BIG BANG - Henn Consulting
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acquisa Dialogmarketing & E-Commerce 03 | 2016 www.acquisa.de SOCIAL MEDIA Instagram und Snapchat erfordern neue Ansätze INTERVIEW DES MONATS Wie Ebay Online und Offline verschmelzen will, erklärt Deutschlands Vice President Stephan Zoll BIG BANG Die Digitalisierung verändert Mat-Nr. 00500-5194 den Vertrieb nicht nur in der Theorie
EDITORIAL Sag ja! Liebe Leserinnen, liebe Leser, der Vertrieb ist der Motor des unterneh merischen Erfolgs. Vereinfacht gilt: Je besser der Vertrieb, desto besser steht das Unternehmen da. Aber wie alles andere steht der Vertrieb vor radikalen Veränderungen. Und zwar wegen – genau! – der Digitalisierung. Das Internet, die Vernetzung und die immer steigende Menge an Daten ver ändern die Beziehung zwischen Ver trieb und Kunde. Oft kann der Außen dienstmitarbeiter dem Kunden nicht viel Neues zum Produkt erzählen. Denn dieser hat sich intensiv informiert, An bieter, Angebote und Preise verglichen. Dieser Kunde erwartet vor allem eins: CHRISTOPH PAUSE, Chefredakteur lösungsorientierte Beratung für seine Kontakt: christoph.pause@acquisa.de ganz spezifischen Probleme. Mehr denn je kommt es auf die Fähig keiten jedes einzelnen Mitarbeiters an. Und auf eine Führung, die Mitarbeiter befähigt, eigenständig, flexibel und am Kunden orientiert zu agieren. Dabei hilft die Technik, helfen Smart phones, Mobile CRM und eine exzellente Daten analyse. Der Vertrieb muss sich dem digitalen Wandel öffnen, die Zeiten von selbst entworfenen Excel-Listen sind vorbei. Viel Spaß beim Lesen, Ihr www.twitter.com/acquisa www.facebook.com/redaktionAcquisa https://plus.google.com/+AcquisaDE/posts 03/2016 www.acquisa.de 3
15 30 SCHWERPUNKT Mit dem Dreiklang Strategieorientierung, strukturelle Verankerung DIALOGMARKETING & SOCIAL MEDIA Social Media und Vertriebsprozessmanagement bewältigt der Vertrieb die digitale Transformation. sind in digitalen Marketingstrategien unverzichtbar. INHALT 03/2016 08 NACHRICHTEN acquisa update Wo sind in den Unternehmen die Digitalchefs? 08 Es fehlt an Verantwortlichen für die digitale Transformation. NEUE DYNAMIK Die deutsche Werbeartikelbranche ver- 12 INFOGRAFIK DES MONATS zeichnet mit rund 3,5 Milliarden Euro 12 D ie wertvollsten Marken der Welt Jahresumsatz neue Rekorde. Auf der Warum Apple die Konkurrenz hinter sich lässt. Werbeartikelmesse PSI ist die Dynamik und das neue Selbstbewusstsein der Branche zu spüren. 15 SCHWERPUNKT Die Chancen überwiegen 15 Die Digitalisierung als Megatrend erzeugt auch und gerade im 36 WERKSTATT Vertrieb Veränderungsdruck. Vertriebsmanager sollten syste- Freuden der praktizierten Seriosität 36 matisch auf »Digital Sales Excellence« setzen. Woran erkennt man ein seriöses Angebot und woran ein Weiterbildung: Gelernt ist gelernt 22 unseriöses? Gibt es untrügliche A nzeichen, oder interpretiert Verkaufen allein reicht nicht mehr. Von Vertrieblern werden man mehr in Details hinein als nötig? Was eine Rolle spielt. technische Fähigkeiten, betriebswirtschaftliche Kenntnisse und ein umfangreiches Branchenwissen erwartet. 56 CRM & DATA Digital Leadership: Führung im digitalen Zeitalter 24 Warum die digitale Transformation nicht nur die Customer Experience Research: Kunden besser verstehen 56 Führungskräfte betrifft. Wie Kunden denken und fühlen, wird immer öfter aus den operativen Daten entlang der Customer Journey gezogen. So Interview: »Unsere Kunden werden ganzheitlich betreut« 26 sollen Unternehmen schneller reagieren können. Roland Noz, Geschäftsführer der Sick Vertriebs-GmbH, erklärt, wie sich produzierende Unternehmen rasant in Richtung Industrie 4.0 entwickeln. 60 PRAXIS-SCOUT Ständig unter Strom 60 30 DIALOGMARKETING & SOCIAL MEDIA Wie der Energiekonzern RWE mit Eprimo eine Zweitmarke als Discounter im hartumkämpften Strommarkt etabliert. 30 Social Media Marketing: Brieffreundschaften 2.0 Neue Plattformen rücken in den Fokus der Werbungtreibenden – mit ganz neuen Möglichkeiten. Es ist an der Zeit, alte Social- 62 E-COMMERCE & ONLINE-MARKETING Media-Strategien zu überdenken. Selektiver Vertrieb: Verkaufen ja, aber nicht überall 62 Call Center: Neue Agents braucht das Land 34 Mit selektiven Vertriebsmodellen versuchen Markenhersteller, Immer mehr Kanäle, immer hochwertigere Aufgaben: Die den Absatz ihrer Produkte zu kanalisieren. Das führt immer Rolle von Call-Center-Agents hat sich stark verändert. wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. 4 www.acquisa.de 03/2016
62 E-COMMERCE & ONLINE-MARKETING Warum Markenhersteller ihren Händlern den Verkauf über offene Online-Marktplätze untersagen. 66 INTERVIEW DES MONATS »Online und Offline verschmelzen« 66 Stephan Zoll, Vice President Ebay Germany, über die besondere Bedeutung der kleinen und mittleren Händler. 68 SALES & SERVICE Vertrieb der Zukunft 68 In Zeiten digitaler Transformation muss sich der Vertrieb radikal wandeln. Der Kongress Neosales 2016 greift die wichtigsten Themen auf. 80 INHALT THEMENPORTAL 80 W elche Rolle spielt der Service? Fotos: 3D Vector/shutterstock.com; d1sk/fotolia.de; Snapchat; George Dolgikh/fotolia.de acquisa zeigt, wie wichtig Customer Care wirklich ist. 82 THE FUTURE OF MARKETING Haste noch nen Euro? 82 Die Zukunft des Bargelds in digitalen Zeiten. RUBRIKEN & SERVICE FORUM 06 Wie entwickelt sich Social Media Marketing weiter? 13 MEINUNGSMACHER Kommentar und Presseschau 14 GERICHTSENTSCHEIDUNGEN 28 BÜCHER 78 KARRIERE UND STELLENMARKT 81 VORSCHAU, IMPRESSUM 03/2016 www.acquisa.de 5
FORUM O-TÖNE ZUM THEMA SOCIAL MEDIA Verschlafen Marketer die Social-Media-Entwicklungen? »Der Social-Media-Boom in allen Ende aller bisherigen Bemühungen bedeuten. Ehren. Trotzdem sollte man Eine E-Gitarre ist ein wundervolles Instrument, zua llererst zwischen Paid und passt aber nicht unbedingt in ein Symphonie- Earned Media unterscheiden. Bei orchester.« Paid Media gelten die gleichen ALEXANDER DIX, Geschäftsführer von Wunder Media und Spielregeln wie bei jedem ande- Head of Digital Media bei C3, München ren Marketing Investment. Und im Bereich Earned Media empfiehlt es sich, eine »Mit Facebook, Youtube & Co. hat klare Vorstellung davon zu haben, wo sich die Ziel- sich das Unternehmensmarke- gruppe aufhält, welcher Content für sie relevant ting mittlerweile angefreundet, ist und wie man den Erfolg messen will – sonst ver- dennoch befindet man sich hier zettelt man sich.