SCHWEIZ IMMOBILIA - SVIT Schweiz
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# 08 — AUGUST 2019 — 86. Jahrgang / Erscheint monatlich / CHF 7.– / www.svit.ch SC HW E IZ IMMOBILIA len20 ah 19 W .info E m pfeh lu g z ei n SVI T Schw FOKUS SIBYLLE SCHNYDER ÜBER DAS BAUVERTRAGS- RECHT 04 IMMOBILIEN- WIRTSCHAFT DIE AKTUELLE WOHNTRAUM STUDIE 12 VIELE FUSSANGELN FÜR PRIVATE BAU & HAUS BAUHERREN BAUMEISTERHAUS IN ZÜRICH 38
VolleWaerme_CH_82x195 04.12.15 09:56 Seite 1 EDITORIAL VON—ANDREAS INGOLD BERNER UHREN GEHEN ANDERS Wir leben in einer vernetzten Welt, in der uns internationale Konzerne zum gläsernen Kunden erziehen, Staaten Steuerdaten austauschen, dunkle Akteure die globale Meinungsbildung be- einflussen und Social-Media-Unternehmen eine neue Weltwährung lancieren. Dagegen wirkt die Einschätzung Bundesberns zur Digitalisierung im Behördenverkehr zuweilen mutlos. Konkret Volle Wärme geht es in diesem Fall um den Betreibungsregis- terauszug. Regelmässig fordern Parlamentarier mit einem Sinn für die praktischen Bedürfnisse bei halber Kraft DER HEUTIGE BETREIBUNGS Dank der Innovationskraft der Ingenieure von Weishaupt kann REGISTERAUSZUG auch mit wenig eingesetzter Energie eine hohe Leistung bei IST EINE REMINISZENZ AN GESTERN. allen Weishaupt-Produkten erreicht werden. Somit schont Weishaupt nicht nur die natürlichen Ressourcen, sondern ANDREAS INGOLD reduziert auch die Emissionen auf ein Minimum. Das ist gut für die Umwelt und gut für den Geldbeutel. der Wirtschaft, den Betreibungsregisterauszug zu Weishaupt AG, Chrummacherstrasse 8, 8954 Geroldswil ZH, modernisieren. Zuletzt kamen in der Sommerses- www.weishaupt-ag.ch sion zwei entsprechende Vorstösse in die Räte. Im einen fordert CVP-Nationalrat Martin Candi- nas nicht mehr als die Wohnsitzüberprüfung, im Das ist Zuverlässigkeit. andern SVP-Nationalrat Erich Hess die Vernet- zung sämtlicher Betreibungsregister. Beide haben in der Session zwar eine Hürde genommen, das Ziel erreicht haben sie aber noch lange nicht – wenn sie es überhaupt je zu Gesicht bekommen. Zu teuer, zu komplex, zu unsicher, zu gefähr- lich, zu langwierig, zu zentralistisch – Argumente gegen die Forderungen zur Modernisierung gibt es viele. Und tatsächlich kann der Bund in der Di- gitalisierung des Behördenverkehrs nicht viele Leuchtturmprojekte vorweisen. Ausser viel Spe- sen heisst es oft «nichts gewesen». Sogar die Wohnsitzüberprüfung schien dem Bundesrat zu- erst zu komplex. «Wegen der Komplexität des zi- vilrechtlichen Wohnsitzbegriffs ist es ausge- schlossen, diesen Wohnsitz im Rahmen der Erteilung einer Betreibungsauskunft abschlies send abzuklären», heisst es in seinem Antrag, die Motion abzulehnen. Schliesslich fasste sich die Regierung ein Herz und gab ihre ablehnende Hal- tung auf. In den Erwägungen der ständerätlichen Rechtskommission heisst es ausserdem bezeich- nend: «Die Kommission […] warnt davor, dass die Suche nach der Maximallösung letztlich dazu führt, dass gar nichts unternommen wird.» Zu- Brenner Brennwerttechnik Solarsysteme Wärmepumpen kunftsgeist tönt anders. 2 IMMOBILIA / August 2019
INHALT IMMOBILIA —INHALT NR. 08 AUGUST 2019 FOKUS 04 «VIELE FUSSANGELN FÜR PRIVATE BAUHERREN» Fachanwältin Sibylle Schnyder ist überzeugt, dass es im Bauvertragsrecht Schutzmassnahmen für private Bauherren braucht. Doch der Gesetzgeber tut sich schwer damit. IMMOBILIENWIRTSCHAFT 10 14 DIE IMMOBILIE DER ZUKUNFT Die Individualisierung führt zu einer steigenden Vielfalt an Lebensstilen, WAHLEN 2019 Familienmodellen, Konsummustern und auch neuen Wohnformen. 16 KAUM BESSERUNG IN SICHT BLINDER FLECK BEI DEN Die leerstehenden Wohnungen sind gezählt, und es benötigt keine Glasku- gel, um einen erneuten Anstieg der Leerstandszahlen zu prognostizieren. BÜRGERLICHEN 18 DER BAUHERRENBERATER ALS MODERATOR DIE PARTEIPROGRAMME DER BÜRGERLICHEN Da die Verwaltung von Stockwerkeigentum anspruchsvoll ist, lohnt es sich, PARTEIEN SAGEN KAUM ETWAS ZUR IMMOBILIEN für strategische Bauplanungen einen Bauherrenberater ins Team zu holen. POLITIK. DAS KÖNNTE SICH RÄCHEN. 20 OPTIMALER PARTNER DES VERWALTERS Diskussionen über die Höhe der Einlagen in den Erneuerungsfonds sind bei Stockwerkeigentümern oft ein heisses Eisen. In dieser Situation ist ein Bau- herrenberater der optimale Partner für den Verwalter der Liegenschaft. 22 DIE KATZE IM IMMOBILIENSACK Wie kann man in der jetzigen Tiefzinsphase einen sinnvollen Kapitalisie- rungs- bzw. Diskontierungssatz festlegen? 24 DER MONAT IN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT IMMOBILIENRECHT 29 ANSPRUCH AUF EIGENBEDARF – WIE GEHEN SIE VOR? Wenn Sie als Vermieter in Ihr eigenes Wohnobjekt einziehen möchten, muss der aktuelle Mieter ausziehen. Dabei gilt es einige Punkte zu beachten. 12 30 SCHADENERSATZ FÜR MERKANTILEN MINDERWERT? Das Bundesgericht befasste sich erstmals mit der Frage, ob die Anerken- nung eines merkantilen Minderwerts bei Immobilien als ersatzfähiger IMMOBILIENWIRTSCHAFT Schaden zulässig ist. GERÄUMIG, RUHIG, BAU & HAUS GRÜN UND NAH HINTERLÜFTETE FASSADEN LEBEN AM LÄNGSTEN» 34 « DIE AKTUELLE WOHNTRAUMSTUDIE ZEIGT, DASS Der Fassadenplaner Reto Döring erklärt, wie man Gebäudehüllen langlebig DER KAUFPREIS ZWAR WICHTIG, ABER NICHT DER baut und welche Materialien dafür geeignet sind. ENTSCHEIDENDE FAKTOR BEIM ERWERB VON UWEL AM ZÜRCHER OBERSEE 36 J EIGENTUM IST. Auf einem ehemaligen Deponiegelände realisierte der Basler Architekt Rae- to Studer einen multifunktionalen Pavillon mit Seerestaurant und -terrasse. 42 « KLINKER IST EIN ROBUSTES MATERIAL» Wie das Projekt für die Migros Aare in die Umgebung eingepasst wurde, be- antwortet Architekt Jelli Thomann. 44 E NERGIEKOSTEN WERDEN SICH VERRINGERN Die Energiekosten bei Neubauten werden zukünftig geringer sein. Bei Be- standsbauten steht die Umstellung auf erneuerbare Energieträger im Fokus. IMMOBILIENBERUF 38 ERUFSSTART FÜR 382 BEWIRTSCHAFTER 48 B 511 Kandidaten haben die Prüfung Immobilienbewirtschaftung absolviert. Die Erfolgsquote lag bei 74,8%. BAU & HAUS 49 MAKLER-CONVENTION: «ICH SCHAU DIR IN DIE AUGEN!» ZÜRICHS Der persönliche Kontakt mit einem echten Gegenüber bleibt wichtig. Dieses Thema wird Gesprächsstoff an der Makler-Convention 2019 bieten. MODERNES 51 S EMINARE UND TAGUNGEN BAUMEISTERHAUS 52 K URSE DER SVIT-MITGLIEDERORGANISATIONEN KÄFERSTEIN & MEISTER ARCHITEKTEN HABEN EIN MARKANTES BACKSTEINHAUS ERSTELLT, VERBAND DAS EINE TRADITION DER STADTENTWICKLUNG UB LUNCHGESPRÄCH: Komplexes Betriebsumfeld 54 K VON ZÜRICH FORTSETZT. STANDARDS: STELLENMARKT 50 / MARKTPLATZ & PRODUKTE-NEWS 56 / BEZUGSQUELLENREGISTER 66 / ADRESSEN & TERMINE 69 / ZUGUTERLETZT & IMPRESSUM 70 IMMOBILIA / August 2019 3
