ZU KUn - Evangelisches Stadtmagazin Ludwigsburg
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ANZEIGE Mit Lotter Lebensräume gestalten! Willkommen zum Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, Schausonntag das evangelische Stadtmagazin „fünfundneunzig +“ hat einen ZUKUNFT hohen Anspruch. 4 Ins Offene – Zukunft „Zukunft“ lautet das Thema und meint damit die Zu- 6 Was planst Du für die Zukunft? – kunft von Kindergartenkindern und Familien, Schulab- Was erhoffst Du Dir? gänger*innen, Männern und Frauen mit Suchterfah- BÄDER 8 Ökumenische Begegnung bei der zweiten rungen, älteren Menschen im Quartier und in den Ökumenischen Zukunftswerkstatt Jeden Pflegeheimen, die Zukunft des Wohnungsbaus, die g 10 Museumstage t a KÜCHEN Zukunft der Kirchen und des Gottesdienstes, der n n 13 Zukunftsperspektiven älterer Menschen o 1. Sim Monat Musik, die Zukunft des Klimawandels und -schutzes, 16 Wohnen bleibt für viele eine Existenzfrage die Zukunftsbilder der Kunst und Kultur. Die Zukunft HEIZUNG 19 „Die Zukunft des Gottesdienstes beginnt jetzt“ lässt nicht auf sich warten, in vielem beginnt sie jetzt. 22 Kinder. Mitte. Zukunft. hr Die Zukunft, sie ist offen, vielfältig, weit und unbe- U 11 –17 24 Baugenossenschaften ENERGIESPAR- 26 Zukunftsvorstellungen von Menschen am Rande stimmt, manchmal gefürchtet, unberechenbar, ein andermal sehnsüchtig erwartet. , ZENTRUM 28 Das Ludwigsburger Babyzentrum eratung Keine B rkauf 30 Zukunftsgedanken von Schüler*innen kein Ve Wir heißen mit dieser Ausgabe Dekan Michael Werner BODENBELÄGE 32 Campus for Future herzlich willkommen. In seinem Leitartikel lesen Sie, 36 Eine Profistelle für die Zukunft dass die Zukunft nicht nur unbestimmt vor uns liegt, FLIESEN nicht nur von unseren Möglichkeiten und Gestal- VOR ORT tungskräften abhängt, sondern dass in gewisser Weise die Zukunft auf uns zukommt. Neugierig geworden? TÜREN / TORE 38 Friedenskirche: Aus einem Parkplatz Dann viel Vergnügen beim Lesen wünscht das ganze wird ein Garten Redaktionsteam! 40 Kreuzkirche: Marathon im Schlößlesfeld SICHERHEITS- 41 Auferstehungskirche: Neues aus der TECHNIK Auferstehungskirche Christina Hörnig, 42 Martinskirche: Kirchenbänkle on tour Pfarrerin und FLÜSSIGGAS 43 Ulrichskirche: Kinder- und Jugendchor Referentin beim 44 Stadtkirche: Leere Kirchenräume sind Dekan Chancenräume BEDACHUNG 47 Karlshöhe: „Und Eure Alten sollen Träume haben“ KULTUR 50 Choral Sessions 52 Gemeinsam nach L’Utopia Hörnig 54 Wie’s kommt Christ ina Lassen Sie sich inspirieren und beraten. 56 Nachhaltigkeit darf auch Spaß machen! Verwirklichen Sie mit Lotter streßfrei Ihre Wohnträume: MENSCHEN Foto: Cover nashua-volquezyoung/Pexels.com Auf 2.000 m2 präsentieren wir Ihnen die 60 „Wohin schaust Du?“ neuesten Bäder, topmoderne Küchen und 62 64 Kastanien-Spaß auf der Kinderseite ... Ein neues G’sicht Dirk Werhahn, Bodenbeläge, aktuelle Sicherheitstechnik, 66 Neuland-Expedition von der Karlshöhe aus Geschäftsführer im Türen, Tore und vieles mehr. 68 Aktion: „#lasstblättertanzen“ Kreisbildungswerk Ludwigsburg Waldäcker 15 | 71636 Ludwigsburg | www.lotter.de Dirk Werh ahn Öffnungszeiten: Mo – Fr: 08.30 – 12.00 Uhr und 13.00 – 18.00 Uhr 3 Sa: 08.30 – 13.00 Uhr
ZUKUNF T ZUKUNF T D e k an M ichael We rner Ins Offene – Zukunft Text: Michael Werner, Dekan Befürchtungen und vielleicht auch unsere Ängste spie- nie in Reutlingen, sein Recht: „Was nicht zur Tat wird, geln. Und je nach Zeit und Stimmungslage überwiegt hat keinen Wert.“ „ZUKUNFT“ IST DAS THEMA DIESER AUSGABE. SIE HAT der eine oder der andere Blick. Das ist auch in diesem Die Beiträge in dieser Ausgabe tragen dem Rechnung. VERSCHIEDENE GESICHTER. EINES DAVON HABE ICH Herbst greifbar, wenn wir über Klimaschutz und -ziele, Sie beschreiben aus ganz unterschiedlicher Perspekti- VOR AUGEN, WENN WIR IN UNSEREN KIRCHEN „VER- über gesellschaftliche Verwerfungen und die Trag- und ve, wie wir uns unsere Zukunft als Kirche und Diakonie TRAUT DEN NEUEN WEGEN“ (EG 395) SINGEN. Integrationsfähigkeit unserer freiheitlichen Demokra- nahe bei den Menschen und als Kirche die sich einmi- tien und nicht zuletzt über die Zukunft sprechen, auf scht und mitmischt, vorstellen. Wir gestalten sie heute Das Lied ist etwas mehr als 30 Jahre alt und hat es An- die wir als Kirche und Diakonie zugehen. In solchen schon und machen uns gleichzeitig damit auf den Weg. fang der 90er Jahre als letztes Lied in den Stammteil des Augenblicken gelingt es mir nicht immer, die Zukunft Und wie bei einer größeren Wandergruppe sind die ei- damals neuen „Evangelischen Gesangbuchs“ geschafft. als ausschließlich helles und weites Land zu sehen, das nen schon losgegangen und können es nicht erwarten, Seine Entstehung verdankt sich einer Hochzeit. Klaus- einladend offen vor uns liegt. ans Ziel zu kommen, während andere noch etwas Zeit Peter Hertzsch, Jenaer Theologieprofessor, hat den brauchen. Ich freue mich, mit Ihnen und vielen hier in Text am Vorabend der Trauung seiner Patentochter in Ludwigsburg in den kommenden Jahren an dieser Zu- einem Hotelzimmer geschrieben. Die Uraufführung am kunft und an einer Kirche, die auch in Zukunft nahe bei 4. August 1989 in der Annenkirche in Eisenach dürfte „Und Zukunft lebt davon, dass den Menschen ist, mitwirken und mitarbeiten zu dürfen. überschaubar gewesen sein. Aber das Lied trifft eine wir aus unseren Möglichkeiten Das schließt unsere gelegentlichen Umwege nicht aus, Stimmung und bringt etwas zum Schwingen in diesem sondern ein. Und es schließt vor allem ein, was der Sommer vor der Wende. Viele Hochzeitsgäste nehmen etwas machen.” Theologe Günter Thomas jüngst „theologisches Grenz- die vor dem Gottesdienst noch rasch hektografierten management“ genannt hat. Nämlich das notwendige Liedblätter mit und verbreiten sie in ihren Gemeinden. und uns in unseren Gemeinden, kirchlichen Diensten Wenig später, kurz nach dem Mauerfall, wird das Lied Die Töne und Farbtöne sind dann, bestenfalls, etwas und diakonischen Einrichtungen vor Atemlosigkeit und zum Abschluss der Jenaer Friedensdekade gesungen. gedämpfter. In solchen Momenten ist mir das Lied mit Erschöpfung bewahrende Wissen um den Unterschied Seit 1993 steht es im Evangelischen Gesangbuch und seinem Text voller Zuversicht ein gutes Stück voraus. zwischen dem, was wir als Kirche können und tun sol- nicht nur dort. Auch im Gotteslob unserer katholischen Aufbruchsstimmung kann man schließlich nicht auf len, und dem, was wir nicht können und deshalb aus Geschwister und im evangelisch-methodistischen Ge- Knopfdruck erzeugen. guten Gründen auch nicht tun müssen. Christ*innen le- sangbuch steht das Lied, das so zuversichtlich nach Aber man kann sich von diesem Lied und seiner Zu- ben, daran erinnert im Kirchenjahr jeder 1. Advent, von vorn blickt und Zukunft mit Aufbrüchen verbindet kunftsmelodie unterbrechen lassen. Und sich fragen: einer Zukunft, die uns entgegenkommt und die nicht und mit dem Mut, sich auf Neues und Unbekanntes Warum eigentlich nicht? Zukunft ist – im Guten wie im wir machen. In diesem Horizont gestalten wir unse- einzulassen. Es sind ja nicht nur unsere, es sind zu- weniger Guten – nicht nur die unausweichliche Verlän- re Gegenwart und Zukunft und geben unserem Glau- gleich Gottes Wege, auf die wir uns begeben sollen. gerung unserer Gegenwart und dessen, was so ist wie ben, Hoffen und Lieben darin für uns und andere ein „Die Zukunft ist sein Land“ heißt es in der dritten Stro- es ist. Zukunft hat mit Möglichkeiten zu tun, die wir ha- Gesicht. „Es wird Menschen geben, die beten und das phe. Und: „Wer aufbricht, der kann hoffen / in Zeit und ben, darunter mit solchen Möglichkeiten, die wir nur so Gerechte tun und auf Gottes Zeit warten“ beschreibt Ewigkeit. / Die Tore stehen offen. / Das Land ist hell haben, dass sie uns immer wieder zugespielt werden. Dietrich Bonhoeffer im Sommer 1944 sein Bild einer und weit.