Das ist das KULTURMAGAZIN der Festivals, Museen und Schlösser der Metropolregion Rhein-Neckar. In der Ausgabe 02/17 geht es unter anderem um den ...
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Das ist das KULTURMAGAZIN der Festivals, Museen und Schlösser der Metropolregion Rhein-Neckar. In der Ausgabe 02/17 geht es unter anderem um den Automated Sniper, der beim Performancefestival Wunder der Prärie zu erleben sein wird …
M EI H EN P M EP EI H H S LO G EN LA G R W R H ER Ü M M B S C N O LU P C EI B ST BA R ER H EL D H M AD ER W TH N D S N B T EB EI IG EI Ü A H M R S M M ST H EI M A AD H EI FE N H T EI EN N N W ER G VI IN B FR A Z AN D ET H D KE AC W EN Ü N R H SB H TH K C C O H S AL U EI M B M ED EN K O B EN SC H H AS IF SL FE W O SI R AL ST C N H LD SH AD O EI T R S M W F P IE EY SL ER O C G H ER M N SH ER EU E S M TA I LA D T N D H e s s en AU A N N B ad en -Wür t temb er g W EI LE R Rh einlan d - P falz Entdecken Sie die Kulturregion Rhein-Neckar! Bereits seit 2007 kooperieren die Top-Festivals der Metropolregion Rhein-Neckar. Im Jahr 2013 folgten ins gesamt 13 Institutionen diesem Beispiel und schlossen sich zum Netzwerk der Museen & Schlösser zusammen. Die Akteure im Überblick. NETZWERK DER MUSEEN UND SCHLÖSSER – Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz / Historisches Museum der Pfalz / Kunsthalle Mannheim / Kurpfälzisches Museum Heidelberg / Museen Worms / M useum Sammlung Prinzhorn / Pfalzmuseum für Naturkunde / Reiss-Engelhorn-Museen / Stiftung Hamb acher Schloss / Staatliche Schlösser & Gärten Baden-Württemberg / Staatliche Schlös- ser & Gärten Hessen / TECHNOSEUM / Wilhelm-Hack-Museum DAS NETZWERK DER FESTIVALS – Biennale für aktuelle Fotografie / Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz / Enjoy Jazz Festival / Festival des deutschen Films / Festspiele Ludwigshafen / H eidelberger Frühling / Heidelberger Literaturtage / Heidelberger Schlossfestspiele / Heidelberger Stückemarkt / Internationale Schillertage / Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg / I nternationales Straßentheaterfestival Ludwigshafen / Kultursommer Ludwigshafen / Mannh eimer Mozartsommer / Nibelungen-Festspiele / S chwetzinger SWR Festspiele / Wunder der Prärie
Editorial Impressum Herausgeber Metropolregion Rhein-Neckar GmbH Kulturbüro N 7, 5–6, 68161 Mannheim Postfach 10 21 51, 68021 Mannheim Tel.: 0621 12987-55, Fax: 0621 12987-52 E-Mail: kulturbuero@m-r-n.com www.m-r-n.com/kultur www.kultur-rhein-neckar.de Kunst muss wehtun! Konzeption und Herstellung Raum Mannheim – Büro für visuelle Kommunikation, Friesenheimer Str. 18, 68169 Mannheim, Tel.: 0621 1504187 www.raum-mannheim.com Projektleitung Vielleicht nicht ganz so konkret wie auf unserem Anna Hahn (MRN) Daniel Grieshaber (Raum Mannheim) Redaktion Astrid Möslinger, Daniel Grieshaber Mitarbeiter dieser Ausgabe Titelbild, das eine Szene aus der Performance Stefan Hentz, Jonathan Horstmann, Matthias Weber, Annika Wind „The Automated Sniper“ zeigt, bei der das Pub- Art-Direktion Rhea Häni, Susann El Salamoni likum zum Ego-Shooter wird. Aber dennoch ist Schlusslektorat Dr. Anja Steinhauer überall zu spüren, dass sich Kunst und Kultur – im Druck Vogel Druck und Medienservice GmbH, Höchberg Angesicht von Trump und Erdogan, von Populis- Titelbild „The Automated Sniper“, Performance von Julian Hetzel bei „Wunder der Prärie“. mus und Fluchtbewegungen – aus ihrer Schutz- © Bas de Brouwer Auflage und Erscheinungsweise zone herausbewegen. Die Kultur wird nicht mehr 150.000 Exemplare, drei Ausgaben pro Jahr nur als (endloses) Spiel von Zeichen, von Zitaten und Verweisen verstanden, sondern sie bezieht Alle Rechte vorbehalten. Reproduktion nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers und der Redaktion. Stellung – explizit oder metaphorisch, gegenwär- tig oder über den Umweg der Historie. Das lässt sich auch in unserem Magazin nachvollziehen, sei es bei den Schillertagen, die den Begriff der Frei- heit (und die Gefährdung derselben) in den Fokus stellen, bei den Nibelungen-Festspielen, die mit- tels einer Episode aus dem Ersten Weltkrieg aktu- elle Konflikte untersuchen, oder auch bei der Bien- nale für a ktuelle Fotografie, die die Fotografie auch als politisches Medium analysiert. Und auch die Museen beschäftigen sich mit politischen und sozialen Zusammenhängen – etwa wenn sie die Geschichte der Päpste (Reiss-Engelhorn-Museen) oder die des Automobils (TECHNOSEUM) präsen- tieren. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine spannende und am Ende nicht zu schmerzvolle Reise durch das Kulturangebot dieses Sommers! Ihr KULTURMAGAZIN-Team 3 Kulturmagazin 02/17
Inhalt 16 „Nichts ist gesetzt, alles ist möglich!“ 26 Wasser marsch! Internationales Straßentheaterfestival Ludwigs- Kultursommer hafen Ludwigshafen 18 „Nach der Freiheit“ 02 Internationale Schillertage Entdecken Sie die Kulturregion Rhein-Neckar! 29 Alle Festivals, Museen & Schlösser auf einen Blick Alles echt. Alles natürlich. Festival des deutschen Films 06 Kulturregion Was geht? Interviews, Tipps und Meldungen rund um die Kulturregion Rhein-Neckar 54 Immer gut informiert! Abonnieren Sie kostenlos das Kulturmagazin und fordern Sie weitere Infos von den Top-Fes 32 tivals sowie den Museen und Schlössern an „Die Nibelungensage ist wie die DNA der deutschen Seele“ Nibelungen-Festspiele Aufführungen 20 Bitte erzählen Sie eine Geschichte! 15 Heidelberger Schlossfestspiele Am Anfang war der Jass Enjoy Jazz Festival 34 Kopf oder Zahl? Wunder der Prärie 24 Der Sound des Maghreb Heidelberger Literaturtage Bildnachweise S. 06–07: Daniel Lukac; S. 08: Thilo Ross, Benedict Lohnert, Alexander Krzywa- kehrsamt (Sahara/Mosaik); S. 26–28: Johannes Gaertner © Theater Anu; S. 32–33: nie; S. 09: Leopold Neumayr; S. 10: J-M Louarn; S. 11: Dietmar Schuth; S. 12: Gun- Rudolf Uhrig (Dom); shutterstock (Radierung aus: Magasin Pittoresque, 1836); nar Fuchs (Metzner); © Klaus Tschira Stiftung (Explore Science); S. 13: © rem Christian Rolfes (Calis); S. 35–36: Bas de Brouwer (Automated Sniper); Claudia (Eiszeitsafari); MirkoM (Lagerfeuerkonzerte); S. 14: Irina Ruppert; S. 15: Manfred Neuhaus (Hetzel); C. Thieme (Krone); studio panorama (House of Gambling); Rinderspacher; S. 16–17: Stephan Wriecz (Dschungelbuch Instant); Dirk Meußling S. 37: fotolia (Purcell); shutterstock (Britten/Strawinsky); S. 38: Knut Bry; S. 39: (Lecture- Performance); S. 18–19: Konrad Fersterer (Frilic´); Artur Köstler/SIG- Thomas Feuerstein: „Sternenrotz“ (Kinoskulptur), Foto: West.Fotostudio; S. 40– NA (SIGNA); S. 23–25: Michel Teuler (Marrakesch); Marokkanisches Fremdenver- 41: Arnolfo di Cambio: „Bonifacio VIII benedicente“ (Marmorbüste, 1300), Foto © 4
