89 JULI/AUGUST/SEPTEMBER 2004 - Frankfurter Fachhochschul Zeitung

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Frankfurter

                                          Zeitung
                                    Fachhochschul
                                                     JULI/AUGUST/SEPTEMBER 2004
                                                                          89

FH Frankfurt Zeitung   K HKS 46 K
Sie möchten sich darstellen, mitteilen oder präsentieren?

      Garlef Steinborn                                                        Wir sind Ihr Partner!

                                                                              Denn wir bieten Ihnen alle anfallenden Produktionsschritte

      Schatzkammern der Natur
                                                                              aus einer Hand, angefangen vom persönlichen Beratungsge-
                                                                              spräch, dem individuellen Layout und der digitalen Vorstufe
                                                                              bis hin zum fertigen Druck der Weiterverarbeitung, Verede-
                                                                              lung und vielem darüber hinaus.
      Naturschutzgebiete in Rheinhessen – Pfalz
      Band 1: Eich-Gimbsheimer Altrhein und Wormser Ried

                                                                                                                  ck .. .
                                                                                                       et d r  u
                                                                                                Of f  s             e ! ! !
                                            „Erfolgreiche Naturfotografie“

                                                                                      r lo se r            u l i eb
                                            Die Natur ist voller einmaliger
                                            Schönheiten, in der Farbe wie

                                                                               Wa  sse            e l t  z
                                            in der Form. Die Natur ist auf-
                                            regend, doch ebenso harmo-
                                            nisch. Die Natur steckt voller

                                                                                           U  m w
                                            einmaliger Wunder, die es
                                            immer wieder aufs Neue zu
                                            entdecken gilt.
                                            Sich mit der Natur zu beschäf-
                                            tigen ist aufbauend, erlebnis-      .. .d er
                                            reich und abenteuerlich. Der
                                            Naturfotograf besitzt die
                                            Möglichkeit, die Schönheiten,
                                            die zahlreichen Wunder und
                                            die Erlebnisse, die die Natur
                                            bietet, im Bild festzuhalten.

                                            Erschienen im VMK Verlag
                                            ISBN: 3 - 9806997 - 3 - 0
                                            Preis: E 28,50
                                                                                                                                            Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:

                                                                                                                                                            VMK Druckerei GmbH
                                                                                                                                                 Faberstr. 17 ● 67590 Monsheim
                                                                                                                                                            Tel.: 06243/909-110
                                                                                                                                                            Fax: 06243/909-100
                                                                                                                                                 E-Mail: info@vmk-druckerei.de
                                                                                                                                                    oder Besuchen Sie uns doch
                                                                                                                                                    auf unserer Hompage unter:
                                                                                                                                                           www.vmk-druckerei.de

Frankfurt Zeitung 2_2004   CMYK
Inhaltsverzeichnis FFZ 89
Perspektiven .................................................................................................................................................. 2
Kurznachrichten aus dem Geschäftsbereich der Vizepräsidentin .......................................................... 3

Aus Forschung und Lehre ............................................................................................................................ 4
Bachelor und Master - ein Symposium des Studiengangs Architektur ................................................. 4
Drei Wochen vor Ort in einer Township in Südafrika .............................................................................. 8
Ausstellung „Gestaltungsgrundlehre“ ...................................................................................................... 11
Wie leben Kinder und Jugendliche in Hofheim? Teil 2 ......................................................................... 14
Sexuelle Orientierung als Thema an der FH FFM ................................................................................. 15
„Die Kirche in Dorf lassen“ Entreprenneuriale Beratung .................................................................... 18
Jahresbericht HessIP erschienen ............................................................................................................... 19
Jour Fixe des Instituts für Migrationsstudien und interkulturelle Kommunikation (IMiK) ............ 20
econ:ffm präsentiert kleinen Knigge für den Job ................................................................................... 20

Internationale Beziehungen ...................................................................................................................... 21
Study down under ........................................................................................................................................ 21
Go Australia! ................................................................................................................................................ 22
Infotag für Studienkollegiaten ................................................................................................................... 22
Shadow teaching .......................................................................................................................................... 24
Marokkowoche in Planung ......................................................................................................................... 25
Ein unvergessliches Semester in Milwaukee ........................................................................................... 25

Interview ....................................................................................................................................................... 27
Prof. Dr. Dieter Leonhard, Fachbereich 1 ............................................................................................... 27

Vermischtes .................................................................................................................................................. 29
Virtuelle Bibliotheksführung ..................................................................................................................... 29
Barrierefreie Zugänge zu Gebäuden der FH FFM ................................................................................ 31
Kommission für Informations- und Medienmanagement ..................................................................... 32
Ein Blick in die Kulisse unserer Bibloithek - die Büchermagazine ...................................................... 32
Hessen - Formelversessen? ........................................................................................................................ 35
fraLine auf der CeBIT ................................................................................................................................ 36
fra-Line - IT-Schul-Service auf der didacta 2004 .................................................................................... 38

Personalnachrichten .................................................................................................................................. 39

Hochschulsport-News ................................................................................................................................ 40
Tischtennis boomt beim Hochschulsport! ................................................................................................ 41
Come together to play basketball .............................................................................................................. 41
FH-Volleyballer in Leipzig ......................................................................................................................... 42
Die 17. Frankfurter FH-Meisterchaften im Hallenfußball .................................................................... 43

Besondere Veranstaltung ........................................................................................................................... 44
Girl’s Day 2004 - Mädchen Zukunftsstag ................................................................................................. 44
Impressionen von der Firmenkontaktmesse meet@fh-frankfurt ......................................................... 47

Impressum .................................................................................................................................................... 39

                                                                                             Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
                                                                                                                                                                       1
Sind unsere Fachbereiche zu groß?
                           In den vergangenen Monaten              schungsposition verbessern?       Deshalb wird anders herum
Perspektiven

