AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie

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AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
Ausgabe 04/2012 – ISSN 1436-753X

AkademieAktuell
              Zeitschrift der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Schwerpunkt
              Gletscher, Votivbilder
              und die Ehrenbögen von Pompeji
              Aus der Arbeit der Akademie

         Bayerische
      Akademie der Wissenschaften
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
Edito r i a l

                                                                                                   Liebe Leserinnen,
                                                                                                         liebe Leser!
B l au e i s, Watzman ngletsc h er, Höllentalferner, Nördlicher
und Südlicher Schneeferner – so heißen die fünf Gletscher, die es

                                                                                                                                                                                           Abb.: Archiv
heute noch in den deutschen Alpen gibt. Wissenschaftliche Er-
kenntnisse über den Rückzug des „Ewigen Eises“, der seit einigen
Jahrzehnten zu beobachten ist, bietet der Bayerische Gletscher-
bericht, für den die Glaziologen Christoph Mayer und Wilfried Hagg
im Auftrag des Bayerischen Umweltministeriums erstmals alle wichtigen Daten zusam-
mengestellt und analysiert haben. Wozu der Bericht dient und welche weiteren For-
schungsergebnisse 2012 an der Akademie erarbeitet wurden, das erfahren Sie in dieser
Ausgabe von „Akademie Aktuell“. Das vierte Heft des Jahres ist traditionell den vielfältigen
Neuerscheinungen gewidmet.

Mit einem aktuellen Umweltthema befasst sich auch Claudia Deigele: Sie stellt die Frage
nach ökologischen und ökonomischen Konzepten für unsere künftige Energieversorgung
(S. 28). Zu diesem Thema hat die Kommission für Ökologie 2012 gemeinsam mit dem ifo
Institut ein großes Rundgespräch veranstaltet. Die weiteren Beiträge widmen sich geis-
teswissenschaftlichen Neuerscheinungen: Valentin Kockel stellt die Ergebnisse der jüngs-
ten Grabungen auf dem Forum von Pompeji vor (S. 12), Kristina Domanski erklärt, wie in
mittelalterlichen Handschriften mit Bildern Geschichte geschrieben wurde (S. 18). Christine
Steininger nimmt Sie mit ins „Herz des Pfaffenwinkels“: Auch der Band über die Inschriften
des Landkreises Weilheim-Schongau ist vor kurzem erschienen (S. 22). Von den vielfältigen
Kontakten zwischen Bayern und Russland, die bereits auf das 9. Jahrhundert zurückgehen,
berichtet Gabriele Greindl (S. 24).

Allen Autorinnen und Autoren gilt mein herzlicher Dank für ihre Mitwirkung an dieser Aus-
gabe von „Akademie Aktuell“. Unseren Leserinnen und Lesern wünsche ich eine anregende
Lektüre!

                                           Prof. Dr. Karl-Heinz Hoffmann
                                           Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

                                                             Ausgabe 04/2012 – ISSN 1436-753X                          Unser Titel
                                              AkademieAktuellZeitschrift der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

                                                                                                                       Im Sommer 2012 präsentierte Umweltminister Marcel Huber
                                                                                                                       der Öffentlichkeit den Bayerischen Gletscherbericht, der erst-
                                                                                                                       mals alle fünf Gletscher in den deutschen Alpen dokumentiert.
                                                                                                                       Glaziologen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
                                               Schwerpunkt
                                                             Gletscher, Votivbilder
                                                             und die Ehrenbögen von Pompeji
                Abb.: Zoonar/Gunar Streu

                                                                                                                       haben den Bericht erstellt, „Akademie Aktuell“ stellt ihre Arbeit
                                                             Aus der Arbeit der Akademie

                                                                                                                       auf S. 30 bis 33 vor.
                                                        Bayerische                                                     Unser Titelfoto zeigt die Eiskapelle unterhalb der Watzmann-
                                                                                                                       Ostwand im Berchtesgadener Land.
                                                     Akademie der Wissenschaften

                                                                                                                                                                       04-2012 Akademie Aktuell 3
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
I n halt
  H e ft 4 3            AKTU ELL                                        Tag u ng
                         5 Max Weber Stiftung – BAdW-Fishbowl –         41 Bräuche : Medien : Transformationen
  Au s g a b e             Israel und seine Nachbarn                       Von Gabriele Wolf
  04-2012                6 In der Champions League der Großrechner      44 „Lust an der Wortklauberey“
                           Von Ludger Palm                                 Von Edith Funk und Anthony Rowley
                         8 Der Schatten des Maoismus                    46 Fachsprache(n) im mittelalterlichen Latein
                           Von Daniel Leese                                Von Marie-Luise Weber

                        Pu b l i kation                                 J u nges kolleg
                         12 Das Forum von Pompeji                       48 Welche Rolle spielt Abstraktion für intelli-
                            Von Valentin Kockel                            gentes Verhalten?
                        18 Mit Bildern Geschichte schreiben                Von Alexandra Kirsch
                            Von Kristina Domanski                       50 Oberflächenphysik, Hörforschung
                        22 Im Herz des Pfaffenwinkels                      und das Bakterium Helicobacter pylori:
                            Von Christine Steininger                       neue Mitglieder im Jungen Kolleg
                                                                           Interview mit Sabine Maier, Michael Pecka
                        24 Bayern und Russland in vormoderner Zeit
                                                                           und Cynthia M. Sharma
                            Von Gabriele Greindl
                        28 Unsere künftige Energieversorgung
                            Von Claudia Deigele
                                                                        PERSON EN
                        30 Das „Ewige Eis“ auf dem Rückzug
                                                                        56 Kurz notiert
                            Von Christoph Mayer
                                                                           Von Gisela von Klaudy

                        digital                                         VORSC HAU
                        34 Zertifiziertes Wissen im Netz
                                                                        57 Termine Dezember 2012 bis März 2013
                           Von Hans Günter Hockerts
                        36 Alle Möglichkeiten der digitalen Welt
                           Von Karl-Ulrich Gelberg
                                                                        IN F O
                        38 „Geschichtsquellen des deutschen
                                                                        58 Auf einen Blick
                           Mittelalters“ digital
                           Von Markus Wesche                            58 Impressum

                                                                   12                                               48    Abb.: V. Kockel und D. Stante; The RobotCub Consortium

4 Akademie Aktuell 04-2012
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
A ktu e l l

                                                                       Neues Format: der BAdW-Fishbowl
                                                                       Auf Augen höh e diskutieren: Dieses Ziel verfolgte
                                                                       der erste BAdW-Fishbowl, der in Kooperation mit der Bay-
                                                                       erischen EliteAkademie am 13. September 2012 stattfand.
                                                                       Rund 80 Teilnehmer diskutierten mit Jutta Allmendinger
                                                                       (Wissenschaftszentrum Berlin), Andrea Prehofer (Siemens),
                   Neue Lage:                                          Nadja Hirsch (FDP) und Oliver Jörg (CSU) über die Frage
                                                                       „Brauchen wir eine Frauenquote?“ Das interaktive Format
                   Israel und seine Nachbarn                           ermöglicht es dem Publikum, sich direkt in die Debatte
                                                                       einzubringen: In der Mitte – im Goldfischglas – diskutie-
                   W i e s i e h t e s e i n Jah r nach dem            ren die geladenen Experten, die übrigen Teilnehmer sit-
                   Arabischen Frühling im Nahen Osten aus?             zen im Außenkreis. Sie können temporär einen der freien
                   Und was bedeuten die Veränderungen in der           Stühle im Innenkreis einnehmen und mitdiskutieren.  n
                   Region für Israel? Diese Fragen diskutierten
                   Richard Asbeck (Hanns-Seidel-Stiftung, Jeru-
                   salem), Michael Brenner (LMU München) und
                   Guido Steinberg (Stiftung Wissenschaft und
                   Politik) am 10. Oktober 2012 mit Moderator
                   Clemens Verenkotte und dem Publikum. Für
                   die Veranstaltung kooperierte die Akademie
                   mit der Hanns-Seidel-Stiftung.              n

