2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK

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2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
JA H R ES
                                          BERICHT
                                          2020

BERLINER MISSIONSWERK
Ökumenisches Zentrum ​​
für die Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-​
schlesische Oberlausitz
und die Ev. Landeskirche Anhalts
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
INHALT

                                           UNSERE AUSLANDSARBEIT

 Jahresbericht                             18 Partnerkirchen

                                           20 Nahost

 2020                                      21   Ev.-luth. Kirche in Jordanien
                                                und im Heiligen Land
                                           22   Bildungszentrum Talitha Kumi
                                           24 Jerusalemsverein
                                           25   Koptisch Evangelische Kirche von Ägypten/
                                                Nilsynode
                                           25   Ökumenisches Begleitprogramm in Palästina
                                                und Israel

                                           26   Afrika
                                           27   Ev.-luth. Kirche in Tansania
                                           28   Ev.-luth. Kirche im Südlichen Afrika
                                           30   Äthiopische Ev. Kirche Mekane Yesus
 2 	Inhalt
                                           32   Begegnungen 2020
 4    Was ist das Berliner Missionswerk?
                                           34   Kuba
 6    50 Jahre Freiwilligenprogramm
                                           34   Presbyt.-Ref. Kirche in Kuba

 8    Leitung
                                           36 Osteuropa
                                           37   Ev.-Augsburgische Kirche in Polen
 11 Verwaltung und Finanzen
                                           38   Ev.-luth. Kirche Europäisches
 13   Spenden und Kollekten
                                                Russland/Wolgagemeinden
 14   Finanzen auf einen Blick
                                           39   Ev. Kirche der Böhmischen Brüder
                                           39   Ev. Kirche A.B. in Rumänien
 16 Personen 2020
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
40 Westeuropa und Nordamerika                     63 Migration und Integration
41   Vereinigte Kirche Christi, USA               66   Flüchtlingskirche
41   Kirche von England
                                                  67 Kirchlicher Entwicklungsdienst
42   Schwedische Kirche
42   Vereinigte Prot. Kirche von Frankreich
                                                  70 Freiwilligenprogramm
                                                  71   Inwärts-Programm
43 Ostasien
                                                  72   Unsere Einsatzstellen
44   Presbyt. Kirche in der Republik Korea
45	Vereinigte Kirche Christi in Japan (Kyodan)
                                                  74 Gremien
46	Presbyt. Kirche in Taiwan
46   Chinesischer Christenrat                     76 AnsprechpartnerInnen

47 Indien                                         78 Aufbau
47   Ev.-luth. Gossner Kirche in Chotanagpur
     und Assam                                    79 Impressum

UNSERE INLANDSARBEIT

48 Arbeitsgebiete

50 Presse und Öffentlichkeitsarbeit

52 Ökumene vor Ort

54 Gemeindedienst
55   Partnerschaftsarbeit

56 	Missionarischer Dienst

59 	Interreligiöser Dialog

                                                                               Berliner Missionswerk   3
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
FRAGEN & ANTWORTEN
                                                                         Wie ist das Berliner Mis-
                                                                         sionswerk entstanden?
              Was macht das
              Missionswerk?                                                                      Das Berliner Missions-
                                                                                            werk ist hervorgegangen aus der
                                                                                      1824 gegründeten Berliner Missionsgesell-
                                                                                    schaft. In Folge der Teilung Deutschlands nach
                                                                                  dem Zweiten Weltkrieg entstanden in der DDR das
                      Als Ökumenisches Zentrum der
                                                                                 Ökumenisch-Missionarische Zentrum/Berliner Mis-
                 Evangelischen Kirche Berlin-Branden-
                                                                                  sionsgesellschaft (ÖMZ/BMG) und im Westen das
              burg-schlesische Oberlausitz und der Evange-
                                                                                     Berliner Missionswerk. 1992 vereinigten sich
            lischen Landeskirche Anhalts setzt sich das Berli-
                                                                                       diese Gesellschaften zum heutigen Ber-
            ner Missionswerk gemeinsam mit seinen Partnern
                                                                                                  liner Missionswerk.
                in aller Welt für Gerechtigkeit, Frieden und
               Bewahrung der Schöpfung ein. So stehen wir
                ein für ein lebendiges christliches Zeugnis
                     in ökumenischer Verbundenheit.
                                                                                        Wie entstehen
                                                                                        Partnerschaften?
       Wer sind die Partner des
       Berliner Missionswerkes?                                                                        Partnerschaft
                                                                                            entsteht und lebt durch Begegnung.
                                                                                      Manchmal entstehen Gemeindepartnerschaften
                                                                                    aus einzelnen Freundschaften, manchmal sucht eine
             Aus den alten Missionsgebieten der                                    Gemeinde oder ein Kirchenkreis der beiden Trägerkir-
          Berliner Mission in Südafrika, China und                                chen ganz gezielt nach einer Partnerschaft mit einer der
    Tansania sind eigenständige Kirchen geworden, die                             Partnerkirchen. Oder uns erreichen Anfragen aus unse-
  heute als Partnerkirchen gute Kontakte zum Berliner Mis-                         ren Partnerkirchen und wir versuchen, eine passende
 sionswerk pflegen. Dazu kamen nach dem Zweiten Weltkrieg                              Gemeinde oder einen Kirchenkreis in unseren
neue Partnerschaften mit weiteren Kirchen, sodass das Berliner                                   Trägerkirchen zu finden.
 Missionswerk heute lebendige Beziehungen zu evangelischen
Kirchen weltweit pflegt. Die Partnerschaften sind getragen von
  gegenseitigen Besuchen, Personalaustausch, Schulpartner-
schaften, der Unterstützung von Projekten der Partner und
        dem Ökumenischen Freiwilligenprogramm.
                                                                                                Finden heute
                                                                                                noch Missions-
                                                             1999 kehrte das Berliner           feste statt?
                                                           Missionswerk an seinen his-
                                                          torischen Ort zurück, in das –                              Seit
                                                      damals neu gestaltete – Missionshaus                       einigen Jahren
                                                      am Volkspark Friedrichshain. Dort ist                 feiern wir als Ökumeni-
                                                      es nun ein Teil des Evangelischen Zen-               sches Zentrum möglichst
                                                         trums der Evangelischen Kirche                   jährlich ein buntes Begeg-
                                                         Berlin-Brandenburg-schlesische                   nungsfest gemeinsam mit
                                                                  Oberlausitz.                                 jeweils einem Kir-
                  Wo hat das Berliner                                                                              chenkreis.

                  Missionswerk seinen Sitz?

        4    Jahresbericht 2020
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
Betreibt das Berliner                                     Wo kann ich mich über die
                     Missionswerk heute                                        Geschichte des Berliner
                     noch Mission?                                             Missionswerkes informieren?

                 Das Berliner Missions-
                                                                                     Im Haus der Berliner Mission
               werk weiß sich mit seinen
                                                                              gibt es eine dauerhafte Ausstellung, in der
          Partnern in aller Welt getragen von
                                                                          spannende Dokumente und Gegenstände aus den
      Gottes Kraft zur Veränderung und Erneue-
                                                                        Anfängen der Berliner Mission zu sehen sind. Diese ist
       rung, die aus der Versöhnung durch Jesus
                                                                      allen InteressentInnen zugänglich. Pfarrkonvente, Konfir-
     Christus erwächst. Deshalb stehen wir ein für
                                                                        mandInnen- und Gemeindegruppen führen wir gerne
    ein lebendiges christliches Zeugnis, das einlädt
                                                                         durch die Ausstellung. Auch unsere Bibliothek ist ein
      zum Dialog und mit dem wir das Verhältnis
                                                                           guter Ort, sich über Mission und das Missionswerk
         zu Mission und zu unserer Geschichte
                                                                                              zu informieren.
           immer wieder thematisieren und
                      reflektieren.