Inhalt 37 40 Entdeckungen Poème de l’Extase Die Erfindung Europas Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz: Reiss-Engelhorn-Museen 48 Modern Times Eine Stadt in der Stadt Kunsthalle Mannheim 42 Ein Leben für die Keramik Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz 38 Tutu war gestern Festspiele Ludwigshafen 49 Der Klappstuhl von Rülzheim Generaldirektion Kulturelles Erbe Rhein- land-Pfalz 44 Vom ersten Auto bis zum Roboter TECHNOSEUM 50 … und es ist Sommer! Schlösser und Gärten Baden-Württemberg 46 Ausstellungen Mach’s gut, Fotografie! Biennale für aktuelle Fotografie 39 Fantastische Erzählungen Wilhelm-Hack-Museum 47 Kalender Der Herr des Rings Museen Worms: Nibelungenmuseum 52 Auf einen Blick Festivals und Ausstellungen von März bis August Musei Vaticani – Governatorato SCV; Wappen Papst Nikolaus V., Musei Vaticani, Vetter (Porträt Reimers); S. 44–45: Klaus Luginsland © TECHNOSEUM; S. 46: Inv. 31424b, © Musei Vaticani, Governatorato dello Stato della Città del Vaticano; Peter Miller, Selfportrait (with Headlamp), 2009; S. 47: André Gill, „Caricature of Parament Papst Nikolaus V., Florenz, Museo Nazionale del Bargello, Inv. 74 V, © Richard Wagner“, Cover of L‘Éclipse 18 April 1869; S. Blume (Mediaguide); S. 48: Firenze, Museo Nazionale del Bargello; „Krone von Namur“, Trésor de la Cathé Daniel Lukac; S. 49: © GDKE Rheinland-Pfalz; S. 50–51: Hausner (Schlosskirche drale Musée diocésain de Namur, © Guy Focant - B5020 Vedrin; S. 42–43: Thomas innen); Dirk Altenkirch (Prunkräume); alle Fotos: ©LMZ-BW; S. 53: Alfred Ku- Duttenhofer, „Last des Amtes“, Foto: Ralf Ziegler; Lotte Reimers, „Keramisches bin: „Der wahnsinnige van Gogh“, um 1910, Inv. Nr. Ha I 3319 © Eberhard Span- Objekt“; Hellmut Neukirch, „ Meeresgelichter“, 1970, Foto: Ralf Ziegler; Ingrid genberg, München/VG Bild-Kunst, Bonn 2017 5 Kulturmagazin 02/17
Kulturregion Der Countdown läuft. Eifrig gewerkelt wird in diesen Tagen in der Kunsthalle Mannheim. Denn am 15. Dezember steigt die große Eröffnungsparty für den grandiosen neuen Bau der Kunsthalle. Um die kunsthallenfreie Zeit bis zu diesem Termin zu ver- kürzen, haben sich die Kunsthallen-Macher etwas ganz Besonderes einfallen lassen: „On the Move“ heißt das Kunstprogramm, mit dem die Kunsthalle in der Rhein-Neckar-Region und in Südwestdeutschland unterwegs ist. Wie startet man ein künstlerisches Comeback aus der schwäbischen Provinz? Was hat man sich unter dem „documenta-Prinzip“ vorzustellen? Und bitte wie denkt man die „Gegenwartskunst aus der Zukunft“? Solchen und anderen Fragen geht das kuratierte Programm mit zwölf Aktionen an zwölf Stationen nach. Weitere Infos und eine Verlosung zum Neubau auf Seite 48. 7 Kulturmagazin 02/17
Ob Speditionshallen, Wohnblocks, diesem Jahr geben sich wieder acht Lärmschutzwände oder auch ein Künstler die Ehre, deren Werke an ins ehemaliges Bordell – Metropolink hat gesamt neun „Wanderöffnungs“-Ter- seit seiner Premiere vor zwei Jahren minen der staunenden Öffentlichkeit in Heidelberg und Umgebung schon präsentiert werden. Mit einer Wand deutliche Spuren hinterlassen. Von eröffnung in Schwäbisch Hall ist geometrischen Kompositionen über Metropolink auch erstmals außerhalb klassische Tags bis hin zu elaborierten der Rhein-NeckarRegion präsent. Zeichnungen und farbgewaltigen Gemälden reicht die Palette der inter Metropolink #03 – Festival für urbane national etablierten Graffiti-Künstler, Kunst, 23.06–19.07.2017, Heidelberg die beim „Festival für urbane Kunst“ & Umgebung, ihre Sprühdosen zücken. Und auch in www.metropolink-festival.net Enjoy Jazz Ticker 02.10–11.11.2017. Der Vorverkauf von Enjoy Jazz hat begonnen. Für diese Konzerte können Sie bereits Tickets bestellen. Youn Sun Nah (07.10.) — — The Souljazz Orchestra (08.10.) — — Christian Lillinger SWR-Jazzpreis (10.10.) — — Mammal Hands (11.10.) — — De-Phazz (12.10.) — — Ephemerals (13.10.) — — Vijay Iyer Sextett (15.10.) — — Eric Schaefer & The Shredz (17.10.) — — Egberto Gismonti & Maria João (18.10.) — — Wolfgang Muthspiel Quintett (20.10.) — — Andromeda Mega Express Orchestra (24.10.) — — Chassol (25.10.) — — Donny McCaslin (27.10.) — — Shabaka and the An- cestors (30.10.) — — BadBadNotGood (31.10.) — — Ida Lupino (02.11.) — — Arun Ghosh (03.11.) — — Hot 8 Brass Band (05.11.) — — Christoph Irniger Pilgrim (06.11.) — — Avishai Cohen Quartett (09.11.) — — Gianluigi Trovesi und Gianni Coscia (10.11.) 8
Kulturregion Bitte vormerken! Ob Musik auf der Straße oder Theater im Schloss – die Kulturregion Rhein- 12.06.1817 Ein waschechter Fahrradhistoriker kann dieses Datum natürlich Neckar hat neben den Top-Festivals des Netzwerks noch jede Menge wei- im Schlaf aufrufen. Denn an genau jenem Tag trat ein gewisser tere sommerliche Festivals im Angebot. Ein Überblick. Karl Freiherr von Drais vor sein Haus in den Mannheimer Qua- draten, bestieg ein seltsam anmutendes Holzgerüst auf Rädern Palatia Jazz und laufradelte ins sieben Kilometer entfernte Relaishaus im 27.05.–05.08.17, Pfalz www.palatiajazz.de heutigen Mannheimer Stadtteil Rheinau. Das Fahrrad war geboren. Naheliegend, dass sich die Stadt Mannheim dieses Heidelberger Kammermusikfestival 28.05.–16.06.2017 Jubiläums angenommen hat und ausgiebig feiert. „Monnem www.muho-mannheim.de Bike“ nennt sich die Aktion, bei der sich über das gesamte 2. Zeltfestival Rhein-Neckar Jubiläumsjahr hinweg alles ums Fahrrad dreht. Ein Höhepunkt 08.–25.06.17, Mannheim steht nun im Juni mit „Monnem Bike – das Festival“ an. Unter www.delta-konzerte.de dem Motto „Mitmachen, Radeln, Feiern!“ gibt’s überall in der Kulturbeutel Theaterfestival Stadt Spektakel und Aktionen – von Straßentheater und 10.–25.06.2017, Speyer www.theater-speyer.de Akrobatik auf zwei Rädern über Yoga Cycling und Street-Bike-Events bis hin zum Karl-Drais-Musical und 21. Hambacher Musikfest 14.–18.06.2017, Neustadt/Weinstraße einer flüchtigen Aktion mit 111 Radfahrern. Und wer www.hambachermusikfest.de sie noch nicht gesehen hat: Die große Fahrradaus- stellung im TECHNOSEUM hat noch bis 25. Juni Maifeld Derby 16.–18.06.17, Mannheim ihre Pforten geöffnet. www.maifeld-derby.de Jazz and Joy – 27. Internationales MONNEM BIKE – das Festival, 10. & 11.06.2017, Musikfestival Mannheim, www.monnem-bike.de 16.–18.06.17, Worms www.jazzandjoy.de Auerbacher Schlossfestspiele Talk im 30.06.–06.08.17 www.schloss-auerbach.de Historisches Museum der Seebühnenzauber Pfalz. „Wir sind viel zu sehr Museum 17.06.