEL Das Kurtheater ist ausser sich BÜHNE Was für eine Überraschung: Trotz des Umbaus muss das kulturaffine Kurtheaterpublikum auf nichts verzichten – ausser auf das Haus. Unter dem Motto «Kurtheater Baden ausser Haus» wird der kuratierte Gastspielbetrieb aufrecht- erhalten. Programmleiter Armin Kerber schreibt über die Zeit zwischen Abbruch und Aufbruch. Jubel, Klatschen, Umarmungen – es war im Januar vor einem den konnten. Seit Ende Januar ist alles so weit unter Dach Jahr, als die erlösende Nachricht im Kurtheater Baden für und Fach, sodass der Baubeginn im April stattfinden kann. Freudentaumel sorgte. Wohlgemerkt nicht auf der Bühne, Und was macht das Theater, wenn das Haus geschlossen sondern im Büro. Die Nachricht war eingetroffen, dass das wird? Ganz einfach: Es geht raus. Dank Kooperationen mit Bundesgericht unwiderruflich entschieden hat: Nach Jahren verschiedenen Spielorten in Baden wird unter dem Motto von Einsprüchen, Verzögerungen und Unsicherheiten steht «Kurtheater Baden ausser Haus» der kuratierte Gastspielbe dem Umbau des Kurtheaters Baden definitiv nichts mehr trieb auch in der kommenden Spielzeit weitergeführt. im Weg. Was das Volk von Baden entschieden hat, soll nun Von Herbst 2018 ab zeigt das Kurtheater Baden regelmäs endlich umgesetzt werden. sig Aufführungen aus dem In- und Ausland. Dabei wird wie Inzwischen sind dreizehn Monate vergangen, aufregende bisher der komplette Spartenmix von Theater, Tanz, Musik und inspirierende Produktionen waren zu Gast, das Publi theater sowie Kinder- und Jugendtheater angeboten. Weder kum hat sich zahlreich im Kurtheater eingefunden, und mit die Abonnentinnen noch die spontanen Besucher müssen dem «Orientalischen Frühling» steht im März ein hochkarä sich Sorgen machen, auch in der Umbauphase kommen die tiges Abschlussbouquet bevor. Hinter den Kulissen hatten Badener*innen in den Genuss «ihres» Theaters. in derselben Zeit Lara Albanesi und Louis Burgener vom Kurtheater zahlreiche Sitzungen mit den Architekten, der Im Rahmen der Veranstaltung «Was war – Was kommt» präsentiert Armin Kerber am 13. Juni 2018 im Museum Langmatt die eingelade- Bauleitung und den involvierten Behörden, um die Logistik nen Gastspiele mit allen Spielorten. Das Kurtheater-Team wird des Umbaus bis ins Detail auszuarbeiten. Dabei mussten während der Umbauzeit ein Büro in der Villa Langmatt beziehen noch einige planerische Hürden genommen werden, doch und von dort aus sowohl das Programm «Kurtheater ausser Haus» betreuen als auch die Wiedereröffnung des sanierten Theaters die grundsätzliche Begeisterung sorgte dafür, dass auch im Frühjahr 2020 vorbereiten. manch anstrengende Verhandlung mit Geduld und Engage ment geführt wurde und vernünftige Ergebnisse erzielt wer 6
März 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Am Puls der Zeit BÜHNE Berlin als Schmelztiegel der Kulturen: Hier begegnen sich Menschen aus dem Nahen Osten, die in ihrer Heimat durch Grenzen und Kriege getrennt waren. Im Stück «The Situation» des Maxim Gorki Theaters Berlin treffen Syrerinnen, Israeli oder Palästinenser aufeinander, wo sie einen Deutschkurs in Neukölln belegen. Kein Wunder also, dass im Kurs von Deutschlehrer Stefan die Grammatik das kleinste Problem ist. In einer furiosen «Kombination aus Beziehungs-B oulevard und Doku mentartheater», wie die «Süddeutsche Zeitung» schreibt, lässt Regis seurin Yael Ronen aus Tel Aviv ihre Protagonist*innen mit Leidenschaft und Humor aufeinanderprallen. Dazwischen fechten die Geister der Vergangenheit ihren aberwitzigen Kampf aus. cru Wo die Kulturen aufeinanderprallen. Foto: Ute Langkafel BADEN Kurtheater, Sa, 10. März, 19.30 Uhr Mashalla BÜHNE «Wie oder was Gott will» – das fragt sich auch Zarina. Eine 30-jährige New Yorkerin mit pa kistanischen Wurzeln tritt als Protagonistin in einem Familiendrama auf, das die tiefen Wunden einer muslimischen Migrantenfamilie offenbart. Der Vater, streng gläubig, kümmert sich hingebungsvoll um seine beiden Töchter. Zarina bereitet ihm Sorgen, da sie weder verheiratet ist, noch Kinder hat. Via Kontaktanzeige will er Heiratskandidaten finden. Da entdeckt er Zarinas Manuskript für ihr neues Buch. Sie stellt darin die Fragen, wer war der Prophet Mohammed als Mensch, welche Leidenschaften trieben ihn um, und was für ein Bild hat sich der Islam von ihm gemacht. Zarinas kritische Antworten darauf sind für den Vater reine Blasphemie. Die Familie zerbricht. «The Who and the What» heisst die Komödie des Pakistani-Amerikaners Ayad Akhtar, der als einer der einflussreichsten Dramatiker der Gegenwart gilt. «Das Stück ist eine scharfe Kritik des Islam, aber auch eine starke Verteidigung», sagte er einmal. «Islamkritik als Boulevardkomödie», schrieb «Die Welt». Die Regisseurin Karin Beyer vom Deutschen Schauspielhaus Hamburg inszeniert das Stück mit mitreissenden Dialogen und nähert sich mit Humor und Tiefgang einem Vater-Tochter-Konflikt. cru Vater-Tochter-Konflikt mit Humor und Tiefgang. Foto: Klaus Lefebvre BADEN Kurtheater, Mi, 21. März, 20 Uhr TA L ISCHE R Kopftuchkonflikt im Schnee ORIE N ING FRÜHL BÜHNE Nach zwölf Jahren im deutschen Exil . Mä rz reist der Dichter Ka in die ostanatolische Stadt 10. – 24 heater.ch rt Kars, die wegen starken Schneefalls von der Aus w w w.ku senwelt abgeschnitten ist. Er möchte eine Reporta ge über eine Selbstmordserie von Kopftuch tragenden jungen Frauen schreiben, die sich dort abgespielt hat. Das Geschehen vor Ort eskaliert, und der Dichter verheddert sich immer mehr als Vermittler in den Kampf zwischen türkischen und kurdischen Nationalisten, zwischen der Armee und islamistischen Fundamentalisten. «Schnee», ein Roman des türkischen Literatur-Nobelpreisträgers Orhan Pamuk, wird vom jungen Regisseur Ersan Mondtag dramatisiert und vom renommierten Thalia Theater Hamburg aufgeführt. Mondtag, in Neukölln als türkischer Secondo aufgewachsen, wurde von «Theater heute» zum Nachwuchsregisseur des Jahres gewählt. cru Eigenwillige Bildsprache an den Bruchkanten eines Konflikts. Foto: Armin Smailovic BADEN Kurtheater, Sa, 24. März, 19.30 Uhr 7