                                                                    Wie finanziert sich das
       Wie kann ich das                                             Berliner Missionswerk?
       Berliner Missions-
       werk unterstützen?                                                         Das Berliner Missionswerk
                                                                              erhält Zuweisungen aus kirchlichen
                                                                           Haushalten. Vor allem aber sind wir auf Spen-
                       Wir freuen uns                                      den und Kollekten angewiesen, um die Projekte
             über Spenden, die nötig sind, um                                 in den Partnerkirchen angemessen unter-
         Projekte in den Partnerkirchen zu fördern.                                        stützen zu können.
     Genauso wichtig wie die finanzielle Unterstützung
     ist es aber, dass Andere von unserer Arbeit erfahren
      und sich mit uns und unseren ökumenischen Part-
          nern für Gerechtigkeit, Bildung und Frieden
                engagieren. Sprechen Sie uns an!               Wer kontrolliert die
                                                               Finanzen des Berliner
   Wie bewerbe ich mich für                                    Missionswerkes?                                    Das Berliner
                                                                                                        Missionswerk unterliegt mit all sei-
   ein Freiwilligenjahr?                                                                       nen Einnahmen und Ausgaben den landeskirch-
                                                                                           lichen Bestimmungen zur Rechnungsprüfung und
                                                                                        wird daher jährlich geprüft. Darüber hinaus wird die
            Unser Ökumenisches Freiwilligenprogramm
                                                                                      ordnungsgemäße Verwendung der Kollekten gegenüber
          ist als Freiwilligendienst anerkannt und staatlich
                                                                                      dem Kollektenausschuss der Landessynode dokumen-
   gefördert. Es richtet sich an junge Menschen im Alter von 18 bis
                                                                                      tiert. Weiterhin achten wir durch ein Monitoring-Verfah-
 27 Jahren. Einmal im Jahr, im September, laden wir zu einem Info-Tag
                                                                                        ren sorgfältig darauf, dass die Projektgelder dort
ein, an dem die Einsatzstellen in unseren Partnerkirchen vorgestellt und
                                                                                          ankommen, wofür sie bestimmt sind. Die Verantwor-
Fragen zum Freiwilligendienst beantwortet werden. Danach können sich
                                                                                               tung gegenüber den Spenderinnen und Spen-
  Interessierte bewerben. Die Entsendung in das Freiwilligenjahr erfolgt
                                                                                                          dern nehmen wir sehr ernst.
   dann im darauf folgenden Sommer. Nähere Informationen, auch zu
      pandemiebedingten Änderungen, finden Sie unter www.berli-
                  ner-missionwerk.de/freiwilligenprogramm.                          Unsere
                                                                                Kontaktdaten
                                                                              finden Sie auf der
                                                                              Rückseite des Jah-
                                                                                 resberichtes.
                                                                                                           Berliner Missionswerk     5
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
50 Jahre
Freiwilligenprogramm

                                                                                     »      Das
                                                                                        Freiwilligen-­­­​­
                                                                                  programm des Berliner
                                                                                  Missionswerkes gehört
                                                                                    zu den Herzstücken
                                                                                   der gesamten Arbeit.
                                                                                    DR. CHRISTIAN STÄBLEIN
                                                                                            Bischof
          Zuhören: Louisa Braeuer 2012
                                         Bildung ist der Schlüssel. Car-
          mit Kindern in Talitha Kumi.
                                         lotta Wegener unter Olivenbäu-
                                         men im Heiligen Land.

»   Für nichts
  auf der Welt
würde ich dieses
                                                Eintauchen: Meike Waechter,
                                                1991/92 Freiwillige in Südafri-
                                                ka, wurde Teil einer Familie.
Jahr eintauschen
     wollen.
       PAULA OPEL
        ehemalige
    Tansania-Freiwillige

6    Jahresbericht 2020
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
Ohne Abstand: War 2014
                                                                                             auch nicht nötig.

Anerkennung: Die damalige Bundesbildungs-
                                               »      Für mich,
                                                für mein theolo-
                                                gisches Denken,
ministerin Annette Schavan besuchte 2010
die Freiwilligen in Talitha Kumi.            für mein Gebets- und
                                            Glaubensleben war das
                                                 Jahr in Tansania
                                              nachhaltig prägend.
                                                    CARSTEN BOLZ
                                                     Superintendent

                                                                       Julia Holtz, heute Superintendentin des Kirchen-
                                                                       kreises Hattingen-Witten, wurde 1992/93 in Talitha
                                                                       Kumi für ein Jahr zur Deutschlehrerin.

                                            Bleibend: Carsten Bolz, heute
                                             Superintendent von Char-
                                             lottenburg-Wilmersdorf,
                                             knüpfte 1986/87 in Tansania
                                             Freundschaften, die bis heute
                                             bestehen, wie beispielsweise
                                            zu Gaitan Nyondo.

                                                                                              Berliner Missionswerk         7
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
LEITUNG

Im Zeichen der Pandemie
            Das Jahr 2020 stand im Zeichen der Corona-Pandemie. Das wirkte sich
            auch auf die Arbeit des Berliner Missionswerkes aus. Vor allem die
            Menschen in den Ländern des globalen Südens waren betroffen: Für
            viele trat neben die Angst vor der Krankheit auch die Angst vor dem
            Hunger. Unser Werk war in dieser schwierigen Zeit an der Seite unse-
            rer weltweiten Partner.

                   Die fortdauernde Pandemie stellt das Berliner Mis-          Der Direktor hat in enger Zusammenarbeit mit
                   sionswerk in seiner Auslands- wie in seiner Inlands-   dem Präsidenten des Konsistoriums, dem Krisen-
                   arbeit vor erhebliche Herausforderungen. Für eine      stab, der im März eingesetzten Taskforce und dem
                   Institution, deren Unternehmensphilosophie die         Gesundheitsmanagement der EKBO das Hygiene-
                   Begegnung wie die Ermöglichung von Begegnung           konzept des Evangelischen Zentrums umgesetzt.
                   zwischen Menschen als ihr zentrales Anliegen           Dieses Konzept hat sich bewährt, hat sich doch seit
                   ansieht, bedeuten die fast völlig zum Erliegen         März 2020 nur eine Mitarbeiterin des Werkes –
                   gekommenen Reisemöglichkeiten eine erhebliche          außerhalb des Hauses – mit COVID-19 angesteckt.
                   Belastung. Die Beziehungen zu den Partnerkirchen       Sie hat die Krankheit gut überstanden und ist in den
                   können durch Videokonferenzen, E-Mails und Tele-       Dienst zurückgekehrt.
                   fonate zwar gewahrt, aber nicht in gleicher Ange-           Nun sehen wir hoffnungsvoll der weiteren Ent-
                   messenheit sichergestellt werden.                      wicklung entgegen: Im Anschluss an die laufenden
                       Allerdings hat die durch die verschiedenen Lock-   Impfkampagnen wird das Werk mittelfristig seine
                   downs erzwungene fortschreitende Digitalisierung       Aufgaben wieder in etwas gewohnterer Weise aus-
                   aller Bereiche der Arbeit des Werkes auch nicht zu     üben können.
                   unterschätzende Vorteile mit sich gebracht. Die             Im Missionsrat, dem Leitungsorgan des Berliner
                   gesamte Gremientätigkeit kann nun über Zoom-           Missionswerks, gab es personelle Veränderungen.
                   Konferenzen sichergestellt werden. Auch konnten in     Das Werk trauert um zwei Mitglieder, den früheren
                   Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung des Konsisto-      Synodenpräses der EKBO, Bürgermeister i. R. And-
                   riums der Evangelischen Kirche Berlin-Branden-         reas Böer, und Superintendentin i. R. Viola Kennert.
                   burg-schlesische Oberlausitz (EKBO) fast alle Mit-     Beide verstarben nach schwerer Krankheit. Sie hat-
                   arbeitenden des Hauses in den Stand gesetzt            ten über die Jahre hinweg bedeutenden Anteil an der
                   werden, über längere Strecken mobil zu arbeiten.       Arbeit und den Entscheidungen des Missionsrates.
                   Über Telefonumleitungen sind die Mitarbeitenden             Die Kirchenleitung der EKBO entsandte General-
                   weiterhin zu den gewohnten Zeiten erreichbar und       superintendentin Theresa Rinecker (Sprengel Gör-
                   ansprechbar.                                           litz) neu in den Missionsrat. Der Missionsrat berief
                                                                          zudem Superintendent Dr. Christian Nottmeier (Kir-