« noch am Anfang der Professiona- JOHANN HERMANN, CEO Adatics, München lisierung. Klassische Kampagnen werden nicht kanaladäquat in die »In den Marketingabteilungen muss verstanden jeweiligen Social Networks übersetzt, Themen wie werden, dass in sozialen Netzwerken auch sozial Storytelling und Content Marketing kaum umge- gedacht werden sollte – hochglanzpolierte Wer- setzt. Die Vielzahl der sozialen Kanäle, die Menge beanzeigen müssen unterhaltsamem Content an Inhalten und die Geschwindigkeit der Netz- weichen. Dies braucht durchaus einigen Mut und werke überfordern viele Unternehmen und sind Selbstbewusstsein, doch nur wer sich etwas traut, in ihren klassischen Strukturen kaum abdeckbar. wird auch mit Erfolg in Form von Reichweite Doch: Gerade hier liegen die Stärken von Agen- belohnt. Ehe jedes erdenkliche Social Network turen, die mit mehr Flexibilität professionellen mit einer lieblos betreuten Fanpage belegt wird, und kreativen Content schaffen und passgenau sollte zunächst eine einzelne Plattform optimiert distribuieren können.« werden. Erst wenn diese ihr Poten- PEER WÖRPEL, Leiter Beratung Social Media bei Pilot zial ausschöpft und der Workflow Hamburg, Hamburg klappt, sollten Gedanken zur Skalierbarkeit auf andere soziale »Likes zu Umsatz zu machen, Netzwerke angestellt werden.« ist auch eine Frage der Art des DAVID ROST, Gründer und Geschäfts Unternehmens – ob Produkte führer der Integr8 Media GmbH, Berlin oder Dienstleistungen angebo- ten werden. Facebook eignet sich »Zunächst einmal raten wir zu nach wie vor sehr gut, vor allem Gelassenheit. Sorgsame Prüfung im B2C-Bereich. Hier kommen der neuen Kanäle oder Möglich- auch immer mehr ältere Menschen als potenzielle keiten unter Abwägung, wie die Kunden in den Fokus. Durch Facebook Ads kann Neuerung in den bestehenden man dabei sehr genau und effizient aussteuern. Content-Marketing-Mix passen Jüngere Kunden erreicht man immer mehr durch könnte. Wir vertreten ganz klar Dienste wie das Bildernetzwerk Instagram – durch die Ansicht: Jede neue Anwendung kann eine geschickte Motivauswahl kann ein Unternehmen wundervolle Ergänzung zu den bestehenden so effizient auf sich aufmerksam machen. Pin- Maßnahmen darstellen, kann aber auch das terest wiederum ist eine hervorragende Plattform, 6 www.acquisa.de 03/2016
um sich besser und breiter zu vernetzen, neue mehr Produkte und Dienstleistungen finden so Kunden neugierig zu machen.« den Weg zum Endverbraucher – bisherige Marke- PATRICK PIETRUCK, Geschäftsführer der inhabergeführten tingkonzepte werden hoch diversifizierten Ziel- Online Agentur Web-Netz, Lüneburg gruppen und deren Ansprüchen nicht mehr gerecht. Wer nicht »Ein Großteil der Firmen in intelligent und integriert (re-) Deutschland will Social Media agiert, verliert Interessenten, Kun- Marketing machen und vergisst den und Marktanteile.« dabei, Social Media zu sein. DENIS LADEMANN, Vorstand der Moderne Unternehmen können Suchdialog AG, Mannheim es sich schlichtweg nicht leisten, nicht mit dem Konsumenten »Viele Unternehmen haben seinerzeit das Thema transparent zu kommunizieren. Youtube, Face- Social Media vernachlässigt und wollen im Nach- book & Co. haben bereits ihren zehnten Geburts- hinein auf den Zug aufspringen, was in Facebook tag gefeiert. Zeit, dass einige Unternehmen meist nur noch mit großen Werbebudgets gelingt. umdenken: Weg von der Anglerperspektive hin Moderne Firmen setzen auf neue Trends wie Ins- zum Dialog mit der Zielgruppe.« tagram oder Snapchat und platzieren sich schon HENDRIK UNGER, Geschäftsführer & Social Media Experte der früh auf dem Markt, bevor es alle tun. Nur wer neue Kreativagentur 36grad GmbH, Köln Wege geht, eine tolle Geschichte mit seinem Auftritt verknüpft »Vor dem Hintergrund der Geschwindigkeit, in der und auf organisches Wachstum neue reichweitenstarke Engagement-Tools entste- setzt, wird langfristig Erfolg mit hen, müssen sich Marketingabteilungen inhaltlich, Social Media haben.« organisatorisch und kulturell anders aufstellen. SEBASTIAN KABIS, Inhaber der Agentur Inhaltlich ist eine stärkere technische Expertise Making the web, Gundelfingen notwendig, um Funktionsweisen zu verstehen und unmittelbar den Fit zu Strategie und Infrastruktur »Social Media ist schon heute fester abschätzen zu können. Daneben sind Innovations- Bestandteil jeder professionellen budgets wichtig, um schnell durch Pilotprojekte Marketing-Kommunikation. Viele Erfahrungen zu sammeln und ein Bewerten des Unternehmen tun sich allerdings nachhaltigen Businesspotenzials des jeweiligen schwer damit zu akzeptieren, dass Tools möglich zu machen. Dieses es sich dabei nicht einfach nur um Budget muss dabei im Sinne einer einen neuen, preiswerten Kanal Failure Culture als Spielgeld ohne für Werbung handelt. Erst die richtigen Inhalte – kurzfristigen ROI-Druck verstan- informativ oder unterhaltsam – und unterschied- den werden.« lichste Möglichkeiten der Interaktion mit und ANDRÉ LUTZ, Geschäftsführer Defacto BE/ unter den Zielgruppen sorgen für den Aufbau ONE, Erlangen nachhaltiger Beziehungen. Das alles muss an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet, kreativ »Social Selling, Buy Buttons und Lead-Formate ver- realisiert und mit soliden Budgets ausgestattet wer- wandeln Social Media in ein ernstzunehmendes den, damit es zum Erfolg führt.« Anfragen- und E-Commerce-Instrument; immer DR. GÜNTER LEWALD, Sprecher der B+D Agenturgruppe, Köln 03/2016 www.acquisa.de 7
NACHRICHTEN KIENBAUM-STUDIE TICKER In den Unternehmen fehlen Digitalchefs In den meisten Unternehmen fehlen Verant- organisiere, werde der Bedeutung des Themas FOLLOW US ON TWITTER wortliche für die digitale Transformation. Laut nicht gerecht, warnt Kienbaum. Ein innovativer Unter twitter.com/acquisa einer Studie von Kienbaum wird sich daran auch Ansatz sei der Aufbau einer Digital-Unit, einer finden Interessierte regel- erst einmal nichts ändern. Nur elf Prozent der separaten Einheit neben der Organisations- mäßig Aktuelles, Wissens- insgesamt 80 befragten Firmen in Deutschland, struktur des Unternehmens. Dazu brauche es wertes und Witziges aus Österreich und der Schweiz haben demnach neben eines Chief Digital Officer auch ein Team, Marketing, E-Commerce und einen Hauptverantwortlichen für die Digitali- das die relevanten Methoden für Innovation und CRM. Darüber hinaus gibt es sierung von Geschäftsmodell und -prozessen. Digital Business Development beherrsche. dort Hinweise auf vertiefen- Gerade einmal sieben Prozent wollen in den In denjenigen Unternehmen, die bereits die de Interviews und Tipps. kommenden zwölf Monaten eine derartige Posi- Position eines Digitalverantwortlichen geschaf- www.twitter.com/acquisa tion einrichten. fen haben, ist diese meist auf Führungsebene Viele Unternehmen gehen das Thema statt- angesiedelt. 56 Prozent der Verantwortlichen DARK STATT BIG DATA dessen dezentral an. Knapp die Hälfte hat die in den befragten Unternehmen sind Führungs- Deutsche Unternehmen ken- Verantwortung keiner speziellen Abteilung kräfte, ein Drittel ist Spezialist oder Experte und nen den Inhalt – und damit zugeordnet, und wenn doch, dann der IT (35 Pro- elf Prozent Geschäftsführer oder Vorstand. auch den Wert – von zwei zent). Wer die digitale Transformation dezentral p www.kienbaum.de Dritteln ihrer gespeicherten Firmendaten nicht (»Dark Data«). Dies geht aus dem »Databerg Report« von Veri- tas Technologies hervor. Das ist der schlechteste Wert aller betrachteten Länder (EMEA-Durchschnitt: 54 Prozent). Der Anteil von Da- ten, die redundant, veraltet oder unbedeutend sind, liegt hierzulande bei 19 Prozent. Ein klarer Verant www.veritas.com wortlicher ist nötig, um das Thema KUNDEN VERTRAUEN DM Digitalisierung zu Zum dritten Mal seit 2010 steuern und voran hat der Gfk-Verein rund zutreiben. 