FOCUS INTERVIEW BAUVERTRAGSRECHT Fachanwältin Sibylle Schnyder ist überzeugt, dass es im Bauver- tragsrecht Schutzmassnahmen für private Bauherren braucht. Doch der Gesetzgeber tut sich schwer damit, wie der mehrfach verschobene Termin für die Vernehmlassung zur Revision des Bauvertragsrechts zeigt. Ein Gespräch über Normen, Regeln der Baukunde, Mehrwertaus- gleich und falschen Sparsinn. INTERVIEW—IVO CATHOMEN* Sibylle Schnyder, braucht es im Bauwesen einen Konsumentenschutz? Grundsätzlich ja, wenn auch nicht als Konsumen- tenschutz im engeren Sinn, sondern eher in Form einer Verbesserung der Rechtsstellung. Zum einen liessen sich gesetzliche Grundlagen des Bauwe- sens in einigen Punkten tatsächlich verbessern. Zum andern krankt es an der Handhabung des be- stehenden Rechts. Es ist erschreckend, wie unbe- kümmert gewisse Einmalkäufer eine Million in- vestieren und mit dem vergleichsweise geringen Honorar für die Fachmeinung einer Expertin oder eines Experten geizen. ANZEIGE IMMOBILIA / August 2019 5
FOCUS INTERVIEW BAUVERTRAGSRECHT Können Sie Beispiele nennen? Einmalkäufer. Ich vertrete die Auffassung, dass das Es würde viel bewirken, wenn der Baubeschrieb Schutzniveau für alle auf ein faires, aber doch nicht beim Kauf ab Plan durch eine Baufachperson und einschränkendes Niveau angehoben werden sollte. der Vertrag durch eine Juristin oder einen Juristen Was wäre eine übermässige geprüft würden. Viele verlassen sich im Irrglauben Einschränkung? auf den Notar, dass dieser den Vertrag schon kon In meiner Beratungstätigkeit habe ich viel mit pro- trollieren werde. Das trifft zwar auf die formellen fessionellen institutionellen Investoren zu tun, die Anforderungen zu, aber nicht auf Interessenlage, beispielsweise in der Lage und willens sind, sich die Leistungen und Gewähr der Parteien. Zudem sind BIOGRAPHIE Mängelrechte von einem eher finanzschwachen die Interessen des Notars im freien Notariat nicht SIBYLLE Verkäufer abtreten zu lassen. Für sie wäre es eine SCHNYDER immer gleichmässig verteilt. Behinderung, wenn man die Abtretung der Mängel- (*1975) Dr. iur. Sibylle Muss man Einmalkäufer also vor ihrem Schyder besitzt das rechte generell verbieten würde. eigenen Leichtsinn schützen? Zürcher Anwaltspatent Ausserdem sind die Machtverhältnisse Ich bin generell zurückhaltend mit der Forderung und ist Fachanwältin unterschiedlich verteilt. SAV Bau- und Immobi- nach neuen gesetzlichen Bestimmungen. Es sollte lienrecht. Sie prakti- Professionelle Bauherren haben eine ungleich stär- sich primär die Überzeugung durchsetzen, dass ziert seit 2002 bei CMS kere Verhandlungsposition. Sie können längere man sich als Einmalkäufer beraten lassen soll. So von Erlach Poncet in Verjährungs- und Rügefristen durchsetzen, was der liessen sich schmerzliche finanzielle Verluste ver- Zürich. Seit 2013 ist sie Einmalkäufer im ausgeprägten Verkäufermarkt Partnerin der Kanzlei. meiden und Nerven schonen, beispielsweise bei der Sibylle Schnyder hat an von Ballungsgebieten nicht kann. Akzeptiert der Absicherung von Teilzahlungen, die beim Konkurs den Universitäten von private Interessent den Vertrag nicht, hat der Ver- des Verkäufers unwiederbringlich verloren sind. Basel, Cambridge und käufer weitere Kaufwillige an der Hand, die gerne Freiburg studiert. Ungesicherte Anzahlungen halte ich im privaten einschlagen. Bereich für das grösste Risiko überhaupt. Zur Debatte steht, Teile von Normen auf Ge- Wo ist die Grenze zu ziehen zwischen setzesstufe zu heben. Wie sinnvoll ist das? Einmalkäufer und dem professionellen Man muss zwischen technischen Normen und all- Investor? gemeinen Bestimmungen unterscheiden. Erstere Die Grenzziehung auf Gesetzesstufe ist tatsächlich gehören definitiv nicht ins Gesetz, weil sie Verän- ein schwieriges Unterfangen. Auch dies spricht ge- derungen unterworfen sind und sich auf ganz be- gen ein spezielles Recht für Einmalbauherren oder stimmte Gewerke beziehen. Sie dokumentieren die 6 IMMOBILIA / August 2019
allgemeinen Regeln der Baukunde. Wir müssen uns Planungs- oder Konstruktionsfehler bzw. ein Mate- vor Augen halten, dass das Werkvertragsrecht nicht rialmangel zugrunde liegt oder ob das Bauwerk un- nur Bauwerke erfasst, sondern eine breite Palette, sachgemäss gewartet wurde. wie zum Beispiel auch eine künstlerische Darbie- Apropos Planervertrag und Haftung des tung. Bei den allgemeinen Bestimmungen wie in Planers: Braucht es hier einen neuen SIA 118 ist die Anregung allerdings berechtigt, ge- Vertragstypus? wisse Bedingungen allgemeingültig zu erklären, Ich sehe keinen Handlungsbedarf. Es lässt sich al- beispielsweise die Rüge- und Verjährungsfristen les problemlos mit Auftragsrecht und Werkvertrag aus SIA 118, die sich in der Praxis bewährt haben. regeln. SIA 118 und die SIA-Musterverträge sehen Was spricht dagegen? weitgehend eine faire Regelung des Vertragsver- Das starke Lobbying der Bauwirtschaft, wenn im- hältnisses vor. Allerdings kann für den Bauherrn mer es um gesetzliche Rahmenbedingungen und ein finanzieller Schaden resultieren, wenn der Pla- die Interessen der Branche geht. Das Bauhandwer- ner seine Haftung übermässig einschränkt. Ver- kerpfandrecht ist nicht umsonst ein absolutes Uni- breitet sind Beschränkungen auf eine gewisse Sum- kat, während jeder andere Gläubiger seinen Forde- me oder auf die Versicherungsdeckung, also auf rungen hinterherrennen muss. Oder die Schäden, die durch die Versicherung tatsächlich ge- Anpassungen des Verjährungsrechts ab 2020, wo- deckt sind. Das gab in meiner Praxis schon einige nach Ansprüche im Zusammenhang mit Tötung Male böse Überraschungen. und Körperverletzung künftig erst nach zwanzig Wie verbreitet ist aber SIA 118 als DER VERKÄU- Jahren verjähren. Ausgenommen sind jedoch Vertragsbedingung tatsächlich? FERMARKT Werk- und Architektenverträge. Diese Ansprüche Bei Privatpersonen und Einmalkäufern deutlich SCHWÄCHT verwirken weiterhin bereits nach fünf Jahren. seltener als bei professionellen Bauherren und In- DIE POSITION Eigentlich ein Widerspruch, handelt es sich vestoren. Bei Käufern von Immobilien ab Plan gilt PRIVATER BAUHERREN. bei Immobilien doch um Werke mit einer sogar häufig nur das Kaufrecht. Es wäre aber sach- sehr viel längeren Lebenserwartung. gerecht, beim Kauf einer neu erstellten Liegen- Der Anstoss für die Verlängerung kam bezeichnen- schaft auch die werkvertraglichen Bestimmungen derweise aus dem Bausektor mit den Asbestfällen zu integrieren. und dem Tiefgaragen-Unglück in Gretzenbach. Wie verbreitet ist das Problem? Umgekehrt kann argumentiert werden, dass eine Wären Pfusch und Schadensfälle weit verbreitet, Liegenschaft im Lebenszyklus tiefgreifenden Ver- hätte der Gesetzgeber bereits viel früher reagiert. änderungen unterworfen und dem Umwelteinfluss Bauen ist aber mit Risiken verbunden, die – wenn ausgesetzt ist. Es wird darum im Verlauf immer sie sich materialisieren – einen enormen finanziel- schwieriger festzustellen, ob dem Unglück ein len Verlust mit sich bringen können. IMMOBILIA / August 2019 7