Vorschau März 18 Aargauer Kulturmagazin Seitensprünge KUNST Weshalb haben impressionistische Bilder derart unvorstellbare Werte erreicht? Warum werden sie in Ausstellungen immer ästhetisch präsentiert und rezipiert – als Wohlfühlbalsam für ein breites Publikum? Warum ist heute von der seiner zeit höchst bemerkenswerten Banalität der Bildmotive kaum mehr etwas zu spüren? «Seitensprünge – Impressionismus ohne Sockel» ist eine Thesenausstellung, die kritisch die (monetär motivierte) «Ehrfurcht» vor diesen Bildern hinterfragt. Dazu werden sieben Paul Cézannes «Bäume und Felsen im Park des impressionistische Château Noir» inmitten historischer Weinregale aus dem Keller. Foto: Museum Langmatt Bilder aus der Samm lung mit wertlosen Gegenständen aus dem Keller gepaart. So trifft der «Herbst in Eragny» (1899) von Camille Pissarro auf eingetrocknete Farbproben, oder es begegnet Alfred Sis leys «Die Kirche von Moret» (1893) einem alten Eisengeländer. Ein humorvoller Zu gang an ein grosses Thema. cru BADEN Museum Langmatt, Vernissage: Sa, 3. März, 17 Uhr Jenseits musikalischer Kategorien SOUNDS Regina ist die lateinische Bezeichnung für Königin oder Regentin – gleichsam der Titel des neuen Albums der New Yorker Sängerin Becca Stevens. Der Name der Platte ist bewusst gewählt, diente doch das Leben der britischen Monarchin Elisabeth I. als primäre Inspirationsquelle für die Amerikanerin. Darüber hinaus sind Songs über Ophelia, eine indianische Wassergöttin und Shakespeares «Queen Mab» zu hören. Dabei spielt Stevens und ihre Band jazziger Folk mit poppiger Ausstrahlung und Indierock-Anleihen – dieser präsentiert sich so vielseitig, dass er sich elegant jeglicher Kategorisierung entzieht. Im Zentrum steht jedoch immer die glasklare Stimme Stevens’, die wunderbar mit ihrem Lieblingsinstrument – der Ukulele – harmoniert. phn Von Königinnen inspiriert: Die New Yorker Sängerin Becca Stevens. Foto: Tom Kershaw MURI Pflegidach, So, 18. März, 20.30 Uhr 8
März 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Schubert und Schumann sind seine Lieblinge KLASSIK Seine bisherige Karriere wird gekrönt Kolleginnen und Kollegen bei Schumanns Klavierquintett durch den mit 75 000 Franken dotierten Credit zu – ein Erlebnis. Seither ist die Anteilnahme an der Lauf Suisse Young Artist Award 2018. Ein Glück, bahn des Ausnahmekönners eine schöne Pflicht. dass der junge Cellist Kian Soltani nun mit Was hat der 26-Jährige nicht schon alles erreicht. Im dem argovia philharmonic in Aarau und Baden Alter von zwölf Jahren beginnt er sein Cellostudium bei spielen wird. Ivan Monighetti an der Musik-Akademie Basel. Später folgen Meisterkurse bei Sol Gabetta und Jens Peter Maintz. Ab 2013 kommt es sozusagen knüppeldick: Kian Soltani gewinnt einen Preis nach dem anderen; er konzertiert mit renommierten Orchestern wie dem Tonhalle Orchester Zürich, dem Helsinki Philharmonic und – 2017 – dem West-Eastern Divan Orchestra unter Leitung Daniel Barenboims beim Lucerne Festival. Und nun wird die bisherige steile Karriere mit dem alle zwei Jahre vergebenen Credit Suisse Young Artist Award gekrönt. Damit verbunden ist nicht nur eine hohe Preissumme, sondern auch ein Konzert mit den Wiener Philhar monikern beim Lucerne Festival. Zu Kopf steigen wird der Award dem Musiker bestimmt nicht. Ausruhen auf dem Erreichten will er sich ja nicht; dazu ist seine Neu gier auf Kommendes viel zu gross. Fragt man ihn nach den Kom ponisten, die ihm am liebsten sind, schüttelt er kurz den Kopf, bevor er strahlend sagt: «Schubert und Schumann». Und Schumanns Cello konzert wird er nun – umrahmt von Antonín Dvořáks Konzert ouvertüre «In der Natur» und César Francks Sinfonie d-Moll – mit dem argovia philharmonic unter Matthias Cellist Kian Soltani ist ein Ausnahmekönner. Foto: Juventino Mateo Bamert spielen. Wer weiss, vielleicht ist Kian «Den müssen Sie unbedingt erleben!». Wie oft hört man Soltani danach ebenso glücklich wie damals, als er auf der diese Worte und weiss dabei nie, ob man ihnen wirklich Waldbühne Berlin vor 20 000 Zuhörer*innen auftrat: «Als ich vertrauen kann. Beim Kammermusikfest Spannungen in aufs Podium ging, fühlte ich mich wie ein Rockstar.» Er lacht der Nordeifel ist das anders: Bekommt man Obiges zu hö und gibt dann sein Lebensmotto preis: «Just enjoy it.» ren, ist das Hingehen ein Muss. Wohlverstanden, nicht zum Von Elisabeth Feller Konzert, sondern zur Probe mit dem Cellisten Kian Soltani, der 2016 als Stipendiat zu diesem erlesenen Fest geladen war. Also besuchte man eine der letzten Proben und hörte AARAU Kultur & Kongresshaus dem aus einer persischen Musikerfamilie stammenden, So, 18. März, 17 Uhr; Di, 20. März, 19.30 Uhr in Bregenz aufgewachsenen Cellisten und seinen jungen BADEN Trafo, Fr, 23. März, 19.30 Uhr 9