2.000 Verbraucher reprä- sentativ zu ihrem Vertrauen in die zehn umsatzstärksten Einkaufsstätten für Güter ANALYSE des täglichen Bedarfs be- fragt. Bei Dm fühlen sich Entscheider nutzen bevorzugt Fachmedien die Verbraucher demnach Fachmedien sind die wichtigste berufsbezo- bote von Unternehmen, vor Veranstaltungen besonders gut aufgehoben. gene Informationsquelle der professionellen mit 66 Prozent. Für 61 Prozent der Befragten Im Vertrauensranking des Entscheider in Deutschland. Das zeigt die spielen Besuche des Vertriebs eine Rolle, 55 Gfk-Vereins führt die Dro- B2B-Entscheideranalyse 2015/16 der Deut- Prozent nennen Fachmessen. Direct Mailings geriemarkt-Kette vor Edeka schen Fachpresse. Insgesamt werden mit ge- erreichen 53 Prozent der Entscheider. und Rewe. Auf den Plätzen druckten und digitalen Fachmedien 94 Pro- 33 Prozent nutzen Fachmedien heute häu- folgen Kaufland, Rossmann zent der B2B-Kernzielgruppe erreicht. figer als vor zwei Jahren, 56 Prozent genauso und Aldi. Die Plätze sieben Am intensivsten genutzt wird die Fachzeit- oft. Zwei Drittel nutzen Fachmedien sowohl bis zehn gehen an Real, Lidl, schrift, das gaben 81 Prozent der Befragten in gedruckter als auch in digitaler Form, wäh- Foto: Corbis Netto und Penny. an, danach folgen mit 76 Prozent die digitalen rend insgesamt nur ein Drittel ausschließlich www.gfk-verein.org Fachmedienangebote. An dritter Stelle liegt gedruckte oder digitale Angebote nutzt. mit 74 Prozent die Nutzung digitaler Ange- p www.deutsche-fachpresse.de 8 www.acquisa.de 03/2016
SOCIAL MEDIA MARKENFÜHRUNG Alles neu auf Facebook acquisa Short eBook des Monats Viele Marken leiden an Alzheimer, sie haben vergessen, wo- für sie stehen. So lautet die Diagnose des Marketingleiters der Schweizer Spar-Gruppe, Wolfgang Frick. Das ist umso schlim- mer, als die Marke ja gerade dafür sorgen soll, das eigene Un- ternehmen und seine Angebote vom Wettbewerb zu differen- zieren. In unserem Short eBook des Monats analysiert Frick, weshalb die Marke unter dem Die Redaktion acquisa hat ihren Facebook-Auftritt Druck des Tagesgeschäfts und runderneuert. Hier finden Sie News aus Online- dem Zwang zur immerwäh- Marketing, E-Commerce, Social Media, CRM und renden Innovation so oft unter Dialogmarketing sowie Stimmen aus der Branche die Räder kommt. acquisa-Leser und Impressionen von Messen und Events. Erfah- können dieses Kapitel aus dem ren Sie, was das Marketing in Zeiten der digitalen Buch »Patient Marke« kostenlos Transformation bewegt und wie die Experten dazu herunterladen. stehen. So bleiben Sie immer up to date. p www.haufe.de/ p www.facebook.com/redaktion.acquisa acquisa-shortebook
NACHRICHTEN TICKER KUNDENORIENTIERUNG Wer vor dem Stand der Konkurrenz wirbt, verstößt nicht gegen Wettbewerbsrecht, ABER... In 14 Kategorien wurde der Deutsche Servicepreis für Kundenorientierung verlie- WETTBEWERBSRECHT hen. Zwölf Unternehmen, die bereits im vergangenen Werbung vor Messestand kein Verstoß Jahr ausgezeichnet wurden, überzeugten erneut. Dazu Verteilt ein Aussteller unmittelbar vor dem einer Messe kann jedoch nicht automatisch jeder gehören die Comdirect Bank, Stand eines konkurrierenden Mitausstellers Besucher, der sich in der Nähe eines Messe- die Commerzbank, Cos- Werbematerial an Messebesucher, so stellt dies standes befindet, dieser bereits als potenzieller mos Direkt, Devk, Knauber keine wettbewerbswidrige gezielte Behinderung Kunde dem Unternehmen zugerechnet werden. Erdgas, die Sparkassen- von Mitbewerbern dar. Dies entschied – laut Darüber hinaus reicht eine bloße Beeinträch- Direktversicherung sowie einer Meldung des Ausstellungs- und Messe- tigung der wettbewerblichen Entfaltungsmög- Vodafone. Laut Deutschem Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (Auma) – lichkeit eines Wettbewerbers für die Annahme Institut für Service-Qualität das OLG Düsseldorf. einer gezielten Behinderung nicht aus, denn ist das Serviceniveau konti- Ein Wettbewerbsverstoß wegen Rechtsbruchs der Wettbewerb ist darauf angelegt, auf Kosten nuierlich gestiegen. scheidet aus, da die Ausstellungsbedingungen der Mitbewerber einen Wettbewerbsvorsprung www.disq.de des Messeveranstalters nicht den Charakter zu erzielen. Wird Messebesuchern lediglich einer Rechtsnorm haben. Sie gelten ausschließ- deutlich gemacht, dass es mehrere Anbieter SOCIAL MEDIA GEREIFT lich im Verhältnis zwischen den jeweiligen Ver- einer bestimmten Dienstleistung gibt, bietet Drei Viertel aller Unterneh- tragsparteien. Auch wenn sie unter Umstän- dies allenfalls Veranlassung, die Angebote der men sind in den Social Media den das Marktverhalten der Aussteller regeln, Parteien zu vergleichen, hindert also nicht die aktiv. Wie professionell sie kommt ihnen keine Normqualität zu. Die Einhal- wettbewerbliche Entfaltung des Mitbewerbers diese nutzen, wurde von tung der Vertragsbedingungen durchzusetzen, (Az. I-20 U 22/14). der Digital Transformation sei allein Sache des jeweiligen Messeveranstal- Auch wenn Aussteller gegen Mitaussteller keinen Group zusammen mit dem ters, so das Gericht. Anspruch darauf haben, dass diese sich nicht auf Social Media Excellence Auch eine gezielte Behinderung verneinte das den Gängen vor dem eigenen Messestand auf- Kreis sowie der Hochschule Gericht. Zwar wird eine unlautere Behinderung halten und dort für ihre Produkte werben, müs- HTW Aalen untersucht. Er- angenommen, wenn auf potenzielle Kunden, die sen Aussteller, die dennoch auf Gängen werben, gebnis: B2C-Unternehmen bereits dem Mitbewerber zuzurechnen sind, in damit rechnen, dass dieses Verhalten vom Veran- schneiden besser ab als der unangemessener Weise eingewirkt wird, um stalter unterbunden und sanktioniert wird, so der B2B-Bereich, und am besten sie als eigene Kunden zu gewinnen. Im Rahmen Auma zu dem Urteil.p www. auma.de agiert die Telekommunika- tionsbranche, dicht gefolgt von Automotive und Media. www.digital-transformation- CUSTOMER CARE group.de Probleme im Service WENIGER BANKFILIALEN Die Mehrheit der Befragten einer Pegasystems-Studie ist mit dem Service Drei von fünf Bankkunden nicht zufrieden. 40 Prozent haben im vergangenen Jahr zwar gute oder gehen davon aus, dass es sogar sehr gute Erfahrungen gemacht, dem stehen jedoch 60 Prozent in zehn Jahren kaum noch gegenüber, die im gleichen Zeitraum den Kundenservice eines Unterneh- Filialen geben wird, so das mens kontaktiert haben, um sich zu beschweren. Ergebnis einer Studie von Am meisten nerven lange Wartezeiten (51 Prozent), gefolgt von der lan- Yougov. Bis dahin werden ih- gen Suche nach dem richtigen Ansprechpartner (41 Prozent). 40 Prozent rer Ansicht nach auch Kredit- wollen nicht bei jedem neuen Kontakt ihr Anliegen erneut erklären müs- und EC-Karten als Zahlungs- sen und 32 Prozent bemängeln, dass sich viele Service-Mitarbeiter mit mittel ausgedient haben. den Produkten oder Services nicht genug auskennen und ihnen auch www.yougov.de deshalb keine Lösung anbieten können (22 Prozent). p www.pega.com 10 www.acquisa.de 03/2016
