Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - April 2017 Jahrgang 69 www.tjv.at

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Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - April 2017 Jahrgang 69 www.tjv.at
Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes
April 2017 • Jahrgang 69    www.tjv.at
Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - April 2017 Jahrgang 69 www.tjv.at
ICH BIN BÜCHSENMACHER UND JÄGER.
    E I N E S DAVO N I S T M E I N B E R U F,
   DAS ANDERE MEINE BERUFUNG.

                                          Lukas J., Jäger und technische
                                          Dokumentation bei STEYR MANNLICHER.
                                          Von Jägern. Für Jungjäger.

                 JETZT ERHÄLTLICH!
                 JUNGJÄGERPROGRAMM 2017
                 WWW.JUNGJAEGERFOERDERUNG.AT
Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - April 2017 Jahrgang 69 www.tjv.at
Zum Geleit

Offenheit und fairer Dialog
B    eobachtet man die letzten Jahrzehnte und die Strömungen innerhalb der Jä-
     gerschaft – und das in ganz Mitteleuropa – so muss man leider feststellen,
dass immer wieder der Wald-Wild-Konflikt die Beziehungen der Jägerschaft und
der Forstwirtschaft beeinträchtigt hat. Man kennt die immer wieder zitierten
Stereotypen, mit denen man sich bei allen möglichen und unmöglichen Gele-
genheiten in wechselnd qualitätsvoller Rhetorik immer wieder einzelne Gefechte
geliefert hat. Nun, genau dieses Fahrwasser wollte der Vorstand des Tiroler Jä-
gerverbandes, und ich als Landesjägermeister, vermeiden. Dabei wäre es so ein-
fach gewesen, mit altbekannten Vorurteilen und Argumenten Stimmung gegen
einen vermeintlichen Feind zu machen. Denn die Erfahrung zeigt, dass der Zu-
sammenhalt innerhalb einer Gruppe besser ist, wenn man einen gemeinsamen
Feind hat, gegen den es anzukämpfen gilt. Nun, dieses einfache Muster wollten
wir vermeiden und haben daher oft auf einfache „Punktesiege“ verzichtet. Nun
ist es so, dass einzelne Verantwortliche der Forstseite – allen voran der Chef der
Behörde – meinen, es sei angebracht, mit den Medien zuerst zu reden und die
Lage unangebrachterweise zu dramatisieren und dabei die in der Mariazeller Er-
klärung vereinbarten Prinzipien zu ignorieren! Wenn jemand, der Tirol nicht
kennt, die Zitate, die jüngst in der Tiroler Tageszeitung veröffentlicht wurden,
liest, dann meint er wohl, dass unser Heimatland ziemlich verwüstet sein muss –
von all dem Rot-, Reh- und Gamswild … ein Blick aus dem Fenster beweist das
Gegenteil. Diese Trendumkehr spiegelt sich auch in der 4. Aufnahmeperiode des
Wildeinflussmonitorings (WEM) wider, wo Tirol österreichweit die besten Er-
gebnisse zu verzeichnen hat – so ganz nach dem Motto „die Besten im Westen“.
Wir werden derartige Angriffe, auch wenn danach versucht wird, zu relativie-
ren und die Schuld einzelnen Redakteuren zu geben, nicht auf uns sitzen lassen
und jeden dieser Angriffe parieren, ohne in übertriebene Hektik zu verfallen!
Denn am Ende überwiegen der natürliche Waldzuwachs und alles, was durch
Menschenhand oder Wildeinfluss entnommen wird, und Tirol ist weit davon
entfernt zu versteppen. Wir werden aber auch dort, wo seitens der Jägerschaft
Nachholbedarf gegeben ist, den Finger in die Wunde legen und schwarze Schafe
zurück auf den rechten Weg geleiten. Das sind wir der Jagd in Tirol und unserer
Glaubwürdigkeit schuldig!

Ich wünsche Ihnen allen ein rasches Ende der „Notzeit“ und einen gelungenen
Start in ein neues Jagdjahr!

                         Weidmannsheil!
                         Anton Larcher
                         Landesjägermeister von Tirol

Foto: Rudigier (1)                                                                   Jagd in Tirol 04
                                                                                                   06 | 2017
                                                                                                        2015   3
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17 Pflanzenserie: Sal-Weide (Salix caprea L.)

                                                                               20 Bleifrei: Bleifreie Büchsenmunition im Hochgebirge

                                      Federwild:   Die Großtrappe   10

    3 	zum geleit                                  ■ Wald & Lebensraum                                  ■ JAGD & GESCHICHTE
    6 Foto des Monats                              17 Pflanzenserie: Sal-Weide                           43	Nostalgische Fundgrube
                                                      (Salix caprea L.)                                  44	Kunst: Wiener Hasenhaus
    ■ Forschung & Praxis
                                                   ■ Jäger & Revier
    08 EU befürwortet Überarbeitung der                                                                  ■ Info & Service
       Feuerwaffenrichtlinie                       20 Bleifrei: Projektbericht – Bleifreie
    08 Afrika – Nordeuropa: Adler im Anflug           Büchsenmunition im Hochgebirge                     46	Mitteilungen der Geschäftsstelle
    09 Nationalpark Kalkalpen: zwei neue Luchse    30 Jägerwissen auf dem Prüfstand:                     56 Jubilare im April 2017
    09 Wolfsnachweise in Südtirol                     Testen Sie Ihr Wissen                              57 Trophäenschau Bezirk Schwaz
    09 Reviere: Verhängnisvolles Ende                                                                    58 TJV-Akademie
                                                   ■ JAGD & Recht                                       60	Aus- und Weiterbildung
                                                                                                         62	Aus den Bezirken
    ■ Wild & Ökologie                             32 Wildschäden: Ein Anachronismus?                    67	Vereine
                                                      Verschuldensunabhängige Haftung                    68	Veranstaltungen
    10 Federwild: Die Großtrappe                      für Wildschäden                                    71 Jäger in der Schule

4   Jagd in Tirol 04 | 2017                                                                  Fotos: Bildagentur Zoonar GmbH/shutterstock (1), Nikolina Mrakovic/shutterstock (1), TJV (1)
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INHALT
                                                                                                                         Wild| Impressum
                                                                                                                               & Ökologie

Jagd & Recht: Verschuldungsunabhängige Haftung für Wildschäden 32

                                                                                             78 Jagdhunde: Vereine

                                                                                                       Impressum
                                                                                                       Herausgeber Medieninhaber (Verleger):
                                                                                                       Tiroler Jägerverband,
                                                                                                       Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck,
                                                                                                       Tel.: 0512-57 10 93, 0800-244 177
                                                                                                       Fax: 0512-57 10 93-15, E-Mail: info@tjv.at
                                                                                                       Schriftleitung: Mag. Martin Schwärzler (TJV)
                                                                                                       Layout: Evelyn Schreder (Bezirksblätter)
                                                                                                       Hersteller und Anzeigenverwaltung:
73 Kulinarium: Geröstete Rehleber mit                                                                  Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem-Gasse 6,
   cremiger Polenta und Äpfeln                                                                         6020 Innsbruck, Tel.: 0512-320 4111,
74 Autotest: Toyota C-HR                                Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes
                                                        April 2017 • Jahrgang 69     www.tjv.at
                                                                                                       Fax: 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com
76 Bücherecke                                                                                          Redaktion:
                                                                                                       TJV (Martin Schwärzler, Martina Just,
                                                                                                       Christine Lettl, Miriam Traube, Anja Waldburger),
■ jagdhunde                                                                                           Bezirksblätter Tirol
                                                                                                       Produktion, Bildbearbeitung: Evelyn Schreder
78	Vereine: Klub Dachsbracke,                                                                          „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerver-
   Klub Tirolerbracke                                                                                  bandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift,
                                                                                                       welche die behördlichen Kundmachungen und Verlaut-
                                                                                                       barungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grund-
■ Humorvolles                                                                                         sätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet
                                                                                                       des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd
                                                                                                       in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktionsschluss ist
80	Klavinius                                                                                           der 10. des Vormonats. Für unverlangte Manuskripte und
                                                                                                       Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich
                                           Das Titelbild dieser Ausgabe stammt                         oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben nicht unbe-
81 Jagdmarkt-Anzeigen                      von Mag. Martin Schwärzler                                  dingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder.

Fotos: Prem (1), Koidl (1)                                                                                                               Jagd in Tirol 04
                                                                                                                                                       06 | 2017
                                                                                                                                                            2015       5
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Blind vor Liebe …
            … sind die Auerhähne während der Balz. Zu
            dieser Zeit erreicht der Testosteronspiegel des
            Hahns das Hundertfache seines Normalwertes.
            Daher sind die liebestollen Auerhähne während
            der Balz besonders aggressiv und schrecken
            auch vor überlegenen Feinden nicht zurück.