Vorschau März 18 Aargauer Kulturmagazin Ausbruch, Aufbruch, Umbruch BÜHNE Was geschieht, wenn sich das Ich inmitten des Alltags plötzlich auflöst, ausufert und entflieht? Im Stück «Frau im Wald», das in der Tuchlaube Erstaufführung feiert, wird das mehrstimmig und furios untersucht. Das Tram ist voll, das Telefon klingelt, der Zahn schmerzt, es sich bei der Auflösung des Ichs der Protagonistin(nen) der Hase ist tot und dann ist er da, der Moment, in dem es tatsächlich um einen psychischen Zusammenbruch in einer so nicht mehr weitergeht. Im Stück «Frau im Wald» von kalten, zu schnellen Zeit, um einen persönlichen Befreiungs Julia Haenni, das 2016 im Rahmen des Förderprogramms schlag oder um einen kollektiven Aufbruch in eine andere «Dramenprozessor» entstanden Zukunft handelt, will sie bewusst ist, geht es um die Frage, was Die Badenerin Julia Haenni (Bild) schuf ein angst- offenlassen. volles Stück Sehnsucht. Foto: Mali Lazell passiert, wenn «Durchatmen und Dass im Spiel nur Frauen weiter» nicht mehr funktioniert. vorkommen, ist kein Zufall: «Ich Patrick Bachmann und Olivier möchte Stücke machen, in denen Keller führen Regie in dem Stück, Frauen gemeinsam die Bühne das für eine bis zehn Schau erobern und ihre Geschichten, spielerinnen geschrieben ist. die alle betreffen, erzählen. Reine «Das Experimentieren mit die Frauenstücke gibt es fast nicht, ser Mehrstimmigkeit faszinierte meistens sind Männer die Hand mich», sagt die junge Badener lungsträger und Frauen reagieren Autorin Haenni. «Herauszufinden, auf sie. So entsteht eine seltsame wie Menschen zusammen eine Lücke zwischen unseren neuen Geschichte repräsentieren können, Rollen, die wir suchen, ausprobie die dann mehr ist als ein Einzelfall, ren, erleben, und den alten wie die Stimmen gemeinsam und Rollenbildern.» Eine Lücke, die gegeneinander sprechen und was «Frau im Wald» mitfüllen will und so über den Zustand einer Psyche das Publikum damit ins eigene erzählt werden kann.» Während Ich steigen lässt, in den Bereich der Proben wurde spielerisch zwischen Angst und Sehnsucht, ermittelt, wie die Sätze verteilt der alle irgendwie verbindet. werden. «Ein Prozess, der nicht Von Annika Zemp im stillen Kämmerchen vollbracht werden kann – es geht um den Rhythmus des Textes und um AARAU Theater Tuchlaube die Stille», so Haenni, die selber Mi/Fr/Sa/So, 14./16./17./18. März im Stück mitspielt. Die Frage, ob Jeweils 20.15 Uhr Vom Leiden und Lieben BÜHNE «Seit langem habe ich nichts so Liebenswertes gelesen wie dies Buch, so rührend, so lustig in seiner bitteren Lebenswahrheit», schrieb einst Thomas Mann über Hans Falladas «Kleiner Mann, was nun?» Nun wagt sich das Reinacher TaB- Ensemble an den Text aus den 1930er-Jahren. Warmherzig und voller Dramatik erzählt Fallada die Geschichte vom kleinen Ange stellten Johannes und seiner Frau Emma. Es war Liebe auf den ersten Blick. Er nennt sie «Lämmchen», sie ihn «Junge». Emma wird schwanger. Sie heiraten und trotzen den Die Liebe hält Johannes und Emma trotz Widrigkeiten des Lebens, kämpfen um ihren Platz in der Welt. Mit der Inszenierung aller Widrigkeiten zusammen. zvg unter der Regie von Gunhild Hamer nimmt das Ensemble einen Stoff auf, der einer seits Parallelen zu den aktuellen sozialen Missständen und der auseinandergefallenen Gesellschaft der 30er-Jahre ziehen lässt, andererseits eine Brücke schlägt in die Region Oberwynental, die im 18. und 19. Jahr hundert in erster Linie von der Textilindustrie geprägt war, die die wirtschaftliche Entwicklung vorantrieb. cru REINACH TaB, 2. bis 29. März 10
März 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Sperrig und kraftvoll SOUNDS Ein Skandal im Jazz? Gibts nicht. Jazz ist zu randständig, als dass es sich lohnen würde, zu viele Worte darüber zu verlieren. Und doch: Die Karriere der deutschen Saxofonistin Anna-Lena Schnabel hat mit einem richtigen Pressekrieg begonnen. Nun spielt sie am «Jazz geht Baden». Und das kam so: Anna-Lena Schnabel gewann den deut schen Echo Jazzpreis 2017 für die beste Nachwuchskünstle rin. Die Echo-Preise in über zwanzig Kategorien von «Gesang international» bis eben zur Nachwuchsmusikerin werden in einer enormen Cüpli-Show in Hamburg überreicht, mit rotem Teppich und Fernsehen und allem, was dazugehört. Die Preisträgerin Anna-Lena Schnabel durfte da auch ein Stück spielen, allerdings nicht dasjenige ihrer Wahl, son dern etwas publikumsfreundlicheres. Und sie traute sich, aufzumucken. Das Resultat: Ein Fernsehfilm über sie, eine Gegendarstellung des NDR, der die Show ausgerichtet hatte, ganzseitige Artikel dafür und dawider in den grössten Zei tungen Deutschlands – und plötzliche Prominenz einer bis dahin unbekannten Musikerin. Wer weiss, ob sie ohne diesen Skandal in Baden spielen würde, nun aber ist sie Opening Act von «Jazz geht Baden». Gut für sie, gut für das Festival, vor allem aber: Gut für uns! Anna-Lena Schnabel lässt sich nicht verbiegen. zvg Denn Anna-Lena Schnabel ist nicht irgendeine junge Mu sikerin, sie ist buchstäblich mit allen Wassern gewaschen: Sie ist eine blendende Technikerin, verfügt über einen künstlerischen Vision ab. Und das gibt ihrer zuweilen sperri wunderbaren Sound, unendliche musikalische Fantasie