8   Jahresbericht 2020
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
chenkreis Neukölln) als Nachfolger von Viola Ken-       Für das Entsendejahr 2021/22 war der Andrang
nert. Zur neuen stellvertretenden Vorsitzenden          erneut groß. Auch die Gossner Mission beteiligt sich
wurde Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein          seit 2020 am Freiwilligenprogramm des Berliner Mis-
(Sprengel Berlin) gewählt. Generalsuperintendentin      sionswerkes: sowohl im Hinblick auf Inwärts- als
Heilgard Asmus (Sprengel Potsdam) und Julia Kahrl       auch auf Auswärtsentsendungen. Die Zusammen-
schieden aufgrund einer beruflichen Veränderung         arbeit des Werkes mit der Gossner Mission gestaltet
aus dem Missionsrat aus. Die Kirchenleitung ent-        sich insgesamt sehr erfreulich.
sandte daraufhin Superintendent Uwe Simon (Obe-             Auch auf das Öffentlichkeitsreferat kam mit
res Havelland); für Julia Kahrl wurde deren Kollegin    Beginn der Pandemie eine erhebliche Mehrbelas-
aus dem Auswärtigen Amt, Dr. Silke Lechner, nach-       tung zu. Denn der Ausfall an physischen Begegnun-
berufen. Der Dachverband der Evangelischen Mis-         gen mit in- und ausländischen Partnern und Part-
sionswerke, die Evangelische Mission Weltweit           nerkirchen sollte auf andere Art kompensiert
(EMW), entsandte für den verabschiedeten Direktor       werden. Verstärkte digitale Zusammenarbeit, Inten-
Christoph Anders den neuen Direktor Rainer Kiefer       sivierung der Online-Medien und eng getaktete
in den Missionsrat. Das Werk dankt allen scheiden-      Information unserer UnterstützerInnen – dies war
den Mitgliedern für ihre engagierte Arbeit.             das Gebot der Stunde. Das gelang aufgrund des gro-
     Im Berichtszeitraum waren vier Arbeitsbereiche     ßen Engagements des Öffentlichkeitsreferates sehr
des Werkes besonders in Anspruch genommen. Das          gut. Die digitalen Angebote wurden verstärkt und
Ökumenische Freiwilligenprogramm hatte sich dar-        diversifiziert, die Taktung der E-Mail-Newsletter
auf gefreut und vorbereitet, im Jahr 2020 sein          enorm erhöht. Das Werk intensivierte zudem sein
50-jähriges Bestehen zu feiern – doch bald war          Angebot auf YouTube.
abzusehen, dass das geplante Festwochenende                 Zur Öffentlichkeitsarbeit gehört auch das Fund-
einer mehrstündigen Zoom-Konferenz würde wei-           raising. Der für die Finanzen des Werkes gravierende
chen müssen. Zudem sahen sich die Mitarbeitenden        Ausfall vieler eingeplanter Kollekteneinnahmen
des Freiwilligenprogramms mit der Herausforde-          konnte dank der Unterstützung der Trägerkirchen
rung konfrontiert, die Pandemie-Entwicklung in den      und mit Hilfe zweier intensiv geführter Spenden-
Einsatzländern genau zu beobachten und zu analy-        kampagnen – einmal für Talitha Kumi, einmal für die
sieren. Dabei wurden sie von den zuständigen Län-       Corona-Nothilfe – weitgehend aufgefangen werden.
derreferentInnen und den VertreterInnen der Part-           Das Berliner Missionswerk setzt sich ein für Frie-
nerkirchen unterstützt. Schließlich trafen Leitung      den, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöp-
und Kollegium im März die Entscheidung, alle Aus-       fung. Das Schulzentrum Talitha Kumi in Palästina
wärtsfreiwilligen nach Deutschland zurückzuholen        und das Diakoniezentrum iThemba Labantu in Süd-
und die Inwärts-Freiwilligen in ihre jeweiligen Hei-    afrika verkörpern dieses Engagement in exemplari-
matländer reisen zu lassen. Dies war mit einem          scher Weise.
erheblichen logistischen Aufwand – und bei den              Unser Schulzentrum Talitha Kumi war durch die
jungen Leuten mit vielen Tränen – verbunden. Die        Pandemie besonders hart getroffen. Über etliche
Verantwortung für Leib und Leben der Freiwilligen       Wochen fand der Unterricht online statt. Strecken-
gebot diese Entscheidung.                               weise musste der gesamte Schulcampus geschlossen
     Im Entsendungsjahr 2020/2021 konnten dann          werden. Das Gästehaus war gezwungen, weitgehend
wieder Freiwillige nach Großbritannien, Schweden,       seinen Betrieb einzustellen. Gleiches gilt für das für
Italien, Rumänien und Taiwan entsandt werden. Ein       Talitha Kumi so wichtige Mädcheninternat. Denn
Inwärts-Freiwilliger aus Schweden ist zurzeit in Ber-   Elternbeiträge gingen nicht mehr in ausreichender
lin tätig. Weitere geplante Entsendungen mussten        Höhe ein. Es waren nur noch wenige Mädchen im
jedoch abgesagt werden. Wir freuen uns deshalb          Internat, und die Erzieherinnen konnten aufgrund
ganz besonders, dass das grundsätzliche Interesse an    des Lockdowns nicht vor Ort sein.
unserem Freiwilligenprogramm ungebrochen ist:

                                                                                                        Berliner Missionswerk   9
2020 BERICHT - BERLINER MISSIONSWERK
In der Folge hat der Direktor des Missionswerkes   der die Grundversorgung der Menschen erheblich
                    die Genehmigung des Haushaltes 2020/2021 mit            erschwert.
                    einem Einstellungsstopp für lokale Kräfte verbun-           Erfreulich ist dagegen, wie es Taiwan und die
                    den. Etliche MitarbeiterInnen von Gästehaus und         Partnerkirche Presbyterian Church in Taiwan (PCT)
                    Internat mussten in unbezahlten Urlaub gehen,           geschafft haben, die Pandemie erfolgreich einzu-
                    denn das palästinensische Arbeitsrecht bietet keine     dämmen. Taiwan ist hier weltweit führend. Das gibt
                    andere Möglichkeit, um Entlassungen zu verhindern.      der Freiwilligenentsendung nach Kaohsiung, die das
                         Dass die Arbeit der Schule, des Community Col-     Werk seit Jahren durchführt, gegenwärtig eine
                    lege und der Kindertagesstätte fortgeführt werden       besondere Sicherheit und Strahlkraft.
                    konnte, ist zum einen dem großen Engagement des             Weitere Themen begleiteten das Missionswerk
                    Schulleiters Matthias Wolf und seines Stabes zu ver-    durchs Jahr. Dazu gehörte das Impulspapier zum
                    danken. Zum anderen hat das Deutsche Auswärtige         Thema Mission. Dieses wurde vom Direktor gemein-
                    Amt über seine Zentralstelle für das Deutsche Aus-      sam mit Pfarrerin Michaela Fröhling nach Abstim-
                    landsschulwesen geholfen, das im Bereich der            mung mit den Synodalausschüssen – federführend
                    Schule entstandene Defizit mit großzügiger Bezu-        war der Ökumeneausschuss – und dem Beirat Mis-
                    schussung fürs Erste aufzufangen. Zudem wurde von       sionarischer Dienst der Herbstsynode der EKBO vor-
                    Seiten der Zentralstelle ein Bauzuschuss in erheb-      gelegt. Es wurde von der Landessynode gewürdigt,
                    licher Größenordnung gewährt, der das Werk bei der      einstimmig angenommen und bekannt gemacht. Es
                    Modernisierung des Campus wesentlich unterstützt.       soll der Selbstvergewisserung der EKBO im Blick auf
                    Dafür gebührt dem Auswärtigen Amt großer Dank.          ihre Mission dienen und macht praktische Vor-
                    Das Werk freut sich darüber, dass mit Brot für die      schläge für die missionarische Arbeit der Gemein-
                    Welt ein Unterstützungsvertrag ausgehandelt werden      den, Werke und Kirchenkreise.
                    konnte, der eine Laufzeit von drei Jahren hat.              Ein gegenwärtig auch in der Öffentlichkeit stark
                         In Südafrika konnte die Pandemie anfangs mit       diskutiertes Thema ist die Frage nach der Aufarbei-
                    rigorosen Maßnahmen weitgehend erfolgreich              tung rassistischer, antisemitischer und antimuslimi-
                    bekämpft werden. Doch inzwischen greifen die            scher Tendenzen. Hier bringt das Missionswerk seine
                    Infektionen aufgrund einer Mutation des Virus stark     Kompetenzen in Abstimmung mit seinen Partnern
                    um sich. Das Diakoniezentrum iThemba Labantu            ein. Ein weiteres Themenfeld ist die Frage nach dem
                    musste zunächst schließen, konnte aber später           Verhältnis von Kolonialismus und Mission. Der
                    einige seiner für Kapstadt so wichtigen Tätigkeiten     Direktor hat sich in verschiedenen Interviews zu die-
                    wieder aufnehmen. Hierfür gebührt Pfarrer Otto          ser Frage geäußert. Dabei geht es vor allem darum,
                    Kohlstock, der vom Berliner Missionswerk beauftragt     dass die Stimme der Partnerkirchen in der europäi-
                    ist, wie auch seinen MitarbeiterInnen großer Dank.      schen Debatte auch wahrgenommen wird. Es han-
                    Otto Kohlstock hat das Diakoniezentrum aufgebaut,       delt sich weiterhin darum, die Einsicht in den Dis-
                    stetig erweitert und führt es erfolgreich bis heute.    kurs einzutragen, dass Mission und Kolonialismus
                         Anlass zu besonderer Sorge gibt die Entwicklung    nicht einfach als zwei Seiten derselben Medaille
                    in Äthiopien, wo zurzeit faktisch ein Bürgerkrieg       betrachtet werden können.
                    herrscht, der die begonnene Demokratisierung des            Die Mission des Werkes in ihren verschiedenen
                    Landes nicht fördert und die Zusammenarbeit mit         Ausprägungen – Südliches Afrika, Ostafrika, China
                    der Partnerkirche Mekane Yesus stark erschwert.         – soll selbstkritisch, transparent und differenziert
                    Schwierig ist auch die Situation in Kuba. Dieses Land   betrachtet werden. In diesem Zusammenhang wird
                    leidet unter dem Wirtschaftsboykott durch die USA,      auch das kleine Missionsmuseum im Haus überar-
                                                                            beitet. Der Missionsbegriff des Werkes ist vom Ver-
                                                                            ständnis der missio Dei geleitet. Auf den Begriff der
               Dr. Christof Theilemann                                      Mission kann das Werk also nicht verzichten.
               Direktor

                  030 24344 -152     c.theilemann@bmw.ekbo.de

10   Jahresbericht 2020
VERWALTUNG UND FINANZEN

Drei Quellen
Verwaltung und Finanzen

             Wie in allen anderen Bereichen des Lebens und der Arbeits-
             welt hat die Corona-Pandemie auch in der Arbeit der Ver-
             waltung des Berliner Missionswerkes und in den Finanzen des
             Werkes seine Spuren hinterlassen. Trotzdem hat das Werk
             seine Aufgaben wahrnehmen können: Die Grundlage hierfür
             bildeten die sich aus den drei Quellen – kirchensteuerfinan-
             zierte landeskirchliche Zuweisungen, Spenden und Kollekten
             sowie selbsterwirtschaftete Einnahmen und Drittmittel -
             speisenden Einnahmen des Werkes. Wie in den letzten Jahren
             haben die drei Quellen auch im zurückliegenden Jahr jeweils
             in etwa gleichem Umfang zur Finanzierung der Arbeit des
             Werkes beigetragen. Daher konnte das Werk trotz der außer-
             gewöhnlichen Rahmenbedingungen auch im Jahr 2020 vieles
             realisieren, was gut, sinnvoll und wünschenswert war.