            Dieser Schnappschuss der Auerhahnbalz
            im Sarntal gelang Bezirksjägermeister
            Eduard Weger aus Südtirol.

6   Jagd in Tirol 04 | 2017
Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - April 2017 Jahrgang 69 www.tjv.at
April
      Haselwild
           2017                      FOTO
                                      WildDES
                                           & Ökologie
                                              MONATS

Wir suchen:

IHR FOTO DES MONATS
Fotografiebegeisterte Leser der „Jagd in
Tirol“ sind eingeladen, ihr „Foto des Monats“
an die Redaktion (foto@tjv.at) einzusenden.

Die Aufnahme sollte ein interessantes Motiv aus
Natur, Wald und Wild, Jagd, Forst oder Revier-
betreuung abbilden. Eine kurze Erläuterung zur
Person des Fotografen, dem Aufnahmeort und
den näheren Umständen der Aufnahme wäre
wünschenswert.

Als Gewinn winken die Veröffentlichung als
„Foto des Monats“ samt Erwähnung des Fotografen
in der JAGD IN TIROL, die Aufnahme in die
TJV-Bilder-galerie sowie ein
Victorinox HUNTER
Taschenmesser
mit TJV Logo.

Einsendeschluss:
07. des Vormonats
an foto@tjv.at

Die Bilder sollten eine
Dateigröße von ca. 5 MB haben.

Die Teilnahme erfolgt durch Übersendung eines oder mehrerer
Fotos ausschließlich per E-Mail. Die Teilnahme ist kostenlos. Die
Teilnehmer gewährleisten, dass sie an den übermittelten Fotos
sämtliche Rechte uneingeschränkt besitzen und keine Rechte
Dritter berühren. Insbesondere bei der Darstellung von Personen
versichern die Teilnehmer, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt
werden und die abgebildeten Personen mit einer Veröffentlichung
ihres Bildes einverstanden sind. Die Teilnehmer räumen dem TJV
mit der Einsendung und Teilnahme uneingeschränkt das Recht ein,
übermittelte Fotos unentgeltlich und in sämtlichen Medien zu nut-
zen und zu veröffentlichen.

                                                  Jagd in Tirol 04 | 2017   7
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Forschung & Praxis                   Aktuelles

    EU befürwortet Überarbeitung
    der Feuerwaffenrichtlinie
    Das Europäische Parlament (EP) stimmte Mitte März der Überarbeitung der Feuerwaffenrichtlinie der EU zu.
    Der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission wurde deutlich entschärft.

    D    as Europäische Parlament hat der Re-
         form der EU-Feuerwaffenrichtlinie
    zugestimmt. Vorgesehen sind unter ande-
    rem Beschränkungen der Magazinkapazität
    halbautomatischer Waffen, umfassendere
    Regelungen zur Kennzeichnung und Rück-
    verfolgbarkeit von Waffen und Waffentei-
    len, zum Austausch von Daten unter EU-
    Mitgliedsstaaten sowie dem Handel mit
    Waffen und eine verschärfte Überwachung
    der Eignung und Zuverlässigkeit von Waf-
    fenbesitzern. Die EU-Kommission hat En-
    de 2015 unter dem Eindruck der Anschläge
    von Paris ein noch deutlich umfangreiche-
    res Reformpaket vorgelegt. Experten haben     Ob die Feuerwaffenrichtlinie konkrete Auswirkungen für die Jägerschaft hat, hängt nun von der Umsetzung der
    bereits damals heftige Kritik geäußert und    Richtlinien ins österreichische Recht ab.
    den Großteil der Maßnahmen als ungeeig-
    net für Terrorismusbekämpfung abgelehnt.      zer in Österreich zukommen, hängt von der                 her nun auf die Umsetzung des EU-Rechts
    Zu einer kompletten Zurückweisung konn-       Umsetzung ins österreichische Recht ab.                   in nationales Recht konzentrieren und den
    ten sich die Parlamentsabgeordneten nicht     FACE-Generalsekretär Ludwig Willnegger                    Jagdvereinigungen zwecks Sicherstellung
    durchringen, sie haben den Kommissions-       erklärt hierzu: „Die Schlussabstimmung                    dessen reibungsloser Umsetzung ohne un-
    entwurf aber deutlich entschärft.             kann als gutes Ergebnis für die europä-                   nötige Bürden und Hindernisse für Jäger,
    Im vergangenen Jahr hatte FACE inten-         ischen Jäger gesehen werden, allerdings                   Besitzer sowie Hersteller von Feuerwaffen
    siv auf eine Änderung des Wortlauts und       bleiben Regelungen zu Genehmigungen,                      beistehen und diese unterstützen.“ FACE
    Streichung ungerechtfertigter Beschrän-       Lizenzen einschließlich deren Erneuerung                  will sicherstellen, dass Jäger Feuerwaffen
    kungen des Vorschlags der Europäischen        und Verlängerung sowie der Verwahrung                     und Munition sicher und ohne ungerecht-
    Kommission zur Richtlinie hingewirkt          von Feuerwaffen immer noch unklar. Dabei                  fertigte Bürokratie, Kosten oder Beschrän-
    und wesentliche Änderungen sowie einen        besteht die Gefahr einer Überregulierung                  kungen erwerben, besitzen, benutzen und
    ausgewogeneren Wortlaut erreicht. Welche      und damit unzureichenden Umsetzung in                     mit diesen reisen können.               ❙
    Änderungen im Einzelfall auf Waffenbesit-     den Mitgliedsstaaten. FACE wird sich da-                                                      CL / Pressemitteilung FACE, DJV

    Afrika – Nordeuropa: Adler im Anflug!
    R    und 10.000 Kilometer legen die Schrei-
         adler von Afrika über Brandenburg bis
    in den hohen Norden Europas zurück. Hier
                                                                                                            destens 65 Tage. Das Besondere an ihrer
                                                                                                            Reise: Dank der Ausstattung mit GPS-Sen-
                                                                                                            dern können die Flugdaten der besenderten
    suchen die Greifvögel ihre angestammten                                                                 Tiere am Computerbildschirm genau mit-
    Brutplätze auf – wenn alles gut geht.                                                                   verfolgt werden. Unter www.schreiadler.org
    Gerade relativ kleine Vertreter der Adler,                                                              auf „birdmap“ sind alle Routen der besen-
    wie der Schreiadler, legen besonders weite                                                              derten Vögel zu finden.
    Reisen zurück. Die Überwinterungsquar-                                                                  Auch Österreich ist für viele Zugvögel Teil
    tiere liegen im südlichen Afrika. Um recht-                                                             der Reiseroute. Im Frühjahr sind daher im-
    zeitig zur Brutsaison wieder in Nordeuropa                                                              mer wieder außergewöhnliche Vogelarten
    zu sein, haben die Adler im Februar bereits                                                             zu beobachten, wie etwa der Rallenreiher,
    wieder ihre Rückreise angetreten. Bis die                                                               die Steppenweihe, der Raufußbussard oder
    kleinen Greifvögel ihr Brutgebiet im Nor-                                                               auch der Schreiadler.                    ❙
    den Europas erreichen, benötigen sie min-                                                                                                                         Christine Lettl

8   Jagd in Tirol 04 | 2017                                                                                        Fotos: Swarovski Optik (1), Bildagentur Zoonar GmbH/shutterstock (1)
Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - April 2017 Jahrgang 69 www.tjv.at
Aktuelles | Reviere                 Forschung & Praxis

                                                                                                                                                                   Ökologie

Nationalpark Kalkalpen: zwei neue Luchse
N    achdem Anfang des Jahres noch nicht
     feststand, wie das Luchsprojekt im Na-
tionalpark Kalkalpen weiterverläuft (wie
berichtet), konnten nun zwei Ersatztiere
von der Schweiz zur Stützung der Rest-
population im Nationalpark übersiedelt
werden.
Seit Jahren bemüht sich die Arbeitsgrup-
pe LUKA (Luchs Kalkalpen), den Luchs-
bestand in der Nationalpark Kalkalpen
Region zu heben, um sie vor einer neu-
erlichen Ausrottung zu bewahren. Dieser
Arbeitskreis setzt sich aus Vertretern des
Nationalpark OÖ Kalkalpen, des OÖ Lan-
desjagdverbandes, des Forschungsinstituts
für Wildtierkunde und Ökologie der Vet-
Med Wien, des Naturschutzbundes, des
WWF, des BMLFUW, der ÖBf sowie der
Bezirksbauernkammern Steyr Land und                                              Da sich dort die Abnahme verzögerte, ha-      keine Sekunde gezögert und das Angebot
Kirchdorf an der Krems zusammen.                                                 ben uns die Schweizer Kollegen die Luchse     sofort angenommen“, freut sich Projektlei-
„Luchsmännchen Juri und Luchskatze Ai-                                           umgehend angeboten. Da die Tiere gesund       ter Dipl.-Ing. Christian Fuxjäger über die
ra waren eigentlich für das Luchsbestand-                                        und weder miteinander noch mit unseren        Ankömmlinge!                            ❙
stützungsprojekt im Pfälzerwald bestimmt.                                        Luchsen vor Ort verwandt sind, haben wir                                 Christine Lettl / NP Kalkalpen