                           ist an die Hochschulleitung             Eine nachhaltige Qualitäts-       ein Schuh daraus: Wenn In-
                           vor allem von Kollegen aus              politik entwickeln?               formation und Kommunikati-
                           dem Fachbereich 2: Informa-                                               on in die Fachbereiche hinein
                           tik und Ingenieurwissenschaf-           Sowohl die hochschulpoliti-       und in den Fachbereichen
                           ten das Thema der Größe der             schen wie die fachlichen Rah-     selbst zu Unzufriedenheit
                           bestehenden vier Fachberei-             menbedingungen unserer Ar-        Anlass geben, müssen wir die
                           che herangetragen worden.               beit ändern sich dauernd. Um      dafür verantwortlichen
                           Mit dem Anspruch eines un-              hier zu bestehen, brauchen wir    Schwachstellen identifizieren
                           bestreitbaren, zweifelsfrei             Fachbereiche, die groß genug      und sie verbessern. Daran ar-
                           feststehenden empirischen               sind, um flexibel agieren und     beiten wir gerade im erweiter-
                           Befunds wird konstatiert, dass          reagieren zu können, und die      ten Präsidium.
                           besonders der Fachbereich 2             genug eigene Substanz haben,
                           zu groß und zu unübersicht-             um anstehende Entwicklungs-       Für die Hochschulleitung
                           lich sei. Die Hochschulleitung          prozesse tragen zu können.        kann ich die folgenden Maß-
                           wird gleichzeitig aufgefordert,         Studiengänge werden in Zu-        nahmen ankündigen, mit de-
                           die Strukturreform von 2001             kunft schneller entstehen und     nen wir unseren Beitrag lei-
                           nachzubessern, was wohl die             ggf. wieder eingestellt werden.   sten wollen:
                           Wiedereinrichtung kleinerer             Die Umstellung auf die ge-
                           Fachbereiche meint.                     stuften Abschlüsse mit ihren      -   Einrichtung eines elektro-
                                                                   modularisierten Kursen wird           nischen „Schwarzen
                           Dazu ist aus Sicht der Hoch-            die Verflechtung des Lehran-          Bretts“ im Intranet mit
                           schulleitung folgendes zu sa-           gebots weiter vorantreiben.           Nachrichten aus Präsidium
                           gen: Die Zusammenlegung                 Das alles würden kleine Fach-         und erweitertem Präsidi-
                           der Fachbereiche ist 2001 aus           bereiche nur eingeschränkt            um, Senat und Kommissio-
                           guten Gründen erfolgt. Diese            leisten können.                       nen sowie zu hessenweiten
                           bestehen nach wie vor. Inso-                                                  Entwicklungen (HMWK
                           fern kann und wird die Wie-             Eines allerdings ist Hoch-            und KHF)
                           dereinrichtung früher beste-            schulleitung und allen Deka-
                           hender Fachbereiche kein                naten gleichermaßen bewusst:      -   Stärkere Nutzung des Me-
                           Thema sein.                             Das Zusammenwachsen der               diums „Info intern“, um
                                                                   neuen Fachbereiche ist noch           alle Beschäftigten der
                           Die mit der Zusammenlegung              lange nicht vollendet. Vielen         Hochschule schnell und
                           der Altfachbereiche in den              Kolleginnen und Kollegen ist          aktuell zu einzelnen Ent-
                           Großfachbereichen entstande-            tatsächlich ein Stück alte Hei-       wicklungen und Punkten
                           nen großen Personalpools sind           mat verloren gegangen und             zu informieren
                           der beste Garant für eine               die neue entsteht gerade erst.
                           planbare Weiterentwicklung              Vertraute Informations- und       -   Regelmäßige Treffen mit
                           sowohl der Fachbereiche                 Kommunikationswege haben              den Studiengangsleitungen
                           selbst wie auch der Hochschu-           sich verändert, zum Beispiel          und Prüfungsverantwortli-
                           le als Ganzes. Wie will denn            durch die Verkleinerung der           chen, um Fragen der Studi-
                           ein vielleicht wieder eingerich-        Fachbereichsräte, die das             enreform und Prüfungs-
                           teter kleiner Fachbereich mit,          HHG (und nicht das Präsidi-           praxis zu diskutieren.
                           sagen wir, 12 Professuren               um) verlangt hat. Auch ich als
                           neue Studiengänge auf den               Präsident erlebe, dass Infor-     So wie wir unseren Beitrag lei-
                           Weg bringen oder den viel-              mationen nicht oder zu spät       sten, bitten wir auch alle, die
                           leicht unvermeidbaren Abzug             oder verkürzt in den Fachberei-   derzeit mit Einzelnem oder
                           von ein oder zwei Stellen ver-          chen ankommen. Aber wir kön-      Vielem in den Fachbereichen
                           kraften? Wie will er sich in            nen doch nicht eine vernünftige   unzufrieden sind, um ihre
                           seiner Verwaltung professio-            Entwicklung zurückdrehen, nur     Mitwirkung. Information und
                           nalisieren und zum Beispiel             weil wir Anlaufschwierigkeiten    Kommunikation sind natür-
                           die anstehende Kosten- und              haben. Welches Ingenieurpro-      lich in erster Linie eine Bring-
                           Leistungsrechung implemen-              jekt läuft denn vom ersten Tag    schuld. Aber nicht nur. Es
                           tieren? Wie will er seine For-          an „rund“?                        muss auch schon die Bereit-

2              Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
schaft vorhanden sein, sie an-    serer Organisationsreform           lautet unser Appell: Bauen
zunehmen und sich ohne Vor-       nutzen können, um die uns           wir gemeinsam auf, statt uns
urteil daran zu beteiligen. Nur   übrigens andere Hochschulen         vereinzelt rückwärts zu wen-
so werden wir die Vorteile un-    durchaus beneiden. Deshalb          den!