                                                                                                                         Lebhafte Diskussion: Die

                       Neuer Name: Max Weber Stiftung
                                                                                                                         Moderatorin Gisela Freisinger
                                                                                                                         (manager magazin, im Innen-
                                                                                                                         kreis rechts) brachte im ersten
                       D i e „Sti ftung D e uts c h er Geistes-       Berichte über Webers Amerika-Reise 1904            BAdW-Fishbowl Studierende
                       wissenschaftlicher Institute im Ausland“       (L. Scaff), beeindruckend seine Kontakte zu        und Experten ins Gespräch.
                       (DGIA) hat sich anlässlich ihres zehnjährigen  russischen Intellektuellen (D. Dahlmann),
                       Bestehens einen neuen Namen gegeben: Sie       außergewöhnlich seine starke Rezeption
                       heißt seit 1. Juli 2012 „Max Weber Stiftung“.  in Japan (W. Schwentker) und hochaktuell
                       Mit einem Augenzwinkern gab Präsident          seine Bedeutung in der arabisch-islamischen
                       Heinz Duchhardt zu, dass der alte Name         Welt (A. Toumarkine, S. Leder, H. Ali). Einen
                       für Ausländer kaum aussprechbar war. Nun       Überblick über die weltweite Rezeption gab
                       möchte man die Strahlkraft des deutschen       E. Hanke, systematische Fragen warfen H.
                       Soziologen und Universalgelehrten Max          Bruhns zu Webers soziologischem Blick auf
                       Weber (1864–1920) nutzen, um die Arbeit        den Krieg und G. Hübinger zu Webers univer-
                       der Auslandsinstitute in Beirut, Istanbul,     salhistorischem Denken auf. Die Max-Weber-
                       London, Moskau, Paris, Rom, Tokio, Warschau    Gesamtausgabe, die im Auftrag der Kommis-
                       und Washington öffentlichkeitswirksam zu       sion für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der
                       präsentieren.                                  Bayerischen Akademie der Wissenschaften
                                                                      herausgegeben wird, war durch Referenten
                       Vertreter der Institute und Weber-Spezialisten und Teilnehmer vertreten. Das Tagungskon-
                       des In- und Auslandes kamen am 4. und 5. Juli zept entwickelte A. Munding, Mitarbeiterin
beide Abb.: BAdW

                       in Bonn zur Tagung „Max Weber in der Welt“     der Kommission.
                       zusammen, um die weltweite Bedeutung
                       Webers zu vermessen. Spannend waren die        In Kooperation mit dem Historischen Kolleg
                                                                      München vergibt die Max Weber Stiftung in
                                                                      Zukunft einen Internationalen Forschungsför-
                                                                      derpreis, der mit 30.000 Euro dotiert ist.  n

                                                                                                                       04-2012 Akademie Aktuell 5
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
A ktu e l l

                                                                                        Festakt

                                   In der Champions League
                                            der Großrechner
               Am 20. Juli 2012 war es soweit: Die Akademie feierte auf
  dem Forschungscampus in Garching mit Bundesministerin Schavan,
    Wissenschaftsminister Heubisch und vielen in- und ausländischen
Gästen das 50-jährige Bestehen ihres Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) sowie
             die Inbetriebnahme des SuperMUC, eines der schnellsten
                                                      Rechner der Welt.

                                                                          Von Lu dge r Palm

  Annette Schavan und Wolfgang      De r ü b e r das Gau SS C entr e for Super-
  Heubisch überzeugten sich im      computing gemeinsam von Bund und Freistaat
  Gespräch mit LRZ-Leiter Arndt     Bayern finanzierte SuperMUC belegte pünktlich
  Bode eigenhändig von der in-      zum Festakt mit einer Rechenleistung von 3 Peta-
  novativen Warmwasserkühlung       flops auf der TOP500-Liste der schnellsten         Europas entwickelte. Seit 2006 hat es seinen
  des SuperMUC.                     Rechner der Welt den vierten Platz und ist die     Sitz auf dem Forschungsgelände in Garching
                                    Nummer 1 in Europa. „Es freut mich ganz beson-     und versorgt weit über 100.000 Studierende,
                                    ders“, erklärte Akademiepräsident Karl-Heinz       Professoren und Mitarbeiter der Unis, der Aka-
  IBM Research – Zürich präsen-     Hoffmann bei dem Festakt in Garching, „dass        demie und weiterer Forschungseinrichtungen
  tierte seine Entwicklungen in     das Leibniz-Rechenzentrum der Akademie in der      im Großraum München mit vielfältigen IT-
  der Warmwasserkühltechnik,        Champions League der Großrechner erneut ganz       Dienstleistungen, z. B. einem schnellen Internet-
  die bei SuperMUC zum Einsatz      vorne mitspielt.“                                  zugang, Archivierung und Back-up sowie E-Mail.
  kommt.                                                                               „Dabei hat sich das LRZ stets der Gestaltung
                                    Er verwies aber auch darauf, dass SuperMUC         und Pilotierung innovativer Dienste verpflich-
  V. l. n. r.: Akademiepräsident    „nur der jüngste Höhepunkt einer großen            tet gefühlt“, erklärte der langjährige LRZ-Leiter
  Hoffmann, Martina Koederitz       Erfolgsgeschichte ist, die vor 50 Jahren be-       Heinz-Gerd Hegering. Der Abruf von Vorlesun-
  (IBM Deutschland), Bundesmi-      gann“. Am 7. März 1962 gründete die Bayerische     gen über das Internet von den Servern des LRZ
  nisterin Schavan, Bernd Huber     Akademie der Wissenschaften ihre „Kommis-          oder die Infrastruktur hinter der elektronischen
  (LMU München), Staatsminister     sion für elektronisches Rechnen“, die heutige      Abwicklung von Prüfungen in den Universitäten
  Heubisch, Wolfgang A. Herr-       „Kommission für Informatik“. Sie errichtete        sind nur zwei Beispiele von vielen.
  mann (TU München), LRZ-Leiter     mit Unterstützung des Freistaates Bayern das
  Arndt Bode, sein Vorgänger        Leibniz-Rechenzentrum, das sich zu einem           Daneben versorgt das LRZ Wissenschaft und
  Heinz-Gerd Hegering und GCS-      der führenden akademischen Rechenzentren           Forschung mit Spitzenrechenleistung, denn die
  Vorstand Achim Bachem.
                                                                                                                                           Abb.: Hedergott (3); Schöfer; Raab

6 Akademie Aktuell 04-2012
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
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                                                                                                              Heinz-Gerd Hegering, bis 2008
numerische Simulation ist heute, so LRZ-Leiter         die sonst zusätzlichen Strom verbrauchen würden.       Leiter des LRZ, erläuterte die
Arndt Bode, „als dritte Erkenntnisquelle neben         „SuperMUC ist ein Meilenstein auf dem Weg zu           rasant wachsenden Aufgaben
Theorie und Experiment für alle Wissenschafts-         energiearmen, nachhaltigen und umweltfreund-           des Rechenzentrums seit seiner
bereiche unerlässlich“. Die Rechenkapazitäten          lichen Supercomputern und das Ergebnis aus             Gründung.
werden auf Rechnern angeboten, die Forscher in         mehrjähriger Forschungs- und Entwicklungsar-
ganz Deutschland und auch in dem europäischen          beit bei IBM“, sagte Martina Koederitz, die Vorsit-    Beim Empfang: Martina
HPC(High Performance Computing)-Verbund                zende der Geschäftsführung der IBM Deutschland         Koederitz (IBM Deutschland) im
PRACE nutzen können und die gemeinsam mit              GmbH. Auch Bundesministerin Schavan hob diese          Gespräch.
den Rechenzentren in Jülich und Stuttgart über         Stärke des Rechners hervor: „Erfolge im Höchst-
das Gauss Centre for Supercomputing (GCS)              leistungsrechnen stärken die Wettbewerbsfähig-
angeboten werden. „Solche Spitzenleistungen            keit des Innovationsstandorts Deutschland und
machen den Wissenschaftsstandort Bayern für            schaffen neue Wertschöpfungspotentiale für die
den Nachwuchs attraktiv“, betonte der bayerische       Wirtschaft“, sagte sie. „Dabei ist die Schnelligkeit
Wissenschaftsminister Heubisch in seiner Rede.         der Supercomputer nur eine Seite der Medaille,
„Auch High-Tech-Firmen sind auf Computersimu-          die andere ist ihre Energieeffizienz. SuperMUC ist
lationen und Modellierungsexperten angewiesen.         ein Musterbeispiel für Energieeffizienz.“
Höchstleistungsrechnen gehört deshalb zu den                                                                          Der Autor
Technologien, die unser Land weiterhin fördern         Das LRZ ist, das wurde bei dem Festakt deutlich,       Dr. Ludger Palm ist für die
muss, damit wir wettbewerbsfähig bleiben.“ Der         eine 50-jährige Erfolgsgeschichte, die weiter-         Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
neue SuperMUC zeichnet sich dabei durch seine          gehen wird: SuperMUC wird bereits in gut einem         des Leibniz-Rechenzentrums
Benutzerfreundlichkeit aus: „Er ist“, erklärte Arndt   Jahr auf eine Rechenleistung von über 7,2 Peta-        der Bayerischen Akademie der
Bode, „aus Prozessoren mit Standard-Befehlssatz        flops ausgebaut.                               n      Wissenschaften zuständig.
aufgebaut, wie man ihn auch von Laptops, PCs
und Servern kennt.“
                                                                  Literatur und WWW
SuperMUC ist nicht nur einer der schnellsten
Rechner der Welt, er ist auch einer der energie-
                                                                  H.-G. Hegering, 50 Jahre LRZ. Das Leibniz-Rechenzentrum der
effizientesten: Die beim Rechnen entstehende
                                                                  Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Chronik einer
Wärme wird mit warmem Wasser abgeführt, das
                                                                  Erfolgsgeschichte, 2012, ISBN 978-3-00-038333-5
mit etwa 45 Grad Celsius in den Rechner einge-
speist wird. Dadurch kann selbst an heißen Som-                   Ausgabe 2/2012 von „Akademie Aktuell“ war speziell dem LRZ
mertagen auf Kühlaggregate verzichtet werden,                     gewidmet und stellt seine Dienstleistungen, seine Geschichte
                                                                  und den neuen Supercomputer mit beispielhaften Anwendun-
                                                                  gen des Höchstleistungsrechnens vor.
                                                                  www.badw.de/aktuell/akademie_aktuell/2012/heft2

                                                                                                          04-2012 Akademie Aktuell 7
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
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                                                                                 Recht und Willkür

                      Der Schatten des Maoismus
      In China steht im November 2012 ein politischer Führungswechsel
              an. Die Fraktionskämpfe um politischen Einfluss, die hinter
     den Kulissen stattfinden, verweisen dabei auf den problematischen
                           Umgang mit der maoistischen Vergangenheit.