“ So schön, so hoffnungsvoll kann der Blick in Wir leben nicht nur von dem, was wir kennen und im- Kirche der Zukunft. Darin ist beides enthalten: Das, was die Zukunft sein. Und das in einem Lied, dessen Melodie mer schon haben. Und Zukunft lebt davon, dass wir aus wir klug, engagiert und hoffentlich auch mit dem nöti- sehr viel älter ist. Auch damit hat dieses Bild von Zukunft unseren Möglichkeiten etwas machen. Sie ist mit un- gen Weitblick tun um uns auf das Morgen einzustellen. ganz offensichtlich zu tun. Dass aus etwas Altem, das serer Hoffnung auf Neues und mit der Einsicht in unsere Und das, worauf wir warten. Leidenschaftlich gespannt Foto: Stefan Redel/stock.adobe.com uns vertraut ist und an das wir uns längst gewöhnt ha- Grenzen verbunden. Auf jeden Fall aber findet sie nicht und hoffentlich auch getrost und deshalb immer wie- ben, plötzlich etwas überraschend Neues werden kann. ohne uns statt. Der Zukunftsforscher Matthias Horx be- der auch entspannt. In unserem Beten ebenso wie in Etwas, das uns in Bewegung setzt und uns hilft, uns auf schreibt Zukunft als einen „evolutionären Prozess“, an unserem Glauben, Hoffen und Lieben bringen wir den Weg zu machen. Ins Offene. dem wir beteiligt sind. Sie entsteht nicht erst im Futur, beides zusammen. Und sehen dabei der Zukunft ent- sondern bereits jetzt. Unser besorgter Blick gehört dazu gegen, die uns wie im Lied „Vertraut den neuen Wegen“ Nicht immer verbinden wir den Blick in unsere Zukunft ebenso wie der Mut, uns auf den Weg zu machen und entgegenkommt. Sie ist mehr als die Summe unserer mit diesem Lied und seinen starken Bildern. Nicht sel- Neues auszuprobieren. Wenn, dann hat hier der Satz Möglichkeiten und Grenzen. Eben offenes Land. Hell ten ist Zukunft auch der Horizont, an dem sich unsere Gustav Werners, des Begründers der Bruderhausdiako- und weit. Immer noch. • 4 5
ZUKUNF T ZUKUNF T DIESE BEIDEN FRAGEN STELLTEN STEFANIE WEINMANN (DIAKONIN) UND RENÉ BURTSCHER (KOMMUNIKATIONSABTEILUNG KARLSHÖHE) AUF DEN INSTAGRAM-KANÄLEN VON MARKT8 UND DER KARLSHÖHE SOWIE IN DER STUTTGARTER INNENSTADT. Was planst Du Auf den folgenden Seiten erhalten die Leser*innen von fünfundneunzig+ Einblicke in die Zukunftspläne, Wünsche und Hoffnungen von Ludwigs- burger*innen und Stuttgarter*innen. für die Zukunft? Welchen Plan hast Du für Deine Zukunft? Das ist aktuell schwer, da keiner weiß, wie es weiter geht. sche r einmann René Burt Stefanie W Was erhoffst Du Dir? Foto: simon-berger/Pexels.com Was erhoffst Du Dir? Meine Ausbildung bei der Karlshöhe Ludwigsburg erfolgreich zu beenden.
ZUKUNF T ZUKUNF T Was ich für meine Zukunft plane? Im Moment wenig. Mir fehlt einfach Planungssicherheit. ÖKUMENISCHE VERANSTALTUNG MIT 100 PERSONEN GUT BE- SUCHT – TEILNEHMENDE FREUEN SICH ÜBER EINEN Beide äußerten sich auch selbstkritisch gegenüber ei- genen kirchlichen Strukturen. Dekan Eberhard Feucht, BEGEGNUNG REGEN AUSTAUSCH Unter die Lupe genommen: Am Samstag, 24. April evangelischer Kirchenbezirk Besigheim, betrachtete die Veranstaltung als Inspiration und Ermutigung, die einlade, Kirche weiterzudenken und pragmatische BEI DER ZWEITEN luden das katholische und die evangelischen Dekanate im Landkreis Ludwigsburg zu einer Ökumenischen Zukunftswerkstatt ein. Beleuchtet wurden die ge- ökumenische Lösungen vor Ort zu suchen und zu wagen. ÖKUMENISCHEN wünschten Zukunftsideale und die Herausforderungen dahin. Via Zoom trafen sich knapp 100 Personen aus dem Ludwigsburger Landkreis zum zweiten ökume- Einige Voten und Überlegungen aus der Fortsetzung der ökumenischen Zukunftswerkstatt, die in Zukunft zweimal jährlich als Austauschplattform den Gemein- user Zukunfts- Isabel Ha nischen Zukunftsforum dieser Art. Ziel ist es, zusam- den dienen soll: men die Kirchen weiterzuentwickeln. ! Kirche sollte in der befreienden sogenannten Impulse gaben Professor Harald Schwillus, Institut für eschatologischen Spannung des Neuen Testa- Katholische Theologie und ihre Didaktik an der Univer- ments leben „Schon“ und „Noch nicht“ anstatt werkstatt sität in Halle-Wittenberg, und Professorin Birgit Weyel, in der häufig selbsterfüllenden Prophetie der evangelische Fakultät in Tübingen. Schwillus betonte abwärtsgewandten Spannung von „Noch“ und die Bedeutung des Dialogs und der Begegnung in „Nicht mehr“. einer pluralen Gesellschaft. Weyel verwies in ihrem ! Referat darauf, „Kirche als Netzwerk“ anstelle als rei- Digitale Plattform zur Vernetzung von Gaben, ne Organisation zu sehen. Die Netzwerkforschung Nachbarschaftshilfe und Weitergabe von In- belege, wie Christen über vielfältige Beziehungen in formationen. Text: Isabel Hauser/Christina Hörnig Arbeit und Privatleben einen sinnhaften und konstruk- ! tiven Austausch ermöglichen. Ihr Wunsch sei eine Evangelische und katholische Nachbarn lernen Kirche der Zukunft, „die sich auf die Suche mache und sich besser kennen: Räume z. B. „versteckte“ Hörnig sich in Frage stellen lasse“. Perlen wie den Garten der Stadtkirchen- Christ ina gemeinde, Menschen, ungezwungen zusam- Die Impulsreferate luden zu einem Austausch über mensitzen. das Thema „mehr Gott wagen: glauben, tun und las- ! sen“ in Regionalgruppen ein. Hier wurde konkret nach Ökumenischer Jugendreferent in Asperg: Es Lösungswegen im direkten Umfeld gesucht. Die Fra- ist nicht Ziel, „Ministranten" oder „Sonntags- gen: “Was ist unsere eigentliche Aufgabe als Kirchen GD-B esucher" zu generieren, sondern Kinder/ vor Ort und in der Region? Was können wir tun? Was Jugendliche auf dem Weg im Glauben zu dürfen wir lassen?” dienten als Leitfaden. begleiten. ? Wo und wie wird Ökumene in unseren Struk- turen sichtbar/lebendig? „Ihr Wunsch sei eine Kirche der ? Zukunft, „die sich auf die Suche Sind wir an den Themen dran, die Menschen interessieren? Wie organisieren wir das Hören mache und sich in Frage stellen auf die Bedürfnisse der Menschen – und was lasse“.” bieten wir an Antworten, die andere nicht ge- ben können? ? Foto: neosiam/Pexels.com Die Podiumsdiskussion mit Regionalbischöfin Gabriele Vielleicht so? Kirchplatz mit Frühstück am ! Arnold, evangelische Landeskirche Württemberg, und Sonntagvormittag – Zusammenkommen mit Weihbischof Thomas Maria Renz der Diözese Rotten- kleinem spirituellen Beitrag, Kontakt finden. burg-Stuttgart griff die Konklusionen der Kleingrup- Für Singles/junge Familien – kein Gottesdienst. pen auf und zeigte: Kirche der Zukunft braucht Mut, Kennenlernaktion, mehr Kontakt zum Kinder- Spielräume und Entscheidungskompetenzen vor Ort. und Familienzentrum. • 8 9