ACQUISA-UMFRAGE WERBEARTIKEL IM MARKETING-MIX Social Media nicht allen wichtig Individualisierte Produkte erhöhen den Social Media Marketing ist schon länger in aller Aufmerksamkeitswert beträchtlich Munde. Aber die große Euphorie scheint vorbei zu sein. Dabei lässt sich auf dem Kanal viel erreichen Welche Rolle spielt der Werbeartikel im Rahmen moderner – wenn man es strategisch angeht. Wir haben Sie Marketingstrategien? Ist er tatsächlich nur ein »überflüssiges« gefragt, wie wichtig Social Media Marketing wirk- Give-Away, wie vielfach gerade von kleineren Unternehmen lich ist. Hier die Ergebnisse. behauptet wird? Oder ist es ein strategisches Mittel, um Neu- Unsere Umfrage ergab ein überraschend uneinheit- kunden zu gewinnen und Bestandskunden zu binden? Viele liches Bild davon, wie Marketingexperten die Rolle Unternehmen haben diese Frage für sich bereits beantwortet von Social Media einschätzen. und Werbeartikel in ihre Strategien einbezogen. Zurecht, wie Für 44 Prozent der Befragten gehört Social Media DIE6 meint, ein Verbund von 16 Werbemittel-Spezialisten. Marketing ganz selbstverständlich in den Marke- Denn dass sie die Situation damit völlig richtig beurteilt ha- tingmix. Weitere 20 Prozent sind zudem der An- ben, bestätigen Untersuchungen des Dima Marktforschungs- sicht, dass das Thema wichtig ist und nun endlich institutes (Mannheim). In umfassend angelegten Studien, die Aufmerksamkeit bekommt, die es verdient. durchgeführt im Auftrag des Gesamtverbands der Werbe- Ein gutes Drittel jedoch ist weiterhin skeptisch bis mittelwirtschaft (GWW), bestätigen die Forscher mit ihren ablehnend: 27 Prozent finde es gut, dass der Hype publizierten Ergebnissen, dass der Werbeartikel an einem vorbei und sie sich wieder auf »richtiges« Marketing Durchschnittstag 88 Prozent der Bevölkerung mit seiner Bot- konzentrieren können und weitere neun Prozent schaft erreicht. Damit liegt er mit Blick auf Kundenkontakte hadern mit der sinkenden organischen Reichweite, weit vor Werbemaßnahmen im Radio, im Fernsehen oder in die die anfängliche Attraktivität für das Marketing Printmedien. (mit kleinem Geldbeutel) in der Zwischenzeit doch Tatsache ist also, dass das Werbegeschenk vom großzügig in geschmälert hat. den Markt geworfenen Streuartikel längst zum unverzicht- p www.acquisa.de baren Marketingbestandteil avanciert ist, der bei klassischen strategischen Maßnahmen auf gar keinen Fall unberücksich- tigt bleiben sollte. Individualisierung ist da- E-COMMERCE bei eine der wirksamsten Optionen bei einer Viel- So shoppen die Deutschen online zahl von Aktionen, bei Viele Deutsche beginnen ihren Einkaufsbummel denen Werbemittel mit im Web und kaufen anschließend im Ladenge- nachhaltigem Erfolg ein- schäft. Dieses als Webrooming bezeichnete Ein- gesetzt werden können. kaufsverhalten tritt vermehrt beim Kauf von Elek- Dabei liefern die eigenen tronik auf. Das ist ein Ergebnis der Nielsen-Studie Unternehmensaktivi- »Global Connected Commerce Survey«. täten häufig die idealen Was wo gekauft wird, hängt stark vom Produkt ab. Steilvorlagen. Sei es die In den virtuellen Einkaufskörben landen oft Klei- Neueinführung eines dung (76 Prozent), Bücher und Musik (75 Prozent) Produkts, der Relaunch sowie Reisen (57 Prozent). Verbrauchsgüter hinge- der Corporate Identity, gen werden eher im Laden gekauft. Schlusslichter die aktuelle Werbekam- sind online deshalb alkoholische Getränke (20 Pro- pagne oder eine direkte zent), Babyprodukte (17 Prozent) und frische Pro- Ansprache bestimmter dukte (neun Prozent). Ausnahme sind Pflegepro- Zielgruppen, bei denen dukte, die jeder zweite Deutschen bereits im Web ein werbewirksamer Fotos: Kretzschmar/DIE6; KHK/DIE6 gekauft hat. Auftritt inszeniert wer- Und warum kaufen Kunden im Web? 34 Prozent den soll. Foto: Behrendt & Rausch suchen gezielt in Online-Werbeprospekten nach Angeboten, 32 Prozent schätzen die Zeitersparnis und 31 Prozent sehen den Vorteil darin, bei Händ- lern kaufen zu können, die sie stationär schlecht Individuelle Konzepte ent- erreichen. wickelt man am besten mit p www.nielsen.com einem Werbemittel-Profi. 03/2016 www.acquisa.de 11
INFOGRAFIK Die wertvollsten Marken der Welt Google ist die einzige Marke weltweit, die laut »Brand Finance Global 500« sowohl in den Top 10 der stärksten als auch der wertvollsten Marken auftaucht. Nämlich auf Rang zwei hinter Apple. Die dritt- wertvollste Marke ist demnach Samsung, vor Amazon und Microsoft. Während Apple den Platz an der Sonne behauptet hat, haben Google und Samsung im Vergleich zum Vorjahr die Plätze getauscht. Über besonders große Sprünge nach vorne konnten sich Amazon (von acht auf vier) und Wells Fargo (von 15 auf 10) freuen. Frisch in die TOP 10 ist China Mobile gerutscht (Vorjahr: Platz elf). Mrd. Dollar 150 135 120 105 90 75 60 45 Grafik: Haufe-Lexware/Kerstin Fikentscher 30 15 0 Apple Google Samsung Amazon Microsoft Verizon AT&T Walmart China Wells Mobile Fargo 12 www.acquisa.de 03/2016
Der Vertrieb ist tot Die Aussage in der Überschrift wurde hierzulande in den ver- und langfristigen Nutzen für den Kunden bringt – vor allem gangenen Monaten sehr kontrovers diskutiert: so viele Ex- auch gegenüber alternativen, konkurrierenden Vertriebska- perten, so viele Meinungen. Wie üblich in der Betriebswirt- nälen. Damit rückt auch die langfristige Kundenzufriedenheit schaftslehre und damit in den S ozialwissenschaften gibt es anstelle der kurzfristigen Transaktion ins Zentrum (übrigens hier nicht richtig oder falsch. Die Standartantwort heißt zu auch beim variablen Lohnanteil). Kurz gesagt: Es braucht in recht: »Es kommt darauf an!