                                                                              Von Dan i e l Le ese

                                    I m Novem b e r 2012 blicken politische
                                    Beobachter aus aller Welt gespannt nach Peking.
                                    Anlass ist der 18. Parteitag der 1921 in Shanghai
                                    gegründeten Kommunistischen Partei Chinas
                                    (KPCh), auf dem die politischen Führungsgremien
                                    der Partei neu besetzt werden. Nach zehn Jahren
                                    treten Parteichef Hu Jintao (geb. 1942) und Mi-
                                    nisterpräsident Wen Jiabao (geb. 1942) von ihren
                                    Ämtern zurück und übergeben die Führung des
                                    Landes an die so genannte fünfte Generation. Es
                                    wird allgemein erwartet, dass die seit Jahren zu
                                    Nachfolgern aufgebauten Parteikader Xi Jinping
                                    (geb. 1953) und Li Keqiang (geb. 1955) an ihre Stelle
                                    treten werden. Nach dem noch von Deng Xiao-
                                    ping (1904–1997) verfügten Wechsel von Jiang Ze-
  Mitglieder der „Viererbande“      min (geb. 1926) auf Hu Jintao im Jahr 2003 wird es
  und der „Lin Biao-Clique“         damit aller Voraussicht nach zum zweiten Mal zu
  werden propagandistisch durch     einer geregelten innerparteilichen Machtüberga-
  das neue Strafrecht zerquetscht   be kommen. Die Schwachstelle aller kommunisti-
  (1981).                           schen Parteidiktaturen, die Nachfolgeproblematik,
                                    wird so erneut erfolgreich behoben.

                                    Fraktionskämpfe                                         Fraktion und der künftige Ministerpräsident Li
                                                                                            Keqiang als sein Zögling. Hus Nachfolger Xi Jin-
                                    Auf dem 18. Parteitag sind keine Kampfabstim-           ping hingegen steht sowohl für die Gruppe der
                                    mungen um politische Führungsämter zu                   „Prinzlinge“, der Söhne hochrangiger Parteikader,
                                    erwarten. Vielmehr dient der Kongress der De-           als auch symbolisch für das Erbe der Reformpo-
                                    monstration von Einigkeit und Zusammenhalt.             litik. Xis Vater war Xi Zhongxun (1913–2002), ein
                                    Das politische Tauziehen um Einfluss und Ämter,         prominenter Parteikader der ersten Generation
                                    das auch in der KPCh mit aller Härte ausge-             und „Erfinder“ der chinesischen Sonderwirt-
                                    fochten wird, findet in den Monaten zuvor statt,        schaftszonen. Xi Jinping gilt als weltgewandt
                                    wenn in langen Diskussionen in der Parteispitze         und umgänglicher als der hölzern wirkende Hu
                                    und in Kandidatenscreenings durch eine der              Jintao. Bislang ist jedoch über seine Ehe mit einer
                                    am wenigsten bekannten Schaltstellen des                prominenten Schlagersängerin mehr bekannt als
                                    kommunistischen Machtapparats, die Zentrale             über seine politischen Ansichten.
                                    Organisationsabteilung, Kompromissmöglich-
                                    keiten zwischen den maßgeblichen Gruppen in             Der Schrecken der Kulturrevolution
                                                                                                                                                  Alle Abb.: Archiv Leese

                                    der Partei ausgelotet werden.
                                                                                            Persönliche Profilierung bedeutet in einem Sys-
                                    In der KPCh gilt in stalinistischer Tradition ein       tem, das auf Uniformität und die Allmacht der
                                    Fraktionsverbot. Dennoch gibt es eine Vielzahl          Partei setzt, potentielle Gefahr und Instabilität.
                                    von Netzwerken und Seilschaften, die sich an ge-
                                    meinsamen geographischen, organisatorischen
                                    oder persönlichen Hintergründen orientieren.
                                    Hu Jintao etwa gilt als Kopf der „Jugendliga“-

8 Akademie Aktuell 04-2012
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
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                                                      Unmittelbar vor Bekanntwerden von Bo Xilais
                                                      Sturz hielt Ministerpräsident Wen Jiabao im
                                                      März 2012 eine denkwürdige Rede, in der er davor
                                                      warnte, das Erbe der Reformpolitik zu verspielen.
                                                      Ohne weitergehende politische Reformen, so
                                                      Wen, könnten sich „historische Tragödien“ wie
                                                      die Kulturrevolution (1966–1976) erneut ereig-
                                                      nen. Wen führte seine Anspielung nicht weiter
                                                      aus und stellte keine direkte Verbindung zu Bo
                                                      Xilai her, aber allein der Begriff „Kulturrevolution“
                                                      reicht aus, um kommunistischen Parteikadern ei-
                                                      nen Schauder über den Rücken laufen zu lassen.
                                                      In einem politisch einmaligen Experiment hatte
                                                      Mao Zedong (1893–1976), gestützt auf seine cha-
                                                      rismatische Autorität, die Jugend zur Zerstörung
                                                      des kommunistischen Parteiapparates aufgeru-
                                                      fen, um mit einer weniger bürokratischen, direk-
                                                      teren Herrschaftsform zu experimentieren. Die
                                                      Phase des Machtvakuums dauerte jedoch nur
                                                      kurze Zeit. Bereits 1967 setzte Mao auf die Macht
                                                      des Militärs, um die staatliche Ordnung wieder-
                                                      herzustellen. Die Geister der Anarchie ließen sich
                                                      jedoch nicht unmittelbar wieder einfangen, und
                                                      es folgte ein landesweiter Bürgerkrieg, der erst
                                                      Ende 1968 weitgehend beendet werden konnte.
                                                      Politische Verfolgungen und Kampagnenjustiz
                                                      charakterisierten auch die letzten Lebensjahre
                                                      des alternden Diktators.

Dies wurde der erstaunten Weltöffentlichkeit
im März 2012 vor Augen geführt, als der Kopf
der Parteilinken und ebenfalls als Anwärter
auf höchste Parteiwürden gehandelte Bo Xilai
(geb. 1949) seiner Ämter enthoben und kurz
darauf seine Frau aufgrund der Ermordung eines
britischen Geschäftsmannes zur „bedingten
Todesstrafe“ verurteilt wurde. Ungeachtet seiner
möglichen Verstrickung in den Mordfall war der
Anlass für Bo Xilais Sturz parteiinterner Natur: Er
hatte sich in maoistischer Tradition als charisma-
tischer Volkstribun inszeniert, der sich insbeson-
dere für die Verlierer der Reformpolitik einsetzte
und für Recht und Ordnung zu sorgen versprach.
Gleichzeitig baute er einen eigenen Stab von
Getreuen auf, der auch Telefonate höchster
Parteiführer abgehört haben soll. Als Parteimit-
glied untersteht Bo Xilai nicht den chinesischen
Justizbehörden, sondern sein Fall wird klandestin              Revision eines Konterrevolutionsurteils durch ein Pekinger
von der Zentralen Disziplinkontrollkommission                  Bezirksgericht aus dem Jahr 1978.
überprüft, so dass wenige Erkenntnisse über die
genauen Hintergründe zu erwarten sind.

                                                                                                                04-2012 Akademie Aktuell 9
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
A ktu e l l

           Der Autor                    Vergangenheitspolitik                                 mentalisierte die Abkehr von Kulturrevolution
   JunProf. Daniel Leese, Ph. D., ist                                                         und charismatischer Herrschaft für den eigenen
   Mitglied des Förderkollegs der       Die Furcht vor charismatischen Führungspersön-        Machterhalt.
   Bayerischen Akademie der Wis-        lichkeiten und Verlust der eigenen Macht zählt
   senschaften und leitet das Pro-      seit dieser Zeit zu den prägendsten Erfahrungen       Die Furcht vor dem Machtverlust
   jekt „Zwischen Revolution und        der Parteiführung. Unmittelbar nach Maos Tod
   Reform. Übergangsjustiz und          im Jahr 1976 wurde die so genannte „Viererban-        Die Auseinandersetzung mit der Vergangen-
   Herrschaftslegitimation in der       de“ um Maos Frau Jiang Qing als Anstifter der         heit erfolgte jedoch nicht nur auf symbolischer
   VR China“. Seit 2012 hat er eine     Kulturrevolution festgenommen. Mao Zedong             Ebene. Das Jahr 1978 markiert auch den Anfang
   Juniorprofessur für Geschichte       wurde in einer Resolution zur Parteigeschichte        einer in der Wissenschaft bislang kaum beach-
   und Politik des modernen China       als Hauptverantwortlicher für diese Abweichung        teten juristischen und administrativen Ausein-
   an der Universität Freiburg inne.    vom „korrekten“ kommunistischen Entwick-              andersetzung mit dem Erbe der maoistischen
   Er ist Autor von „Mao Cult:          lungspfad benannt. In seinem Falle habe es            Ära. Millionen von Altfällen wurden überprüft
   Rhetoric and Ritual in China’s       sich aber, anders als bei der Viererbande, um         und zahlreiche Opfer politischer Kampagnen
   Cultural Revolution“ (Cambridge      politische Fehleinschätzungen, nicht um kri-          rehabilitiert. Teilweise wurden auch Entschädi-
   UP 2011) sowie Herausgeber von       minelle Vergehen gehandelt. Seine Leistungen          gungszahlungen geleistet und Besitzansprüche
   „Brill’s Encyclopedia of China“      für Partei und Staat wögen schwerer als seine         auf enteignete Objekte neu verhandelt. Die
   (Brill 2009).                        späteren Verirrungen. Eine Ent-Maoisierung            Fallrevisionen trugen, gemeinsam mit der wirt-
                                        hätte die KPCh fraglos ihres zent-
                                        ralen Gründungssymbols beraubt.
                                        Nicht zuletzt deshalb wurde scharf
                                        zwischen Fehlern und Verbrechen
                                        unterschieden.

