5 UNSER THEMA Gesundheitspolitischer Neustart mit Störgeräuschen
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www.laekb.de 32. Jahrgang 05 | 2022 O F F I Z I E L L E S M I T T E I L U N G S B L AT T D E R L A N D E S Ä R Z T E K A M M E R B R A N D E N B U R G UNSER THEMA X |5 … Gesundheitspolitischer Neustart mit Störgeräuschen Foto: Deutscher Bundestag/IK SoM Mehr Klimaschutz in der … … EFI: Deutschland Landesärztekammer – braucht Digitalisierungs Erste Schritte sind getan strategie | 10 XX | 19 XX
e lte Powe r Dop p i m i la r- os FI Bi N S A NO U L I N E VO I T E N INS M A H LZE DIE Wirtschaftliche Insulintherapie für Ihre Diabetes-Patient:innen Rabattverträge mit allen GKVen* Dosierung 1:1 zum Original** ,1–8 Individuelle Anpassung der Dosis kann erforderlich sein1,2 Als SoloStar® – dem meistverordneten Fertigpen Deutschlands#, Patrone & Durchstechflasche Made in Germany mit Jetzt auf Biosimilars nes dem Know-how ei setzen! Originalherstellers * Erstattung für 100 % der GKV-Versicherten durch langfristige Verträge, die den Rabatt auf den in der IfA-Lauertaxe gelisteten Preis sichern, gewährleistet. Stand 10/2021. Informationen zu Rabattverträgen finden Sie auf https://diabetes. sanofi.de/service/rabattvertraege; ** Dient der Orientierung, die exakte Einstellung muss individuell erfolgen. Wenn von einem anderen Insulinarzneimittel umgestellt wird, kann eine Anpassung der Insulin-aspart-Sanofi®-Dosis bzw. der Insulin-lispro-Sanofi®-Dosis und der Dosis des Basalinsulins erforderlich sein. Die Umstellung eines Patienten auf einen anderen Insulintyp oder eine andere Insulinmarke muss unter strenger medizinischer Überwachung erfolgen. Quellen 1, 3–6 beziehen sich auf Insulin aspart Sanofi®, Quellen 2, 7, 8 beziehen sich auf Insulin lispro Sanofi®; # IQVIA PharmaScope® National, MAT09/2021, Basis: UN eigene Berechnung. 1 Insulin aspart Sanofi® Fachinformation, Stand April 2021; 2 Insulin lispro Sanofi® Fachinformation, Stand Juli 2020; 3 Kapitza C et al. Diabetes Technol Ther 2020; 22(4): 278–84; 4 Garg SK et al. Diabetes Technol Ther 2020; 22(2): 85–95; 5 Garg SK et al. Diabetes Technol Ther 2020; 22: 516–526; 6 Shah VN et al. Diabetes Ther 2021; 12(2): 557–68; 7 Garg SK et al. Diabetes Technol Ther 2017; 19: 516–26 (SORELLA 1); 8 Derwahl KM et al. Diabetes Technol Ther 2018; 20: 49–58 (SORELLA 2). Insulin aspart Sanofi® 100 Einheiten/ml Injektionslösung in einer Durchstechflasche • Insulin aspart Sanofi® 100 Einheiten/ml Injektionslösung in einer Patrone • Insulin aspart Sanofi® 100 Einheiten/ml Injektionslösung im Fertigpen Wirkstoff: Insulin aspart. Zusammens.: 1 ml enthält 100 Einheiten (3,5 mg) Insulin aspart. Sonst. Bestandt.: Phenol, Metacresol (Ph.Eur.), Zinkchlorid, Polysorbat 20, Natriumchlorid, Salzsäure 36 % und Natriumhydroxid zur Einstellung des pH, Wasser für Injektionszwecke. Anw.-Geb: Zur Behandlung von Diabetes mellitus bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab dem Alter von 1 QR-Code MAT-DE-2105043-1.0-10/2021 Jahr. Gegenanz.: Überempfindlichk. gegen d. Wirkstoff/sonstige Bestandt. Nebenwirk.: Immunsyst.: Gelegentlich: Urtikaria, Exanthem, Hautausschlag; sehr selten: Anaphylaktische Reaktionen. Stoffwechsel/Ernährungsstör.: Sehr häufig: Hypoglykämie. Nervensyst.: Selten: Periphere Neuropathie (schmerzhafte Neuropathie). Augen: Gelegentlich: Refraktionsanomalien, diabetische Retinopathie. Haut/Unterhautgeweb.: Gelegentlich: Lipodystrophie, scannen nicht bekannt: kutane Amyloidose. Allg./Verabr.ort: Gelegentlich: Reakt. a. d. Injektionsstelle, Ödeme. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: sanofi-aventis groupe, 54, rue La Boétie, 75008 Paris, und Muster Frankreich. Örtlicher Vertreter d. Zulassungsinhabers: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, D-65926 Frankfurt am Main. Stand: April 2021 Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. anfordern! Insulin lispro Sanofi® 100 Einheiten/ml Injektionslösung in einer Patrone · Insulin lispro Sanofi® 100 Einheiten/ml Injektionslösung in einer Durchstechflasche · Insulin lispro Sanofi® SoloStar® 100 Einhei- ten/ml Injektionslösung in einem Fertigpen Wirkstoff: Insulin lispro. Zusammens.: 1 ml enthält 100 Einheiten (3,5 mg) Insulin lispro. Sonst. Bestandt.: m-Cresol, Glycerol, Dinatriumhydrogenphosphat 7 H2O, Zinkoxid, Wasser für Injektionszwecke, Salzsäure 36 % und Natriumhydroxid zur Einstellung des pH. Anw.-geb.: Zur Behandlung von Erwachsenen und Kindern mit Diabetes mellitus, die Insulin für die Aufrechterhaltung eines normalen Glukosehaushaltes benötigen. Ebenfalls angezeigt bei Ersteinstellung des Diabetes mellitus. Gegenanz.: Hypoglykämie, Überempfindlichkeit gegen Insulin lispro oder sonstigen Bestandteil. Warnh. u. Vorsichtsmaßn.: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Nebenw.: Stoffwechsel/Ernährungsstör.: Häufigste Nebenwirkung jeder Insulinbehandlung ist Hypoglykämie. Schwere Hypoglykämien können zu Bewusstlosigkeit und im Extremfall zum Tod führen. Immunsyst.: häufig lokale allerg. Reaktionen, selten systemische Allergie. Haut (Unterhautzellgeweb.): gelegentlich Lipodystrophie, nicht bekannt kutane Amyloidose. Allg./Verabr.ort: nicht bekannt Ödeme. Verschreibungspflichtig. Sanofi-Aventis Deutsch- land GmbH, D-65926 Frankfurt am Main. Stand: Juli 2020 Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.