Begleitung und Beratung leistete auch 2020 der         den laufenden Einnahmen 2020 im Bereich der
Finanzschuss des Missionsrates, dem Dr. Reinhard       zweckgebundenen Zuweisungen ergebenden Ver-
Richter als Vorsitzender sowie Julia Kahrl, Jan Dre-   änderungen gegenüber dem Vorjahr ihre Ursache
her und Superintendent Hans-Georg Furian als wei-      im Wesentlichen in der im Berichtsteil der Leitung
tere Mitglieder angehörten. Beratend wurde der         bereits genannten Unterstützung der Zentralstelle
Finanzausschuss darüber hinaus durch den ehema-        für das Auslandsschulwesen für Talitha Kumi haben.
ligen Direktor des Werkes, Roland Herpich, unter-      Im Übrigen lässt ein Vergleich der grafischen Dar-
stützt. Mit der bereits im Berichtsteil der Leitung    stellungen der Einnahmen und der Ausgaben 2020
erwähnten beruflichen Veränderung von Frau Kahrl       mit denen des Vorjahres erkennen, dass die Turbu-
war auch deren Ausscheiden aus dem Finanzaus-          lenzen des vergangenen Jahres bei einer Gesamt-
schuss verbunden.                                      schau auf die Relation der verschiedenen Einnah-
    Der für die finanzielle Unterstützung der Schule   mearten und auf die Relation der einzelnen
Talitha Kumi maßgebliche Wechselkurs des Euro          Ausgabenbereiche zueinander keine gravierenden
gegenüber dem Israelischen Schekel (NIS) ist im        Auswirkungen hatten. Dies, obwohl die Einflüsse im
vergangenen Jahr weiter gefallen. Der Wert lag mit     Detail oft recht erheblich waren. So gingen bei-
einem durchschnittlichen Wechselkurs von 3,9258        spielsweise die im Zusammenhang mit den regel-
NIS/1,00 Euro 2020 erneut um rund 1,6 Prozent          mäßigen Begegnungen mit den Partnern und der
unter dem des Vorjahres. Daher zeichnet sich auch      Ermöglichung der Begegnung der Menschen welt-
weiterhin keine Entspannung hinsichtlich der           weit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen
Finanzierung des Bildungszentrums ab.                  um mehr als 60 Prozent zurück. Im Gegenzug stie-
    Im Hinblick auf die grafische Darstellung der      gen beispielsweise die Aufwendungen im Zusam-
Einnahmen ist darauf hinzuweisen, dass die sich bei

                                                                                                   Berliner Missionswerk   11
menhang mit der Unterstützung der Partner bei der      arbeiters in der Spendenbuchhaltung dessen Stelle
                     Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie an.         neu zu besetzen sowie die durch einen internen
                         Das Spenden- und Kollektenaufkommen des            Stellenwechsel frei gewordene Sekretariatsstelle im
                     Berliner Missionswerkes hatte im vergangenen Jahr      Afrikareferat.
                     ein Gesamtvolumen von rund 1,826 Mio. Euro und             Pandemiebedingt musste die Landeskirchliche
                     lag damit um 3,25 Prozent (rund 58.000 Euro) über      Bibliothek ab Mitte März für externe BesucherInnen
                     dem des Vorjahres. Eine nähere Analyse dieses          geschlossen werden. Dieser Nutzerkreis wird nun
                     Ergebnisses zeigt, dass das Werk 2020 auf der einen    mit Scans und – in begrenztem Maße – durch Buch-
                     Seite einen nicht unerheblichen Anstieg insbeson-      versände betreut. Weiterhin steht die Bibliothek den
                     dere der Einzelspenden und zu einem geringen Teil      Mitarbeitenden des Evangelischen Zentrums und in
                     auch der freien Kollekten (zusammen rund 239.000       Absprache mit der Ausbildungsabteilung auch den
                     Euro/16,66 Prozent) verzeichnen konnte, während        Vikarinnen und Vikaren zur Verfügung. Die bereits
                     hinsichtlich der amtlichen Kollekten ein Rückgang      Ende 2019 mit dem Theologischen Studienzentrum
                     von rund 181.000 Euro (53,31 Prozent) zu verzeich-     Berlin mit dem Ziel einer engen gemeinsamen
                     nen war. Der erfreulich hohe Anstieg insbesondere      Zusammenarbeit aufgenommenen Gespräche kön-
                     der Einzelspenden beruhte im Wesentlichen auf          nen voraussichtlich Anfang 2021 mit dem Beitritt
                     Spendenaufrufen zur Unterstützung der Partner zur      des Studienzentrums zur Landeskirchlichen Biblio-
                     Bekämpfung der pandemiebedingten Notsituatio-          thek erfolgreich abgeschlossen werden.
                     nen. Der massive Rückgang der amtlichen Kollekten          Im zurückliegenden Jahr konnten im Bereich der
                     betraf sowohl die der EKBO für die beim Berliner       Missionsbibliothek 40 Printtitel neu erworben werden.
                     Missionswerk angesiedelten landeskirchlichen           Ferner wurden 216 Schenkungen in den Katalog ein-
                     Arbeitsbereiche (Interreligiöser Dialog, Missionari-   gearbeitet und 856 Titel aus dem Altbestand elektro-
                     sche Dienste etc.), als auch die landeskirchlichen     nisch erfasst. Außerdem wurden 24 weitere E-Books
                     Kollekten für die Unterstützung der und die Zusam-     lizensiert. Im Bereich der Zentralbibliothek konnten
                     menarbeit mit den Partnern in Übersee. Im Bereich      164 Titel neu erworben werden. Zusätzlich wurden 245
                     der Nahost-Arbeit, für den auch außerhalb der          Schenkungen eingearbeitet. Außerdem wurden 148
                     EKBO landeskirchliche Kollekten gesammelt wer-         weitere E-Books lizensiert. Der Gesamtkatalog ver-
                     den, betraf dies auch die Kollekten der anderen Lan-   zeichnet aktuell 78.437 Titeldatensätze, von denen
                     deskirchen, insbesondere die der Evangelischen Kir-    35.089 auf den Bereich der Missionsbibliothek und
                     che im Rheinland. Ursächlich hierfür war die           43.348 auf den Bereich der Zentralbibliothek entfallen.
                     Tatsache, dass pandemiebedingt über einen länge-           Die mit Mitteln des Bundesamtes für Bevölke-
                     ren Zeitraum keine oder nur sehr eingeschränkt Prä-    rungsschutz und Katastrophenhilfe finanzierte Mik-
                     senzgottesdienste gefeiert werden konnten. Dan-        roverfilmung des Archivbestandes der Berliner Mis-
                     kenswerterweise hat die EKBO aus Nothilfemitteln       sion ist auch in diesem Jahr weiter vorangeschritten,
                     großzügige Unterstützung für die Arbeitsbereiche       sodass sukzessive weitere Teile des Archivbestandes
                     Talitha Kumi, den Interreligiösen Dialog und den       digitalisiert und im Internet weltweit zur Nutzung
                     Missionarischen Dienst zur Verfügung gestellt.         bereitgestellt werden können.
                         Im vergangenen Jahr waren verschiedene perso-
                     nelle Veränderungen im Werk zu verzeichnen. U. a.
                     war durch das altersbedingte Ausscheiden des Mit-

               Rolf-Peter Wiegand
               Leiter der Verwaltungsabteilung

                  030 24344 -179     r.wiegand@bmw.ekbo.de

12   Jahresbericht 2020
Super-Spendenjahr ermöglicht Hilfe weltweit
Spenden und Kollekten

              Das Berliner Missionswerk schaut erneut auf ein außeror-
              dentlich gutes Spendenjahr zurück: Rund 1.522.000 Euro an
              Einzelspenden gingen ein. Somit konnte in diesem Bereich
              ein Plus von 15,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erzielt
              werden.