ZUKUNF T ZUKUNF T MUSEUMSTAGE STELLEN SIE SICH VOR, DASS JEDER MOMENT IHRES LEBENS AUFGEZEICHNET UND IN EINEM MUSEUM AUSGESTELLT WÜRDE. ALLES, WAS SIE GETAN, GESAGT UND ERLEBT HABEN, WÄRE IN DIESEM MUSEUM ZU SEHEN. WIE WÜRDE DIESES MUSEUM AUSSEHEN? DAS MUSEUM IST EIN SPIEGELBILD IHRES LEBENS. SAMMELN SIE IN IHREM LEBEN GUTE MUSEUMSTAGE? WIE VIELE POSITIVE UND WIE VIELE NEGATIVE MOMENTE HABEN SIE BEREITS GESAMMELT? IST HEUTE EIN GUTER MUSEUMSTAG? DIE IDEE DER MUSEUMS- TAGE STAMMT VON DEM AMERIKANISCHEN BESTSELLERAUTOR JOHN STRELECKY. Wir haben drei Personen aus unterschiedlichen Generationen befragt, die sich mit ihrem Museum bereits auseinandergesetzt haben. DANIELA RAUEN, 25 JAHRE, STUDENTIN UND BILDUNGSREFERENTIN FABIAN BRITSCH , 41 JAHRE, GESCHÄFTSFÜHRER INTERMEDIA.IO GMBH, INTERNET- & WERBEAGENTUR IN LUDWIGSBURG FÜNFUNDNEUNZIG+: Wie sieht Ihr Museum bisher aus? D. RAUEN: Wenn ich an dieser Stelle meines Lebens auf mein Museum zurück- FÜNFUNDNEUNZIG +: Wie sieht Ihr Museum bisher aus? blicke, sehe ich, dass sich schon sehr viel angesammelt hat. Ich sehe viele schöne F. BRITSCH: Es wird ein anstrengender Tag für den Besucher meines Museums. Momente, viel Leichtigkeit und Freude. An einigen Stellen gibt es „besondere Aus- Es ist wie ein großes Hamsterrad, in dem die Gegenstände umherpurzeln, mit vielen ts ch stellungsstücke“ – das sind Erlebnisse, Begegnungen und Momente, die eine ganz Abzweigungen und Biegungen. Es gibt viele schöne Exponate, aber auch negative – Fabian Bri besondere Bedeutung für mich haben. Gleichzeitig sehe ich aber auch schon vor allem aber viel Bewegung und Unruhe. An gewissen Punkten kann der Besu- einige Dinge, von denen ich nicht noch mehr sammeln möchte – negative Gedan- cher durchatmen: Beim Urlaub in den Bergen oder einer Auszeit auf dem „Gütle“. ken, Zweifel und Stress. Insgesamt würde ich aber sagen, dass in meinem Museum Hier wird alles entspannter, klarer – entschleunigt. Gegen Ende der Ausstellung bisher eine ganz gute Mischung aus guten und nicht so guten Momenten zu finden bleibt der Besucher in voller Fahrt, die Exponate sind aber sortierter und in geord- ist. neten Bahnen. Gehe ich selbst durch das Museum, sehe ich die Punkte ganz klar, Foto: 4th Life Photography/stock.adobe.com; Illustrationen: vectorpouch/stock.adobe.com au e n an denen ich für die Zukunft arbeiten kann. Ich sehe auch, was ich in der Vergan- Daniela R FÜNFUNDNEUNZIG+: Was macht für Sie einen guten Museumstag aus? genheit hätte anders entscheiden sollen. Aber der Rückblick ist ohne Groll und D. RAUEN: Spontan würde ich sagen, dass ein guter Museumstag für mich ein Tag hilft, für die Zukunft bessere Entscheidungen zu treffen. ist, an dem alles perfekt läuft, an dem ich nur Dinge tue, die mich mit aller größter Freude erfüllen. Allerdings merke ich, dass das auch ein ganz schöner Druck sein FÜNFUNDNEUNZIG +: Was macht für Sie einen guten Museumstag aus? kann. Nur wenige Tage sind wirklich „perfekt“. Wahrscheinlich sind das dann auch F. BRITSCH: Ganz im Reinen mit sich zu sein: Ohne Sorgen und tausend Gedan- eher die „ganz besonderen Ausstellungsstücke“. Ich wünsche mir, dass ein guter ken. Gut gelaunt und zufrieden. Das kann ein Arbeitstag sein oder ein Tag mit der Museumstag für mich all die Tage sind, an denen ich mit dem, was ich tue, zufrie- Familie. den und glücklich bin. FÜNFUNDNEUNZIG +: Wie möchten Sie Ihr Museum zukünftig füllen? + FÜNFUNDNEUNZIG : Wie möchten Sie Ihr Museum zukünftig füllen? F. BRITSCH: Am liebsten mit so vielen positiven Exponaten wie möglich. Natürlich D. RAUEN: Ich möchte viele schöne Momente für mein Museum sammeln. Dabei werden im Laufe der Jahre auch negative Bilder entstehen, aber das gehört zum will ich mich darauf fokussieren, was mir wirklich wichtig ist und mich nicht so sehr Leben. Wichtig ist nur, dass ich das Beste aus allem mache, was ich selbst ent- von anderen beeinflussen lassen. Ich will gerne weiterhin „besondere Ausstellungs- scheiden kann. Auf alles andere habe ich keinen Einfluss. John Strelecky stücke“ sammeln. Noch wichtiger sind mir aber die viele Tage, die einfach nur gut The Big Five for Life sind. Die großen Wände in meinem Museum will ich mit Zufriedenheit und Leich- Was wirklich zählt tigkeit füllen und dabei auch in schwierigen Situationen das Positive hervorheben. im Leben 10 11
ZUKUNF T ZUKUNF T Welche Hoffnung hast Du? Ich hoffe auf mehr Gerechtigkeit. DIRK WERHAHN, 54 JAHRE, GESCHÄFTSFÜHRER UND BILDUNGSREFERENT EV. KREISBILDUNGSWERK LUDWIGSBURG, EV. FAMILIENBILDUNG LUDWIGSBURG UND EV. FAMILIENBILDUNG BESIGHEIM FÜNFUNDNEUNZIG+: Wie sieht Ihr Museum bisher aus? D. WERHAHN: Es ist ein Museum mit ganz verschiedenen Räumen. Manche ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN haben kreative bunte Bilder, ganz im Stil von van Gogh, andere sind leicht und ver- spielt und wirken wie ein Raum von Monet. Andere sind gefüllt mit mechanischen Geräten, die sich immer im gleichen Rhythmus bewegen und erinnern mich an Tinguely. Toll sind auch die Räume mit Bildern über Cristo, die die Realität mit verschiedenen Facetten beleuchten. Ich bin auch überrascht, dass mir die stillen Bilder von Turner sehr gefallen. Oder die Strukturen von Mondrian. Es hängen ÄLTERER MENSCHEN Foto: 4th Life Photography/stock.adobe.com; Illustrationen: vectorpouch/stock.adobe.com jedoch auch Bilder im Museum, die ich nicht so toll finde, die ich aber als Leihgaben aufhängen musste. ahn NOCH KANN ICH MEINE GRAUEN HAARE ZÄHLEN, Dirk Werh FÜNFUNDNEUNZIG+: Was macht für Sie einen guten Museumstag aus? ABER ES WERDEN STÄNDIG MEHR UND IM SPORT D. WERHAHN: An einem guten Museumstag bin ich ganz bei mir. Ein warmer son- GEHÖRE ICH SCHON ZU DEN SENIOREN. FÜR DEN niger Tag und ich spüre die Kraft der Schöpfung in mir, meiner Mitmenschen und in LEBENSABSCHNITT DES ALTERS SIND ES BEI MIR meiner Umwelt. NOCH 20 JAHRE. WIE WIRD ES DANN SEIN? KANN ICH MICH HEUTE FÜNFUNDNEUNZIG+: Wie möchten Sie Ihr Museum zukünftig füllen? SCHON FRAGEN. WIE WILL ICH DANN LEBEN? WAS, D. WERHAHN: Es werden Bilder sein, auf denen festgehalten ist, wie ich Menschen WENN ICH KRANK ODER GAR DAUERHAFT PFLEGE- dabei unterstütze, ihre Potenziale zu entfalten. Die zeigen, wie ich meinen Pfadfin- BEDÜRFTIG WERDE? derleitspruch “Ich lasse die Welt ein bisschen besser zurück, als ich sie vorgefunden habe.” umgesetzt habe. Bilder, die zeigen, wie neugierig ich bin und mich weiter- Aber der Reihe nach. Als Mann werde ich zurzeit durch- entwickle. Bilder, in denen ich Spiritualität sowie Ruhe lebe und anderen Menschen schnittlich fast 79 Jahre alt, bei Frauen sind es 4 Jahre anbiete. Herrliche Bilder über ein selbstbestimmtes Leben mit Sonne und Musik. mehr. Den Prognosen folgend werden es in 20 Jahren Wandel Bernhard nochmals 3 Jahre mehr sein. Tatsächlich stellt die Gesundheit und dabei vor allem Foto: Bernhard Wandel der Grad der Mobilität und die vorhandene Geisteskraft wesentliche Faktoren dar, welche über unsere Optionen Text: Diakon Bernhard Wandel, Vorstand und Heimleiter zur Wahl unseres Lebensumfeldes und unsere Möglich- der Stiftung Evangelische Altenheime Ludwigsburg keiten unser soziales Umfeld zu gestalten, entscheiden. 12 13