INHALT Foto: Deutscher Ärztechor Foto: Adobestock » Ausgewählte Ergebnisse zum Lungenkarzinom | 16 » Musizieren und Gutes tun | 22 ■3 EDITORIAL 4 ■ NEUES AUS BRANDENBURG Musizieren und Gutes tun 22 ■ UNSER THEMA Gesundheitspolitischer Neustart mit ■ AKADEMIE FÜR ÄRZTLICHE FORTBILDUNG Störgeräuschen 5 Bauchschmerzen – eine fachübergreifende Herausforderung 23 ■ L ÄKB AKTUELL Zertifizierte Kasuistik Folge 72 24 Das Weiterbildungszeugnis 9 Fortbildung für Ärzte und MFA 27 Mehr Klimaschutz in der Landesärztekammer – Erste Schritte sind getan 10 FORTBILDUNG | TAGUNGEN | KONGRESSE Herausforderungen der Corona-Pandemie, Land Brandenburg und andere Bundesländer 29 Künstliche Intelligenz, Public-Health-Forschung – RKI zu Gast in Potsdam 11 ■ PERSONALIA Geburtstage 30 GASTBEITRAG Verletzungsdaten des Jahres 2021 aus der KVBB informiert 32 Kindernotaufnahme des Klinikum EvB 12 STELLENANZEIGEN | RUBRIKANZEIGEN 33 ■ ARZT & RECHT Wann das Finanzamt Bewirtungsrechnungen IMPRESSUM 35 anerkennt 15 GASTBEITRAG Ausgewählte Ergebnisse zum Lungenkarzinom und dessen Versorgungsqualität 16 ■ BERUF & POLITIK EFI: Deutschland braucht Digitalisierungsstrategie 19 Mehr als 1.000 Ärztinnen und Ärzte wollen der Ukraine aktiv helfen 20 05 | 2022 | 3
EDITORIAL Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie Sie das empfunden zur Regelung einer allgemeinen Impfpflicht. Aus meiner täglichen Foto: LÄKB haben. Ich jedenfalls hatte Mitte Febru- Arbeit kann ich dazu nur sagen, dass es nie schwerer war, eine sol- ar das Gefühl, es ginge endlich aufwärts. che Maßnahme zu begründen und – falls doch beschlossen – die- Das Ende der fünften Welle der Corona- se dann auch durchzusetzen. Es mag sein, dass mit einem neuen Pandemie kam in Sicht, der Winter und Serum das offenkundige Immunfluchtphänomen der Omikron-Va- die Zeiten der schlechten Nachrichten riante verhindert werden kann. Dass das dazu führen wird, Impf- aus Wirtschaft und Politik schienen skeptiker zu überzeugen, halte ich für ausgeschlossen. ebenfalls zu Ende zu gehen. Und dann kam alles noch deutlich schlimmer. Der So sehr ich mir eine vollständige Durchimpfung der Risikogruppen menschenverachtende Angriffskrieg wünsche, bin ich doch zutiefst davon überzeugt, dass die Impf- Putins gegen die Ukraine war mir noch eine Woche vor dem Ein- pflicht nur unwesentlich zur Erhöhung der Quote beitragen wird, marsch der Truppen des Kreml in das Nachbarland unvorstellbar. dafür aber umso mehr zur weiteren Spaltung der Gesellschaft. Mit dem Heulen der Sirenen in den ukrainischen Städten ging dann Dies mag auch bei der Entscheidung der Abgeordneten Grund aber auch die Gewissheit von drei Generationen zu Bruch, dass nach dafür gewesen sein, dass sich trotz aller Kompromissversuche dem Zweiten Weltkrieg in Zentraleuropa ein offener Krieg nicht keiner der Gesetzesanträge im Bundestag durchsetzen konnte. mehr geführt werden kann. Die Auswirkungen spüren wir teilweise sogar in unseren Praxen. Unsere alten Patienten erleiden vielfach Auch wenn es sich der Bundesgesundheitsminister anscheinend niederdrückende Retraumatisierungen, die das Ausmaß der Angst anders zu wünschen scheint: Bund und Länder setzen offenkun- und Ohnmacht der Menschen in Mariupol, Charkiw und Kiew un- dig auf Liberalisierung. Die Belegung der Krankenhausbetten und mittelbar vor Augen führen. Um wieviel mehr wird das noch für die die Sterblichkeit mit und an Covid 19 (näherungsweise ein Zehn- Frauen und Kinder gelten, deren Flucht sie ohne ihre Männer und tel der täglichen Todesfälle) berechtigen meines Erachtens poli- Väter nach Brandenburg und damit ebenfalls in unsere Praxen führt. tische Entscheidungsträger nicht mehr, an Stelle des Volkes zu entscheiden. Insofern begrüße ich das Ende weitreichender staat- Im Anbetracht des sinnlosen tausendfachen Sterbens in unserer lich verordneter Eindämmungsmaßnahmen und zähle auf die Nachbarschaft erscheint die sechste Welle der Corona-Pandemie Intelligenz der Mitbürgerinnen und Mitbürger, sich in Situationen beinahe wie eine Randnotiz. Seit Omikron die vorherrschende Va- mit hohem Infektionsrisiko auch ohne Vorschriften zu schützen. riante ist, sehen wir so viele Impfdurchbrüche, dass es immer schwe- rer fällt, Patienten von dem Erfordernis einer Covid-19-Impfung zu Voller Hoffnung auf ein baldiges Ende des Sterbens, das Andau- überzeugen. Ich will gerne zugeben, dass auch mein fast missio- ern der Solidarität mit den kämpfenden und geflohenen Ukrainern narischer Eifer diesbezüglich erloschen ist. Selbst das RKI hat fast in ganz Europa sowie sinnvolle liberale Regelungen im Kampf unbemerkt reagiert und die Vermeidung der Übertragung des Virus gegen Covid 19 verbleibt durch Geimpfte aus der Herleitung der Impfempfehlung gestrichen. Seit Mitte März beobachten wir nun die „Vollstreckung“ der ein- richtungsbezogenen Impfpflicht und fragen uns, wozu denn nur, wenn sowieso nichts passiert. Dennoch diskutiert der Bundestag zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieser Ausgabe Entwürfe Ihr Ambrosius 4 | Brandenburgisches Ärzteblatt
Neustart mit Störgeräuschen | UNSER THEMA ■ Gesundheitspolitischer Neustart mit Störgeräuschen Immer wieder muss sich der Bundesgesundheitsminister selbst korrigieren. Der Neustart der Gesundheitspolitik unter Karl Lauterbach wird dadurch von einigen Störgeräuschen begleitet. Schon als er noch nicht in Regierungsverantwortung stand, Ausgewiesene Expertise auch für die Pandemie war Professor Dr. Karl Lauterbach gern gesehener Gast in den Dabei wird dem Minister wohl niemand seine Expertise gera- Talkshows aller TV-Sender. Seine klare sowie leicht verständ- de in Pandemie-Zeiten streitig machen. Neben einer deutschen liche Expertise war gefragt und seine Kritik auch am Handeln Promotion hat er zwei Mastergrade an der renommierten Har- des damaligen Koalitionspartners manchmal durchaus scharf- vard School of Public Health sowie ebenfalls dort einen Doctor züngig. So wurde er zu einem der beliebtesten Politiker, an of Science in Health Policy and Management erworben. Seit dem auch bei der Entscheidung darüber, wer das Gesundheits- 1998 ist er Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie und ressort der rot-grün-gelben Koalition führen sollte, offenkundig Klinische Epidemiologie (IGKE) der medizinischen Fakultät der kein Weg vorbei ging. In Amt und Würden stehend macht es Universität zu Köln. Von dieser Position wurde er allerdings der Rheinländer nun aber seinem westfälischen Vorgänger Jens 2005 beurlaubt, nachdem er 2005 als Abgeordneter in den Spahn in Teilen nach und hat keine Scheu davor, auch in Fett- Deutschen Bundestag einzog. Gesundheitspolitische Bekannt- näpfchen zu treten, von denen er sich dann später selbst dis- heit hatte Karl Lauterbach bereits zuvor erworben, da er von tanziert. Jüngstes Beispiel (vor Redaktionsschluss) war die – 1999 bis 2005 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begut- wieder in einer Talkshow vollzogene – Kehrtwende bei seinen achtung der Entwicklung im Gesundheitswesen war und zu Äußerungen