Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
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1•2022 DAS MAGAZIN DER AWO BAYERN 76. Jahrgang des „Helfer“ Zwei Jahre Corona. „Eine Spezies ist verantwortlich für Covid-19: der Mensch.“ DIE AWO Stimmen aus der Praxis. IN SCHWABEN Ehrenamt Maria Penn war eine besondere „AWO-Frau“. Pflege Schnelle Maßnahmen für das Personal.
WIR IN BAYERN WIR – DIE AWO IN SCHWABEN Aus der AWO 3 Editorial 11 AWO übernimmt Vorsitz der FW Bayern + Bayerische Pflege: Schnelle Maßnahmen Ampel-Gespräche + Compliance + Entwicklungs- für das Personal 12 partnerschaften + Neue Doppelspitze des LJW + Gleichstellung: So geht’s bei der Aktuelles aus dem Demokratieprojekt AWO Schwaben voran 14 Unser Thema: Zwei Jahre Corona 6 Aus dem Ehrenamt 15 Stimmen aus der Praxis + Interview: „Eine Spezies Maria Penn: Portrait einer besonderen ist für die Covid-19-Pandemie verantwortlich – „AWO-Frau“ 17 der Mensch.“ + Frauen und Corona Reisetipp 19 Alles, was Recht ist 20 Liebe Leser*innen, liebe Freund*innen der AWO, zwei Jahre Corona – ein Jubiläum, das sicher kein Grund zum Feiern ist. Wie bestimmt vie- le von Euch haben wir die Nase gestrichen voll von dieser Pandemie, die unser aller Leben schon viel zu lange bestimmt und einschränkt. Eigentlich können wir das Wort Corona nicht mehr hören. Dennoch haben wir uns dazu entschieden, diese Ausgabe noch einmal dem Virus zu widmen. Denn wir finden, dass einige Aspekte bisher unterbelichtet sind, obwohl es seit zwei Jahren kaum ein anderes Thema gibt. Da wären erstens die Menschen in den „systemrelevanten“ Bereichen, neuerdings „kriti- sche Infrastruktur“ genannt. Gedankt wurde ihnen. Applaudiert auch. Und sogar Boni ha- ben einige erhalten. Aber sie selbst kommen nur selten zu Wort. Wir freuen uns, dass vier Kolleg*innen aus der Pflege, dem Kitabereich, der Sozialpsychiatrie und einem Frauenhaus von ihrem Alltag mit Corona berichten. Ein weiterer Punkt, der in der Diskussion um Corona häufig zu kurz kommt, ist der Zusammenhang zwischen unserer Art des Wirtschaftens und der Entstehung von Pandemien. Darüber haben wir mit dem Agrarökologen Professor Settele gesprochen. Und schließlich wollen wir im Frauenmonat März den Blick auf die Gruppe richten, die von den Corona-Belastungen besonders betroffen ist: Frauen arbeiten überproportional häufig in sozialen Berufen und übernehmen in der Regel die zusätzlichen Aufgaben in der Pandemie wie das Homeschooling. Wir wünschen Euch eine interessante Lektüre und hoffen mit Euch gemeinsam, dass dieses Jahr endlich die Wende in der Pandemie bringt. Eure Nicole Schley Stefan Wolfshörndl
Bayerische Ampel- Gespräche AWO übernimmt Vorsitz Foto: BayernSPD-Landtagsfraktion In der Freien Wohlfahrtspflege Bayern arbeiten die sechs Spitzenverbände zusammen: AWO, BRK, AUS DER AWO Caritas, Diakonie, Israelitische Kultusgemein den und Paritätischer. Einer von ihnen über nimmt rotierend für ein Jahr den Vorsitz. 2022 ist die Arbeiterwohlfahrt Bayern an der Reihe. Welche Schwerpunkte wird die AWO setzen? „An Corona kommen wir auch dieses Jahr nicht vorbei. Wir werden die Staatsregierung mit dem geballten Fachwissen der Wohlfahrtsver bände darin unterstützen, die Pandemie zu bewältigen“, meint AWO-Co-Landesvorsitzen der Stefan Wolfshörndl. „Wir richten den Blick Foto: AWO Bayern vor allem auf die sozialen Folgen der Pande mie. Zwei Jahre Einschränkungen, gerade was Kontakt mit anderen angeht, macht was mit Menschen. Das ist klar. Und auch die Situation in den sozialen Einrichtungen und Diensten ist angespannt. Das Personal leistet Unglaubliches und ist zunehmend überlastet. Wir brauchen Lösungen, damit Menschen weiter und gerne in ihrem Beruf arbeiten können“, ergänzt AWO- Co-Landesvorsitzende Nicole Schley. Infos unter freie-wohlfahrtspflege-bayern.de Foto: Andreas Gregor Innovationspreis Ehrenamt 2022 Alle zwei Jahre würdigt das bayerische Sozialministerium innovative Projekte und Ideen, die ehrenamtliches Engagement vor anbringen. Eine Jury wählte am 24. Januar 2022 elf Preisträger*innen aus. An der Entscheidung war auch AWO-Co-Landes vorsitzende Nicole Schley beteiligt: „Super, was die Leute sich einfallen lassen! Ich hätte mir nur gewünscht, dass sich mehr Die AWO-Landesvorsitzenden Nicole Schley und AWO-Projekte beteiligt hätten. Aber Stefan Wolfshörndl setzen ihre politischen Gespräche vielleicht ja in zwei Jahren." fort. Jüngst mit bayerischen Vertreter*innen der Ampel-Parteien: Mit Fraktions- und Parteichef Infos unter: ehrenamt.bayern.de/ Florian von Brunn, MdL, und der Vorsitzenden des engagement-anerkennen/innovation/ Sozialausschusses Doris Rauscher, MdL, von der SPD, mit FDP-Fraktions- und Parteichef Martin Hagen, MdL, sowie mit Grünen-Parteichefin Eva Lettenbauer, MdL (von oben nach unten). WIR • Das Magazin der AWO Bayern 3
DIE „WIR-REDAKTION“ Foto: AWO Bayern Sie haben Anregungen, Lob oder Kritik? Ihre Anmerkungen zum aktuellen Heft nehmen wir gerne auf. Sie erreichen uns hier: AUS DER AWO Arbeiterwohlfahrt „Die Entwicklungspartnerschaften Landesverband Bayern e.V. schaffen Vertrauen und Ehrlich- Edelsbergstraße 10, 80686 München keit innerhalb des Verbandes und ???????? Telefon 089 546754–0 redaktion@awo-bayern.de damit die besten Voraussetzun- gen für eine bayerische AWO, die mit dem Blick auf ihre Inte- grität stärker und selbstbewusster nach außen auftreten kann." Verantwortungsvoll führen Andreas Czerny, Landesgeschäftsführer AWO Bayern Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich selbstlos für das Gemein wohl ein und unterstützt hilfsbedürftige Menschen. Doch was ist selbstlos? Selbstlos bedeutet nicht, für seine Arbeitsleistung kein Entgelt zu erhalten. Mitarbeiter*innen Sich gemeinsam dürfen aber keine unangemessenen persönlichen Vor weiterentwickeln teile aus ihrer Tätigkeit ziehen. Um klarzustellen, was als unangemessen anzusehen ist, sowie Transparenz und Offenheit, Transparenz, Vertrauen: Das ist Kontrolle zu sichern, hat der AWO-Bundesverband im die beste Art, um voneinander zu lernen Jahr 2020 einen neuen Governance-Kodex eingeführt, und Probleme zu lösen oder gar nicht erst der für alle Gliederungen verbindlich gilt. Es geht nicht entstehen zu lassen. Diese Erfahrung machten um einen generellen Misstrauensantrag, sondern um die Führungen der fünf bayerischen Bezirks Aufklärung und Rechtssicherheit für alle ehrenamtlich verbände ebenso wie der Landesgeschäfts und hauptamtlich Engagierten. Bei Fragen stehen die führer der bayerischen AWO, Andreas Czerny. Landesvorsitzenden und der Landesgeschäftsführer Im Rahmen der vom Bundesverband initi ebenso zur Verfügung wie die Verantwortlichen in den ierten Entwicklungspartnerschaften tausch Bezirksverbänden. ten sie sich in intensiven