216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag

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216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
VK 2B 03058F

                                                                                        Landtagskurier
                                                                                        Ausgabe 6 |
                                                                                        2021

                                                                                           6 21
               Seite 6:                 Seite 16:             Seite 18:
               Parlament debattiert     Festakt zum Tag der   Zahlreiche Gäste
               Mobilitätswende und      Deutschen Einheit     besuchen den Landtag
               künstliche Intelligenz   am 3. Oktober         zum Tag der offenen Tür
216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
EDITORIAL                                                                                                   I N H A LT

                                                                                                                                       TRAUER
                                                                           Trauer um Ministerpräsident a. D. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf........... 3

                                                                                                                                      PLENUM
                                                                           36. Sitzung des Sächsischen Landtags
                                                                           Sich selbst und andere schützen
                                                                           Staatsregierung ruft zu gesellschaftlicher Verantwortung auf ....... 4
                                                                           36. Sitzung des Sächsischen Landtags
                                                                           Umbau im sächsischen Wald
                                                                           Diskussion über Zukunftsstrategien in der
                                                                           Wald- und Forstwirtschaft....................................................................................................... 5
                                                                           36. Sitzung des Sächsischen Landtags
                                                                           Wandel auf der Schiene
                                                                           Regionalbahn- und Fernverkehrsstrecken
                                                                           gewinnen wieder an Bedeutung .....................................................................................6
                                                        Foto: S. Giersch
                                                                           37. Sitzung des Sächsischen Landtags
                                                                           Potenziale der künstlichen Intelligenz
Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger,                                           Chancen sollen ergriffen werden, ohne Risiken
                                                                           aus dem Blick zu verlieren.....................................................................................................8
Sie haben bei der Bundestagswahl mit großer Mehrheit Ihre Stimmen
                                                                           37. Sitzung des Sächsischen Landtags
abgegeben und so von Ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Dafür
                                                                           Linksextremistische Gewalt und Versammlungsfreiheit
danke ich Ihnen. Es ist diese Zivilisiertheit unserer Demokratie, auf
                                                                           Landtag debattiert über Ausschreitungen
die wir alle stolz sein können. In ihr verlaufen Machtwechsel fried-       bei Leipziger Demonstration...............................................................................................9
lich und parlamentarische Mehrheiten verschieben sich gemäß
dem Wählervotum. Mir persönlich war es am Tag der Deutschen                37. Sitzung des Sächsischen Landtags
                                                                           Über den Umgang mit Menschen
Einheit daher ein besonderes Anliegen, an jene Frauen und Männer
                                                                           Diskussion über die Aufnahme von Ortskräften
der Friedlichen Revolution 1989 zu erinnern, die damals in der
                                                                           aus Afghanistan .......................................................................................................................... 10
DDR-Diktatur mutig freie Wahlen einforderten und damit erreichten,
dass wir heute unsere Parlamente in Freiheit wählen können. Trotz                                                                PA R L A M E N T
des notwendigen politischen Streits, der auseinandergehenden               Petitionsbericht 2020 vorgestellt
Meinungen und manch scheinbar unversöhnlicher Konflikte müssen             Zahlreiche Petitionen zu den Corona-Maßnahmen...................................11
wir uns alle immer wieder um eine friedliche Einheit bemühen. Ge-
sellschaftliche Aussöhnung ist eine Daueraufgabe, ein Zustand,             Delegationsreise nach Niederösterreich
                                                                           Landtagsabgeordnete zu Besuch im
den es nie zu verlassen gilt – nicht vor einer Wahl, nicht danach.
                                                                           flächengrößten Bundesland Österreichs............................................................. 12
   Aber die Friedliche Revolution brachte uns weit mehr. Sie öffnete
in Europa die lange Zeit für unüberwindbar gehaltenen Grenzen und          Verbindende Zukunft
führte die Staaten West-, Mittel- und Osteuropas in der Europäi-           Treffen der Europaausschüsse aus Tschechien und Sachsen....... 13
schen Union zusammen. Beim Festakt zum Tag der Deutschen Ein-              Laufende Gesetzgebung....................................................................................................... 14
heit stand daher diesmal die deutsch-französische Freundschaft im
Zentrum. Zugleich unterhalten wir in Sachsen schon immer engste                                                                   AKTUELLES
Kontakte zu unseren mitteleuropäischen Nachbarländern. Seit fast           »Wir brauchen ein starkes, geschlossenes Europa!«
30 Jahren pflegen der Sächsische Landtag und der Landtag von               Feierstunde zum 31. Tag der Deutschen Einheit
Niederösterreich eine Partnerschaft. Mitte September konnte sich           am 3. Oktober 2021 in Dresden..................................................................................... 16
eine Delegation sächsischer Abgeordneter in St. Pölten, der Haupt-         Endlich wieder Landtag live
stadt des Bundeslandes Niederösterreich, dessen versichern. Ein            Tag der offenen Tür und Dresdner Stadtfest
Novum bildete eine gemeinsame Sitzung der Europaausschüsse                 am 2. und 3. Oktober 2021................................................................................................. 18
des Senats der Tschechischen Republik und des Sächsischen Land-
tags auf der Ortenburg in Bautzen. Hier ging es neben der Vertiefung                                                          E I N TA G M I T…
der sächsisch-tschechischen Kooperationen vor allem um die Her-            Im Parlament kann man perspektivisch denken
ausforderungen des Strukturwandels in den Regionen. Mehr Infor-            Ein Tag mit Geert Mackenroth,
mationen darüber bietet Ihnen das neue Heft des Landtagskuriers.           Sächsischer Ausländerbeauftragter........................................................................ 20
Ich wünsche viel Freude bei der Lektüre!
                                                                                                                                GESCHICHTE
                                                                           Alfred Fellisch – Der Übergangs­premier 1923/24
                                                                           Ministerpräsidenten und Landtag in der Zeit
                                                                           von 1919 bis 1933 (Teil 4).................................................................................................... 22
                 Dr. Matthias Rößler                                                                                                 SERVICE
                 Präsident des Sächsischen Landtags
                                                                           Weitere Informationen des Sächsischen Landtags................................ 24

                                                                           // Titel: Tänzer der Broken Beat Crew zum Tag der offenen Tür
2                                                                          am 3. Oktober 2021 // Foto: M. Rietschel
216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
TRAUER

                                                                                         Foto: SK, M. Gärber

           Trauer um Ministerpräsident a. D.
               Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
                                        * 28. Januar 1930 † 12. August 2021

      Der Sächsische Landtag trauert um den ehemaligen Ministerpräsidenten und
      ­Abgeordneten Prof. Dr. Kurt Biedenkopf. Er verstarb am 12. August 2021 im Alter
       von 91 Jahren. Von 1990 bis 2004 war er Mitglied des Sächsischen Landtags
       und von 1990 bis 2002 Ministerpräsident des Freistaates Sachsen.

      Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler erinnerte:
      » Mit Kurt Biedenkopf verliert Sachsen nicht nur den ersten Landesvater
      des wiedergegründeten Freistaates, sondern seine bedeutendste politi-
      sche Persönlichkeit nach der Friedlichen Revolution und der Wieder­
      vereinigung Deutschlands. Wie kein anderer Landespolitiker prägte
      Kurt Biedenkopf die Epoche nach 1990 und legte mit seinen Kabinetten
      den Grundstein für die beeindruckende Erfolgsgeschichte Sachsens.
      Ihm gelang es, den Wieder­aufbau unserer sächsischen Heimat
      voranzubringen. Seine Tatkraft und Weitsicht haben mich tief
      beeindruckt. Sein Lebenswerk ist und bleibt ein wahrer Glücks-
      fall für den Freistaat. «

      Gemeinsam mit vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern
      trug sich der Landtagspräsident am 16. August 2021 in das
      Kondolenzbuch für Prof. Dr. Kurt Biedenkopf ein.