Eine Wohnsiedlung umweltfreundlich heizen. Dank Nutzung von Abwärme aus dem lokalen Rechenzentrum. Referenzobjekt Siedlungssanierung GEWOBAG, Zürich. ewz.ch/energielösungen Studie Bundesamt für Energie 2018, Kategorie Wärme
FOCUS INTERVIEW BAUVERTRAGSRECHT DIE VERTRAGLI- CHEN GRUND LAGEN BEI DER ERSTELLUNG EI- NES WERKS SIND – GELINDE GESAGT – OFT LAUSIG. ist. Das kann für jedes Werk und jede Arbeits Aber mangelnde Termintreue ist im gattung verschieden sein. Bausektor fast epidemisch. Zum Schluss noch ein Blick in den Professionelle Bauträger legen darum vertraglich öffentlich-rechtlichen Bereich – zur Mehr- Fristen für die Vertragserfüllung und Konventio- wertabgabe. Als einer der letzten Kantone nalstrafen fest, weil sie ihrerseits mit Mietern Ver- hat Zürich nun einen Konsens zur Mehr- träge abschliessen und sie bei Verzug Mietzinsaus- wertabschöpfung gefunden. Wie sehr fälle erleiden. Private Bauherren haben es ungleich beschäftigt das die Eigentümer? schwerer, einen finanziellen Schaden nachzuwei- Diesen Aspekt gilt es besonders beim Kauf von Im- sen, wenn sich die Fertigstellung verzögert. mobilien im Auge zu behalten. Ist bei der Handän- Gilt der Verzug nicht als Werkmangel? derung noch ein Mehrwert geschuldet, so muss die- Nein, es ist je nach Vereinbarung eine Vertrags ser sichergestellt werden. Denn die öffentliche verletzung. Es geht um Schadenersatz, nicht um Hand hat ein Pfandrecht auf der Liegenschaft, wo- Minderung. mit der neue Eigentümer mithaftet. Sie nehmen Mitte September an einer Podi- Entscheidend ist die Berechnung des umsdiskussion der Kammer Unabhängiger Mehrwerts, wozu es noch keine Praxis gibt. Bauherrenberater über die wachsende Nor- Es gibt bisher mit Basel-Stadt, Neuenburg, Genf menvielfalt und Regelungsdichte im Bauwe- und Thurgau nur ganz wenige Kantone mit einer sen teil. Was gilt nun: die Forderung nach mehr oder weniger langen Erfahrung. Nun muss mehr oder die Klage über zu viel Regelung? sich flächendeckend eine Berechnungs- und Ge- Beides ist richtig. Die Regelungsdichte nimmt zu – richtspraxis herausbilden. Es wird interessant zu neue Gesetze, verschärfte Normen, Richtlinien, beobachten sein, wie die unterschiedlichen kanto- Empfehlungen und Merkblätter. Das wirft viele nalen Regeln umgesetzt werden. Wo den Gemein- Fragen auf. Was muss eingehalten werden, was gilt den ein Spielraum bei der Festsetzung des Aus- als vertraglich vereinbart? Und was gilt, auch wenn gleichs gewährt wird, wird es zudem zu einem es nicht explizit vereinbart worden ist? Ich nenne Standortwettbewerb kommen. Städte dürften den als Beispiel die sogenannten Regeln der Baukunde. Ausgleich höher ansetzen als Landgemeinden. Der Richter geht davon aus, dass ein Werk nach die- Entsteht hinsichtlich der Berechnungsme- sen Regeln zu errichten ist, und wird dies anhand thoden und Annahmen zu «highest and best dieser Regeln prüfen. Dazu müssen sie aber nicht use» nicht ein Basar zwischen Behörden explizit vereinbart worden sein. und Bauherren? Wie bilden sich Regeln der Baukunde Bei Bagatell- und Standardfällen wird es wenig Ver- heraus? handlungsspielraum hinsichtlich der Berechnung ge- Die Regeln sind anerkannte Grundsätze und in der ben, bei Arealüberbauungen hingegen schon. Hier be- *IVO CATHOMEN Praxis gelebte Vorgehensweisen. Im Streitfall steht zudem die Möglichkeit des städtebaulichen Dr. oec. HSG, ist braucht es den Experten, der in einem Gutachten Vertrags mit abweichenden Regelungen – aus juristi- Herausgeber der feststellt, was als Regeln der Baukunde zu verstehen scher Sicht ein faszinierendes Tätigkeitsfeld. Zeitschrift Immobilia. IMMOBILIA / August 2019 9
IMMOBILIENPOLITIK WAHLEN 2019 Immobilien, Wohnen und das Mietwesen BLINDER FLECK sind nicht auf dem Radarschirm der bürgerli- IM PARTEIPROGRAMM chen Parteien. Für die kommende Legislatur bedeutet das nichts Gutes. Besonders, weil DER BÜRGERLICHEN sich die Linke klar positioniert. TEXT — IVO CATHOMEN* ZUFALLSFUNDE Sucht man in den Programmen der bürgerlichen Parteien nach Positionierungen mit Bezug zur Immo bilienwirtschaft, bleibt man weitgehend erfolglos. Themen wie Mietwesen oder Wohneigentum bleiben «Zufallsfunde». Unter den wortkargen Bürgerlichen noch am ausführlichsten ist die SVP. Sie setzt sich ge mäss ihren Parteistandpunkten gegen eigentums feindliche Regelungen im Immobilienbereich ein. Hier verlangt sie eine Lockerung der mietrechtlichen Be wirtschaftungsvorschriften und der Mietzinskon trolle. Weiter, dass Haus- und Wohnungseigentum durch steuerliche Anreize gefördert und die Eigen mietwertbesteuerung abgeschafft wird. Den staatli chen sozialen Wohnungsbau lehnt die SVP ab, denn dieser führe zu wettbewerbsverzerrenden Effekten, die sich negativ auf private Investitionen auswirkten. FDP IM KLIMAWANDEL Bei der FDP fehlt eine grundsätzliche parteiweite «Elefantenrunde» Haltung in Immobilienfragen gänzlich. Die Partei ist im SRG-Wahlstu- dio am Abend der derzeit mit ihrer Neupositionierung in Sachen Klima eidgenössischen politik beschäftigt und fokussiert ihre Forderungen auf Wahlen 2015. die energetische Sanierung des Gebäudeparks und ei (BILD: KEYSTONE) ne marktnahe Gestaltung der Energiepreise. Die auf Stossrichtungen auf den gemeinnützigen Wohnungs die städtischen Gebiete fokussierte «FDP Urban» will bau und auf kantonale Mietrechtsthemen verlegt. die Verdichtung fördern und gleich lange Spiesse für Die Grünen bezeichnen Wohnen als Grundbedürf private und gemeinnützige Wohnbauträger. Das Inves nis und bezahlbaren Wohnraum als zunehmend rar. titionsklima soll mit steuerlichen Anreizen verbessert Daraus leitet die Partei ab, dass der nicht renditeorien werden. Was das alles