zur freiwilligen Isolation von Corona-Infizierten. einem der engsten Berater der damaligen Bundesgesundheits- Die soll es nun doch nicht geben, obwohl sie von den Gesund- ministerin Ulla Schmidt avancierte. Nun sitzt er selbst auf dem heitsämtern gewünscht wird und bereits durch die Gesund- Chefsessel im BMG. heitsminister von Bund und Ländern beschlossen wurde. Alleingang des RKI bei Genesenen-Status So sehr die Fähigkeit, eigene Aussagen als Fehler zu bezeich- nen, den Minister auch auszeichnen mag: In der Fachöffent- lichkeit und auch bei seinen Ressortkollegen führt sie durchaus zu Irritationen. Dies gilt umso mehr, als es sich dabei nicht um Einzelfälle handelt. Allerdings kommen die Auslöser hierfür nicht immer von Karl Lauterbach selbst. Von der Haltung des Robert-Koch-Institutes zur Neuregelung des Corona-Gene- Foto: Deutscher Bundestag/Tobias Koch senen-Status musste auch er vielmehr erst erfahren, als das RKI dessen Gültigkeitsdauer bereits von sechs auf drei Mona- te herabgesetzt und somit über Nacht Millionen von Bürgern den Zugang zu Gastronomie und Veranstaltungen verwehrt hatte. Zur Erinnerung: Das Robert-Koch-Institut gehört zu den nachgeordneten Behörden, die dem Bundesgesundheitsminis- terium unterstehen. Dass danach die Frage aufgeworfen wur- de, ob Lauterbach das RKI im Griff habe, konnte den Politik- Profi nicht verwundern. 05 | 2022 | 5
■ UNSER THEMA | Neustart mit Störgeräuschen Foto: BMG Thomas Ecke Nur wenige Stunden für Stellungnahme der Verbände Dort musste er dann aber auch feststellen, dass zum politi- schen Geschäft nicht nur das Setzen von Zielen, sondern auch ganz normales Handwerk gehört. Und das scheint selbst in einem Haus mit als professionell bekannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach dem Führungswechsel keine Selbstver- ständlichkeit. Ein Beispiel hierfür war der Entwurf zur Änderung des Infek- tionsschutzgesetzes, dessen zentrale Coronaschutzmaßnah- men am 19. März 2022 ausliefen. Obwohl dies seit Monaten bekannt war, erhielten die Verbände und Organisationen des Gesundheitswesens nach Angaben der Bundesärztekammer Muss aktuell oft zurückrudern: nachts um 01:06 Uhr den entsprechenden Entwurf, um diesen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu prüfen und zu kommentieren. Als Abgabefrist war der nächs- te Morgen um 10.00 Uhr angesetzt. Selbst wenn die Organi- sationen des Gesundheitssystems auch in der Nacht gearbei- um fünf Mrd. Euro sowie eine Abschmelzung nicht notwendi- tet hätten, blieben ihnen so weniger als neun Stunden Zeit für ger Finanzreserven und Mittel des Gesundheitsfonds vorsah. die Beurteilung eines komplexen Gesetzestextes. Dies wurde Im Arzneimittelbereich sollte das Preismoratorium um weitere allgemein als Affront bewertet, der zudem zeigte, dass im BMG vier Jahre verlängert, der Apothekenabschlag (Rabatt, den die einiges im Argen liegt. Apotheken den Kassen gewähren müssen) für die Dauer von zwei Jahren auf zwei Euro erhöht und – durch ein weiteres Kein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz? Gesetzgebungsverfahren – die Umsatzsteuer auf Arzneimittel Probleme gab es zudem bei einem anderen Gesetzesvorhaben, von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden. Vor allem letzteres wird das von großer Bedeutung für die Sicherung der GKV-Finan- schon lange gefordert, da Deutschland zu den ganz wenigen zen wäre. Denn den Krankenkassen droht bereits im nächsten Ländern der EU gehört, die sich seine Steuereinnahmen in Jahr aufgrund von Corona ein Defizit in Höhe von 17 Mrd. Euro. nicht unwesentlicher Höhe auch von den Krankenkassen mit- Hierzu kündigte Karl Lauterbach bei einer Kassen-Veranstal- finanzieren lassen. tung den Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes an, der bereits in der Ressortabstimmung sei. Und in der Tat Allerdings hatte der Minister den Gesetzentwurf nicht vorab wurde wenige Tage später ein Gesetzentwurf öffentlich, der mit dem Kanzleramt und dem Finanzministerium abgestimmt. ab 2023 die Erhöhung des Bundeszuschusses an die Kassen Er wurde wieder kassiert und gar nicht mehr als offizieller Ent- wurf, sondern nur noch als Gedankenspiel bezeichnet. Dass ein entsprechendes Gesetz doch noch kommt, ist aller- Foto: Deutscher Bundestag Henning Schacht dings nicht unwahrscheinlich. Denn ansonsten müssten die Zusatzbeiträge zu den Kassen um 1 bis 1,1 Prozentpunkte stei- gen. Und das will die Koalition eigentlich unbedingt verhindern. Im Bundesfinanzministerium (BMF) will man jedoch, vor einer Erhöhung des Bundeszuschusses im Jahr 2023, die Ergebnis- se des GKV-Schätzerkreises abwarten, die jedoch erst im Herbst vorliegen werden. Gesundheitsminister Lauterbach wird beim nächsten Anlauf wohl vorab den Bundeskanzler und den Bundesfinanzminister einbinden. Konstituierende Sitzung des Bundestages am 26. Oktober 2021. Mehr Fortschritt wagen will die Regierungskoalition. In der Gesundheitspolitik fehlt dafür noch das große Konzept. 6 | Brandenburgisches Ärzteblatt
Neustart mit Störgeräuschen | UNSER THEMA ■ Pleiten Pech und Pannen begleiten die ersten Monate der Gesundheitspolitik. Dabei ist es für eine Götterdämmerung noch viel zu früh. Foto: Deutscher Bundestag/Thomas Trutschel/photothek 05 | 2022 | 7
■ UNSER THEMA | Neustart mit Störgeräuschen Problemthema Digitalisierung Vor allem mit Blick auf die elektronische Patientenakte sollten Für Irritationen sorgte seit Amtsantritt von Professor Karl Lau- „Prozesse identifiziert“ werden, die besonders geeignet sind, terbach immer wieder auch das Thema Digitalisierung. So hat- versorgungsrelevante Informationen in „strukturierter Art und te der Bundesgesundheitsminister auf einer Diskussionsver- Weise“ Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärz- anstaltung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erklärt, ten zur Verfügung zu stellen. Damit soll künftig der Nutzen die Umsetzung der beiden digitalen Anwendungen des elek der ePA für die Versorgungsqualität weiter gestärkt werden. tronischen Rezepts (eRezept) und der elektronischen Arbeits- Beleuchtet würden dabei vor allem „Prozesse der Entwicklung, unfähigkeitsbescheinigung (eAU) „erst einmal gestoppt“ zu Spezifikation und Verantwortlichkeiten bei den erforderlichen haben. Arbeitserleichterung und konkreter Nutzen der Anwen- Festlegungen der Entwicklungsvorgaben für die Industrie bei dungen stünden für ihn im Vordergrund. Nicht 100-prozentig der Erstellung der Medizinischen Informationsobjekte (MIOs)“, ausgereifte technische Lösungen seien daher nicht in die Flä- um diese weiter zu verbessern. che bringbar. Digitalisierung muss helfen, nicht zusätzlich Doch auch hier wurde der Minister korrigiert – diesmal aus dem problematisieren! eigenen Haus. Anfang März betonte das BMG in einem Schrei- Insbesondere die Pannen bei der Digitalisierung haben auch ben an die gematik-Gesellschafter, die Testphase von eRezept den Vorstand der Landesärztekammer Brandenburg beschäf- und elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wür- tigt. Anders als es die letzten Jahre schien, sei Digitalisierung den „intensiv fortgeführt“. Diese Klarstellung war auch insoweit kein Selbstzweck – vor allem nicht in der Medizin. Vor diesem nötig, als bei vielen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten nach Hintergrund seien die ständig vorkommenden Kurskorrekturen der ministerialen Aussage Karl Lauterbachs Unsicherheit und Neuregelungen nicht länger hinnehmbar. Keinesfalls dürf- herrschte, ob eRezept und eAU überhaupt noch eingeführt wer- ten Ärztinnen und Ärzte für die Versäumnisse anderer finan- den sollen. Immerhin hatte das Ministerium erst im Dezember ziell herangezogen werden. 