                                        Der „Viererbande“ hingegen wurde
                                        1980/81 öffentlich der Prozess
                                        gemacht. Vor einem Sondertribunal,
                                        das vom Beispiel der Nürnberger
   Posthume Rehabilitationsur-          und Tokioter Kriegsverbrecherpro-
   kunde aus dem Jahr 1983 (Kreis       zesse inspiriert war, wurden die
   Hechi, Provinz Guangxi), die         Angeklagten zu hohen Haftstrafen
   eine Entschädigungsleistung in       verurteilt. Der Prozess fungierte
   Höhe von 220 Yuan für Begräb-        als symbolische Abkehr von der
   niskosten und Pensionsansprü-        zumeist mit dem Begriff „Rechtsni-
   che genehmigt.                       hilismus“ umschriebenen Willkür-
                                        herrschaft der Kulturrevolution. Er
                                        sollte die Bedeutung von Gesetzen
                                        und Verfahrensregeln für den Aufbau eines „so-        schaftlichen Liberalisierung und der Beendigung
                                        zialistischen Rechtsstaates“ demonstrieren und        der Klassenkampfrhetorik, erheblich zur Stabili-
                                        wurde daher medial verbreitet und in vielfältiger     sierung der Parteiherrschaft bei.
                                        Form didaktisch eingesetzt.
                                                                                              Eine öffentliche Diskussion und kritische wissen-
                                        Der Umgang mit dem Erbe des Maoismus in der           schaftliche Bestandsaufnahme der maoistischen
                                        Reformperiode ist von besonderem Interesse,           Verbrechen ist in der VR China bis heute jedoch
                                        weil es sich um einen der wenigen Fälle eines         nur innerhalb enger Grenzen möglich. Dies liegt
                                        fundamentalen politischen Paradigmenwechsels          zum einen an der Selektivität der Geschichtsauf-
                                        in sozialistischen Parteidiktaturen handelt. Es       arbeitung: Während Mitglieder des alten Partei-
                                        kam nach 1978 zu einem radikalen Kurswechsel,         establishments, die in der Kulturrevolution in die
                                        nicht aber zu einem Regimesturz. Angesichts           Kritik geraten waren, beinahe ausnahmslos re-
                                        der maoistischen Schreckensherrschaft mit             habilitiert wurden, setzte sich die Verfolgung der
                                        Opferzahlen im hohen zweistelligen Millionen-         als „radikal“ eingestuften kulturrevolutionären
                                        bereich ist es keine Selbstverständlichkeit, dass     Aufständischen bis in die späten 1980er Jahre
                                        die kommunistische Parteidiktatur bis heute           fort. Überdies zeigten sich nur zu bald Kontinu-
                                        andauert. Es gelang der Partei jedoch, die Schuld     itäten zwischen alter und neuer Parteidiktatur.
                                        für die Kulturrevolution einer kleinen Gruppe         Kritiker des Regimes, die für eine Demokratisie-
                                        von Sündenböcken zuzuschreiben und sich
                                        selbst als Garant für eine Politik des „Nie Wieder“
                                        darzustellen. Somit bewahrte die Partei nicht
                                        nur ihr Herrschaftsmonopol, sondern sie instru-

10 Akademie Aktuell 04-2012
AkademieAktuell - und die Ehrenbögen von Pompeji Aus der Arbeit der Akademie
A ktu e l l

rung Chinas eintraten, wurden bereits ab 1979 zu
langjährigen Haftstrafen verurteilt, nun auf Basis              Akademientag 2012: Recht und Willkür
des im Strafrecht verankerten Vergehens der
„Konterrevolution“ (seit 1997: „Anstiftung zum                  Die acht in der Union zusammengeschlossenen deutschen
Umsturz der Staatsgewalt“).                                     Akademien der Wissenschaften laden einmal im Jahr zum
                                                                Akademientag ein, um einer breiten Öffentlichkeit ihre Arbeit
Der Schatten des Maoismus lastet, wie die ein-                  vorzustellen.
gangs zitierten Ausführungen von Wen Jiabao                     Der diesjährige Akademientag, der unter der Federführung der
deutlich machen, bis heute auf der KPCh. Das                    Akademie der Wissenschaften zu Göttingen am 18. Juni 2012
Schreckensbild der Kulturrevolution und die wirt-               in Hannover stattfand, widmete sich dem Thema „Recht und
schaftlichen Erfolge der Reformpolitik haben den                Willkür“. In Vorträgen und Diskussionsrunden beleuchteten
Konsens befördert, dass nur mittels geordneter                  Rechtswissenschaftler und Historiker dieses hochbrisante
Generationswechsel innerhalb der KPCh nach je-                  Gegensatzpaar aus aktueller und historischer Sicht. Zusätz-
weils zwei Amtsperioden eine Perpetuierung der                  lich gaben 12 Projekte aus den Akademien Einblicke in ihre
Diktatur möglich ist. Um die Legitimationsgrund-                Forschung. Den Beitrag der Bayerischen Akademie der Wissen-
lagen der Parteiherrschaft nicht zu gefährden,                  schaften lieferte JunProf. Daniel Leese, seit 2011 Mitglied des
wird eine genauere Analyse der Verstrickungen                   BAdW-Förderkollegs, mit seiner Präsentation zeitgenössischer
von Parteimitgliedern auf unterschiedlichsten                   Dokumente und Bilder zum Erbe des Maoismus, die er gemein-
Ebenen in die Verbrechen der Kulturrevolution                   sam mit einer Projektmitarbeiterin vorstellte. Der Tag endete
unterbunden. Überdies soll verhindert werden,                   im Rahmen einer feierlichen Abendveranstaltung mit dem
dass die Kulturrevolution mit ihrer anti-elitären               Streitgespräch „Humanitäre Interventionen zum Schutz der
und bürokratiefeindlichen Ausrichtung eine                      Menschenrechte?“.
partielle Neubewertung erfährt und als Gegen-
                                                                www.akademienunion.de/anlass/2012-06-18
modell zur gegenwärtigen Selbstbereicherung
der Parteinomenklatura fungiert.

Die kommende Führungsgeneration der KPCh
ist maßgeblich während der Kulturrevolution als
„Rotgardisten“ sozialisiert worden. Eine Bereit-
schaft zur vertieften Auseinandersetzung mit
der Geschichte lässt sich derzeit jedoch nicht
erkennen. Komplexere Erklärungsansätze werden
in der Öffentlichkeit nicht geduldet, die Archive

                                                     bleiben geschlossen. Es existiert aber eine Fülle
                                                     quasi-archivalischer Materialien, die neben
                                                     internen Parteidokumenten, Gerichtsurteilen und
                                                     Zeitzeugeninterviews Auskunft über diese Zeit
                                                     geben. Anhand ausgewählter Fallstudien werden
                                                     im Rahmen eines am Förderkolleg der Bayerischen
                                                     Akademie der Wissenschaften angesiedelten Pro-
                                                     jekts die Leistungen und Grenzen maoistischer Ver-
                                                     gangenheitsbewältigung rekonstruiert und damit
                                                     für vergleichende Forschungen zum Umgang mit
                                                     dem Erbe diktatorischer Willkürherrschaft verfüg-
                                                     bar gemacht. Und nicht zuletzt trägt die Entwir-
                                                     rung der komplexen historischen Zusammenhänge
                                                     zu einem besseren Verständnis der Hintergründe
                                                     der aktuellen chinesischen Politik bei.          n   Personalakte aus einem
                                                                                                           administrativen Revisionsver-
                                                                                                           fahren aus dem Jahr 1978 (Kreis
                                                                                                           Heishan, Provinz Liaoning).

                                                                                                       04-2012 Akademie Aktuell 11
P u b l i kati o n      K l assisc h e Arc h ä olo gi e

                                                                                        Antikes Städtewesen

                          Das Forum von Pompeji
                                    Der zentrale Platz von Pompeji war lange Zeit das einzige vollständig
                                          ausgegrabene Beispiel eines römischen Forums überhaupt. Ein
                                    Vorhaben der Kommission für antikes Städtewesen liefert nun neue
                                   Erkenntnisse über die rege Bautätigkeit im antiken Pompeji. Der erste
                                      Band über die Ehrenbögen – eines der beliebtesten Fotomotive auf
                                                                    dem Forum – ist kürzlich erschienen.