                                                                             Prof. Dr. Wolf Rieck, Präsident

Kurznachrichten aus dem Geschäftsbereich
der Vizepräsidentin
Online-Befragung zur Quali-       ge Auskunftsbereitschaft zu-        nem durchschnittlichen Um-
tät der Beratungs- und Be-        rückzuführen, sondern darauf,       fang von 11 Stunden pro Wo-
treuungsleistungen an den         dass die Aufforderung zur           che erwerbstätig. Jeder siebte
Fachbereichen „Feedback Be-       Teilnahme in den Rückmelde-         Befragte betreut Kinder oder
ratung und Betreuung“             unterlagen zum Sommerseme-          andere Familienangehörige.
                                  ster 2004 schlicht überlesen        Nur 37% der Befragten glau-
An der mit Rückmeldung zum        wurde.                              ben, das Studium in der Re-
Sommersemester 2004 durch-                                            gelstudienzeit abschließen zu
geführten online Befragung        Wir werden deshalb die Befra-       können. Als dringend verbes-
der Studierenden zu den           gung bei der Rückmeldung            serungswürdig stellen sich aus
Beratungs- und Betreuungs-        zum Wintersemester 2004/05          Sicht der Befragten die Be-
leistungen an der FH FFM im       erneut durchführen und be-          treuung von Haus- und Di-
Wintersemester 2003/04 ha-        trachten die erste Befragung        plomarbeiten sowie die Lei-
ben sich leider nur 2% der        als Testlauf, deren Ergebnisse      stungen der Sekretariate,
Studierenden beteiligt.           wegen fehlender Repräsenta-         Prüfungsämter und DV-Ein-
                                  tivität nicht im Detail vorge-      richtungen dar.
Die geringe Rücklaufquote ist     stellt werden sollen.
- nach Auskunft von vielen
Studierenden - nicht auf man-     Etwa 2/3 der Befragten sind                       Dr. Beate Finis Siegler,
gelndes Interesse oder niedri-    während des Studiums mit ei-                             Vizepräsidentin

CAMPUSKULTUR                      eine Signierstunde des Autors       Informationen zum StuGuG
                                  statt.                              und die möglichen Anträge
In Kooperation mit der Bi-                                            auf Erhöhung des Guthabens,
bliothek fand am 16. Juni 2004                                        Erlass oder Minderung der
im Lesesaal eine Autorenle-       Studienguthabengesetz               Zahlungsverpflichtung etc.
sung statt. Der ehemalige                                             sind zu finden unter
Staatsanwalt Prof. Dr. Erich      Ende April 2004 wurden alle         http://www.fh-frankfurt.de/
Schöndorf, Dozent der FH          9000 Studierenden im Rah-           wwwabts/2_informationen/
FFM im Fachbereich 3: Wirt-       men einer Anhörung unter-           studiengebuehren.html
schaft und Recht, präsentierte    richtet, welche Fach-, Hoch-
Auszüge aus seinen Büchern        schul- und Urlaubssemester          STUDY-CHIP
„Feine Würze Dioxin“ und          jeweils gespeichert sind. Be-
„Strafjustiz auf Abwegen“.        richtigungen sollten bis zur er-    Die Technologie für den
Schöndorf vermittelte seinen      sten Maiwoche beantragt wer-        STUDY-CHIP basiert bisher
Zuhörern einen ebenso kennt-      den, damit Mitte Mai allen          zum großen Teil auf den An-
nisreichen wie unterhaltsamen     Studierenden das Studien-           forderungen der GeldKarte
Einblick hinter die Kulissen      guthaben mit einem besonde-         der Sparkassen. Die damit
der deutschen Justiz. Im An-      ren Bescheid mitgeteilt wer-        zwingend verbundenen Lese-
schluss an die Lesung fand        den konnte.                         geräte haben in der Vergan-

                                                         Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
                                                                                                                          3
genheit immer wieder Anlass             Telefonische Erreichbarkeit       auch eine Reorganisation der
                                      zur Verärgerung gegeben, weil           des Studienbüros                  automatischen Ansagen, die
                                      sie im Dauerbetrieb versagten.                                            bislang den Eindruck erwek-
                                      Deshalb wird die FH FFM                 Wir sind dabei, die techni-       ken, ein Anrufbeantworter sei
                                      von der kontaktbehafteten               schen Voraussetzungen für         geschaltet, obwohl ein speziel-
                                      GeldKarte abgehen und künf-             eine weitere Verbesserung des     ler Auswahlpunkt die Verbin-
                                      tig eine kontaktlose Mifare-            Services des Studienbüros zu      dung zu einer Sachbearbeite-
                                      karte als Basis verwenden. Nä-          schaffen; das seitherige Sy-      rin herstellt.
                                      here Informationen haben die            stem bietet zu wenig Möglich-
                                      Studierenden im Mai erhalten.           keiten. Dabei überlegen wir

                                      Bachelor und Master – ein Symposium des
                                      Studiengangs Architektur
                                      Im Rahmen der anstehenden               Prof. Kritzmann, Vertreter des    klang mit den Positionierun-
                                      Einführung von Bachelor- und            ASAP (Akkreditierungsver-         gen der Kammern und Berufs-
Aus Forschung und Lehre