2021 die flächendeckende Einführung des eRezepts und der eAU verschoben und stattdessen die Testphase verlängert. Nachdem bereits das elektronische Rezept aufgrund von feh- lenden Voraussetzungen auf unbestimmte Zeit verschoben Doch alles wie geplant? werden musste, stelle insbesondere der bald nötig werdende Nun stellte das BMG in dem Schreiben fest, dass die Einfüh- Konnektorenaustausch einen neuen negativen Höhepunkt in rungsprozesse beider Projekte doch wie geplant fortgesetzt der Kaskade der Fehlentwicklungen dar. Die Politik müsse hier werden. Ziel sei es, zusätzliche Erfahrungen zu sammeln, um endlich gründlich aufräumen und die Digitalisierung so effizient die Anwendung des eRezepts vor allem in Praxen und Apo- und praxisnah gestalten, dass sich Ärztinnen und Ärzte auf theken optimieren zu können. „Sobald die […] zusammen mit ihre eigentliche Aufgabe – die Versorgung der Patienten – kon- der Selbstverwaltung festgelegten Qualitätskriterien erreicht zentrieren können. So wichtig die Digitalisierung auch sein werden, folgt der schrittweise Rollout der Anwendung eRezept möge: Letztlich sei sie bei der Patientenversorgung nur eine auch für die Leistungserbringer, die noch nicht an der Test- Nebensache, die schlicht und einfach funktionieren müsse. Für und Pilotphase teilnehmen.“ den Kammervorstand ist klar: „Wir werden dieses Thema jetzt verstärkt auf der Bundesebene ansprechen und auf Lösungen Allerdings sei die zweite eAU-Stufe mit dem Arbeitgeberver- drängen.“↙ fahren vom Bundesarbeitsministerium auf den 1. Januar 2023 verschoben. Ursprünglich war die Einführung für den 1. Juli 2022 vorgesehen. Der Rollout der ersten Stufe der eAU aber laufe bereits und „mehr als 20 Prozent aller Arbeitsunfähig- Foto: privat keitsbescheinigungen werden bereits heute elektronisch zur Elmar Esser Krankenkasse übertragen“. Der Rollout der ersten Stufe soll Pressesprecher der zum 1. Juli 2022 abgeschlossen werden. Landesärztekammer Brandenburg und Redaktionsleiter des Branden- burgischen Ärzteblattes presse@laekb.de 8 | Brandenburgisches Ärzteblatt
L ÄKB AKTUELL ■ Kenntnisse, Erfahrungen, im Ermessen der Weiterbildenden darü- Das Weiterbildungs Fertigkeiten ber hinaus, weitere Angaben im Zeugnis zeugnis Bezüglich der Gestaltung des Zeugnis- zu tätigen. ses gibt § 9 Abs. 1 Satz 1 WBO vor, dass Das Weiterbildungszeugnis ist immer im Einzelnen die erworbenen Kenntnisse, In diesem Zusammenhang ist darauf hin- wieder Gegenstand der täglichen Erfahrungen und Fertigkeiten darzule- zuweisen, dass das Weiterbildungszeug- Beratung von Ärztinnen und Ärzten. gen und zur Frage der fachlichen Eig- nis vom Arbeitszeugnis zu unterscheiden Dementsprechend widmet sich der nung ausführlich Stellung zu nehmen ist. ist. Es gelten insoweit verschiedene Vor- nachfolgende Beitrag diesem so gaben und Rechtsgrundlagen. Insbeson- wichtigen Dokument. Das Zeugnis darf insoweit nicht standar- dere muss das Weiterbildungszeugnis disiert bzw. schematisch sein. Vielmehr vom Tenor her, im Gegensatz zum Ar- Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 der Weiterbil- hat es sich auf die unter Anleitung des beitszeugnis, nicht positiv formuliert dungsordnung der Landesärztekammer Zeugniserstellers erbrachten Leistungen sein, sondern hat stattdessen den tat- Brandenburg (WBO) hat die weiterbil- zu beschränken. Die sich aus der oben sächlichen Ablauf der Weiterbildung so- dungsbefugte Ärztin/der weiterbildungs- zitierten Norm ergebende Vorgabe, zur wie den aktuellen Weiterbildungsstand befugte Arzt der/dem in Weiterbildung fachlichen Eignung Stellung nehmen zu der in Weiterbildung befindlichen Ärz- befindlichen Ärztin/Arzt über die unter müssen, verpflichtet zu einer detaillierten tinnen und Ärzte wiederzugeben. ihrer/seiner Verantwortung abgeleistete Leistungseinschätzung bzgl. der Arbeits- Weiterbildungszeit ein Zeugnis auszu- leistung und Qualität der geleisteten Ar- Kammer bietet Unterstützung im stellen. Wurde mehreren Ärztinnen und beit (Scholz in Spickhoff, Kommentar Konfliktfall Ärzten eine gemeinsame Befugnis er- zum Medizinrecht, § 10 MWBO, RN 3, Für den Fall, dass eine Weiterbildungs- teilt, obliegt ihnen zusammen die Ver- Verlag C.H.Beck, 3. Auflage). assistentin/ein Weiterbildungsassistent antwortung für die Zeugniserteilung. nach Abschluss eines Weiterbildungsab- Zeiten dokumentieren schnittes von der verantwortlichen Wei- Zeugnisausstellung ist Pflicht Satz 2 der Norm bestimmt zudem, dass terbilderin/dem verantwortlichen Weiter- Das Weiterbildungszeugnis ist auf Antrag das Zeugnis Angaben über den zeitlichen bilder kein Zeugnis i. S. d. § 9 WBO erhält, der/des in der Weiterbildung befindlichen Umfang der Weiterbildung (z. B. Teilzeit- bietet die Landesärztekammer Branden- Ärztin/Arztes oder auf Anforderung beschäftigung) und bzgl. der Unterbre- burg (Referat Weiterbildung) entspre- durch die Ärztekammer grundsätzlich in- chungen (§ 4 Abs. 4 WBO) enthalten chend Unterstützung an und vermittelt nerhalb von drei Monaten und bei Aus- muss. Es bedarf zudem der Angabe des in der Sache. Voraussetzung ist jedoch, scheiden unverzüglich zu erstellen. konkreten Zeitraumes der erfolgten Wei- dass es sich bei dem in Rede stehenden terbildung. Tätigkeitsabschnitt um Weiterbildung im Eine inhaltsgleiche Bestimmung findet Sinne der WBO gehandelt hat. ↙ sich ebenfalls in § 25 Satz 3 Berufsord- Der Wortlaut der Norm ist so gefasst, nung der Landesärztekammer Branden- dass der weiterbildungsbefugte Arzt da- burg. rüber hinaus weitere Angaben im Zeugnis Ass. jur. K. Metzner LL.M. tätigen kann. § 9 legt insoweit fest, wel- Leiterin Referat Weiterbildung Die Pflicht zur Zeugniserstellung, welche che Mindestangaben im Weiterbildungs im Übrigen auch nach der Beendigung der zeugnis enthalten sein müssen. Es liegt Kristina.Metzner@laekb.de Befugnis gilt, ergibt sich insoweit sowohl aus dem Weiterbildungs- als aus dem Be- Foto: Adobestock rufsrecht und kann daher bei Nichterfül- lung unter Umständen auch ein berufs- rechtliches Verfahren nach sich ziehen. 05 | 2022 | 9