–05.08.17, Luisenpark Mannheim damit beschäftigt, Fehler zu ver- www.seebuehnenzauber.de meiden, anstatt sie zu machen!“ Gassensensationen Getreu dieser Devise lebt Peter 05.–08.07.17, Heppenheim Lohmeyer, der sich so schon www.gassensensationen.de lange in der ersten Garde der deutschen Film- und Fernseh- Erbach-Michelstädter Theatersommer 06.–16.07.17 schauspieler etabliert hat. www.odenwald-theater.de Welche Fehler er genau damit meint und wie diese Fehler ihn Theater am Teich weitergebracht haben, erläutert 13.–16.07.17, Weinheim www.weinheim.de er im Gespräch mit der Hörfunk- und Fernseh-Journalistin Berna- Festspiele Heppenheim dette Schoog. Das Historische 19.07.–03.09.17 Museum der Pfalz Speyer setzt www.festspiele-heppenheim.com mit diesem Gespräch die Reihe Heidelberger Bachwoche der Talks mit charismatischen 21.–28.07.17 Gästen fort. www.heidelberg-marketing.de Schlossfestspiele Zwingenberg 15.06.2017, 19 Uhr, 21.07.–06.08.17 Tickets: 10 Euro, www.schlossfestspiele-zwingenberg.de www.museum.speyer.de 9 Kulturmagazin 02/17
Gut gemischt Mosbacher Sommer. gleich mit zwei Stü- 31 Jahre und kein cken: „Piraten“ von bisschen müde: Charles Way eignet Auch in diesem Jahr sich für Kinder ab präsentiert der Mos sechs Jahren und bacher Sommer wie- Shakespeares „Der der ein spannendes Widerspenstigen Programm mit Kino, Zähmung“ wird als Kabarett, Theater, Frischluftspektakel mit Folk, Rock, Pop, auf dem Marktplatz Samba und Salsa. Ob zelebriert. Auch Marktplatz, Stadtgar- musikalisch setzt der ten, kleiner Elzpark, Hospitalhof oder Alte Mäl- Mosbacher Sommer wieder Akzente, zum Bei- zerei, überall bietet die Stadt am Neckar pas- spiel in der Reihe „Folk am Neckar“ mit den sende Kulissen für besondere Events. So lockt Headlinern Rusty Shakle. Der keltische Sound etwa der Burggraben im Stadtteil Neckarelz der sechs Musiker aus Wales ist das passen- mit Open-Air-Kino, bei dem auf einer großen de Setting für einen lauen Sommerabend. Freilichtleinwand so erfolgreiche Streifen wie Ebenfalls keltisch geht es bei Celtkilt (Bild) „La La Land“ oder die Komödien „Willkommen zu, die die Dudelsäcke richtig schön rocken bei den Hartmanns“ und „Plötzlich Papa“ lau- lassen und sich als einer der Top-Acts der fen. Das Weltkulturenfest serviert unter dem Celtic-Rock-Szene etabliert haben. Motto „Die Mischung macht’s“ internationale kulinarische und kulturelle Highlights. Die Mosbacher Sommer, 15.07.–08.09. 2017 Landesbühne Bruchsal gastiert beim Festival www.mosbach.de Krieg der Zettel welche Symbole und Parolen die Macher der Aufkleber nutzen Wissenschaftlerin Gebrauch, Bildspra- che und Wirkung antisemitischer und rassistischer Aufkleber sowie ähnlicher Friedrich-Ebert-Gedenkstätte. Sie und wie rechtsextreme Gruppen heut- Kleindrucksachen. Um die Ergebnisse sind klein, aber keineswegs harmlos. zutage darauf zurückgreifen. Denn der dieser Arbeit einer breiten Öffentlichkeit Aufkleber, Marker und Sticker dienen „Krieg der Zettel“ ist bekanntlich kein zugänglich zu machen, hat sie diese Prä- seit vielen Jahren als Propagandamittel, Thema der Vergangenheit, auch wenn sentation gemeinsam mit dem Zentrum um gegen Minderheiten zu hetzen. Ihre Hassbotschaften in sozialen Netzwerken für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg Geschichte beschreibt die Ausstellung immer mehr an die Stelle von Aufklebern konzipiert. „Angezettelt. Antisemitische und rassis rücken. tische Aufkleber von 1880 bis heute“, die Die Ausstellung basiert auf dem For- Angezettelt. Antisemitische und von der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in schungsprojekt „Sticker und Stigmata“ rassistische Aufkleber von 1880 Heidelberg präsentiert wird. Die Schau von Kuratorin Dr. Isabel Enzenbach, bis heute, 28.06.2017–14.01.2018 verdeutlicht anhand von historischen das sie am Zentrum für Antisemitismus- (Eröffnung: 27.06.), Friedrich- und aktuellen Beispielen, mit welchen forschung der Technischen Universität Ebert-Gedenkstätte, Heidelberg, Mitteln Feindbilder erzeugt werden, Berlin leitete. Darin analysierte die www.ebert-gedenkstaette.de 10
Kulturregion Alles so Worms und Schwetzingen leitet und ein ausgewiesener Experte des Farbtons ist: Er hat nicht nur über das Blau in der Kunst promoviert, sondern auch ein „Blau-Lexikon“ schön geschrieben. Und er war es auch, der mit einigen Mit- streitern das denkmalgeschützte Handwerkerhaus aus der Biedermeierzeit eingerichtet und zuvor aufwendig saniert hat: Holzverkleidungen wurden herausgerissen, blau hier die abgehängten Decken wieder freigelegt, die alten Böden abgeschliffen. „In der früheren Küche ist auch eine alte Wandmalerei zum Vorschein gekommen“, er- zählt Schuth. Mit Kornblumen – in Blau! In unmittelbarer Nähe zum Schloss soll künftig die Geschichte der Farbe Blau erzählt werden. Auf zwei Museum Blau. Ihr Rüssel ist legendär. Immer wenn Etagen geht es um die Kultur- und Naturgeschichte der „Rosarote Panther“ über die Fernseher flimmerte, des Blaus: Was hat es mit den sogenannten Blauen war er zu sehen: der Rüssel der blauen Elise, die im Grotten auf sich? Was ist die Blaue Stunde oder die Vorspann der US-amerikanischen Zeichentrickserie Blaue Blume der Romantik? Sogar eine blaue Eis- durchs Bild schlappte. Klar, dass nun auch Elise ihren kammer soll es geben – und einige Überraschungen Platz in Dietmar Schuths Museum bekommen wird. für Kinder. Eine wichtige Rolle spielen die Pigmente: Seit Monaten ist der Kunsthistoriker damit beschäf- Ultramarin zum Beispiel, das Künstler wie der Docu- tigt, der Farbe Blau ein eigenes Haus einzurichten. In menta-Teilnehmer Hans Peter Reuter oder der Maler Emil Schumacher gerade zu obsessiv nutzten. Ihr prominentester Anhänger ist Yves Klein, der einen Blau-Ton sogar patentie ren ließ – und dessen Witwe ein Glas mit seiner legendären Farbe zur Verfügung stellte. Kobalt ist noch heute die belieb- teste Farbe für Porzellan. Und Indigo nicht erst seit Entwicklung der Blue Jeans zeitlos modern. Im Alten Testament gab es kein eigenes Farbad- jektiv für Blau. Metapho risch wurde der Ton „Blauer Purpur“ genannt, den das Museum nun zeigt – und nebenbei Schwetzingen versammelt er künftig hunderte Ob- auch die Kleidung Marias erklärt. Gibt es auch so et- jekte zum Thema – von Malereien, Skulpturen und was wie ein Lieblingsexponat? „Das wechselt ständig“, Zeichnungen über Alltagsgegenstände bis zu Expo sagt Schuth, aber dann fällt ihm doch eines ein: eine naten, die die Kulturgeschichte des Farbtons erzäh- kleine blaue Vase. Die habe er sich schon als Kind ge- len. Ab 1. Juli soll es an den Wochenenden zugäng- kauft – nicht ahnend, dass sie eines Tages einen Platz lich sein, das erste und bisher einzige Museum, das in seinem eigenen Museum finden würde. dem Blau gewidmet ist. Und nur durch viel Engage- ment Ehrenamtlicher überhaupt möglich wurde. Museum Blau, Hebelstraße 2, Schwetzingen „Die Stadt hat unser Projekt ebenfalls sehr unter immer samstags & sonntags 14–18 Uhr, stützt“, berichtet Schuth, der die Kunstvereine in Eröffnung: 01.07.2017, www.museumblau.de 11 Kulturmagazin 01/17