                                      Masterstudiengängen organi-             bund für Studiengänge der         verbände stehen sollen.
                                      sierte der Studiengang Archi-           Architektur und Planung) ga-
                                      tektur am 2. April 2004 eine            ben zunächst Einblicke in Teil-   Konkurrenz der Modelle
                                      ganztägige Veranstaltung zu             problematiken der anstehen-       Der Bologna-Prozess
                                      diesem Thema. Eine Einfüh-              den Umstrukturierung. Am          (19.07.1999 Erklärung von 29
                                      rung in die Thematik gaben              Nachmittag wurden exempla-        EU Bildungsministern) initi-
                                      Prof. Dr. Wolf Rieck, Präsi-            risch zwei Modelle bereits ak-    ierte eine umfangreiche und
                                      dent der FH Frankfurt am                kreditierter Bachelor- und        sicherlich – wie bei allen Ex-
                                      Main, und Prof. Karen Ehlers,           Masterstudiengänge vorge-         perimenten im Bildungssektor
                                      Studiengangsleiterin des Fb 1.          stellt. Die FH Wismar, vertre-    - in erheblichen Teilen unge-
                                      Die weiteren Beiträge von               ten durch Prof. Joedicke und      wisse Veränderung der deut-
                                      Prof. Guido Jax, Mitglied des           Prof. Onnen-Weber, stellte ihr    schen Hochschullandschaft.
                                      Ausschusses für Aus- und                Modell eines sechssemestrigen     An deren Abschluss soll unter
                                      Weiterbildung der Bundes-               Bachelor- plus viersemestri-      anderem die möglichst flä-
                                      architektenkammer und von               gen Masterprogramms vor.          chendeckende Einführung von
                                                                              Die FH Bochum, vertreten          BA/MA Abschlüssen stehen.
                                                                              durch Prof. Gatermann, stellte    Diese Harmonisierung der
                                      Das Kollegium des Studiengangs          ihr Modell eines achtsemestri-    Ausbildung im europäischen
                                      Architektur und Gäste                   gen Bachelor- plus zweisemes-     Kontext wurde innerhalb der
                                                                              trigen Masterprogramms vor.       Architektur und der planen-
                                                                                                                den Berufe zum Konfliktfall.
                                                                              Über die Zulassung als Archi-     Dabei ist bei einigen der so
                                                                              tekt entscheiden in Deutsch-      genannten „freien Berufe“ das
                                                                              land die Architektenkam-          Thema BA/MA kein Thema.
                                                                              mern, die so gesehen die letz-    Für Ärzte, Apotheker und
                                                                              te Instanz einer an der Hoch-     Rechtsanwälte hierzulande
                                                                              schule begonnenen Ausbil-         stehen Veränderungen der
                                                                              dung sind. Der nachfolgend        Abschlüsse nicht zur Debatte.
                                                                              abgedruckte Beitrag von Prof.     Sie profitieren vom Prinzip
                                                                              Jax zeigt dabei die Problema-     der Staatsexamen.
                                                                              tik speziell des Studiengangs
                                                                              Architektur in Bezug auf die      Die Position der Kammern fo-
                                                                              Einführung neuer Studienab-       kussiert sich in der Diskussion
                                                                              schlüsse, wenn diese in Ein-      um den BA. Ein MA mit fünf-

4                         Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
jähriger Ausbildungsdauer           und Architekten aller Fach-                                                       Präsident Prof.
und EU-weite Festschreibung         richtungen gegenüber Politik                                                      Dr. Wolf Rieck
eines entsprechenden Vollzeit-      und Öffentlichkeit vertritt. 3)
studiums ist unstrittig. Ein be-
rufsqualifizierender BA mit         Obwohl die BAK lediglich den
einer dreijährigen Ausbildung       Status eines Vereins hat, for-
wird von der Mehrheit der           mieren und dokumentieren
Kammern abgelehnt. Sie se-          sich hier die Positionen, die
hen hierin die Restauration         sich innerhalb der Länder-
des Ing.-grad., der im Laufe        kammern manifestieren.
der Zeit eine Planvorlage-
berechtigung erhalten wird.         Positionen
Aktuelle Diskussionen in BW         Eine Eigenschaft von Positio-
über das Führen einer B-Liste       nen ist, dass sie sich wie „Hal-
(kleine Bauvorlageberechti-         tungen“ verändern können.
gung) verstärken diese Auffas-      Die folgenden Positionen sind                                                      Studiengangs-
sung 1) (analog die in RP, Hes-     daher mutatis mutandis Mo-                                                    leiterin Architektur
sen und BW Initiative der           mentaufnahmen und das Er-                                                      Prof. Karen Ehlers
Handwerkskammern zu Plan-           gebnis einer zuweilen auch
vorlageberechtigung der Mei-        subjektiven Recherche.
ster).
                                    Die Abstimmung der Länder-
Letztendlich entwickelt sich        vertretungen in der Bundes-
der Streit innerhalb der pla-       architektenkammer (BAK)
nenden Szene zum Modellfall.        zum sechs plus vier Modell
Zwei Kontrahenten stehen            und der damit verbundenen
sich dabei gegenüber, die an        Einführung eines neuen Be-
das Einmaleins erinnern: sechs      rufsbildes ohne konkretes
plus vier versus acht plus zwei.    Berufsfeld votierte mit 55 zu
                                    24 Stimmen (unter Wertung
Kammern als Institutionen           der Mehrheitsverhältnisse) ge-
Kammern sind Körperschaf-           gen den sechssemestrigen
ten des öffentlichen Rechts         Bachelor. Aufgrund dieses
(ArchG der Länder) und              Abstimmungsergebnisses ist
staatliche Institutionen auf        die BAK aus ASAP 4) ausge-          wig-Holstein sowie die Stadt-
Landesebene denen berufs-           treten. Der BDB ist in Folge        staaten Bremen und Ham-
ständige Aufgaben im Rah-           ebenfalls aus ASAP ausgetre-        burg. In Bayern wurde ein
men der jeweiligen Landes-          ten. Die Positionierung des         neuer Kammervorstand ge-
architektengesetzte übertra-        BDA ist nicht eindeutig, da         wählt. Inwiefern dieser die
gen sind. Alle 16 Bundeslän-        aufgrund „interner“ Struktur-       bisher ablehnende Position
der (beziehungsweise 13 Bun-        änderungen gegenwärtig die-         beibehält, ist zurzeit nicht pro-
desländer 2) + 3 Stadtstaaten       ses Thema nicht umfassend           gnostizierbar.
Berlin, Bremen, Hamburg)            diskutiert wird. 5)
haben Architektenkammern                                                CONTRA: Eindeutig gegen
eingerichtet (in Schleswig-         Der Vorstand der BAK hat in         die Einführung von Bachelor-
Holstein zusammen mit der           seiner Sitzung am 18.09.2003 6)     und Masterabschlüssen im
Ingenieurkammer). Die Mit-          beschlossen, analog zum Ab-         Studiengang Architektur hat
glieder der Architektenkam-         stimmungsergebnis kein Be-          sich Hessen ausgesprochen
mern teilen sich im Quer-           rufsbild für den BA zu defi-        (s.a. Positionspapier der hessi-
schnitt in ca. ein drittel Absol-   nieren, da für BA-Absolven-         schen Kammer für Studen-
venten universitärer Aus-           ten kein Bedarf gesehen wird.       ten). Deutlich gegen ein 6+4-
bildungsgänge und ca. zwei                                              Modell erklären sich Nord-
drittel Absolventen von Fach-       PRO: Für einen Verbleib in          rhein-Westfalen und Rhein-
hochschulstudiengängen.             der ASAP beziehungsweise            land-Pfalz.
                                    den Wiedereintritt plädieren
BAK = e.V. Zielsetzung:             gegenwärtig die Bundesländer        Positionspapiere:
Bundesgemeinschaft, die die         Baden-Württemberg, Meck-            Der BAK–Vorstand 7) sieht
Interessen der Architektinnen       lenburg-Vorpommern, Schles-         keinen Bedarf für Absolven-