«: In diesem Fall, wie der Ver- Zukunft Verkäufer und keine Vertriebler – also solche Mit- trieb in einem Unternehmen verstanden und gelebt wird. Ich arbeiter, welche nur Produkte distribuieren und damit lang persönlich glaube, dass derjenige Vertrieb, welcher keinen fristig den Begriff Vertrieb im Sinne von »die Kunden vertrei- wirklichen Nutzen bringt, in der Tat tot ist. Und das auch zu- ben« leben. Damit ist der Vertrieb wirklich tot – es lebe der recht. So brauche ich zum Beispiel niemanden, der mir das Verkauf. •] wiedergibt oder erzählt, was ich im Internet schon selber in Erfahrung gebracht habe. Hingegen wird es diejenigen Ver- triebsmitarbeiter, welche dem Kunden einen echten Mehrwert AUTOR liefern, immer brauchen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Dr. Christian Huldi Geschäfts- und Vertriebsleitung, und vor allem die Vertriebs- mitarbeiter selber, ihren Job neu erfinden. ist Inhaber der Datacrea AG Anzufangen ist diesbezüglich schon mal beim Selbstverständ- aus der Schweiz. Er berät nis: kein unqualifiziertes, empathieloses Aufschwatzen des- seit 25 Jahren Unternehmen jenigen Produktes mit der höchsten Marge und damit dem in allen Fragen des strate gischen Kundenbeziehungs- höchsten Bonus und keine reine Bestellannahme. Gefragt managements. ist eine auf den Bedürfnissen des Kunden aufsetzende Lö- sungsfindung basierend auf einer soliden Ausbildung. Ent- p christian.huldi@ scheidend ist, dass der Vertriebsprozess an sich einen echten datacrea.ch Die Digitalisierung nutzen Die Digitalisierung der Arbeits- interessanter waren, besser bezahlt eine Sonderkonjunktur erlebt, setzen welt beschäftigt die »Frankfurter und weniger gefährlich als zuvor. So immer mehr Immobiliendienstleister Allgemeine Zeitung«. »Wir durchleben ersetzten Industrieroboter in den acht- auf Big Data, wie die Fachzeitschrift eine Phase radikalen technologischen ziger Jahren viele Arbeitsplätze. Die »Immobilienwirtschaft« in ihrer März- Umbruchs«, schreiben die klugen Anpassungsphase war hart. Nach dem Ausgabe berichtet. Globalisierung Köpfe aus Frankfurt. Man spreche von Übergang aber standen die deutsche und Digitalisierung schaffen riesige einer vierten industriellen Revolution, Wirtschaft und ihre Beschäftigten bes- Datenmengen. Doch erst wenn diese weil die Digitalisierung in ihren Folgen ser da als zuvor. So könnte es auch mit zu zweckorientiertem Wissen veredelt der Einführung von Dampfmaschine, der Digitalisierung sein. »In diesem werden und sichergestellt ist, dass die Fließband und Industrieroboter gleich- Sinne sollten wir nicht überlegen, ob jeweils benötigten Informationen zum komme. Gleichwohl machen die FAZ- und wie wir die Digitalisierung bremsen, richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort Redakteure auch Mut, denn der Wan- sondern wie wir sie für uns nutzen«, so den richtigen Entscheidungsträgern in del bedeute noch lange nicht, dass wir das Fazit der FAZ. geeigneter Form zur Verfügung stehen, nichts mehr zu tun hätten. Jede Stufe Die Immobilienbranche scheint dies tragen sie zum nachhaltigen Erfolg bei. der Industrialisierung kostete viele Jobs bereits umzusetzen. Auch wenn sie KLAUS DIETZEL, Redaktion acquisa, – und schuf neue. Arbeitsplätze, die oft aufgrund niedriger Zinsen derzeit klaus.dietzel@acquisa.de 03/2016 www.acquisa.de 13
GERICHTSENTSCHEIDUNGEN RECHTSTICKER § Werbeeinwilligung bei Gewinnspielteilnahme OLG FRANKFURT Mit Urteil vom 17.12.2015 (Az. 6 U 30/15) hat samkeit der Einwilligung stehe es dabei auch das OLG Frankfurt sich zu zwei interessanten nicht entgegen, wenn die notwendigen Infor- CLOUD-SPEICHER Fragen der Einholung einer Werbeeinwilli- mationen über Cookies nicht bereits in der Er- Nach einem Urteil des gung im Zusammenhang mit der Durchfüh- klärung selbst, sondern in einem verlinkten LG Heidelberg stellt das rung eines Gewinnspiels geäußert. Zum ei- Text gegeben werden. Hochladen fremder Fotos in nen hat das Gericht entschieden, dass eine im HANDLUNGSEMPFEHLUNG: die eigene Internet-Cloud Zusammenhang mit der Teilnahme an einem Begrüßenswert ist die Entscheidung der keine Urheberrechtsverlet- kostenlosen Gewinnspiel eingeholte Einwilli- Richter, eine »Auskreuzlösung« für die Ver- zung dar, weil es an einer gung eines Verbrauchers in Telefonwerbung wendung eines Cookies im Rahmen der In- rechtswidrigen Zurschau- durch andere Unternehmen unwirksam sei, ternetwerbung zuzulassen. Nach der Recht- stellung oder Verbreitung wenn die Einwilligungserklärung einen Link sprechung des BGH bleibt eine solche Gestal- der Bildnisse fehle (LG auf eine Liste von 59 Unternehmen enthält tung für Einwilligungen in Werbung mittels Heidelberg, Urteil v. und der Verbraucher für jedes Unternehmen E-Mail, SMS, Telefon und Fax aber unzulässig; 2.12.2015 - Az.: 1 O 54/15). separat ein Feld »Abmelden« anklicken muss, hier muss die Einwilligung jeweils durch ei- http://lrbw.juris.de um keine Telefonwerbung zu erhalten. Zum ne gesonderte Angabe erfolgen, so dass ein anderen hielt das Gericht jedoch eine Einwil- aktives Ankreuzen notwendig ist. Auch sonst APP-TITELSCHUTZ ligung in die Nutzung eines Cookies für die bleiben Werbeeinwilligungen im Zusammen- Der I. Zivilsenat des Bundes- Auswertung des Nutzungsverhaltens zum hang mit Gewinnspielteilnahmen ein Minen- gerichtshofs hat entschie- Zweck der Ausspielung interessenbasierter feld. Das Gericht meinte, die Opt-out-Gestal- den, dass Apps für mobile Werbung für wirksam, die im Wege eines tung bzgl. der Telefonwerbung sei hier zu Endgeräte grundsätzlich Opt-out (also durch Gewährung der Möglich- aufwendig, um dem Nutzer eine realistische Werktitelschutz genießen keit zum Entfernen eines vorangekreuzten Prüfung zu ermöglichen. (BGH, Urteil vom 28. Januar Häkchens) erteilt werden konnte. Der Wirk- p www.lareda.hessenrecht.hessen.de 2015 - I ZR 202/14 - wetter.de) http://juris.bundesgerichtshof.de INHALT TEILEN Das OLG Frankfurt hat geurteilt, dass ein Nutzer § Umsetzungsfrist für Werbewiderspruch LG FREIBURG sich durch die Verwendung Das LG Freiburg hat sich im richt zu lang. Die Richter ha- nehmen grundsätzlich un- der Funktion »Teilen« bei Rahmen einer Kostenent- ben zwar anerkannt, dass Un- verzüglich erfolgen. Es ist des- Facebook fremde, rechts- scheidung vom 14. Januar ternehmen zur Umsetzung in halb begrüßenswert, dass das widrige Inhalte nicht zu- 2016 (3 S 227/14) dazu geäu- gewissen Grenzen – und ab- Gericht das Bestehen einer eigen mache und deshalb ßert, innerhalb welcher Frist hängig von der Intensität der Umsetzungsfrist anerkennt. nicht dafür hafte (OLG ein Widerspruch gegen den Beeinträchtigung durch zu Doch das Unternehmen darf Frankfurt, Urt. v. 26.11.2015 Erhalt postalischer Werbung erwartende Werbung – Zeit diese nicht zu lang ausdeh- - Az.: 16 U 64/15). umgesetzt werden müsse. zur organisatorischen Um- nen. Es sollte sich an den Vor- www.lareda.hessenrecht.hessen.de Dem Kläger in dem Aus- setzung eines Werbewider- gaben der Datenschutzauf- gangsverfahren wurde durch spruchs zuzubilligen sei. Ein sichtsbehörden orientieren, E-COMMERCE die Beklagte wiederholt (am Zeitraum von nahezu einem die ein Mailing nach Zugang In der Auseinandersetzung 19. März sowie am 16. April Monat sei nicht notwendig. eines Widerspruchs nur zu- um Weiterempfehlungs- 2014) Briefkastenwerbung HANDLUNGSEMPFEHLUNG: lassen, wenn die konkrete funktionen im Web werden zugesandt, obwohl der Kläger Die Umsetzung des Wider- Werbeaktionen angelaufen die Daumenschrauben an- bereits sofort nach der ersten spruchs gegen die künftige ist und sich die Kontaktdaten gezogen: Das OLG Hamm Postzusendung vom 19. März Verarbeitung oder Nutzung des Betroffenen schon in der hat einen Händler für eine 2014 der Zusendung von Wer- der Kontaktdaten eines Be- technischen Verarbeitung be- Funktion in Haftung genom- bung widersprochen hatte. troffenen für Werbung muss finden. men, die auf dem Online- Dieser Zeitraum war dem Ge- in dem betreffenden Unter- p http://lrbw.juris.de/ Marktplatz Amazon stan- dardmäßig angeboten wird. Die Meldungen und Berichte auf dieser Seite wurden verfasst von Rechtsanwalt Dr. Flemming www.acquisa.de Moos, Osborne Clarke, Hamburg. 14 www.acquisa.de 03/2016