Gesprächen aus. Dabei drehte es sich um alles, was die AWO Weitere Infos unter awo.org/ so umtreibt: Sozialpolitik, Mitglieder und awo-governance-kodex-20 Verbandsleben, Personal- und Unternehmens- entwicklung und wirtschaftliche Lage. Der Gesprächsleitfaden, der für Gespräche von Bundesverband mit Landes- und Bezirks „Wir als AWO Bayern nehmen verbänden konzipiert ist, wurde gemeinsam das Thema Compliance sehr auf die bayerische Situation angepasst. In einem nächsten Schritt sollen nach und nach ernst und kehren nichts Gespräche zwischen Bezirks- und Kreisver unter den Tisch." bänden stattfinden. Der enge Austausch zwi schen Landesverband und Bezirksverbän Stefan Wolfshörndl, den wird ebenfalls bestehen bleiben. Co-Landesvorsitzender AWO Bayern Foto: AWO Bayern 4 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Landesjugendwerk: Aktuelles aus unserem Demokratieprojekt Doppelte Frauenpower Gemeinsam mit unserem Projekt AWO l(i)ebt Demokratie können Sie weiterhin in der bayerischen Fragen: Christa Landsberger Arbeiterwohlfahrt Demokratie stär ken. Jeden Monat finden die be AUS DER AWO Warum engagieren Sie sich ausgerech- liebten Demokratiewerkstätten statt: net im Jugendwerk der AWO? Singen Sie im Demokratiechor, dis Roxana Pilz: Das Jugendwerk der AWO kutieren Sie im digitalen Buchclub ???????? hat mich damals vor allem deswegen mit und nehmen Sie an (Online-) überzeugt, weil hier Angebote für alle Veranstaltungen aus den Themen geschaffen werden. Ich konnte mich bereichen Antidiskriminierung, von Anfang an mit den Werten iden Umwelt/Nachhaltigkeit oder Erinne tifizieren und war begeistert von der rungskultur teil. Sie können jeder Freiheit, die man in diesem Verband zeit neu einsteigen oder auch nur hat. Das Jugendwerk hat mir viel Halt, einmalig dabei sein – ganz wie Freundschaften und das Gefühl von Sie möchten! Angekommensein geschenkt. Dies möchte ich gerne an andere Menschen Auch in diesem Jahr sind gemein weitergeben. same Ausflüge, Aktionen und Spaziergänge (beispielsweise zu Die neuen Vorsitzenden des Landes- Anna Biebl: Während meines Studi „50 Jahre Olympia-Attentat Mün Foto: Landesjugendwerk der AWO Bayern jugendwerks der AWO Bayern: Roxana ums in Würzburg wurde ich von einem chen 72“) geplant, für die Sie sich Pilz, 26 Jahre, Kinderpflegerin, und Kommilitonen gefragt, ob ich nicht kostenlos anmelden können. Anna Biebl, 24 Jahre, Sozialpäda- eine Ferienfreizeit beim Bezirksju gogin, beide aus Regensburg (v.l.). gendwerk der AWO Unterfranken Sie möchten gerne mit dem AWO betreuen möchte. Ab da war es quasi l(i)ebt Demokratie-Projektteam um mich geschehen. Die Offenheit, eine Veranstaltung in Ihrer Gliede- Sie wurden am 13.11.2021 zur neuen der Zusammenhalt und die starke rung oder Einrichtung umsetzen? Doppelspitze des Landesjugendwerks Verbundenheit mit den Werten im Melden Sie sich gerne bei unserem gewählt. Herzlichen Glückwunsch Jugendwerk haben mich immer mehr Aktionsbüro Demokratie per Mail dazu! Doppelspitzen bestehen ja übli- gepackt und mittlerweile ist das Ju an demokratie@awo-bayern.de cherweise aus einem Mann und einer gendwerk nicht mehr aus meinem oder telefonisch: Frau. Warum ist das bei Ihnen anders? Leben wegzudenken. Ich habe tolle 089 / 54 67 54 140. Anna Biebl: Erstmal vielen Dank für die Menschen aus ganz Deutschland Glückwünsche! Ich freue mich wahn kennengelernt, neue Impulse und sinnig auf die Aufgaben und darauf, Sichtweisen erfahren und vor allem diese als Doppelspitze anzugehen. mich selbst weiterentwickelt. Als wir uns dafür im letzten Vorstand entschieden haben, stand für uns vor Sie wurden erstmal für zwei Jahre als allem die Aufgabenverteilung und Vorsitzende gewählt. Was haben Sie die Arbeitserleichterung im Vorder in dieser Zeit vor? grund. Auch war das Mitgehen mit Roxana Pilz: Natürlich haben wir der Zeit ein wichtiger Aspekt für uns! uns im Vorfeld Gedanken gemacht. Zusammenarbeit mit der AWO sehr Selbstverständlich haben auch wir mit Bayern ist ein großes Bundesland wichtig. Die beiden Verbände können einer paritätischen Besetzung geplant. mit vielen Gliederungen. Einige davon in einem hohen Maß voneinander Bei der Wahl konnten wir dieses Ziel sind sehr aktiv, in anderen schlum profitieren, wenn der Austausch und aufgrund eines Kandidat*innen- mert noch unheimlich viel Potential. das beidseitige Interesse vorhanden Mangels jedoch nicht erfüllen. Wir In den nächsten zwei Jahre wollen sind. Auch uns hat die Pandemie sind davon überzeugt, dass wir den wir es schaffen, dass die Gliederun stark getroffen. In den nächsten zwei Aufgaben und Pflichten gerecht wer gen stärker zusammenarbeiten und Jahren möchten wir tolle Angebote den und freuen uns auf die nächsten das Landesjugendwerk als Vernet schaffen, in denen wir neue enga zwei Jahre voller spannender Auf zungsmittelpunkt agiert und ange gierte Ehrenamtliche finden und an gaben und neuer Bekanntschaften. sehen wird. Außerdem ist uns die uns binden können. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 5
Foto: privat Zwei Jahre Corona ZWEI JAHRE CORONA Stimmen Markus Gaßner, Leiter Beschäftigungs- und Trainingszentrum (Besondere Wohnform mit aus der ???????? Tagesstrukturierung), AWO Augsburg Praxis „Ich hoffe auf zeitnahe Impfpflicht für alle.“ Als Leiter der Tagesstruktur im Rahmen von besonderen Wohnformen der AWO Augsburg stelle ich fest: Mit der Was waren und sind die Herausforderungen während Pandemie hat sich vieles verändert! In meinem Bereich der Pandemie? Gibt es auch positive Erkenntnisse? erhalten psychisch kranke Menschen Tagesstrukturierung Vier AWO-Mitarbeiter*innen berichten aus ihren in Form von Beschäftigung. Fachbereichen. Meine Mitarbeitenden und ich verbringen einen guten Protokolle: Markus Gaßner, Ulrike Hahn, Teil unserer Arbeitszeit damit, die Einhaltung der diversen Manuela Billing, Nicola Kaufmann Regeln hinsichtlich Corona umzusetzen. Wir mussten unter anderem die Anwesenheitszeiten der einzelnen Personen reduzieren, da weniger Betreute als zuvor gleich zeitig in einem Raum sein dürfen. Daraus resultiert für die Klient*innen zeitlicher Leerlauf, der in der Regel für die psychische Stabilität kontraproduktiv ist. Daraus ent steht mangelnde Motivation der Klientel zu einer regel mäßigen Teilnahme. Ein Teufelskreis für Klient*innen und Mitarbeitende! Hinzu kommen sich nahezu täglich verändernde ministe rielle Vorschriften in Sachen Corona, die sofort umge setzt werden sollen. Das bindet wertvolle Energien und kostet Zeit, die eigentlich für die direkte Betreuung vorgesehen ist. Eine Zeitlang ist eine solche besondere Situation handhabbar. Auf Dauer aber werden sowohl die psychisch kranken Menschen als auch die Mitar beitenden unzufrieden. Mindestens. Wir müssen die Pandemie schnell in den Griff bekommen, um größeren gesellschaftlichen Schaden abzuwenden. Daher hoffe ich auf eine baldige Veränderung der Lage, zum Beispiel durch die zeitnahe Einführung der Impf pflicht für alle und die Vernunft von uns allen bezüglich der Anzahl der persönlichen Kontakte. Foto: Adobe Stock 6 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