Ausgabe 6 2021                                                                                            3
         ˚
216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
PLENUM

                                                   36. Sitzung des Sächsischen Landtags
Foto: S. Floss
                                                                                                 Dr. Thomas Schubert

      Sich selbst und andere schützen
                       Staatsregierung ruft zu gesellschaftlicher Verantwortung auf

                                                  // Die 36. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags am 29. September 2021 begann mit
                                                  dem Bericht der Sächsischen Staatsregierung zur Corona-Pandemie. Im Zentrum
                                                  der Debatte standen diesmal die Themen Impfung, Grundrechte und Bildung. //

Impfung als gelebte Solidarität                   Schule sicher machen                           Schwächere Menschen schützen

Sachsen sei mit Blick auf Corona gut durch        Alles, was in den letzten beiden Jahren ge-    Es dürften nicht jene Menschen vergessen
den Sommer gekommen, begann Sozialmi-             macht wurde, habe nicht dazu gedient, die      werden, so Petra Čagalj Sejdi, BÜNDNIS-
nisterin Petra Köpping (SPD). Dennoch sei hier    Gesellschaft zu spalten, wie die AfD fälsch­   GRÜNE, die ganz besondere Unterstützung
die Zahl der Geimpften zu gering, 1,7 Millio-     licherweise behaupte, sondern einzig und       beim Schutz vor Corona bräuchten. Informa-
nen Menschen in Sachsen verfügten nicht           allein den Zweck gehabt, Menschenleben zu      tionen müssten auch in Leichter Sprache
über einen Impfschutz. Es sei deshalb nach        schützen und die Wirtschaft dieses Landes      sowie in Gebärdensprache zur Verfügung
wie vor notwendig, vorsichtig zu bleiben.         gut durch die Pandemie zu bringen, betonte     stehen. Es gelte, niedrigschwellig zu infor-
Wolfram Günther, Staatsminister für Energie,      Alexander Dierks, CDU. Das sei in Sachsen      mieren. Zudem sollten alle Personengruppen
Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft            besser gelungen als in den allermeisten        in den Blick geraten, auch jene ohne Kranken-
(BÜNDNISGRÜNE), bezeichnete die Impfung           Ländern der Welt. Nun sei es ein Gebot der     versicherung, etwa Obdachlose oder Men-
als gelebte Solidarität mit all jenen, die sich   Vernunft, für das Impfen zu werben und wei-    schen ohne Aufenthaltstitel.
nicht impfen lassen können. Impfen sei der        ter verantwortungsvoll zu handeln.                Man habe viel über das Coronavirus ge-
beste Weg aus der Pandemie.                          Luise Neuhaus-Wartenberg von der Frak-      lernt, Impfstoffe entwickelt und als Gesell-
   Der Staatsregierung fehle es weiter an         tion DIE LINKE richtete ihren Blick auf die    schaft großes Glück, sich nun gegen schwere
einer tragfähigen Strategie, welche die Grund-    Schulen. Alles, um den Ort Schule sicher zu    Krankheitsverläufe schützen zu können, er-
und Freiheitsrechte wahre, entgegnete der         machen, habe nicht stattgefunden. Überall      läuterte Simone Lang, SPD. Viele Menschen
Fraktionsvorsitzende der AfD, Jörg Urban.         herrsche Unmut, die Betroffenen fühlten        im Land seien von der Pandemie gezeichnet,
Während sich die europäischen Nachbarn            sich alleingelassen. Lehrerinnen und Lehrer    aus den unterschiedlichsten Gründen. Sie
immer weiter von den Zwangsmaßnahmen              müssten stattdessen mit einem anderen          verstehe daher nicht, dass sich viele einer
verabschiedeten, würden diese hierzulande         Selbstverständnis ausgestattet werden, es      Impfung verweigerten. Impfen sei keine Ge-
zementiert. Er fordere daher die Staatsregie-     brauche mehr Autonomie an den Schulen,         sinnungsfrage, sondern das beste Mittel,
rung auf, den Bürgern ihre Freiheit zurückzu-     eine umfassende Digitalisierung des Unter-     möglichst gesund aus der Pandemie zu
geben, das »Corona-Spektakel« zu beenden          richts sowie mehr Flexibilität im Bildungs-    kommen.
und Druck von den Ungeimpften zu nehmen.          system.

4                                                                                                                            Ausgabe 6 2021
                                                                                                                                      ˚
216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
PLENUM

                                                      36. Sitzung des Sächsischen Landtags
Foto: S. Floss
                                                                                                               Dr. Thomas Schubert

                 Umbau im sächsischen Wald
                            Diskussion über Zukunftsstrategien in der Wald- und Forstwirtschaft

// »Ohne Waldumbau wird’s teuer: Wald-, Forst- und Holzwirtschaft zukunftsfähig
aufstellen« lautete der Titel der ersten Aktuellen Debatte der 36. Sitzung. Der Antrag
stammte von der Fraktion BÜNDNISGRÜNE. //

Ökologische und                                     Mehr gesellschaftliche                             Bedrohung ist
ökonomische Schäden                                 ­Wertschätzung                                     vielfältig

Auch wenn sich viele Menschen über den              Wald-, Forst- und Holzwirtschaft zukunftsfähig     Volkmar Winkler, SPD, wies auf das Wald­
verregneten Sommer geärgert hätten, so              zu machen, das sei auch das Anliegen der           sterben hin. Man verzeichne teilweise einen
Volkmar Zschocke, BÜNDNISGRÜNE, sei das             AfD-Fraktion, betonte Ivo Teichmann. Die Zeit      Landschaftswandel, da ganze Wälder verloren
diesjährige Wasser-Plus für den Wald ein            dränge und ein »Weiter so« dürfe es nicht          gingen. Über 285 000 Hektar Kahlflächen
Segen. Die Waldkrise sei jedoch nicht vorüber,      geben, zumal die rund 80 000 privaten Wald-        bedrohten nicht nur die Holzproduktion,
das Schadgeschehen setze sich fort. Würde           besitzer mit der Situation im Wald zunehmend       sondern auch die Kohlenstoffbindung, die
das Pariser Klimaziel verfehlt, liefen die heimi-   überfordert seien. Neben einer fach­lichen Fort-   Trinkwasserreinigung, die Biodiversität so-
schen Wälder Gefahr, mit der Anpassung an           bildung brauche es mehr gesellschaftliche          wie die direkte Erholungsfunktion. Aus dieser
die neuen klimatischen Bedingungen vollends         Wertschätzung, etwa in Form einer finanziellen     Vielzahl von Funktionen resultierten Zielkon-
überfordert zu werden. Deshalb müsse man            Unterstützung aus der CO2-Umlage oder der          flikte, die gelöst werden müssten, besonders
dringend klimaresiliente Waldökosysteme             Stärkung sächsischer Forstbetriebsgemein-          zwischen Schutz- und Nutzfunktion.
schaffen.                                           schaften.                                              Im Kern spreche man über Probleme von
    Waldumbau sei ein ständiger Prozess, wie           Der Waldumbau sei dringend notwendig,           Reinkulturen, betonte Wolfram Günther,
er seit 1990 im Staatswald und bei den Privat­      führte Antonia Mertsching, DIE LINKE, aus.         Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Um­
betrieben stattfinde, stellte Georg-­Ludwig         Wer jedoch baue den Wald um? Sie frage sich,       welt und Landwirtschaft (BÜNDNISGRÜNE).
von Breitenbuch, CDU, fest. In den letzten          wie die Staatsregierung angesichts der enor-       Waldsysteme ohne Vielfalt seien sehr stör-
Jahren hätten Sturm, Trockenheit und Käfer          men Herausforderungen wie Klimawandel              anfällig. Seit Jahren werde daher der Wald-
große finanzielle Schäden angerichtet, hinzu        oder Borkenkäfer die begehrten Fachkräfte im       umbau mit Mischbaumarten betrieben. Hier
kämen die hohen Kosten der Aufforstung, die         Freistaat halten oder herlocken wolle. Natur-      müsse man noch konsequenter vorgehen
besonders den Privaten zusetzten. Dabei sei         gemäßer Waldumbau sei eine langfristige Auf-       und den Wald zudem als Gesamtökosystem
gerade der nachwachsende Rohstoff Holz              gabe, für die es hoch qualifiziertes Personal      und einen Wert an sich verstehen. Die Holz-
eine wichtige Brücke für eine neue Energie-         brauche, das nur durch lukrative Bezahlung         produktion sei nur eine wichtige Funktion
und Rohstoffversorgung des Landes.                  und gute Arbeitsverhältnisse zu gewinnen sei.      unter vielen anderen.