und gen Musik eine Dringlichkeit, die sich auf die Zuhörer*innen vor allem dies: Sie lässt sich nicht verbiegen! überträgt; die sitzen vorne auf der Stuhlkante und lassen Auf ihrem CD-Erstling «Books, Bottles & Bamboo» hat sich den Kopf durchlüften. Man wird von Anna-Lena Schna sie sich mit erfahrenen Musikern umgeben, und ihre durch bel noch hören! Von Beat Blaser wegs älteren Kollegen müssen Gas geben, damit sie dem Wirbelwind aus dem deutschen Norden Paroli bieten können. Die 28-jährige spielt fokussiert, mit klaren Ideen, BADEN Stanzerei, 10. Festival «Jazz geht Baden» mit imaginärer Kraft, kurz: Anna-Lena Schnabel weiss Fr/Sa, 9./10. März haargenau, was sie will, und sie weicht kein Jota von ihrer Anna-Lena Schnabel: Fr, 9. März, 20.15 Uhr Hardcore mit Rap-Attitüde SOUNDS Der Mosh- oder Circlepit: Ein auf Hardcore-Konzerten vor der Bühne ent stehender Kreis, in dem die Zuschauer*innen tanzen. So weit die landläufige Definition. Wer jedoch schon einmal an einem Auftritt der australischen Deez Nuts beiwohnte, weiss: Das ist völlig untertrieben. Die einmalige Mischung aus Hip-Hop und Hardcore ist schweisstreibend, hart und voller Emotionen – der ideale Sound, um die Wände des Kiffs erzittern zu lassen. Drehten sich die Texte der ersten Alben noch vorwie gend um ausschweifenden Hedonismus, sind sie auf der neusten Scheibe mit Namen «Binge & Purgatory» erwachsen geworden. Die Schattenseiten des Partylebens werden beleuchtet, und auch musikalisch hat sich der Vierer aus Down Under mit deutlichen Einflüssen aus Metal und Hardcore-Punk hörbar weiterentwickelt. Also nichts wie rein in den Moshpit! Von Philippe Neidhart AARAU Kiff, Mi, 21. März, 18.30 Uhr Zwischen Hip-Hop und Hardcore – Deez Nuts aus Down Under. Foto: James Hartley 11
Vorschau März 18 Aargauer Kulturmagazin Ein lyrischer Tenor KLASSIK Sie sprechen nicht von einem Konzert, Fall, wer den Sohn hört. Was für eine Stimme dieser junge sondern von einem «Schumann-Märchen»: Sänger doch hat – prädestiniert für Mozarts Opernrollen, Dieses erzählen der Tenor Julian Prégardien aber auch für die Evangelisten-Partien Johann Sebastian und der Pianist Michael Gees in Muri. Bachs sowie für Lieder. Robert Schumann ist dem lyrischen Tenor Julian Prégardien und dem Pianisten Michael Gees ans «Ich trage einen grossen Namen», heisst eine beliebte TV- Herz gewachsen. Das Duo will ihn aber nicht «nur» spielen, Ratesendung. Auch Julian Prégardien trägt einen solchen, sondern erzählen – mit allem, was ihm dazu einfällt. wenn man an seinen Vater Christoph – ein grosser Opern- Der im ersten Konzertteil erklingende Liederkreis op. 24 und Liedsänger – denkt. Ganz der Vater, denkt auf jeden wird in Muri durch Klavierpräludien und Intermezzi erweitert; danach erklingen neben Liedern nach Gedichten von Andersen, Eichendorff, Goethe und Heine auch Klavierstücke von Schumann, zu denen Julian Prégardien aus gewählte Gedichte rezitiert. Wer schon erlebt hat, wie sehr Michael Gees einen Liederabend prägt, wird nie mehr von einem Lied begleiter sprechen wollen. «Mich fasziniert am Lied, dass es mehr ist als Musik, nämlich (Erzähl-) Theater. Und an (Lied-)Begleitung, dass sie tönende Partnerschaft ist», sagt Gees. «Beide, Sänger und Pianist, singen und begleiten. Sie geleiten das Wort in seiner musikalischen Hülle auf seinem Weg zum Publikum.» Von Elisabeth Feller MURI Festsaal Kloster Der Sänger Julian Prégardien erzählt ein Schumann-Märchen. Foto: Marco Borggreve So, 4. März, 17 Uhr Erträumte Scheinwelten BÜHNE Die Welt scheint desillusioniert und orientierungslos. Politische Radika lisierung, Ökonomisierung von menschlichen Beziehungen, Gefühllosigkeit und Verrat grassieren. Was nach 2018 klingt, ist Deutschland 1929. Im Roman «Der ewige Spiesser» von Ödön von Horváth wird der Mikroblick auf die menschliche Komödie gerichtet: Alfons ist zu etwas Geld gekommen und will sich eine reiche Frau angeln. Die Näherin Agnes beschliesst, in erotischer Hinsicht praktischer zu werden. Herr Brunner, ein gescheiterter Möchtegernjournalist, tritt als Musiker auf, und der arbeitslose Kellner Eugen erweist sich unverhofft als guter Mensch. «Hin ist hin» ist eine theatrale Collage für Puppen und Menschen von Dakar Produk tion und wurde 2015 mit dem ersten Preis der Jury an den Theatertagen Heidelberg ausgezeichnet. Die Bühne wird zum traumartigen Panoptikum der Untiefen und Sehnsüchte. Hier wird gelebt, geliebt, gelacht, gelogen und betrogen. Von Corinne Rufli BADEN Thik Fr, 16. März, 20.15 Uhr; Das ewige Spiel um Schein und Sein. zvg Sa, 17. März, 20.15 Uhr 12