„Wir können uns auf eigene Foto: Adobe Stock Mitarbeiter*innen verlassen." Zu Beginn der Pandemie im Februar 2020 war ich zunächst ZWEI JAHRE CORONA sehr verwundert über die Ignoranz, mit der manche politische Entscheider*innen sowie Behörden und Kliniken unseren Argumenten und Vorschlägen aus der Praxis, wie unsere Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen vor dem Virus am besten geschützt werden könnten, begegneten. Unzählige Telefonate mit Gesundheitsämtern, Kranken häusern und Rettungsdiensten sowie Absprachen mit Kolleg*innen anderer Verbände waren in diesen ersten Monaten, auch an den Wochenenden, mein Tagesgeschäft. Eindringliche Appelle an die Krisenstäbe der Landkreise, nicht nur an die Patient*innen in den Kliniken zu denken, sondern auch die besonders vulnerablen Bewohner*innen unserer Pflegeeinrichtungen zu schützen, blieben zu Beginn ungehört. Die unterschiedlichen Regelungen und Vorgehensweisen eines jeden Landkreises und einer jeden Stadt machten es äußerst schwierig, den Überblick über die vielen Vor gaben und Maßnahmen zu behalten. Manche waren aus unserer Perspektive wenig sinnvoll und nicht praktikabel. der Eingliederungshilfe oder Kinder-, Jugend- und Fami Letzteres, weil uns einerseits die dazu notwendigen per lienhilfe sind bei Vakanz eingesprungen, wenn es irgend sonellen Ressourcen fehlten und andererseits zu Beginn wo besonders „brannte“. Kolleg*innen aus anderen das Schutzmaterial nicht zur Verfügung stand. Zugesagte Häusern oder Familienangehörige von Mitarbeiter*innen Lieferungen von Masken und Desinfektionsmitteln blieben sprangen ebenfalls mit ein, halfen in der Hauswirtschaft, aus. Zusätzliches, unterstützendes Personal der FüGK brachten Kuchen und Plätzchen für Bewohner*innen (Führungsgruppe Katastrophenschutz) oder der Bundes und Mitarbeitende. Andere Kolleg*innen organisierten wehr war nicht zu bekommen. In der Regel wurden frei zu Beginn der Pandemie bei Friseur*innen, Physiothera tagnachmittags die neuen Verordnungen bekannt, so dass peut*innen und über „Ebay Kleinanzeigen“ Handschuhe die Kolleg*innen aus der Verwaltung sowie die Führungs und Masken für die Einrichtungen. kräfte in den Pflegeheimen auch an den Wochenenden arbeiteten, um Mitarbeiter*innen, Bewohner*innen und In der Pandemie hat sich gerächt, dass die Langzeit Angehörige über die Auswirkungen zu informieren. pflege seit Jahrzehnten „auf Kante genäht ist“. Die Kolleg*innen in den Einrichtungen, ob als Führungs- Aus den Erfahrungen habe ich gelernt, dass wir uns als kraft oder in der direkten Pflege tätig, vermissen Verband vor allem auf unsere eigenen Mitarbeiter*innen schmerzlich die Wertschätzung der Gesellschaft. Es ist verlassen können. Diese haben die Einrichtungen perso dringend von Nöten, dass neben einer angemessenen nell unterstützt, Mitarbeiter*innen aus der Hauptverwal Bezahlung vor allem die vorhandene fachliche Kompe- tung haben für die Kolleg*innen draußen die Weihnachts tenz der Kolleg*innen in den Einrichtungen anerkannt dekoration übernommen, Kolleg*innen aus den Bereichen wird. Dass diese Kompetenz vorhanden ist, wurde jetzt in der Pandemie besonders deutlich. Eine Erkenntnis aus den Erfahrungen der letzten beiden Jahre in der Corona-Pandemie ist, dass die Expertise über den rich tigen Umgang mit dem Virus vor allem in unseren Foto: privat Ulrike Hahn, Bereichs- Häusern vor Ort vorhanden ist. leitung Senioren und Rehabilitation, Ich hoffe, dass das Fachwissen, die Kompetenz und die AWO-Bezirksverband hohe Flexibilität in Krisenzeiten unseren Führungskräften Unterfranken und unseren Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen das Selbstbewusstsein gibt, sich für ihre Überzeugungen auch nach der Pandemie einzusetzen. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 7
„Wichtig, auch digital optimal ausgestattet zu sein.” Auch für unsere Arbeit im Frauenhaus Dachau bedeutet ZWEI JAHRE CORONA Foto: privat die Corona-Pandemie gravierende Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Vor allem stellen die Schul- und Kitaschließungen für die Kinder im Haus eine schwierige Situation dar. Hier sind besonders die Schulkinder her Nicola Kaufmann, Leiterin vorzuheben, die immer wieder während eines Lockdowns Frauenhaus, AWO Dachau oder in Quarantäne online ihre Schulaufgaben bewältigen müssen. Das Frauenhaus ist aufgrund der beengten Platz ???????? verhältnisse nicht für dauerhaftes Homeschooling aus gelegt. Denn der Distanzunterricht kann nur in Zimmern stattfinden, die auch von anderen Personen mitbenutzt werden, und die Kinder können während des Unterrichts „Belastet von sehr kurzfristig nie durchgehend ungestört und in Ruhe lernen. angekündigten Anweisungen.” Erfreulicherweise wurden die Kinder von der Schule mit Während kreative Pädagog*innen auch in der Pandemie geliehenen Tablets ausgestattet, so dass das Homeschooling den Fokus auf gelungene Momente für die Kinder im keine zusätzliche finanzielle Belastung für die Frauen Alltag legen, holt sie der Wahnsinn von Corona ein. darstellt. Trotzdem haben auch die Mütter im Frauenhaus, Neben der bereits seit Jahren gehegten Hoffnung und wie viele alleinerziehende Eltern, mit der Mehrfachbelas dringenden Notwendigkeit auf grundsätzliche Entlastung tung durch Kinderbetreuung, Unterstützung beim Distanz für ihren Beruf, tragen die Pädagog*innen in diesen lernen, Lohnarbeit und Haushaltsführung zu kämpfen. Zeiten noch mehr Last. Jedoch können wir dem vergangenen Jahr auch einiges Dringend anstehende Veränderungen wie die Verkleine Positives abgewinnen. Gerade in der Zeit des Lockdowns rungen der Gruppen werden nun erst recht zerschlagen war es ein großes Glück, dass im Frauenhaus viele Kinder und zwingen die Pädagog*innen durch Pandemiemaßnah zusammenleben, so dass immer Spielkamerad*innen men zur völligen Umstrukturierung ihrer pädagogischen gefunden werden konnten und wenig Langeweile aufkam. Ansätze. Belastet von teils sehr kurzfristig angekündigten Durch das enge Zusammenleben waren unsere Frauen Anweisungen und dem Unmut mancher Eltern, die selbst und Kinder nie vollständig isoliert und einsam. Auch sind an der Belastungsgrenze angekommen sind, geben Kita- wir sehr dankbar für die finanzielle Unterstützung durch leitungen und ihre Teams jeden Tag ihr Bestes. Der nicht verschiedene Corona-Förderungen, mit denen wir unsere aufzuhaltende Fachkräftemangel wirft generell