■ L ÄKB AKTUELL Mehr Klimaschutz in der Landesärzte kammer – Erste Schritte sind getan Erste Schritte in Richtung mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind gegangen worden. Erfahren Sie mehr über aktuelle Projekte bei der Landesärztekammer Brandenburg. In den letzten Wochen und Monaten hat die Landesärztekam- Auch in Kriegszeiten: Klimaschutz bleibt mer begonnen, Maßnahmen zur nachhaltigen Energiegewin- Gesundheitsschutz nung für die eigene Arbeit umzusetzen. Auf dem Ärztekam- Der kriegerische Konflikt in der Ukraine hat sicherlich viele mergebäude in Cottbus wie auch auf dem gemeinschaftlich Ursachen und noch mannigfaltigere Auswirkungen, dennoch mit der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes Brandenburg geht es, wie so oft bei kriegerischen Konflikten auf der Welt, genutzten Gebäude in Potsdam ist die Installation von Foto- auch um fossile Brennstoffe und deren Vermarktung. Unmit- voltaikanlagen geplant, deren Strom die Kammer für die eige- telbar spüren wir nun unsere in friedlicheren Zeiten entstan- ne Arbeit nutzen wird. Nach positivem Entscheid des Vorstan- dene und aus Bequemlichkeit hingenommene Abhängigkeit des konnte schon Ende März 2022 die Installation in Auftrag nicht nur an der Dieselzapfsäule und durch die Heizkostenab- gegeben werden. Nach den Kalkulationen sollen mit der Foto- rechnung, sondern auch an unserer politischen Ohnmacht ge- voltaikanlage bis zu ca. 1.000 t Kohlendioxid pro Jahr eingespart genüber einem gewalttätigen Potentaten, der diese Abhängig- werden. Das ist ein wichtiger erster Schritt zu mehr Klima- keit für sich und seine Machtinteressen zu nutzen weiß. Das schutz und wird sich auch als eine ökonomisch vernünftige zarte Pflänzchen „Klimaschutz“, das nun in Europa gerade Entscheidung erweisen, zumal bei steigenden Energiepreisen. gehegt durch einen großen „green deal“ wachsen sollte, gerät durch die tagesaktuellen Herausforderungen ins Hintertreffen. Zunächst Hybrid – später Elektroautos Obwohl dies auch für mich persönlich so zutrifft, stelle ich bei Die bereits diskutierte Anlage mit mehreren Ladesäulen für näherer Betrachtung fest: Klimaschutz ist umso mehr Gesund- Elektroautos auf dem Parkplatz in Cottbus wurde bei im Mo- heitsschutz, und das Einsparen von fossilen Energieträgern ment ungeklärten Fördervoraussetzungen zunächst zurück- und nachhaltiger Umgang mit Ressourcen ist wesentlicher gestellt. Als Dienstwagen für den Standort Cottbus wird in Beitrag für den Erhalt von Freiheit und Unabhängigkeit und diesem Zusammenhang für eine Übergangszeit von zwei Jah- auch dadurch für den Erhalt der Gesundheit. Im Idealfall kann ren ein Hybridfahrzeug geleast. Ich persönlich hätte mir hier diese Erkenntnis zum Impuls für den Klimaschutz werden, eine mehr Mut zu raschen und konsequenten Veränderungen ge- Rückwärtsrolle zu Kohle und Atomenergie trüge diesbezüglich wünscht, also hin zur Implementierung eines klimasensitiven jedenfalls keine positiven Aspekte in sich. Mobilitätskonzeptes für die gesamte Landesärztekammer (Elektromobilität, evtl. Carsharing-Konzepte, vorurteilslose Überprüfung der Wegenotwendigkeiten und insgesamt vieles mehr). Die in der AG Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz fest- gelegte Zielstellung des papierlosen Arbeitens in der Landes- ärztekammer und das bereits papierlose Arbeiten in einzelnen Abteilungen (Gutachterstelle, Ethikportal) ist sinnvoll und zu- gleich eine Herausforderung. Die vollständige Umsetzung hängt auch stark von uns Mitgliedern der Kammer ab. 10 | Brandenburgisches Ärzteblatt
L ÄKB AKTUELL ■ Foto: Adobestock Umfrage bei Kliniken In den nächsten Wochen werden wir Fragebögen an alle Kli- niken in Brandenburg verschicken, mit denen wir zunächst die Klimasensitivität im Wirtschaften dieser Kliniken erfragen wol- Foto: privat len. In ersten Recherchen konnten wir sehr unterschiedlichen Leitender Oberarzt Umgang der Krankenhausträger mit diesem Thema konsta- Dr. med. Albrecht Grunske tieren. Daneben wollen wir auch die Vorbereitungen an Kran- Beauftragter der Landesärzte- kenhäusern in Erfahrung bringen, wie mit den gesundheitlichen kammer Brandenburg für Folgen des Klimawandels umgegangen werden soll. Ich hoffe Klima und Gesundheit dabei sehr auf Informationsgewinn und zugleich auf eine Sen- sibilisierung der Krankenhausbetreiber für Fragen des Klima- T. +49 (0)331 505605540 schutzes in Verbindung mit Gesundheitsschutz. Die Landes- info@laekb.de ärztekammer hat unterdessen auch die Ermittlung ihres www.laekb.de eigenen CO2-„Fußabdrucks“ in Auftrag gegeben. ↙ Herausforderungen der Corona-Pan Themen: Dr. Osamah Hamouda, Leiter der Ab- demie, Künstliche teilung 3 – Infektionsepidemiologie des Termin: RKI informiert über Neues aus der „Herz- Intelligenz, Public- 18. Mai 2022 kammer des RKI“. Health-Forschung 17:00 bis 19:00 Uhr Ort: Aus dem neuen Zentrum für Künstliche RKI zu Gast in Potsdam Landesärztekammer Brandenburg Intelligenz in der Public-Health-Forschung Veranstaltung der Landesärzte Geschäftsstelle Potsdam berichtet Dr. Katharina Ladewig. Sie er- kammer Brandenburg in Pappelallee 5 läutert die Nutzung und Analyse großer – Zusammenarbeit mit dem 14469 Potsdam auch unstrukturierter – Datenmengen, um Leitung: Dr. med. J. Ludwig die Gesundheit der Menschen in unserem Robert Koch-Institut in Wildau. Teilnahmegebühr: kostenfrei Land zu verbessern. Fortbildungspunkte: 2 Punkte der Kategorie A Im Rahmen ihrer Vorträge informieren die Anmeldung: Referenten über Aktivitäten des RKI in Abb.: Adobestock E-Mail praesident@laekb.de Zusammenhang mit der Corona-Pande- Betreff: RKI mie. Anschließend ist Zeit für Fragen und T. 0331 505 605 520 Austausch. 05 | 2022 | 11
GASTBEITRAG | Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (L AVG) Verletzungsdaten des Jahres 2021 aus der Kindernotaufnahme des Klinikum EvB Ergebnisse aus der Injury Database Betrachtet man die Tageszeit der Verletzungen, sieht man, Auf der Grundlage einer europaweit eingerichteten Verlet- dass diese mit 53,3 Prozent am häufigsten zwischen 12 und zungsdatenbank (Injury Database) (1), welche einheitlich und 17 Uhr auftraten, gefolgt von 25,9 Prozent von 6 bis 11 Uhr. standardisiert Verletzungsdaten zahlreicher Kliniken in ver- 96,1 Prozent der Verletzungen traten unbeabsichtigt auf und schiedenen Ländern Europas erfasst, wurden im Jahr 2021 in weniger als 1 Prozent der Verletzungen wurden durch vorsätz- der Kindernotaufnahme des Klinikum Ernst-von-Bergmann liche Selbstbeschädigung oder Gewalt verursacht. Ein Trans- (EvB) ab dem 01.04. Daten zu behandelten Verletzungen er- portmittelunfall wurde für 7,7 Prozent der Verletzungen an- hoben. gegeben. Bestandteil der Erfassung sind zusätzlich zum Verletzungs- Für die Tätigkeit zum Zeitpunkt der Verletzung waren die drei datum und -uhrzeit nähere Angaben zur verletzten Person so- häufigsten Angaben Freizeitbeschäftigung oder Spiel (32,0 wie zu den Umständen der Verletzung und der Behandlungs- Prozent), Fahren/Gehen ohne nähere Angabe (25,7 Prozent) form. Zu den Umständen der Verletzung zählen u. a. der sowie Sport und körperliche Betätigung in der Freizeit (16,4 Pro- Verletzungsort, die Intention (z. B. tätlicher Angriff oder vor- zent). Die vier häufigsten Verletzungsarten waren Prellung, sätzliche Selbstbeschädigung), die ausgeübte Tätigkeit zum offene Wunde, Distorsion, Verstauchung/Luxation, Verrenkung, Zeitpunkt der Verletzung, die Beförderungsart