                                                           Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
                                                                                                                                 5
ten sechs semestriger Ausbil-           internen Ausübung des Berufs     chendeckend Masterstudien-
                dungsgänge auf dem Arbeits-             „Architekt“ sind geregelt in     gänge absolviert werden. 12)
                markt. Er verweist unter an-            der EU Architektenrichtlinie
                derem auf Aspekte des Ver-              85/384/EG: mindestens vier-      Statistische Entwicklungen:
                braucherschutzes (Planvor-              jähriges Vollzeitstudium +       Arbeitsmarktprognose für Ar-
                lageberechtigung nach sechs             Berufspraxis.                    chitekten, Innenarchitekten,
                Semestern Ausbildung)                                                    Landschaftsarchitekten und
                                                        Eine aktuelle Entwicklung zur    Stadtplaner für den Zeitraum
                AK H Positionspapier im                 europaexternen Berufsaus-        von 2000 bis 2006 13): ca. 7000
                Internet 8): lehnt kategorisch          übung: In Verhandlungen zwi-     in das Erwerbsleben eintre-
                die Einführung von BA/MA–               schen der NCARB (= Natio-        tenden Architektur- und
                Abschlüssen ab und rät zu Di-           nal Council for Architectural    Stadtplanungsabsolventen ste-
                plom–Studiengängen.                     Registration Board) 10), der     hen ca. 3000 aus dem Er-
                                                        AIA (= American Institute of     werbsleben ausscheidende Ar-
                AK NRW hat am 25.02.2004                Architects) und dem ACE am       chitekten und Stadtplaner ge-
                die Rektoren sowie die Deka-            07./08.11.2003 in Washington     genüber. Das entspricht einer
                ne der Fachhochschulen und              wurde zwischenzeitlich (nach     Überdeckung von ca. 130 Pro-
                Universitäten angeschrieben             jahrelangem Bemühen des          zentpunkten in einem ohnehin
                und auf die geänderte Geset-            ACE) die gegenseitige Aner-      strukturell überbesetzten Be-
                zeslage hingewiesen. Die No-            kennung auf der Grundlage        ruf! Die Zahl der Absolventen
                vellierung des nordrhein-west-          der EU Architektenrichtlinie     im Fach Architektur ist von
                fälischen Baukammerngesetz              vereinbart. 11) Die Anerken-     1983 ca. 2700 auf 6200 in 2003
                folgt nunmehr der EU Archi-             nung soll 2004 als Abkommen      gestiegen. Dies entspricht
                tektenrichtlinie. Ferner wird           ratifiziert werden. Damit wür-   ebenfalls einer Überdeckung
                auf Experteneinschätzungen              de die achtsemestrige Ausbil-    von ca. 130 Prozentpunkten.
                verwiesen, die eine minde-              dung als „internationaler
                stens achtsemestrige Ausbil-            Standart“ erheblich gestärkt.    Die Ausbildungsplatzkapa-
                dung zur Vermittlung der                                                 zitäten im Bereich des Bauwe-
                Lehrinhalte fordern. Bezüg-             EU – Initiative                  sens sind zu hoch. Die Hoch-
                lich des acht plus zwei Modells         Die angesetzte Abstimmung        schulentwicklungskommission
                wird auf neu entwickelte                im EU Parlament zur Fest-        RP prognostiziert eine Hal-
                Lehrkonzepte in NRW hinge-              schreibung eines fünfjährigen    bierung der Ausbildungsplätze
                wiesen. Es wird ebenfalls dar-          Architekturstudiums als Vor-     bezogen auf den Bevölke-
                gelegt, dass die Überdeckung            aussetzung zur Führung des       rungsanteil und fordert eine
                an Architekten nur durch die            Titels wurde vom 29.01.2004      Konzentration der Masteraus-
                Exportfähigkeit kompensiert             auf den 11.02.2004 verscho-      bildung (u.a. aus Kostengrün-
                werden kann.                            ben. In einer ersten Lesung      den).14)
                                                        wurde die Verlängerung der
                AK RP lehnt BA/MA nicht                 europaweit geltenden Min-        Berufsbild im Wandel:
                generell ab; lediglich sechsse-         deststudiendauer von vier Jah-   Spezialist oder Generalist
                mestrige BA’s werden abge-              ren auf fünf Jahre abgelehnt.    Die Spezialisierung im Be-
                lehnt. Auf der Grundlage des            – Der weitere Fortgang dieser    reich der Architektur von
                Vorstandsbeschlusses vom                Initiative (ob es überhaupt zu   Feng Shui über Brandschutz
                10.10.2003 wurde das überar-            einer zweiten Lesung kommt?)     und Projektsteuerung bis hin
                beitete („entschärfte“) hessi-          und die ggf. damit verbunde-     zum Küchenplaner führt u.a.
                sche Positionspapier zunächst           nen Zeithorizonte sind poli-     auch zu einem permanenten
                an die rheinland–pfälzischen            tisch motiviert und meines Er-   Wachstum der Planungsbe-
                HS verteilt bzw. 2003 ins               achtens daher nicht prognosti-   teiligten (Ausschluss von Ver-
                Internet gestellt.9) Mit der            zierbar. Ein sich möglicher-     antwortlichkeiten). Dies ist
                Pressemitteilung vom                    weise durch die Initiative an-   nicht im Sinne des Verbrau-
                11.03.2004 resümiert die Kam-           deutender Paradigmenwechsel      cherschutzes. Die Einführung
                mer speziell die RP-Position            (die durch die deutsche Fach-    6semestriger BA’s würde diese
                für das acht plus zwei Modell:          hochschulausbildung in der       Partikularisierung sicherlich
                                                        EU Richtlinie über die freien    fördern.
                Berufsbild/Berufsfeld                   Berufe fixierten vier Jahre
                Zukunft der Architektenaus-             durch fünf zu substituieren)     BA/MA–Titel. Thesen…
                bildung                                 beruht möglicherweise auf der    Die AK RP empfiehlt den HS,
                Anforderungen zur europa-               Annahme, dass künftig flä-       die BA/MA einführen wollen,