größte Pro digitale Ausrüstung erweitern konnten. Da die weitere Ent bleme auf und führt nicht selten zu reduzierten Öffnungs wicklung und die langfristigen Auswirkungen der Corona- zeiten. Dass sich die Lage in der Pandemie noch mehr Pandemie derzeit nicht absehbar sind, ist es wichtig für zuspitzt, ist nicht verwunderlich. Gründe dafür sind zusätz unsere Arbeit im Frauenhaus auch digital optimal aus lich fehlendes Personal durch Quarantäneverordnungen, gestattet zu sein, damit den Frauen und ihren Kindern nicht zu vergessen die üblichen Erkrankungen, die zum auch in Zukunft adäquater Schutz, Zuflucht und Beratung Beispiel auch die Jahreszeit mit sich bringt, und die Belas geboten werden können. tung durch das Maskentragen. Zudem ist der tägliche Umgang mit geimpftem und ungeimpftem Personal eine Herausforderung, die auch Dienstplangestaltung und den Personaleinsatz für Träger, Leitungen und die Teams Manuela Billing, schwierig macht. Fachberatung Kinder- und Jugendhilfe, Trotz Hürden und Stolpersteinen erfreuen wir uns am AWO-Bezirksverband schnellen Voranschreiten der Digitalisierung in den Ein Schwaben richtungen. Die Möglichkeit, sich unkompliziert in Zoom- Sitzungen zu treffen oder die Eltern mit einem Klick per Kita-App zu informieren, sind Highlights inmitten der Pandemie. Die vielen kreativen Ideen im Umgang mit den Medien und diese sinnvoll zu nutzen, wird uns sicherlich auch weiter begleiten. Foto: privat 8 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Prof. Dr. Josef Settele leitet das Foto: André Künzelmann, UFZ Department Naturschutzforschung INTERVIEW am Helmholtz-Zentrum für Umwelt „Eine Spezies ist forschung in Halle. Der Agrarökologe ist Mitglied des Sachverständigen rats für Umweltfragen der Bundes verantwortlich für regierung und war Co-Vorsitzen ZWEI JAHRE CORONA der des Globalen Berichtes des Weltbiodiversitätsrats. Covid-19: der Mensch.” Interview: Christa Landsberger ???????? Teile der Wissenschaft warnen schon Nimmt die Gefahr von Pandemien zu? längere Zeit vor Pandemien, auch Sie, Wenn ja, warum? Herr Professor Settele. Hat Sie Corona Ja, sie nimmt zu. Das liegt am gestie also nicht überrascht? genen Tempo, in dem wir Lebensraum Corona als Pandemie hat mich nicht zerstören und um die Welt Handel überrascht. Es ist natürlich ein speziel treiben und reisen. Wir haben Natur ler Fall, den man nie so genau vor immer ausgebeutet, aber in früheren zu kalkulieren. Ökoprodukte könnten hersagen kann. Aber prinzipiell ist Zeiten konnte sie sich noch anpassen. dann billiger sein als Produkte aus eine Pandemie zu erwarten gewesen. Jetzt zerstören wir große Flächen auf der konventionellen Landwirtschaft, Es war nur eine Frage der Zeit, einmal. Bestimmte Tierarten vermeh da sie viele Kosten, die für die Gesell wann es passiert. ren sich rasant und werden domi schaft entstehen, wie Luft- und Was nant, und so die Krankheitserreger, serreinigung gar nicht verursachen. Woran liegt das? Wodurch entstehen die sie in sich tragen. Pandemien? Was kann jede*r einzelne von uns tun? Es läuft folgendermaßen ab: Krank Sie sprechen in Ihrem aktuellen Buch Wir müssen unser Bewusstsein für heitserreger können sich besonders von einer Triple-Krise aus Klimawan- Natur schärfen. Ganz wichtig ist un gut vermehren, wenn viele Tiere del, Artensterben und Pandemien. ser Konsumverhalten. Zum Beispiel derselben Art eng aufeinander leben. Wie hängen diese Krisen miteinander Fleischessen. Ich esse auch gerne Das wiederum passiert, wenn der zusammen? mal ein Steak. Aber es ist eine Frage Mensch Lebensraum zerstört, zum Alle drei sind Symptome unserer Wirt von Klasse statt Masse. Lebensmittel Beispiel durch Waldroden. Einige schaftsweise. Unseres Umgangs mit konzerne und Landwirte produzieren wenige Tierarten bleiben übrig und der Natur. Die Wechselwirkungen das, wofür eine Nachfrage besteht. breiten sich immer mehr aus. Unter erkläre ich am besten an einem Bei Wenn ich ein System habe, das weni diesen Umständen haben Bakterien spiel: Folgen des Klimawandels, wie ger Fleischproduktion verlangt, habe und Viren viele Möglichkeiten, sich mehr Waldbrände, zerstören Lebens ich schon viel erreicht. Denn ich brau auf der Masse an verfügbaren Wir raum. Der Verlust an Vielfalt von che weniger Fläche. Dadurch habe ten zu entwickeln und zu verändern. Lebensräumen kann die bereits be ich mehr Spielraum für Artenvielfalt. Das Eindringen des Menschen in schriebene Kette in Gang setzen: Weniger Fleischkonsum bedeutet we die Lebensräume der Tiere erhöht Artensterben, dominante Tierarten niger Massentierhaltung. Das senkt das Risiko sogenannter Zoonosen. auf engem Raum, leichteres Verbreiten das Risiko, dass Krankheiten sich aus Das sind Krankheiten, die von Tieren von Krankheitserregern. Der Weg zur breiten. Die Landwirtschaft produziert auf Menschen oder andersrum Pandemie ist dann nicht mehr weit. hierzulande 60 Prozent Tierfutter. Sie übertragen werden können. Mehr könnte eigentlich auch direkt mehr als 70 Prozent aller neu auftreten Was sollten wir an unserer Wirt- „Menschenfutter“ produzieren. den Krankheiten bei Menschen schaftsweise ändern? haben ihren Ursprung in wilden Wir sollten mehr auf lokale und Ich kann mich natürlich auch fragen, oder domestizierten Tieren. Wenn regionale Produkte setzen, ohne uns ob ich das superschicke Handy brauche, sich die lokale Epidemie bedingt abzuschotten. Wichtig ist es auch, das viel mehr kann, als ich eigentlich durch den Waren- und Reisever- den Energieverbrauch zu senken und benötige. Oder den SUV. Bei all dem kehr ausbreitet, entsteht eine möglichst lokale, vor allem erneuer- geht es nicht um absoluten Verzicht. Pandemie. Im Grund ist also eine bare Energiequellen zu nutzen. Aber es geht um die Balance. Sich ab Spezies verantwortlich für Covid-19: Ideal wäre es, Produktpreise unter und zu eine Ausnahme zu gönnen, der Mensch. Berücksichtigung von damit ver ist absolut in Ordnung. Wichtig ist, was bundenen Kosten für die Gesellschaft die Ausnahme und was die Regel ist. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 9