SCHWERPUNKT Fotos: 3D Vector/shutterstock.com; d1sk/fotolia.de; Collage: Kerstin Fikentscher BIG BANG Die Digitalisierung verändert den Vertrieb nicht nur in der Theorie
SCHWERPUNKT _ Digitalisierung im Vertrieb Die Chancen überwiegen Die Digitalisierung als Megatrend erzeugt auch und gerade im Vertrieb Veränderungsdruck. Doch weder Verdrängung noch Aktionismus bieten sich als adäquate Reaktionen an. Stattdessen sollten Vertriebsmanager systematisch auf »Digital Sales Excellence« setzen. Übersicht Ausspähen ihrer Nutzer beruhen (etwa Lieferverpackungen und vor allem auch Google, Facebook) und so Insights lie- von Retouren erscheinen zunehmend Weiterbildung im Vertrieb 22 fern und Targeting ermöglichen – oder problematisch, sodass es nicht verwun- Digital Leadership 24 ist es Cyber-Stalking? Andererseits frisst dert, dass derzeit eine Gegenbewegung die Revolution auch gerne mal ihre Kin- zu beobachten ist, die den ethischen Interview 26 der: Second Life, Farmville und Groupon Konsum von traditionellen (=analogen) sind allesamt einmal als »das nächste und lokalen Leistungen propagiert. große Ding« gefeiert worden und mitt- Nicht alles, was technisch geht, wird lerweile weitgehend entzaubert. Der- auch gesellschaftlich akzeptiert: Selbst Text _ L ars Binckebanck und zeit enttäuschen Twitter und Linkedin Google musste seine Datenbrille man- Rainer Elste die Börsenphantasien. Dienste wie Uber gels Akzeptanz erst einmal wieder vom und Airbnb jazzen die Share Economy, Markt nehmen. Aspekte des Verbraucher- doch in der Praxis wollen regelmäßig zu und Datenschutzes werden zunehmend Die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts viele teilhaben von dem, was zu wenige intensiv diskutiert. Cyberkriminalität wird neben der Globalisierung vor zu teilen bereit sind. führt zu Unsicherheiten im Umgang mit allem durch die rasant fortschreitende digitalen Technologien. Rankings wer- Digitalisierung geprägt. Die hiermit den manipuliert, Profile »gefaked« und Kommt eine Gegenbewegung? verbundene zeitlich und örtlich unbe- »Likes« gekauft. Sogenannte Shitstorms schränkte Verarbeitung von Daten er- Veränderungen im gesellschaftlichen lassen soziale Netzwerke zu digitalen möglicht die Umwandlung herkömm- Medien- und Konsumverhalten sind Prangern mutieren, und Politiker drän- licher Prozesse in IT-Routinen. Diese gleichzeitig Ursache und Wirkung der gen Social Media zur Selbstzensur gegen Transformation ermöglicht effektivere Digitalisierung. Der Siegeszug des E- Hetzer auf zunehmend »a-sozialen Platt- Kundenlösungen und effizientere Ab- Commerce erscheint unaufhaltsam. formen«. Der potenzielle Know-how-Ver- läufe, sie gefährdet aber auch bewährte Allerdings zeigt sich eine zunehmende lust durch Hacker und Industriespiona- Geschäftsmodelle und verunsichert soziale Fragmentierung in digitalaffine ge treibt auch Unternehmen im interna- Menschen innerhalb und außerhalb der und digitalferne Schichten. Auch inter- tionalen Wettbewerb um. Unternehmen. national fällt die Wachstumsdynamik Unternehmensintern hat die Digitali- In der Wirtschaft lässt sich ein digi- der Entwicklungsländer insbesondere sierung mittlerweile wohl jeden Aspekt taler Darwinismus beobachten: Ama- deswegen ab, weil die Industrieländer der Wertkette erfasst. Die zunehmende zon ersetzt Quelle, Zalando jagt Görtz aufgrund ihrer besseren technolo- Geschwindigkeit in der Abfolge von In- und Apple killt Nokia. Agfa, Kodak und gischen Infrastruktur bei der Digitali- novation, Imitation, Variation und Sub- Photo Porst sind prominente Opfer der sierung die Pole Position innehaben. stitution erweitert die strategischen Op- Digitalfotografie. Innerhalb einer De- Die ökologischen Auswirkungen des ex- tionen von Unternehmen, etwa um digi- kade hat sich der Konsum von Musik plodierenden Paketliefervolumens, von tale und hybride Geschäftsmodelltypen von tragbaren Abspielgeräten zunächst oder Möglichkeiten der Individualisie- auf MP3-Player und sodann auf andere rung durch One-to-One-Marketing und digitale Formate wie das Streaming ver- Mass Customization. Im Einkauf wer- lagert. Immer öfter sind es branchen- den digitale Technologien im Rahmen fremde Unternehmen, die den Status des E-Procurement eingesetzt und er- Quo hinterfragen und mithilfe digitaler möglichen automatisierte Prozesse auf Technologien etablierte Platzhirsche in der Basis von Electronic Data Interchan- Bedrängnis bringen. Neue Player ent- ge (EDI), die Nutzung elektronischer stehen, deren Geschäftsmodelle im Multi-Supplier-Kataloge sowie virtuelle 16_ Wesentlichen auf dem massenhaften Marktplätze und Online-Auktionen. 17 www.acquisa.de 03/2016
nen. Neben der hierbei im Vordergrund stehenden Analyse von Produktdefekten und einer möglichen Online-Wartung er- möglicht die Vernetzung auch die Erstel- lung und Verfeinerung von Nutzungs- und Nutzerprofilen. Im Marketing haben digitale Technolo- gien innerhalb der vergangenen Dekade eine zunehmend unüberschaubare Viel- zahl innovativer Kommunikationsmög- lichkeiten entstehen lassen; Suchma- schinen- und Social Media Marketing, Integration von Multi- und Mobile- Me- dia in den Medienmix sowie klassische Banner, Content Marketing, Customer Touchpoints, Web Analytics und Gamifi- cation sind Stichworte, ohne die derzeit kein Werbegipfel mehr auskommt. Im Vertrieb schließlich konzentriert sich die Diskussion auf die Nutzung von E- CRM. Entlang der Customer Journey erfolgt die IT-gestützte Datensammlung kanalübergreifend, was zu großen und komplexen Datenbeständen führt, die wiederum mithilfe von Analysetools (Data Mining und OLAP) aufbereitet und für Vertrieb und Marketing zur Verfü- gung gestellt wird – etwa im Rahmen Achtung Baustelle Ver- Unternehmen transformieren ihre Pro- eines Customer Profiling. Aber auch die trieb: Die Digitalisierung duktionsanlagen, Lagersysteme und vertriebliche Nutzung von Social Com- sorgt für einen radikalen Betriebsmittel zu Smart Factories und merce, E-Pricing, Konfiguratoren, Blen- Wandel in den Vertriebs- vernetzen sie als Cyber-Physical Sys- ded Learning oder auch Augmented Re- organisationen deutscher tems (CPS) weltweit. Beschäftigte