6   Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
den Abschluss B.Eng./M.Eng.        berufspraktischer Sicht, wie              1) s.a. Protokoll der Sitzung vom 25.11.2003 der Präsiden-
oder alternativ B.Sc./M.Sc. 15).   dargelegt, erhebliche Mängel.             ten zum Thema BA. Hier wird eine Einbindung der BA’s in
                                                                             die AK’s mit dem Ziel einer reduzierten Planvorlage-
Hierdurch soll ausgedrückt         Zudem birgt es für Fachhoch-              berechtigung gefordert.
werden, dass Architektur eine      schulen das nicht unerhebli-
ingenieurwissen-schaftliche        che Risiko auf einer sechsse-             2) AK Baden-Württemberg, AK Bayern, AK Brandenburg;
Disziplin ist. In diesem Zu-       mestrigen Ausbildung sitzen               Arch.+StadtplanerK Hessen, AK Mecklenburg-Vorpommern,
                                                                             AK Niedersachsen, AK Nordrhein-Westfalen, AK Rheinland-
sammenhang wird der jahre-         zu bleiben. Dabei haben die               Pfalz, AK Saarland, AK Sachsen, AK Sachsen-Anhalt, AIK
lange „Kampf“ der Innenar-         aktuellen Erfahrungen in RP               Schleswig-Holstein, AK Thüringen
chitekten um den Titel Dipl.-      gezeigt, dass es ein Trug-
Ing. angeführt sowie die damit     schluss ist, dass bei der Stand-          3) Quelle: Fußnote im Briefkopf der BAK (vgl. u.a. Schr. v.
                                                                             02.03.2004 BAK–Ausschuss AFWBild.
verbundenen „Vermarktungs-         ortfrage ausschließlich Quali-
chancen“.                          tätsfragen erörtert werden.               4) ASAP = Akkreditierungsverbund für Studiengänge der
                                   Hier wurden im Wesentlichen               Architektur und Planung e.V.; Mitglieder: BDA, BDIA, BDLA,
Zwischensicht                      politische Indikatoren (Ein-              SRL, AK BW, AIK SH (= Schleswig-Holstein), FBTA (= FH
                                                                             Studiengänge), DARL (= Uni Studiengänge), IFR (=
Dieser Vortrag beschäftigte        bindung in die Region) und                Informationskreis für Raumplanung), HKL (=
sich nicht mit den aus Sicht       wirtschaftliche Erwägungen                Hochschulkonferenz Landschaft)
der Politik verbesserten           (Anzahl der Renten-
Steuerungsmechanismen im           arbeitsjahre bis zur Schließung           5) Die vorstehenden Ausführungen basieren auf Angaben
                                                                             der BAK sowie der Länderkammern Rheinland-Pfalz und
Hochschulbereich (Ausbau/          des Standortes) evaluiert. 17)            Hessen. Die Angaben zum BDA beziehen sich auf Gesprä-
Abbau/finanzielle Ausstat-                                                   che mit dem Landesvorstand RLP und Delegierten des
tung). Konsekutive Studien-        Das größte Risiko liegt aber in           Bundesvorstandes.
gänge ermöglichen ein ganz         der Einführung eines neuen
                                                                             6) Quelle: BAK–Protokoll zum Gesprächskreis der Präsiden-
anderes „Facility Manage-          Berufs bzw. der bereits er-               ten zum Thema Bachelor am 25.11.2003 in Berlin
ment“ als bisher (zum Beispiel     wähnten Restauration des
Konzentration der Masteraus-       Ing.-Grades. Alle bisherigen              7) Schr. d. BAK an alle Dekane der Fachbereiche Architek-
bildung auf wenige HS bzw.         Argumentationen zum Berufs-               tur, Innen- u. Landschaftsarchitektur sowie Stadtplanung vom
                                                                             27.11.2002; hierin wird auf BAK Positionspapier „BA/MA
universitäre Einrichtungen,        bild und Berufsfeld des sechs-            im Fach Architektur“ vom 12.09.2000 verwiesen.
politische Faktoren der Stand-     semestrigen BA sind mehr
ortwahl, etc). Ebenso nicht        oder weniger spekulativ. Wer              8) Quelle: www.akh.de/npf/site
mit den Möglichkeiten, über        Beschäftigungsprognosen die-
                                                                             9) vgl. Schr. d. AK RP an den Vorstand vom 30.10.2003
die Zertifizierungsagenturen       ser Bachelorabsolventen gibt,
indirekt Einfluss in die Lehre     kann sich in Ermangelung von              10) Zusammenschluss der 55 amerikanischen Architekten-
und die Möglichkeiten der          Berufstätigen dieser Aus-                 register
Lehre zu nehmen. 16) Ganz zu       bildungsgänge auf kein ausrei-
                                                                             11) Schr. des BAK–Justiziars (= Mitglied des ACE) vom
schweigen von den Feldern,         chendes oder gar repräsentati-            20.11.2003 an die Mitglieder des Bundesvorstandes
die durch die periodische          ves Datenmaterial berufen.
Reakkreditierung eröffnet                                                    12) Quelle: Pressemitteilung der AK RP vom 11.03.04
werden können.                     Die Situation wäre einfacher,
                                                                             13) Quellen: Statistisches Bundesamt, Bundes-
                                   wenn der Architekturstudien-              architektenkammer (hier aus Anl.8 zum Protokoll der BAK-
Er beschäftigt sich aber mit       gang nur für talentierte Stu-             Ausschusssitzung „Aus-, Fort- und Weiterbildung“ vom
zwei Modellen und deren            denten offen wäre und mit                 01.12.2003)
Konsequenzen in der Berufs-        fünf Jahren eine angemessene
                                                                             14) Bericht der Arbeitsgruppe Hochschulentwicklung RP,
praxis. Das acht plus zwei Mo-     Studiendauer (auch an FH’s)               Februar 2004; Seite 20 und Seite 24 (Konzentration der
dell ist dabei bezüglich der       bekäme. – Aber dazu müsste                Masterstudiengänge)
bundesdeutschen und euro-          die Politik in Bildung Geld
päischen Rechtslage völlig un-     statt textlastiger Erklärungen            15) Vorgesehener Abschussgrad in den Ingenieurwissen-
                                                                             schaften; Quelle: 10 Thesen zur Bachelor- und Masterstruktur
bedenklich und ermöglicht die      investieren. – Ich wünsche uns            in Deutschland / Beschluss der KMK vom 12.06.2003
uneingeschränkte Berufsaus-        viel Erfolg, Inspirationen, un-
übung sowie die „Exportfähig-      terstützende Geister und eine             16) vgl. hierzu Wolfgang Kemp in der FAZ vom
keit“ der jungen Architekten-      glückliche Hand bei der Neu-              07.11.2003: Euch machen wir mürbe / Hochschulkontrolle:
                                                                             Aufzeichnungen eines Nichtakkreditierten
generation. Sein wesentliches      strukturierung unseres Studi-
Defizit ist die kompakte           engangs. Vielen Dank!                     17) Bericht der Arbeitsgruppe Hochschulentwicklung RP,
Studienorganisation in der                                                   Februar 2004; Abschn. D1.2 Seite 23f.
Masterphase.