Wolfsnachweise in Südtirol                                                                                                       Verhängnisvolles Ende
                                                                                                                                 Der Forstarbeiter Josef Kröll hat bei Durch-
                                                                                                                                 forstungsarbeiten in der Eigenjagd Stum-
                                                                                                                                 merberg im Februar ca. 30 m unterhalb
                                                                                                                                 einer Forststraße dieses qualvoll verendete
                                                                                                                                 Tier zwischen zwei Bäumen gefunden.
                                                                                                                                                       Anton Hollaus, Waldaufseher

I m vergangenen Herbst konnten am
  Deutschnonsberg (Südtirol) erstmals
zwei Wölfe miteinander beobachtet wer-
                                                                                 nicht aus dem Trentino stammt. Nachdem
                                                                                 die beiden Wölfe seit Monaten zusammen
                                                                                 unterwegs sind, ist die Wahrscheinlichkeit
den. Dass es sich bei dem einen Tier um                                          groß, dass man in den nächsten Monaten
einen männlichen Wolf handelt, ist schon                                         Welpen bestätigen kann. Weiter vermuten
länger bekannt. Nun konnte das Amt für                                           die Behörden auch im Gadertal (Grenze zu
Jagd und Fischerei Südtirol anhand einer                                         Trient) sowie im Gebiet von Asiago (Trenti-
genetischen Probe nachweisen, dass es sich                                       no) zwei weitere Rudelbildungen. Zu diesen
beim zweiten Wolf um ein Weibchen han-                                           Wölfen liegen zurzeit jedoch noch keine ge-
delt. Die Untersuchung zeigte zudem, dass                                        netischen Untersuchungen vor.            ❙
es eine italienische Abstammung hat jedoch                                                                               MJ

Fotos: Ninger/shutterstock (1), Sieghartsleitner/NP Kalkalpen (1), Hollaus (1)                                                                              Jagd in Tirol 04 | 2017        9
Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - April 2017 Jahrgang 69 www.tjv.at
Wild & Ökologie                  FEDERWILD

     Die Großtrappe
     Die Großtrappe ist eine weltweit gefährdete Vogelart, die auch nach den aktuellen IUCN-Kriterien als „gefährdet“
     eingestuft wird. Der weltweite Bestand umfasst derzeit ca. 50.000 Individuen. Die österreichischen Trappen-
     bestände verteilen sich auf das westliche Weinviertel, das Marchfeld sowie die Rauchenwarther Platte in
     Niederösterreich und im Burgenland auf dem Heideboden, die Parndorfer Platte und den Hanság im Seewinkel.
     Sie zählt mit bis zu 16 Kilogramm zu den schwersten flugfähigen Vogelarten der Welt.

     Autor: Dipl.-Ing. Manuel Wojta

10   Jagd in Tirol 04 | 2017
FEDERWILD            Wild & Ökologie

G
        roßtrappen leben gesellig, meist in      unvergessliches Ereignis. Die Paarungszeit     Brutplatz mit Familientradition
        kleinen Trupps nach Geschlechtern        ist die einzige Jahreszeit, in der man den     In Österreich sucht sich ein Großteil der
        getrennt. Charakteristisch für die       Eindruck hat, dass Hähne und Hennen an-        Hennen im Umkreis von 5 km, verein-
Großtrappe, die einzige polygame Trappen-        einander interessiert sind. So auffällig der   zelt auch bis zu 10 km um den Balzplatz
art, ist ihre spektakuläre Balz, die sich in     Hahn vor allem zur Brutzeit ist, so verbor-    geeignete Nistmöglichkeiten. Interessant
Österreich hauptsächlich im April und Mai        gen lebt die tarnfärbige Henne. Die Unter-     dabei ist, dass die Hennen den Nistplatz
zumeist an den seit Generationen genutzten       schiede der Henne zum Hahn sind in der
Balzplätzen abspielt. Dort kann man beo-         Färbung zwar gering, in der Größe dafür
bachten, wie die Trappenhähne „stolz“ auf        umso gewaltiger und in dieser Ausprägung
offenen Gras- oder Ackerlandschaften mar-        einzigartig in der Vogelwelt.
schieren. Bei der Balz dreht der Hahn mit        So ist die Henne weniger
einem Ruck das braungraue Flügelgefieder         als halb so schwer
so um, dass die weißen Ellbogenfedern            wie der Hahn und
und die weiße Unterseite des Flügelgefie-        auch entspre-
ders zuoberst liegen. Der normalerweise          chend kleiner.
gut getarnte Vogel verwandelt sich damit
in einen zuckenden, weißen Federball, der
paarungsbereite Weibchen über große Ent-
fernungen anlockt. Der Hahn investiert viel
Zeit und Kraft in die Balz, beteiligt sich je-
doch weder an der Brut noch an der Jun-
genaufzucht. Er ist also einfach nur „schön“
und „stolz“. Das Schauspiel der Trappen-
balz ist für den Beobachter auf alle Fälle ein

Foto: Bildagentur Zoonar GmbH/shutterstock (1)                                                                          Jagd in Tirol 04 | 2017   11
Wild & Ökologie                       FEDERWILD

           Mit einem Gewicht von 16 kg gehört die Großtrappe zu den schwersten flugfähigen Vögeln.

     meist nahe an dem Ort wählen, an dem sie                 die Brutgebiete im Kerngebiet der Bestände,             ihres hohen Gewichts können sich die Groß-
     selbst auf die Welt gekommen sind, wobei                 sondern auch neu besiedelte Brutplätze in ei-           trappen sogar ohne Anlauf mit kräftigen
     die meisten Trappen in den zentralen Brut-               niger Entfernung davon zu schützen, da ihre             Flügelschlägen in die Luft erheben. Sie sind
     gebieten der Population brüten, andere aber              lang andauernde Nutzung zu erwarten ist.                auch ausgezeichnete Flieger, die mehr als
     viele Kilometer davon entfernt. Hat sich eine                                                                    200 km pro Tag überwinden können. Jedoch
     Trappenhenne einmal für einen Brutplatz                                                                          leidet ihre Wendigkeit unter ihrem großen
     entschieden, bleibt sie offenbar ein Leben               Bitte nicht stören!                                     Körpergewicht. Die Großtrappen in Mit-
     lang dabei. Trappenhennen sind sehr brut-                Die Trappen sind wachsame, störungsemp-                 teleuropa sind Teilzieher, die in besonders
     platztreu, daher sind einzelne Brutplätze oft            findliche Vögel, die auf Gefahrenquellen                strengen Wintern einige hundert Kilome-
     über Jahrzehnte besetzt. Für den Schutz der              schon in weit über einem Kilometer Ent-                 ter wandern können, wobei sie sich jedoch
     Großtrappe ist es umso wichtiger, nicht nur              fernung mit Flucht reagieren können. Trotz              großen Gefahren – zum Beispiel Kollisionen
                                                                                                                      mit Stromleitungen – aussetzen. Neben den
                                                                                                                      langen Strecken für die Wanderung zwi-
                                                                                                                      schen dem Sommer- und Winterquartier
                                                                                                                      legen Trappen aufgrund von Störereignis-
                                                                                                                      sen usw. meist nur kürzere Wege zurück. So
                                                                                                                      fliegen die hochgeschreckten Tiere entwe-
                                                                                                                      der weiträumige Schleifen und kehren nach
                                                                                                                      mehreren Minuten Flugzeit wieder zum Ab-
                                                                                                                      flugort zurück, oder sie fliegen großräumig
                                                                                                                      zu einer anderen Einstandsfläche.

                                                                                                                      Reich gedeckter Tisch
                                                                                                                      auf extensiven Flächen
                                                                                                                      Die Nahrung der Großtrappe besteht über-
                                                                                                                      wiegend aus krautigen Pflanzen, Großin-
                                                                                                                      sekten und Mäusen. Im Winter ernähren
                                                                                                                      sich die Trappen überwiegend von Raps

                                                                                             Durch das Umdrehen des Flügelgefieders wird aus dem
                                                                                             braungrauen Hahn ein weißer Federball, welcher paa-
                                                                                             rungsbereite Weibchen über große Distanz anlockt.