heisst, lässt sie offen. tierte Wohnungsbau gestärkt werden muss. Sie fordert Bei der CVP scheint der alte 18-Punkte-Plan zu ein Mietrecht mit griffigem Mieterschutz, besserem «Faires Wohnen für alle» von 2014 nach wie vor Gül Kündigungsschutz und eine Begrenzung der Erhöhung tigkeit zu haben. Was auch darauf hindeutet, dass die der Anfangsmieten sowie die Förderung von Wohnun CVP in Immobilienfragen oft links steht. So fordern die gen mit erschwinglichen Mieten. «Christlichen», öffentlichen Grund für Wohnbauge nossenschaften bereitzustellen, eine Bodensteuer zu SCHLECHTES OMEN FÜR DIE WAHLEN prüfen, die Titel Architekt und Planer zu schützen und Mit Blick auf die Wahlen im Oktober bedeutet diese anderes Wirtschaftsfeindliches mehr. ungleiche Gewichtung nichts Gutes. Die Immobilien Für GLP und BDP stehen ebenfalls klimapolitische politik wird immer mehr durch die Stimmbürger in den Forderungen im Zusammenhang mit der Immobilien städtischen Gebieten und Agglomerationen bestimmt. wirtschaft und die Raumplanung im Vordergrund. Die Und hier zeigt das politische Barometer zunehmend GLP streicht ausserdem das Verbandsbeschwerde nach links, wie das Meinungsforschungsunternehmen recht für die Durchsetzung des Umweltrechts als wich Sotomo unlängst gezeigt hat (NZZ vom 3.6.19). Mittler tig heraus. Es ermögliche Verbänden, die Behörden auf weile sind die Grossstädte tief ins linke Spektrum ab Unterlassungen aufmerksam zu machen und so für die gerutscht. Und je städtischer die Agglomerationen da Einhaltung des Rechts zu sorgen. rum herum, umso eher tendieren diese ebenfalls gegen links. Argumente für mehr Mieterschutz, staatlichen POINTIERTERE LINKE Eingriff und gemeinnützigen Wohnraum fallen hier Die Linke adressiert das Thema Wohnen und Miet auf fruchtbaren Boden. Demgegenüber verliert das wesen demgegenüber viel offensiver und ortet hier of konservativ-bürgerliche Umland zunehmend politi fensichtlich ein grösseres Wählerpotenzial über ihre schen Boden. traditionelle Klientel hinaus. Das Dossier Wohnen er Die bürgerlichen Parteien tun gut daran, glaubwür scheint zuoberst auf der Agenda der SP. Nachdem im dige Antworten auf die Herausforderungen im Immo Bereich des Mietrechts auf nationaler Ebene kaum biliensektor in den urbanen Regionen zu entwickeln. *IVO CATHOMEN mehr nennenswerte Erfolge erzielt werden können Die zahlreichen Vertreter aus dem weiteren Immobili Dr. oec. HSG, ist und parlamentarische Vorstösse höchstens noch den ensektor könnten die Branche durchaus glaubwürdig Herausgeber der Charakter von Scharmützeln haben, hat die Linke ihre vertreten und sind nun entsprechend gefordert. Zeitschrift Immobilia. 10 IMMOBILIA / August 2019
KURZMELDUNGEN SCHWEIZ SVIT FÜR LÄNGERE ÜBERGANGSFRIST Der SVIT Schweiz fordert in der Vernehmlassung zur An QD passung der Verordnung über die Eigenmittel und Risikover markt verstärken, was aus teilung für Banken und Effek Sicht des SVIT unerwünscht tenhändler (ERV) eine Erstre ist. Ginge es nach dem Ver ckung der Übergangsfrist für band, könnten die Kantone bestehende Hypotheken von weiterhin Abzüge für energeti Renditeliegenschaften. Das sche Sanierungen zulassen. Finanzdepartement schlägt vor, dass laufende Verträge bis 1. Januar 2021 den verschärf BASEL-STADT workflow ten Eigenmittelvorschriften unterstellt werden, was zu Ver 25 PROZENT dms teuerungen oder gar Kündigun GEMEINNÜTZIGE gen führen könnte. WOHNUNGEN Der Regierungsrat hat Ziel wert und Massnahmen zur SVIT SCHWEIZ Umsetzung der Verfassungs BEFÜRWORTET initiative «Recht auf Wohnen» beschlossen. Demnach soll der mobile SYSTEMW ECHSEL Der SVIT Schweiz begrüsst Anteil von Genossenschafts im Grundsatz das Bestreben, wohnungen, preisgünstigen einen Systemwechsel bei der Wohnungen im Finanzvermö Wohneigentumsbesteuerung gen und einer neu zu schaffen web einzuleiten. Gleichzeitig weist den Wohnbaustiftung am der SVIT auf gewisse Marktef Mietwohnungsbestand im fekte des Systemwechsels hin. Kanton in mehreren Schritten Der Verband hat sich in der von 13,5% (2018) auf 17,0% Vernehmlassung der Kommis (2035) und 25,0% (2050) er sion für Wirtschaft und Abga höht werden. Die zu schaffende ben des Ständerats (WAK-S) öffentlich-rechtliche Wohn grundsätzlich positiv zum Sys baustiftung soll nach einer QuorumDigital temwechsel geäussert. In Ab Aufbauphase bis im Jahr 2035 hängigkeit von der konkreten zunächst 200 Wohnungen an Ausgestaltung wird die Ab bieten können und das Angebot schaffung des Eigenmietwerts in der Folge weiter steigern. Zu und die Aufhebung der Abzugs diesem Zweck wird das Präsi möglichkeiten gewisse Grup dialdepartement nun einen SOFTWARE FÜR DIE PROFESSIONELLE pen der Wohneigentümer ge Vorschlag für eine entspre BEWIRTSCHAFTUNG VON LIEGENSCHAFTEN genüber dem heutigen System chende gesetzliche Grundlage bevorzugen bzw. benachteili erarbeiten. Bereits beschlossen gen. Vieles hängt dabei vom je hat der Regierungsrat als kurz QUORUMSOFTWARE.CH weiligen Zinsniveau ab. Die fristige Massnahme die Stär glättende Wirkung, die Eigen kung der Wohnvermittlung mietwert und Abzugsmöglich und Wohnberatung durch die keiten heute entfalten, würde IG Wohnen, indem sowohl das mit dem Systemwechsel entfal in der Leistungsvereinbarung len. Der Verband äussert sich vorgesehene Kostendach für eher kritisch zu den Abzugsmög die Wohnungsvermittlungen lichkeiten für Ersterwerber: als auch der Staatsbeitrag für Diese könnten Preisschwan die öffentliche Sprechstunde kungen am Wohneigentums substanziell erhöht wurden. IMMOBILIA / August 2019 11