Ausgabe 6 2021                                                                                                                                    5
         ˚
216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
PLENUM

                                                              36. Sitzung des Sächsischen Landtags
      // Dirk Panter und Sabine Friedel // Fotos: S. Floss
                                                                                                                            Katja Ciesluk

                   Wandel auf der Schiene
                                            Regionalbahn- und Fernverkehrsstrecken gewinnen wieder an Bedeutung

      SPD: Bundesmittel                              // Die zweite Aktuelle Debatte der 36. Sitzung, beantragt von          den Autoverkehr unattraktiv
      ­helfen bei Ausbau                             der SPD-Fraktion, widmete sich dem Thema »Mobilitätswende              gemacht. Später hätten Abwan-
                                                     in Sachsen – Regionalbahn- und Fernverkehrsstrecken aus-               derung sowie marode Bahnstre-
      Auf dem Weg zu einem modernen                                                                                         cken Fahrgastzahlen gekostet.
                                                     bauen«. Alle Seiten plädierten dabei für den Ausbau und die
      Nah- und Fernverkehrs­system,                                                                                         Nun diskutiere man infolge
      das Sachsen wirtschaftlich,                    Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken. Doch dafür brauche           wachsender Oberzentren auch
      sozial und ökologisch für die                  es vor allem genügend Bundesmittel. //                                 über Strecken­reak­tivie­rungen,
      Zukunft aufstelle, seien vor                                                                                          verbunden mit dem Ziel, 80 Pro-
      ­allem drei Aspekte wichtig, so                                                                                       zent der Sachsen an den vertak-
       Henning Homann, SPD: Verkehrs­                den Ausbau von Plus- und            CDU: Hürden                        teten ÖPNV anzuschließen. Dafür
       träger sollten nicht gegeneinan-              Taktbussen, das Azubi- und          für Bundesmittel                   brauche es e­ ine nachhaltige Ver-
       der ausgespielt, sondern mit­                 das ­Bildungsticket sowie die       reduzieren                         lagerung des motorisierten Indi­
       einander gedacht werden. Der                  Stärkung des Radverkehrs. Nun                                          vidual­verkehrs auf die Schiene,
       ländliche Raum müsse von den                  stünden die Regional- und Fern-     Andreas Nowak, CDU, erinnerte      eine Reduktion des CO2-Aussto-
       wachsenden Metropolen pro­                    verkehrsstrecken im Mittelpunkt.    an die Gründe, die nach 1990       ßes und die langfristige Siche-
       fitieren. Die ­benötigte Energie              Das Strukturs­tärkungs- und das     zur Abbestellung vieler Strecken   rung reaktivierter Strecken. Die
       könne nur aus erneuerbaren                    Investitionsgesetz des Bundes       geführt hätten. So habe man in     für den Erhalt von Bundesmitteln
       Energien kommen. Sachsen habe                 würden an vielen Stellen bei        der DDR mindestens zehn Jahre      geforderte Marge von 1 000 Ein-
       bereits viel geschafft, konsta-               der Finan­zierung helfen, um        auf ein Auto warten müssen,        und Aussteigern je Tag und
       tierte ­Homann mit Verweis auf                ­sächsische Bahnstrecken aus-       kaputte Straßen und g­ eringe      Strecke müsse korrigiert werden.
       das Ende der Kürzungspolitik,                  zubauen und zu elektrifi­zieren.   Höchstgeschwindigkeiten hätten     Sonst werde es schwierig.

// Andreas Nowak                      // Tobias Keller                 // Nico Brünler               // Gerhard Liebscher         // Henning Homann

      6                                                                                                                                     Ausgabe 6 2021
                                                                                                                                                     ˚
216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
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                                                                                                    dafür kämpfen,
AfD: Basisgutachten                   Teil schon seit Jahren darauf                                 dass wir mehr
lässt viele Fragen offen              drängten. Gleichwohl wisse                                    Regionalisie-
                                      man, dass nicht ­jede Strecke
                                                                                                    rungsmittel
Auch aus Sicht seiner Fraktion        sinnvoll reaktivierbar sei. Doch
fänden die Absichten, stillge-        Bahnverbindungen seien Le-
                                                                                                    bekommen.«
legte Bahnstrecken zu reaktivie-      bensadern und gut angebunde-
ren und Güterverkehr von der          ne Bahnhöfe Standortfaktoren.
Straße auf die Schiene zu ver­        Darum kämpfe man seit Jahren
legen, Zustimmung, betonte            für die Eisenbahn im ländlichen
­Tobias Keller, AfD, zum Auftakt      Raum. ­Außerdem sei eine Reihe
 seines Redebeitrags. Nur passiert    poten­zieller Strecken gar nicht
 sei bislang beim schienengebun-      erst angeschaut worden.
 denen Güterverkehr nichts, beim
 Schienenpersonenverkehr lasse                                                                               36. Sitzung des Sächsischen Landtags
 das nach langem Warten veröf-        BÜNDNISGRÜNE:
 fentlichte Basisgutachten der        ­Schienenverkehr                                                              // Martin Dulig

 Staatsregierung viele Fragen          muss umweltfreund­
 offen. Der sächsische Verkehrs-       licher werden
 und Wirtschaftsminister habe                                                       Sachsen endlich umweltfreund-            (SPD), Staatsminister für Wirt-
 sich offensichtlich bereits auf      Es brauche einfach ein gutes                  licher werden. Nach wie vor              schaft, Arbeit und Verkehr.
 die weitere Betrachtung von          Angebot, damit die Menschen                   rangiere der Freistaat beim              Der Schienenverkehr sei ein
 nur sechs ­Strecken festgelegt,      vom Auto in den Bus oder in die               Elektrifizierungsgrad seiner             Schwerpunkt der Regierungs­
 kritisierte Keller sowohl Zahl als   Bahn umsteigen, so Gerhard                    Schienenwege sehr weit hinten            arbeit im Verkehrsbereich. Vor
 auch Auswahl. In der Kostenbe-       Liebscher, BÜNDNISGRÜNE. Ein                  im bundesdeutschen Vergleich.            einer Woche habe man eine
 trachtung seien die Reaktivie-       dicht ausgebautes Schienennetz                Investi­tionen in die Schiene            wichtige Absichtserklärung mit
 rungskosten bei einigen Strecken     sei ein wichtiges Qualitätskrite-             seien deshalb auch Investitio-           dem Bundesverkehrsminister
 nur geschätzt oder gar nicht an-     rium für attraktiven Zugverkehr               nen in Wohlstand und Klima-              unterzeichnet, da aus den
 gegeben. Seine Fraktion warte        auch im ländlichen Raum. Dafür                schutz.                                  ­Bundesmitteln für den Struktur-
 weiterhin auf eine detaillierte      habe man zusätzliche 7 Millionen                                                           wandel nicht alle wichtigen
 Analyse und konstruktive Kritik      ­Euro für die Streckenreaktivie-                                                        ­Verkehrsprojekte finanziert
 des Gutachtens durch das Ver-          rung in den Haushalt 2021/22                Staatsregierung:                           ­werden könnten. Bei den Inves-
 kehrsressort.                          eingestellt. Auch ehemalige                 ­Schienenverkehr ist                         titionsbedarfen rede man von
                                        Bahnlinien mit geringerem                    ein Schwerpunkt                             zweistelligen Millionenbeträ-
                                       ­Potenzial sollten zügig weiter                                                           gen, weshalb Prioritäten gesetzt
DIE LINKE: Kämpfen                      untersucht werden. Investitionen            Mit der Mobilitätswende wolle               ­werden müssten. Sein Haus
für Eisenbahnen im                      in die Schiene seien Investi­               man ein Angebot schaffen,                    habe deshalb ein Gutachten mit
ländlichen Raum                         tionen in die Regionen. Zudem               ­damit Menschen Alternativen                 21 infrage kommenden Strecken
                                        müsse der Bereich auch in                    hätten, betonte Martin Dulig                erarbeiten lassen, das die zu
Er freue sich, dass im Hohen                                                                                                     erwartenden Betriebskosten,
Hause augenscheinlich Einig-          // Gerald Otto, Rico Anton und Wolf-Dietrich Rost // Fotos: S. Floss                       das Nachfragepotenzial und die
keit darüber bestehe, dass der                                                                                                   Kosten für die infrastrukturelle
Bahn mehr Aufmerksamkeit                                                                                                         Ertüchtigung darlege. Generell
­gebühre, hob Nico Brünler,                                                                                                      sei der Freistaat aber weder
DIE LINKE, an. Die Abbestellung                                                                                                  beim Fernverkehr noch beim
von 47 Strecken sei keine                                                                                                        Schienenpersonennahverkehr
Zwangsläufigkeit, sondern eine                                                                                                   Aufgabenträger.
bewusste Entscheidung gewe-
sen. Der Handlungsdruck habe
                                                                                                                             BERICHTIGUNG
sich über Jahre aufgebaut. Noch
                                                                                                                             Im Landtagskurier 4/21 auf Seite 8 wurde
im März 2021 hätten alle ande-
                                                                                                                             Kultusminister Christian Piwarz falsch
ren Fraktionen den Antrag                                                                                                    wiedergegeben. Der Freistaat Sachsen
der LINKEN, Schienenstrecken                                                                                                 unterstützt die jüdischen Gemeinden
                                                                                                                             jährlich mit über einer Million Euro und
 zu reaktivieren, unisono abge-
                                                                                                                             nicht wie berichtet mit 30 Millionen Euro.
 lehnt, obwohl Kommunen,                                                                                                     Dieser Betrag ergibt sich aus den bisher
 Bürger und die Wirtschaft zum                                                                                               insgesamt geleisteten Zahlungen.