                                                                                    Von Vale nti n Ko c k e l

12 Akademie Aktuell 04-2012
K l assisc h e A rc h ä olo gi e          Pu b li kati o n

                                                                                                                                                Abb. 1: Forum von Pompeji:
                                                                                                                                                Panorama von Südosten.

                                                                                                                                                Abb. 2: Rekonstruktion eines
                                                                                                                                                Teils des Forums von Carl
                                                                                                                                                Weichardt (1897).

                                                           I m Ja h r 1 8 1 4 stie SS en die Ausgräber des
                                                           Königs von Neapel endlich auf den zentralen
                                                           Platz des antiken Pompeji, auf sein Forum. Bis
                                                           dahin kannte man nur kurze Straßenstücke mit
                                                           Häusern und das Theaterviertel. Es sollte aber
Aus C. Weichardt, Pompei vor der Zerstörung, 1897, S. 67

                                                           noch einige Jahre dauern, bis die große Flä-
                                                           che von den Verschüttungen durch den Vesuv
                                                           freigelegt und die verstreuten Architekturteile
                                                           „befreit“ waren. In diesem Zustand erlebten
                                                           Generationen von Besuchern den Platz als das
                                                           einzige vollständig ausgegrabene Beispiel eines
Abb.: V. Kockel und D. Stante;

                                                           römischen Forums überhaupt. Zahlreiche Künst-
                                                           ler und Architekten zeichneten, vermaßen und
                                                           dokumentierten seine Ruinen, versuchten auch
                                                           sein ursprüngliches Aussehen zu rekonstruieren
                                                           (Abb. 2). So fand das Forum seinen festen Platz

                                                                                                                                            04-2012 Akademie Aktuell 13
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                                   nicht nur in den Handbüchern zur
                                   antiken Architektur, sondern auch
                                   in der damals aktuellen Diskussion
                                   zum Städtebau, in der es gern als
                                   gelungenes Beispiel eines zentralen,
                                   monumentalen Platzes angeführt
                                   wurde.

                                   Der ungewöhnlich lang gestreck-
                                   te Platz (Abb. 3) wird im Norden
                                   durch einen großen, in die Fläche
                                   hineinragenden Tempel dominiert,
                                   der den römischen Hauptgöttern
                                   geweiht war. Zweigeschossige
                                   Portiken rahmen die Schmal- und
                                   Langseiten der gepflasterten
                                   offenen Fläche. Hinter den Hallen
                                   schließen sich wichtige öffentliche
                                   Bauten an: im Westen die Basilika
                                   und ein Heiligtum des Apollo; im
                                   Osten ein Macellum (Viktualien-
                                   markt), Anlagen für den Kaiserkult
                                   und andere Bauten unbestimmter
                                   Funktion; im Süden schließlich drei
                                   große Apsidialbauten, deren Funk-
                                   tion umstritten ist. Der offene Platz     Abb. 4: Ansicht des Forums um 1870.
                                   selbst diente der Repräsentation der
                                   städtischen und der Reichseliten.
                                   Hier stand ein Heer von Ehrensta-
                                   tuen: Reiterstatuen lokaler Würdenträger immer konzentriert. Ehrenbögen rahmten den Tempel,
                                   gleichen Formats und großartigere Monumente und die Eingänge zum Platz selbst waren durch
                                   (für Quadrigen?), die wahrscheinlich den Ange-       verschließbare Tore markiert.
                                   hörigen des Kaiserhauses gewidmet wurden.
                                   Die Fußstatuen einzelner Honoratioren waren          Systematische Bergung
                                   dagegen in den Vorhallen der Randbebauung            kostbarer Materialien nach 79 n. Chr.

                                                                                  Schon die Ausgräber des Jahres 1814 hatten je-
   Abb. 3: Plan des Forums von                                                    doch bemerkt, dass sie kein Dornröschenschloss
                                                                                  ausgruben, das völlig ungestört die Zeiten seit

                                                                                                                                         Abb.: Aus H. Eschebach, Stadtplan von Pompeji, 1970; Soprintendenza di Pompei, Archiv
   Pompeji mit angrenzender
   Bebauung (nach H. Eschebach).                                                  dem Vesuvausbruch überdauert hatte, der Pom-
                                                                                  peji im Jahr 79 n. Chr. ein plötzliches Ende setzte.
                                                                                  Anders als an anderen Stellen der Stadt fand
                                                                                  man am Forum kaum noch Reste der aufwän-
                                                                                  digen Marmorverkleidungen von Statuenbasen,
                                                                                  Bögen und Fassaden, erst recht waren alle Bron-
                                                                                  zestatuen abgeräumt worden, nur einzelne Fin-
                                                                                  ger und Hufe bezeugten deren einstige Existenz.
                                                                                  Es fehlten fast alle Inschriften, so dass die Basen
                                                                                  auch stumm blieben. Selbst das hervorragende
                                                                                  Kalksteinpflaster war an vielen Stellen herausge-
                                                                                  rissen und abtransportiert worden. Eine derart
                                                                                  systematische Ausraubung wird man kaum „pri-
                                                                                  vaten“ Raubgräbern zutrauen, und deshalb denkt
                                                                                  die Forschung heute an systematische, von der
                                                                                  römischen Administration geplante Bergungen,
                                                                                  von denen auch in den antiken Quellen indirekt

14 Akademie Aktuell 04-2012
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                                    die Rede zu sein scheint. Die kostbaren Materia-   tete Säulen seit den Ausgrabungen auf
                                    lien seien entweder in beschädigten, aber nicht    dem Platz nur wenig verändert hatte. Es
                                    verschütteten Städten der Umgebung zur Res-        zeigte sich aber ebenso, dass es seit den
                                    taurierung eingesetzt oder aber eingeschmolzen     Plänen des frühen 19. Jahrhunderts kei-
                                    worden.                                            ne Dokumentation der Befunde mehr
                                                                                       gab, die modernen Ansprüchen genü-
                                    Die Wahrnehmung des Forums beschränkte sich gen konnte. Nach längerer Überlegung
                                    seit dem 19. Jahrhundert jedoch weitgehend auf wurde der Platz mit Hilfe der Fotogram-
                                    den Ist-Zustand im Moment der Verschüttung         metrie, einem traditionellen optischen
                                    79 n. Chr. Einzelne spätere Grabungen und sorg-    Verfahren, vermessen und dafür Stein-
                                    fältige Baubeobachtungen hatten zwar belegt,       platte auf Steinplatte gereinigt – was
                                    dass die heute sichtbare Randbebauung erst         uns übrigens spöttische Bemerkungen
                                    nach und nach ältere, weniger repräsentative       der Besucher über deutsche Reinlich-
                                    Bauten ersetzte, doch hatte nur Paul Zanker bis- keit einbrachte. Ein 3D-Laserscan, wie
                                    lang gezeigt, welches interpretatorische Poten-    er mittlerweile gern verwendet wird,
                                    tial eine diachrone Interpretation der Befunde     lag zwar vor, erwies sich aber nicht als
                                    haben könnte. Unter anderem wurde daran            geeignet für unsere Fragestellung. Bei
                                    deutlich, wie sehr sich Neubauten sowohl inhalt- der Reinigung zeigte sich, dass zeitwei-
                                    lich wie architekturtypologisch an Vorbildern in   se zwei Laufbrunnen rechts und links
                                    Rom selbst orientierten.                           des Tempels gestanden hatten und ein
                                                                                       dritter (Abb. 7) im Süden des Platzes, alle
                                    Das Kommissionsprojekt                             drei später aber aufgegeben worden                 Abb. 5: (oben) Forum von
                                                                                       waren. Reiter- und Fußstatuen waren aufgestellt    Pompeji: Blick durch einen
                                    Unser Projekt setzt gegenüber dieser eher globa-   und zugunsten anderer wieder abgerissen wor-       Ehrenbogen auf den Platz und
Abb.: V. Kockel und D. Stante (2)

                                    len Sichtweise im Detail an, in der Hoffnung, aus  den. An anderen Stellen hatten sich die Statuen    seine Pflasterung.
                                    der detaillierten Beobachtung von Veränderungen immer mehr in den Weg der Benutzer des Platzes
                                    an den Monumenten Schlüsse auf die komplexen gedrängt: loco frequentissimo, an einem beson-           Abb. 6: Südosthalle des Forums
                                    Prozesse auf dem Forum selbst zu ziehen. Eine                                                         mit Angabe der neu gefunde-
                                    Überprüfung alter Ansichten und Fotos (Abb. 4)                                                        nen Basen und der Ausrichtung
                                    erwies, dass sich bis auf einige wieder aufgerich-                                                    der Ehrenstatuen.