Das Konkurrenzmodell ist
zwar studientechnisch besser                       Prof. Guido Jax, Fb 1
zu organisieren, hat aber aus      Einführung/Bilder: Prof. Claudia Lüling

                                                               Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
                                                                                                                                       7
Drei Wochen vor Ort                                          ... oder wie es mit dem
                                                             Kayamandi Housing Project
                                                                                               2.000 weiteren Wohneinheiten
                                                                                               in den nächsten fünf bis acht
                                                             weitergeht                        Jahren vor – finanziert aus
in einer Township in                                                                           Mitteln des nationalen Woh-
                                                             In der FFZ vom Oktober 2003       nungsbauprogramms, welches
Südafrika                                                    berichtete Prof. Dr. Michael
                                                             Peterek (Fachbereich 1) über
                                                                                               jedem Haushalt mit einem
                                                                                               Einkommen unter 200 Euro/
                                                             die Mitarbeit von Studieren-      Monat eine einmalige staatli-
                                                             den des Studiengangs Archi-       che „Individualförderung“ von
                                                             tektur am Städtebau-Projekt       etwa 3.000 Euro für Haus und
                                                             der Hilfsorganisation „Greater    Grundstück zuerkennt. Alter-
                                                             Stellenbosch Development          native Entwürfe zu einzelnen
                                                             Trust“ in Südafrika. Das Pro-     Haustypen und städtebauliche
                                                             jekt widmet sich der Verbesse-    Teilstudien können auch wei-
                                                             rung der Wohn- und Lebens-        terhin mögliche Aufgabenfel-
                                                             bedingungen der schwarzen         der für Studienarbeiten an der
                                                             Bevölkerung im Township           Fachhochschule sein.
                                                             Kayamandi in der Stadt Stel-
                                                             lenbosch, etwa 30 km östlich      Die früheren Überlegungen,
                                                             von Kapstadt. Vom 17. Febru-      ein eigenes „Musterhaus“ auf
                                                             ar bis 9. März 2004 war wie-      dem Gelände des „Trust“ zu
                                                             derum eine Gruppe von neun        erstellen, wurden hingegen in
                                                             Studentinnen und Studenten –      Absprache mit dem Büro
                                                             unter der Leitung von Prof.       Dennis Moss und den Verant-
                                                             Dr. Michael Peterek und           wortlichen des Development
                                                             Dipl.-Ing. Angelika Plümmer       Trust, vorerst zurückgestellt.
                                                             – vor Ort.                        Als vordringlicher wird jetzt
                                                                                               die Aufgabe angesehen, zu-
                                                             Im Rahmen der Lehrveran-          sammen mit den Bewohnern
                                                             staltung „Architektur und         Konzepte für die weitere Ge-
                                                             Städtebau im globalen Kon-        staltung ihres jeweiligen
                                                             text“ waren in der Vergangen-     Wohnumfelds zu entwickeln.
                                                             heit erste Entwürfe für einen     Denn sobald die neuen Häu-
                                                             menschenwürdigen, ökono-          ser einmal bezogen sind, ist
                                                             misch erschwinglichen Woh-        für die Betroffenen keinerlei
                                                             nungsbau entstanden, bei de-      staatliche Unterstützung mehr
                                                             nen insbesondere auch die         zu erwarten. Die Abgrenzung
                                                             städtebauliche Anordnung der      der Parzellen, die Anlage von
                                                             Einzel- bzw. Doppelhäuser zu      Terrassen und Nutzgärten,
                                                             Reihen und verdichteten           Bäume und Vegetation, die
                                                             Hausgruppen mit dazugehöri-       Gestaltung von gemeinschaft-
                                                             gen Höfen, Wohnwegen und          lichen und öffentlichen Flä-
                                                             attraktiven gemeinschaftli-       chen und alle anderen Maß-
                                                             chen Räumen im Vordergrund        nahmen, die aus einem rudi-
                                                             der Bemühungen stand. Erste       mentären Neubauquartier erst
                                                             Ergebnisse sind bereits in die    ein vollständiges, funktionsfä-
                                                             Planungen des örtlichen           higes und lebenswertes Wohn-
                                                             Architekturbüros Dennis           viertel machen, bleiben der
                                                             Moss Partnership eingeflossen     Eigeninitiative der dort An-
                                                             und im jüngsten Wohnbau-          sässigen überlassen. Dabei ist
                                                             projekt für Kayamandi umge-       planerisches Know-how eben-
                                                             setzt worden: zweigeschossige     so gefragt wie die Aktivierung
                                                             Reihenhäuser auf kleinen Par-     von gemeinschaftlichen Initia-
    Bild oben: Jüngstes Wohnprojekt des Büros Dennis Moss    zellen, mit einer erheblich hö-   tiven und Projekten auf den
                                               Partnership
                                                             heren Dichte und städtebauli-     einzelnen Parzellen, im
Bild Mitte: Ungestaltes Wohnumfeld im Quartier Costa Land    chen Qualität als zuvor. Der      Wohnumfeld, in der Nachbar-
                                                             Entwicklungsplan für Kaya-        schaft und im Quartier.
               Bild unten: Im Gespräch mit den Bewohnern     mandi sieht den Bau von etwa