Während die langjährigen UnterstützerInnen im             Partner in ihrem Kampf gegen die Pandemie ganz kon-
Jahr 2020 dem Berliner Missionswerk also erneut ihr       kret unterstützen: Das diakonische Zentrum iThemba
Vertrauen aussprachen, beklagt das Werk gleichzei-        Labantu in Südafrika half notleidenden Familien mit
tig Rückgänge bei den amtlichen Kollekten. »Vor           Lebensmittelgutscheinen; die äthiopische Partnerkir-
allem die Absage der Gottesdienste im Frühjahr hat        che half ebenfalls mit Lebensmitteln und zudem beim
zu starken Verlusten für uns geführt«, so Dr. Christof    Wiederaufbau von Häusern. Denn Hunderte Familien
Theilemann. Zum Teil seien diese ausgefallenen            in Äthiopien waren nicht nur von Corona, sondern
Kollekten dankenswerterweise von der EKBO kom-            auch von Überflutungen betroffen und mussten
pensiert worden.                                          zudem gegen eine Heuschrecken-Plage ankämpfen.
    Besonders dramatisch war die Situation im Schul-          Finanziell unterstützt wurden auch die Partner-
zentrum Talitha Kumi im Heiligen Land, das vom Ber-       gemeinden an der Wolga sowie die Partnerkirchen in
liner Missionswerk getragen wird. Zwar stellten die Ev.   Tansania und Kuba. Neben dem Kampf gegen Krank-
Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz         heit und Hunger in Folge der Pandemie konnte das
und das Auswärtige Amt zusätzliche Mittel zur Verfü-      Berliner Missionswerk weitere Vorhaben aus Spen-
gung. Doch brachen in Talitha Kumi die Einnahmen          denmitteln unterstützen, etwa in Äthiopien, Tansania
komplett weg, da das zugehörige Gästehaus wegen des       und im Heiligen Land. Erfolgreiche Fundraising-Inst-
Lockdowns schließen musste und zudem viele Eltern         rumente neben den Bittbriefen sind hier vor allem
die Schulgebühren für ihre Kinder nicht mehr bezah-       der Projektkalender und natürlich das Patenschafts-
len konnten. In dieser Situation startete das Berliner    programm. »Gemeinsam mit unseren Partnern vor
Missionswerk zu Ostern eine Spendenkampagne für           Ort konnten wir an vielen Stellen schnell und gezielt
das Schulzentrum, die mit einem Spendeneingang von        helfen«, betont Direktor Dr. Theilemann. »Dies ver-
rund 185.000 Euro äußerst erfolgreich verlief.            danken wir vor allem der großen Solidarität unserer
    Erstmals warb das Werk im Zuge dieser Kampa-          Unterstützerinnen und Unterstützer. Herzlichen
gne auch auf der Spendenplattform betterplace.org         Dank!«
um Unterstützung: 5250 Euro gingen hier für Talitha
Kumi ein – spontan gespendet von Neu-Unterstützer­
Innen. Auch das bewährte Fundraising-Instrument
des Spendenbittbriefes war im Advent dem Schulzen-
trum gewidmet: Weitere 55.700 Euro kamen auf die-
sem Weg zusammen.                                                         Jutta Klimmt
    Für den Corona-Nothilfefonds des Werkes gingen                        Leiterin des Öffentlichkeitsreferates
zudem bis Ende des Jahres Spenden in Höhe von rund
56.000 Euro ein. So konnte das Werk seine weltweiten                         030 24344 -5753      j.klimmt@bmw.ekbo.de

                                                                                                          Berliner Missionswerk   13
Vermögenswirksame        Jahresabschluss
  FINANZEN AUF EINEN BLICK                                                                 Einnahmen                114.326 €         Erbschaften und
                                                                                           344.444 €                                  Vermächtnisse
                                                                                                                                      19.811 €
                                                                          Einnahmen aus
                                                                    Vermögen, Verwaltung
                                                                                                                                                     Spenden und
                                                                              und Betrieb
                                                                                                                                                     Kollekten
                                                                               540.560 €
                                                                                                                                                     1.768.283 €

                   Laufende Einnahmen
                   Gesamt 5.078.190 €                                                                           2019
                                                                           Zweckgebundene
                                                                       Zuweisungen aus dem
                                                                             kirchlichen und
                                                                                                                                                 Allgemeine Haushalts-
                                                                         staatlichen Bereich
                                                                                                                                                 zuweisungen der
                                                                                  715.202 €                                                      Trägerkirchen
                                                                                                                                                 1.575.564 €

                                               Wolga-Partner-
                                               schaft/Osteuropa Interreligiöser
                  Missionarischer Dienst                        Dialog
                                               44.489 €
                               50.993 €                         19.922 €            Kuba
                                                                                    14.376 €
Ökumenische Begegnungen
                                                                                                    Ostasien
                51.128 €
                                                                                                    9.464 €
             Migration/Integration
                          72.067 €                                                         Grenzüberschreitende
                                                                                           Ökumene/Osteuropa
            Südliches Afrika                                                               4.890 €
                   75.572 €

                                                   2019
                   Tansania
                  124.568 €                                                                   Nahost
                                                                                                               Spenden und Kollekten
                                                                                             918.384 €         Gesamt 1.768.282 €
              Allgemeine Projekte
  (einschl. Kollekten und Beiträge
          der Trägerkreise für das
            Freiwilligenprogramm)
                         184.133 €

                   Äthiopien/Horn von Afrika
                                  198.296 €

                                                                                                        Tansania             Südliches Afrika
                                                                                                        123.363 €            115.477 €
                                                                                                                                        Wolgaarbeit/
                                                                   Kirchlicher Entwicklungsdienst                                       Osteuropa
                                                                                        133.498 €                                       55.519 €
                                                        Äthiopien/Horn von Afrika                                                                       Kuba
                                                                       201.349 €                                                                        31.727 €
                                                                                                                                          Ostasien
                                                                                                                                          6.687 €
                                                            Personalausgaben Übersee
                               (Afrika, Nahost, Kuba, Ostasien, West- u. Osteuropa etc.)
                                                                              243.973 €

                                                              Ökumene/Migration und

                                                                                                               2019
                                                            Integration/Internationale                                                               Inland
Laufende Ausgaben                                          Gemeinden/Missionarischer                                                                 2.398.572 €
                                                          Dienst/Interreligiöser Dialog
Gesamt 5.078.191 €                                                           536.301 €

                                                                                          Nahost
                                                                                 (einschl. Schule
                                                                                    Talitha Kumi)
  14   Jahresbericht 2020                                                            1.231.725 €
Vermögenswirksame
                                                                                                                     Einnahmen
                                                                                            Jahresabschluss          151.633 €
                                                                                            229.557 €                                        Erbschaften und
                                                                                                                                             Vermächtnisse
                                                                                                                                             45.741 €
                                                                                   Einnahmen aus
                                                                             Vermögen, Verwaltung                                                       Spenden und
                                                                                       und Betrieb                                                      Kollekten
                                                                                        546.556 €                                                       1.825.817 €

                         Laufende Einnahmen
                         Gesamt 5.922.092 €                                                                         2020
                                                                                  Zweckgebundene
                                                                               Zuweisungen aus dem
                                                                                 kirchlichen Bereich                                                  Allgemeine Haushalts-
                                                                                                                                                      zuweisungen der
                                                                                         1.357.148 €                                                  Trägerkirchen
                                                                                                                                                      1.765.640 €

                                                      Migration/
                                   Kuba                               Missionarischer Dienst
                                                     Integration
                                   25.653 €                           12.610 €           Interreligiöser
                                                        13.741 €
                  Wolga-Partner-                                                          Dialog
                schaft/Osteuropa                                                          6.317 €
                        29.128 €                                                                       Ostasien
Ökumenische Begegnungen                                                                                3.607 €
                30.500 €
                                                                                                Grenzüberschreitende
     Südliches Afrika                                                                           Ökumene/Osteuropa
           111.506 €                                                                            1.742 €

                   Tansania

                                                        2020
                  112.911 €
                                                                                                                         Spenden und Kollekten
            Allgemeine Projekte
                                                                                                                         Gesamt 1.825.816 €
(einschl. Kollekten und Beiträge
        der Trägerkreise für das                                                                           Nahost
          Freiwilligenprogramm)                                                                            1.077.664 €
                       197.201 €

                    Äthiopien/Horn von Afrika
                                   203.236 €

                                                                                              Kirchlicher Entwicklungsdienst     Tansania
                                                                                                                   128.400 €     114.248 €
                                                                                                                                                   Wolgaarbeit/
                                                                                           Südliches Afrika                                        Osteuropa
                                                                                                 134.490 €                                         48.927 €
                                                            Äthiopien/Horn von Afrika                                                                       Kuba
                                                                           190.099 €                                                                        45.794 €
                                                                                                                                                Ostasien
                                                                                                                                                3.095 €
                                                           Personalausgaben Übersee
                              (Afrika, Nahost, Kuba, Ostasien, West- u. Osteuropa etc.)
                                                                             250.982 €

                                                                  Ökumene/Migration und                                                                  Inland

     Laufende Ausgaben
                                                                                                                   2020
                                                                Integration/Internationale                                                               2.595.089 €
                                                               Gemeinden/Missionarischer
                                                              Dienst/Interreligiöser Dialog
     Gesamt 5.922.091 €                                                          506.770 €

                                                                                          Nahost
                                                                                 (einschl. Schule
                                                                                    Talitha Kumi)
                                                                                     1.904.197 €                                                               15
Personen                »    Das Leben ist

2020                      stärker. Gott ruft
                           uns zu: Du wirst
                         leben. Du wirst frei
                                sein.
                         DR. CHRISTIAN STÄBLEIN
                                 Bischof

                             Not an der Wolga.
                             In der Pandemie      Sineat Simeon, angehende Theologin der äthio-
                             sind viele Gemein-   pischen Partnerkirche. Dank der Unterstützung
                             demitglieder für     des Kirchenkreises Berlin Nord-Ost konnte sie ihr
                             jede Unterstützung   Studium fortsetzen und steht nun kurz vor dem
                             dankbar.             Abschluss – trotz der Pandemie.