12   Jagd in Tirol 04 | 2017                                                                                                         Fotos: Kovacs (2), Jesus Giraldo Gutierez/shutterstock (1)
FEDERWILD           Wild & Ökologie

und Luzerne, weshalb die Erhaltung dieser
Flächen sehr wichtig ist. Sogar im intensiv
genutzten Marchfeld haben die Landwirte
im Rahmen des österreichischen Pro-
gramms zur Förderung einer umweltge-
rechten, extensiven und den natürlichen
Lebensraum schützenden Landwirtschaft
(ÖPUL) große Flächen für den Trappen-
schutz zur Verfügung gestellt.

Die Letzten galt es zu schützen
Vom weltweiten Gesamtbestand der ca.
50.000 Individuen kommen etwa 2.400
Großtrappen in Mitteleuropa vor. Der Be-
stand der Großtrappe in Österreich ist von                                                                                        Der Geschlechtsdimorphismus bei
etwa 700-800 Individuen gegen Mitte des                                                                                           der Großtrappe ist in der Färbung
                                                                                                                                  nur gering, aber bei der Größe
20. Jahrhunderts auf etwa 150-170 Anfang                                                                                          dafür umso deutlicher erkennbar.
der 70er Jahre und von etwa 100 Indivi-                                                                                           So wiegt die Henne weniger als
duen Ende der 70er Jahre auf etwa 60 gegen                                                                                        halb so viel wie der Hahn und ist
Ende des Jahrhunderts zurückgegangen.                               reichisch-ungarisch-slowakischen Popula-                      auch entsprechend kleiner.
Auch in Ostösterreich war die Großtrappe                            tion. Im Jahr 1990 lebten nur noch 50 bis 60
weit verbreitet. In den letzten Jahrzehnten                         Individuen in den Gebieten. Dank gezielter
hat sich dieser Bestand auf vier räumlich                           Schutzmaßnahmen hat sich der Bestand bis            Gefahren von allen Seiten
beschränkte Vorkommen in den Regionen                               2015 auf etwa 505 Individuen erholt. Geeig-         Lange Zeit war der Hauptverlustfaktor der
Weinviertel, Marchfeld, Heideboden/Parn-                            nete Lebensräume gibt es derzeit allerdings         störungsempfindlichen Tiere die intensive
dorfer Platte und Hanság reduziert. Diese                           nur noch in Bereichen mit großflächigen             landwirtschaftliche Nutzung während der
sind Teil einer grenzübergreifenden öster-                          „Trappenschutzflächen“.                             Brut- und Aufzuchtzeit. Dies stellte vor

                                                                                              MSZU

                                               Ins Schwarze trifft
                                           nur, wer nicht
                                             ins Blaue trainiert.

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Wild & Ökologie                FEDERWILD

     allem für Gelege und Jungvögel, aber auch
     für brütende Hennen eine schwerwiegende
     Gefährdung dar. Trotz speziell angelegter
     „Trappenschutzflächen“ kommt es auch
     jetzt immer wieder vor, dass einzelne Hen-
     nen unvorhergesehen außerhalb der spezi-
     ellen Schutzflächen brüten, wo sie und das
     Gelege durch landwirtschaftliche Maßnah-
     men stark bedroht sind.
     Kollisionen mit Stromleitungen stellten
     lange Zeit die häufigste Todesursache der
     Großtrappe in Österreich dar. Aufgrund
     ihres hohen Gewichts von bis zu 16 Ki-
     logramm und der damit verbundenen
     schlechteren Wendigkeit kommt es häufig
     zu Kollisionen mit Stromfreileitungen. Dies
     passiert vor allem bei schlechten Sichtver-                                                                     Trotz der enormen Größe und dem
     hältnissen, beispielsweise in der Dämme-                                                                        hohen Gewicht können sich die
     rung, bei Niederschlag oder bei intensivem                                                                      Großtrappen ohne Anlauf mit kräf-
                                                                                                                     tigen Flügelschlägen direkt vom
     Sonnenlicht. Ebenso sind Vögel besonders                                                                        Boden in die Luft erheben. Im Flug
     gefährdet, mit einer Leitung zu kollidie-                                                                       jedoch leidet die Wendigkeit unter
     ren, wenn sie zu einer raschen Flucht oder    wie Reiten, Radfahren, Fotografieren, Na-                         der Masse und schlecht sichtbare
     Richtungsänderung gezwungen werden,           turbeobachtungen und Flugverkehr mit                              Stromleitungen können zu tödlichen
                                                                                                                     Fallen werden.
     beispielsweise im Falle einer Störung oder    Kleinflugzeugen sind oft das Resultat von
     bei plötzlichem Auftauchen eines Feindes.     mangelndem Wissen der Öffentlichkeit
     Ein weiterer Gefährdungsfaktor ist die Prä-   oder zu geringer Wertschätzung der Groß-
     dation durch Rotfuchs, andere fleischfres-    trappe. Bereits eine einmalige Störung der            es auch durch strenge Winter mit starkem
     sende Säugetiere wie z. B. Dachs, Marder      brütenden Henne kann zu einem Verlas-                 Frost und hoher Schneelage. Die Großtrap-
     und Wildschwein sowie Aaskrähen und           sen des Geleges führen, dies setzt die ver-           pen sind dann gezwungen, Wanderungen
     Greifvögel, die vor allem Gelege sowie        lassenen Gelege und Jungtrappen einem                 zu unternehmen, auf denen es, aufgrund
     juvenile und immature Großtrappen be-         höheren Prädationsdruck aus. Zu weiteren              von Kollisionen oder anderen Gefahren,
     trifft. Störungen durch Freizeitaktivitäten   Verlusten der gefährdeten Tierart kommt               meist zu starken Populationseinbußen
                                                                                                         kommen kann. Ebenso kann sich Stark-
                                                                                                         regen und Hagel negativ auf die Trappen-
                                                                                                         population auswirken. Die ungünstige
                                                                                                         Witterung kann Gelege gefährden und die
                                                                                                         Hennen zur Aufgabe des Geleges zwin-
                                                                                                         gen. Anhaltende kalte oder nasse Witte-
                                                                                                         rung kann auch Küken Unterkühlung und
                                                                                                         Krankheiten aussetzen.

                                                                                                         Große Schutzgebiete
                                                                                                         für große Vögel
                                                                                                         In Österreich gibt es bereits zahlreiche
                                                                                                         konkrete Maßnahmen zum Schutz und
                                                                                                         Management der mitteleuropäischen Po-
                                                                                                         pulation der Großtrappe. Bis heute wurden
                                                                                                         großflächige Schutzgebiete ausgewiesen, in
                                                                                                         denen mehr als 5.500 ha Trappenschutz-
                                                                                                         flächen angelegt wurden. Diese wurden
                                                                                                         im Rahmen des Agrar-Umweltprogramms
                                                                                                         ÖPUL (Österreichisches Programm zur
                                                                                                         Förderung einer umweltgerechten, exten-

                                                              Anhaltende Schlechtwetterperioden können bei den Küken zu Unterküh-
                                                              lungen führen und machen sie anfälliger für Krankheiten. Beides endet
                                                              meist tödlich und bedeutet für die Population einen großen Verlust.

14   Jagd in Tirol 04 | 2017                                                                                                                       Fotos: Kovacs (3)
FEDERWILD              Wild & Ökologie