Ausgabe 6 2021                                                                                                                                                       7
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216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
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                                                     37. Sitzung des Sächsischen Landtags
// Dr. Stephan Meyer, Frank Peschel, Nico

                                         Potenziale der
Brünler, Dr. Daniel Gerber, Sabine Friedel //
Fotos: O. Killig                                                                                                 Katja Ciesluk

                                     künstlichen Intelligenz
                          Chancen sollen ergriffen werden, ohne Risiken aus dem Blick zu verlieren

// In der ersten Aktuellen Debatte der 37. Sitzung des Sächsischen Landtags am                       führenden deutschen Forschungs- und Inno-
30. September 2021 befasste sich das Plenum mit einem Antrag der CDU-Fraktion                        vationsstandorte zu werden und so seine
                                                                                                     Bedeutung als Software- und Halbleiterstand-
zum Thema: »Künstliche Intelligenz – Sachsens Potenzial für eine erfolgreiche Zu­
                                                                                                     ort weiter auszubauen, betonte Dr. Daniel
kunft nutzen.« Die Staatsregierung hatte dazu im September 2021 eine KI-Strategie                    Gerber, BÜNDNISGRÜNE. Aber KI habe auch
vorgelegt. //                                                                                        Schattenseiten, z. B. Diskriminierungen. Ent-
                                                                                                     scheidend sei die verantwortungsvolle Nut-
Umfassende Strategie liegt vor                     Frank Peschel, AfD, stimmte Meyer hinsicht-       zung, was durch Transparenz in der Entwick-
                                                   lich Chancen und Bedeutungszuwachs zu.            lung, Open-­Source-Software und Open Data
Sachsen besitze mit vielen mittelständischen       Dafür brauche es leistungsfähige Dateninfra-      begünstigt werde.
Betrieben und Konzernen ein großes Poten-          struktursysteme. Wenn er sehe, wie sich die
zial, eröffnete Dr. Stephan Meyer, CDU, die        Staatsregierung bei der Kofinanzierung des
Debatte. Der Freistaat habe mit Wirtschaft,        Graue-Flecken-Programms (Bundesprogramm           Sachsen als führender KI-Standort
Wissenschaft und Gesellschaft eine Strategie       zum Breitband-Ausbau) anstelle, habe er da
zur künstlichen Intelligenz (KI) entwickelt. Man   Zweifel. Seine Partei nehme die KI-Strategie      Sabine Friedel, SPD, zeigte sich überzeugt,
wolle im internationalen Kontext vorn mit-         wohlwollend zur Kenntnis, vermisse jedoch         dass Risiken mit einer vernünftigen Regulie-
spielen und dafür die exzellente Forschungs-       Konkretes. Mit Bürokratie müsse sich der          rung, um die sich der Staat kümmern müsse,
landschaft nutzen. Künstliche Intelligenz müsse    Staat zurückhalten, dafür Prognosen zum           recht gut in den Griff zu bekommen seien.
stets dem Menschen dienen, zugleich aber           Stromverbrauch vorlegen.                          Anschließend hob sie die Chancen der KI her-
verantwortungsbewusst eingesetzt werden.                                                             vor. Sie könne den Arbeitstag weiter verkürzen
                                                                                                     und z. B. mehr Zeit für die Arbeit von Menschen
                                                   Verantwortungsvolle Nutzung                       mit Menschen in der Bildung, Pflege oder Ge­
                                                                                                     sundheitsversorgung gewinnen. Arbeitszeit-
                                                   Als längst überfällig bezeichnete Nico Brünler,   und Produktivitätsgewinne sollten in neue
                                                   DIE LINKE, die nun vorgelegte Strategie. Seine    Lebensqualität gesteckt werden.
                                                   Fraktion begrüße, dass darin das Thema KI            Bis 2025 solle Sachsen ein führender
                                                   an Schulen gesonderte Aufmerksamkeit finde,       Forschungs- und Innovationsstandort für KI
                                                   denn sie sei als Unterrichtsmethode wie           werden, so Oliver Schenk, Chef der Staats-
                                                   -gegenstand wichtig. Derzeit warte man auf        kanzlei und Staatsminister für Bundesange-
                                                   die Testergebnisse eines Pilotprojektes, das      legenheiten und Medien. Der Freistaat habe
                                                   Sachsen mit Mecklenburg-Vorpommern dazu           gute Erfahrungen darin, neue Technologien
                                                   durchgeführt habe. Lernplattformen sollten        anzusiedeln, so Schenk mit Blick auf Krebs-
                                                   immer einem pädagogischen Konzept, nicht          forschung, Cyberabwehr und Mikroelektronik.
                                                   programmierten Algorithmen folgen.                Man brauche gut ausgebildete Fachkräfte
                                                      Er freue sich, dass sich Sachsen mit der       und müsse die Menschen mitnehmen, um
                                                   KI-Strategie vorgenommen habe, einer der          Ängste abzubauen.

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                                                                                                                                           ˚
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            Linksextremistische Gewalt und
                 Versammlungsfreiheit
                      Landtag debattiert über Ausschreitungen bei Leipziger Demonstration

Machtdemonstration                               Versammlungsfreiheit                           Eine wehrhafte
und Gewalt                                       nicht missbrauchen                             Demokratie

Am 18. September sei es in Leipzig zu einer      Dem entgegnete Kerstin Köditz, DIE LINKE,      Der Verfassungsschutz habe im Vorfeld der
martialischen Machtdemonstration der links­      über die Ereignisse in Leipzig sei in den      Versammlung eingeschätzt, dass es sich um
extremistischen Szene Deutschlands gekom-        Medien ausführlich und kritisch berichtet      eine friedliche Demonstration handeln würde,
men, leitete Sebastian Wippel, AfD, ein. Dabei   worden, der Innenausschuss habe sich damit     entsprechend konnte diese stattfinden, so
habe es massivste Straftaten gegeben. Eine       befasst, der Erkenntnisgewinn der Debatte      Albrecht Pallas, SPD. Tatsächlich sei der über­
solche Demonstration zu veranstalten, sei        sei daher gering. Die allermeisten Demonst-    große Teil der Teilnehmer friedlich geblieben,
für jeden würdigen Demokraten ein Unding.        rierenden seien friedlich gewesen und hätten   wobei eine gewaltbereite Gruppe von bis zu
Zudem habe die Stadt Leipzig im Hinblick         weder zu Gewalt aufgerufen noch sich daran     1 000 Menschen die Eskalation gesucht habe.
auf die Demonstration nicht nur versagt, son-    beteiligt. Immer gehe es nur um billige        In Abwägung möglicher Gefahren hätten
dern das Ganze regelrecht unter­­stützt. Die     Schuldzuweisungen. Auch das Kampagnen-         sich die Verantwortlichen nicht für eine Auf-
Polizei habe über zu wenige Kräfte verfügt.      bündnis habe sich äußerst kritisch zu den      lösung der Versammlung entschieden.
   Laut Rico Anton, CDU, sei es den Demons­      Vorfällen geäußert.                               Der Staat, stellte Innenminister Prof. Dr.
tranten nur darum gegangen, den Staat ein-           Die Versammlungsfreiheit sei ein hohes     Roland Wöller (CDU) klar, habe die Aufgabe,
mal mehr infrage zu stellen, die Zivilgesell-    Gut, schütze jedoch niemals Gewalt, so         die Durchführung von Demonstrationen zu
schaft einzuschüchtern und am Ende des           Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE. Wer in        gewährleisten. Dieser Aufgabe seien die
Tages pure Gewalt auszuüben. Die Teilnehmer      und aus Versammlungen heraus Gewalt aus-       Polizistinnen und Polizisten in Leipzig nach-
hätten sich mit Mitgliedern eines linksextre-    übe oder das Leben von Menschen bedrohe,       gekommen. Die Radikalisierung im links­
mistischen Netzwerks solidarisiert, dem          sei kein politischer Aktivist, sondern ein     extremistischen Milieu nehme indes weiter
gegen­wärtig der Prozess gemacht werde.          Straftäter. Indes habe die Polizei mit ihrer   zu, das zeigten solche Ereignisse deutlich.
An die Fraktion DIE LINKE gewandt, sagte er,     Einsatztaktik dazu beigetragen, größere        Vor allem bereite ihm die wachsende Ge­
es sei absurd, eine solche Demons­tration        Gefahren für die öffentliche Sicherheit ab­    walt­bereitschaft Sorge. Man sei eine rechts-
durchzuführen. Dem müsse künftig Einhalt         zuwenden. Kursierende Vorwürfe der Behin-      staatliche und wehrhafte Demokratie, von
geboten werden.                                  derung von Medienvertretern müssten aller-     Extremisten begangene Straftaten würden
                                                 dings aufgeklärt werden.                       mit Nachdruck verfolgt.