„Gemeinsam können wir die Region verändern“ Sieben Jahre lang war Manfred Metzner S precher des Kulturnetzwerkes der Metropolregion Rhein- Neckar. Nachdem Metzner die Leitung der Heidel- berger Literaturtage abgegeben hat, legt er auch sein Sprechermandat nieder – Zeit für eine Bilanz. hat. Gemeinsam haben wir Die Herausgabe des Magazins war das Denkfest entwickelt. Mit für alle ein Quantensprung, denn dem Netzwerk der Museen dadurch haben wir Aufmerksamkeit und Schlösser entstand eine weit über die Region hinaus erzielt. Es vierte Säule. Heute geben erscheint in einer Auflage von 150.000 beide Netzwerke drei Mal Exemplaren und wird großen Tages- Herr Metzner, wie kam es zu diesem im Jahr das KULTURMAGAZIN als Print- zeitungen wie SZ oder FAZ beigelegt. erstaunlichen Netzwerk? und Online-Version heraus. Für die Literaturtage war das Magazin Parallel zur Ernennung der Region Was zeichnet das Denkfest Ihrer ein großer Gewinn. Es erreicht eine zur Metropolregion Rhein-Neckar Meinung nach aus? Öffentlichkeit, die die Festivals allein haben wir zunächst das Netzwerk der Das Denkfest ist nicht elitär, sondern nie erreichen würden. Top-Festivals gegründet. Ziel war es, für alle offen – ob Kultur, Wirtschaft Wie sollte sich das Netzwerk zu- die Kultur noch fester in der Region oder Politik – und kreiert einen Frei künftig weiterentwickeln? zu verankern und für mehr Austausch raum, in dem Menschen sich aus Wir Kulturmenschen sollten begreifen, zu sorgen. Damals stellten wir uns tauschen und vernetzen können. Eine dass wir nur gemeinsam erfolgreich auch die Frage, wie wir die Festivals gute Entscheidung war auch, das sein werden. Egoismen und zentris bekannter machen können, und Denkfest international auszurichten. tisches Denken sind da fehl am Platz. entschieden uns, zwei Mal im Jahr Wir laden Experten von außen ein Unsere Gesellschaft wird sich nur ein Magazin herauszugeben. Mit der und schauen damit über den eigenen über die Werte der Aufklärung, Aktivi- Gründung des Kulturbüros wurde Tellerrand hinaus. täten und Ideen, die wir durch unser dann eine Stelle geschaffen, die die Haben Sie für die Literaturtage Kulturverständnis vorgeben und vor Vernetzung der kulturellen Institutio einen Nutzen aus dem Networking leben, verändern. Das ist eine tägliche nen und Initiativen weiter gefördert ziehen können? Herausforderung. Gib mir Energie! Explore Science. Was ist Energie? Woher kommt sie? Und und Entdecken ein. Dabei gibt es nicht nur Obstbatterien, welche Energieträger gibt es? Diesen und vielen weiteren Solarzellen oder Lichtmühlen zu bauen, sondern auch eine Fragen können die Besucher vom 21. bis 25. Juni bei den begehbare Sonne zum Bestaunen, Geocaching-Touren zum naturwissenschaftlichen Erlebnistagen Explore Science Tüfteln und vieles mehr nachgehen. Kindergartenkinder, Schüler, Familien und zum Mitmachen. alle, die sich ihre Neugier bewahrt haben, können bei den wissenschaftlichen Erlebnistagen allerhand über das Explore Science, Luisen- Abenteuer Energie erfahren. 44 spannende Mitmachsta- park Mannheim, tionen, ein interaktive Ausstellung, Experimentalvorträge 21.–25.06.2017, und ein Bühnenprogramm laden zum Erforschen, Erleben www.explorescience.info 12
Kulturregion REM on Tour Ausstellungen auf Reisen. Wie passt das Mammut in die Kiste? Diese und ähnliche Fragen müssen die Ausstellungstechniker der Reiss-Engelhorn-Museen beantworten, wenn eine der hauseigenen Ausstellungen – hier die „Eiszeitsafari“ – mal wieder von nationa len oder internationalen Kollegen für ihr Haus gebucht wird. Denn die Ausstellungen der Reiss-Engelhorn-Museen (und auch der anderen großen Häuser) in der Region sind weit über die Grenzen hinaus bekannt und begehrt. Absolut rekordverdächtig ist dabei die Mumien-Ausstellung der Reiss-Engel- horn-Museen, die seit 2008 in Europa und den USA unterwegs ist und dabei schon mehr als drei Millionen Besucher angelockt hat. Bis Holt die Klampfe raus! Feuerschein, Sternenhimmel, Odenwaldwiesen und gut gebürstete Roots-Musik – das ist die Idee hinter den Lagerfeuerkonzerten. 2015 versammelten sich Musiker und Fans erstmals auf dem Grillplatz im alten Steinbruch im idyllischen Linden- fels, in diesem Jahr steht nun die zweite Ausgabe an. Mit von der Partie sind die Hamburger Singer-Songwriterin Vivie vor Kurzem war die Schau in Basel zu sehen, Ann, ihr Asselfinger Kollege Philip Bölter, ab Dezember macht sie in Hamm Station, das Duo Romie aus Frankfurt sowie die bevor sie im September 2018 nach Mannheim Lucky Wilson Band, die in Weinheim zurückkehren wird. Besagte „Eiszeitsafari“ ist übrigens auch schon seit Frühjahr 2016 on beheimatet ist, aber mit Dobro, Fiddle tour: Bis Ostern war sie in Kassel zu sehen, und reichlich Twang eher nach Memphis, ab August macht sie in Braunschweig Station Nashville und den Appalachen klingt. und wechselt dann nach Wiesbaden. Das Mammut hat also noch einige Reisen in der Kiste vor sich. Lagerfeuerkonzerte, 11. & 12.08.2017, Lindenfels, www.eiszeit-safari.de www.lagerfeuerkonzerte.de
Kulturregion Feld- Heimat, Herkunft und Identität sind starke Motive deiner Arbeit. Was interessiert dich am Thema Landwirtschaft? forschung Meine Großeltern haben in der Landwirtschaft ge- arbeitet. In Russland waren wir Eigenversorger und haben immer frisch und saisonal gegessen. Dieser Geschmack hat mich geprägt. Ich beschäftige mich mit der Erzeugung und Verarbeitung von Nahrung. Wo kommt denn das ganze Essen heute her? Für mich Fotokünstlerin Irina Ruppert startet geht es auch darum, wie wir in Zukunft leben wollen. Matchbox-Projekt in Dannstadt- Wenn ich in Osteuropa unterwegs bin, dann fällt mir Schauernheim auf, dass eine Generation dort mehr als ein halbes Jahr nicht anwesend ist. Diese Generation fährt je- Matchbox. Das wandernde Kunst- und Kulturprojekt des Jahr nach Deutschland, Spanien oder Frankreich macht in diesem Jahr zum ersten Mal Station in der zur Saisonarbeit. Da frage ich mich schon: Warum Pfalz. Die Hamburger Fotografin Irina Ruppert setzt machen wir das nicht selbst? Früher haben die Land sich dort über mehrere Monate mit Geschichte und wirte die Ernte mit einem Fest beendet und alle haben Gegenwart der Gemeinde Dannstadt-Schauernheim zusammen gefeiert. Die meisten M enschen, die heute auseinander, die mitten im „Gemüsegarten Deutsch- die Feste feiern, haben mit der Ernte gar nichts zu tun. lands“ liegt. Im März hat ihre Residenz mit einer ersten Recherchephase begonnen. Ein Interview. Du selbst willst auch auf dem Feld arbeiten. Was erhoffst du dir davon? Irina, welches Fazit kannst du nach den ersten Ich kann ja nicht einfach hingehen und sagen: „Leute, Wochen in Dannstadt-Schauernheim ziehen? ich will euch fotografieren, stellt euch mal hin!