siven und den natürlichen Lebensraum
schützenden Landwirtschaft) angelegt.
Diese Flächen werden idealerweise weder
gedüngt noch mit Schädlingsbekämpfungs-
mitteln gespritzt. Von Anfang April bis zum
Erntezeitpunkt bleibt das „Trappengetrei-
de“ völlig störungsfrei, da die Schutzflä-
chen weder betreten noch befahren werden
dürfen. Zusätzlich dazu existiert in allen
Trappengebieten Österreichs eine umfang-
reiche Gebietsbetreuung. Dies ist allerdings
nur durch eine enge Zusammenarbeit und
Einbeziehung der Landwirte, Jäger und der
regionalen Politiker in das Artenschutz-
projekt Großtrappe möglich. Besonders
hervorzuheben ist hier die zumeist ausge-
sprochen gute Zusammenarbeit zwischen
Naturschutz und Jagd beim Schutz der
Großtrappe, insbesondere durch freiwillige
Rücksichtnahmen auf die Balz- und Brut-
                                                                                                        Damit diese spezielle Vogelart
plätze der Großtrappe bei der Bejagung der                                                              nicht ausstirbt bzw. die Bestände
Rehböcke sowie die teilweise intensivere                                                                wieder ansteigen können, ist sie
Bejagung des Rotfuchses vor der Brutzeit                                                                auf große, extensiv genutzte
der Großtrappe. Derzeit sind mehr als 100                                                               Flächen und weitere Schutzmaß-
                                                                                                        nahmen angewiesen.
Jäger in das Artenschutzprojekt eingebun-      Vogelart zu leisten, werden in mehreren
den. Die gute Zusammenarbeit und inten-        Ländern umfangreiche Schutzprojekte
sive Kooperation und insbesondere der          mit finanzieller Unterstützung der Euro-
Informationsaustausch mit der lokalen Jä-      päischen Union umgesetzt. In Österreich       vier österreichischen und fünf ungarischen
gerschaft sind auch für die Zukunft geplant    läuft mittlerweile das dritte große LIFE      Projektgebieten im Vordergrund. Insbeson-
und für ein weiteres Populationswachstum       Projekt zum Schutz der Großtrappe. Zwei       dere werden Maßnahmen gesetzt, die den
der Großtrappe zwingend notwendig.             LIFE Projekte zum Schutz der Großtrappe       Lebensraum verbessern und die Gefahr von
                                               wurden bereits erfolgreich abgeschlossen.     Leitungskollisionen mithilfe von Erdverka-
                                               Aufgrund des Erfolges der beiden voran-       belungen reduzieren sollen. Erstmalig wer-
LIFE Projekt                                   gegangenen österreichischen LIFE Pro-         den Großtrappen auch mit GPS-Sendern
Um der weltweit gefährdeten Großtrap-          jekte konnte im Juli 2016 das bisher größte   ausgestattet, um noch mehr Informationen
pe in Mitteleuropa auch in Zukunft das         LIFE Projekt ins Leben gerufen werden. In     über das Migrationsverhalten und die Be-
Überleben zu sichern und einen Beitrag         diesem Projekt steht vor allem der grenz-     wegung der Großtrappe zu erfahren. In den
zur Erhaltung dieser außergewöhnlichen         überschreitende Schutz der Großtrappe in      bisherigen LIFE Projekten konnten durch
Wild & Ökologie                FEDERWILD

                                                                                   Dank der Markierung von Leitungen bzw. der Erdver-
                                                                                   kabelung konnte die Todesrate durch Kollisionen mit
                                                                                   Hochspannungsleitungen massiv gesenkt werden.

                                                                                                   der Großtrappe bei gleichzeitiger Abnahme
                                                                                                   der Mortalitätsrate und des Anteils an Kol-
                                                                                                   lisionsopfern. Im Rahmen des ersten LIFE
                                                                                                   Projektes konnte die Todesrate durch Kolli-
                                                                                                   sionen von 50 % bis 71 % der Todesfälle in
                                                                                                   den vier Jahren vor Beginn der Umsetzung
                                                                                                   der Maßnahmen auf 14 % bis 38 % im Pro-
                                                                                                   jektzeitraum gesenkt werden.
                                                                                                   Ein weiteres Ziel der Projekte ist die Ver-
                                                                                                   mittlung des besonderen Werts der Erhal-
                                                                                                   tung regionaler Kulturlandschaften und
                                                                                                   der Notwendigkeit eines integrierten Na-
                                                                                                   turschutzes im Rahmen von Natura 2000
                                                                                                   und LIFE. Dies wurde vor allem durch die
                                                                                                   gezielte Einbeziehung von Landwirten,
                                                                                                   Jägern, Politikern aber auch vieler interes-
                                                                                                   sierter Hobbybeobachter erreicht, indem
                                                                                                   intensive Gespräche geführt, Vorträge ge-
     die Erdverkabelung und Markierung von         Im darauffolgenden LIFE+ Projekt konn-          halten und gemeinsame Exkursionen in
     Leitungen bereits unglaubliche Erfolge ge-    ten im Projektzeitraum weitere insgesamt        die Trappengebiete unternommen wurden.
     feiert werden. So wurden zum Beispiel im      33,1 km Mittelspannungsleitungen zuerst         Der Schutz der Großtrappe wird auch in
     ersten LIFE Projekt insgesamt 47,4 km be-     unter die Erde verlegt und anschließend         Zukunft weiterhin angestrebt, sodass sich
     stehender 20 kV Mittelspannungsleitungen      die bestehenden Freileitungen abgebaut          der Bestand weiter erholen und stabilisie-
     abgebaut und unter die Erde verlegt. Somit    werden. Zusätzlich wurden weitere 3,9 km        ren kann. Dies erfordert allerdings nicht
     sind durch das LIFE Projekt wieder größe-     Hochspannungsleitungen mit Vogelwarn-           nur nationale Maßnahmen, sondern auch
     re leitungsfreie Flächen für die Großtrappe   fahnen markiert. Die Wirksamkeit dieser         eine fortgesetzte enge internationale Zu-
     entstanden. Außerdem wurde die Markie-        Schutzmaßnahmen konnte mit dem Moni-            sammenarbeit der betroffenen Länder. ❙
     rung von insgesamt 153 km bestehender         toring der Erfolgskontrolle belegt werden.
     110, 220 und 380 kV Hochspannungslei-         So kam es im Zeitraum von 2002 bis 2015
     tungen in den Projektgebieten zur Gänze       zu einem signifikanten Anstieg des Brutbe-                 Dank großflächigen Schutzgebieten,
     abgeschlossen.                                standes der westpannonischen Population                    in welchen sich mehr als 5.500 ha
                                                                                                              Trappenschutzflächen befinden,
                                                                                                              konnten sich die Bestände etwas
                                                                                                              erholen. Auch weiterhin soll der
                                                                                                              Schutz gewährleistet werden, so-
                                                                                                              dass sich der Bestand erholen und
                                                                                                              stabilisieren kann.

16   Jagd in Tirol 04 | 2017                                                                                                      Fotos: Kovacs (1), Rotheneder (1)
xxxxx             Jagdhunde
✃
                                                                                                                                          Auss
                                                                                      (Salix caprea L.)                                        chne

    Sal-Weide
                                                                                                                                              und iden
                                                                                                                                           sam
                                                                                                                                               meln
                                                                                                                                                    !

    Familie:Weidengewächse (Salicaceae)

    Wenn am Palmsonntag Gläubige aus aller Welt dem Einzug Je-
    su nach Jerusalem gedenken, dann gehören zu großen Palmbu-
    schen gebundene Palmkätzchen dazu. Die mit allerlei Schmuck
    verzierten, rutenförmigen Triebe der Sal-Weide symbolisieren mit
    ihren pelzigen Knospen am Ende langer Haselnuss-Stangen die
    Palmwedel, die die jubelnde Menschenmenge zu Jesu Füßen legte
    und damit die römische Besatzungsmacht nachhaltig provozierte.

    Autor: Thomas Gerl

    Merkmale                                                                                                        Standort
    In Mitteleuropa kommen ca. 30 verschiedene Weidenarten vor, die z. T.                                           Sal-Weiden besiedeln fast den gesam-
    sehr schwierig voneinander zu unterscheiden sind. Lassen sich die win-                                          ten eurasischen Großkontinent vom
    zigen Hochgebirgspflanzen wie z. B. die Kraut-Weide noch ziemlich ein-                                          Atlantik bis zum Pazifik und von den
    deutig bestimmen, wird es bei den strauch- und baumförmigen Arten                                               arktischen Regionen im Norden bis zum
    deutlich schwieriger, weil sich alle Weidenarten immer wieder unterei-                                          Mittelmeergebiet im Süden. Die Art hat
    nander kreuzen und Hybrid-Sorten mit Merkmalen verschiedener Arten                                              also eine breite ökologische Amplitude
    bilden. Auch die Sal-Weide bildet mit mindestens 6 weiteren Weiden-                                             hinsichtlich ihrer klimatischen Standort-
    arten Bastarde, die Botaniker bei der Bestimmung im Feld manchmal                                               ansprüche.
    verzweifeln lassen.                                                                                             Im Gegensatz zu vielen anderen Wei-
    Die Sal-Weide zeigt eine eher baumförmige Wuchsform und erreicht in                                             denarten meidet die Sal-Weide aber
    ihren ca. 60 Lebensjahren Höhen zwischen 2 und 10 Metern, in sehr sel-                                          Standorte mit konstant hoher Boden-
    tenen Fällen auch einmal etwas mehr. Ihr Stamm ist von einer gräulichen                                         feuchtigkeit wie z. B. Auen, zeigt sich
    Borke bedeckt, die im Alter rautenförmige Risse bekommt.                                                        ansonsten aber sehr tolerant gegen-
    Die rotbraunen, spitzen Knospen sitzen spiralig um die graugrünen                                               über den verschiedensten Bodeneigen-
    Zweige. Aus der von einer einzigen Schuppe bedeckten, kapuzenför-                                               schaften und ist sogar auf schwerme-
    migen Knospe entfalten sich nach der Blütezeit die sehr variablen Blätter.                                      tallbelasteten Böden noch immer recht
                                                                                                                    wuchskräftig. In Tirol besiedelt die Sal-
                                                                                                                    Weide als typische Pionierbaumart ge-
                                                                                                                    meinsam mit der Birke vor allem vom
                                                                                                                    Menschen beeinflusste Standorte wie
                                                                                                                    Schutthalden oder Brachflächen bis
                                                                                                                    hinauf in knapp 1.800 m Meereshöhe.