                                                                                                                                         04-2012 Akademie Aktuell 15
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   Abb. 7: (li. u.) Spuren eines Brun-   ders belebten Platz, sollten solche Ehrungen auf-     Die Erweiterung des Forums nach Süden
   nens im Südwesten des Forums.         gestellt werden. Ein Blick auf die Verteilung und
                                         Ausrichtung der Statuen in der Südosthalle (Abb. 6)   Eine andere, politisch-administrativ begründe-
   Abb. 8: (re.) Fassade des sog.        macht deutlich, wie sie sich gleichsam den Pas-       te Veränderung des Platzes konnten wir im
   östlichen Verwaltungsbaus.            santen zuwenden, die von Süden das Forum              Süden des Platzes beobachten. Beim Reinigen
   Dunkler eingefärbt ist die Fli-       betreten, und wie sie den wichtigsten Eingang         des Südportikus trat das Fundament einer alten
   ckung nach den Erdbebenschä-          in den Komplex bisher unbekannter Funktion im         Umfassungsmauer zu Tage (Abb. 9). Nach dem
   den von 62 n. Chr. Der Pfeil zeigt    Osten gewissermaßen zu beobachten scheinen.           Ergebnis der darauf folgenden Sondagen unter
   auf die Ausnehmung für einen          Auch wenn die inschriftlichen Zeugnisse fehlen,       sehr unübersichtlichen Bedingungen – Strom-
   Stützbalken.                          überliefert doch die dauernde Veränderung der         kabel verschiedener Zeiten störten die Arbeiten –,
                                         Konstellationen sehr anschaulich die Dynamik          wurde das Forum gegen Ende des 1. Jahrhunderts
   Abb. 9: Grabungsschnitt mit           einer im steten Wandel begriffenen städtischen        v. Chr. nach Süden hin erweitert und dort die
   modernen Kabelbäumen,                 Gesellschaft.                                         großen apsidialen Bauten errichtet. Dafür muss-
   römischem Kanal (unter der                                                                  ten eine öffentliche Straße aufgegeben und drei
   Schrifttafel) und dem Funda-          Ein Erdbeben und seine Folgen                         Hausparzellen gekauft oder enteignet werden.
   ment der alten Südmauer mit                                                                 Abbildung 10 zeigt, welche Art von Häusern (rot)
   Steinmetzzeichen.                     Daneben fanden sich bei unseren Forschungen           auf diese Grundstücke passen könnten – ihre
                                         auch zahlreiche Spuren für ein weiteres histori-      Existenz konnten wir zwar nachweisen, nicht
   Abb. 10: Südteil des Forums mit       sches Ereignis, das literarisch und archäologisch     aber ihr genaues Aussehen. Die Funktion der
   hypothetischer Angabe (rot) der       für Pompeji gut überliefert ist: Bereits im Jahr      großen Hallen ist nicht bekannt, sie muss aber
   Häuser unter den großen Apsi-         62 n. Chr. hatte die Erde heftig gebebt – eine, wie   für das Gemeinwesen von zentraler Bedeutung
   dialbauten der Kaiserzeit.            man rückblickend sagen kann, Warnung vor dem          gewesen sein, wenn für ihre Errichtung solche
                                         großen Ausbruch von 79. Die Pompejaner hatten         Eingriffe in das Grundeigentum durchgesetzt
                                         jedoch in den Jahren danach ahnungslos überall        wurden. Wenigstens zwei von ihnen könnten
                                         Hand angelegt, repariert und neu gebaut, und          als Sitzungssäle (neuer?) städtischer Gremien
                                         das gilt auch für das Forum. So wurden nicht          gedient haben, wie man schon immer annahm.
                                         nur offenbar beschädigte Statu-
                                         en abgerissen, sondern auch ein
                                         Ehrenbogen und dieser dann durch
                                         einen prächtigeren, weiter nördlich
                                         stehenden ersetzt. Gleichzeitig
                                         öffnete sich damit der Blick auf die
                                         neue prächtige Marmorfassade des
                                         Macellum. Allein dieser neue Bogen
                                         (Abb. 5) wurde in den wenigen
                                         Jahren bis zum endgültigen Unter-
                                         gang drei oder vier Mal umgebaut,
                                         um ihn zu verschönern oder in
                                         neu geschaffenen Nischen weitere
                                         Möglichkeiten zur statuarischen
                                         Repräsentation anzubieten. Im Sü-
                                         den errichtete die Stadtverwaltung
                                         zwei der drei großen Säle völlig neu,
                                         ließ die Schäden an dem östlich
                                         gelegenen dagegen nur flicken
                                         (Abb. 8). Über den Türen musste
           Der Autor                     das Ziegelmauerwerk erneuert
   Prof. Dr. Valentin Kockel lehrt       werden, ein schräges großes Loch in der Fassade       Im mittleren Saal tagten dagegen vielleicht die
   Klassische Archäologie an der         rührt von einer provisorischen Abstützung dieser      Augustalen, der Kaiserkultverein. Ihr Vereinsheim
   Universität Augsburg und ist          Wand her. An einer anderen Stelle konnte durch        wurde bisher in Pompeji noch nicht entdeckt.
   Geschäftsführer der Kommission        die Kartierung der Beschädigungen im Pflaster         Auch in diesem Bereich des Forums lassen sich
   zur Erforschung des antiken           die Fallrichtung der Portikus-Säulen rekonstruiert    bis zur Zerstörung Pompejis stete Veränderun-
   Städtewesens der Bayerischen          werden. Auch die Wasserleitung wurde durch            gen in der Organisation des Zugangs zu den
                                                                                                                                                    alle Abb.: V. Kockel und D. Stante

   Akademie der Wissenschaften.          das Erdbeben von 62 n. Chr. zerstört, was das         Sälen beobachten. Sie können nicht allein auf
   Seine Forschungsschwerpunkte          Verschwinden der Brunnen erklären kann.               frühere Erdbebenschäden zurückgehen, sondern
   sind die römische Architektur                                                               müssen auch politisch-administrative Entschei-
   und Urbanistik, das römische                                                                dungen spiegeln. Verschiedene Ausnehmun-
   Porträt sowie die Rezeptions-                                                               gen in den Säulen können als Halterungen für
   geschichte der Antike.                                                                      ephemere Absperrungen durch Gitter oder Stäbe

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K l assisc h e A rc h ä olo gi e                   Pu b li kati o n

interpretiert werden. Wer durfte wann diese
Räume betreten, wer nur hineinschauen? Fanden       eigenen Bildnisses. Der fast hektisch erscheinende
hier Gerichtsverhandlungen oder notarielle          Rhythmus der Veränderungen bezeugt die Dyna-
Beglaubigungen durch den zuständigen Beam-          mik solcher Auseinandersetzungen, aber auch
ten statt? Gab es Wahlveranstaltungen an dieser     den hartnäckigen Wunsch nach steter qualitati-
Stelle? Anders als wir es gewohnt sind, wurden      ver Aufwertung der „guten Stube“ der Stadt. Der
solche juristischen Verfahren in der relativ gro-   Vesuv selbst verschüttete die letzte Baustelle: Im
ßen Öffentlichkeit von Portiken verhandelt.         Süden des Platzes stand im Sommer 79 ein tiefer
                                                    Graben offen, in dem die neuen Bleirohre verlegt
Raum – Zeit – Bewegung                              werden sollten. Dazu kam es nicht mehr: Der
                                                    Bimsstein des Ausbruchs verfüllte den Graben.
Das Forum von Pompeji bietet dank seiner guten      Bei einem solchen Befund fühlt sich der Archäo-
Erhaltung – und trotz der bereits antiken „Raub-    loge dann wirklich wie der Prinz, der Dornröschen
grabung“ – sehr gute Bedingungen für solche         wachküssen darf.                                 n
archäologisch-historischen Überlegungen, die
die aktuelle Forschung beschäftigen. Die erneute
und veränderte Befragung alter und vermeintlich                Literatur
bekannter Befunde führt zu weiterreichenden
Antworten, wenn gleichwohl manche Beobach-
                                                               K. Müller und V. Kockel, Die Ehrenbögen in Pompeji (Studien
tung letztlich nicht sicher gedeutet werden kann.
                                                               zur antiken Stadt 10), Wiesbaden 2011, 140 S., 138 SW-Abb., 2 Taf.,
Auch ohne die leider verlorenen inschriftlichen
                                                               ISBN 978-3-89500-817-7, 59,00 Euro
Zeugnisse scheint es aber möglich, Einblicke in
die tägliche Nutzung des Platzes zu bekommen,                  Das Forschungsvorhaben ist auf drei Bände angelegt. Es konnte
in seine Aufteilung nach Funktionen, die Bewe-                 mit der ungewöhnlich großzügigen Erlaubnis der Soprintenden-
gungen der Nutzer durch diesen Komplex und                     za Speciale per i Beni Archeologici di Napoli e Pompei (P. Guzzo)
den Wettstreit der Eliten durch die Präsenz des                durchgeführt werden und wurde durch die Kommission zur
                                                               Erforschung des antiken Städtewesens, die DFG und die Fritz
                                                               Thyssen Stiftung gefördert.