                                                                                                                // Sebastian Wippel // Foto: O. Killig
                                                   37. Sitzung des Sächsischen Landtags

// Die zweite Aktuelle Debatte
am 30. September 2021 hatte
die AfD-Fraktion zum Thema
»Ein Sargnagel für die Demokratie?
– Konsequenzen aus der links­
extremistischen Versammlung
in Leipzig ziehen« beantragt.
Anlass zu dieser lebhaften Debatte
bot eine Demonstration in Leipzig
am 18. September 2021, bei
der es zu Gewaltausbrüchen
ge­kommen war. //

Ausgabe 6 2021                                                                                                                                      9
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216 Landtagskurier Ausgabe 6 | 2021 - Der Sächsische Landtag
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Fotos: O. Killig
                         37. Sitzung des Sächsischen Landtags
                                                                                                        Dr. Thomas Schubert

       Über den Umgang mit Menschen
                           Diskussion über die Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan

// Die Fraktion DIE LINKE hatte als dritte Aktuelle Debatte der 37. Sitzung des                     Es sei ein Armutszeugnis, so Petra Čagalj
Landtags das Thema »Sichere Zuflucht für Menschen aus Afghanistan auch in                           Sejdi, BÜNDNISGRÜNE, wenn die Bundes­
                                                                                                    regierung und die Europäische Union geson-
Sachsen: Landesaufnahmeprogramm auflegen. Außenpolitisches Versagen nicht
                                                                                                    derte Aufnahmeprogramme für die betroffe-
auf dem Rücken der Menschen vor Ort austragen!« auf die Tagesordnung gesetzt.                       nen Menschen aus Afghanistan ablehnten.
Die Hinter­gründe waren das Ende des NATO-Einsatzes in Afghanistan und die                          20 Jahre lang hätten Afghaninnen und
Evakuierungen aus dem Land. //                                                                      Af­ghanen den Bundeswehreinsatz oder den
                                                                                                    Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen im
                                                                                                    Land unterstützt. Nun schwebten all diese
                                                DIE LINKE widme sich einmal mehr mit viel           Menschen in Lebensgefahr. Man trage in
                                                Aktionismus einem asylpolitischen Thema,            Deutschland für sie eine Verantwortung.
                                                bemerkte Rico Anton, CDU, einleitend. Die
                                                Aufnahme von Ortskräften und besonders
                                                gefährdeten Gruppen aus Afghanistan falle           Evakuierung und Abschiebestopp
                                                eindeutig in die Zuständigkeit des Bundes-
                                                außenministeriums. Dort bemühe man sich             Die Bilanz des Einsatzes in Afghanistan sei
                                                weiter, diejenigen, die bis jetzt nicht evakuiert   bitter, bemerkte Albrecht Pallas, SPD. Zwar
                                                werden konnten, noch nach Deutschland zu            habe die Bundeswehr mehr als 5 300 deutsche
                                                holen. Die Aufnahme sei zwischen den Län-           Staatsangehörige, andere Ausländer und
                                                dern ganz klar geregelt.                            afghanische Ortskräfte aus Kabul ausfliegen
// Juliane Nagel                                                                                    können. Doch das Ende der Luftbrücke dürfe
                                                                                                    nicht das Ende der Bemühungen bedeuten,
Menschen helfen                                 Versagen und Verantwortung                          weiterhin gefährdete Menschen in Sicherheit
                                                                                                    zu bringen. Der verhängte Ab­schiebe­stopp
In Afghanistan, so Juliane Nagel, DIE LINKE,    Das außenpolitische Versagen dürfe nicht            nach Afghanistan sei in der aktuellen Situa-
breche sich seit Mitte August eine grausame     auf dem Rücken der Bürger ausgetragen wer-          tion für seine Fraktion selbstverständlich.
Realität Bahn: Es geschehe der Einstieg in      den, so Alexander Wiesner, AfD. Den Abgeord-           Die Staatsregierung sei über die humani-
ein islamistisches Kalifat unter Führung der    neten der LINKEN gehe es nicht um die eige-         täre Situation in Afghanistan besorgt, sagte
Taliban. Abschiebungen aus Sachsen nach         nen Menschen, sie sorgten sich lieber um die        Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller, CDU.
Afghanistan seien daher schändlich. Zudem       Leute aus der ganzen Welt. Ansonsten be-            Aus diesem Grund habe die Innenminister-
habe Deutschland die Pflicht, den zahlreichen   handle die Debatte die Außenpolitik, weshalb        konferenz von Bund und Ländern über die
Menschen zu helfen, die in den letzten Jahren   sie in den Bundestag gehöre. Die internatio-        rasche Evakuierung beraten. Deutschland
damit befasst gewesen seien, demokratische      nale Gemeinschaft habe in Afghanistan einen         komme somit seinen humanitären Verpflich-
und den Menschenrechten verpflichtete           Scherbenhaufen hinterlassen, die Bürger hät-        tungen umfassend nach. Ein Landesauf­nah­
Strukturen in Afghanistan aufzubauen.           ten genug von dem Schwindel.                        me­­programm sei indes ein falsches Signal.

10                                                                                                                             Ausgabe 6 2021
                                                                                                                                        ˚
PA R L A M E N T

                                                                                                               Redaktion

   Petitionsbericht 2020 vorgestellt
                               Zahlreiche Petitionen zu den Corona-Maßnahmen

Zur 36. Plenarsitzung unterrich-    Petitionen mit den                      Vereine zur Förderung des
                                                                                                                                        Details und

                                                                                                                   ZUM NACHLESEN
tete der Petitionsausschuss         meisten Unterstützern                   ­Kindersports. Den dritten Platz                       Begründungen finden
den Landtag über das Petitions-                                              belegt die Petition »Lehramts-                        Sie im Bericht 2020:
wesen im Jahr 2020. Danach          Die Petition mit den meisten             prüfungsverordnung«. Sie ging
gingen beim Ausschuss insge-        Unterschriften (14 750) trägt den        mit 6 305 Unterschriften ein.
samt 592 Petitionen ein, das        Titel »Freie Schulen – Gleiche
sind 138 mehr als im Vorjahr.       Schulen«. Hierbei forderten die
Simone Lang, SPD, die Vorsit-       Petenten die dauerhafte Gewähr-         Regionen mit dem
zende des Petitionsausschus-        leistung verfassungs­mäßiger            höchsten Aufkommen
ses, führte die Zunahme unter       Gleichrangigkeit freier und staat-
anderem auf die Corona-Pande-       licher Schulen bei der Erfüllung        Wie bereits im vergangenen           Bei den sächsischen Landkrei-
mie und die damit verbundenen       des öffentlichen Bildungsauftra-        ­Berichtsjahr, kamen die meisten     sen stammten die meisten
Maßnahmen und Einschränkun-         ges. Die Petition »Corona-­Krise/        Petitionen aus der Landeshaupt-     Petitionen aus dem Erzgebirgs-
gen zurück. Darüber hinaus          Schließung der Amateursport-             stadt Dresden. Hier wurden          kreis (33) und dem Landkreis
spielten die Themen Straßen-        vereine« erhielt 8 359 Unterschrif-      194 Petitionen eingereicht. Deut-   Meißen (25).
bau, Schulen und Kitas sowie        ten. Zentrales Ziel der Petition         lich weniger Petitionen kamen aus
Fragen des Naturschutzes eine       war die Unterstützung kleiner            Leipzig (50) und Chemnitz (15).
Rolle.                                                                                                           Ergebnisse
                                                                                                                 der Petitionen
                                    Gefasste Beschlüsse 2020
Corona als                                                                                                       Im Berichtszeitraum konnten
                                           40 13 23                       abgeholfen
großes Thema                         27                      99
                                                                                                                 473 Petitionen abgeschlossen
                                                                          teilweise abgeholfen                   werden. Mit Blick auf alle im
Im Berichtszeitraum gingen ins-                                           erledigte Petitionen                   vergangenen Jahr abgeschlos-
gesamt 97 Petitionen ein, die                                                                                    senen Petitionen, unabhängig
                                                                          nicht abgeholfen
das Thema Corona betrafen. Die                                                                                   vom Einreichungszeitpunkt,
meisten Anliegen (35 Zuschriften)                                         Überweisung an Staatsregierung         konnte im Jahr 2020 23 Anliegen
                                                                  110
kamen von Gewerbetreibenden,                                              Weiterleitungen                        abgeholfen und 99 Anliegen
Künstlern und Selbstständigen,       272                                  Rücknahmen                             teilweise abgeholfen werden.
die aufgrund der coronabeding-                                                                                   110 Petitionen wurden für erle-
ten Einschränkungen finanzielle                                                                                  digt erklärt, weitere 27 Petitionen
Verluste und existenzielle Sorgen   Behandlung der insgesamt eingegangenen Schreiben                             an die Staatsregierung über­
trügen. Da die Federführung                   1 6                         nicht behandlungsfähige                wiesen. Damit entstand bei
                                                       127
für die Petitionen in Bezug auf                                           Petitionen                             rund 44 Prozent der Anliegen
Covid-19 vorwiegend dem Sozial­                                           Sächsischer Landtag                    ein ­positiver Abschluss. In
                                                              21
ministerium oblag, waren diesem                                           nicht zuständig                        272 Fällen konnte dem Anliegen
                                                               32
Fachbereich die meisten Anliegen                                                                                 der Petenten nicht abgeholfen
                                                                          keine Petition
(181 Petitionen) zugeordnet.                                                                                     ­werden, hier sprachen also
                                                                          vom SLT behandelte Petitionen           zwingende Gründe rechtlicher
                                                                          in eigener Zuständigkeit                oder tatsächlicher Natur den
                                                                          den Fraktionen zur Kenntnis             Forderungen der Petenten ent-
                                             592                          zugeleitet                              gegen.
                                                                          Nachfrage
Ausgabe 6 2021                                                                                                                                            11
         ˚
PA R L A M E N T