“ So Es war eine super Entscheidung, einen Laden – das funktioniert das nicht. Nur wenn ich selbst mitmache, „Orangenzimmer“, wie ich ihn genannt habe – als komme ich den Menschen näher und kann sie verstehen. Arbeits- und Begegnungsraum zu eröffnen und im Durch die Arbeit kann ich mir Respekt verschaffen. Schaufenster historische Fotografien aus der Region Auch wenn ich dann Blasen an den Händen habe und zu zeigen. Die Menschen bringen mir ihre alten Fotos alle über die Städterin lachen. in den leerstehenden Laden, in dem sonst Orangen- bäume überwintern, und erzählen von früher und Hast du schon eine Vorstellung davon, was deine davon, was sich alles verändert hat. Darauf hatte ich Bilder zeigen sollen? gehofft: Kontakt zu bekommen und erstmal Vertrauen Es werden wahrscheinlich Ganzkörperporträts werden. herzustellen. Es geht immer auch darum, dass die Bei den Saisonarbeitern zum Beispiel interessiert Menschen gerne etwas von sich preisgeben – denn mich jedes Detail: die Gummischuhe, die Hosen, der ich als Fotografin nehme gleichzeitig sehr viel. Pullover – da möchte ich einfach alles an der Person sehen. Saisonarbeit ist eine körperlich harte Arbeit und diese Arbeit möchte ich über die Person sehen können. Die zweite Ebene, die ich über den Hinter grund in die Bilder bauen möchte, sind historische Fotografien aus der Landwirtschaft. Irina Ruppert wurde 1968 in Aktjubinsk/Kasachstan geboren und lebt als freie Fotografin in Hamburg. www.irinaruppert.de. Weitere Infos unter: www.matchbox-rhein-neckar.de und www.facebook.com/Match- box.Orangenzimmer 14
Aufführungen Enjoy Jazz Festival Am Anfang war der a s E n joy 10 0 . G e b u rt st a g . D se in e n e n Pro - h r fe ie rt d e r J a zz o h n t h o c h ka rä ti g In d ie se m J a e rt – m it e in e m g e w A nfä n g e n a l g ra tu li u f Z e it re is e zu d e n J a zz Fe st iv it ra g , d e r si c h a ra m m u n d e in e m B e a c h t. g n re s m › Manhattan, 26. Februar 1917: Fünf ie se s e p o c h a le n G e d Männer betreten ein Aufnahmestudio der Victor Talking Machine Company. Dennoch zeichnet sich auch hier ein Vorwurf ab, der bis heute in Als sie das Gebäude wieder verlassen, sind zwei Stücke entstan der Jazzszene immer wieder zum Thema wird: Während s chwarze den: der „Livery Stable Blues“ und „Original Dixieland One Bands die Last der Entwicklung tragen, sind es häufig weiße Step“. Mit der Veröffentlichung dieser Aufnahmen zwei Wochen Musiker, die mit dieser Musik Erfolg haben. So kann, so muss später etabliert die „Original Dixieland Jass Band“ (ODJB) den man das sehen, auch die ODJB war im Grunde ein kommerzi- „Jazz“ als neues musikalisches Genre. So wie zwanzig Jahre zu- elles Kunstprodukt: Gegründet, weil sich eine Marktlücke auf- vor das automatisierte Klavier und der Offset-Druck von N oten tat, und durch clevere Entscheidungen zum Erfolg befördert. In den Ragtime angetrieben hatten und zehn Jahre später der diesem historischen Moment, als die Industrialisierung in den Rundfunk dem Swing Wind unter die Flügel blasen wird, ist es Nordstaaten Migrationsbewegungen aus dem Süden aus- und nun die Schallplatte, die den Jazz populär macht. damit die überlieferten sozialen Bindungen auflöste, waren sie nach Chicago aufgebrochen, um den Sound der Musik aus New Das neue Medium befördert die Musik ins i ndustrielle Orleans in den Norden zu bringen. Dort gingen die M einungen Zeitalter, entkoppelt die Musik von Ort und Moment über die Band auseinander. Die einen empfanden die neuen der Aufführung, macht sie überall und jederzeit verfüg- Rhythmen und Tanzweisen als anstößig, die anderen waren bar und eröffnet ihr ein unbegrenztes Publikum. Kurz: umso begeisterter. Nur langweilig fand diese Musik niemand. Mit der Schallplatte tritt die Musik in das Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit. Auf der Strecke bleibt Einige Tage nach ihrem New-York-Debüt lädt sie die Victor Tal- die Verbindung zu der Gemeinschaft, in der die Musik king Machine Company zu Aufnahmen ins Studio ein. Schnell entsteht, die Aura von scheinbarer Authentizität. lassen die Verkaufszahlen die Millionengrenze hinter sich und definieren, was unter Jazz zu verstehen ist: Bewegungsdrang und In der Hafenstadt New Orleans, dem von der katholischen seltsame Sounds. Und vor allem die Bereitschaft von Musikern Feierkultur geprägten Tor zur Karibik, hatte sich der Jazz als und ihrem Publikum, sich unabhängig von ethnischen und sozi- Konglomerat aus afro-karibischen und Marschrhythmen ent alen Zuschreibungen immer wieder auf Neues einzu- wickelt, aus europäischer Harmonielehre und der untempe lassen. Darauf kann der Jazz seit mehr als 100 Jahren rierten Tonalität des Blues, aus dem Frage-und-Antwort-Spiel setzen. Genau hierfür will das Internationale Festival (nicht nur) afrikanischer Chorgesänge, aus dem Schmelz der für Jazz und Anderes ein Sinnbild sein. Und damit Oper und aus vielem mehr. Die Musik war das Medium einer nicht zuletzt einem Jahrhundert Jazz und den ihn er- großen Vermischung, der Jazz ihr Manifest, und genau dar- möglichenden Musikern Tribut zollen: Enjoy Jazz! ‹ in liegt noch heute seine kaum zu überschätzende Bedeutung. Es waren die Nachfahren der aus Afrika verschleppten Skla- ven, die einen Großteil der Entwicklung dieser Musik trugen – y J a z z – Festival schon weil sie gewaltsam von eigenen Überlieferungen getrennt Enjo d A nder es waren. Doch während Bands in ihrem (professionellen) Alltag für J a z z u n mit der Rassentrennung konfrontiert wurden, blieb die Mu- 17 November 20 sik selbst ethnisch farbenblind. So erklärt sich auch die g roße – 0 2. O kt ober bis 11. lb er g, Termin ns in Heide Hochachtung, die der Musik der aus fünf weißen Männern – ve rs ch ie dene L ocatio Ort en Ludw igshaf bestehenden ODJB auch von schwarzen Zeitgenossen und von Mannheim, oy ja zz.de w w.enj Stars wie L ouis Armstrong entgegengebracht wurde. Internet – w 15