IMMOBILIENWIRTSCHAFT WOHNTRAUMSTUDIE In der Wohntraumstudie werden weiche Faktoren wie Bedürfnisse, GERÄUMIG, RUHIG, Präferenzen und Sorgen der Schwei- zer Wohnbevölkerung untersucht. Damit ist diese Studie eine wertvolle GRÜN UND NAH Informationsquelle für Immobilienpro- fis, die ihre Kunden besser kennenler- nen wollen. TEXT—ROMAN BOLLIGER* BILD: REALIT TREUHAND AG UND WOHNTRAUMSTUDIE WIE MÖCHTE MAN IN DER SCHWEIZ bzw. des Hauses auch stark auf die laufenden Kosten WOHNEN? geachtet wird, spricht für die Weitsicht unserer Wohn- Dieser Frage ging die aktuelle Wohntraumstudie bevölkerung. dieses Jahr bereits zum vierten Mal auf den Grund. Dabei stellte sich heraus, dass das freistehende Einfa- ZUFRIEDENE MIETER, GLÜCKLICHE milienhaus noch immer das Mass aller Dinge ist. Und EIGENTÜMER das trotz der von der Politik immer vehementer gefor- Die Schweiz ist ein Volk von zufriedenen Mietern: derten Verdichtung! Beinahe die Hälfte wünscht sich Beinahe 80% der Mieter schätzen sich zufrieden oder ein ruhiges Haus mit Blick ins Grüne. Wohl mit Blick WER SICH eher zufrieden. Dieser hohe Wert scheint in den Miet- auf das stolze Preisniveau und die Finanzierbarkeit EXPERTE rechtsdiskussionen auf dem politischen Parkett aus- des eigenen Wohntraums hat daneben das Reihenein- NENNT, MUSS geblendet zu werden, erhält man dort doch regel- familienhaus stark an Bedeutung gewonnen. Bei den SICH MIT DER mässig den Eindruck, als ob die Mieter fürchterlich Wohnungen ist das Attikageschoss mit Abstand am be- ENTWICKLUNG unzufrieden seien. Bei den Eigentümern beträgt dieser liebtesten. Kein Wunder, figurieren die Preise dieses VON WOHN Wert sogar sagenhafte 95%. Es scheint tatsächlich so, Wohnungstyps im höchsten Segment! BEDÜRFNISSEN als ob sich viele ihren Wohntraum erfüllen konnten. VERTIEFT Erstaunlicherweise ist die Mehrheit auch zufrie- EIN TIEFER PREIS ALLEINE MACHT AUSEINANDER den mit ihrem täglichen Arbeitsweg. Vor dem Hinter- SETZEN. NICHT GLÜCKLICH grund der zahlreichen Staumeldungen liegt diese Ein- Es stellt sich heraus, dass der Kaufpreis zwar wichtig, schätzung nicht auf der Hand. Eine Erklärung dafür aber nicht der entscheidende Faktor ist. dürften die relativ kurzen Pendlerdistanzen sein: Zwei Denn die Schweizer Wohnbevölkerung sehnt sich Drittel der Befragten pendeln nur zwischen 6 und 15 ebenso nach Ruhe, viel Platz und grosszügigen Aus- Kilometern pro Arbeitsweg. senräumen wie Balkon oder Terrasse. Ganz vorne in der Hitparade der Wohnwünsche befindet sich auch DIE LIEBEN NACHBARN die Nähe zum öffentlichen Verkehr. Dies ist insbeson- Eine grosse Bedeutung hat das unmittelbare Um- dere wichtig für das Einkaufen und für das Pendeln feld der Wohnung oder des Hauses. So beeinflusst et- zum Arbeitsplatz. Dass bei der Wahl der Wohnung wa das Nachbarschaftsverhältnis die Wohnqualität 12 IMMOBILIA / August 2019
9 WAS MACHT IHRER MEI- Zugehörigkeit zu einem NUNG NACH Schweizer Maklernetzwerk DIE QUALITÄT EINES MAK- Gute Ausbildung LERS AUS? Prozentangaben Langjährige Erfahrung Deutsch- und West- schweiz kumuliert. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90% Quelle: Wohntraumstudie 2018/2019 Deutschschweiz Westschweiz massgeblich. Während in der Deutschschweiz immer- te wissen, wie sich der Schweizer einen Verkauf vor- hin 42% nichts an ihren Nachbarn stört, sind das in stellt. Dabei zeigt sich, dass eine Mehrheit eine pro- der Westschweiz doch 12% weniger. Anwohner wer- fessionelle Beratung schätzt. Fragt man genauer, zeigt den positiv wahrgenommen, wenn es etwa um das Lee- sich jedoch, dass rund ein Drittel den Verkauf des ei- ren des Briefkastens, das Giessen der Blumen oder das genen Wohneigentums zuerst einmal selber wagt. Bei Annehmen von Lieferungen geht. Wenn man mal nicht der Auswahl des Immobilienmaklers hat man klare zufrieden ist mit den Hausnachbarn, so liegt das oft Vorstellungen: Dieser muss in erster Linie eine lang- daran, dass sie unfreundlich sind, schlechte Gerüche jährige Erfahrung aufweisen und gut ausgebildet sein. verursachen, nicht genügend kommunizieren und mit Als drittwichtigster Faktor wird die Zugehörigkeit zu lauter Musik oder lärmenden Kindern stören. Zudem einem nationalen Netzwerk genannt. Bei Finanzie- fällt auf, dass in der Westschweiz offensichtlich viel rungsfragen verlässt sich das Gros auf ihre Hausbank öfter Autos auf dem falschen Parkplatz abgestellt wer- und/oder auf eine unabhängigeHypothekarberatung. den als in der Deutschschweiz; dies scheint nämlich Der Rat von Familie oder Freunden zählt hier weniger. in der Romandie nicht weniger als drei Mal so häufig vorzukommen. WACHSAM BLEIBEN Der Vergleich zwischen Mietern und Eigentü- Die Wohntraumstudie hat einmal mehr gezeigt, dass mern zeigt, dass Mieter deutlich mehr Differenzen sich die Bedürfnisse der Schweizer Wohnbevölkerung mit Nachbarn haben als Eigentümer. Dies dürfte wohl von Jahr zu Jahr verändern. Immobilienprofis mit Be- damit zusammenhängen, dass Bewohner in Einfami zug zu privaten Transaktionen sollten diese Entwick- lienhäusern und Eigentumswohnungen über mehr lungen demzufolge aufmerksam verfolgen, damit sie die Privatsphäre verfügen. Die Wohntraumstudie woll- Nähe zu ihren Kunden aufrechterhalten können. Bereits zum vierten Mal wollte die Wohntraumstudie wissen, *DR. ROMAN H. BOLLIGER was die Schweizer Wohnbevölkerung bewegt. Die Studie wird vom nationalen Maklernetzwerk alaCasa.ch, von MoneyPark Der Autor ist Experte und Helvetia durchgeführt und kann bei alaCasa.ch kostenlos für Immobilien- bestellt werden: marketing und betreibt die Plattformen alaCasa.ch, Swiss www.alacasa.ch oder eine E-Mail an info@alacasa.ch. Circle, Swiss-Prop- Tech und Immo20. ANZEIGE Bewertung von Immobilienportfolios und Einzelobjekten Swiss Valuation Group AG Zürich 044 380 42 00 Die gesamtschweizerische Expertengruppe für die Basel 061 301 88 00 Bewertung von Immobilien | www.valuationgroup.ch St. Gallen 071 552 07 20 17030_01_svg_anzeige_188x31_0720.indd 1 20.07.17 19:37 IMMOBILIA / August 2019 13
IMMOBILIENWIRTSCHAFT AUSBLICK IMMOBILIENMÄRKTE Die Weltbevölkerung wächst weiter an und mit ihr der Bedarf an Wohn- und DIE IMMOBILIE Lebensraum. Die Individualisierung führt zu einer steigenden Vielfalt an DER ZUKUNFT Lebensstilen, Familienmodellen, Kon- summustern und auch Wohnformen. Neue Lebensformen sind zu berück- sichtigen. TEXT—PASCAL LÜTHI* Gefragt sind Wohnkonzepte, welche sich an den Be- dürfnissen der Bewohner orientieren, sich wechseln- den Lebenssituationen anpassen und sich auf deren Lebensstil und -umstände einstellen können. GENERATIONENKOMPATIBEL Ältere Menschen bleiben länger gesund und ak- tiv. Das subjektiv empfundene Alter sinkt und damit wird auch der Lebensstil verändert. Neue Konzepte und Technologien werden es ermöglichen, dass ältere Menschen länger in ihren eigenen vier Wänden unab- hängig wohnen bleiben können. Allgemein betrachtet, müssen bauliche Struktu- ren künftig schneller und flexibler auf gesellschaftli- che Veränderungen reagieren können. Gebäude und Quartiere sollten zunehmend multifunktional und nutzungsneutral gestaltet werden, sodass Wohnun- gen und Grundrisse flexibel mitwachsen und unter- schiedlich eingeteilt werden können. Die Immobilie der Zukunft weist sich allerdings nicht nur durch Qualitäten aus, die veränderte Nut- zungsszenarien über die gesamte Lebensdauer er- möglichen. Auch und besonders