in der ality eröffnet immer neue Potenziale für Unternehmen. Produktion tragen digitale Wearables den Erfolg im Wettbewerb von morgen. am Körper, welche menschliche Fehler vermeiden und die Arbeitssicherheit Alles disruptiv – oder was? erhöhen sollen. Der 3D-Druck ermög licht dezentrale Produktion on Demand Die Vielfalt und die Geschwindigkeit und Rapid Tooling. Das E-Supply Chain der beschriebenen Entwicklungen Management umfasst darüber hinaus führen in der Unternehmenspraxis zu die Planung, Steuerung und Integration großer Verunsicherung. Das wiederum sämtlicher Waren-, Informations- und ruft eine ganze Armada von selbster- Finanzflüsse entlang der Lieferkette mit- nannten Gurus, vertriebsstarken Bera- hilfe moderner Informations- und Kom- tern und opportunistischen Trainern munikationstechnologien, etwa RFID- auf den Plan. Ihr Mantra: Unternehmen Chips. Das Internet der Dinge verbindet müssen sich radikal neu erfinden nach Produktionsmittel und Alltagsobjekte dem Bestseller-Motto »disrupt or be mit dem Internet und untereinander. Die disrupted«. Tatsächlich ist Disruption entstehenden Datenströme lassen sich mittlerweile ein unsäglicher Kampfbe- im Rahmen von Big Data nutzen, um griff geworden, mit dem praktisch alles etwa vermehrt Produktnutzungsdaten gerechtfertigt wird, was irgendwie mit zu analysieren, die von verschiedensten Digitalisierung zu tun hat und damit Maschinen und Fahrzeugen an Manage- also automatisch wichtig ist. ment, Hersteller und/oder Servicepart- Nur leider hat sich kaum jemand die ner in Echtzeit übermittelt werden kön- Mühe gemacht, sich mit den kon- [ … 03/2016 www.acquisa.de
SCHWERPUNKT _ Digitalisierung im Vertrieb p INFO ENTWICKLUNGSPFADE DER DIGITALISIERUNG IM VERTRIEB Die Digitalisierung im Vertrieb lässt sich anhand von zwei mensspezifische Anwendung, niedrige Imitationsgefahr). Bei der In- organischen Entwicklungspfaden beschreiben. ternalisierung wiederum können drei Grade unterschieden werden: Bündelung von Know-how in der IT–Funktion, Installation von Lead- Einerseits kommen mit dem technischen Fortschritt immer wieder Spezialisten ohne Funktionszugehörigkeit oder breite funktionale Ak- neue Technologieoptionen hinzu. Unternehmen können hier hinsicht- zeptanz und funktionenspezifische Ausbildung von Kernkompetenzen lich der Adoption zwischen einer Wasserfall-Strategie (einer Tech- für digitale Technologien. nologie folgt sequenziell die nächste) und einer Sprinkler-Strategie Digital Sales Excellence impliziert, dass für verschiedene Technolo- (mehrere Technologien werden simultan adaptiert) wählen. Ande- gien unterschiedliche Kompetenzniveaus strategisch geboten sind. rerseits haben Unternehmen hinsichtlich der Intensität der Adop- Der Dreiklang von Strategieorientierung, struktureller Verankerung tion verschiedene Möglichkeiten. So können sie hinsichtlich einer und Vertriebsprozessmanagement ermöglicht hier eine unterneh- Technologie etwa auf die Adoption gänzlich verzichten, mit externen mensspezifisch sinnvolle Konfiguration. So bietet die Digitalisierung Dienstleistern zusammenarbeiten (Kosten und Risiko gering, gene- im Vertrieb durch den systematischen Einsatz neuer Technologien rische Anwendung, hohe Imitationsgefahr) oder das Know-How als hervorragende Möglichkeiten für eine umfassende und nachhaltige Kernkompetenz internalisieren (Kosten und Risiko hoch, unterneh- Transformation des Vertriebs. Fokus Internationalisierung von Know-how Adoption Keine Adoption Externe Spezialisten Anwendungs- Vertriebliche Fokus IT-Spezialisten Technologie Spezialisten Kernkompetenz Technologie 1 Stra tegie orie Technologie 2 ntier ung stru kture Technologie 3 lle V eran Digi keru tal S ng Technologie 4 ales Vert Exce rieb llen spro ce zessm anage men t Technologien Quelle: Binckebanck & Elste zeptionellen Grundlagen der Theorie Funktionalität auf diese Kundengrup- heren Ansprüchen und Zahlungsbereit- der disruptiven Innovation nach Chris pe zuschneiden und sich zunächst ent- schaften ins Visier – wobei sie auf die tensen auseinanderzusetzen. Disrup- sprechend niedrigpreisig positionieren. Neuerungen aufbauen, denen sie ihre tive Innovationen lassen sich demnach Wenn die Platzhirsche nicht mit »er- anfänglichen Erfolge zu verdanken hat- eben nicht mit jedem Durchbruch haltenden« beziehungsweise evolutio- ten. Wenn die Mainstreamkunden die- in einen Topf werfen, der die Wettbe- nären Innovationen reagieren, nehmen ses Angebot in großer Zahl akzeptieren, werbsstrukturen einer Branche verän- die Angreifer mit Qualitätsu pgrades kommt es zur Disruption, das heißt sie dert. Vielmehr geht es um einen Pro- sukzessive Marktsegmente mit hö- schwenken auf die neuen Produkte, die zess, in dem ein kleines Unternehmen sie zunächst als minderwertig angese- mit geringen Mitteln einen etablierten hen haben, um und freuen sich dabei Marktteilnehmer herausfordert. Denn über den geringeren Preis. Disruptoren letztere konzentrieren sich meist auf beschreiten also den Pfad vom Rand zur hochwertige Leistungen für ihre an- Mitte des Marktes und jagen den Platz- spruchsvollsten Kunden und vernach- hirschen zuerst Marktanteile und dann lässigen dabei untere Marktsegmente, Gewinne ab – weil die Platzhirschen die weniger profitabel erscheinen. Dies das alte Spiel immer besser zu spielen nutzen neue Anbieter, die ihre Ange- versuchen statt die neuen Spielregeln 18_ bote in Bezug auf Zweckmäßigkeit und anzuerkennen. 19 www.acquisa.de 03/2016
Aus der Theorie lassen sich wichtige dierten Ansätzen ableiten. Im Gegenteil: Digitalisierung im Vertrieb an Verän- Erkenntnisse ableiten. So bezeichnet Längst nicht alle disruptiven Innova- derungswiderständen zu scheitern. Disruption kein momentanes Ereig- tionen sind erfolgreich. Erfolgsfaktor Vertriebsorganisationen, die sich dem nis, sondern einen Prozess. Und zwar im Management ist eben nicht die Be- Fortschritt in dieser Form verweigern, einen Prozess, dessen Ergebnis wesent- reitschaft, das eigene Geschäftsmodell droht aufgrund verspäteter oder unter- lich von der Reaktion der etablierten über Bord zu werfen, sondern auch lassener Reaktion die Disruption. Hier Marktteilnehmer abhängt, wobei deren weiterhin die Fähigkeit, Leistungen mit können Führungskräfte nur versuchen, verspätete oder Nicht-Reaktion häufig überlegenem Kundenutzen anzubieten. mit Change Management rechtzeitig ge- darauf zurückzuführen ist, dass die Dabei werden digitale Technologien ei- genzusteuern. Veränderungen sich eben nicht als Big ne fundamentale, jedoch nicht notwen- Eine zweite typische Reaktion findet Bang, sondern zunächst als schleichend digerweise revolutionäre Rolle spielen. sich bevorzugt in der Marketingabtei- darstellen. Platzhirsche müssen also ih- Sie sind kein Selbstzweck, sondern ge- lung und überträgt sich von dort in ren Markt richtig definieren und auch horchen den klassischen