Aufführungen › Fabian, du stammst eigentlich aus Wien. Wie bist du hier in die Region gekommen? Ich bin 2013 nach Mannheim gekommen, um die Stelle als Leiter des Jugendkulturzentrums Forum anzutreten. Im Mai 2016 habe „NICHTS ich das Kulturbüro der Stadt Ludwigshafen übernommen, wo ich unter anderem für den Kultursommer, das Kulturzentrum „das Haus“, das Straßentheaterfestival sowie die kulturelle Stadtentwicklung zuständig IST GESETZT, bin. Ich fühle mich hier so wohl, dass aus der Arbeitsbeziehung längst eine Liebesbe- ziehung geworden ist. Was ist hier so besonders? ALLES IST Der Kulturraum Rhein-Neckar ist ein Mel- ting Pot mit knapp 2,5 Millionen M enschen, der wiederum Teil einer Nation mit großer weltpolitischer Bedeutung ist. Dadurch bin MÖGLICH!“ ich Tag für Tag mit einem hohen Maß an Weltgewandtheit und internationalem Dis- kurs konfrontiert. Das genieße ich sehr. Der Kultursommer Ludwigshafen geht in sein 27. Jahr und ist inzwischen Teil des Netzwerks der Top-Festivals der Rhein- Neckar-Region. Fabian Burstein, der neue Leiter des Kultursommers, über organische Struk- turen, frische Impulse und Ludwigshafen als gigantische Spielwiese. Kultursommer Ludwigshafen Termin – 01 Juni. bis 03. September 2017 Ort – Ludwigshafen Internet – www.ludwigshafen.de 16
Kultursommer Ludwigshafen Die Stadt als Spielwiese – Ob Lecture-Performances im alten Hallenbad (rechts) oder das Laborprojekt „Schnecke & Hirsch“ , der Kultursommer präsentiert jede Menge innovative Formate und frische Ideen. Wie sieht du Ludwigshafen in diesem Zusammenhang? Wie sah dieser Prozess konkret aus? Ludwigshafen bringt eine Form von ästhetischem und gesell- Wir haben uns als Fachabteilung zusammengesetzt, lange und schaftlichem Charisma ein, das in Deutschland einzigartig teilweise sehr hitzig über die eingereichten Projekte diskutiert ist. Die freien Szenen übersetzen das in eine ganz besondere und schließlich eine Auswahl getroffen, die von uns allen mit- künstlerische Energie – ich denke dabei zum Beispiel an unsere getragen wird. Ich kann mit reinem Gewissen sagen: Der Kultur- Kindertheaterszene. Auch in Sachen Institutionen beobachte sommer ist ein Festival, bei dem sich die spannendsten ich eine Verdichtung von Exzellenz. In Ludwigshafen haben wir Projekte durchgesetzt haben. Für uns ergibt sich daraus mit den Pfalzbau Bühnen eines der schönsten Gastspielhäuser in die Verantwortung, diese Projekte noch breiter zu kom- Süddeutschland. Und auch Wilhelm-Hack-Museum und Staats- munizieren. Das ist einer der Gründe, warum wir uns jetzt philharmonie sind Institutionen, deren Ruf weit über die Region im Festival-Netzwerk der MRN engagieren. hinaus reicht. Zudem verändert sich in Ludwigshafen viel, auch städtebaulich, durch das Hochstraßen-Projekt. Ludwigshafen Was ist das Besondere des Kultursommers – gerade im ist im Moment eine gigantische Spielwiese. Es ist ein Privileg, in Vergleich zu anderen Festivals? dieser Phase mitgestalten zu dürfen. In den letzten Jahren konnte man in der deutschlandweiten Kulturpolitik ein Bemühen um Formate beobachten, die Der Kultursommer Ludwigshafen wurde lange Zeit als mit den Schlagworten „Bürgerbeteiligung“ und „ kulturelle muntere, aber sehr lose Mischung von Veranstaltungen Teilhabe“ operieren. Dabei sind kurzfristig auch sehr artif i wahrgenommen. Was wird sich verändern? zielle Konzepte entstanden, die nicht selten wieder eingestampft Wir werden das Profil als kuratierte Leistungsschau der Ludwigs wurden. Der Ludwigshafener Kultursommer geht jetzt in sein hafener Kulturschaffenden schärfen. Schon in der Ausschreibung 27. Jahr und war von Beginn an ein Format, das sich der Bürger haben wir deutlich gemacht, dass wir den Kultursommer als Ex- beteiligung und der kulturellen Teilhabe verschrieben hat – mit perimentierfeld für neue Ideen und Dynamiken begreifen: Nichts dem entscheidenden Unterschied, dass er organisch wachsen ist gesetzt – alles ist möglich! Gleichzeitig stellen wir aber auch durfte. Beim Kultursommer gehen Bürgerinnen und Bürger Ansprüche an die Qualität. Wir haben dafür Kriterien de- ganz selbstverständlich und auf allen Ebenen in Austausch mit finiert, denen die Projekt-Anträge genügen müssen. Die in- professionellen Kulturschaffenden. Wir sind in der luxuriösen tensive Auseinandersetzung mit dem Kulturraum Ludwigs- Situation, auf dieser gewachsenen Struktur aufbauen zu können. hafen ist dabei obligatorisch. Wir bieten im Rahmen des Kultursommers eine sehr niederschwellige und unbürokra- Worauf können wir uns konkret freuen? tische Unterstützung an. Dafür muss man als Kulturschaf- Das Spektrum reicht vom neuen Festival „Jazz am Turm“ über fender viel Hirnschmalz investieren. eine Lecture-Perfomance-Reihe namens „Episode I–III“ im ehemaligen Hallenbad-Nord bis hin zur Fotoausstellung Und wie war die Resonanz der Kulturschaffenden? „Sichtbar“ über Wohnungslose. Ein Highlight ist sicher die Er- Die Resonanz war überwältigend. Wir haben sehr viele öffnungsveranstaltung, die wir mit dem diesjährigen Denkfest Anträge erhalten. Weit mehr, als wir im Kultursommer vernetzt haben. Bei der „Human Library“ erzählen Menschen unterbringen können. Das hat eine Auswahl notwendig aus Ludwigshafen Geschichten in Form von Gesprächen, Le- gemacht. Hier war es uns wichtig, dass diese Selektion ein ob- sungen oder Happenings. Wir eröffnen also mit einem Projekt, jektiver und transparenter Prozess ist, bei dem es nicht um per- das direkt Bezug auf die Stadt nimmt und damit die Identität sönliche Präferenzen oder gar Seilschaften geht. des Kultursommers perfekt verkörpert. ‹ 17 Kulturmagazin 02/17