ZUKUNF T ZUKUNF T ZUKUNF T Was erhoffst Du Dir? Meine Hoffnung ist, dass das Klima nicht weiter zerstört wird. Betreutes Wohnen Zusammenkunft von verschiedenen Generationen Barrierefreiheit für ein altersgerechtes Wohnen Welche Menschen leben mit mir, wo kann ich wohnen? größeres Thema. Schon jetzt erfreuen sich Betreutes aber in nicht allzu langer Zeit sicher realisierbar. Eben- Bereitstellung der weiter wichtigen professionellen Schon heute haben sich die Lebensverhältnisse drama- Wohnen oder Service-Wohnen großer Beliebtheit. falls steht die Technik schon für eine Telemedizin bereit Dienstleistungen, sondern auch in der Förderung tisch verändert. Vielfach fehlen familiäre Versorgungs- Künftig werden sicher auch noch andere, innova- und in Bälde vor einer Realisierung in der Fläche. privater Verabredungen, kleiner, gemeinsamer Unter- strukturen, immer mehr Menschen leben als Singles. tivere Wohnformen entstehen. Inwiefern diese auch Was man zwar mit künstlicher Intelligenz auch versu- nehmungen, gerne auch von kleineren Hilfestel- Gerade in den Städten steigt die Zahl derer signifikant. In im Falle einer schweren Pflegebedürftigkeit tragfähige chen wird, aber aus meiner Sicht hoffentlich nie erset- lungen und immer wieder auch der Organisation von der Ludwigsburger Oststadt sind das schon 55 Prozent Dienstleistungskonzepte vorweisen können, wird viel- zen wird, ist die direkte (menschliche) Zuwendung. Ich größeren Zusammenkünften, Feiern von Festen in den aller über 50-Jährigen. mals über den Erfolg oder Misserfolg dieser Angebote bin sicher, die wichtigste Stellschraube für ein erfülltes Quartieren und Teilen der Gemeinden. entscheiden. Weiter werden Pflegeheime unverzichtbar Leben ist neben dem Glauben, der Kontakt zu anderen Unabhängig davon ob nun alleinstehend oder nicht, bleiben. Deren Wohn- und Dienstleistungsangebote Menschen, hierfür gilt es rechtzeitig viel zu tun. Denn wollen viele Menschen auch für den Fall einer Hilfe- werden sich aber auch den Bedürfnissen der nächsten nur wer vor dem Alter und damit häufig einhergehenden bedürftigkeit zumindest nicht der eigenen Familie oder Generation der Senioren anpassen. Schon jetzt sind Einschränkungen bereits Freund- und Bekanntschaften „Der Zusammenhalt in einem einem Lebenspartner zur Last fallen. Ein anderer Teil ausschließlich Einzelzimmer und kleinere Wohngrup- geschlossen hat, kann auf diese im Alter zurückgreifen. Ort oder Ortsteil war früher baut aber auch weiterhin auf die Hilfe nahestehender pen gefordert. Damit diese Menschen auch erreichbar sind, sollten wir Personen. In Anbetracht dessen, dass ein immer grö- uns in unserem direkten Wohnumfeld umsehen. Wo deutlich ausgeprägter und ßerer Anteil der Bevölkerung älter als 80 Jahre wird, können wir besser Kontakte knüpfen und künftig auch muss wieder zum Ziel werden.” brauchen wir Ideen, um diese Herausforderung zu ge- weiter pflegen, als in unserer Nachbarschaft? stalten. „Gemeinschaftliches Wohnen Selbst in unseren Heimen ist ein nicht unerheblicher Teil Immerhin, es gibt realisierbare Perspektiven für die und Leben im Alter wird gerade der Besucher frühere Nachbarn! Oft sind das Freund- Mein Wunsch wäre es natürlich, dass die Bewohner zukünftige Entwicklung der Lebensräume älterer Men- schaften, die sich über Jahre, ja Jahrzehnte hin gebildet unserer Heime www.stiftung-ev-altenheim.de noch schen und die dafür erforderlichen Veränderungen. für die nächste Generation der haben und dann auch halten bis eines dann stirbt. mehr auch Teil dieser Gemeinschaft sein dürfen. Weil In Ludwigsburg wurde 2015 ein Teil der Bevölkerung Senioren ein größeres Thema.” Deshalb sind Initiativen wie das Nachbarnetz (nnlb.de) viele unserer Bewohner nicht mehr mobil sind, braucht mit einem Alter über 50 Jahren dazu befragt. Die und Projekte wie „Wir in City-Ost“, das Mehrgenera- es den Besuch im Heim. Ob nun als ehrenamtliche Ergebnisse sind interessant und sind gleichzeitig eine tionenhaus in Grünbühl-Sonnenberg oder auch die HelferIn im Besuchsdienst oder mit einer anderen Auf- Anleitung zur weiteren Zukunftsentwicklung. Die sich rasant entwickelnde Technik wird uns helfen. Soziale Stadt in Eglosheim so wichtig. Quartiersar- gabe, ist dann in gleicher Weise wertvoll. https://bit.ly/befragung2015 Augenblicklich gibt es schon Assistenzsysteme, welche beit nennt sich das in dieser Zeit. Nicht nur für die ein deutlich höheres Maß an mehr Sicherheit in Woh- Senioren, sondern gerade für alle Generationen. Wir Gerade diese Zeit der Corona-Pandemie führt uns vor Noch sehr viele Wohnungen sind nicht barrierefrei. nungen hilfebedürftiger Menschen bieten. Noch ist die müssen solches wieder entdecken, denn neu ist das Augen, wie wichtig soziale Kontakte für uns Menschen Damit viele Menschen auch im höheren Alter und bei Skepsis bei vielen älteren Menschen verbreitet. Allein eigentlich nicht. Der Zusammenhalt in einem Ort oder sind. Wie sehr wir sie vermissen, wenn wir gezwun- geringerer Mobilität dortbleiben können, braucht es In- die Sorge einer Art von Überwachung zu unterliegen Ortsteil war früher deutlich ausgeprägter und muss gen werden uns zu isolieren. Vielleicht können wir vestitionen in zumindest altersgerechte Wohnungen. oder auch mit der Bedienung von Geräten nicht zurecht wieder zum Ziel werden. Sicher sind dabei in erster aus dieser Not eine Tugend machen und uns schon Fotos: Bernhard Wandel Denn es überrascht nicht, dass die meisten Menschen zu kommen, lässt viele Zurückhaltung üben. Im Zeital- Linie die Kommunen gefragt. Aber auch Kirchenge- jetzt und erst recht nach der Pandemie verstärkt dafür in ihren Wohnungen bleiben wollen, auch wenn sie Hil- ter von Alexa oder Siri wird sich dies aber sicher in ab- meinden sollten diese Beziehungsarbeit als Chance engagieren, Menschen zueinander zu führen. Letzt- fe brauchen. sehbarer Zeit verändern. Inwieweit gar Roboter künftig begreifen, die Menschen zusammen zu führen, um en Endes im eigenen Interesse und doch zum Nutzen Gemeinschaftliches Wohnen und Leben im Alter wird sogar pflegerische Aufgaben übernehmen werden ist durch das sich kümmern in Nächstenliebe, den Geist aller und wir können dann mit Zuversicht in die Zukunft gerade für die nächste Generation der Senioren ein noch ungewiss. Vor allem Hol- und Bringdienste sind der Diakonie neu zu beleben. Eben nicht nur in der blicken. • 14 15