            »     Dies ist eine
              herausfordernde
           Zeit für jede Familie,
         für jede Kirche, für jedes
         Land. Und doch hat Gott
              nicht aufgehört,
               die Schöpfung
                 zu lieben.
                DR. IBRAHIM AZAR
                      Bischof
                                                             Predigt zu Epiphanias: Bi-
                                                             schof Dr. Christian Stäblein
                                                             auf der Schlüter-Kanzel der
        Die Kirchenälteste Tekla                             Marienkirche.
        Michel aus Büppel bei Olden-
       burg nähte Masken, als sie
              knapp waren – und der
                Erlös kam Talitha
                       Kumi zugute.

                                                                     Neu im Missionsrat: Rainer Kie-
                                                                     fer, Dr. Silke Lechner, Dr. Chris-
                                                                     tian Nottmeier (Foto), Theresa
                                                                     Rinecker und Uwe Simon.

16
Frische Diakonin: Xenia Felmy, 2012/13
als Freiwillige im Kindergarten Seshego
(Südafrika) im Einsatz, vor der St. An-
nen-Kirche in Zepernick, Kirchenkreis
Barnim.
                                                        »Indien hat mich schon immer fasziniert«, sagt Ulrike Trautwein. 2020
                                                        wurde die Berliner Generalsuperintendentin zur stellvertretenden Vor-
                                                        sitzenden des Missionsrates gewählt und außerdem zur Vorsitzenden des

                                                                »
                                                        neugegründeten Indien-Netzwerkes der EKBO.

                                                                       Ich bin sehr
                                                               beeindruckt davon,
                                                             wie sich die Christinnen
                                                            und Christen in Indien im
                                                           hinduistischen Umfeld be-
                                                            haupten und sich gegen-
                                                                  seitig stärken.
                                                                  ULRIKE TRAUTWEIN
                                 Joyce Ngandano leitet seit      Generalsuperintendentin
                               2016 das Huruma-Center in
                              Iringa/Tansania. Hier finden
                             Straßenkinder ein sicheres
                            Zuhause – und Freiwillige des
                            Berliner Missionswerkes einen
                            wichtigen Einsatzort. 2020 muss-
                            ten sie wegen Corona vorzeitig
                                                                                           Stolz auf ihr Diplom: Ljudmila Her-
                            abreisen: »Wir vermissen sie
                                                                                           nandez, Pfarrerin der kubanischen
                            sehr«, sagt Joyce Ngandano.
                                                                                           Partnerkirche, lernt Deutsch, um die
                                                                                           Partnerschaft voranzutreiben. Für ihren
                                                                                           Erfolg hat das Goethe-Institut ihr nun
                                                                                           ein Stipendium angeboten.

                                                                          Christine Bruns war 1979/80
                                                                          eine der ersten Freiwilligen in
                                                                          Talitha Kumi – und erzählt bis
                                                                          heute mit großer Begeisterung
                                                                          von dieser Zeit.

                                                                                                       Berliner Missionswerk     17
Partnerkirchen
                                                                          Schwedische Kirche

                                                              Kirche von England

                          Vereinigte Kirche     Vereinigte Protestanti-
                          Christi, USA          sche Kirche von Frankreich

                                                            Evangelisch-
                                                            Lutherische
                                                            Kirche in Italien

                                                                                   Koptische Evan
                                                                                   Kirche von Ägy
                                                                                   Nilsynode

                           Presbyterianisch-​
                           Reformierte
                           Kirche in Kuba

18   Jahresbericht 2020
Ev. Kirche der Böhmischen
                                     Brüder in Tschechien
      Ev. Kirche Augsburger
      Bekenntnisses in Polen

                                                                        Chinesischer Christenrat

                                                                                          Presbyterianische
                                                                                          Kirche in der
                     Ev. Kirche Augsburger                                                Republik Korea
                     Bekenntnisses in Rumänien

                                        Ev.-Luth. Kirche Europäisches
                                        Russland/Wolgagemeinden

                                                                                                   Vereinigte Kirche
                                                                                                   Christi in Japan
                                      Ev.-Luth. Kirche                                             (Kyodan)
                                      in Jordanien und
                                      im Heiligen Land

                                                                                              Presbyterianische
                                                                                              Kirche in Taiwan

ngelische
ypten/
                                                                                       Ev.-Luth. Gossner Kirche in
                                                                                       Chotanagpur und Assam

                                    Äthiopische Evangelische
                                    Kirche Mekane Yesus

                                  Ev.-Luth. Kirche
                                  in Tansania

                                                           BERLINER MISSIONSWERK
                         Ev.-Luth. Kirche
                         im Südlichen
                         Afrika
                                                           Ökumenisches Zentrum ​​
                                                           für die Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-​
                                                           schlesische Oberlausitz und
                                                           die Ev. Landeskirche Anhalts

                                                                                             Berliner Missionswerk   19
NAHOST

Fest im Griff
Nahost

     Der Arbeitsbereich Nahost war im
     Berichtsjahr fest im Griff von COVID-
     19. Das gilt sowohl für unsere Part-
     ner in den nahöstlichen Ländern, als
     auch für die Unterstützungsarbeit
     in Deutschland. Besuchsreisen, die
     für eine lebendige Partnerschaft
     wichtig sind, sind seit dem Früh-
     jahr 2020 nicht mehr möglich. Als
     Einschränkung kommt hinzu, dass
     der Referent krankheitsbedingt ab
     Ende Oktober länger ausgefallen ist
     bzw. nur eingeschränkt tätig werden
     konnte.

                     Seit Anfang März 2020 ringen Israel/Palästina wie     schen Generation: Auch in Israel dauert der Kampf
                     auch Jordanien und Ägypten mit der Pandemie. Die      gegen die Pandemie an.
                     israelische Regierung, die Palästinensischen Auto-        In den palästinensischen Autonomiegebieten, in
                     nomiebehörden, die ägyptische Regierung und die       Ägypten und auch in Jordanien ist der Mangel an
                     Führung im haschemitischen Königreich gehen           Impfstoff die größte Herausforderung. Hinzu kom-
                     dabei unterschiedlich mit Einschränkungen und fol-    men organisatorische Schwächen, Impfskepsis und
                     genden Lockerungen um. Israel wird aufgrund sei-      Unkenntnis. All dies ergibt eine gefährliche Mixtur;
                     ner bisher außerordentlich guten Impfquote welt-      eine Gemengelage, die sich leider oft weltweit fin-
                     weit bewundert – doch andere Aspekte der              det. An dieser Stelle ist es wichtig, daran zu erin-
                     Pandemie zeigen, dass auch Israel die Seuche längst   nern, dass eine Pandemie nicht überwunden wer-
                     nicht überwunden hat. Ob nun die Missachtung von      den kann, indem einzelne Länder oder Regionen die
                     Gesundheitsregeln durch ultraorthodoxe Israelis,      Infektionen weitestgehend in den Griff bekommen:
                     die deutliche Impfskepsis unter arabischen Israelis   Das Virus kennt keine Grenzen.
                     oder die Impfmüdigkeit unter der jungen israeli-

                Jens Nieper
                Nahostreferent und Geschäftsführer des Jerusalemsvereins