Aufführungen „Nach der Freiheit“ … lautet der Titel der diesjährigen Schillertage, die wieder mit neuen Theaterformen experimentieren. Ein Interview-Double-Feature mit zwei Theater-Erneuerern. „Ich bin nicht sehr optimistisch“ Interview 1 – Oliver Frljić Regisseur Oliver Frljić entwickelt bei den Schillertagen Was sind die konkreten Pläne für das Mannheimer Pro- ein Stück zu Flucht und Asyl. Ein Gespräch über „Second jekt? Sie werden mit fünf Akteuren aus dem Ensemble Exile“, das bei den 19. Internationalen Schillertagen des Nationaltheaters sowie jeweils einem Schauspieler Premiere hat. aus Bosnien und aus Kroatien arbeiten. Die Biografien und Persönlichkeiten der einzelnen Akteure bilden das Aus- › Was hat es mit dem Titel „Second Exile“ auf sich? Ich gangsmaterial. Wir beschäftigen uns mit einer konkreten Zeit- habe Bosnien während des Krieges im ehemaligen Jugoslawien spanne: September 1994 bis Januar 1995. In diesem Zeitraum im April 1992 verlassen und bin war ich mit meinen Eltern in Soest nach Kroatien gegangen. Das als Asylbewerber registriert. Nun war der Beginn meines ersten möchte ich herausfinden, wie die Exils, und im Grunde hat die- Lebenssituation der anderen in ses Exil niemals geendet. In dieser Zeit aussah. Die S chauspieler den Jahren 2014/15 war ich In- aus dem ehemaligen Jugoslawien tendant des Kroatischen Na- bringen ihre ganz eigenen Erfah- tionaltheaters in Rijeka, dort rungen in das Projekt ein. In dieser haben wir uns in der künstle- Art von Projekten benutze ich keinen rischen Arbeit intensiv mit den geschriebenen Text. Ausgangs- Geschehnissen und Auswirkun- punkt sind die Erzählungen der gen des Krieges auseinander- Schauspieler. Ich habe auch k eine gesetzt. Daraufhin erhielt ich vorgefertigte Struktur im Kopf. Morddrohungen und wurde als A lles entsteht aus der Probenarbeit. Staatsfeind bezeichnet. Jetzt befinde ich mich wieder in ei- Sie leben nun schon eine Weile ner Form von Exil. Ich arbeite in Deutschland. Haben Sie in- im Moment überwiegend in zwischen ein Gefühl für dieses Deutschland. Ich fühle mich Land entwickelt? Nach allem, als irgendetwas zwischen Gast was ich in der letzten Zeit erlebt arbeiter und Asylbewerber, ob- habe, fühle ich mich in Deutsch- wohl ich mich als EU-Bürger land sehr wohl. Ich muss hier nicht faktisch frei bewegen kann. angstvoll über meine Schulter bli- cken und fürchten, im Gefängnis Vor kurzem haben Sie in zu landen, wenn ich mich kritisch Warschau einen Abend äußere. Populistisches, intolerantes über die Rolle der katho Denken greift generell immer stär- lischen Kirche in Polen ker um sich. Wenn man nicht bereit inszeniert. Die polnische ist, diese Rhetorik und diese Werte Staatsanwaltschaft leitete zu akzeptieren, hat man keine an- ein Ermittlungsverfahren gegen Sie ein. Die Inszenierung dere Wahl, als sein Land zu verlassen oder zu verstummen und in Polen war beim Publikum sehr erfolgreich, wurde aber mas- in gewisser Weise unsichtbar zu werden. Ich habe keine Ahnung, siv von der rechtsgerichteten Presse angegriffen. Zurzeit wird wie die Welt in fünf Jahren aussehen wird. Aber ich bin nicht in einigen ehemalig sozialistischen Ländern die Demokratie sehr optimistisch. ‹ dazu benutzt, unterschiedliche Formen von Diskriminierung zu installieren. Wir werden Zeugen radikaler Veränderungen der Second Exile, Premiere: 22. Juni 2017, 19.30 Uhr, National politischen Paradigmen – nicht nur in Europa, sondern weltweit. theater Mannheim, Schauspielhaus 18
Das KULTURMAGAZIN auch Internationale Schillertage online: kultur-rhein-neckar.de 19. Internationale Schillertage Termin – 16. bis 24. Juni 2017 Veranstalter – Nationaltheater Mannheim Internet – www.schillertage.de „Wir sind fanatisch, was Details angeht“ Interview 2 – SIGNA In „Das Heuvolk“ der Performance-Gruppe SIGNA be- Doch in den bespielten Räumen überlassen Sie nichts gegnen die Besucher einer bislang unbekannten Glau- dem Zufall … Wir sind fanatisch, was Details angeht. Jedes bensgemeinschaft. Regisseurin Signa Köstler über Feuerzeug, jedes Taschentuch, jedes Objekt wird mit Blick auf ihre Arbeitsweise und ihre Produktion für Mannheim. die Gesamtillusion ausgewählt. Es braucht großen Aufwand und Genauigkeit, die Räume so auszustatten, als läge alles › SIGNA zählt zu den innovativsten Theater- und Perfor- schon seit Jahren an eben diesem Platz. Aber natürlich bauen mance-Gruppen Europas. Was erwartet die Besucher wir auch immer wieder Irritationsmomente ein. einer Vorstellung von SIGNA? Auf jeden Fall kein Theater im klassischen Sinn. Wir kreieren in verlassenen Gebäuden eine Für Ihre Performances muss man Zeit m itbringen – das begehbare, in sich geschlossene Welt, die von einer Vielzahl von „Heuvolk“ wird sechs Stunden dauern. Was reizt Sie an Figuren bewohnt wird. Die Kommunikation mit den Besuchern Langzeit-Performances? Erst wenn eine Performance meh- basiert auf Improvisationen in- nerhalb eines fiktiven Rahmens. Die Anwesenheit des Publikums ist für uns genauso wichtig wie die der Darsteller: Wir v ersuchen, die traditionelle Distanz zwischen Zuschauer und Performer zu minimieren und ihnen so ein Aus- handeln von gesellschaftlichen Strukturen zu ermöglichen. Es liegt also auch in der Verantwor- tung des Publikums, sich in die Werke einzubringen, wobei von aktiv bis beobachtend unter- schiedliche Grade der Beteiligung möglich sind. Die Zuschauer be- einflussen also die Geschichte auf vielfältige und überraschende Art und Weise. Ihre Arbeiten finden i mmer an speziellen Orten statt, rere Stunden oder Tage andauert, wird die Grenze zwischen etwa in leer stehenden Hotels, Fabrikhallen oder ei- Fiktion und Realität verhandelbar, sodass Fragen wie „Wer bin ner ehemaligen Kfz-Zulassungsstelle. In Mannheim ich in diesem Moment, an diesem Ort? Was ist meine Rolle?“ bespielen Sie das Benjamin-Franklin-Village, einen ihre Relevanz verlieren. Außerdem entwickeln sich durch die ehemaligen US-Armee-Stützpunkt. Welchen Einfluss extreme Dauer zwischen Zuschauern und fiktiven Charakteren hat der jeweilige Ort auf die Performance? Unsere Ar- intensive Beziehungen. Unsere Performances sind also eine sehr beit beginnt immer mit der Suche nach einem geeigneten Ort. vielschichtige Erfahrung für alle Beteiligten. ‹ Die G eschichte, die ästhetische Richtung und die Atmosphäre des späteren Werkes – all das scheint dem jeweiligen Gebäude Das Heuvolk, 16. bis 18. Juni und 20. bis 24. Juni 2017 (Schiller- von Anfang an eingeschrieben zu sein. Im zweiten Schritt geht tage) sowie 01. bis 16. Juli 2017, jeweils 18 Uhr (am 16. Juni um es dann darum, die Ausgangsvision umzusetzen, sie weiterzu- 18.30 Uhr): Bus-Shuttle ab Vorplatz Nationaltheater entwickeln, vor allem aber auch flexibel auf Zufälle und neue Wichtig! Die Inszenierung dauert 6 Stunden, die Spielstätte ist Ideen zu reagieren. nicht barrierefrei. Altersempfehlung: ab 16 Jahren. 19 Kulturmagazin 02/17
Aufführungen h l e n Si e i tte e rzä e! B es c h i c h t ei n e G › „Vor vielen Jahren, als im Spessart die Wege noch schlecht und nicht so häufig als jetzt befahren waren, zogen zwei j unge Burschen durch diesen Wald. Der eine schritt wacker vorwärts. Aber Felix, der Goldarbeiter, sah sich oft ängstlich um.“ So be- ginnt Wilhelm Hauffs Erzählung vom Wirtshaus im S pessart. Die Vorahnungen des jungen Goldschmieds erweisen sich als nur zu berechtigt. Die beiden Gesellen finden sich in einer Schenke wieder, die einer Räuberbande als Hauptquartier dient. Und sie müssen waghalsige Abenteuer bestehen – nicht bloß um Die Heidelberger Schloss ihr eigenes Leben zu retten, sondern auch das der geheimnis- ruine verwandelt sich in vollen Gräfin, die von den Räubern entführt worden ist. Und sie diesem Sommer in ein wun- schrecken dabei vor nichts zurück – auch nicht davor, sich als dersames Wirtshaus im Frauen zu verkleiden. Spessart. Dort erfahren wir, dass Geschichten erzählen eine großartige Therapie in unruhigen Zeiten ist. 20