Situation von Frauen Corona: Frauen sind besonders belastet in Bayern verbessern Sorgearbeit ist nach wie vor Frauen- sache – egal, ob bezahlt oder unbe- ZWEI JAHRE CORONA zahlt. Die Pandemie hat das noch ver- Der Bayerische Landesfrauenrat wählte am 27. Oktober 2021 die stärkt, aber auch gezeigt, dass wir in Co-Landesvorsitzende der AWO Bayern Nicole Schley in seinen Haupt puncto Gleichstellung noch nicht so ausschuss. Damit setzt Schley gemeinsam mit sieben Vertreterinnen weit sind, wie wir vielleicht dachten. weiterer Verbände in den nächsten vier Jahren in die Tat um, was die Vollversammlung des Landesfrauenrats als Arbeitsprogramm beschließt. Frauenanteile in „system- relevanten“ Berufen ???????? Im Bayerischen Landesfrauenrat setzen sich 54 Verbände für gleiche Pflegeberufe Chancen und Rechte für Frauen ein. Der Zusammenschluss berät die Erziehungs- und Sozialberufe Politik in allen Fragen, die gleichstellungspolitisch relevant sind, und Verkaufsberufe macht in der Öffentlichkeit auf die Belange von Frauen aufmerksam. Reinigungsberufe AWO-Co-Landesvorsitzende Nicole Schley und die stellvertretende AWO- Landesvorsitzende Brigitte Protschka vertreten die AWO Bayern im Landesfrauenrat. Ersatzdelegierte sind Mona Frommelt, Vorstands 84 83 82 82 vorsitzende der Hans-Weinberger-Akademie, und Gertrud Mehrl, % % % % Beisitzerin im Landesvorstand der AWO Bayern. Weitere Infos unter lfr.bayern.de Quelle: DGB Index Gute Arbeit Kompakt 1/2020 Wer kümmert sich um die Kinder „In Sachen Gleichstellung haben wir bei geschlossenen Schulen und Kitas? noch viel Luft nach oben. Gerade in Frau Bayern, wo die Lohnlücke zwischen Mann den Geschlechtern besonders groß beide gleich und Altersarmut vor allem für Frauen Aus Sicht Aus Sicht ein Problem ist. Deswegen mache der Frauen: der Männer: ich mich gerne auch im Landes frauenrat für Frauenrechte stark.” 27% 34% 66 % 59 % Nicole Schley, Co-Landesvorsitzende 7% AWO Bayern 7% Foto: AWO Bayern Quelle: Böckler Impuls 01/2021 „Ich möchte die Frauen in der AWO noch stärker vernetzen, damit wir uns gemeinsam mit aller Kraft weiter enga- gieren können. Und der Blick auf unsere Role Models bei der Arbeiterwohlfahrt macht anderen Frauen Mut, sich auch in Führungspositionen zu engagieren.” Brigitte Protschka, stellvertretende Landesvorsitzende und Gleichstellungsbeauftragte AWO Bayern Foto: AWO Schwaben 10 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
WIR DIE AWO Bobingen: Seniorenwohnanlage AUS DEM BEZIRKSVERBAND ist bezogen IN SCHWABEN An der Lindauer Straße in Bobingen hat die AWO Schwa- ben eine Seniorenwohnanlage gebaut. Die Anlage ist inzwischen bezogen. Die barrierefreien Zwei-Zim- mer-Appartements mit Bad und einer offenen Wohnkü- che sind rund 55 Quadratmeter groß. Jede Wohnung Liebe Leserinnen und Leser, verfügt über einen eigenen Balkon oder eine eigene Terrasse. Ann-Kathrin Schneider ist für die Vermietung sich immer wieder neue Ziele zu setzen, zuständig. Sie sagt: „Das ganze Jahr über erhalte ich gehört zum (Arbeits-)Leben einfach dazu. Anfragen von älteren Personen, die nach einem Zuhau- se suchen, wo sie selbstständig leben können und zu- Dafür braucht es kein Corona-Brennglas gleich durch spezielle Dienstleistungen mehr Sicherheit - schon gar nicht, wenn es um eine lange und Komfort finden. Unsere Seniorenwohnanlage in bekannte Herausforderung geht, wie Bobingen kommt diesem Wunsch nach.“ Die zwölf etwa den allgemeinen Fachkräftemangel Wohnungen richten sich demnach an rüstige Senioren, in der Pflege. Etwas sofort Wirksames für die allenfalls einen geringen Hilfebedarf aufweisen. Zu den Zusatzleistungen, die in einem abzuschließenden die Pflege tun, statt nur darüber zu re- Servicevertrag geregelt sind, zählen regelmäßige den – hierfür ist die AWO Schwaben eine Sprechzeiten, wöchentlicher Kontakt bei Bedarf, Unter- tatkräftige Botschafterin. Und deshalb stützung in Finanzfragen und bei Behördenangelegen- verstärken wir unsere bereits bestehen- heiten etc. Weiteres Plus ist die unmittelbare Nachbar- den Bemühungen und bringen den Mut schaft zum neu gebauten AWO-Seniorenheim. Dort kann am Mittagstisch und an den Veranstaltungen teil- (und das Geld) auf, auch Neues auszu- genommen werden. Marion Leichtle-Werner, Vorstand probieren. Seit Anfang 2022 unterstützt für Bau und Finanzen bei der AWO Schwaben, ist über- uns dabei Wolfgang Kolenda, der zuvor zeugt, einen optimalen Standort gewählt zu haben. viele Jahre der Geschäftsführung der AWO „Seniorenheim und Wohnanlage direkt nebeneinander Bayern zur Seite stand. Als ausgebilde- – das ist eine gute Kombination. Damit haben wir in ter Historiker wird er uns zudem dabei Bobingen ein Zentrum für Senioren geschaffen, das vie- le Bedürfnisse älterer Menschen aufgreifen kann und helfen, unsere Geschichte als Verband damit prägender Teil der Stadt ist“, sagt Leichtle-Werner und Unternehmen für nachfolgende Ge- und bedankt sich bei der Kommune für das gute Mitei- nerationen zu konservieren. Dazu gehört nander. Um den Bewohnern der Anlage auch langfristi- auch, Lebensbilder von hoch engagierten ge Sicherheit zu geben, werden die Wohnungen nicht AWO-Frauen aus Schwaben zu sammeln verkauft, sondern vermietet. und diese öffentlich zu machen, damit die leider oft in Vergessenheit gerate- nen Leistungen wieder sichtbar werden. Machen Sie mit! Wir freuen uns über jede Anregung. Herzlichst Ihre Brigitte Protschka Präsidentin Die neue Seniorenwohnanlage in Bobingen ist bezogen. Sie liegt direkt neben dem AWO-Seniorenheim. Ann-Kathrin Schneider kümmert sich unter anderem um Vermietungen bei der AWO Schwaben. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 11
Die Pflege braucht dringend einen Booster CORONA UND PFLEGE Praxisgespräch am AWO-Seniorenheim Memmingen mit Staatsminister Klaus Holetschek und Staatsministerin Carolina Trautner zeigt Wege auf, Personal zu halten und zu gewinnen. Memmingen. Inmitten der verheerenden vierten Corona- ???????? Welle wurde eines überdeutlich: Es fehlt dringend an Personal in Krankenhäusern und Seniorenheimen. Bei einem Besuch im Memminger AWO-Seniorenheim sprach Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek von einer „humanitären Katastrophe“, auf die man zu- steuere, wenn nicht sofort gehandelt werde. Zusammen mit Sozialministerin Carolina Trautner war er in die Ein- richtung gekommen, um Handlungsempfehlungen aus der Praxis mit in den Landtag zu nehmen. Pflegedienstleiterin Marianne Hartmann schilderte ein- dringlich die Lage. „Wir Mitarbeiter sind mit unseren Kräften am Ende. Die Situation hat sich durch Corona extrem verschärft. Mitarbeitende mit den kleinsten Gemeinsamer Austausch im AWO-Seniorenheim in Krankheitssymptomen müssen zu Hause bleiben und Memmingen, von links: Bayerns Sozialministerin fallen für einige Tage aus. Ersatz gibt es nicht. Der Markt Carolina Trautner, Dieter Egger, Vorstandsvorsitzender der Pflegekräfte ist leer und wenn dann doch jemand und Vorstand für Altenhilfe bei der AWO Schwaben, bei uns arbeiten möchte, findet er keine bezahlbare Brigitte Protschka, Präsidentin der AWO Schwaben, Wohnung“, sagte sie und wünschte sich ein „Gesamt- sowie Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. paket für die Pflege“. Wirklich etwas ändern könne nur die Politik. Präsidentin Brigitte Protschka plädierte für eine Impf- entscheiden, was ihm die Pflegeeinrichtungen wert pflicht und einen „Pflege-Booster“, d. h. Maßnahmen, sind“, betonte Holetschek und nannte als denkbare die schnell wirken, um die Rahmenbedingungen in der Schritte steuerfreie Zuschläge, die 35-Stunden-Woche Pflege zu verbessern. Protschka wörtlich: „Mehr Perso- und die Möglichkeit, früher in Rente zu gehen. Und So- nal gewinnen könnten wir vor allem mit weniger Büro- zialministerin Trautner merkte an: „Schade, dass es erst kratie und mehr Unterstützung im Pflegealltag durch eine Pandemie gebraucht hat, bis auch die Öffentlich- gesundheitsfördernde Maßnahmen. Um kurzfristige keit festgestellt hat, wie wichtig soziale Berufe sind. Wir Personalausfälle auszugleichen und damit die Freizeit müssen positiver über diese Berufe reden und alles da- unserer Pflegekräfte wieder planbar zu machen, ransetzen, junge Menschen dafür zu begeistern.