bei einem Trans- Ausrenkung und Fraktur, wobei die vier häufigsten verletzten portmittelunfall sowie beteiligte Produkte oder Personen. Auch Körperteile Kopf, obere Extremitäten, untere Extremitäten und der Unfallhergang wird beschrieben. Außerdem werden zur Rumpf waren. Verletzung die Art, das verletzte Körperteil, der Verletzungs- mechanismus sowie der ICD10-Code erhoben. Die Teilnahme Behandlungsformen und Verletzungsarten nach erfolgte freiwillig nach schriftlicher Einwilligung durch die Eltern. verletztem Körperteil Betrachtet man nun die häufigsten verletzten Körperteile Kopf, Deskriptive Ergebnisse der Verletzungsdaten Rumpf, obere und untere Extremitäten, welche bei insgesamt Insgesamt wurden 2.336 Verletzungsfälle in den Quartalen II 97,4 Prozent der Verletzungen betroffen waren, sind signifi- bis IV des Jahres 2021 in einem Altersbereich von 0 bis unter kante Unterschiede bei der Behandlungsform zwischen den 18 Jahren erfasst. Dabei kommen 62,5 Prozent der behandel- Körperteilen (p < 0,05) zu beobachten. Die häufigste Behand- ten Kinder aus Potsdam, 27,0 Prozent aus Potsdam-Mittel- lungsform ist bei allen die Erstbehandlung mit ambulanter mark, 2,8 Prozent aus anderen Landkreisen Brandenburgs, Folgebehandlung mit über 70 Prozent. Für die Erstbehandlung 3,6 Prozent aus Berlin und 3,2 Prozent aus anderen Bundes- und stationäre Aufnahme ist ein höherer Anteil bei Verletzun- ländern. Die Charakteristika der Studienpopulation sind in Ta- gen des Rumpfes mit 11,9 Prozent im Vergleich zu 8,7 Prozent belle 1 zusammengefasst. Das mediane Alter lag bei sieben beim Kopf und 8,0 Prozent bei den oberen Extremitäten zu Jahren. 59,1 Prozent der Verletzten waren männlich. Die Be- erkennen; nur 1,1 Prozent der Verletzungen der unteren Extre- handlung der Verletzungen umfasste mit 79,5 Prozent über- mitäten erforderten eine stationäre Aufnahme. wiegend eine Erstbehandlung mit ambulanter Folgebehandlung und für 6,9 Prozent eine stationäre Aufnahme mit einer me- dianen Behandlungsdauer von zwei Tagen. Verletzungen mit tödlichem Ausgang wurden nicht erfasst. 12 | Brandenburgisches Ärzteblatt
Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (L AVG) | GASTBEITRAG Tabelle 1: Charakteristika der Studienpopulation IDB Potsdam 2021 Charakteristikum N (%) / Median (IQR) Anzahl Fälle 2.336 Alter 7 (8) Geschlecht männlich59,1 weiblich40,4 divers0,04 unbekannt0,47 Krankenhaustage für stationäre Behandlungen (n=95) 2 (0) Verletzungszeit 0 bis 5 Uhr 1,37 6 bis 11 Uhr 25,9 12 bis 17 Uhr 53,3 18 bis 23 Uhr 19,0 Behandlungsart Entlassung nach Erstbehandlung 9,93 Erstbehandlung und Überweisung zu einem Arzt für Allgemeinmedizin 0,17 Erstbehandlung und ambulante Folgebehandlung 79,5 Erstbehandlung und stationäre Aufnahme 6,85 Verlegung in ein anderes Krankenhaus 0,09 Eintritt des Todes vor dem Eintreffen in (oder in) der Notfall- oder – Unfallambulanz oder während des Krankenhausaufenthalts – Keine Angabe 3,51 Transportmittelunfall (Anteil ja) 7,7 Tätigkeit zum Zeitpunkt der Verletzung (drei häufigste) 1. Freizeitbeschäftigung oder Spiel 32,0 2. Fahren/Gehen ohne nähere Angabe 25,7 3. Sport und körperliche Betätigung in der Freizeit 16,4 Art der 1. Verletzung (vier häufigste) 1. Prellung 32,5 2. Offene Wunde 24,4 3. Distorsion, Verstauchung / Luxation, Verrenkung, Ausrenkung 18,6 4. Fraktur 15,4 Verletzter 1. Körperteil (4 häufigste) 1. Kopf 39,3 2. Obere Extremitäten 33,1 Quelle: LAVG 3. Untere Extremitäten 19,6 4. Rumpf 5,39 Die Häufigkeiten der Verletzungsarten nach verletztem Kör- letzungen auf. Für die unteren Extremitäten war eine Distor- perteil sind in Abbildung 1 dargestellt und zeigen sich sehr sion/Verstauchung und Schädigung der Blutgefäße deutlich unterschiedlich (p < 0,05). So kam die offene Wunde deutlich häufiger als bei den übrigen Körperteilen. Von den Kopfver- häufiger bei einer Verletzung des Kopfes als bei den übrigen letzungen waren 9,9 Prozent eine Gehirnerschütterung und Körperteilen vor, während eine Fraktur häufiger bei den oberen von den Rumpfverletzungen 2,4 Prozent Verletzungen der in- Extremitäten vorkam. Am Rumpf traten im Verhältnis häufiger neren Organe. Verbrennungen oder Verbrühungen sowie Sehnen-/Muskelver- 05 | 2022 | 13
GASTBEITRAG | Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (L AVG) Abbildung 1: Relative Häufigkeiten der Verletzungsarten nach verletztem Körperteil. Dargestellt sind die Anteile der Verletzungsarten in Prozent für die vier verletzten Körperteile Kopf, Rumpf, obere und untere Extremitäten. Verletzungsart Prellung Sehnen- und Muskelverletzungen Offene Wunde Verbrennung, Verbrühung Fraktur Schädigung der Blutgefäße Abschürfung Quetschung Untere Extremitäten Obere Extremitäten Distorsion, Verstauchung/ Rumpf Luxation, Verrenkung, Ausrenkung Kopf Quelle: LAVG 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Anteil in % Zusammenfassung und Ausblick Die Daten der Injury Database aus der Kindernotaufnahme im Erarbeitung von Maßnahmen im Verbraucherschutz und der Potsdamer EvB zeigten interessante Ergebnisse zu den Um- Stadt- bzw. Verkehrsplanung unterstützt werden. ↙ ständen der Verletzungen bei Kindern. 7,7 Prozent der Verlet- zungen waren auf Transportmittelunfälle und hier mehrheitlich Quellen (1) Eurosafe: Introduction to the functioning of the European IDB-database, auf die Nutzung von Fahrrädern zurückzuführen. Der Anteil August 2020. von Gewaltverletzungen war sehr gering und auch schwerwie- gende Verletzungsfälle wurden selten erfasst. Dies könnte auf Autoren eine Selektion leichter Verletzungsfälle hindeuten. Dr. Kristin Mühlenbruch Dr. Sascha Jatzkowski Auf Grundlage der vorliegenden Daten können zukünftig ziel- gerichtete Präventionsmaßnahmen initiiert werden sowie die 14 | Brandenburgisches Ärzteblatt
Steuertipp | ARZT & RECHT ■ Wann das Finanzamt Bewirtungs rechnungen anerkennt Abb.: Adobestock Bewirtungsrechnungen Handschriftliche Belege Einen regelmäßigen Streitpunkt in Betriebsprüfungen stellen Grundsätzlich erkennt die Finanzverwaltung nur noch maschi- Bewirtungsrechnungen dar. An den betrieblichen Nachweis nell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mit Hilfe einer stellt die Finanzverwaltung schon immer hohe Anforderungen. zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung abgesicherte Die Finanzverwaltung hat jetzt in einem neuen Schreiben die Rechnungen an (vgl. BMF-Schreiben Ziffer 10 ff.). Handschrift- Pflichtinhalte von Bewirtungsrechnungen neu definiert (BMF liche Rechnungen oder „nur“ maschinell erstellte ohne die neu- vom 30.6.2021, IV C 6 – S 2145/19/10003: 003 BStBl 2021 I en Standards nach der KassenSichV erkennt die Finanzver- S. 90). waltung nicht mehr an. Ausnahmen gelten nur für Auslandsrechnungen, sofern der Steuerpflichtige glaubhaft Kleinbetragsrechnungen macht, dass in dem ausländischen Staat keine maschinellen Unverändert bleibt es bei Kleinbetragsrechnungen, das sind Belege erstellt werden müssen. Rechnungen mit einem Gesamtbetrag bis zu 250 € (inkl. Um- satzsteuer), bei den bisher geltenden vier