Heidelberger Schlossfestspiele Heidelberger Schlossfestspiele Termin – 16. Juni bis 4. August 2017 Spielort – Heidelberger Schloss Veranstalter – Theater und Orchester Heidelberg Internet – www.theaterheidelberg.de Der Brite George Isherwood hat diese Erzählung fürs T heater bearbeitet. Erstmals kam seine Fassung vom „Wirtshaus im Spes- sart“ 1994 als Freilichttheaterstück heraus. Sie v erbindet die Regie führt Thomas Goritzki, der in Heidelberg bereits Yasmina Rahmenerzählung Hauffs mit den Märchen, die darin erzählt Rezas Erfolgskomödie „KUNST“ erfolgreich auf die Bühne ge- werden: „Saids Schicksale“ und „Die Höhle von Steenfoll“. Inzwi- bracht hat. „An Wilhelm Hauff begeistert mich die abenteuer schen ist der Autor, der in London Theater studierte, dann als liche Art, wie der Autor überbordend erzählt“, berichtet Goritz- Clown arbeitete und 1976 die Straßentheatergruppe „Sheer Mad- ki. „Erzählstränge schießen auf die Bühne wie Lava aus dem ness“ gründete, 70 J ahre alt. Seine Theaterstücke und Adaptionen aktiven Vulkan. Vergangenes mischt sich mit Gegenwärtigem, inszenierte er an vielen deutschsprachigen Bühnen, unter Bruchstücke fügen sich wundersam zu großen Bildern, ebenso anderem in Bochum, Saarbrücken und Wien. Die Heidel wie die Bruchstücke des Heidelberger Schlosses sich in den berger Inszenierung liegt ihm aber besonders am Herzen: Augen des Besuchers zu einem imposanten Schloss zusammen „Ich freue mich schon darauf, die Inszenierung in d iesem fügen.“ Die Ruine des Schlosses erzähle, so Goritzki weiter, wunderbaren alten Schloss zu erleben. Lang lebe die deut seine bewegte Geschichte genauso, wie „Wilhelm Hauff seine sche Romantik! Hals- und Beinbruch!“ Geschichte des Wirtshauses im Spessart erzählt“. › Hinter dessen zerklüfteten Fassaden werden im Sommer fahrende Gesellen und feine Damen von einer Räuber- bande belagert. Sie müssen um ihr Leben fürchten und verfallen dabei auf die Idee, einander Geschichten zu er- zählen. Beim bloßen Erzählen bleibt es nicht, sie spielen sich die Geschichten gegenseitig vor. Erzählen und Theaterspielen als lebensrettende Maßnahmen, das ist die großartige Utopie von Wilhelm Hauff und gleichzeitig eine Therapie, die man in unru- higen Zeiten allen empfehlen kann. „Das Tolle am Wirtshaus im Spessart ist, dass in der scheinbar kleinen Geschichte die g anze Welt drinsteckt, zumindest der Nahe Osten, die schottischen Höhlen, die Welt der Träume und die Welt der Realität“, findet Bühnenbildner Martin Fischer. 21 Kulturmagazin 02/17
Aufführungen Heidelberger Schlossfestspiele Wie heißt es bei Wilhelm Hauff? „Lustig oder ernsthaft, wahr oder erdacht, ich für meinen Teil will, wenn einer eine schöne G eschichte erzählt oder singt, die ganze Nacht wach bleiben.“ Als der Schriftsteller 1827 starb, war er noch keine 25 Jahre alt. Diese knap- pe L ebenszeit nutzte er aber unglaublich ef- fizient: Sein literarisches Werk füllt in der ersten Gesamtausgabe 36 Bände. Die popu- lärsten seiner Werke sind bis heute die drei Märchen-Almanache geblieben. Im dritten Zyklus, dem „Wirtshaus im Spessart“, stellt er sich – im Unterschied zu den beiden anderen Almanachen, die häufig an exotischen Schau- plätzen spielen – unverhüllt seinem eigenen Kulturkreis und setzt sich mit zeitgenössi- schen Themen wie der beginnenden Indus- trialisierung oder dem rasanten wirtschaft- lichen Wandel auseinander. Selbst bei hartnäckiger Suche wird man wohl kaum eine Märchensammlung finden, die so ausgie- big vom Geld spricht wie „Das Wirtshaus im Spessart“. Nicht zuletzt das macht den Stoff auch heute aktuell und vermittelt Das sollten Sie nicht verpassen … ihm eine gewisse Zeitlosigkeit. Glückliche Zeiten – Komödie von Alan Ayckbourn Die Songtexte von George Isherwood vertont Nina Wurman für Glückliche Zeiten haben sie alle einmal erlebt: Gerry und die Heidelberger Inszenierung neu. Die gebürtige Amerikanerin seine Frau Laura, zu deren 54. Geburtstag sich die Familie arbeitet für zahlreiche deutschsprachige Theater als Komponis- im Restaurant versammelt hat: Sohn Glyn, der mit seiner tin und musikalische Leiterin. Außerdem unterrichtet sie szeni- Frau Stephanie gerade einen Neuanfang versucht, und Sohn Adam, der seine nicht „standesgemäße“ Freundin schen Gesang an der staatlichen Schauspielschule in Stuttgart. Maureen zum ersten Mal der Familie präsentiert. Am Ende Seit 2012 gastiert sie regelmäßig am Theater und Orchester der Feier führen eine Reihe von Begegnungen zwischen Heidelberg. Eine Kostprobe aus dem „Wirtshaus im Spessart“ Adam und Maureen an einem anderen Tisch zwei Monate gefällig? „Im finstern Wald, da steht ein Haus, wo unheilvoll, oh in die Vergangenheit und Szenen zwischen Glyn und welch ein Graus, die Räuber gehen ein und aus, in dem Haus im Stephanie an einem dritten Tisch zwei Jahre in die Zukunft. Spessart. Es ist dunkel und kalt, und jeder weiß, hier ist Diebes- Das Wissen um das, was war, und das, und was sein wird, gut, die Ware ist heiß, Geld oder Leben, das ist der Preis, in dem verändert den Blick auf die sechs Personen, die alle ihr Haus im Spessart.“ persönliches Glück suchen, aber nicht erkennen, wenn sie ihm nah sind. In dieser düsteren Kulisse versuchen die Protagonisten mit dem ab 17. Juni 2017, Dicker Turm, Heidelberger Schloss Theaterspielen, die Angst zu vertreiben. „Für mich ein gefunde- nes Fressen“, resümiert Kostümbildnerin Erika Landertinger. Klassik meets Jazz „Man kann verschiedene Ebenen bedienen, die Märchenwelt Ein Rendezvous der besonderen Art: Klassik und Jazz! Das und die realistische.“ Lassen Sie sich verzaubern! ‹ romantische Heidelberger Schloss macht es möglich und bringt ein Symphonieorchester und ein Jazz-Quartett zu- „Das Wirtshaus im Spessart“, Premiere: 29. Juni 2017, sammen – on vocals: Elena Mîndru. Die Verbindung von Schlosshof, Heidelberger Schloss Klassik und Jazz schafft coole Sounds, swingende Rhyth- men und funkelnde Farben. Und so kommt zusammen, was zusammen gehört werden will! 29. Juli & 2. August 2017, Schlosshof, Heidelberger Schloss 22
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