                                                                                                          MERKMALE der sal-weide: Pelzig aussehende
                                                                                                          Palmkätzchen im Winter, die sich zu Einzelblüten mit
                                                                                                          Staubfedern und gelben Staubbeuteln entwickeln.

    Fotos: Mariusz S. Jurgielewicz/shutterstock (1), Gerl (1), motorolka/shutterstock (1)                                                 Jagd in Tirol 04 | 2017   17
Jagdhunde                   xxxxxx

                                                                                                                                                                                                         ✃
     Rotbraune, spitze Knospen
     sitzen spiralig um den Zweig.   Futterquelle für unzählige Insektenarten                                         Weibliche blühende Weidenkätzchen

     Meist sind sie mehr oder weniger elliptisch, mit gezähntem oder gebuchtetem Rand. Die bläuliche Unterseite der Blätter
     ist dicht, weißlich behaart. Am Grund der Blattstiele sitzen zwei nierenförmige Nebenblätter. Wie alle anderen Weiden-
     arten ist auch die Sal-Weide getrenntgeschlechtlich zweihäusig, d. h. man findet Individuen mit nur männlichen bzw.
     nur weiblichen Blütenorganen. Die Einzelblüten sind dabei bei beiden Geschlechtern in Kätzchen zusammengefasst, die
     in warmen Wintern oft bereits im Februar aus ihrer Knospenschuppe hervorquellen. Die Tragblätter jeder Einzelblüte in
     diesem Blütenstand sind an ihrer Spitze lang silbrig behaart und verleihen den Palmkätzchen so ihr pelziges Aussehen. In
     den eiförmigen Kätzchen mit den männlichen Blüten werden etwa im März in jeder Einzelblüte 2 gelb gefärbte Staubblät-
     ter sichtbar, die aus den pelzigen Tragblättern hervorragen. Die eher zylinderförmigen weiblichen Kätzchen tragen einen
     silbrig behaarten Fruchtknoten, aus dem sich dann meist im Juni je eine trockene, haarige Kapselfrucht entwickelt. Die
     Bestäubung erfolgt durch Insekten, die durch Nektardrüsen am Grund der Einzelblüten angelockt werden.

                                                                   Wissenswertes
                                                                 Durch die frühe Blütezeit und das vergleichsweise reichhaltige Nek-
                                                                 tarangebot hat die Sal-Weide im Frühling eine enorme ökologische
                                                                 Bedeutung als Futterquelle für unzählige Insektenarten. So ernäh-
                                                                 ren sich nicht nur unsere Honig-Bienen, sondern fast 100 einheimi-
                                                                 sche Schmetterlingsarten, davon 16 vom Aussterben bedrohte, von
                                                                 der Sal-Weide. Das Schneiden von Palmbuschen sollte vor diesem
                                                                 Hintergrund in jedem Frühjahr mit Augenmaß betrieben werden.
                                                                 Die Sal-Weide ist aber nicht nur bei Insekten beliebt. Wie der aus
                                                                 dem lateinischen Wort für „Ziege“ abgeleitete botanische Name
        „caprea“ schon andeutet, lieben Wiederkäuer und damit auch unser Reh- und Rotwild die saftigen Blätter des Baumes als
        Äsung und die oft dichten Weidengestrüppe als Einstandsgebiet. Die langen rutenförmigen Triebe der Weiden waren seit
        alters her ein wichtiges Material, um Körbe und Zäune zu flechten und wurden in manchen ärmeren Regionen sogar ver-
        wendet, um Schnürsenkel zu ersetzen. Damit man möglichst gut zu bearbeitende Zweige erhält, werden die Weiden radikal
        geschnitten, so dass sich die besondere Wuchsform der „Kopfweiden“ bildet, die in Form von langen Alleen vor allem in
        Norddeutschland noch heute das Landschaftsbild prägen. Die enorme Regenerationsfähigkeit des Baumes beflügelte im
        abergläubischen Mittelalter die Phantasie. So ranken sich mancherlei Mythen zur Wirkung auf die Libido des Menschen
        rund um die Weide. Einerseits glaubte man, mit einem Absud an Weidenblättern die Begierde der Männer eindämmen zu
        können, andererseits sollte ein Tee aus Weidenblättern verhindern, dass Frauen schwanger werden und Scheidenzäpfchen
        aus Weidenblättern galten noch im 16. Jahrhundert als eines der wirksamsten Verhütungsmittel.
        Auch wenn wir heute über solchen Aberglauben nur milde lächeln können, so verhalf uns die Weide doch zu einem gewal-
        tigen medizinischen Durchbruch. Schon im Altertum wusste man, dass das Kauen von Weidenrinde fiebersenkende und
        schmerzstillende Wirkung hatte. Die in der Pflanze enthaltene Salicylsäure hatte aber unangenehme Nebenwirkungen. 1897
        gelang es dem Chemiker Felix Hofmann, ein Angestellter der kleinen Farbenfabrik Friedrich Bayer & Co., die Salicylsäure so
        zu verändern, dass die erwünschten Wirkungen erhalten blieben und die Nebenwirkungen fast vollständig verschwanden.
        Er erfand das Aspirin, das bis heute umsatzstärkste Medikament der Welt und aus einer kleinen Farbenfabrik wurde der
        weltweit operierende Pharmakonzern BAYER, dessen ökonomische Erfolgsgeschichte letztlich mit einer Weide begann.

18   Jagd in Tirol 04 | 2017                                                    Fotos: Gerl (1), by Paul/shutterstock (1), Starover Sibiriak/shutterstock (1), Elena Koromyslova/shutterstock
                                                                                                                                                                                           Foto:
                                                                                                                                                                                              (1)Thomas Kranabitl
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Jäger & Revier                      BLEIFREI

     Projektbericht:
     Bleifreie Büchsenmunition
     im Hochgebirge
     Autor: Univ.Prof. Dipl.-Biol. Dr. Klaus Hackländer

     B
            leihaltige Büchsenmunition steht              ten Beute von Raubtieren oder dient Aas-       Knochenmark gespeichert. Somit werden
            weltweit seit Jahrzehnten in der              fressern als willkommene Nahrung, wenn         für Wildtiere am Ende der Nahrungskette
            Kritik. Egal ob Teilzerleger oder             es verludert. In beiden Fällen werden die      selbst kleinste Mengen an Blei über kurz
     massestabile Deformationsgeschosse: Im               Bleirückstände im Wild durch die Magen-        oder lang zum Problem. Da vor allen Din-
     Wildkörper bleibt mehr oder weniger Blei             säure der Fleischfresser zu Bleisalzen umge-   gen das zentrale und periphere Nervensys-
     zurück, das zu sehr ernstzunehmenden Ge-             wandelt und werden somit „bioverfügbar“,       tem angegriffen werden, führen die Bleiver-
     fahren für Tier und Mensch führen kann.              also in das Blut aufgenommen. Das Blei         bindungen zu Funktionsstörungen, die die
     Liegt ein Stück nicht im Feuer und wird              sammelt sich in den stoffwechselaktiven        Bewegungsfähigkeit, den Stoffwechsel und
     nicht aufgefunden, wird es später zur leich-         Organen wie Leber und Niere bzw. wird im       viele andere lebenswichtige Körperfunk-

20   Jagd in Tirol 04 | 2017                                                                                                                     Foto:
BLEIFREI             Jäger & Revier