Pflichtangaben. Be- Steuerliche Abzugsfähigkeit wirtungsbelege bis zu diesem Betrag müssen nur den Namen Die Finanzverwaltung unterstellt grundsätzlich bei Bewirtung und die Anschrift des Unternehmers, das Ausstellungsdatum, von Geschäftspartnern auch einen privaten Zusammenhang. Angaben über die bezogenen Lieferungen und Leistungen so- Somit sind Bewirtungsaufwendungen immer nur zu 70 Prozent wie das Entgelt mit dem darauf entfallenden Steuerbetrag als Betriebsausgaben abzugsfähig. ↙ enthalten (§ 33 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung/ UStDV). Rechnungen über 250 € Höhere Bewirtungsrechnungen werden ab 2023 hingegen nur Foto: Privat noch anerkannt, wenn die verpflichtenden Angaben nach § 6 Torsten Feiertag der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) eingehalten Steuerberater werden. Dazu gehören neben den allgemeinen Rechnungsan- gaben wie der vollständige Name und die Anschrift des leis- T. +49 (0)30 8590860 tenden Unternehmers auch eine Transaktionsnummer sowie info@stb-feiertag.de die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems www.stb-feiertag.de oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls (§ 6 Nr. 4, 6, KassenSichV). 05 | 2022 | 15
GASTBEITRAG | Klinisches Krebsregister für Brandenburg und Berlin Ausgewählte Ergebnisse zum Lungen karzinom und dessen Versorgungsqualität In diesem Beitrag werden ausgewählte Daten aus dem Klinischen Krebsregister für Brandenburg und Berlin erläutert, die auf der Entitäten-spezifischen Qualitätskonferenz zum Lungenkarzinom am 26.01.2022 vorgestellt wurden. In die Analysen gingen die im KKRBB bis zum Erkrankungsstadium 03.12.2021 dokumentierten Fälle mit Lungen- Die Stadienverteilung bezogen auf Patienten krebs (ICD-10: C34) der Diagnose jahre mit NSCLC und SCLC ist der Abbildung 1 zu 2017 – 2019 ein. Im genannten Zeitraum wurden entnehmen. Daraus wird ersichtlich, dass ins- im Land Brandenburg 3.622 Fälle bei Männern besondere beim NSCLC das klinische UICC-Sta- und 1.791 Fälle bei Frauen, in Berlin 4.483 Fälle dium mit einem Anteil von 21 Prozent für die bei Männern und 3.402 Fälle bei Frauen, doku- Diagnosejahre 2017 – 2019 relativ oft fehlte bzw. mentiert. Lungenkrebs stellt demnach die zweit- unbekannt war. Berücksichtigt man für primär häufigste Tumordiagnose bei Männern und operierte Fälle auch das pathologische Stadium, Frauen in Brandenburg und Berlin dar. Das mitt- so lag beim NSCLC in 92 Prozent ein kombi- lere Erkrankungsalter betrug 69 Jahre für Frau- niertes Stadium vor. Es ist anzustreben, dass en bzw. 70 Jahre für Männer. auch bei primär operierten Fällen konsequenter auch ein klinisches Stadium gemeldet wird. Bezüglich der Histologien waren 73 Prozent aller Lungenkarzinome nicht-kleinzellige Lungenkarzi- Der überwiegende Teil der Erkrankungen war beim nome (NSCLC), 15 Prozent kleinzellige Lungen- NSCLC und vor allem beim SCLC bereits im me- karzinome (SCLC) und der Rest sonstige und nicht tastasierten Stadium. Frühe Stadien (UICC I und näher bezeichnete Karzinome bzw. Malignome. II) spielten demnach beim SCLC im Vergleich zum NSCLC so gut wie gar keine Rolle (Vgl. Abb. 1). 50 % NSCLC (n = 9770) 70 % SCLC (n = 2045) 67 % 67 % 46 % 46 % 60 % 45 % 44 % 61 % 61 % 40 % 50 % 30 % 40 % 30 % 23 % 20 % 22 % 21 % 20 % 20 % 18 % 20 % 17 % 16 % 19 % 19 % 10 % 23 % 23 % 10 % 3% 3% 13 % 9% 9% 9% 12 % 2% 2% 2% 2% 8% 8% 8% 11 % 10 % 1% 1% 6% 6% Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen klin. UICC kombiniertes UICC klin. UICC kombiniertes UICC I II III IV X Abb. 1: Verteilung der UICC-Stadien nach Geschlecht für Patienten mit nicht-kleinzelligen (NSCLC) und kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), Wohnort Brandenburg und Berlin, Diagnosejahre 2017 – 2019 (n=11.815) 16 | Brandenburgisches Ärzteblatt
Klinisches Krebsregister für Brandenburg und Berlin | GASTBEITRAG Darstellung der Versorgungsqualität an- Für die Qualitätskonferenz wurden die Quali- hand der auswertbaren Qualitätsindikato- tätsindikatoren auch getrennt nach Diagnose- ren (QI) aus der Leitlinie jahren und nach Behandlungseinrichtungen Die aktuelle S3-Leitlinie zum Lungenkarzinom (1) (pseudonymisiert) ausgewertet und vorgestellt. beinhaltet derzeit acht Qualitätsindikatoren zur Diese Ergebnisse sind auf der Internetseite des Beurteilung der Behandlungsqualität. Von diesen KKRBB www.kkrbb.de veröffentlicht. sind wiederum derzeit vier Qualitätsindikatoren anhand der Daten der klinischen Krebsregister Prätherapeutische Tumorkonferenz (QI 5) auswertbar. Mit der Aktualisierung des bundes- Entsprechend der an das KKRBB gemeldeten einheitlichen onkologischen Basisdatensatzes (2) Daten wurden 54 Prozent der in Brandenburg werden zukünftig auch die molekulargenetischen bzw. 66 Prozent der in Berlin diagnostizierten Merkmale zu Tumoren aufgenommen werden Patienten mit NSCLC im klinischen Stadium IVA können und so Auswertungen zu zielgerichteten in einer prätherapeutischen Tumorkonferenz vor- Therapien und infolge dessen auch zu weiteren gestellt. Die nicht im QI 5 berücksichtigten frü- Qualitätsindikatoren möglich sein. heren Stadien wiesen einen höheren Anteil an Fällen auf, die in einer prätherapeutischen Tumor- Eine Übersicht über die derzeit auswertbaren konferenz besprochen wurden. Dieser lag zwi- Qualitätsindikatoren, die zugrundeliegende Pa- schen 75 und 80 Prozent für das klinische Sta- tientenpopulation und den landesweiten Erfül- dium I bis III in Brandenburg und Berlin. lungsgrad in Brandenburg und Berlin ist in Ta- belle 1 wiedergegeben. Tabelle 1: Übersicht über die auswertbaren Qualitätsindikatoren zum Lungenkarzinom, Diagnosejahre 2017 – 2019, Behandlungsort Brandenburg (BB) bzw. Berlin (BE) Qualitätsindikator Zählera Nenner Fallzahl (Stichprobe) Ergebnis QI 5: Anzahl der Pat., die Alle Pat. mit NSCLC im N = 1.753 BB: 54 % Erfüllungsgrad prätherapeutische Vorstellung prätherapeutisch in der klinischen Stadium IVA (Bundesland der BE: 66 % Erfüllungsgrad Tumorkonferenz interdisziplinären Tumor Diagnose) konferenz vorgestellt wurden QI 6: Anzahl Pat. mit einer Alle Pat. mit Erstdiagnose N = 335 BB: 33 % Erfüllungsgrad Adjuvante cisplatinbasierte adjuvanten Chemotherapie NSCLC und pathologisches (Bundesland BE: 28 % Erfüllungsgrad Chemotherapie bei NSCLC mit cisplatinbasierter Stad. II bzw. IIIA1/A2b, ECOG der OP) Stadium II–IIIA1/A2b Kombination 0/1, R0-Resektion und Lymphknotendissektion QI 7: Anzahl Pat. Alle Pat. mit Erstdiagnose N = 534 BB: 33 % Erfüllungsgrad Kombinierte mit Radiochemotherapie NSCLC im klinischen (Bundesland BE: 37 % Erfüllungsgrad Radiochemotherapie Stad. IIIA4c, IIIB oder IIIC der Diagnose) bei SCLC-Stad. IIIA4c/IIIBd und ECOG 0/1 QI 8: Anzahl Pat. Alle Pat. mit Erstdiagnose N = 214 BB: 33 % Erfüllungsgrad Kombinierte mit Radiochemotherapie SCLC-Stad. IIB[T3] – IIIC (Bundesland BE: 49 % Erfüllungsgrad Radiochemotherapie [TNM: cT1/2 N2-3 M0, cT3/4 der Diagnose) bei SCLC-Stad. IIB–IIIBd N0-3 M0] und ECOG 0/1 a Der Zähler ist immer Bestandteil des Nenners. b Stadium IIIA1 und IIIA2 kann nicht berücksichtigt werden, da Robinson-Klassifikation nicht Bestandteil des onkologischen Basisdatensatzes. c Stadium IIIA4 kann nicht berücksichtigt werden, da Robinson-Klassifikation nicht Bestandteil des onkologischen Basisdatensatzes. d Die Empfehlung basiert auf TNM 7. Auflage, mit der 8. Auflage wurde das Stadium IIIC hinzugefügt. 05 | 2022 | 17