                   030 24344 -196     j.nieper@bmw.ekbo.de

20    Jahresbericht 2020
Pandemie verschärft Spannungen
Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien
und im Heiligen Land (ELCJHL) ist vornehmlich im
Westjordanland tätig. Neben den Gemeinden in                                                                     Gespräch unter
Amman und in Ostjerusalem gibt es noch einzelne                                                                  Freunden: Bischof
Gemeindeglieder, die in Israel leben; die Arbeit kon-                                                            Ibrahim Azar trifft
zentriert sich jedoch auf Ramallah, Bethlehem, Beit                                                              im Januar 2020 die
Jala und Beit Sahour.                                                                                            TeilnehmerInnen
                                                                                                                 eine Studienreise
    Aus der ELCJHL wird darauf verwiesen, dass
                                                                                                                 nach Jerusalem –
Palästinenserinnen und Palästinenser eine doppelte                                                               organisiert vom
Ausgangssperre erleiden. Die Hygiene- und                                                                        Nahostreferat ge-
Gesundheitsregeln kommen zu den Einschränkun-                                                                    meinsam mit dem
gen, die das Leben der Menschen seit Jahrzehnten                                                                 Referat für Inter-
prägen. Der erste Lockdown im Frühjahr 2020                                                                      religiösen Dialog.
wurde von vielen Palästinensern noch diszipliniert
eingehalten: Lokale Abriegelungen, Ausgangssper-         dienste und andere geistliche Formate online anzu-
ren, Straßensperrungen und Sperrstunden sind             bieten.
schon lange Teil des Alltags. Mit der Zeit haben viele       Zu Beginn des Jahres trennte sich die ELCJHL im
Palästinenser aber ihr Verhalten geändert und zei-       Zwist von Pfarrer Samer Azar, der als Synodenpräsi-
gen sich zunehmend ignorant gegenüber dem                dent und Pfarrer in Amman wirkte. Pfarrer Imad
Infektionsrisiko. Aufgrund des nur rudimentär vor-       Haddad aus Ramallah wechselte in die jordanische
handenen Sozialsystems sind viele Menschen dar-          Hauptstadt und wurde im Herbst auch zum Syno-
auf angewiesen, durch tägliche Arbeit ihr tägliches      denpräsidenten gewählt. Rodny Said wurde im Juni
Brot zu verdienen. Dabei ist die wirtschaftlich weit-    ordiniert und hat die Gemeinde in Ramallah über-
gehend vom Tourismus abhängige Region um Beth-           nommen. Erfreulich: Sally Azar, die die erste ordi-
lehem besonders durch das Erliegen des Pilgerver-        nierte Pfarrerin aus den Reihen der ELCJHL werden
kehrs betroffen. Soziale Leistungen wie                  soll, hat im September ihr Gastvikariat in der Ev.
Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld gibt es nicht.       Landeskirche Anhalts aufgenommen.
Ein Krankenversicherungssystem existiert bisher
nur partiell. So wird von vielen versucht, auf Biegen
und Brechen Normalität und Alltag zu leben – mit-
unter werden dann sogar Infektionen verschwiegen.
Andere wiederum reagieren übervorsichtig, ja über-                                              6                        2.200
ängstlich. Diese Palästinenser verschanzen sich                                             Gemeinden       EVANGELICAL Mitglieder
daheim – und lassen ihre Kinder auch dann nicht                                                              LUTHERAN
                                                                                                             CHURCH IN
zur Schule, wenn dies möglich ist. Beide Haltungen                                                          JORDAN AND
führen nicht zu einem angemessenen Umgang mit                                                              THE HOLY LAND
der Pandemie sondern eher zu einem Riss durch die                                                                      seit
Gesellschaft. Und dieser setzt sich innerhalb der                                                                   1959/
Gemeinden der ELCJHL fort; das Gemeinde- wie
das übergemeindliche Leben der Kirche ist weitest-                                                  7               1977
                                                                                                Pastoren             Partner-
gehend zum Erliegen gekommen. Erfreulicherweise                                                                      schafts-
                                                                                                                     vertrag
haben die Pfarrer früh damit begonnen, Gottes-

                                                                                                        Berliner Missionswerk     21
NAHOST

Großartige Unterstützung
Das Bildungszentrum Talitha Kumi des Berliner Missionswerkes

                    Wie die Schulen der ELCJHL wurde auch das Schul-      palästinensische Familien in der Regel kinderrei-
                    zentrum Talitha Kumi durch die Pandemie heraus-       cher sind als Familien in Deutschland. Jedes Schul-
                    gefordert. Unvorbereitet musste man über Monate       kind benötigt jedoch ein eigenes Gerät, da der
                    in den Online-Modus wechseln. Nach den Sommer-        Unterricht in der Regel parallel stattfindet. Hier
                    ferien konnte zunächst wieder der Präsenzunterricht   konnte Talitha – Dank einer Spende – ein erstes
                    aufgenommen werden. Hier hatte Talitha Kumi –         Kontingent an schuleigenen Leihgeräten anschaf-
                    dank seiner Größe und des weitläufigen Geländes –     fen, das nun zügig ausgebaut werden soll.
                    Vorteile gegenüber den kleineren ELCJHL-Schulen.          Aber Talitha Kumi bemüht sich trotz der Pande-
                    SchülerInnen und Lehrkräfte zogen an einem            mie weiterhin, innovativ zu sein: In der Grund-
                    Strang, hielten sich strikt an alle Auflagen und      schule ist mit dem neuen Schuljahr das Klassenleh-
                    ermöglichten so diese »Normal«-Form des Schul-        rersystem eingeführt worden, während im Land das
                    unterrichts. Keine Selbstverständlichkeit in Zeiten   Fachlehrersystem üblich ist. Deutlich wurde auch,
                    der Pandemie! Zum Ende des Jahres zeigte sich aber    dass das Internat für eine Wiedereröffnung eines
                    auch: Disziplin ermüdet und die Aufmerksamkeit        neuen Betriebskonzepts bedarf, da die Auslastung in
                    für Regeln schwindet. So wie überall stiegen die      den vergangenen Jahren zu gering war.
                    Infektionszahlen; zum Winter hin mussten die Schu-        Größte Herausforderung war eindeutig die
                    len zum Online-Modus zurückkehren.                    Finanzsituation. So konnten in Deutschland viele
                        SchülerInnen (und deren Familien) wie Lehr-       Kollekten, die in den letzten Jahren zum Unterhalt
                    kräfte mussten zunächst lernen, wie man online        Talitha Kumis beitrugen, nicht gesammelt werden.
                    lernt und lehrt, wie man sich Methoden und Medien     In Palästina waren viele Familien nicht in der Lage,
                    erarbeitet. Ein Teil der Herausforderung ist, dass    das Schulgeld zu zahlen. Das Gästehaus des Schul-

22   Jahresbericht 2020
Lockdown in
                                                                                                              Palästina: Große
                                                                                                              Familien, viele
                                                                                                              Kinder, wenig Platz
                                                                                                              – und viele kreative
                                                                                                              Ideen, wie das
                                                                                                              Home-Schooling
                                                                                                              gestaltet werden
                                                                                                              kann.
zentrums konnte keine Gewinne erwirtschaften.           Gespannt wartet die Schule nun auf den Tag, mit
Schmerzhafte Einschnitte konnten daher nicht ver-       vielen Menschen den Raum neu kennenlernen zu
mieden werden: Die Lehrkräfte bekommen einen            können. Und noch eine Baumaßnahme konnte
großen Teil der Gehaltszulagen (wie etwa Fahrtkos-      angestoßen werden. Dank einer Bundesfinanzie-
tenpauschalen und Überstundenzahlungen) vorerst         rung wird in Talitha Kumi das Wegenetz, dessen
nicht mehr gezahlt. Das mangels Gästen leere Gäs-       Kern aus den 1960er Jahren stammt, verändert und
tehaus musste nach einigen Monaten der Überbrü-         modernisiert. Autos und Schulbusse, die sich zu
ckung sein Personal in unbezahlten Urlaub schi-         Schulbeginn und Schulschluss in den vergangenen
cken. Und auch das Internat lässt seit September        Jahren zunehmend vor dem Kindergarten stauten,
seinen Betrieb ruhen, weil die Mädchen in ihren         sollen dann zum unteren Schuleingang gelenkt wer-
Familien untergebracht sein müssen. Daher sind          den. Zugleich wird zur Energieversorgung ein Solar-
auch hier die Mitarbeiterinnen freigestellt. Mithilfe   system installiert und das Heizsystem von Öl auf
all dieser Sparmaßnahmen und Dank einer großarti-       Gas umgestellt. In einer zweiten Bauphase 2021 ist
gen Spendenkampagne sowie einer Sonderzuwen-            vorgesehen, den alten Grundschultrakt durch ein
dung der Bundesrepublik Deutschland konnten die         neues Gebäude zu ersetzen. Es soll neben Klassen-
pandemiebedingten Finanzeinbußen Talitha Kumis          räumen auch eine Schul-Cafeteria und eine neue
für 2020 weitestgehend kompensiert werden.              Aula bieten.
     Ebenfalls dank Spenden aus dem Rheinland,
Westfalen und einer sächsischen Gemeinde konnte
die Akustik in der Schulkirche, die auch als Aula
dient, im Sommer deutlich verbessert werden.