tionen beeinträchtigen. Der kalifornische     mehr Blei als in 100 g Getreide, weshalb das
Kondor wäre fast wegen der Bleiproble-        deutsche Bundesamt für Risikobewertung
matik ausgestorben, in Mitteleuropa trifft    (BfR) Schwangeren und Kleinkindern vom
es immer wieder Seeadler, Steinadler (Ti-     Genuss von Wildbret abrät, welches mit
rol 2013) sowie Geier, wie zuletzt 2012 ein   bleihaltiger Munition erlegt wurde. Nach-
Bartgeier in Tirol.                           dem die Gewinnung von Wildbret und die
Ebenso wie Adler und Geier steht auch der     Erhaltung eines gesunden (!), artenreichen
Mensch am Ende der Nahrungskette und          Wildbestands die Hauptargumente für die
sammelt damit giftige Bleiverbindungen in     Jagd sind, liegt es also auf der Hand, nach
seinen Organen und im Skelett an. Zahl-       Alternativen zu bleihaltiger Munition zu
reiche Studien aus den USA und Europa         suchen.
belegen, dass Personen aus Jägerhaushalten    Bei der Suche nach Alternativen gilt es na-
deutlich höhere Bleiwerte im Blut aufwei-     türlich, bestimmte Standards aufrechtzuer-
sen als Normalbürger. Jägerinnen und Jäger    halten. Bleifreie Geschosse müssen ebenso
gehören damit zu den Extremverzehrern         wie die ballistisch bewährte Bleimunition
und setzen sich selbst einer Gefahr aus,      zwei Dinge erfüllen: sowohl Sicherheit
wenn sie regelmäßig Wildbret zu sich neh-     im Jagdbetrieb (minimaler Ricochet bzw.
men, das mit bleihaltiger Munition erlegt     keine Gellergefahr) als auch unmittelbare
wurde. Der Normalbürger ist durch Wild-       Tötungswirkung. Von bleifreier Munition
bret weniger gefährdet, da er nur etwas       sollte man darüber hinaus keine andere
mehr als ein halbes Kilogramm Wildfleisch     toxische Wirkung erwarten. Zusammen
pro Jahr zu sich nimmt. Für diese Perso-      sind dies sehr hohe Ansprüche an die Mu-
nengruppe gilt, dass sie mehr Blei über Ge-   nitionshersteller, die noch nicht von jedem
müse und Getreide zu sich nimmt. Absolut      Produzenten erfüllt werden konnten. Aber
gesehen findet sich aber in 100 g Wildbret    durch die gestiegene Nachfrage aus der Jä-
                                              gerschaft und dem erklärten Ziel z. B. der
                                                                                                             Die Praxistauglichkeit blei-
                                              österreichischen Landesjägermeister, mit-                      freier Büchsenmunition im
                                              telfristig bei Büchsengeschossen auf blei-                     Hochgebirge wurde erprobt.
                                              freie Munition umzusteigen, arbeitet die
                                              Industrie mit Hochdruck an der Weiterent-
                                              wicklung von bleifreien Geschossen.             Revieren zu testen. Die Ergebnisse zeigten
                                              Umfangreiche Praxistests an der Hoch-           eindeutig, dass das Material alleine (Blei
                                              schule für nachhaltige Entwicklung Ebers-       oder Alternativen) keinen statistischen
                                              walde (Gremse und Rieger 2014) haben            Einfluss auf die Fluchtstrecke, die Schweiß-
                                              eindrucksvoll belegt, dass es schon jetzt       produktion (Ausschuss vorhanden, Nach-
                                              bleifreie Büchsenmunition gibt, die die         suche möglich) oder die Wildbretqualität
                                              oben genannten Kriterien für adäqua-            hatte. Die komplexe Ballistik jagdlicher Ge-
                                              te Alternativgeschosse vollends erfüllt.        schosse führte dazu, dass nicht eine Varia-
                                              Doch in den jagdlichen Journalen gibt es        ble alleine (Blei oder Nicht-Blei), sondern
                                              immer wieder Unkenrufe, die die Jäger-          die Wechselwirkungen zwischen Geschoss,
                                              schaft verunsichern. So kam zum Beispiel        Wildart und Schussdistanz zu betrachten
                                              der Bundesverband Deutscher Berufsjäger         sind. Ob ein Tier im Feuer fällt und dabei
                                              zur Erkenntnis, dass bleifreie Munition zu      wildbretschonend erlegt wird, ist also nicht
                                              höheren Fluchtstrecken führen soll. Man         alleine davon abhängig, welches Geschoss
                                              verglich bleihaltige mit bleifreier Munition,   man verwendet, sondern aus welcher Dis-
                                              ohne auf die ballistischen Eigenheiten der      tanz man schießt und um welche Wildart
                                              Geschosse im Detail einzugehen. So wur-         es sich handelt. Für jede Wildart gibt es
                                              den nicht vergleichbare Produkte miteinan-      daher für einen entsprechenden Bereich
                                              der verglichen und bleifreie Büchsenmuni-       an Schussdistanzen geeignete und weniger
                                              tion für untauglich erklärt. Was sich wohl      geeignete bleihaltige und bleifreie Büchsen-
                                              die knapp 22 % der deutschen Jägerinnen         munition.
                                              und Jäger dabei gedacht haben, die bereits      Ziel dieser Untersuchung war es, für die
                                              auf bleifreie Munition umgestellt haben         Hauptwildarten Rot-, Reh- und Gamswild
                                              und seither zufriedenstellende Jagderfolge      sowie für die unterschiedlichen Schussdis-
                                              verzeichnen können (Hoffmann 2013)?             tanzen, die jagdliche Brauchbarkeit ver-
                                              In Ergänzung zu den überzeugenden Da-           schiedener bleifreier Geschosse speziell
                                              ten aus Eberswalde hatten sich die Öster-       unter den jagdlichen Bedingungen in Tirol
                                              reichischen Bundesforste AG (ÖBf) und           zu überprüfen. Der Begriff der jagdlichen
                                              die Salzburger Jägerschaft zum Ziel gesetzt,    Brauchbarkeit wurde in Absprache mit dem
                                              die Wirkung bleifreier Munition in ihren        Tiroler Jägerverband definiert.

                                              Fotos: Rudigier (2)                                                         Jagd in Tirol 04 | 2017   21
Jäger & Revier                           BLEIFREI

                                                                                                                 tief, Leber/Pansenbereich mittig, Leber/
                                                                                                                 Pansenbereich hoch), Ausschussgröße
                                                                                                                 (keine, bis 20 mm, bis 40 mm, bis 60 mm,
                                                                                                                 bis 100 mm, ab 100 mm), Schusskanal (ge-
                                                                                                                 radlinig, nicht geradlinig)