                                                                                                                        // Seit fast 30 Jahren pflegen
                                                                                                                        der Sächsische Landtag
                                                                                                                        und der Landtag von
                                                                                                                        Niederösterreich eine enge
                                                                                                                        Partnerschaft. Durch die
                                                                                                                        Corona-Pandemie zu einer
                                                                                                                        Pause gezwungen, konnte
                                                                                                                        nun vom 16. bis 19. Septem-
                                                                                                                        ber 2021 eine Delegation
                                                                                                                        um Landtagspräsident
                                                                                                                        Dr. Matthias Rößler ihre
                                                                                                                        niederösterreichischen
                                                                                                                        Abgeordnetenkolleginnen
                                                                                                                        und -kollegen besuchen. //

// Landtag Niederösterreich // Foto: NÖ Landtagsdirektion
                                                                                  Elenor Winona Jung

Delegationsreise nach Niederösterreich
               Landtagsabgeordnete zu Besuch im flächengrößten Bundesland Österreichs

Folgen von Corona                           als sehr spannend zu erfahren,            aufgrund des Ergebnisses einer    der Bevölkerung für den Ausbau
                                            wie die Kolleginnen und Kollegen          Volksabstimmung im Jahr 1978      ­erneuerbarer Energien berieten
Zu Beginn des Besuchs trafen                aus Niederösterreich die                  nie in Betrieb genommen wurde.     die Teilnehmer beider Länder
die Delegierten im Niederöster-             Pro­bleme lösten, die mit der             Weil sich eine knappe Mehrheit     Lösungsansätze.
reichischen Landtag in St. Pölten           Corona-Pandemie einhergingen.             der Bürgerinnen und Bürger            Bei einem Treffen mit dem
unter anderem den dortigen                                                            damals gegen die Nutzung des       Präsidenten des Österreichischen
Landtagspräsidenten Karl Wilfing                                                      Kraftwerks aussprachen, dient      Gemeindebunds Alfred Riedl
sowie den Zweiten Präsidenten               Energiewende, Pandemie                    der Bau heute einerseits als       und dem Generalsekretär
Gerhard Karner. Die Sachsen                 und Digitalisierung                       Veranstaltungsort für Konzerte,    Dr. Walter Leiss diskutierten die
und Niederöster­reicher tauschten                                                     andererseits aber auch als Ort     Abgeordneten nochmals über
sich in der Landeshauptstadt                Eine weitere Diskussion startete          für Rettungsübungen. Im Hin-       Lösungsmöglichkeiten in der
über diverse Strategien zur Be-             beim Besuch des Kernkraft-                blick auf dringende Fragen der     Bekämpfung der Coronakrise,
wältigung der Coronakrise aus.              werks Zwentendorf, das in den             stabilen Energieversorgung so-     aber auch über finanzielle Folgen
Dr. Matthias Rößler empfand es              1970er-­Jahren errichtet, jedoch          wie der Akzeptanzgewinnung in      und die Kommunikation in der
                                                                                                                         Pandemie. »Die entstandenen
// Delegationsmitglieder aus Niederösterreich und Sachsen // Foto: NLK Pfeiffer                                          finanziellen Fragestellungen für
                                                                                                                         beide Länder sind sehr ähnlich,
                                                                                                                         sodass beide Seiten von den
                                                                                                                         jeweiligen Erfahrungen lernen
                                                                                                                         können«, fasste Landtagspräsi-
                                                                                                                         dent Dr. Matthias Rößler das
                                                                                                                         Gespräch zusammen. Ein
                                                                                                                         Schwerpunkt lag dabei auf der
                                                                                                                         kom­munalen Perspektive. Zu-
                                                                                                                        dem boten den Delegierten
                                                                                                                        die Digitalisierungsstrategie
                                                                                                                        und der Breitbandausbau
                                                                                                                        des Landes Niederösterreich
                                                                                                                        weiteren Diskussionsstoff.

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                                                                                                                                                 ˚
PA R L A M E N T

                                                                                                                                        Foto: S. Floss
                 Janina Wackernagel

                                    Verbindende
Im historischen Stucksaal des
Sächsischen Oberverwaltungs-
                                    Zukunft                                     Treffen der Europaausschüsse
                                                                                aus Tschechien und Sachsen

gerichts in Bautzen (Ortenburg)     // Am 1. Oktober 2021 trafen sich die Europaausschüsse des
begrüßte Gerichtspräsidentin                                                                                       Gesprächen mit der Kraftwerks-
                                    Sächsischen Landtags und des Senats der Tschechischen
Susanne Dahlke-Piel die Gäste                                                                                      leitung wurde deutlich, wie
und verwies zugleich auf            Republik. Nach ersten virtuellen Treffen im Frühjahr gab es                    wichtig der persönliche grenz­
die an der Decke verewigten,        nun ein persönliches Kennenlernen in Bautzen. //                               überschreitende Kontakt ist. Die
tiefen kulturellen Wurzeln der                                                                                     europäische Klimapolitik rund
sächsisch-böhmischen Verbin-                                                                                       um Vorhaben wie den Green
dungen. Landtagspräsident           schaftlichen und sozialen Folgen   Es folgten weitere Programm-                Deal und Fit for 55 muss letzt-
Dr. Matthias Rößler betonte         wolle man Erfahrungen mitein-      punkte: Nach einem Kurzbesuch               lich in den Regionen umgesetzt
anschließend, wie wichtig           ander teilen. Der sächsische       im Sorbischen Museum reisten                werden – abgestimmte Vorhaben
ein enges Miteinander beider        Ausschussvorsitzende Marko         die Abgeordneten weiter ins                 und ein beständiger Austausch
Regionen sei. Dies habe nicht       Schiemann hob hervor, dass die     Kraftwerk Boxberg. In intensiven            sind dabei essenziell.
zuletzt die Pandemie deutlich       Transition in der sächsischen
gemacht.                            und tschechischen Peripherie       // Besuch des Kraftwerks Boxberg // Foto: Landtag
   Der Vorsitzende des Euro-        so gestaltet werden müsse,
paausschusses des tschechi-         dass die Menschen in diesen
schen Senats, Dr. Mikuláš Bek,      Regionen Zukunftschancen
erklärte, dies sei die erste Aus-   hätten. Die Frage nach Ersatz­
landsreise seines Gremiums.         arbeitsplätzen sei beiderseits
Das sei auch der Erkenntnis         der Grenze zentral.
geschuldet, dass der Weg               Im anschließenden Gespräch
nach Berlin über Dresden und        beider Ausschüsse ging es so-
München führe. Er stellte fest,     dann um Fragen von Struktur-
dass der Freistaat Sachsen das      mitteln wie den europäischen
Bundesland mit den meisten          Just Transition Fund, um Kon-
Ähnlichkeiten zur Tschechischen     zepte für die Energiewende
Republik sei. Insbesondere mit      und den Anstoß gemeinsamer
Blick auf den anstehenden           Projekte, insbesondere im
Strukturwandel und seine wirt-      Forschungsbereich.

Ausgabe 6 2021                                                                                                                                     13
         ˚
PA R L A M E N T

LAUFENDE GESETZGEBUNG
 TITEL | EINBRINGER                                 ERLÄUTERUNG                                                    STATUS
 Gesetz zur Umsetzung der Ausbildungs-              Mit dem Gesetzentwurf ist geplant, den Studien-                Öffentliche Anhörung durch den Ausschuss
 offensive an der Hochschule Meißen                 gang Digitale Verwaltung nach seiner Einführung                für Inneres und Sport am 16. September 2021
 (FH) und Fortbildungszentrum,                      im Jahr 2020 dauerhaft einzurichten und die
 7/6655 | Staatsregierung                           Organisationsstruktur anzupassen.