ökonomischen die Vertriebsorganisation. Die eigene solche Geschäftsmodelle beobachten, Gesetzmäßigkeiten von Effektivität und Begeisterung für digitale Innovationen die scheinbar keine Konkurrenz für die Effizienz. Ihr Einsatz muss dazu beitra- wird auf die Kundenseite übertragen. eigenen Aktivitäten darstellen. Und sie gen, Kundenbedürfnisse effektiver zu Kunden wird (fälschlicherweise) unter- müssen auf eine Disruption reagieren, befriedigen und gleichzeitig die Unter- stellt, mit dem Unternehmen auf mög- wenn sie geschieht. Allerdings sollten nehmensziele effizienter zu erreichen. lichst vielfältige und innovative Art und sie dabei nicht in Panik verfallen und Weise, in Echtzeit und auf Augenhöhe ein Geschäft begraben, das immer noch interagieren zu wollen. Also wird jede Technologiefeindlicher Vertrieb Gewinne abwirft. Im Gegenteil sollten neue Plattform, Technologie und Hyste- sie die Beziehungen zu ihren wich- Zunächst einmal ist im Vertrieb leider rie sofort in das Kommunikations- und tigsten Kunden weiter stärken, indem häufig eine latente Technologiefeind- Distributionssystem des Unternehmens sie in erhaltende Innovationen investie- lichkeit zu konstatieren. Da wird dann integriert, denn man will ja immer vor- ren, während sie sich gleichzeitig mit gerne postuliert, dass alle Kunden den ne dabei sein. Leider fehlt den Technik- neuen Technologien auf Wachstums- persönlichen Kontakt schätzten und freaks häufig das Verständnis für die möglichkeiten konzentrieren, die sich technischen Schnick-Schack ablehnen. Ressourceneffekte ihres permanenten aus der Disruption ergeben. Gleichzeitig werden neue Technologien Beta-Versuchslabors. Die überpropor- Aus der Theorie der disruptiven Innova- im Innenverhältnis als Kostenkiller und tional steigenden Kosten des wachsen- tion lässt sich also keine Überlegenheit Kontrollinstrumente gebrandmarkt den Technologieeinsatzes gehen in der neuer Geschäftsmodelle gegenüber tra- und bekämpft. Im Ergebnis droht die Praxis häufig eben nicht mit ent- [ …
SCHWERPUNKT _ Digitalisierung im Vertrieb entierung. Dabei sind (in vertikaler und p Die Digitalisierung scheint horizontaler Abstimmung mit anderen für den Vertrieb oft noch eine Strategieelementen des Unternehmens) terra incognita zu sein. Doch wesentliche Entscheidungstatbestände das ist nicht zielführend, selbst wenn der »klassische« im strategischen Vertriebsmanagement Vertrieb nicht obsolet werden dürfte. zu berücksichtigen. Zunächst schaffen Kundendefinition, -segmentierung und -priorisierung die Basis für die Marktbe- arbeitung. Welche Rolle können hierbei Lars Binckebanck, Rainer Elste (Hrsg.), digitale Technologien zur Individualisie- Digitalisierung im Vertrieb, rung von Leistung und Kommunikation Springer Fachmedien, 664 Seiten, (One-to-One-Marketing, Mass Customiza- 64,99 Euro (Buch), 49,99 Euro tion) spielen? Bei der Identifikation stra- (E-Book) tegischer Wettbewerbsvorteile als Aus- gangspunkt für die Differenzierung und Positionierung von Leistungsangeboten ist der potenzielle Beitrag des Vertriebs zum Geschäftsmodell des Unterneh- sprechender Zahlungsbereitschaft der mensspezifisch gewichtet. Digitalstra- mens zu untersuchen. Ist der Vertrieb Kunden einher. Die Digitalisierung im tegen nutzen neue Technologien unter Kernkompetenz des Unternehmens Vertrieb scheitert dann an ihren aus- Beachtung der internen Ressourcenaus- oder lässt er sich digital substituieren? ufernden Kosten und es entsteht eine stattung zur simultanen Steigerung von Die richtige Kundenbeziehungsstrategie Flanke für disruptive Angreifer. Kundenutzen und Wirtschaftlichkeit. kann als Integrationsmechanismus die Eine genau gegenläufige Reaktion kon- Weder laufen sie technischen Moden unternehmensweite Kundenorientie- zentriert sich einseitig auf potenzielle hinterher, noch unterschätzen sie das rung über interne Schnittstellen hin- Effizienzgewinne digitaler Technolo- in der Kundeninteraktion verankerte Po- weg sicherstellen (Total Customer Expe- gien. Diese Perspektive entstammt zu- tenzial zur Beziehungsführerschaft im rience Management). Ist CRM ein Kürzel meist dem Controlling und hält über Wettbewerb. Kurzum: Sie streben nach für ein IT-System oder wird hierunter den Kostendruck auf das Management Digital Sales Excellence. eine Philosophie verstanden, die mit- Einzug in Vertriebsorganisationen. Im hilfe digitaler Technologien zum stra- Mittelpunkt stehen dann nicht differen- tegischen Wettbewerbsvorteil werden Digital Sales Excellence zierte Kundenwünsche, sondern Poten- kann? Schließlich sind im Rahmen der ziale für interne Kosteneinsparungen. Mit Digital Sales Excellence bezeichnen Vertriebskanalstrategie verschiedene Die vermeintliche »Black Box« Vertrieb wir den innovativen und prozessorien- Alternativen für einen Multikanalver- soll transparent gemacht, Prozesse tierten Einsatz von digitalen Technolo- trieb zu bewerten. Wie ist der relative automatisiert und Ressourcen einges- gien im Rahmen vertriebsstrategischer Stellenwert des persönlichen Verkaufs part werden. Algorithmen sollen teure Grundsatzentscheidungen, konzeptio- im Vergleich zu web-basierten Vertriebs- menschliche Aktivitäten substituieren neller Rahmenbedingungen sowie ope- kanälen zu bewerten? und Datenbanken sollen Kundenbezie- rativer Vertriebsprozesse mit dem Ziel, Der zweite Faktor ist die strukturelle hungen managen. Doch ohne Berück- Absatzergebnisse nachhaltig zu steigern Verankerung in der Vertriebsorgani- sichtigung des Kundennutzens solcher und den Vertrieb als eigenständigen sation. Empfehlenswert ist hierfür die Maßnahmen sinkt die Interaktionsqua- Wettbewerbsvorteil zu positionieren. Die- Verwendung eines normativen Struk- lität im Vertrieb. Ein Regime der Spar- se Definition beinhaltet drei Erfolgsfak- turmodells, bei dem alle relevanten füchse macht die Vertriebsorganisation toren für die Digitalisierung im Vertrieb. Entscheidungsfelder des Vertriebsma- nicht nur für Disruptoren angreifbar: Erster Erfolgsfaktor ist die Strategieori- nagements simultan zusammengestellt Einseitige Kostensenkungsprogramme und hinsichtlich ihrer Beziehungen stärken langfristig fast immer den Wett- zueinander verknüpft werden. Bewährt bewerb. hat sich die Unterscheidung und sepa- Vor diesem Hintergrund erscheint es rate Betrachtung von Konzeptionsebene sinnvoll, externe Kundenorientierung (strukturelle Rahmenbedingungen, ins- und interne Wirtschaftlichkeit glei- besondere Vertriebsziele und -systeme, chermaßen in eine ganzheitliche Stra- Vertriebsorganisation, vertriebliche tegiekonzeption einfließen zu lassen, Steuerungssysteme, Kundenbeziehungs- die das Verhältnis von disruptiven und management sowie Vertriebskultur und 20_ erhaltenden Innovationen unterneh- -philosophie), Führungsebene (Rolle der 21 www.acquisa.de 03/2016
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