                                                                                                                 Angabe zu Verletzungen: Flucht- und
                                                                                                                 Schweißfährte (kein Schweiß, wenig
                                                                                                                 Schweiß, reichlich Schweiß, regelmäßig,
                                                                                                                 Sonstiges), verletzte Organe [Herz (wahr/
                                                                                                                 falsch), Lunge (wahr/falsch), Leber (wahr/
                                                                                                                 falsch), Gr. Gescheide (wahr/falsch), Kl.
                                                                                                                 Gescheide (wahr/falsch), Sonstiges (wahr/
                                                                                                                 falsch),    Hämatome/Blutergüsse      allg.
                                                                                                                 (wahr/falsch)], Organverletzungsgrad (kei-
                                                                                                                 ner, normal, stark beschädigt, nicht ver-
                                                                                                                 wertbar). Für jede gemeldete Erlegung liegt
                                                                                                                 ein Datensatz vor. Die Daten beruhen auf
                                                                                                                 den Angaben der insgesamt 80 Erleger. Es
                                                                                                                 wurden keine Geschosse vorgegeben. Die
                                                                                                                 Daten wurden im normalen Jagdbetrieb
       Die Tiroler Jäger bewerteten 31 Variablen in den Erlegungsprotokollen.
                                                                                                                 erhoben. Angaben in m beruhen auf Schät-
                                                                                                                 zungen, Wildgewichte (aufgebrochen, ohne
                                                                                                                 Haupt) wurden mittels Waage in der Wild-
     Datenaufnahme                                              Beurteilung: Wildbretzustand (sehr gut,          kammer erhoben. Die protokollierten Erle-
     Die Erlegungsprotokolle wurden vom Tiro-                   gut, befriedigend, mangelhaft), Gesamt-          gungen fanden zwischen 2014 und Oktober
     ler Jägerverband in Absprache mit dem Ins-                 beurteilung (sehr gut, gut, befriedigend,        2016 in Tiroler Revieren statt.
     titut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft                  schlecht, sehr schlecht)
     (IWJ) konzipiert und in eine Eingabemaske
     eingebaut. Es wurden 31 Variablen abge-                    Einschätzung Jäger: Tötungswirkung (sehr         Klassifikation und Analyse
     fragt. Für die Situation der Schussabgabe/                 gut, gut, befriedigend, schlecht, sehr           Für die jagdliche Bewertung der Erlegungs-
     Erlegung wurden neben den Informationen                    schlecht), Präzision (sehr gut, gut, befriedi-   protokolle wurden Hauptfaktoren heran-
     zur Waffe und Munition folgende Parame-                    gend, schlecht, sehr schlecht)                   gezogen und in Brauchbarkeitskategorien
     ter berücksichtigt: Bei der Angabe (wahr/                                                                   zusammengefasst.
     falsch) war ein Ankreuzen, zum Teil mit                    Schusseigenschaften:           Schussentfer-
     Mehrfachantworten, möglich.                                nung (bis 50 m, bis 100 m, bis 150 m, bis        Die Hauptfaktoren sind:
                                                                200 m, bis 250 m, bis 300 m, ab 300 m),          ➠		Wildbretqualität
     Eigenschaften Wild/Jagd: beschossene                       Anschuss/Schusszeichen         [Herzschweiß      ➠Fluchtstrecke
     Wildart (Rehwild, Rotwild, Schwarzwild,                    (wahr/falsch), Lungenschweiß (wahr/              ➠		Schweiß
     Damwild, Gamswild, Muffelwild, Stein-                      falsch), Leberschweiß (wahr/falsch), Pan-
     wild, sonstige), Geschlecht (m, w), Behaa-                 sen/Gescheide (wahr/falsch), Schnitthaare        Die Ausprägungen jeder dieser Hauptfak-
     rung (Sommerhaar, Winterhaar), Brunft                      (wahr/falsch), Knochensplitter (wahr/            toren wurden in akzeptabel und nicht ak-
     (wahr/falsch), Bewegungsjagd (wahr/                        falsch), Wildbret (wahr/falsch)], Ein-           zeptabel zusammengefasst.
     falsch), Alter (bis 1 J., bis 2 J., bis 5 J., bis          schuss (Haupt, Träger, Stich, Vorderlauf,
     10 J., bis 15 J., ab 15 J.), Gewicht (bis 10 kg,           Hinterlauf, Rippen, Rückgrat, vor Blatt-         Wildbretqualität: sehr gut, gut und befrie-
     bis 20 kg, bis 45 kg, bis 75 kg, bis 120 kg,               schaufel tief, vor Blattschaufel mittig, vor     digend = akzeptabel, alle anderen Bewer-
     bis 150 kg, bis 200 kg, bis 250 kg, bis 300                Blattschaufel hoch, auf Blattschaufel tief,      tungen führen zur Bewertung: nicht akzep-
     kg, ab 300 kg)                                             auf Blattschaufel mittig, auf Blattschaufel      tabel
                                                                hoch, hinter Blattschaufel tief, hinter Blatt-
     Verhalten des Wildes: Vor dem Schuss                       schaufel mittig, hinter Blattschaufel hoch,      Fluchtstrecke: Fluchtstrecken unter 40 m =
     (ziehend, flüchtig, äsend/vertraut, alar-                  Leber/Pansenbereich tief, Leber/Pan-             akzeptabel, alle anderen Bewertungen füh-
     miert/gestresst, Sonstiges), nach dem                      senbereich mittig, Leber/Pansenbereich           ren zur Bewertung: nicht akzeptabel
     Schuss [nicht gezeichnet (wahr/falsch),                    hoch), Ausschuss (keiner, Haupt, Träger,
     gezeichnet (wahr/falsch), nicht beobachtet                 Stich, Vorderlauf, Hinterlauf, Rippen,           Schweiß: regelmäßig oder reichlich oder
     (wahr/falsch), bleibt stehen (wahr/falsch),                Rückgrat, vor Blattschaufel tief, vor Blatt-     auch ohne Angabe (kein Schweiß, Son-
     taumelnd/fallend (wahr/falsch), Sonstiges                  schaufel mittig, vor Blattschaufel hoch, auf     stiges), wenn die Flucht unter 15 m weit an-
     (wahr/falsch)], Fluchtstrecke (am An-                      Blattschaufel tief, auf Blattschaufel mittig,    gegeben wurde sowie zusätzlich immer ein
     schuss, bis 15 m, bis 40 m, bis 75 m, bis                  auf Blattschaufel hoch, hinter Blattschau-       Ausschuss vorhanden war = akzeptabel, alle
     150 m, ab 150 m, Fangschuss/abgefangen,                    fel tief, hinter Blattschaufel mittig, hinter    anderen Bewertungen führen zur Bewer-
     bereits verendet, nicht gefunden)                          Blattschaufel hoch, Leber/Pansenbereich          tung: nicht akzeptabel

22   Jagd in Tirol 04 | 2017                                                                                                                      Foto: Schönfeld (1)
BLEIFREI             Jäger & Revier

   SchweiSS                  Fluchtstrecke            Ausschuss                Bewertung                      Hauptwildarten Rot-, Reh- und Gamswild
                                                                                                              durchgeführt. Weiterhin wurden jeweils
   reichlich Schweiß                                  vorhanden                ➠ akzeptabel
                                                                                                              Schussdistanzen bis 200 m und über 200 m
   reichlich Schweiß                                  nicht vorhanden          ➠ nicht akzeptabel             zusammen und getrennt analysiert.
   regelmäßig                                         vorhanden                ➠ akzeptabel
   regelmäßig                                         nicht vorhanden          ➠ nicht akzeptabel
   wenig Schweiß                                                               ➠ nicht akzeptabel
                                                                                                              Ergebnisse
                                                                                                              Für die Hauptwildarten Rot-, Reh- und
   kein Schweiß              alle anderen Distanzen                            ➠ nicht akzeptabel             Gamswild lagen ausreichend Abschusspro-
   kein Schweiß              am Anschuss              vorhanden                ➠ akzeptabel                   tokolle vor, um auch je eine eigene Auswer-
   kein Schweiß              am Anschuss              nicht vorhanden          ➠ nicht akzeptabel             tung der Brauchbarkeit durchzuführen.
   Sonstiges                 alle anderen Distanzen                            ➠ nicht akzeptabel             Wildartenverteilung: 514 Stück Rotwild,
                                                                                                              346 Stück Rehwild, 129 Stück Gamswild
   Sonstiges                 am Anschuss              nicht vorhanden          ➠ nicht akzeptabel             und 66 Stück anderer Wildarten.
   Sonstiges                 am Anschuss              vorhanden                ➠ akzeptabel                   Die verwendeten Kaliber spiegeln die Be-
  Tabelle 1: Bewertung Schweißfährte                                                                          sonderheiten der Jagd im Gebirge wider.
                                                                                                              Es dominieren hier die .308 und .270 so-
                                                                                                              wie die .243 Winchester. Insgesamt wur-
  Die Bewertungen der drei Hauptfaktoren                 die einzelnen Auswertungen wurden je-                den Erlegungsprotokolle von 16 unter-
  werden daraufhin zu drei Brauchbarkeits-               weils Teilmengen der gesamten Erlegungs-             schiedlichen Geschossen ausgewertet. Die
  kategorien zusammengefasst. Wenn alle                  protokolle herangezogen. In einem zwei-              Geschosse RWS Evolution Green und Bar-
  drei Hauptfaktoren (Wildbretqualität,                  ten Schritt wurde daraufhin geprüft, ob die          nes VOR-TX TTSX wurden am häufigsten
  Fluchtstrecke und Schweiß) als akzeptabel              Gesamtbrauchbarkeit und/oder die einzel-             verwendet. Auch Blaser CDC, Hornady
  bewertet wurden, wird die Brauchbarkeit                nen Hauptfaktoren abhängig von den ver-              GMX und Federal Trophy Copper wur-
  als brauchbar bewertet.                                wendeten Kalibern, Geschossen und der                den in ausreichender Zahl protokolliert.
                                                         Kombination von Geschoss und Geschoss-               Bei den übrigen 11 Geschossen liegen nur
                                                         masse sind. Diese Analyse wurde über alle            geringe Stichproben vor. Dies ist bei der
  Wie die Bewertung erfolgt                              Erlegungsprotokolle und getrennt für die             Interpretation der Ergebnisse zu berück-
  Wenn mindestens einer der Hauptfaktoren
  als akzeptabel bewertet wurde, wird die
  Brauchbarkeit als bedingt brauchbar ein-                        wildbretqualität         Fluchtstrecke        schweiss             brauchbarkeit
  gestuft. Wenn alle drei Hauptfaktoren als                       akzeptabel               akzeptabel           akzeptabel           ➠ brauchbar
  nicht akzeptabel bewertet wurden, wird                          nicht akzeptabel         akzeptabel           akzeptabel           ➠ bedingt brauchbar
  die Brauchbarkeit als nicht brauchbar ein-
  gestuft.                                                        akzeptabel               nicht akzeptabel     akzeptabel           ➠ bedingt brauchbar
  Für jedes Erlegungsprotokoll liegt danach                       akzeptabel               akzeptabel           nicht akzeptabel     ➠ bedingt brauchbar
  eine Einstufung in brauchbar, bedingt
                                                                  nicht akzeptabel         nicht akzeptabel     akzeptabel           ➠ bedingt brauchbar
  brauchbar oder nicht brauchbar vor.
  Wenn mehrere Schüsse auf ein Tier ab-                           akzeptabel               nicht akzeptabel     nicht akzeptabel     ➠ bedingt brauchbar
  gegeben wurden (Fangschüsse) oder eine                          nicht akzeptabel         akzeptabel           nicht akzeptabel     ➠ bedingt brauchbar
  sehr lange Nachsuche stattfand, wurden
                                                                  nicht akzeptabel         nicht akzeptabel     nicht akzeptabel     ➠ nicht brauchbar
  diese Protokolle nicht für die Bewertung
  der Wildbretqualität herangezogen. Für                       Tabelle 2: Bewertung Brauchbarkeit

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