“ brauchen wir die Einführung und Finanzierung von Claudiu Lacatus ist gerne Auszubildender am AWO-Seni- Springer-Personal.“ Nicht vergessen werden dürfe - orenheim Memmingen. Was ihm an seinem Job so ge- nach der Einführung der generalistischen Ausbildung - fällt? „Man ist nicht nur Pfleger, sondern auch Tochter, die gleichwertige Bezahlung von Pflegefachkräften in Sohn, Vater, Mutter, Koch und vieles mehr. Die Ausbil- Krankenhäusern und Pflegeheimen, damit kein Nachteil dung eröffnet Chancen, sich fortzubilden. Man kann für Pflegeheime entstehe. viel erreichen. Aber das Allerschönste ist es, wenn sich die Menschen, die man sorgfältig pflegt, mit einem Lä- Dieter Egger, Vorstandsvorsitzender und Vorstand für Al- cheln bedanken.“ Er ist überzeugt: Der Pflegeberuf ist tenhilfe bei der AWO Schwaben, stellte zudem fest, dass schön, benötigt aber mehr Werbung in einer Form, die auch die Arbeitgeber selbst etwas tun können. Die AWO gerade auch bei jungen Menschen wirklich ankommt. Schwaben fördere ihre Mitarbeitenden etwa durch eine Beteiligung an Kinderbetreuungskosten, Bereitstellung gesundheitsfördernder Maßnahmen und einen zusätzli- chen Urlaubstag in der Corona-Zeit. „Wir müssen an mehreren Säulen ansetzen. Auch der Steuerzahler muss 12 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Personalmangel – unser drängendstes Problem CORONA UND PFLEGE „Personal- und Fachkräftemangel ist der Dauerbrenner auf unserer Agenda“, sagt Brigitte Protschka. „Das viel zitierte Corona-Brennglas hat uns da nichts gezeigt, was wir nicht vorher schon wussten“, verweist sie auf ein ???????? Problem, das die Diskussionen bereits in der Zeit vor Co- rona geprägt hat. Überrascht sein kann also niemand wirklich. Woran es mangelt, sind nicht Worte, sondern Taten. Einfach ist die Situation nicht. „Im Wesentlichen sind wir abhängig von Entscheidungen der Politik und von den Tarifpartnern“, erklärt Dieter Egger. „Hier kön- nen wir lediglich mit guten Informationen aus unserer Praxis vor Ort Entscheidungshilfen und als Arbeitgeber aus eigener Kraft Impulse geben. Den großen Rahmen, Randvolle Schubladen mit Dokumentationen und viele das System, können wir aber nicht selbst verändern.“ Dienstbesprechungen gehören zum Pflegealltag dazu. Was auf uns noch zukommt, beschreibt die Modellrech- Die Situation ist nicht einfach, aber die AWO Schwaben nung im Barmer Pflegereport 2021: Der Bedarf an Pfle- arbeitet kontinuierlich daran, den Fachkräftemangel in gefachkräften für die vollstationäre Versorgung steigt den Griff zu bekommen. von 2020 bis 2030 um 39.000 Vollzeitäquivalente, der an Pflegehilfskräften mit Ausbildung um 23.000 und zum zweiten Mal einen zusätzlichen Ruhetag finan- der an Pflegehilfskräften ohne Ausbildung um 30.000. ziert“, berichtet Vorstandsvorsitzender Dieter Egger. So Immerhin wurde mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung etwas muss allerdings mit dem Betriebsrat und unter der Gesundheitsversorgung (GVWG) ein Versuch unter- Umständen zusätzlich mit der Verdi-Vertretung abge- nommen, die Bezahlung der Pflegekräfte zu verbessern. stimmt und einvernehmlich beschlossen werden. Auch Ob diese Regelung allerdings wirklich zu einer Anhe- wenn das auf den ersten Blick einfach erscheint, ist die bung des Lohnniveaus in der Altenpflege führt, bleibt Einhaltung dieser Formalien auch immer ein Zeitauf- erst mal abzuwarten. Zur Steigerung der Attraktivität wand. des Pflegeberufes muss aus unserer Sicht ohnehin we- Was wir 2022 zusätzlich noch tun können, um unseren sentlich mehr getan werden, als die bessere Bezahlung Mitarbeitenden Wertschätzung und Anerkennung zu zu regeln. Denkverbote darf es da nicht geben. Alle vermitteln, beschäftigt derzeit unsere Personalentwick- Optionen müssen geprüft werden. Beispielsweise die lerin Annika Hecken. Zum einen ist geplant, die vollen Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bei Kosten der institutionellen Kinderbetreuung zu über- vollem Lohnausgleich. nehmen. Außerdem möchten wir als Wertschätzung be- Was wir schon auf den Weg gebracht haben, kann sich sonderer Belastungen beispielsweise Gutscheine fürs sehen lassen: Seit 2019 übernehmen wir beispielsweise Tanken oder auch Wellnessgutscheine zur Erholung zur schon anteilig Kinderbetreuungskosten und mit dem TV Verfügung stellen. Da es immer schwieriger wird, geeig- Demographie bieten wir zahlreiche Maßnahmen zur neten Wohnraum zu finden, arbeiten wir bereits daran, Gesundheitsförderung für unsere Mitarbeitenden an. strukturiert bei der Wohnraumvermittlung für Beschäf- Dafür stellen wir jährlich um die 330.000 Euro bereit. tigte behilflich zu sein. Zusätzlich soll es ein EDV- Diese Mittel werden unter anderem für die Förderung gestütztes Einkaufsportal mit Vergünstigungen für die gesunder Ernährung sowie der körperlichen und psychi- Mitarbeitenden geben und auch im Bereich Mobilität schen Gesundheit unserer Mitarbeitenden abgerufen. möchten wir unsere Mitarbeitenden mit Angeboten wie So können beispielsweise Obstkörbe oder gesunde beispielsweise „Jobticket“ und „Jobrad“ unterstützen. Snacks besonders auch Mitarbeitende im Schichtdienst bei gesunder Ernährung unterstützen. Finanziert wer- den auch Kurse wie Rückenfit, Yoga oder Pilates. „Zuletzt haben wir sogar als Dankeschön für die außer- ordentlichen Leistungen während der Corona-Pandemie WIR • Das Magazin der AWO Bayern 13