März 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Von Erinnerung lernen AUSSTELLUNG In der Schweiz leben nur noch wenige Zeitzeug*innen, die den Schrecken des Holocaust selber erfahren haben. Einige von ihnen werden im Forum Schlossplatz porträtiert. Sie retteten sich durch Verstecken oder Flucht, andere überlebten eines der Konzentrationslager und kamen nach dem Krieg in die Schweiz: Die Überlebenden der Schoah. In der Ausstellung «Nachbilder – The Last Swiss Holocaust Survivors» ermöglichen die grossformatigen Porträts des Fotografen Beat Mumenthaler eine Begegnung mit Zeit zeug*innen. Videointerviews des Regisseurs Eric Bergkraut führen an die Lebensgeschichten der Porträtierten heran. Nina Weil. Foto: Beat Mumenthaler Es sind Geschichten des Überlebens, aber auch Geschich ten über das Leben nach dem Holocaust. Eine der porträtierten ist Nina Weil: «Dann hat man Sie war zwölf Jahre alt, als ihre Mutter dort an Erschöpfung mich tätowiert: 71978. Da habe ich sehr geweint. Nicht starb. Nina Weil überstand eine Selektion durch den KZ- wegen des Schmerzes, nein, wegen der Nummer. Denn ich Arzt Josef Mengele und überlebte in einem Arbeitslager. hatte den Namen verloren, ich war nur noch eine Nummer. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings fanden ihr Da sagte meine Mutter: ‹Weine nicht, nichts ist passiert. Mann und sie Asyl in der Schweiz. Sie war Laborantin am Wenn wir nach Hause kommen, besuchst du die Tanzschu Universitätsspital Zürich. crucru le und kriegst ein grosses Armband, damit niemand die Nummer sieht.› Ich habe die Tanzschule nie besucht und auch das Armband nie bekommen.» AARAU Forum Schlossplatz, Do, 15. März, 18.30 Uhr: 1932 in Klattau (heute Tschechien) geboren, lebte Nina Vernissage in Anwesenheit von Zeitzeug*innen Weil in Prag und wurde 1942 nach Theresienstadt depor Öffentliche Führung: So, 18. März, 15.30 Uhr tiert. Später kam sie mit ihrer Mutter nach Auschwitz. Bis 20. Mai Kunst und Körper KUNST Mette Stauslands Zeichnungen sind durchdrungen von einem scheinbar tanzenden Stift – sie erinnern an ihre ursprünglich geplante Laufbahn als Tänzerin, die sie durch eine Verletzung aufzugeben gezwungen war. «Körpergeschichten» heisst denn auch die neue Aus stellung im Gluri Suter Huus, die sich im Dreiecksverhältnis Künstlerin – Werk – Betrachtende mit dem Thema Körperlichkeit auseinandersetzt. Neben der Norwegerin zeigt die Zürcherin Elisabetha Bleisch plastische – fast archaisch anmutende – Arbeiten, während die junge Baslerin Angelina Burri das Eigenleben von Webchat-Portalen untersucht und in einer intermedialen Performance die heteronormativen Verhältnisse der Subjekt-Objekt-Beziehung entlarvt. «Trotz unterschiedlicher künstlerischer Ansätze ist im Werk der drei Künstlerinnen eine besondere körperliche Präsenz zu beo bachten», so Rudolf Velhagen, Leiter Gluri Suter Huus, «sei dies im Schaffensprozess selber oder in den körperlichen Spuren der Arbeiten.» cru WETTINGEN Gluri Suter Huus Vernissage: So, 18. März, 11 Uhr Mette Stausland. Rubjerg Series, 2016. Bleistift auf Papier. Bis 29. April 2018 13
Vorschau März 18 Aargauer Kulturmagazin Wachstum oder allem gibt es mehr Arbeitsplätze. Gemäss kantonalem Richt plan soll Baden weiterwachsen. Aber wie? Im Galgenbuck Wildwuchs in die Breite? Nach innen verdichtet? Geht das überhaupt? Von welcher Nutzung braucht es wo und wie viel, damit alle – Einheimische, Zuziehende, Auswärtige – vom Mehr PODIUM Stau, Verdichtung, Nachhaltigkeit? wert der Dichte profitieren können? Was braucht es nebst Die Badener Architektin und Stadtforscherin dem Badener Pioniergeist, damit dem Ort die Transforma Sibylle Wälty über die Frage «Die nächste tion von einer auto- zu einer fussgängergerechten Stadt Stadt – Was bietet sie uns mehr?» des Stadt- gelingt? Von Sibylle Wälty labors Baden. Marianne und Max wohnen in Mülligen. Eigentlich würden BADEN Royal Mi, 21. März, 19.30 Uhr. Es diskutieren: sie lieber im gut sieben Kilometer entfernten Baden leben, Sibylle Wälty, Architektin, Hans Widmer, Autor und Philologe, denn Baden ist Arbeit, Einkaufen, Kultur und Wohnen – so Patrick Schellenbauer, Chefökonom Avenir Suisse, und der eine etwas angepasste Beschreibung des lokalen Stand Badener Stadtammann Markus Schneider. ortmarketings. Das hiesse kurze Wege zum ganzen Ange bot. Doch Marianne und Max wohnen in Mülligen, weil die Wohnung dort nicht nur passt, sondern auch zahlbar ist. Feierabendstau in der Badener Innenstadt. Und weil es am einfachsten ist, nehmen sie das Auto, um in Bild: Sibylle Wälty Baden einzukaufen oder ins Kino zu gehen. Das bedeutet Stau, viel Stau, vor allem im Feierabendverkehr. Baden ist abhängig von Leuten wie Marianne und Max. Läden und Kulturbetriebe können nur am Leben bleiben, wenn sie genutzt werden. So kommen viele aus Gemeinden, wo Wohnraum geschaffen wurde, in die Stadt, und damit sind wir wieder beim Problem des täglichen Staus. Wie dies vermieden werden könnte, untersucht die vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierte Studie «Wie wachsen: Planung für eine ganzheitlich nachhaltige Landnutzung». Eine der Fallstudienstädte ist Baden. Erste Forschungsergebnisse zu Baden werden an der nächsten Stadtlaborveranstaltung «Die nächste Stadt – Was bietet sie uns mehr?» im Kulturhaus Royal präsentiert. Im Zentrum steht das Wachstum. Baden ist zwar grösser geworden, vor Reise in den Norden zum Schnäppchenpreis KLASSIK Gegen eine Nordlandreise, für die man nicht einmal eine Fünfzigernote hinblättern muss, hat wohl keiner etwas einzuwenden. Fliegen muss man übrigens nicht. Man muss nur das Kurtheater Baden aufsuchen – mit viel Vorfreude auf das Konzert der Sinfonia Baden. Diese und ihr neuer Dirigent Roman Blum werden das Publikum mit «Nordischen Klängen» nach Norwegen, Dänemark und Finnland locken – mit einem Programm, das der Entdeckerlust dieses Orchesters alle Ehre macht. Nun werden Werke des Finnen Jean Sibelius und des Norwegers Edvard Grieg zwar oft gespielt, doch jene des Dänen Launy Gröndahl und des Norwegers Johan Svendsen weit weniger. Höchste Zeit also, diese beiden kennenzulernen. Svendsen hat für seine 3. Rhapsodie Volksweisen verwendet; Gröndahl hat für sein spätromantisches Posaunenkonzert (mit Domenico Catalano) alle lyrischen und majestätisch-dramat ischen Nuancen des Instruments ausgeschöpft. «Griegs Musik», sagte kürzlich eine Finnin, «passt wunderbar zu Norwegen. Sibelius’ Musik müsste für Finnland erfunden werden, gäbe es sie nicht.» Ob man auch so empfindet? Auf jeden Fall darf man gespannt sein auf Sibelius’ «Impromptu» für Streichorchester und Griegs «Sigurd Jorsalfar»-Suite. Von Elisabeth Feller Sinfonia Baden reist mit dem Posaunisten Domenico Catalano gen Norden. Foto: zvg BADEN Kurtheater, So, 11. März, 17 Uhr 14