ZUKUNF T ZUKUNF T Wohnen BLEIBT FÜR VIELE EINE Existenzfrage unseres Wohnens enorme Bedeutung für unser Klima bei den jungen Familien einen immer wiederkehrenden Baugruppen sowie der Vergabe von Baugrundstücken, hat. Parallel erleben wir, dass es immer opulentere Wunsch: den nach bezahlbaren Wohnungen oder den bei denen Familien mit Eigenbedarf bevorzugt werden. Stadtwohnungen gibt, dass die Wohnungen technisch Wunsch nach einem Baugrundstück. In Ludwigsburg immer aufwändiger (smart) werden und Immobilien kaum noch realisierbar – und so verlassen wieder mehr eine Handelsware erster Güte geworden sind. und mehr junge Familien unsere Stadt. Obwohl Lud- e ig fr ied wigsburg kaum mehr wächst fehlen viele Wohnungen. „… gibt es bei den jungen Konrad S Vor einigen Jahren kam ein alter Mann zu mir in die Familien einen immer wieder- Wohnungssprechstunde. Da er, ein „Gastarbeiter“ der Drei Ursachen gibt es dafür: 60er Jahre, kaum deutsch sprach, begleitete ihn ein • w ir nutzen immer mehr Wohnraum (1960 hatte jede kehrenden Wunsch: den nach Text: Konrad Seigfried, Erster Bürgermeister a. D. ehemaliger Arbeitskollege. Eine Wohnung hatte er, Person im Durchschnitt 19,4 m² zur Verfügung, heute bezahlbaren Wohnungen aber dort sei es im Sommer unerträglich heiß und im liegen wir bei über 40 m²) DISKUSSIONEN UM DIE ZUKUNFT DES WOHNENS Winter würde das Wasser in der Toilette einfrieren. Ich • w ir leben immer länger (laut einer Untersuchung oder den Wunsch nach einem ÄHNELN OFT UTOPIA. DURCHTECHNISIERTE WOH- konnte das kaum glauben und besuchte den Mann. aus dem Jahre 2015 benötigt eine Stadt wie Ulm pro Baugrundstück.” NUNGEN IN DENEN ALLES AUTOMATISCH FUNK- Er wohnte in der Unteren Stadt in einer „Dachwoh- Jahr allein 200 neue Wohnungen, weil die Menschen TIONIERT (SELBST DER KÜHLSCHRANK MELDET SICH, nung“. Der „Vermieter“ hatte lediglich direkt unter den immer älter werden und natürlich in ihren oft zu WENN ETWAS FEHLT) UND BEGRÜNTE WOHNTÜRME, Ziegeln des ungedämmten Dachs einige Bretterwände großen Wohnungen bleiben) Jedoch wird in einer selbstbewussten Bürgergesell- IN DENEN DIE TOMATEN AUF DEM DACH GEZOGEN hochgezogen und eine Toilette eingebaut. So etwas • und eine Stadt mit weit mehr als 40.000 Arbeitsplät- schaft weder Staat noch Kommune alleine die vielfäl- WERDEN, VERHEISSEN EINE GLÄNZENDE ZUKUNFT. als Wohnung zu vermieten ist nicht nur nicht zulässig, zen braucht Fachkräfte, die auch hier wohnen können. tigen Herausforderungen des Wohnungsmarktes lösen ABER SIEHT UNSERE ZUKUNFT BEIM WOHNEN sondern auch Ausbeutung erster Güte. Die Nutzung als können. Zu viele Interessen und zu viele Akteure sind Illustration: Hurca!/stock.adobe.com TATSÄCHLICH SO AUS? Wohnraum wurde untersagt und wir fanden eine rich- Die Stadt Ludwigsburg hat auf diese Herausforderungen im Spiel. Letztlich sind wir alle, ganz gleich ob Vermie- tige Wohnung für den Mann, der von einer sehr kleinen mit mehreren Maßnahmen reagiert, einer Bodenpolitik, ter oder Mieter, ob Wohnungsbaugesellschaft oder Wohnen ist wieder zu einer zentralen gesellschaft- Rente lebte. Nur ein Einzelfall? Leider nein, so prekär die preisdämpfend wirkt, einem Bauprogramm, das die privates Unternehmen, ob Wohlfahrtsverband oder Kir- lichen Herausforderung geworden. Weil arme Men- ist bereits die Lage auf dem Wohnungsmarkt. Und lei- kommunale Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL) und che dafür verantwortlich. schen kaum noch Wohnungen finden, weil der zu- der wird das bisweilen schamlos ausgenutzt. auch private Bauträger mit einer festgelegten Quote Was wir brauchen ist ein sozial verantworteter Woh- tiefst schwäbische Wunsch nach den eigenen vier In den Familiendialogen, die in den Ludwigsburger an Sozialwohnungen verwirklichen, Maßnahmen zum nungsmarkt, der kommunal gesteuert und staatlich Wänden finanziell kaum noch tragbar ist und weil die Art Kinder- und Familienzentren angeboten werden, gibt es Erhalt von sozialem Wohnraum, der Förderung von mitfinanziert ist, da der Markt nicht (mehr) funktioniert. 16 17
ZUKUNF T ZUKUNF T Welche Hoffnung hast Du? Ich hoffe, dass Corona langsam von der Bildfläche verschwindet. Boden ist kaum vermehrbar, die Landschaft soll mög- lichst wenig zugebaut werden. Dafür müssen wir nung auch altersgerecht. Gesellschaften, wie die Woh- nungsbau Ludwigsburg bieten bereits eine Beratung: „DIE ZUKUNFT DES unsere bebauten Flächen verdichten, wir müssen in die Höhe – etwa Dachgeschosse ausbauen oder auf- „von groß nach klein“ und ein Umzugsmanagement an. Das muss noch viel mehr Schule machen. Denn GOTTESDIENSTES BEGINNT JETZT“ stocken – und wir müssen dies als Nachbarn auch so werden familiengerechte Wohnungen frei und zulassen. In den erschlossenen Wohngebieten dürfen bekommen gerade ältere alleinstehende Menschen, Baugrundstücke nicht länger als drei Jahre unbebaut seniorengerechten Wohnraum. Niemand muss aus bleiben. Vor allem müssen wir eine gute Mischung seiner vertrauten Wohnung ausziehen, aber jede/r zwischen preisgünstigen Wohnungen, normalen sollte frühzeitig prüfen, ob das die jeweils beste Text: Christina Hörnig, Pfarrerin Mietwohnungen und Eigentum hinbekommen. Dafür Lösung ist. gibt es bereits sehr gute Beispiele bei uns – etwa am Und wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstren- Sonnenberg. gung durch Neubauten, die kaum noch fossile Energie Was wir brauchen ist ein gesellschaftlicher Konsens, benötigen, durch energetische Sanierungen und den dass der Mangel an Wohnungen eine Aufgabe ist, die Umbau veralteter Heizungsanlagen einen Beitrag zur uns alle angeht. Heute sind Wohnungssuchende nicht Klimawende zu leisten. Unsere Wohnungen und Häu- selten verzweifelte Bittsteller. Sie sind aber eine deut- ser sind gigantische Energieverbraucher. Wenn wir die liche Minderheit gegenüber den Menschen, die ein Klimawende schaffen wollen müssen wir unseren eige- Haus oder eine Wohnung haben. Diesen Menschen nen Beitrag leisten. Das eigene Verhalten überprüfen, müssen wir eine Stimme geben, sie unterstützen. vor allem aber die technischen Möglichkeiten nutzen – Kirchen und Wohlfahrtsverbände tun bereits viel da- auch wenn es uns etwas kostet – steht heute zwingend für, aber sie brauchen dafür noch viel mehr Unterstüt- auf der Tagesordnung. zung. Wohnungen stehen leer, weil man sich mit dem SEIT VIELEN JAHREN BEOBACHTEN PFARRERINNEN Vermietgeschäft überfordert fühlt. Dabei gibt es wun- UND PFARRER SOWIE KIRCHENGEMEINDERÄTE, derbare Beispiele, etwa das Projekt TürÖffner, mit dem DASS DIE GOTTESDIENSTBESUCHE AM SONNTAG- der Caritasverband die Vermietung übernimmt und „Gute Mietverhältnisse haben MORGEN IM KLASSISCH-AGENDARISCHEN GOTTES- damit gerade ältere Vermieter/innen entlastet. einen hohen Wert und sind DIENST STETIG ABNEHMEN. Heute werden Bauvorhaben torpediert, weil viel- BEI ANDEREN GOTTESDIENSTFORMATEN SIND HIN- leicht im eigenen Garten die Sonne um 15 Minuten ein wichtiger Beitrag zum GEGEN ZUWÄCHSE ZU VERZEICHNEN. früher untergeht, wenn