 Drittes Gesetz zur Änderung des                    Zur Unterstützung der Betroffenen werden das                   Überweisung an den Ausschuss für Soziales
 Landesblindengeldgesetzes,                         Blindengeld sowie die Nachteilsausgleiche erhöht.              und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (ffd.)
 7/7630 | CDU, BÜNDNISGRÜNE, SPD                                                                                   sowie den Haushalts- und Finanzausschuss
                                                                                                                   am 13. September 2021

 Gesetz über die soziale Wohn­                      Das Wohnraumförderungsgesetz und Wohnungs­                     1. Beratung am 30. September 2021 sowie
 raumförderung im Freistaat Sachsen                 bindungsgesetz des Bundes sollen durch eine                    Überweisung an den Ausschuss für Regional-
 (Sächsisches Wohnraumförderungs­                   landesrechtliche Regelung ersetzt werden.                      entwicklung (ffd.), den Haushalts- und Finanz-
 gesetz – SächsWoFG),                                                                                              ausschuss und den Ausschuss für Soziales
 7/7684 | AfD                                                                                                      und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

 Gesetz zur Bestätigung des Grundsteuer­            Aufgrund eines zwischenzeitlichen Bundesgesetzes               Überweisung an den Haushalts- und
 messzahlengesetzes und zur redaktio-               zur Grundsteuer ist es erforderlich, den vom                   Finanzausschuss (ffd.) sowie an den Aus-
 nellen Anpassung des Gesetzes zur                  sächsischen Gesetzgeber bereits beschlossenen                  schuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
 Finanzierung des Ausbildungsverkehrs               Rechtszustand wiederherzustellen.                              am 4. Oktober 2021
 im Öffentlichen Personennahverkehr,
 7/7820 | CDU, BÜNDNISGRÜNE, SPD

ABGESCHLOSSENE GESETZGEBUNG
 TITEL | EINBRINGER                                 ERLÄUTERUNG                                                    STATUS
 Gesetz zur Einführung eines Klimaschutz­           Der Freistaat Sachsen sollte sich per Gesetz                   abgelehnt
 gesetzes für den Freistaat Sachsen,                transparent und verbindlich zu festgelegten Zielen
 7/4895 | DIE LINKE                                 beim Klimaschutz verpflichten.

 Gesetz zur Ausführung des Zensus­                  Im Jahr 2022 wird in Deutschland eine groß                     angenommen
 gesetzes 2022 im Freistaat Sachsen,                angelegte statistische Erhebung, der Zensus,
 7/6667 | Staatsregierung                           durchgeführt. Das Gesetz regelt notwendige
                                                    Vorgaben auf Landes- und Kommunalebene.

 Gesetz zur Änderung des Waldgesetzes               Der Gesetzentwurf sah vor, den Bau von                         abgelehnt
 für den Freistaat Sachsen,                         Windenergieanlagen in sächsischen Wäldern
 7/6704 | AfD                                       zu verbieten.

 Gesetz zur Änderung der                            Der Gesetzentwurf beabsichtigte, den                           abgelehnt
 Sächsischen Bauordnung,                            Mindestabstand von Windenergieanlagen zu
 7/6705 | AfD                                       Wohnbebauungen in Sachsen auf 1 000 Meter
                                                    festzuschreiben.

 Sächsisches Gesetz zur Sicherstellung              Durch eine Vorabquote sollten Bewerber einen                   abgelehnt
 der hausärztlichen Versorgung in                   Medizinstudienplatz erhalten, wenn sie sich
 Bereichen besonderen öffentlichen                  verpflichten, nach ihrem Abschluss für eine
 Bedarfs (Sächsisches Landarztgesetz –              bestimmte Zeit in Regionen mit besonderem
 SächsLAG), 7/1941 | AfD                            Bedarf zu arbeiten.

 Gesetz zur Stärkung der ärztlichen                 Zur Sicherung der ärztlichen Versorgung im                     angenommen
 Versorgung und der verfassten                      ländlichen Raum wird eine Landarztquote für
 Studentenschaft im Freistaat Sachsen,              Humanmedizin in Sachsen eingeführt. Zudem
                                                                                                                                                                    Grafik: Jezper / Adobe Stock

 7/6673 | Staatsregierung                           wird die Einführung eines sachsenweit gültigen
                                                    Semestertickets gefördert.

 Die Übersicht zur laufenden Gesetzgebung stellt alle Gesetzentwürfe dar, die bis zum 5. Oktober 2021 neu in den
 Sächsischen Landtag eingebracht, beraten oder an die Ausschüsse überwiesen wurden. Unter »Abgeschlossene
 Gesetzgebung« sind angenommene oder abgelehnte Gesetzentwürfe aufgeführt.

14
AKTUELLES

              Nationalfeiertag im
            Sächsischen Landtag

                                                              Foto: T. Schlorke

// Am 3. Oktober 2021 ging es im Sächsischen Landtag hoch her. Zunächst
erinnerte das Parlament in einer Feierstunde an die Friedliche Revolu-
tion und die Deutsche Einheit. Der Festakt stand diesmal im Zeichen
der deutsch-französischen Freundschaft. Danach öffneten sich die
Türen des Landtagsgebäudes zum Tag der offenen Tür, zu dem zahlreiche
Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit nutzten, einmal hinter die
Kulissen ihres Landesparlaments zu blicken. //

                                                                            15
AKTUELLES

// Musik von Mitgliedern des Landesjugendorchesters Sachsen
                                                                                        Dr. Thomas Schubert

                          »Wir brauchen ein starkes,
                                Feierstunde zum 31. Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2021 in Dresden

Gerade einmal eine Woche                  // Seit 1991 richtet der Sächsische Landtag am Tag der Deut-
war seit der Bundestagswahl               schen Einheit einen Festakt aus. Stand im vergangenen Jahr
vergangen, weshalb Landtags-
                                          die Wiedergründung Sachsens im Mittelpunkt, so ging es
präsident Dr. Matthias Rößler
zunächst die ersten freien                diesmal um Europa und das deutsch-französische Verhältnis.
Volkskammerwahlen am                      Festredner war der frühere Premierminister der Republik
18. März 1990 in Erinnerung rief.         Frankreich, Jean-Marc Ayrault. //
Mit diesen habe die par­lamen­
tarische Demokratie nach Jahr-
zehnten der DDR-­Diktatur ihren           man heute in Sachsen Parla-          200 Jahre später gewesen, ge-
Durchbruch ­erlebt. »Es war der           mente frei wählen könne, das         folgt vom Ruf nach ­»Einigkeit
Beginn von etwas ganz Großem,             habe man den Frauen und              und Recht und Freiheit«. »Unsere
unsere Chance zum Glück.                  ­Männern der Friedlichen Revo-       geglückte ­Revolution brachte
Daran ­sollten wir uns nicht nur           lution 1989 zu verdanken.           erneut eine europäische Zeiten-    // Dr. Matthias Rößler
an ­unserem Nationalfeiertag               Machtwechsel verliefen fried-       wende. Der Eiserne Vorhang in
­immer wieder erinnern.« Dass              lich, parlamentarische Mehrhei-     Europa fiel, der geteilte Himmel
                                           ten verschöben sich aufgrund        klarte auf, die Menschen in Ost
// Wolfram Günther
                                           des Wählervotums – das sei die      und West fanden in Freiheit        es 1989 neben der Freiheit auch
                                           mühsam errungene Zivilisiert-       zueinander.« Ein wichtiges         um Chancen auf freie Studien-
                                           heit der Demokratie.                Resultat sei neben dem verein-     und Berufswahl, eine saubere
                                                                               ten Europa auch die deutsch-       Umwelt oder einen höheren
                                                                               franzö­sische Freundschaft,        Lebensstandard gegangen sei.
                                          Zivilisiertheit der                  die nach 1990 neuen Schwung        Die Erfahrungen der Friedlichen
                                          Demokratie                           bekam – auch und besonders         Revolution böten für ihn ­eine
                                                                               im Freistaat Sachsen.              Kraft- und Motivationsquelle.
                                          Der Wahlspruch »Liberté, ­égalité,                                      Die errungene Demokratie sei
                                          fraternité« stehe für den Um-                                           jedoch keine Selbstverständ-
                                          bruch, den die Franzö­sische         Freiheiten und Chancen             lichkeit. Vielmehr müsse sie
                                          Revolution 1789 einst dem                                               täglich gelebt und einge­fordert
                                          europäischen Kontinent gebracht      Wolfram Günther, stellvertreten-   werden. Noch immer gebe
                                          habe. »Wir sind das Volk« sei        der Ministerpräsident des Frei-    es eine ungleiche Chancen­
                                          der Ruf der Demons­tranten           staates Sachsen, betonte, dass     verteilung zwischen den Ge-