März 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Ungleiche Freunde. Foto: Kathrin Schärer, 2017 Atlantis Verlag Hund mit Huhn KLASSIK Vor fünf Jahren kam dem Intendanten des argovia philharmonic, Christian Weidmann, die Idee, eine Kinderoper in Auftrag zu geben. Sein Ziel war, ein Stück zu schaffen, die den Kindern etwas Sinnstiftendes mitgibt. Entstanden ist «Fell und Feder» – eine einmalige Zusammenarbeit mit dem Schweizer Kinderbuchautor Lorenz Pauli. Dieser lieferte das Libretto, die Musik kommt vom jungen Komponisten Rodolphe Schacher. Entstanden ist eine lustige und mitreissende Oper für die ganze Familie. Darin trifft ein einsamer Hund auf ein abenteuerlustiges Huhn. Nach erster Skepsis spüren sie, was für ein Glück Freundschaft sein kann. Ab 5 Jahren. cru BADEN Kurtheater, So, 4. März, 15 Uhr, Uraufführung WOHLEN Zirkus Monti, Sa, 12. Mai, 14 Uhr, BEINWIL AM SEE Löwensaal, So, 13. Mai, 14 Uhr AARAU Alte Reithalle, Sa, 26. Mai, 16 Uhr Grosse Musik für Familien KLASSIK Ja, seine Missa solemnis ist berühmter; nein, seine Messe C-Dur, op. 86 ist laut Musikwissenschaft keine Vorstufe dazu, sondern ein eigenständiges Werk. Aber lassen wir doch den Komponisten, Ludwig van Beethoven, selbst sprechen: «Von meiner Messe wie überhaupt von mir selbst sage ich nicht gerne etwas, jedoch glaube ich, dass ich den Text behandelt habe, wie er noch wenig behandelt worden war.» Davon und über weiteres wird der Dirigent Michael Schraner sprechen, wenn er zum Familienkonzert «Beethoven gross besetzt» in die Stadtkirche Aarau lädt. Und ob das argovia philharmonic und der Chor mit über 150 Sängerinnen und Sängern gross besetzt sind! Das ist ungewöhnlich – und das soll auch ein Konzert sein, das die Messe C-Dur in Ausschnitten vorstellt. Zwischen den einzelnen Stücken wird Michael Schraner aus Beethovens Leben erzählen, auf mitreissende Momente des Werks hinweisen und die Instrumente des Orchesters vorstellen. Wenn das nicht familienfreundlich ist. Von Elisabeth Feller Der Dirigent und vierfache Familienvater Michael Schraner führt durch das Konzert und erzählt aus Beethovens Leben. zvg AARAU Stadtkirche, Sa, 3. März, 16.30 Uhr Die Hexen fliegen wieder AUSSTELLUNG Nachdem im September die Tore des Hexenmuseums in Auenstein nach acht Jahren für immer geschlossen wurden, ist das Museum nun in die historischen Räume des Schlosses Liebegg in Gräni chen gezogen und eröffnet die überarbeitete Dauerausstellung «Hexen», mit Einblicken in die Geschichte der Hexen vom Mittelalter bis heute. Sie stellt die Hexenprozesse der Schweiz und in Europa vor, beleuchtet deren Ausw irkungen in die heutige Zeit. Die Ausstellung öffnet auch ein Fenster in die Geschichte des Schweizer Volks- und Aberglaubens, erzählt Sagen und belebt das Brauchtum unserer Vorfahren, erklärt die Nutzung der Amulett- und Hexenpflanzen. Das Museum präsentiert sich in neun Räumen mit über 1000 Exponaten. Zutritt für Kinder ab 11 Jahren. cru GRÄNICHEN Schloss Liebegg, Mi und Do: 14–18 Uhr; Handkolorierte Tarotkarten, die nach der Wahrsagerin Marie Anne 1. und 3. Sonntag im Monat: 14–18 Uhr; Vollmondnächte: 20–24 Uhr, Lenormand benannt wurden. Foto: Hexenmus eum Schweiz Eröffnung: So, 25. März, 14–18 Uhr. 15
Vorschau März 18 Aargauer Kulturmagazin Punk Poetry Kurzweiliges Epos Habemus Korpus Die Moderne als Reservoir In ihrem Furor und ihrer Radikalität Normalerweise fasst sich der Die Galerie knoerle & baettig hat Die aktuelle Ausstellung im Kunst erinnert die Chicagoerin Raych Berner Autor und Komiker Matto eine neue Bleibe: Vom Sulzerareal museum in Vaduz zeigt zahlreiche Jackson an die früh verstorbene Kämpf gerne kurz. Nicht so in sei ziehen Merly Knörle und Anita Werke von 15 Künstlerinnen und Cut-up-Berserkerin Kathy Acker. nem vierteiligen Theaterstück «Die Bättig ins Obertor, um ihr Wir Künstlern der Gegenwart, die sich Wie diese erforscht Jackson in ihrer Schwestern Karamasoff», das in ken als Galeristinnen mitten im auf die Moderne beziehen. Die Literatur ihre persönlichen Kämpfe, der Regie von Christina Rast zu se Herzen der Altstadt pulsieren zu thematische Gruppenausstellung stellt sich «Life’s Big Questions» hen ist. Das Kammerspiel versetzt lassen. Voraussichtlich bis Mitte besteht hauptsächlich aus Werken und heizt mit ihren Antworten Dostojewskis letztes Werk nach 2019 wollen sie dort ausgewählte aus der Sammlung des Kunstmu gehörig ein. Mit Marguerite Meyer Bern und verwandelt die Brüder in Kunst präsentieren, angefan seums. Für die Sammlung wurden (Zürich) präsentiert sie ihr erstes Schwestern. Die grossen Themen gen mit «Habemus Korpus», der in den letzten Jahren gezielt Werke gemeinsames Poetry-Projekt. bleiben: Liebe, Hass und