ein Neubau entsteht. Es wer- „Wohnfrieden“ und zum gesell- den Flächen zu Biotopen hochstilisiert, die eigentlich Der Nachteulengottesdienst hier aus Ludwigsburg nur ökologisch unbedeutende Abstandsflächen sind. schaftlichen Zusammenhalt.” setzt beispielsweise landeskirchenweit Maßstäbe. Die- Wenn dieser Eigennutz sich nicht zu einem gemein- se anderen Gottesdienste finden zu unterschiedlichen schaftlichen Konsens wandelt, werden sich die sozialen Tages- und Nachtzeiten statt, mit anderer Musik, mit Gräben vertiefen. Und zu guter Letzt brauchen wir neue Formen der Lebensthemen anstelle von biblischen Predigttexten. Illustration: ViennaFrame/stock.adobe.com Was wir brauchen, sind Vermieter, die sich ihrer Ver- Nachbarschaften im Wohnquartier und des Zusam- Pfarrkollegien lassen sich im freien Reden, in der dar- antwortung bewusst sind, dass Wohnen viel mehr ist menlebens. Mit dem Quartiersmanagement, das die stellenden Kunst, in Gottesdiensten als Kunstwerken als eine reine Handelsware, sondern zutiefst existen- Stadtverwaltung derzeit erprobt, mit vielen engagier- schulen und viele Kirchenmusiker*innen tragen das tielle Bedürfnisse befriedigt. Viele private Vermie- ten bürgerschaftlichen Initiativen, kann in einer Stadt Ihre zu schönen, attraktiven Gottesdiensten bei. ter vermieten noch immer preisgünstig an langjährig in der viele Menschen kommen und gehen, der sozi- vertraute Mieter. Solche Beispiele müssen Schule ma- ale Zusammenhalt gestärkt werden. Wohnungsfragen Bedürfnisse nach besonderen Gottesdiensten werden chen und publiziert werden und nicht die nächste Re- werden oft und erfolgreich im nahen Umfeld, im Wohn- ernstgenommen. Was folgt für mich daraus? Wie wäre Illustration: Hurca!/stock.adobe.com kordmiete eines gierigen Vermieters. Gute Mietverhält- quartier und im Bekanntenkreis gelöst. Dieses Element es, wenn wir statt zu jammern und zu klagen, diese nisse haben einen hohen Wert und sind ein wichtiger wieder zu verstärken ist eine ganz wichtige Aufgabe. Beitrag zum „Wohnfrieden“ und zum gesellschaftlichen Gerade Kirchengemeinden können hier enorm hilfreich Zusammenhalt. sein. In diesem Sinne wünsche ich mir eine gemeinsam Was wir brauchen sind Menschen, die ihre Wohnsitu- verantwortete Wohnungspolitik in unserer Stadt, die ation auch altersgerecht überprüfen. Ist die Wohnung Menschen in den Mittelpunkt stellt und deren Sorgen nicht längst zu groß geworden? Ist die derzeitige Woh- und Nöte ernst nimmt. • 18 19
ZUKUNF T ZUKUNF T Was erhoffst Du Dir? Ich möchte vom Alkohol wegkommen. Hörnig Christ ina positiven Ansätze aufnehmen würden? Ich frage mich, Leonardo da Vincis „Das letzte Abendmahl“ als Panto- Besonders reizvoll finde ich, wenn nicht allein wir Pfar- vor, dass Pfarrkollegien in einer Region ein Jahr lang ob es nicht Zeit wäre zu akzeptieren, dass der Sonn- mime auf den unterschiedlichsten Plätzen und Straßen rerinnen und Pfarrer den Gottesdienst halten, sondern ein Experiment wagen. Sie feiern einmal im Monat ei- tagmorgengottesdienst an manchen Orten nur von von Hamburg. Kirche kommt zu den Menschen in Lebensexpert*innen hinzukommen. Gemeinsam wird nen gemeinsamen Gottesdienst an einem Ort mitei- ganz wenigen, sehr Treuen nachgefragt wird. Weiter ihren Alltag. Mir gefällt diese Art von Gottesdienst, der Gottesdienst angedacht, vorbereitet und gefeiert. nander. Einen Gottesdienst, der ihnen Freude macht. frage ich mich, ob wir diese Wenigen und Treuen nicht der hinausgeht aus den Mauern der Kirche, auf den Die Erfahrung lehrt – diese Gottesdienste kommen an, Dieser Gottesdienst ist öffentlich, alle dürfen mitfeiern. in gemeinsamen Gottesdiensten mehrerer Nachbarkir- Marktplatz, zu den vollbesetzten Stühlen in den Cafés. weil die Mund-zu-Mund-Propaganda sagt: Der ist gut. Die Pfarrerinnen und Pfarrer müssen sich nicht an die chengemeinden versammeln sollten und könnten. Mir Wie käme das an, wenn den Menschen dort ein Schau- Agenden halten. erscheint es anziehender, die Kräfte zu bündeln. In ei- spiel geboten werden würde? Die Zukunft des Gottesdienstes beginnt jetzt. Der ner gut gefüllten Kirche singt es sich leichter. Der oder erste Lockdown vor Ostern bis Pfingsten 2020 und der die Einzelne steht nicht so unter Beobachtung. Beson- Die Zukunft der Gottesdienste beginnt damit, spiri- zweite nochmals vor Weihnachten 2020 haben nicht ders in den großen Kirchen ist der Satz „wo zwei oder tuelle Angebote im Alltag der Menschen zu gestal- nur dazu geführt, dass die Kirchengebäude geschlos- „Weniger Gottesdienste, aber drei versammelt sind in meinem Namen“ (Mt 18,20), ten. Oftmals haben diejenigen, die in der Routine von sen waren, um Infektionsschutz zu bieten. Ganz neue die dafür besonders und an- nicht wirklich ein Trost. Arbeit-Familie-Freizeit stecken, eine Sehnsucht nach Gottesdienstformen auf Zoom (z.B. brot-liebe.net) wur- sprechend?” Foto: Eule: RHJ; Pantomime: Andrey Kiselev; Illustration: Hans-Jörg Nisch/stock.adobe.com anderen Impulsen, nach Ritualen. Schauen Sie ein- den hervorgebracht und die digitalen Angebote auf Vor allem frage ich mich, welches Bild die von Weni- mal vorbei bei dem Internetangebot der katholischen YouTube schossen wie Pilze aus dem Boden. Es war gen besuchten Gottesdienste für Konfirmand*innen Kirche in Zürich, die in Zusammenarbeit mit der Hoch- kein Wegducken. Die Kreativität war erstaunlich. abgeben. Und die letzte Frage, die mich bewegt, ist, schule für darstellende Kunst eine App für 3 Minuten Zugleich wurde die Hausgemeinschaft als Keimzelle Der langjährige Leiter des Gottesdienstinstitutes, der ob wir nicht jetzt Weichen für die Zukunft stellen 33 entwickelt hat. In der reizüberfluteten Stadt Stille christlicher Gemeinschaft, von Gottesdienstfeiern und viele Kollegen fortbildete, verspricht sich davon, dass sollten, in der es weniger Pfarrerinnen und Pfarrer zu finden (www.stilles.zürich.ch). Solche Angebote Andachten wiederentdeckt. Abendmahlsliturgien für das Einzelkämpfertum überwunden werden könnte, geben wird. Bis 2030 werden wir im Kirchenbezirk gibt es auch in Ludwigsburg mit den Spiritouren der zuhause, Weihnachtsgottesdienste als Hauspost, ein dass der Schmerz über die kleinen Zahlen der Got- Ludwigsburg 1/3 weniger Pfarrstellen haben. Gibt Hochschulgemeinde, mit Pilgerangeboten des ökume- Andachtsleporello zur Karwoche und zu Ostern ent- tesdienstbesucher nachlässt, dass ein geistlich- es Möglichkeiten, die Arbeitskraft, die Ideen und das nischen Arbeitskreises, mit dem Kirchenbänkle on tour standen und gingen in alle Haushalte. Ich kann es nicht theologisches Miteinander entsteht. Menschen gehen Engagement der Kollegenschaft von der Frusterfah- der Martinskirchengemeinde in Grünbühl. beurteilen, wie viele die Hausliturgien feierten, aber bei Gelegenheiten in die Kirche, bei Taufen, Konfir- rung zu positiven, ermutigenden Erlebnissen zu wen- ich habe davon gehört, dass in manchen Dorfkirchen in mationen, Trauungen, Jubiläen und Beerdigungen. den und die der Gemeindeglieder ebenso? der Landeskirche von Thüringen z. B. Gemeindeglieder Diese Gottesdienste gleich ernst zunehmen wie den in einer offenen Kirche zusammenkommen und eine Sonntagmorgen und andere Formate, das hielte ich Thomas Hirsch-Hüffell und andere hatten die Idee, „Besonders reizvoll finde ich, kleine ausgelegte Liturgie miteinander feiern. für zukunftsfähig. In einer immer komplexer werden- Themen, die von der Tradition her in die Kirche ge- den Welt, unter dem hohen Druck der Veränderung hören – wie zum Beispiel das Abendmahl –, auf die … wenn Lebensexpert*innen Ganz ohne Pfarrer*innen. Ist das die Zukunft? Weniger braucht es Vergewisserung, Rituale, Segenshand- Straße und in die Gassen zu tragen. Mit Schauspie- hinzukommen.” Gottesdienste, aber die dafür besonders und anspre- lungen. Die Menschen haben zu Recht einen hohen lern zusammen inszenierte er das berühmte Gemälde chend? Thomas Hirsch-Hüffell schlägt in seinem Buch Anspruch an Kirche. • 20 21