in den Bereichen Nachhaltigkeit und Nutzereffizienz wird sich die zukünftige Immobilie stark von der heutigen unter- scheiden. Die Zahl der Gebäude, bei welchen über alle Pha- sen des Lebenszyklus der Gedanke der Nachhaltig- keit verfolgt wird, werden zunehmen. «Green Buil- dings» zeichnen sich aus durch eine Minimierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs und der Umwelt- belastung – zum Beispiel in der Entstehungs- oder Mo- dernisierungsphase durch den Einsatz von «grünen» Baumaterialien wie schnell nachwachsenden Pflan- zen (Holz), durch Produkte, welche wiederverwertbar und recycelbar sind (Stein, Metall), durch Erzeugnis- se, die lokal gewonnen und aufbereitet werden und so ressourcenschonender und energieeffizienter (Trans- portenergie) verbaut werden können. Die Umwelt- belastung kann durch begrünte Fassaden verringert werden, wenn grosse Pflanzen oder gar Bäume, die auf den Balkonen wachsen, dazu beitragen, die Umwelt zu reinigen. WIE SIEHT DIE IMMOBILIE DER ZU Das Hochhaus KUNFT AUS? WAS MUSS SIE KÖNNEN? «Aglaya» auf dem SMART BUILDINGS Suurstoffi-Areal Das Bedürfnis an Flexibilität, Mobilität und Er- in Risch Rotkreuz. Durch den Einsatz von Internet-of-Things-Tech- reichbarkeit steigt weiter und wird durch die techno- BILD: RAUMGLEITER/ nologien (IoT) und künstlicher Intelligenz (KI) kön- logische Entwicklung verstärkt. Altbewährte Grenzen ZUG ESTATES nen Immobilien «intelligenter» und effizienter wer- zwischen Wohnen und Arbeiten, Beruf und Freizeit, öf- den, indem sie Nutzerbedürfnisse besser verstehen fentlich und privat, Familien- und Freundeskreis wer- und selbständig darauf reagieren. den weiter verschwimmen. So schaltet sich beispielsweise die Heizung recht- Gesucht sind innovative Konzepte, welche eine zeitig vor dem Nachhause kommen ein; die geregel- funktionale Integration und eine Annäherung unter- te Raumkonditionierung im Innern wird automa- schiedlicher Lebensbereiche am Wohn- und Arbeits- tisch an das Nutzerverhalten angepasst. Schäden an ort zulassen, wie zum Beispiel Wohnen und Arbeiten, Gebäude und Infrastruktur werden selbst erkannt Arbeiten und Konsum, Kinder- und Altenbetreuung und direkt an die richtige Stelle gemeldet. Somit wer- sowie Privat- und Geschäftsleben. den durch den Einsatz von alternativen und neuarti- 14 IMMOBILIA / August 2019
20 gen Baumaterialienin Kombination mit Technolo- Zeitpunkt zu wissen, wie ein gutes Ergebnis entsteht. gie der Alltag, die Sicherheit und die Energieeffizienz Dazubraucht es ein tiefergehendes Verständnis von verbessert. Planungsprozessen und die Bereitschaft, Fachperso- Auch in puncto Mobilität wird sich einiges verän- nen frühzeitig in das Projekt zu integrieren. dern. Wesentlich wird hier der Switch vom Besitzen hin zum Teilen sein. Alles, was den Verbrauch für Ver- EINBEZUG DES NUTZERS kehrswege und Parkplätze vermeidet, und somit mehr Frühzeitige Überlegungen zu möglichen Nutzungs- Fläche für Wohnen, Arbeiten und Freizeit bietet, ist szenarien, Betreiberkonzepten und Nutzern sind eben- gefragt. Die Immobilie sollte also im besten Fall mit so eine Voraussetzung für den Erfolg der Immobilie den eigenen Bestandteilen, den Nutzern und der Um- der Zukunft wie ein umfassenderes Verständnis dafür, welt verbunden sein. wie eine Art «Kultur der Nachhaltigkeit» zu vermit- teln ist. Tatsächlich ist der Nutzer sozusagen die Black- HERAUSFORDERUNGEN IM IMMOBILIEN box, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht. Sein MANAGEMENT Verhalten und Umgang sind entscheidend dafür, ob ein Die neuen Ansprüche an die Flexibilität von Gebäu- Gebäude seine Effizienzpotenziale wirklich ausnutzt. den stellen das Immobilienmanagement, die bisheri- Der Mensch muss die Zügel in der Hand behalten und gen Planungsprozesse und Organisationsstrukturen auch zukünftig in der Kommandozentrale sitzen – nur von Unternehmen vor neue Herausforderungen. so kann die Immobilie der Zukunft ein Erfolg werden. Bisher gewohnte Arbeitsweisen müssen überdacht Letztlich sind alle Anlageklassen, egal ob Büro-, und angepasst werden. Alte Denkmuster sollten in- Einzelhandel-, Spezial- oder Wohnimmobilien be- terdisziplinären und teamorientierten Vorgehen wei- troffen. Jeder Bereich der Immobilienbranche wird chen. Die Funktionen einer Immobilie müssen neu sich in den nächsten Jahren verändern. Die Immobilie *PASCAL LÜTHI überlegt werden. Durch intelligentes Handeln lässt von morgen muss sich also den jeweiligen Nutzungs- Der Autor ist Projekt- sich viel Aufwand vermeiden, wozu vor allem die Di- bedingungen und Wünschen anpassen können. Woh- leiter Baumanagement gitalisierung beitragen kann. Ziel muss es sein, mit nungen, Gebäude, Siedlungen und Stadtteile werden bei der Wincasa. Der Hilfe einer Änderung der Denkweise und des sinn- zunehmend als Gesamtsysteme gesehen, welche Woh- Artikel entstand im vollen Einsatzes digitaler Werkzeuge die scheinbaren nen, Arbeiten und Freizeit integrieren. So werden sie Rahmen des MAS Immobilienmanage- Gegensätze Ökonomie und Ökologie unter einen Hut nicht nur lebendiger, bunter und sozialer, sondern vor ment an der Hoch- zu bringen. Als Bauherr gilt es, zu einem sehr frühen allem zukunftsfähiger – und profitabler. schule Luzern. ANZEIGE Die Graffitischutz- Spezialisten www.desax.ch Graffitischutz DESAX AG DESAX AG DESAX SA Betonschutz Ernetschwilerstr. 25 Felsenaustr. 17 Ch. des Larges-Pièces 4 Desax-Betonkosmetik 8737 Gommiswald 3004 Bern 1024 Ecublens Betongestaltung T 055 285 30 85 T 031 552 04 55 T 021 635 95 55 Betonreinigung