                                                                                                       04-2012 Akademie Aktuell 17
P u b l i kati o n                  L iteratu rwissensc haft

                                       Mittelalterliche Handschriften

                 Mit Bildern
        Geschichte schreiben
  Mittelalterliche Handschriften enthalten zahl-
     reiche Bilder. Sie treten mit dem Text in eine
Wechselwirkung, bieten vielfach darüber hinaus-
weisende Botschaften, akzentuieren die Aussage
   oder interpretieren sie sogar. Der „Katalog der
  deutschsprachigen illustrierten Handschriften
    des Mittelalters“ macht der Forschung diese
Informationen für eine Fülle unterschiedlichster
     Fragestellungen zugänglich. Ein besonderes
   Beispiel sind die illustrierten Schweizer Chro-
    niken des 15. und 16. Jahrhunderts, die jüngst
                                bearbeitet wurden.

                                         Von K risti na Domanski

   Abb. 1: Dynamik des Kampfes:        D ie „S chwei ze r Bilderchroniken“ des 15.       1. die gemeinsam von den Berner Ratsherren
   Die „Berner Chronik“ von            und 16. Jahrhunderts stellen einen Höhepunkt         Heinrich Dittlinger und Bendicht Tschachtlan
   Diebold Schilling zieht verschie-   spätmittelalterlicher Geschichtsschreibung dar;      1470/71 verfasste „Berner Chronik“ mit 555
   dene Schlachtenszenen in einer      sie berichten ausführlich über die fulminanten       Blättern und 230 kolorierten Federzeichnun-
   Ab-bildung zusammen.                militärischen Erfolge der Eidgenossen – etwa ge-     gen, die auf der Grundlage früherer chronika-
                                       gen die Habsburger Herrschaft oder den burgun-       lischer Werke die Geschichte der 1191 gegrün-
                                       dischen Herzog. In den umfangreichen Kodizes         deten Stadt bis in ihre Gegenwart enthält
                                       zeugt eine in diesem Genre beispiellose Fülle von    (Zürich, ZB, Ms. A 120);
                                       Bildern vom erwachenden Selbstbewusstsein         2. die dreibändige, zwischen 1474 und 1483 ent-
                                       und den Machtansprüchen der städtischen Füh-         standene „Berner Chronik“ Diebold Schillings
                                       rungsschichten. Diese Gruppe bildet daher einen      mit ihren 889 Blättern und 612 kolorierten
                                       besonderen Schwerpunkt der Dokumentation             Federzeichnungen, die den Text der Vorgänger
                                       mittelalterlicher Chronistik in deutschsprachigen    um eine Schilderung der 1477 mit dem Tod
                                                                                                                                                Abb.: Burgerbibliothek, Bern, Mss. h.h. I. 1, S. 135

                                       bebilderten Handschriften, die mit der jüngst        Karls des Kühnen siegreich beendeten Burgun-
                                       erschienenen fünften Lieferung des Bandes 3 des      derkriege erweitert (Bern, BB, Mss. h.h. I. 1-3);
                                       „Katalogs der deutschsprachigen illustrierten     3. die nach ihrem Aufbewahrungsort, dem
                                       Handschriften des Mittelalters“ (KdiH) abge-         Schloss Spiez, benannte „Spiezer Chronik“, eine
                                       schlossen wurde. Im Einzelnen handelt es sich        Bearbeitung der „Berner Chronik“ Diebold
                                       bei den Werken um:                                   Schillings, die Rudolf von Erlach, ehemaliger
                                                                                            Berner Bürgermeister, 1484 in Auftrag gab, mit
                                                                                            411 Blättern und 339 kolorierten Federzeich-
                                                                                            nungen (Bern, BB, Mss. h.h. I. 16);

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Literatu rwissensc haft                          Pu b li kati o n

4. Diebold Schillings „Große Burgunderchronik“                                                                   Im „Katalog der deutschsprachigen illustrierten
   von 1480/84, eine umfangreiche Beschrei-                                                                      Handschriften des Mittelalters“ werden die Chro-
   bung der Burgunderkriege, deren 562 Blätter                                                                   niken mit kodikologischen Angaben – etwa Blatt-
   mit 198 kolorierten Federzeichnungen ausge-                                                                   zahl, Format und Beschreibstoff – verzeichnet,
   stattet sind (Zürich, ZB, Ms. A 5);                                                                           insbesondere aber werden Kriterien untersucht,
5. die zwischen 1511 und 1513 von Diebold                                                                        die die Bildausstattung betreffen, wie Format
   Schilling d. J., dem Neffen des gleichnami-                                                                   und Anordnung der Illustrationen, ihr Bildaufbau
   gen Berner Stadtschreibers, angefertigte                                                                      und ihre Ausführung sowie schließlich auch die
   „Schweizer Chronik“, im Wesentlichen eine                                                                     behandelten Bildthemen.
   Geschichte der Stadt Luzern von der Grün-
   dung im Jahr 503 bis 1509 mit 324 Blättern                                                                    Konzeption und Ausführung der Handschriften
   und 443 Deckfarbenillustrationen (Luzern,
   ZHB, S 23) sowie                                Für ihr Gemeinschaftswerk hatten Heinrich
6. Werner Schodolers zwischen 1510 und 1532        Dittlinger und Bendicht Tschachtlan (1.) unter
   entstandene, dreibändige „Eidgenössische        anderem auch auf eine um 1430 abgefasste Chro-
   Bilderchronik“ mit insgesamt 745 Blättern und   nik des Berner Stadtschreibers Konrad Justinger
   326 ausgeführten Illustrationen, die nach dem   zurückgegriffen, die in mehreren Abschriften der
   Vorbild der „Berner Chronik“ Diebold Schillings zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts überliefert ist.
   die Geschichte Zürichs von den sagenhaften An-  In einem der Exemplare (Jena, ThULB, Ms. El. f. 69)
   fängen bis zum Jahr 1525 umfasst (Bd. 1: Über-  legen 265 vom Text ausgesparte Freiräume nahe,
   lingen, Leopold-Sophien-Bibliothek, Ms. 62,     dass eine umfangreiche Illustration zwar geplant,
   Bd. 2: Bremgarten, Stadtarchiv, Ms. 2, Bd. 3:   aber nicht ausgeführt wurde. Für das Phänomen,
   Aarau, Aargauer Kantonsbibliothek, MsZF 18).    dass vorgesehene Bildzyklen nicht, nur teilwei-
                                                   se oder in mehreren Etappen zur Ausführung
Diese sechs Handschriften bilden dabei gewis-      kamen, bietet auch Werner Schodolers dreibän-                                                                    Abb. 2: Kriegsgeräte und
sermaßen nur die Spitze des Eisbergs, denn zum dige Chronik (6.) ein Beispiel, denn dort sind die                                                                   Waffentechnik in der „Berner
einen entstand zeitgleich eine ganze Reihe wei-    Illustrationen nur im zweiten Band ausgeführt                                                                    Chronik“ von Heinrich Dittlinger
terer Geschichtswerke, in illustrierter wie auch   und koloriert worden. Im dritten Band wurden die                                                                 und Bendicht Tschachtlan.
nicht illustrierter Form, zum anderen wurden in    Federzeichnungen zwar weitgehend fertig ge-
Anlehnung an die spätmittelalterlichen Vorläufer stellt, die farbige Ausarbeitung jedoch unterblieb,                                                                Abb. 3: Kriegsgräuel: Die „Berner
bis ins 17. Jahrhundert hinein weitere Abschriften im ersten Band hingegen blieben die Bildräume                                                                    Chronik“ von Diebold Schilling
angefertigt.                                       bis auf zwei Ausnahmen ganz leer.                                                                                zeigt die Folgen für die Zivil-
                                                                                                                                                                    bevölkerung.
            Abb.: Zentralbibliothek, Zürich, Ms. A 120, S. 454; Burgerbibliothek, Bern, Mss. h.h. I. 3, S. 259

                                                                                                                                                                04-2012 Akademie Aktuell 19
P u b l i kati o n              L iteratu rwissensc haft

                                   Dass nur ein Schreiber wie der
                                   Berner Gerichtsschreiber Diebold
                                   Schilling oder der Bremgartener
                                   Ratsherr und Schultheiß Werner
                                   Schodoler den Text herstellte,
                                   für die Bildausstattung dagegen
                                   mehrere Illustratoren, Zeichner
                                   und Koloristen herangezogen
                                   wurden, stellt eher die Normalität
                                   als die Ausnahme dar. Die ältere
                                   Forschung neigte oftmals dazu, im
                                   Schreiber zugleich den Illustrator
                                   zu vermuten, zumal wenn Ersterer
                                   namentlich bekannt war. Doch lässt
                                   eine unvoreingenommene Betrach-
                                   tung der Bildausführung bei allen
                                   Chroniken die Beteiligung mehrerer
                                   Hände erkennen, seien es verschiede-
                                   ne Mitarbeiter einer Werkstatt oder
                                   voneinander unabhängige Künstler.