Gleichstellung: So geht’s bei der AUS DEM BEZIRKSVERBAND AWO Schwaben voran Erster Gleichstellungsbericht und Trainingsprogramm für Führungskräfte weisen den Weg zu mehr Vielfalt und Chancenge- rechtigkeit für alle. Bei der AWO Schwaben hat sich einiges im Bereich AWO-Bundesverbands am Standort Schwaben. „Die ???????? Gleichstellung getan. So wurde im vergangenen Jahr der Führungskräftetrainings sind wichtig, um die Projekter- 1. Gleichstellungsbericht der AWO Schwaben erstellt. gebnisse im Bezirksverband Schwaben zu verankern und Diese Dokumentation ist wichtig, um zu sehen, wo der den Umgang mit Vielfalt im Verband zu stärken“, ist sich Bezirksverband Schwaben steht. „Wir haben erstmals Marion Leichtle-Werner sicher. Das Projekt wird durch Daten und Fakten vorliegen, auf deren Grundlage wir den Europäischen Sozialfonds im Rahmen des Pro- weitere Maßnahmen für unser Unternehmen beschlie- gramms rückenwind+ sowie das Bundesministerium für ßen können“, verkündet die Vorständin für Finanzen, Arbeit und Soziales gefördert. Bei allen Fragen dazu ist Bau und Gleichstellung, Marion Leichtle-Werner. Auch die Ansprechpartnerin Jacqueline Wilk unter der das Ehrenamt wurde beleuchtet. Die Erkenntnisse E-Mail-Adresse jacqueline.wilk@awo.org oder der Tele- bestätigen die Präsidentin Brigitte Protschka in ihrem fonnummer 0821/43001-116 erreichbar. Alle Informa- bestärkenden Ansatz: „Wir müssen Frauen weiterhin tionen zur Arbeit der AWO Schwaben im Bereich Gleich- unterstützen und ermutigen, sich auch als Vorsitzende stellung sind auch auf der Homepage zu finden. Unter der Ortsvereine, Kreisverbände und im Präsidium zu en- https://www.awo-schwaben.de/gleichstellung.html gagieren. Bei der Verteilung der Geschlechter auf diesen gibt es eine Übersicht über Veranstaltungen, Aktionen Posten ist noch Luft nach oben.“ Die Berichterstattung und Maßnahmen zum Nachlesen. Ein Besuch der zur Gleichstellung bei der AWO Schwaben erfolgt zu- Homepage lohnt sich also! künftig alle zwei Jahre. Die Vorstellung der Ergebnisse des 1. Gleichstellungsbe- richts in den Gremien der AWO Schwaben nutzte Marion Leichtle-Werner, um über den Personalwechsel in der Geschäftsstelle zu informieren. Seit Oktober vergangenen Jahres ist Lisa-Maria Hitzke für Gleichstellung und Vielfalt zuständig. Die Sozialwissenschaftlerin und Konfliktfor- scherin sieht der neuen Aufgabe positiv entgegen: „In meiner Arbeit kann ich bei vielem, was im Bezirksver- band Schwaben bereits auf den Weg gebracht wurde, anknüpfen. Ich freue mich, darauf aufbauend neue Pro- jekte und Maßnahmen zu initiieren, um das Thema Gleichstellung weiter voranzubringen.“ Bei Fragen zur Gleichstellungsarbeit ist Lisa-Maria Hitzke unter der E-Mail-Adresse lisa-maria.hitzke@awo-schwaben.de Freuen sich über den ersten Gleichstellungsbericht oder der Telefonnummer 0821/43001-178 zu erreichen. der AWO Schwaben und weitere Fortschritte in diesem Bereich, von links: Lisa-Maria Hitzke und Vorständin Zu ihren Aufgaben gehört auch die Betreuung des beim Marion Leichtle-Werner, gemeinsam zuständig für AWO-Bundesverband angesiedelten Projekts „Vielfalts- Gleichstellung und Vielfalt bei der AWO Schwaben. bewusst in Führung“ (ViF). Seit November letzten Jahres finden in diesem Rahmen Führungskräftetrainings statt. „Unter Anleitung von externen Trainerinnen beschäfti- gen sich die Führungskräfte der AWO Schwaben mit un- bewussten Vorurteilen, verschiedenen Führungsstilen und -modellen und bekommen Methoden an die Hand, wie die Führung heterogener Teams gelingt, so dass alle sich akzeptiert fühlen und ihre Stärken einbringen kön- nen“, erklärt Jacqueline Wilk, Projektmitarbeiterin des 14 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
AUS DEN REGIONEN Besonders engagiert Günter-Vogt-Begegnungsstätte Vöhringen. Georg Bader ist inzwischen seit 96 Jahren auf Kissing. Der Vorstand der AWO Kissing setzte sein Vorha- der Welt. Fast die Hälfte seines Lebens – um genau zu ben um, die Begegnungsstätte nach ihrem früheren sein, stolze 40 Jahre – steht er der AWO Vöhringen nahe langjährigen Vorsitzenden Günter Vogt (Bildmitte im und dies nicht nur als Mitglied. In den 80er/90er Jahren blauen Hemd) zu benennen. Schwabenweit ist Vogt als war er 15 Jahre lang Vorsitzender des Ortsvereins und ist in vielen Gremien einst höchst aktiver AWO-Mann be- bis dato einer der beiden gleichberechtigten Stellvertre- kannt, der große Aufbauarbeit leistete. Die Gäste freu- ter. Er leitete zudem den offenen AWO-Seniorenclub als ten sich mit dem Geehrten. organisatorische Untereinheit. Für seine Mitgliedschaft und sein Engagement durfte er sich nun bei der jüngsten Jahreshauptversammlung über eine Ehrung freuen. Vor- sitzende Anne Schorer (links im Bild) überreichte ihm eine Urkunde und einen Geschenkkorb. Ebenfalls 40 Jahre bei Viele Ehrungen und ein treues Team der AWO Vöhringen ist Maria Dreiseitl, die an der Ver- Neu-Ulm. Viele und obendrein recht hohe Ehrungen sammlung nicht teilnehmen konnte und deshalb Urkunde gab es bei der Neu-Ulmer AWO im Zuge ihrer Jahres- und Präsent zuhause erhielt. (Foto: Katrin Süssegger) hauptversammlung, die aufgrund der Corona-Pande- mie erst verschoben, inzwischen aber unter den not- wendigen Sicherheitsvorkehrungen (3G-Regel) nachgeholt wurde. Knapp 50 der insgesamt rund 300 wieder kandidiert hatte. Dafür konnte aber Claudia Mitglieder nahmen die Mühen der Teilnahme auf sich Feuchter als Beisitzerin gewonnen werden. 1. Vorsitzen- und kamen ins Offenhausener „Schlössle“. Geehrt für de bleibt Friederike Draesner, ihre Stellvertretung ma- 50 Jahre Mitgliedschaft wurden Ingrid Mirschwa, Edith chen Thomas Graf, Klaus Guhl, Monika Roeske (fehlt auf Steingraber und Erika Röcker (alle 2020) sowie Siegbert dem Foto) sowie Thomas Wölfling. Im Beisitz bleiben Kollmann und Marianne Rennert (beide 2021). Für Andrea Ehmke-Graf und Siegbert Kollmann. Revisoren 40 Jahre Mitgliedschaft Silvia Artl und Klaus Guhl (beide sind Armin Prem und Uwe Fliegner (fehlt auf dem Foto). 2020) sowie Volker Blätz (2021). Und für 25 Jahre Thomas Wölfling, Edeltraud Hefler und Gertraud Lutz Linkes Foto: Über eine Ehrung durften sich unter ande- (alle 2021). Der neue Vorstand wurde nahezu komplett ren diese vier engagierten AWO-Mitglieder freuen, rech- wiedergewählt mit Ausnahme von Elke Riedl, die im tes Foto: der neu gewählte Vorstand der AWO Neu-Ulm. Sommer verstorben war, und Holger Jauch, der nicht (Fotos: Uwe Vogelmann) WIR • Das Magazin der AWO Bayern 15