16                                                                                                                                    Ausgabe 6 2021
                                                                                                                                               ˚
AKTUELLES

 // Festredner Jean-Marc ­Ayrault // Fotos: T. Schlorke

geschlossenes Europa!«                                                                                                     Die Reden der Feierstunde
                                                                                                                           zum Tag der Deutschen Einheit
                                                                                                                           erscheinen als Heft 74 im
                                                                                                                           Rahmen der FESTAKT-Reihe
                                                                                                                           für Sie zum Nachlesen.

 schlechtern, man tue sich                      vor. Es sei ihm ein Vergnügen,        Zusammenarbeit für
 schwer, Bildungschancen ge-                    an diesem 3. Oktober in Sachsen       ein starkes Europa
 recht zu gestalten. Es komme                   zu sein, hob Jean-Marc Ayrault                                            Schließlich sei doch Europas
 hinzu, dass künftige Genera­                   an, um dann begeistert von            Seit Jahrhunderten sei Sachsen      ­Eigenständigkeit in jenen Berei-
 tionen ihrer Chancen und                       ­einer privaten Reise durch           zudem Dreh- und Angelpunkt          chen das gemeinsame Interesse.
 ­Freiheiten beraubt würden.                     Sachsen und Thüringen zu             für den europäischen Handel.        Auch die deutsch-französische
  Nicht umsonst demonstrierten                   ­berichten, die er 2015 gemein-      Auch heute besitze es eine stra-    Zusammenarbeit entfalte erst vor
  junge Menschen weltweit für                       sam mit seiner Frau unternom-     tegische Lage im Herzen Euro-       dem Hintergrund Europas ihre
  mehr Klimaschutz. Um die öko-                     men habe. Der kulturelle Reich-   pas, verfüge etwa mit »Silicon      ganze Tragweite.
  logischen, sozialen und ökono-                    tum in Sachsen sei immens,        Saxony« über ein weltweit               Europas Stärke liege nicht in
  mischen Aufgaben be­wältigen                      besonders berührt habe ihn        ­führendes Kompetenzzentrum,        der Abschottung, sondern im
  zu können, bedürfe es ­einer                    ­jedoch die »Fähigkeit Dresdens,     so der Festredner. Es sei daher    Miteinander. Jedoch stehe es
  starken Zivilgesellschaft, eines                 seine tragische Geschichte,         richtig, die gute Zusammen­        heute an einem Wendepunkt.
  handlungsfähigen Staates und                     ­bestehend aus Asche und Zer-       arbeit zwischen Sachsen und        Europa müsse Demokratie, Mei-
  einer innovativen Wirtschaft.                     störung, hinter sich zu lassen     Frankreich bei der Spitzenfor-     nungsfreiheit und Rechtsstaat-
                                                    und den Blick auf die Zukunft      schung und der Entwicklung         lichkeit wahren. »Denn nur so
                                                    und die Innovation zu richten«.    neuer Technologien zu vertiefen.   können wir den Multilateralismus
 Sachsen im                                                                                                               erhalten, Sicherheit garantieren
 Herzen Europas                                                                                                           und die Kooperation mit den
                                                                                                                           Partnern in der Welt aufrecht­
 Die Festrede zum 3. Oktober                                                                                               erhalten«. Europa brauche ferner
 hielt in diesem Jahr Jean-Marc                                                                                            eine eigenständige Stimme in
 ­Ayrault. Geboren 1950 in                                                                                                 der Welt, müsse handlungsfähig
  ­Maulévrier, war er von 2012 bis                                                                                         sein. Das alles sei jedoch eine
   2014 Premierminister der                                                                                                Gemeinschaftsaufgabe, eine
   Französischen Republik sowie                                                                                            gemeinsame Pflicht, bekannte
   von 2016 bis 2017 französischer                                                                                         Ayrault. Man dürfe sich nicht
   ­Außenminister. Zuvor wirkte                                                                                            spalten lassen, so laute die
    ­Ayrault u. a. als Abgeordneter                                                                                        Botschaft der deutschen Einheit.
     der französischen Nationalver-                                                                                        Für Europa gelte dasselbe. »Wir
     sammlung, saß hier von 1997                                                                                           brauchen ein starkes, geschlos-
     bis 2012 der Parti Socialiste                                                                                         senes Europa!«

 Ausgabe 6 2021                                                                                                                                            17
          ˚
AKTUELLES

                                                                                                                                    Wer etwas über die Arbeit des Sächsischen
                                                                                                                                    Landtags lernen wollte, konnte sich in
                                                                                                                                    der Ausstellung im Bürgerfoyer an Tafeln
                                                                                                                                    und interaktiven Displays informieren.
                                                                                                                                    Viele Besucherinnen und Besucher
                                                                                                                                    beteiligten sich am Landtags-Quiz, um
                                                                                                                                    mit etwas Glück einen der Hauptpreise
                                                                                                                                    zu gewinnen.

                                Im Bürgerfoyer präsentierte sich die Stadt Franken­berg –
                                Ausrichterin des Tags der Sachsen 2022 – mit einem
                                ­Potpourri aus Tanz, Musik, Information und Bastel­
                                 angeboten ­gerade für das jüngere Publikum. Unter
                                 anderem traten die ­Tanzgruppen Broken Beat Crew
                                 und Dancing Sox auf.
                                                                                                             Anne-Marie Brade

          ENDLICH WIEDER
          LANDTAG LIVE
                                                                                                                                    Tag der offenen Tür und
                                                                                                                                    Dresdner Stadtfest am
                                                                                                                                    2. und 3. Oktober 2021

                                                               // Das Wetter meinte es gut mit den sächsischen Bürgerinnen und Bürgern am
                                                               ersten Oktoberwochenende. Und so zog es viele hinaus zum Dresdner Stadtfest,
Mit von der Partie war auch Fränki, Maskottchen
der Stadt Frankenberg, das an den bekannten                    an dem sich der Landtag auch in diesem Jahr wieder direkt hinter den Lichtern
St.-Aegidien-Turm erinnert. Vor allem kleine
Besucherinnen und Besucher konnten ihm immer
                                                               der Blaulichtmeile mit Führungen und anderen Angeboten beteiligte. Am Tag
wieder beim Falten von Papierfliegern oder dem                 der Deutschen Einheit fand das Programm dann mit dem traditionellen Tag der
Gestalten einer Wimpelkette begegnen.
                                                               offenen Tür seinen Höhepunkt, der nach einem pandemiebedingten Aussetzen
                                                               im Vorjahr endlich wieder stattfinden konnte. //

                                                                                       Viele Besucherfragen ­wurden dieses Jahr
                                                                                       in großer Runde angesprochen. Es ging
                                                                                       um politische Bildung, die Anerkennung
                                                                                       der Leistungen in Ehrenämtern, die ­Arbeit
                                                                                       der Abgeordneten und vieles mehr. Fünf
                                                                                       Abgeordnete aller Fraktionen standen im
                                                                                       Ple­nar­saal Rede und Antwort.

                                  Fotos: M. Rietschel | SLT

  18                                                                                                                                                        Ausgabe 6 2021
                                                                                                                                                                     ˚
AKTUELLES

                                                           Mehr als 2 700 Gäste besuchten
                                                           den Landtag an den beiden
                                                           Tagen. Stände des Sächsischen
                                                           Ausländerbeauftragten, des
                                                           Petitionsdienstes und der
                                                           Landes­beauf­t ragten zur Auf­
                                                           arbeitung der SED-Diktatur
                                                           waren nur einige der Anlauf-
                                                           stellen für die interessierten
                                                           Bürgerinnen und Bürger.

                                       Viele Gäste, die sich einer
                                       Führung anschlossen, hatten
                                       Glück und konnten direkt
                                       im Saal des Präsidiums oder
                                       auch im Amtszimmer des
                                       Präsidenten mit Dr. Matthias
                                                                                            Topaktuell und ein absolutes
                                       Rößler persönlich ins Gespräch
                                                                                            Novum war das Impfangebot,
                                       kommen. Er erläuterte die
                                                                                            das DRK und Bundeswehr in
                                       Arbeit des sächsischen
                                                                                            den Räumen des Landtags
                                       Parlaments aus der Innen­
                                                                                            machten. Von der positiven
                                       perspektive.
                                                                                            Resonanz waren alle überwäl-
                                                                                            tigt. Mehr als 600 Sächsinnen
                                                                                            und Sachsen holten sich ihren
                                                                                            Piks ab.

                 Auf dem Vorplatz des Land-
                 tags ging es während des
                 gesamten Wochenendes
                 keinesfalls ruhig zu. Hier
                 bot die Blaulichtmeile ­viele
                 Krankenwagen, Polizeiautos
                 und Feuerwehrfahrzeuge auf.

Ausgabe 6 2021                                                                                                              19
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