GASTBEITRAG | Klinisches Krebsregister für Brandenburg und Berlin Foto: Adobestock Einschränkungen in der Auswertung ergeben sich durch fehlende Angaben zum klinischen Stadium bzw. ECOG-Leistungszustand. Die ECOG-Angabe fehlte in rund einem Drittel der Fälle, ist aber Voraussetzung für die Fallauswahl zur Berechnung von QI6–8. Einschränkungen der Interpretation ergeben sich zudem durch die Tatsache, dass fehlende Meldungen an das KKRBB nicht ausgeschlossen werden können. Weiterhin lässt sich bisher durch Krebsregister- daten nicht erfassen, wie häufig eine Therapie empfohlen, aber aufgrund des Patientenwun- sches nicht durchgeführt wurde. Adjuvante cisplatinbasierte Chemotherapie (QI 6) Nichtsdestotrotz konnte festgestellt werden, Bezogen auf im Land Brandenburg R0-operierte Patienten mit NSCLC im dass die landesweite Versorgungsqualität in pathologischen Stadium II wurden 33 Prozent adjuvant mit einer cisplatin- Berlin und Brandenburg im Bereich dessen lag, haltigen Kombinationschemotherapie behandelt. In Berlin waren es 28 Pro- was auch bundesweit für die zertifizierten Lun- zent der Patienten. Insgesamt wurden jedoch die Hälfte der Patienten aus genkrebszentren berichtet wurde (für QI6 bis Brandenburg und Berlin mit einer adjuvanten Chemotherapie behandelt. Bei QI8, Jahr 2019 (4)). Daten aus dem klinischen chemotherapierten Patienten ohne cisplatinhaltiges Protokoll war das Pro- Krebsregister sind grundsätzlich geeignet, die tokoll in der Regel carboplatinbasiert. Versorgungsqualität abzubilden. Kombinierte Radiochemotherapie (QI 7 und QI 8) Weitere Ergebnisse sind als Vorträge auf der Für 33 Prozent der in Brandenburg bzw. 37 Prozent der in Berlin diagnosti- Internetseite des KKRBB veröffentlicht (www. zierten Patienten mit NSCLC im klinischen Stadium IIIB–IIIC wurde eine kom- kkrbb.de). ↙ binierte Radiochemotherapie gemeldet. Bezogen auf SCLC im Stadium IIB–IIIC wurde für 33 Prozent der in Brandenburg und 49 Prozent der in Berlin diag- Literatur nostizierten Patienten eine kombinierte Radiochemotherapie dokumentiert. (1) Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesell- schaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Als kombinierte Radiochemotherapie wurde hierbei eine Kombination aus Be- Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des strahlung des Zielgebiets Lunge und einer klassischen Chemotherapie in einem Lungenkarzinoms, Langversion 1.0 – Februar 2018, zeitlichen Abstand von maximal zehn Wochen definiert. AWMF Registrierungsnummer: 020/007OL, https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/ lungenkarzinom/ (Abruf am 02.03.2022) Zusammenfassende Beurteilung (2) Publikation im Bundesanzeiger: Basisdatensatz Der zum Teil höhere Erfüllungsgrad der Qualitätsindikatoren in Berlin (Vgl. Version 2021, BAnz AT 12.07.2021 B4; Vorgängerver- Tab. 1) sollte vor dem Hintergrund der dort wesentlich höheren Dichte an sion: Basisdatensatz 2014, BAnz AT 28.04.2014 B2; DKG-zertifizierten Lungenkrebszentren im Vergleich zu Brandenburg gese- https://basisdatensatz.de/bundesanzeiger (Abruf am 02.03.2022) hen werden (im Auswertungszeitraum gab es in Berlin neun Standorte und (3) https://www.oncomap.de/centers (Abruf am in Brandenburg einen Standort mit DKG-Zertifizierung (3). 03.03.2022) (4) Jahresbericht der zertifizierten Lungenkrebszentren 2021 (Auditjahr 2020/Kennzahlenjahr 2019), Deutsche Krebsgesellschaft; https://www.onkozert.de/organ/lunge/ (Abruf am Dr. P. H. Anne von Rüsten 03.03.2022) Dr. med. Constanze Schneider Klinisches Krebsregister für Brandenburg und Berlin gGmbH Fachbereich Auswertung und Datennutzung Anne.vonRuesten@kkrbb.de 18 | Brandenburgisches Ärzteblatt
BERUF & POLITIK ■ EFI: Deutschland braucht Digitalisierungsstrategie Deutschland liegt bei der Digitalisierung weit hinter anderen europäischen Ländern zurück. Zu diesem Ergebnis kommt die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). Insbesondere die Corona-Pandemie habe aufgezeigt, dass das Gesundheitssystem enorme Defizite bei der Digitalisierung Foto: Adobestock aufweist. Dies betont die EFI in ihrem aktuellen Jahresgut- achten zu Forschung, Innovation und technologischer Leis- tungsfähigkeit Deutschlands. Dabei seien mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens große Innovations- und Wertschöpfungspotentiale verbunden. Analysen hätten verdeutlicht, dass digitale Technologien die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern können. Zu- dem eröffne die zunehmende Verfügbarkeit von Gesundheits- daten in Verbindung mit modernen digitalen Analyseverfahren neue und weitreichende Möglichkeiten für eine stärker perso- Auch erschwere die bisher noch geringe Akzeptanz bei Leistungs- nalisierte Diagnostik und Therapie, betont die Expertenkom- erbringern die flächendeckende Nutzung digitaler Gesundheits- mission. anwendungen. Bei Gesundheitsdaten bestehe ein Spannungs- verhältnis zwischen IT-Sicherheit und Datenschutz auf der einen Potenziale verschenkt? und den Potenzialen der Datennutzung auf der anderen Seite. Bislang würden diese hohen Potenziale in Deutschland aller- dings verschenkt. So stellt aus Sicht der Expertenkommission Alle Akteure in Strategieentwicklung einbeziehen! die Struktur des Gesundheitssystems ein zentrales Hemmnis Die Expertenkommission empfiehlt der Bundesregierung des- für die Digitalisierung dar. „Die Vielzahl von Akteuren mit ver- halb, rasch eine Digitalisierungsstrategie zu entwickeln und teilten Verantwortlichkeiten behindert die Digitalisierung im umzusetzen. Dabei sollten alle relevanten Akteursgruppen des Gesundheitswesen ungemein“, erklärt der Kommissionsvorsit- Gesundheitswesens einbezogen werden. Darüber hinaus müss- zende Prof. Dr. Uwe Cantner. ten interoperable Standards etabliert werden, um die Inter- operabilität zwischen IT-Systemen zu gewährleisten. Mit Blick auf die bestehenden Hemmnisse bei der Weitergabe „Um die mit den Daten aus der elektronischen Patientenakte und Nutzung von Gesundheitsdaten befürwortet die Exper- verbundenen Potenziale – wie zum Beispiel passgenaue tenkommission ausdrücklich das im Koalitionsvertrag ange- Diagnosen – ausschöpfen zu können, sollte die Möglichkeit der kündigte Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Freigabe der Daten, insbesondere für Forschungszwecke, möglichst niederschwellig ausgestaltet werden.“ Abschließend mahnt die Expertenkommission einen raschen Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Modernisierung der Prof. Dr. Uwe Cantner Ausbildung in den Gesundheitsberufen an. Dies könne die di- gitale Transformation im Gesundheitswesen maßgeblich unter- stützen. ↙ BÄK 05 | 2022 | 19
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