IMMOBILIENWIRTSCHAFT MIETWOHNUNGSMARKT Die leerstehenden Wohnungen sind gezählt, und es benötigt keine Glasku- gel, um einen erneuten Anstieg der KAUM BESSERUNG Leerstandszahlen zu prognostizieren. Während in einigen Regionen immer IN SICHT noch Wohnungsmangel herrscht, verschlechtert sich die Situation in anderen Regionen weiter – auch auf- grund der Nachfrageentwicklung. TEXT—DIETER MARMET* LEERSTANDSZÄHLUNG Mit Stichtag 1. Juni werden in der REGIONALE MIETWOHNUNGSNACHFRAGE Schweiz jedes Jahr die Wohnungsleerstän- Quelle: Realmatch360 de erhoben. Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Artikels waren noch keine Resultate bekannt, aber man braucht kein Prophet zu sein, um die Richtung der Leerstandsent- 240 wicklung vorherzusagen: Sie haben auch in den zwölf Monaten vor dem Stichtag wei- 220 ter zugenommen. Der Leerwohnungsan- stieg rührt einerseits von der nach wie vor 200 lebhaften Bautätigkeit her, welche das An- 180 gebot laufend vergrössert, und ist ander- seits die Folge einer insgesamt eher seit- 160 wärts tendierenden Immobiliennachfrage. 140 EIGENTUM VOR MIETE Der Rückgang der Nachfrageindizes 120 auf dem Schweizer Immobilienmarkt, der in der zweiten Jahreshälfte 2017 be- 100 gann und der wohl vor allem auf die sich verschlechternden wirtschaftlichen Aus- 80 sichten zurückzuführen war, hat sich En- 6 6 6 7 7 7 7 7 7 8 8 8 8 8 8 9 9 9 9 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 de des vergangenen Jahres verlangsamt. .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 07 09 11 01 03 05 07 09 11 01 03 05 07 09 11 01 03 05 07 2019 zeigen die Indexwerte wieder leicht nach oben, insbesondere bei der Nachfrage Aarau Brugg-Zurzach Oberaargau Olten nach Wohneigentum, die nicht zuletzt vom erneuten Rückgang bei den Hypothekar- zinsen profitiert hat. Etwas weniger rosig sieht es bei der Mietwohnungsnachfra- REGIONALE MIETWOHNUNGSNACHFRAGE ge aus, doch auch dort liegt der gesamt- Quelle: Realmatch360 schweizerische Indexwert von Juni 2019 mit 115,4 ganz leicht über dem Vorjahres- wert (114,0). 220 Regional zeigen sich allerdings immer noch erhebliche Unterschiede. Während 200 in einigen Regionen und insbesondere in den Grossstädten Genf und Zürich wei- 180 terhin Wohnungsmangel herrscht, wei- sen andere Regionen einen zunehmenden 160 Wohnungsüberfluss aus. In der Frühlings- ausgabe des Immo-Monitorings rechnet 140 Wüest Partner in neun Schweizer Regio- nen mit einem Wohnungsüberfluss von 120 mehr als 1000 Wohnungen. Betroffen sind vor allem das Mittelland (Regionen Ober- 100 aargau, Olten, Aarau, Brugg-Zurzach) und die Südschweiz (Regionen Sion, Sierre, Lo- 80 carno, Lugano). Dazu kommt in der Ost- 6 11 6 01 6 03 7 05 7 07 7 09 7 11 7 01 7 03 8 05 8 07 8 09 8 11 8 01 8 03 9 05 9 9 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 01 schweiz die Region St. Gallen. .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 07 09 NACHFRAGEENTWICKLUNG Locarno Lugano Sion St.Gallen Analysiert man nun die Entwicklung der Mietwohnungsnachfrage in diesen Regio- nen, wird schnell ersichtlich, dass sich die Situation in den vergangenen zwölf Mona- ten in keiner der angesprochenen Regio- 16 IMMOBILIA / August 2019
6 nen deutlich verbessert haben kann, denn In den Regionen Sierre (11,9%), Ober- und die Region Brugg-Zurzach mit einer die Anzahl der Mietwohnungsnachfrager aargau, Sion, Olten, Brugg-Zurzach und immerhin überdurchschnittlichen Neu- – gemessen an der Zahl der Suchabos bei Aarau lag sie gar bei mehr als dem Dop- bautätigkeit. Dort, wo besonders viel ge- den grossen Immobilienplattformen – ist pelten des nationalen Durchschnitts. baut wird, ist damit zu rechnen, dass sich in den meisten dieser neun Regionen wei- Entsprechend hoch war das Angebot in die Marktungleichgewichte weiterhin ter zurückgegangen. Ausnahmen von der praktisch allen Regionen, einzig in der rasch vergrössern. Doch auch in den Re- Regel bildeten einzig die Tessiner Regio- Region Locarno lag das Angebot nur gionen mit einer unterdurchschnittlichen nen Locarno und Lugano, wo sich die Zahl leicht über dem landesweiten Durch- Neubautätigkeit darf nicht von einer Re- der Mietwohnungsnachfrager zwischen schnitt. Gemessen am hohen Angebot duktion der Leerstandsprobleme ausge- Juli 2018 und Juli 2019 leicht erhöht hat. war die Nachfrage in sämtlichen Regio- gangen werden, solange sich die Nach- nen weit unterdurchschnittlich. Pro an- frage nach Mietwohnungen nicht wieder ZUNEHMENDE MARKT gebotener Mietwohnung betrug die An- deutlich nach oben bewegt. UNGLEICHGEWICHTE zahl der Suchabos gerade mal 0,3 bis 0,7. Bei einer derartigen Nachfrageent- In den Regionen Brugg-Zurzach und Lu- wicklung stehen die Zeichen natürlich gano lag dieser Wert gar unter 0,3. Trotz- *DIETER MARMET schlecht für eine Verbesserung der Situa- dem wurden in allen Regionen weiter Der Autor ist Mitglied des Advisory tion auf den Mietwohnungsmärkten. In al- neue Mietwohnungen erstellt, wenn Boards von Realmatch360, das Pro- jektentwickler, Investoren, Bewirt- len neun Regionen lag die Leerstandsziffer auch auf eher tiefem Niveau. Ausnah- schafter, Makler, Berater und Be- auf dem Mietwohnungsmarkt bereits 2018 men bildeten hier die Region Olten mit werter mit aktuellen Informationen über dem Schweizer Mittelwert von 2,6%. einer im Mietwohnungssegment hohen zur Immobiliennachfrage beliefert. ANZEIGE Software-Lösungen sind immer nur so gut wie der dazu gehörende Support. Kernstück unseres Angebots sind die beiden ausgereiften Immobilien-Softwares «Hausdata» für Privat- und Kleinverwaltungen sowie «Rimo» für Mittel- und Grossverwaltungen. Verbunden mit den kundenorientierten Beratungen und Schulungen sowie den umfassenden Serviceleistungen erhalten Kunden ein Gesamtpaket, das die Verwaltung ihrer Immobilien einfach, schnell und fehlerresistent macht. Stella Bornhauser, Schulung & Support eXtenso IT-Services AG eXtenso IT-Services AG Schaffhauserstrasse 110, 8152 Glattbrugg www.extenso.ch Tel. 044 808 71 11, info@extenso.ch
IMMOBILIENWIRTSCHAFT STOCKWERKEIGENTUM DER BAUHERREN- Die Verwaltung von Stockwerkeigen- tum gestaltet sich anspruchsvoll. BERATER Deshalb lohnt es sich, für strategische Bauplanungen einen Bauherrenbera- ALS MODERATOR ter ins Team zu holen. TEXT—JÜRG ZULLIGER* ZU KNAPPES BUDGET In unserem Fallbeispiel geht es um 65 Stockwerkeinheiten aus den 1970er Jah- ren: Der Fassade und der Decke in der Tiefgarage ist schon von weitem anzuse- hen, dass der Zahn der Zeit an der Sub- stanz nagt. Die Umgebung ist ruhig und grün, die Stockwerkeigentümergemein- schaft geniesst sogar den Komfort eines ei- genen Hallenbads. Doch die Sanierung der Tiefgarage, die Fassade, Wärmedämmung, Wasserleitungen, eine neue Heizung – all das sprengt rasch einmal das Budget. Der Verwalter und ein erfahrener Architekt le- gen ein Projekt vor; pro Wohnung ist mit Kosten von über 100 000 CHF zu rechnen. Doch es regt sich Widerstand. Der einen Oppositionsgruppe geht die Eingriffstie- 7 fe viel zu weit; andere Gegner der Vorlage sehen vor allem die Finanzierung als Prüf- stein. An der Jahresversammlung kommt das nötige Quorum nicht zustande, die Sa- Bauabnahme, Baubegleitung nierung muss vorerst auf die lange Bank ge- oder Bauplanung? – Solche schoben werden. Sachfragen gelten als Domäne BILDER: PIXABAY unabhängiger Experten. KLARE ROLLENVERTEILUNG Bei Planungen und Vorlagen von sol- cher