ZUKUNF T ZUKUNF T KINDER. MITTE. ZUKUNFT. Albrecht Fischer-B raun Text: Pfarrer Albrecht Fischer-Braun, Geschäftsführer Evang. Landesverband – Tageseinrichtungen für Kinder in Württemberg e.V. WORUM GEHT ES FÜR DIE KLEINSTEN IN UNSERER GE- SELLSCHAFT? SEIT DEM ERSTEN LOCKDOWN KONNTE MAN MEINEN: DAS WICHTIGSTE IST, DASS KINDER BE- „Aber diese Frage ist wichtig, was TREUT SIND. DANN KÖNNEN DIE ELTERN ARBEITEN, wir als Gesellschaft brauchen, ZUMINDEST WENN SIE NACHWEISEN KÖNNEN, DASS IHR BERUF „SYSTEMRELEVANT“ IST. DAS WAR DER damit unsere Kinder eine NEUE, GOLDENE SCHLÜSSEL FÜR DIE NOTBETREU- gute Zukunft haben können.” UNG DER KLEINEN. Der Kindergarten hat vor fast 200 Jahren als Hilfe aus Das Neue Testament erzählt von Jesus: „Er stellte ein der Not für verwahrloste Kinder angefangen. Später Kind in die Mitte.“ In dieser alten Geschichte steckt prägte Maria Montessori die Aufforderung „Hilf mir, eine aktuelle Provokation: Was stellen wir in die Mitte? es selbst zu tun“ und stellte das Kind in die Mitte. Doch Die Probleme der Kinderbetreuung und was das alles bis heute ging es oft weniger um die Kinder selbst kostet? Oder die Kinder und ihre Zukunft? Welche und darum, was sie brauchen. Wichtiger war, was die Perspektiven sehen die Kirchengemeinden für die Gesellschaft erwartete. In der Mitte steht oft die Kinder, für ihre Kindergärten? Der Bundestag konnte Frage, wie Kinder betreut werden. Die Frage nach einer sich nicht darauf einigen, ob und wie Kinderrechte guten Zukunft für die Kleinsten in unserer Gesellschaft ins Grundgesetz aufgenommen werden sollen. Die wird leicht an den Rand gedrängt. Aber diese Frage ist Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf) hat wichtig, was wir als Gesellschaft brauchen, damit unse- vorgeschlagen, dass kindgerechte Lebensbedingungen re Kinder eine gute Zukunft haben können. Und wie die als Staatsziel aufgenommen werden. Das würde be- Zukunft des Zusammenlebens in den Familien aussieht. deuten, das bei jeder neuen Entscheidung bedacht werden muss, was sie für die Zukunft der Kinder bedeu- Ein Blick zurück zeigt: Von 2006 bis 2019 ist die Zahl tet. Das lenkt den Blick darauf, was für Kinder und der Kinder, die in einer Kita oder Tagespflege in Deutsch- ihre Zukunft grundlegend ist: Sie brauchen tragende Was ist Deine Hoffnung? land waren, um rund 700.000 gestiegen. Für die näch- Wurzeln. Kinder fragen uns: Wie geht es weiter? Was Eine friedliche Welt, in der die Schöpfung sten Jahre wird es bis 2025 einen weiteren Anstieg bei kommt auf uns zu? Wie geht es aus? bewahrt wird. den benötigen Kita-Plätzen geben. Eltern sollen mög- Mir fallen zur Frage nach der Zukunft für Kinder lichst früh nach der Geburt eines Kindes wieder beide Adventsgeschichten ein, wie Gott bei uns Menschen Foto: yan-krukov/Pexels.com berufstätig sein. Sie brauchen für ihre Kinder eine Be- ankommt und auf Menschen zukommt, die suchen. treuung, damit sie beide ohne schlechtes Gewissen Mitten im Leben. Ich wünsche mir, dass besonders arbeiten können, und eine möglichst gute Bildung für die Kinder erfahren: Gott will unser Leben. Gott hat ihr Kind. Alleinerziehende müssen sich diesen Heraus- Leben und Zeit geschaffen, erwartet uns und kommt forderungen ohne einen zweiten Erwachsenen an ihrer auf uns zu. Es wird gut werden – und dazu können Seite stellen. auch wir beitragen. • 22 23
ZUKUNF T ZUKUNF T Was planst Du zukünftig? Ich plane momentan einen Umzug. ER IST VORSTAND IM VEREIN INTEGRATIVE WOHN- Lageplan: Architekturbüro ISSS Research Architecture Urbanism, Berlin gemeinsam mit dem Büro für Landschaftsarchitektur topo*grafik, Marseille FORMEN IN STUTTGART. AN SEINEM WOHNORT BIETIGHEIM-BISSINGEN ENGAGIERT ER SICH IM KIR- CHENGEMEINDERAT UND IM KREISDIAKONIEAUS- SCHUSS. FÜNFUNDNEUNZIG +: Sie arbeiten als Prokurist für eine Baugenossenschaft. Welche Bedeutung hat der Blick in die Zukunft dabei für Sie? M. GEBLER: Erfahrungen aus einem kommunalen Wohnungsunternehmen und der Genossenschaft zeigen mir, Wohnen nicht als Produkt zu sehen. Im Leben gibt es immer einen Gestaltungsspielraum. Wir ebler Mart in G können auch zukünftig bedarfsgerechtes, gemein- wohlorientiertes und generationengerechtes Wohnen ermöglichen. Ein Interview mit Martin Gebler von der Baugenossen- schaft „Neues Heim“. Das Interview führte Ulrich Seiler. FÜNFUNDNEUNZIG +: Die Wohnungsgenossenschaft „Neues Heim“ wurde 1948 in Stuttgart gegründet, als viele Menschen dringend eine Wohnung gesucht ha- ben. Sehen Sie Bezüge zu heute? M. GEBLER: Die Wohnungsnot nach dem Krieg ist nicht mit heute vergleichbar. Damals wurde mit sehr weni- gen Mitteln pragmatisch vorgegangen. Die Mitglieder des Neuen Heims haben in gut zehn Jahren tausend Wohnungen aus dem Nichts geschaffen. Und doch gibt es Parallelen. Auch heute müssen wir viele ge- flüchtete Menschen mit angemessenem Wohnraum versorgen. Die Anforderungen des Baurechts haben sich massiv verschärft. Geeignete Grundstücke sind für Unternehmen, die bezahlbare Mietwohnungen bauen, so gut wie nicht verfügbar. FÜNFUNDNEUNZIG +: Gefordert wird, mehr Woh- Modelle. Eine barrierefreie Wohnung in der direkten iler U lr ich S e nungen zu bauen. Bietet „Bauen im Bestand“ eine Nachbarschaft sorgt dafür, dass ein Umzug im Alter FÜNFUNDNEUNZIG +: Eine neue Wohnung zu finden, nachhaltige Alternative für die Zukunft? in eine kleinere Wohnung zum Wunsch werden kann. ist für viele schwierig. Immobilienpreise und Mieten M. GEBLER: Ja, wenn wir mit Sinn und Verstand ran- Bleiben Nachbarschaftsbezüge erhalten und sind er- Baugenossen- sind stark angestiegen. Ist Wohnen heute eine neue gehen. Wir müssen Potentiale sehen und nutzen. gänzende Unterstützungsangebote vorhanden, lassen soziale Frage? Viele Areale der 1950er und 60er Jahre können nur sich Umzugsketten in Gang setzen. Dies wird von uns M. GEBLER: Wann war sie das nicht? Wenn der Druck mit großem Aufwand energetisch saniert werden. schon seit langem so umgesetzt. schaften groß wird, haben Gruppen mit wenig Lobby schlech- Grundrisse