Schuld. Eröffnungsausstellung mit Werken einer jüngeren Künstlergeneration verschiedener Künstlerinnen und erworben. LUZERN Box Luzerner Theater BERN Schlachthaus Theater Künstlern. Mi, 14. März, 20 Uhr 22. März bis 12. Mai VADUZ Kunstmuseum www.schlachthaus.ch WINTERTHUR Bis 21. Mai. www.kunstmuseum.li Galerie knoerle & baettig Sa, 10. März, 18 Uhr (Vernissage) Bruce Nauman im Schaulager Laut, Luise, Lechts und Rinks Menschsein halt Flüssige Steine Dem amerikanischen Kunsterneu Das Sankt Galler Festival Wortlaut Der Philosoph unter den Kaba Es ist ein Kochtopfprojekt, erer Bruce Nauman widmen mit geht in die 10. Runde. Kabarett, Li rettisten. Grossartiges Solo von kulturelle Fusion-Küche, ein «Disappearing Acts» das Schau teratur, Comic und Spoken Word – Gunkl – Günther Paal – über die Mehrgangmenu: «LiquidStone». lager der Laurenz Stiftung in wie immer ein reiches Programm Tücken zwischenmenschlicher Fünf wetterfeste Zuger Künst Münchenstein und das Museum aus allen Sparten der Literatur, Kommunikation. Geistreich fa ler*innen schmeissen zusammen, of Modern Art die bislang grösste verteilt auf 26 Veranstaltungen buliert er in «Zwischen Ist und was sie zu bieten haben: Eine Retrospektive. Es reicht von frühen in vier Tagen. Dieses Jahr unter Soll – Menschsein halt» über die Tänzerin, zwei Musikerinnen, eine Film- und Videoperformances anderem mit Dana Grigorcea (Bild), Welt – witzig und elegant. VJ-Crew, eine Kunstmalerin und über Zeichnungen, Druckgrafiken, Guy Krneta, Tim Krohn und dem deren szenische Installation. Dabei Fotografien, Skulpturen und Neon Künstlerkollektiv «Bern ist überall», OLTEN Theaterstudio gibts so viel Druck, dass sogar die arbeiten bis hin zu Installationen. das sich mit Gleichgesinnten aus 9./10. März, 20.15 Uhr Steine schmelzen. dem Kosovo zusammenge www.theaterstudio.ch MÜNCHENSTEIN Schaulager schlossen hat. ZUG Theater Casino Sa, 17. März bis 26. August Do, 22. März, 20 Uhr ST. GALLEN www.theatercasino.ch Diverse Orte 22. bis 25. März 16
März 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Roadmovie mit Herz, Hirn und Humor «Wajib – Die Hochzeitseinladung» von Annemarie Jacir, Palästina 2017 Der in Rom lebende Architekt Shadi kommt nach Nazareth, um seinem Vater dabei zu helfen, gemäss der Tradition die Einladungen zur Hoch- zeit seiner Schwester persönlich zu überbringen. Während die beiden Männer von Haus zu Haus fahren und uns Einblicke in das Leben in Nazareth gewähren, reiben sich Vater und Sohn zunehmend aneinan der auf – und lieben sich trotzdem innig. Herzerwärmend und voller Humor. AB 8. MÄRZ im Kino Auf der Flucht «Eldorado» von Markus Imhoof, Schweiz 2018 Als Markus Imhoof ein kleiner Junge war, nahmen seine Eltern ein italienisches Flüchtlingskind bei sich auf. Die Erinnerungen an die geschenkte Schwester veranlassen den Regisseur von «Das Boot ist voll», sich mit der aktuellen europäischen Flüchtlingspolitik zu beschäftigen. Er hinter fragt das System der organisierten Hilfe, das Geflüchtete in einen teuflischen Kreislauf entlässt. Ein stiller, persönlich geprägter Film. AB 8. MÄRZ im Kino Perspektivenwechsel «Matar a Jesús» von Laura Mora Ortega, Kolumbien 2017 In diesem packenden Spielfilmerstling verarbeitet Laura Mora den Mord an ihrem Vater durch einen Auftragskiller. Die 22-jährige Paula muss hautnah miterleben, wie ihr Vater von zwei vorbeirasenden Motorr adfahrern erschossen wird. Nachdem die Polizei die Sache nur halbherzig angeht und sie in einer Disco einen der Mörder wieder erkannt hat, beginnt sie aus purer Verzweiflung, selbst zu ermitteln. Get rieben von Schmerz, Wut und Rachegefühlen freundet sie sich mit dem unberechenbaren Jungen an und wird vom bürgerlichen Elternhaus direkt in die Armenviertel auf den Hügeln von Medellín katapultiert. Immer wieder ruht die Kamera auf Paulas schönem Gesicht und erfasst in atemlosen Aufnahmen das pulsierende Leben der gefährlichen Stadt. Die persönliche Geschichte weitet sich zum gesellschaftlichen Porträt. AB 15. MÄRZ im Kino 17
Vorschau März 18 Aargauer Kulturmagazin Es knistert und klingt … … aus längst vergangenen Zeiten. Wenn Claudia Kayrooz jeweils am ersten Donnerstag im Monat mit Sound Dog auf Sendung geht, stehen Künstler*innen aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren auf dem Programm. Ob Singles oder Langspielplatte spielt keine Rolle: Hauptsache Vinyl. Claudia Kayrooz geht so ihrer grossen Leidenschaft nach, indem sie Oldies aus ihrer grossen Sammlung am Radio spielt. Dazu liefert sie span nende Hintergrundinfos und Anekdoten zu den jeweiligen Sängerinnen, Komponisten oder den Songs. Die Musik bei Sound Dog widmet sich in jeder Sendung einem bestimmten Thema. Die Hauptfiguren in vergan genen Sendungen waren mitunter Tiere, Menschen, Strassen, Fahrzeuge oder die Natur. In diesem Jahr ist jeder Monat einem Land oder Gebiet gew idmet. So führt die musikalische Reise die Zuhörer*innen in den ho hen Norden nach Skandinavien und Russland, in den warmen Süden nach Italien, auf den Balkan und nach Griechenland und sogar ins fernöstliche Japan. Die Spannweite reicht von Ohrwürmern wie «Sukiyaki» bis hin zu Trouvaillen wie Agnethas Schlagerversuchen vor der grossen Abba-Zeit. Man darf also gespannt sein, was in den nächsten Sitzt Claudia Kayrooz am Mischpult, stehen Oldies auf dem Programm. zvg Sound-Dog-Sendungen zu