Tragweite kann sich das Know-how von Bauherrenberatern auszahlen. Erfah- rung und fachliche Kompetenz werden entscheidend dazu beitragen, von realis- müsste sich die Aufgabe des Verwalters da- mit. Doch in aller Regel gelten die Zu- tischen Annahmen auszugehen, die Aus- rauf beschränken, das Thema aufs Tapet standsanalyse und eine erste Auslegeord- gangslage und den Gebäudezustand gründ- zu bringen. Das gilt natürlich vor allem für nung eben als Disziplin für sich. lich zu analysieren. Der Bauherrenberater Konstellationen wie in unserem eingangs Othmar Helbling sagt dazu: «Die Verwalter erwähnten Fallbeispiel: Ist die Siedlung in AUFGABEN DES BERATERS sind nach meiner Erfahrung meist gut aus- die Jahre gekommen, stehen offenkundig Laut Othmar Helbling könnte das gelastet, schon allein mit den vielen Jah- grössere Renovationen und Reparaturen Pflichtenheft für einen Bauherrenberater resversammlungen im ersten Halbjahr.» an, und die Gemeinschaft wird sich damit wie folgt aussehen: Gestützt auf seine Fach- Michel de Roche, Präsident der Fach- auseinandersetzen müssen. Ist auch noch kenntnisse nimmt er eine Bestandsaufnah- kammer Stockwerkeigentum SVIT, hat die Frage der Finanzierung offen, müsste me vor, er analysiert den Zustand der einzel- dazu eine klare Meinung: «Ich pflege Ver- der Verwalter darüber informieren. Sinn- nen Gebäudeteile, sammelt Informationen waltern zu empfehlen, eine strategische gemäss mit Aussagen wie «es kommen zur Vorgeschichte und bereits erfolgten Erneuerungsplanung nicht im Alleingang grössere Investitionen auf uns zu, und wir Umbaumassnahmen, berücksichtigt die durchzuführen, sondern sich hierbei von müssen Lösungen erarbeiten.» Lebensdauer der verschiedenen Teile und einem Baufachmann unterstützen zu las- Rechtsanwalt de Roche vergleicht die unterbreitet erste Vorschläge. «Im Stock- sen.» Handle es sich um bestehende bzw. Ausgangslage mit einem Neubau und der werkeigentum kommt es weiter darauf an, ältere Gebäude im Stockwerkeigentum Frage der formellen Bauabnahme und die individuellen Prioritäten und Wün- Mängelregelung: Dort sei die klare Abgren- sche miteinzubeziehen», erläutert Othmar ANZEIGE zung von Mängelfragen zentral, weil die- Helbling. Zu dieser Auslegeordnung gehö- se öfters mit Problemen verbunden seien. ren noch weitere wesentliche Aspekte, et- «So ist es in dieser Situation umso wichti- wa die Frage, in welche Zuständigkeit neu- Konflikte im StWE mediativ klären ger, einen unabhängigen Bauherrenbera- ralgische Teile fallen (Fenster, Fassade), ME-Versammlungen moderieren ter oder Architekten für die Bauabnahme welche finanziellen Rückstellungen vor- Moderator / Mediator M.A. und die Fragen zur Mängelbeseitigung bei- handen sind (Erneuerungsfonds) und wel- empfiehlt sich. Tel. 044 251 08 41 zuziehen.» – Bei der Erneuerungsplanung che Bauorganisation und welcher Zeitplan www.kreuzplatz-mediation.ch verhält es sich ähnlich. Natürlich bringen zweckmässig wären. Stellt sich zum Bei- teils auch Verwalter solide Vorkenntnisse spiel heraus, dass es die Stockwerkeigen- 18 IMMOBILIA / August 2019
26 diesem Weg zu begleitenund in die Rolle eines Moderators zu schlüpfen.» Von Aus- nahmen abgesehen, ist es meist auch mög- lich, Prioritäten zu setzen und die Inves- titionen über mehrere Jahre zu verteilen. Dann bleibt immer noch Zeit, die Finanzie- rung zu regeln und je nach dem im Vorfeld die Rücklagen in den Erneuerungsfonds zu erhöhen. WELCHES QUORUM? In diesem Prozess kommt es auch da- rauf an, ein solches Mandat rechtzeitig und formell korrekt vorzubereiten. Im Idealfall schaltet sich, wie erwähnt, schon früh ein Ausschuss der Stockwerkeigen- tümergemeinschaft ein. Laut Michel de Roche sind für das Mandat und die Um- setzung einer Bauherrenberatung keine allzu hohen Hürden zu nehmen: Der ent- tümer vorerst beim Austausch der Fenster chen und zur klaren Orientierung beitra- sprechende Auftrag dürfte in aller Regel oder einer Dachsanierung bewenden las- gen. Immerhin ist zu bedenken, dass es als normale Verwaltungshandlung gel- sen können, braucht es nicht zwingend ei- manche Stockwerkeigentümer vor den ten. Dazu bedarf es an der Versammlung nen Architekten oder Bauleiter. Von Vorteil Kopf stossen könnte, wenn sie über Jah- der Stockwerkeigentümer des absoluten ist es natürlich, wenn die Stockwerkeigen- re minimale Rückstellungen gebildet ha- Mehrs der anwesenden und vertretenen tümer einen Ausschuss für Baufragen bzw. ben und plötzlich ein umfangreiches Mil- Stimmen. Ob Neubau oder Sanierung: Der für die Erneuerungsplanung bilden. lionenprojekt einer Gesamtsanierung aufs Verwalter ist gut beraten, einen solchen In einem nächsten Schritt geht es dar- Tapet kommt. Die Fachexpertise eines Be- Schritt frühzeitig anzugehen, transpa- um, die wichtigsten Erkenntnisse zu sam- raters steckt den Rahmen ab, solche Pla- rent zu informieren und das Traktandum meln, Sanierungsvarianten, allenfalls nungen und spätere Entscheide besser an der nächsten anstehenden Versamm- Etappen und Kostenfolgen aufzuzeigen. vorzubereiten und längerfristig anzuge- lung einzubringen. «Ein unabhängiger Berater wird wesent- hen. Im Idealfall ergibt sich aus einem sol- lich dazu beitragen, eine denkbare Stra- chen Mandat eine strategische Planung *JÜRG ZULLIGER tegie und verschiedene Massnahmenpa- und ein Fahrplan für die nächsten 10 bis Der Autor, lic. phil. I, ist Fachjour- kete optimal aufeinander abzustimmen», 15 Jahre. «Ein Stück weit», betont Othmar nalist und Buchautor mit dem so das Fazit von Othmar Helbling. In der Helbling, «sehe ich die Aufgabe des Bera- Themenschwerpunkt Immobilien Praxis wird dies so manches vereinfa- ters darin, die Stockwerkeigentümer auf und Immobilienwirtschaft. ANZEIGE Umfassende Immobilienkompetenz mit einer massgeschneiderten Weiterbildung von SIREA - an einer der Hochschulen in Ihrer Nähe CAS MAS MBA Immobilienbewertung Real Estate Management Real Estate Management Grundlagen | Bewertungselemente | Bewertungsmethodik | Finanzierung | Anlagen | Entwicklung | Betriebswirtschaft | Immobilien- | Management- | Verfassen von Marktwertgutachten Bewirtschaftung von Immobilien Führungskompetenzen Kursstart BFH/FHNW/HSLU: Oktober 2019 Kursstart BFH/FHS/SUPSI: siehe Website der jeweiligen Schule Kursstart ZHAW: August 2019 Kursstart FHS: Februar 2020 Informationen | 044 322 10 10 | www.sirea.ch | info@sirea.ch IMMOBILIA / August 2019 19
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