genügen nicht mehr aktuellen Bedürfnis- tere Voraussetzungen. Nach Jahrzehnten des Rück- sen, eine barrierefreie Erschließung ist nicht möglich. FÜNFUNDNEUNZIG +: Sind Sie zuversichtlich? Werden zugs investieren Firmen wieder in Wohnungen für ihr Die ergänzende Neubebauung in Bestandsquartieren wir 2035 klimaneutral wohnen und unsere Wohnver- Personal. Zur Unterstützung der ambulanten Pflege im bietet die gewünschte Vielfalt beim Wohnraum, ohne hältnisse verbessern? Quartier unterstützen wir z.B. soziale Träger bei der zusätzliche Bauflächen zu beanspruchen. Eine höhere M. GEBLER: Genossenschaften oder auch kommu- Kooperative Wohnungsunter- Wohnraumversorgung von Mitarbeitern. Bebauung kann sinnvoll sein, wenn die Wohnqualität nale Wohnungsunternehmen engagieren sich schon erhalten bleibt. Aus Abstandsflächen muss mehr als heute stark beim Klimaschutz. Klimaneutral werden nehmen gestalten das Wohnen FÜNFUNDNEUNZIG +: Welche Lösungsansätze kön- nur Anschauungsgrün werden. wir im Wohnungsbau bis 2035 nicht sein. Neben dem von morgen nen Baugenossenschaften anbieten? Energiebedarf für das Haus ist das individuelle Verhal- M. GEBLER: Das Modell Baugenossenschaft hat große FÜNFUNDNEUNZIG +: Eine bessere Verteilung des be- ten eine Herausforderung. Die vielen Eigentümerge- MARTIN GEBLER LEITET BEI NEUES HEIM – DIE BAU- Stärken. Die Satzung sieht die gleichberechtigte Be- stehenden Wohnraums könnte die Wohnungssituati- meinschaften im Land sehe ich vor großen Aufgaben. GENOSSENSCHAFT EG IN STUTTGART DIE ABTEILUNG teiligung aller Mitglieder vor. Diese sind gleichzeitig on entschärfen. Wie finden wir für jede Lebensphase Für diese Zukunftsaufgabe braucht es Anreize und WOHNUNGSVERWALTUNG. AKTUELL IST ER MITVER- Eigentümer und Mieter mit lebenslangem Wohnrecht. die passende Wohnung? Vorgaben. Eine Quartiersentwicklung, wie wir sie mit ANTWORTLICH FÜR DIE GENOSSENSCHAFTLICH Als Genossenschaft sind wir nicht der Gewinnmaxi- M. GEBLER: Richtig, in der Theorie ist genügend Wohn- unseren Mitgliedern z.B. in Stuttgart-Rot einleiten, zielt GETRAGENE QUARTIERSENTWICKLUNG IN STUTT- mierung verpflichtet. Unser Ziel ist, den Wohnungs- raum vorhanden, wir müssten ihn nur richtig verteilen. auf resiliente und generationengerechte Wohnformen GART-ROT, EINEM STADTENTWICKLUNGSPROJEKT bestand zu erhalten und bedarfsgerecht auszubauen. Genossenschaften, die in Quartieren denken, haben für alle ab. Ich bin der festen Überzeugung, wir kön- IM RAHMEN DER INTERNATIONALEN BAUAUSSTEL- Wir haben ein Interesse an unterstützenden Nachbar- hier große Stärken. Ihr Förderauftrag ist, bedarfsge- nen mit diesen Erkenntnissen die Wohnverhältnisse LUNG 2027. (WWW.QUARTIER-AM-ROTWEG.DE). schaften und funktionierenden Quartieren. rechten Wohnraum anzubieten. Wir brauchen neue bedarfsgerechter gestalten. • 24 25
ZUKUNF T ZUKUNF T Was erhoffst Du Dir? Ich möchte gesund bleiben. … aus der Arbeit mit langzeitarbeitslosen Menschen im Altkleiderprojekt „Martinushelfer“ HERR K. (ALLEINSTEHEND) Zukunftsvorstellungen Ich stoße gegen eine Wand. Ich weiß nicht, wie die Zukunft aussieht. Kann es mir nicht vorstellen. Habe immer Schmerzen und soll aber 5 Stunden am Tag arbeiten. Und die Hälfte der Sachen darf ich eh nicht VON MENSCHEN AM RANDE mehr arbeiten. Wegen den Schmerzen. Aber nichts tun ist noch schlimmer. Ich komme gerne her. Was ich mir für die Zukunft wünsche: Ein bisschen gesünder wer- den, das wäre schön! Dann hätte ich mehr Freiheiten, könnte mich freier bewegen. Das würde ich mir wün- schen. HERR. K. (EHEMANN UND FAMILIENVATER VON 4 KINDERN MIT AUFENTHALTSGESTATTUNG) HERR C. (ALLEINSTEHEND) Ich wünsche mir für die Zukunft: Ich lasse die Zukunft auf mich zukommen. Beeinflus- • Dass meine Familie immer gesund bleibt. sen kann ich sie eh nicht. Was ich mir für die Zukunft • Dass wir in Deutschland einen rechtmäßigen Auf- wünsche: Wünschen würde ich mir vor allem zwei Foto: pixabay/Pexels.com enthalt bekommen und das Asylverfahren positiv Dinge: Eine neue Wohnung für mich und meine Freun- entschieden wird. din sowie einen Arbeitsplatz, an dem ich möglichst • Dass wir keine Angst vor Verfolgung haben müssen langfristig bleiben kann. Die Suche in den letzten zwei und wir in Sicherheit sind. Jahren war leider nicht erfolgreich. Hoffentlich ändert • Dass ich eine gute Arbeitsstelle finde und für meine sich das bald. • Familie sorgen kann. • Dass meine Kinder einen guten Schulabschluss e c ke r Mart in Str machen und in Deutschland eine Zukunft haben. ANZEIGE HERR. C. (ALLEINSTEHENDER MANN MIT DULDUNG) Ich wünsche mir für die Zukunft: KREISDIAKONIEVERBAND Zusammengestellt von Martin Strecker, • Dass ich nicht aus Deutschland abgeschoben werde. LUDWIGSBURG DIAKONIELADEN Geschäftsführer/Diakon • Dass ich in Deutschland einen rechtmäßigen Auf- v GLÜCKSGRIFF enthalt erhalte. ZUKUNFT – EIN GROSSES WORT. WIE BLICKEN EI- • Dass ich meinen Sprachkurs erfolgreich abschließe GENTLICH MENSCHEN IN DIE ZUKUNFT, DIE EHER und ich an Folgekursen teilnehmen kann. AUF DER SCHATTENSEITE DES LEBENS STEHEN, GE- • Dass ich in Zukunft eine Arbeitserlaubnis erhalte, ich FLÜCHTETE, SUCHTKRANKE, LANGZEITARBEITSLOSE? hier in Deutschland arbeiten kann und so für mich MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER DES KREIS- selber sorgen kann. DIAKONIEVERBANDS LUDWIGSBURG HABEN EINIGE Mode, Geschirr und Geschenkartikel Öffnungszeiten: IHRER KLIENTINNEN UND KLIENTEN GEFRAGT, WIE SIE SICH IHRE ZUKUNFT VORSTELLEN. … aus der Arbeit mit suchtkranken Menschen Getrag-Areal Montag und Donnerstag: Saarstraße 25 12.00 - 18.00 Uhr Hier die Antworten … FRAU L. (VERHEIRATET, ZWEI KINDER) 71636 Ludwigsburg Dienstag, Mittwoch und Freitag: Von der Zukunft erhoffe ich mir, dass ich den Alkohol 10.00 - 18.00 Uhr Telefon: 07141 / 2395753 … aus der Arbeit mit geflüchteten Menschen ganz hinter mir lassen kann. Gerade arbeite ich viel an diakonieladen-ludwigsburg@kreisdiakonieverband-lb.de mir, habe mithilfe der Unterstützung meiner Berate- HERR. H. (EHEMANN UND FAMILIENVATER VON rin gelernt, wie ich in der jetzigen Situation meinen 4 SÖHNEN MIT AUFENTHALTSERLAUBNIS) Alltag strukturieren kann. Mir gefällt es, dass wir uns Ich wünsche mir für die Zukunft: zusammen auch ein Leben nach Corona anschau- • Ein friedliches und glückliches Leben in Deutschland. en. Keiner weiß ja genau was die Zukunft bringt und • Dass meine Kinder einen guten Schulabschluss trotzdem versuche ich zuversichtlich in diese zu bli- machen. cken. Ich sehe mich in einigen Monaten im Kreise mei- • Ich möchte selbständig werden und meinen eigenen ner Familie, im Garten sitzend, Fußball schauend mit kleinen Lebensmittelladen eröffnen. einer Limonade in der Hand. Dieses Bild löst in mir • Dass ich irgendwann die finanziellen Mittel gespart Zufriedenheit aus und ich bin sicher, dass ich diese mit habe, um uns eine Wohnung zu kaufen. dem ein oder anderen Stolperstein erreiche. 26 27 www.kreisdiakonieverband-lb.de
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