                                                                                                     Berliner Missionswerk     23
NAHOST

Kaum wie gewohnt
Jerusalemsverein im Berliner Missionswerk

Sein 167. Jahresfest   Der Jerusalemsverein konnte im Februar 2020 sein            Durch die schon im Februar einsetzende Pande-
konnte der Jeru-       167. Jahresfest begehen. Unter dem Motto »Wünschet      mie konnte der Verein seine regionale Arbeit kaum
salemsverein im        Jerusalem Glück« beschäftigte man sich mit der Situ-    wie gewohnt umsetzen: Vorträge, Ausstellungen,
Februar noch mit
                       ation der Christen in der Stadt. Einsichten und         Begegnungs- und Austauschprogramme etc. waren
vielen Besucher­
Innen feiern. Bald     Impulse dazu kamen unter anderem vom früheren           nun nicht mehr möglich. Umso wichtiger sind die
darauf kam die         Jerusalemer Propst Wolfgang Schmidt, ELCJHL-            drei Ausgaben des Magazins »Im Lande der Bibel«,
Pandemie.              Bischof Ibrahim Azar und der israelisch-deutschen       mit denen der Verein über Aspekte evangelischer
                       Menschen- und Bürgerrechtlerin Nirit Sommerfeld.        Arbeit im Heiligen Land informiert.
                       Sie begeisterte das Publikum – mit einer Begleitung –       Mit drei Sonderspenden unterstützte der Verein
                       auch durch ihren musikalischen Beitrag.                 Talitha Kumi, die ELCJHL und die Dar al-Kalima-
                           Zuvor, im Januar 2020, hatte der Verein zusam-      Fachhochschule, damit diese Gehaltszahlungen
                       men mit dem Referat für den Interreligiösen Dialog      auch in der Corona-Krise absichern konnten. Eine
                       des Missionswerkes und dem AphorismA-Verlag             geplante Reise des Vereinsvorstands ins Heilige
                       eine Studienreise nach Jerusalem durchgeführt. Die      Land zur Begegnung mit den Partnern musste pan-
                       Gruppe begleitete die Ökumenische Gebetswoche           demiebedingt verschoben werden. Die Abstimmung
                       zur Einheit der Christen, lernte dabei täglich eine     zwischen Jerusalemsverein und Berliner Missions-
                       andere Denomination oder Kirchenfamilie kennen          werk bezüglich Kompetenzen, Prozedere usw. bil-
                       und setzte sich mit weiteren Themen der Ökumene         dete einen weiteren Schwerpunkt der Vereinsarbeit
                       auseinander.                                            im Jahr 2020.

24   Jahresbericht 2020
Existentielle Not
Koptisch Evangelische Kirche von Ägypten/Nilsynode

Ägypten ist merklich durch die Pandemie      sodass die Nilsynode ins Auge fasste, die    huter Tageslosungen in modernes Ara-
betroffen. Das hat verschiedene Ursa-        obersten Stockwerke ihres Krankenhau-        bisch zu übersetzen und zu verbreiten,
chen. Die ägyptische Bevölkerung lebt        ses in Kairo in eine Quarantänestation       wurde wieder finanziell gefördert. Dabei
überwiegend in Ballungsräumen,               nur für Pfarrer und deren Familien           strebt die ägyptische Kirche an, ab
wodurch Infektionen begünstigt werden.       umzugestalten, sondern wurden unwis-         Anfang 2021 den traditionellen Losungs-
Außerdem sind die meisten Menschen           sentlich auch zu Überträgern.                büchern auch ein digitales Angebot zur
nicht über die Seuche aufgeklärt. Aber           Das Berliner Missionswerk und der        Seite zu stellen.
selbst wenn sie es wären – die Mehrheit      Kirchenkreis Falkensee unterstützten
kann es sich schlicht nicht leisten, die     Gemeinden im Dekanat Nildelta bei der
gebotenen Einschränkungen und not-           Anschaffung von Schutzmasken und
wendige Regeln einzuhalten. Das staat-       weiterem Hilfsmaterial. Die geplanten
liche Sozialsystem ist unterentwickelt,      Schritte hin zu einer festen Partnerschaft
                                                                                                                      250.
mobiles Arbeiten von zuhause für viele
undenkbar, die allermeisten sind von der
                                             zwischen dem Kirchenkreis und dem
                                             Dekanat sind durch die Pandemie fürs
                                                                                                314                   000
                                                                                              Gemeinden              Mitglieder
täglichen Arbeit existenziell abhängig.      Erste vertagt.
                                                                                                      EVANGELICAL
    Das spiegelt sich auch in der kop-           Das Missionswerk hat mit Mitteln der
                                                                                                       CHURCH OF
tisch-evangelischen Nilsynode wider.         Hagemeister-Stiftung die Förderung von                   EGYPT SYNOD
Viele Pfarrer haben sich bei Seelsorgebe-    benachteiligten und gefährdeten Kin-                      OF THE NILE     seit
suchen bei Kranken selbst infiziert, weil
gebotene Hygieneregeln nicht bekannt
                                             dern, die das »Council of Services and
                                             Development« der evangelischen Kirche
                                                                                                                      1982
                                                                                                                       Partner-
waren oder nicht eingehalten wurden.         in Ägypten trägt, unterstützt. Und auch            234                    schafts-
                                                                                                                       vertrag
Diese Pfarrer erkrankten nicht nur selbst,   die Initiative der Nilsynode, die Herrn-          Pastoren

Veränderungen
Ökumenisches Begleitprogramm in Palästina und Israel

Das Ökumenische Begleitprogramm für          Freiwillige in ihren Herkunftsländern           Der Ökumenische Rat der Kirchen
Palästina und Israel (Ecumenical Accom-      mittels Vorträgen über ihre Erfahrungen      (ÖRK), der das Programm trägt, strebt
paniment Programme in Palestine and          berichten. Im Sommer wurden Freiwil-         eine Änderung der Organisationsstruktur
Israel, EAPPI) konnte ab März nicht          lige ausgesucht, die in den kommenden        des EAPPI an. Hier ist noch nach einer
mehr tätig werden. Weder war die Beglei-     Monaten bereitstehen, um sich nach           Einigung mit den Entsendeorganisatio-
tung von Menschen im Heiligen Land           einem Vorbereitungsprogramm für drei         nen in aller Welt wie mit den Kirchen im
und die Beobachtung der dortigen Situa-      Monate nach Israel/Palästina entsenden       Heiligen Land zu suchen.
tion möglich, noch konnten ehemalige         zu lassen.

                                                                                                      Berliner Missionswerk       25
AFRIKA

Lebhaft wie nie
Afrika: Tansania, Südliches Afrika, Äthiopien

     Was in der Pandemie sicher allen fehlt, sind                            Unruhen, durch Heuschreckenplagen und Fluten
     die Begegnungen, die Warmherzigkeit der                                 getroffen. COVID-19 war dort nur eine unter mehre-
                                                                             ren Katastrophen; hinzu kam ab November der
     Partner. Mit den Gastgebenden in einem
                                                                             Krieg in der Region Tigray.
     Dorf im Süden Tansania zu sitzen und mit                                    Dennoch haben vor allem die Folgen der z. T.
     den vorbeischlendernden Jugendlichen ins                                harten und willkürlichen Lockdowns viele Gesell-
     Gespräch zu kommen, während der Pick-up                                 schaften Afrikas – und damit auch die Kirchen –
                                                                             stark getroffen: (Kirchliche) Gehälter konnten nicht
     repariert wird. Funktioniert Partnerschaft                              mehr bezahlt werden, (kirchliche) Schulen mussten
     ohne unmittelbare Begegnung?                                            über Monate schließen, der informelle Sektor als
                                                                             stärkster Wirtschaftszweig brach vielerorts zusam-
                                                                             men. Menschen hungerten. Andererseits konnten
                                                                             sich viele afrikanische Länder schnell schützen, ist
                                                                             COVID-19 doch nicht die erste Pandemie, mit der
                      Die Freiwilligen Johanna, Carla, Samuel und Lisa       sie umgehen müssen. Dr. Fidon Mwombeki, Gene-
                      wie auch Constantin und Lucian mussten im März         ralsekretär des Allafrikanischen Kirchenrats, schrieb
                      aus Tansania bzw. Südafrika nach Hause geholt wer-     sogar: »Afrika ist von der Hauptlast der Pandemie
                      den. Die Enttäuschung war auf allen Seiten groß.       verschont geblieben, was diejenigen enttäuscht, die
                      Wir entschieden, im nächsten Jahrgang 2020/21          glauben, dass alle Katastrophen immer entweder in
                      keine Freiwilligen zu entsenden, da die Situation in   Afrika beginnen oder Afrika definitiv am schlimms-
                      beiden Ländern unsicher bleibt. Das ist ein schwe-     ten treffen müssen«. Die Kommunikation mit den
                      rer Verlust für die Partnerschaftsarbeit – sind die    Partnern war denn auch so lebhaft und vielfältig wie
                      Freiwilligen doch jedes Jahr aufs Neue wertvolle       nie, ermöglicht unter anderem durch neue Formen
                      Bindeglieder zwischen unseren Kirchen und halten       wie erweiterte Zoom-Meetings. Die Möglichkeiten,
                      durch ihre lebhafte Kommunikation das alltägliche      füreinander zu beten und sich stärker im Alltag
                      Wissen um die Partner wach. Dabei gestaltet(e) sich    wahrzunehmen, wurden immer wieder genutzt. Die
                      die Notlage im Pandemiejahr von Land zu Land sehr      schnelle finanzielle Hilfe unseres Werkes wurde als
                      unterschiedlich. Während Südafrika bis Juli einen      starkes Zeichen der Solidarität wahrgenommen,
                      der härtesten Lockdowns weltweit hatte, leugnete       auch wenn sie nur punktuell helfen konnte. Die
                      die tansanische Regierung seit Ende April Corona.      weltweite Pandemie hat uns näher zueinander
                      Äthiopien dagegen wurde vor allem durch politische     gebracht.

              Dr. Martin Frank
              Afrikareferent

                 030 24344-151     m.frank@bmw.ekbo.de

26    Jahresbericht 2020
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