hören und entdecken ist. kk «SOUND DOG» Jeden ersten Donnerstag im Monat um 22 Uhr auf Kanal K. Nächste Ausstrahlung: Do, 1. März, 22 Uhr, mit dem Thema: Musikalische Reise in die Benelux-Staaten Geballte Schweizer Frauenpower am Popmusikfestival M4music Das Musikfestival findet vom 22. bis 24. März statt. Kanal K überträgt live am Freitag und Samstag. EMILIE ZOÉ (VD) SANDOR (VD) MAMA JEFFERSON (ZH) Fr, 23. März Fr, 23. März Sa, 24. März OpenAir Bühne Moods OpenAir Bühne Alles, was Emilie Zoé macht, ist grossartig. Inspiriert vom Synth-Pop der 80er-Jahre kreiert Das Trio um Frontfrau und Bassistin Vanja Ob als Solokünstlerin, als Bandmitglied bei die Songwriterin und Sängerin Sandor ein Vukelic ist spätestens seit ihrer Single «Liquor Anna Aaron oder zusammen mit Louis Jucker Universum aus geheimnisvoller Musik. Mit ihren Liquor» eine Konstante in der hiesigen Mu bei der Band Autisti. Die Autodidaktin besticht französischsprachigen Texten erzeugt sie ver siklandschaft. Mama Jefferson liefern wuchtige mit ihrer grossartigen Stimme und ihrem aus führerische Atmosphären, die uns einfach nicht Songs zwischen Garage, Rock und Trash. Ihre gefeilten Songwriting. mehr loslassen. Liveperformance wird garantiert schweiss treibend. 18
März 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Warten im Skilifthüttli Der neue Roman von Arno Camenisch spielt wie seine erfolgreichen Vorgänger im Bündnerland. BADEN Stadtbibliothek, 5. März, 19.30 Uhr Diesmal beschränkt sich der Schauplatz auf die ZOFINGEN Buchhandlung Mattmann, Hütte eines Skilifts. Die beiden alternden Liftwar 9. März, 20 Uhr te Paul und Georg sind die Hauptfiguren, deren AARAU Orell Füssli Wirz, 13. März, 20 Uhr Dialog wir folgen. Während sie warten – auf den Schnee, die Skifahrer*innen, den Feierabend – Arno Camenisch. Foto: Janosch Abel vertreiben sie sich die Zeit. Sie erzählen vom Verschwinden der Dinge in ihrem Dorf. Die Poststelle, der Dorfladen, das Restaurant, die Jungen; alle scheinen das Tal zu verlassen. Dabei sind die beiden nicht verbittert, sondern kommentieren den Lauf der Dinge mit stoischer Gelassenheit und Witz, während sie ihre Arbeit verrichten. Paul und Georg als bündnerische Wiedergänger der Figuren in Becketts «Warten auf Godot». Die grosse, weite Welt spiegelt sich auch in ihrem Tal, die Po litik, die gesellschaftlichen Veränderungen, der Klimawandel. Camenisch erzählt von der ländlichen Schweiz, ohne falsche Idylle. Auch in diesem Buch findet der Autor wieder seinen ganz eigenen Sound. Die Sprache, eine Mischung aus Hoch deutsch, Bündner Mundart und rätoromanischen Wörtern ist fein komponiert, wohl einzigartig in der deutschsprachigen Literatur. Im März liest Camenisch dreimal im Aargau. Von Laurin Jäggi Arno Camenisch. Der letzte Schnee. Engeler. Warum das Kamel Höcker hat Barack Obamas Lieblingsautorin Rudyard Kiplings Hauptwerk kennen wir alle: Obwohl die 1943 geborene Amerikanerin seit 1980 ver «Das Dschungelbuch». Dass er auch sonst eine öffentlicht, wurde sie bei uns spät entdeckt. Für viele erst grosse Liebe zu Tieren hegte, ist zumindest im durch die Aussage von Barack Obama, der Marilynne Robin deutschsprachigen Raum kaum bekannt. Bis son seine Lieblingsautorin nennt. Ein US-Präsident, der Ro jetzt: Denn im Herbst ist bei Hanser die wunder mane liest, man wünscht sich ihn zurück! Meine Entdeckung schön illustrierte Neuübersetzung der «Just So folgte noch später, ich las sie vor einigen Wochen während Stories» erschienen. Ursprünglich als Gute eines Aufenthalts in den USA. Den Roman las ich in einem nacht-Geschichten für seine Kinder gedacht, Zug, am Ende angekommen, begann ich gleich nochmals, findet sich darin eine Fülle von aberwitzigen diesmal langsamer, und genoss diese präzise, ruhige Spra Einfällen und fantastischen Erklärungen, wieso che, die wunderbaren Figuren und alles Ungesagte, das sie die Welt so ist, wie sie ist, und warum die Tiere uns Leser*innen zu deuten überlässt. Lila ist ein Findelkind, darin genau so aussehen, wie sie nun mal aussehen. War sie wird von einer nicht viel älteren Wanderarbeiterin ge um hat das Kamel also Höcker? Weil es für alles zu faul war funden und aufgezogen. Nach einer unsteten Jugend steht und jede Frage mit «Rutsch mir doch den Buckel runter!» sie nun alleine da. Sie findet Arbeit in einem beantwortete. Und weshalb haben Elefanten einen Rüssel? Bordell, später in einem Hotel als Zimmermäd Weil einst ein kleiner Elefant zu neugierig war, und in letz chen. Nach vielen Jahren bricht sie nochmals ter Sekunde aus dem Maul eines Krokodils gerettet werden auf und trifft in der Kleinstadt Gilead im musste – an seiner Nase, die seither lang geblieben ist. Der Mittleren Westen auf John, einen abgeklärten Schweizer Zeichnerin Kathrin Schärer, die bereits mit einigen und humorvollen Geistlichen. Wie diese zwei Bilderbüchern für Furore gesorgt hatte, ist es gelungen, Kip ganz besonderen Menschen sich aufeinander lings Poesie und seinen Witz in warmherzigen und treffenden einlassen und ihre Liebe zueinander leben, ist Bildern zum Ausdruck zu bringen. Von Doris Widmer eine der schönsten Liebesgeschichten, die ich gelesen habe. Von Susanne Jäggi Rudyard Kipling. Der Schmetterling, der mit dem Fuss aufstampfte. Ab 6 Jahren. Hanser. Marilynne Robinson. Lila. S. Fischer 19
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