Gutes Hilfsmittel zur Vorsorge Sonthofen. Eines Tages für sich selbst nicht mehr alle Entscheidungen treffen zu können und auf Hilfe und Unterstützung angewiesen zu sein – dieser Gedanke ist AUS DEN REGIONEN sicherlich nicht angenehm. Um sicherzustellen, dass auch in einer solchen Situation immer noch der per- sönliche Wille Beachtung findet, ist es empfehlenswert, die Vorstellungen und Wünsche im Voraus schriftlich auszuformulieren. Die AWO Sonthofen hat im vergan- genen Jahr daher ein gutes Hilfsmittel erstellt, einen so genannten Vorsorge-Ordner, der als Leitlinie dient und ???????? bei der Zusammenfassung der persönlichen Daten und Dokumente unterstützt. Er beinhaltet die derzeit aktu- ellen Formulare zur Erstellung einer Vorsorgevollmacht bzw. einer Betreuungsverfügung sowie eine Hilfestel- lung für das Verfassen einer Patientenverfügung. Zu- dem sind passende, auf die Region in und um Sontho- fen bezogene Beratungs- und Anlaufstellen aufgelistet, die für die Vorsorge und darüber hinaus hilfreich sind. Vorsorge-Ordner sind zum Preis von 10 Euro in der AWO-Geschäftsstelle (Telefon 08321 1250) oder unter info@awo-sonthofen.de bestellbar. Bei Fragen zum Vorsorgeordner steht die AWO Sonthofen gerne zur Ver- fügung. 500 Euro für die Intensivstation des Füssener Krankenhauses Füssen. Mit einer Spende an die Intensivstation des Füssener Krankenhauses in Höhe von 500 Euro – und damit nicht nur mit freundlichen Worten – hat sich die AWO Füssen-Schwangau für all das bedankt, was die Pflegekräfte in einer aufgrund der Corona-Pandemie außergewöhnlich belastenden Arbeitssituation leisten. „Arbeit abnehmen können wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ja nicht“, so die Vorsitzende Brigitte Protschka. „Nach vielen Rückmeldungen, dass man die im Jahr zuvor versandten 5- Euro-Verzehrgutscheine lieber für einen sozialen Zweck verwenden solle, hat sich der Vorstand einstimmig für eine Spende an die In- tensiv-Pflegekräfte ausgesprochen“, ließ der stellv. Vor- sitzende Georg Waldmann in einer Pressemitteilung einfach gut“, betonte die Pflegedienstleiterin, die ganz wissen. Mit feinen Zutaten für ein gemeinsames Sta- genau weiß, wie sehr das kollegiale Leben im Alltag tions-Frühstück wolle man etwas tun, das sofort wirkt. derzeit leidet. Momentan seien Höchstleistungen im Das ist ganz im Sinne von Gerda Bechteler, der Vorsit- Pflegedienst zu erbringen. Dazu komme noch eine zenden des Fördervereins des Klinikums, die sich für die enorme coronaspezifische emotionale Belastung. „Es ist Mitarbeitenden freute. Aber auch die Barsumme von so wichtig und so tröstlich zu wissen, dass Menschen, 300 Euro für eine teambildende Maßnahme, sobald es wie die Pflegekräfte auf einer Intensivstation, im Ernst- die Corona-Einschränkungen wieder zulassen, sei gut fall für andere da sind. Ein schöner Gedanke, dass man angelegt. Dem pflichtete auch Sabine Stauber bei: auf helfende Hände vertrauen kann, die dann zupacken, „Alles, was die Gemeinschaft nach den ‚kontaktarmen‘ wenn die eigenen Kräfte nicht reichen“, heißt es in dem und einschränkenden Corona-Zeiten wieder stärkt, tut Dankschreiben, das die AWO der Spende beilegte. 16 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Am harten SCHWÄBISCHE AWO-FRAUEN ken, dass ihr Lohn immerhin so weit erhöht wurde, dass sie ihre Familie durchbringen konnte. Am 17. Juli 1942 wurde Josef Wittmann wegen vermeintlichen Hochver- Schicksal nicht rats in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Man stelle sich vor: Seine Ehefrau war ahnungslos! Sie erfuhr davon „beiläufig“ auf dem Weg zur Arbeit, als sie an einem der zerbrochen Stadttore vorbeikam, an denen Plakate mit den Namen der Hingerichteten hingen. Maria Penn ist an ihrem schweren Schicksal nicht zerbrochen, im Gegenteil: Nach dem Ende der NS-Diktatur baute sie Neues auf. 1946 Maria Penn aus Nördlingen kämpfte während der NS-Zeit gründete sie die AWO in Nördlingen, leitete später auch für ihre Familie und für andere - ein Portrait einer beson- den Kreisverband. Sie wurde Ehrenmitglied der SPD, er- deren „AWO-Frau“. ???????? hielt die Bürgermedaille der Stadt Nördlingen und die Von Daniela Ziegler Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepu- blik. Am 10. August 1990 verstarb Maria Penn. Ein Stra- Nördlingen. Maria Penn stand in ihrem Leben wahrlich ßenschild in Nördlingen trägt ihren Namen. An ihren ihre Frau: Die Gründerin und langjährige Vorsitzende tapferen Mann erinnert eine Gedenktafel am Wohnhaus der AWO in Nördlingen trotzte den Schikanen seitens der in der Mittleren Gerbergasse. (Quellenangabe: Stadtar- Nationalsozialisten, schaffte es, unter schwierigsten chivar Dr. Wilfried Sponsel, weitere Recherchen: Heiner Umständen den Unterhalt der Familie zu sichern und Kopriwa, AWO-Kreisvorsitzender Donau-Ries) war für viele Menschen eine wichtige Stütze. Wer war diese außergewöhnliche AWO-Frau, deren soziales En- gagement noch heute nachwirkt? Die Spurensuche be- ginnt mit ihrer Geburt am 24. Februar 1902 in Nördlin- gen. Nach der Mittelschule absolvierte Anna Maria eine kaufmännische Lehre. Bald schon, ab 1923, begann sie sich in der SPD, der AWO und als Übungsleiterin im Ar- beiterturn- und Sportverein zu engagieren. In dieser Zeit muss sie wohl ihrem späteren zweiten Ehemann, dem Schriftsetzer Josef Anton Wittmann begegnet sein. Das Paar gab sich am 17. März 1928 das Ja-Wort. Maria brachte eine Tochter mit in die Ehe. Später kamen noch zwei weitere Mädchen zur Welt. 1940, während Maria ihre dritte Tochter erwartete, wurde der Vater von der Maria Penn bei der Überreichung der Verdienstmedaille Gestapo verhaftet und zunächst in Augsburg inhaftiert. des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland Wittmann hatte sich 1934 dem Widerstand gegen Hitler durch den Regierungspräsidenten Rudolf Dörr. Bildmitte: angeschlossen und Berichte über die politische Situati- Landrat Alfons Braun. (Foto: Regierung von Schwaben) on in Deutschland an das für den Aufbau der SPD-Arbeit in Südwestdeutschland arbeitende Schweizer Grenzse- kretariat versendet. Das blieb nicht ohne Folgen für die ganze Familie: Seine Brüder Anton und Franz kamen in INFO Sippenhaft, Ehefrau Maria musste zahllose Hausdurch- Machen Sie mit! suchungen über sich ergehen lassen. Doch sie blieb standhaft: Sie hielt nicht nur moralisch zu ihrem Mann, Wenn auch Sie eine interessante Lebensge- sondern nahm all ihren Mut zusammen und schmuggel- schichte einer AWO-Frau aus Schwaben kennen, te bei ihren Gefängnisbesuchen Schreibmaterial hinein dann sind Sie seitens der Präsidentin Brigitte und Berichte ihres Mannes nach draußen. Wie? Auf diese Protschka herzlich eingeladen, Kontakt mit der Idee muss man erst mal kommen: Sie versteckte Bleistifte AWO Schwaben aufzunehmen. Unser Bezirks- und Schmalz in den Zahnpastatuben. Das Schmalz verband sammelt unter Federführung unserer nutzte Wittmann, um seine durch die Folterungen ent- ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten Dr. standenen Verletzungen einzureiben. Doch auch der Simone Strohmayr diese Geschichten, um sie Unterhalt der Familie bereitete der jungen Frau extrem später zu veröffentlichen, sei es im AWO-Maga- hohe Sorgen. Allein auf sich gestellt, schleppte Maria zin, in einer Ausstellung oder auch in einer ei- acht bis zehn Stunden am Tag bei der Baywa Kohlen, genen Broschüre. Wir freuen uns über jede Un- während die Schwestern von Maria Stern ihre Kinder terstützung! betreuten. Bürgermeister Hausmann ist es zu verdan- WIR • Das Magazin der AWO Bayern 17
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