                                   Für die Bebilderung wurden bevor-
                                   zugt kolorierte Federzeichnungen
                                   verwendet, die in mehreren Ar-
                                   beitsschritten entstanden. Auf der
                                   Grundlage einer mit Silberstift oder
                                   dünner Feder angefertigten Skizze,
                                   die heute oftmals nur noch an den
                                   nicht übermalten, also unvollen-
                                   deten Stellen sichtbar ist, wurde
   Abb. 4: Dankgebet der Sieger    eine detaillierte Federzeichnung
   des Laupenkrieges in der        ausgeführt. Auf eine Kolorierung,
   „Spiezer Chronik“ des Diebold   manchmal in mehreren Etappen
   Schilling.                      mit zunächst lavierendem, dann
                                   zunehmend intensiverem Farbauf-
                                   trag, folgte häufig eine nochmalige
                                   Präzisierung der zeichnerischen Details mit Feder       zusammen, wie dies in den Schlachtendarstellun-
                                   und Tinte. Ausgewählte Partien wurden unter             gen des 15. Jahrhunderts verbreitet ist, um Dynamik
                                   Umständen mit intensiven Deckfarben oder gar            und Unmittelbarkeit zur erzeugen (Abb. 1).
                                   Pinselgold hervorgehoben. Selbst wenn Format
                                   und Bildgestaltung bzw. Bildaufbau beibehalten          Bei Belagerungen zur Erstürmung von Burgen
                                   wurden, um die Einheitlichkeit des Gesamtwerks          und Stadtmauern werden Kriegsmaschinen und
                                   zu wahren, lässt die zeichnerische Ausführung           Waffentechnik ebenso vorgeführt wie ausgefalle-
                                   doch unterschiedliche Zeichenstile erkennen:            ne militärische Strategien – etwa ein Überfall aus
                                   Gerade Partien scheinbar nebensächlicher Bild-          dem Hinterhalt oder die Errichtung von Hindernis-
                                   elemente, die routinemäßig ausgeführt wurden            sen. Meist sind dabei die Berner bzw. die von Bern
                                   und wenig inhaltliche Bedeutung besitzen, etwa          angeführten Eidgenossen bei ihren siegreichen
                                                                                                                                                 Abb.: Burgerbibliothek, Bern, Mss. h.h. I. 16, S. 282

                                   Gewandfalten oder Bäume im Landschaftshin-              Eroberungen zu beobachten, etwa bei der Erobe-
                                   tergrund, dienen dabei als Anhaltspunkte.               rung von Aarau am 20. April 1415 in der Chronik
                                                                                           Heinrich Dittlingers und Bendicht Tschachtlans
                                   Bildthemen: Krieg in allen Facetten                     (Abb. 2). Im Vordergrund bringen einige eidgenös-
                                                                                           sische Soldaten neben dem Zeltlager außer einem
                                   Mit Ausnahme der „Luzerner Chronik“ (5.) zeigen         Geschütz auch eine Steinschleuder in Stellung, die
                                   die Bildfolgen in erster Linie kriegerische Auseinan-   bereits schwere Beschädigungen in der Stadt-
                                   dersetzungen in ihren diversen Etappen: vom Aus-        mauer hinterlassen hat, wie an einem klaffenden
                                   zug bewaffneter Truppen über kleinere Gefechte          Loch zu erkennen ist. Im Hintergrund ist ein Trupp
                                   und große Schlachten bis hin zu Flucht und Kapi-
                                   tulation. Die Illustrationen ziehen dabei oftmals un-
                                   terschiedliche Kampfszenen zu einer Darstellung

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Literatu rwissensc haft                             Pu b li kati o n

Soldaten zu sehen, der versucht, vom Schiff aus  derten Ereignisse verstärken, indem sie zuneh-
über die Stadtmauer zu gelangen. Das Pärchen im  mend eine veristische Darstellungsweise anstre-
Vordergrund hingegen gehört zu jenen genre-      ben. Zur Charakteristik der Bildgestaltung gehört
haften Szenen, die zuweilen in die Illustrationendementsprechend die Darstellung von Menschen
eingefügt werden.                                und Tieren in unterschiedlichsten Haltungen und
                                                 Bewegungen, die es erlaubt, Handlungsabläufe
Außer dem eigentlichen Kampfgeschehen zeigen nachzuvollziehen. Perspektivisch angelegte Archi-
die Bilder auch Begleiterscheinungen des Krieges tekturen und Innenräume, bekannte städtische
– etwa Beutezüge zur Beschaffung von Proviant, Bauten wie Stadttore, Brücken oder Rathäuser
Brandschatzung und Plünderungen (Abb. 3). Den sowie Landschaften mit atmosphärischer Tiefen-
Frevel und die Grausamkeit der Burgunder und     wirkung sorgen ebenso für Wirklichkeitsnähe wie
ihrer Gefolgsleute während der Burgunderkriege die Einbindung von Alltagsszenen oder die direkte
schildert eine Illustration im dritten Band der  Ansprache des Betrachters durch Gestik und Mimik.
„Berner Chronik“ Diebold Schillings in kompri-   Diese Suggestion von „Realismus“ wird gepaart mit
mierter Form, indem sie die Ermordung zweier     tradierten ikonographischen Formeln, die Würde,
Kinder, die Gewalt gegenüber einer Frau und die Rechtmäßigkeit und Souveränität anzeigen, etwa
Schändung der Kirchenschätze – hier mit dem      Herrscherbilder, Gerichtsszenen oder die Aussen-
Ausleeren eines Reliquiars – ins Bild setzt.     dung von Boten.

Selbst wenn die Texte weitgehend unverändert             Bereits das Ausmaß der Bebilderung, bei der
bleiben, können die Bildfolgen an die Vorstellun-        jedem Abschnitt ein Bild zugeordnet ist, ver-
gen der Auftraggeber angepasst werden, wie               deutlicht, dass die Illustrationen als konstitutiver
die im Auftrag des Altschultheißen Rudolf von Er-        Bestandteil der Geschichtswerke zu betrachten
lach angefertigte „Spiezer Chronik“ (3.) zeigt. Im       sind: Die Auftraggeber bedienen sich der Bilder,
Vergleich zu der für den Berner Rat angefertigten        um die vermittels der Historiographie erhobenen
Fassung erhält dort die Bebilderung des für die          Ansprüche zu bestärken. Die „Berner Chroniken“
Familiengeschichte bedeutsamen Laupenkrieges             und ihre Nachfolger reihen sich damit in eine
(1339–1340) ein eigenes Titelbild und 39 zusätz-         Entwicklung ein, die bereits einige Jahrzehnte
liche Illustrationen. Die Serie von fünf ganzsei-        früher an der „Augsburger Chronik“ Sigismund
tigen Bildern zur entscheidenden Schlacht bei            Meisterlins oder in der „Chronik des Konstanzer
Wyden schließt zudem mit der Darstellung eines           Konzils“ Ulrich Richentals zu beobachten ist.
Dankgebetes der Sieger auf dem Schlachtfeld
ab (Abb. 4). Inmitten eines Kreises von gefalle-         In dem jetzt abgeschlossenen Band können dem
nen Kämpfern und Reittieren kniet eine Gruppe            Kreis illustrierter Chroniken zudem einige bis-
Gewappneter, die von den Bannern der Truppen             lang wenig bekannte Werke wie etwa Küchlins
überragt wird – außer Bern sind Uri, Schwyz und          „Reimchronik vom Herkomen der Stadt Augs-
Solothurn auszumachen. Den vordersten Platz              burg“, die „Braunschweiger Reimchronik“ oder
unter ihnen nimmt der Berner Hauptmann Rudolf            Johanns von Morschheim „Chronik der franzö-
von Erlach ein, der unschwer an seinem spitzen           sischen Könige“ hinzugefügt werden. Für eine
Hut mit dem Familienwappen zu erkennen ist. Der          detaillierte Untersuchung dieser Bilderfolgen in               Die Autorin
neue Schwerpunkt der Bildausstattung spiegelt in         ihren diversen Facetten liefert der „Katalog der       Dr. Kristina Domanski ist freie
dieser Handschrift also das Bestreben des Auftrag-       deutschsprachigen illustrierten Handschriften“         wissenschaftliche Mitarbeiterin
gebers wider, durch die prominente Inszenierung          mit seiner Dokumentation nun neu aufbereite-           der Kommission für Deutsche
des namensgleichen Vorfahren die Verdienste sei-         tes Grundlagenmaterial.                         n     Literatur des Mittelalters.
ner Familie um das Wohl der Stadt hervorzuheben.

Anspruch und Funktion der Illustrationen                            Literatur und WWW

In den „Berner Chroniken“, die Heinrich Dittlinger
                                                                    Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften
und Bendicht Tschachtlan, der Berner Rat und
                                                                    des Mittelalters, Bd. 3, Lfg. 5, hrsg. v. U. Bodemann, P. Schmidt
Rudolf von Erlach bebildern ließen (1. bis 3.), stellt
                                                                    und Chr. Stöllinger-Löser. 26. Chroniken, bearb. v. U. Bodemann,
sich die Geschichte der Stadt in Texten und Bildern
                                                                    K. Domanski, P. Schmidt, Chr. Stöllinger-Löser, München 2011,
in erster Linie als dichte Folge militärischer Erobe-
                                                                    ISBN 978-3-7696-0933-2, 67,50 Euro
rungen und Siege dar. Ähnliches gilt auch für die
„Große Burgunderchronik“ Diebold Schillings (4.)                    www.dlma.badw.de/kdih
und das deutlich spätere Werk Werner Schodo-
lers (6.). Die den Werken beigegebenen Illustratio-
nen, mit Hans Wegener treffend als „Ereignisbilder“
bezeichnet, sollen die Wahrhaftigkeit der geschil-

                                                                                                            04-2012 Akademie Aktuell 21
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