8        Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
Nachdem die beiden Studen-        sten anzugehenden Schritte in       Nicht nur die feierliche Über-
tinnen Katrin Adami und Julia     einer „Machbarkeitstudie“           gabe des großen „Spiel-Schif-
Dennerlein in einer Diplom-       dargestellt werden, deren Fer-      fes“ mit einem Quartiersfest
arbeit im Wintersemester          tigstellung bis August 2004         am letzten Tag vor unserer
2003/04 Konzepte für die städ-    vorgesehen ist.                     Abreise, sondern der ganze
tebauliche Gesamtentwick-                                             Aufenthalt über drei Wochen
lung des Township entwickelt      Parallel zu unserer Arbeit ha-      hinweg hat uns den Menschen
hatten, lagen bereits umfas-      ben drei Gewerbelehrer der          in Kayamandi näher gebracht
sende Daten und Grundlagen        Knobelsdorff-Berufsfachschu-        und damit wichtige Weichen
für die Weiterarbeit vor. Wäh-    le für das Bauhandwerk in           für die weitere Arbeit hier
rend des Aufenthalts im Fe-       Berlin während eines einwö-         und vor Ort gestellt.
bruar/März wurde die Di-          chigen Aufenthalts im Town-
plomarbeit von ihren beiden       ship die Machbarkeit von bau-
                                                                          Dipl.-Ing. Angelika Plümmer, Fb 1
Verfasserinnen den Verant-        technischen Verbesserungs-
wortlichen vor Ort vorgestellt,   maßnahmen geprüft. In Ge-
darunter, neben dem Pla-          sprächen mit den Bewohnern
nungsbüro, auch den zuständi-     wurde unter anderem die             Ein Schiff für die Kinder – ein
gen Vertretern der Stadtver-      Vollendung von unfertigen           gemeinsamer Ort für „Costa
waltung und den Ortsvorste-       Häusern, deren Erweiterung,         Land“
hern von Kayamandi. Die           Dachisolierung, Feuchtigkeits-
Vorschläge stießen auf große      schutz überlegt. Es ist geplant,    Beeindruckt von den Men-
Anerkennung und wurden            dass zwei Gruppen von Schü-         schen und ihren Biographien
lebhaft diskutiert.               lern der Berufsfachschule im        werteten wir die geführten In-
                                  Herbst 2004 solche Maßnah-          terviews aus. Dabei mussten
Auf dieser Basis wurde das        men als „Lehrbaustellen“            wir feststellen, dass unsere
Wohnviertel „Costa Land“ als      durchführen, sofern die Be-         Vorstellungen, das Wohnum-
„Pilotprojekt“ für eine erste     wohner bereit sind, aktiv bei       feld zu verschönern, eigentlich
Maßnahme der Wohnumfeld-          den Arbeiten mitzuhelfen so-        für die Menschen keine ent-
und Quartiersverbesserung         wie bis zu diesem Zeitpunkt         scheidende Rolle spielten.
ausgewählt. Costa Land be-        eine festgelegte Geldsumme          Ihre vorrangigen Sorgen gal-
steht im wesentlichen aus ste-    anzusparen, die dann durch          ten der Versorgung der Fami-
reotyp aneinander gereihten       einen Zuschuss oder Kredit          lie und dem Wohlergehen der
Grundstücken mit 24 oder 42       des „Development Trust“ bis         Kinder, von denen es in jeder
qm großen Häusern, die viel-      zur notwendigen Höhe aufge-         Familie im Durchschnitt etwa
fach noch nicht fertig ausge-     stockt werden kann.                 drei bis vier gibt. Insgesamt
baut sind. Gemeinschaftlich                                           machen die Kinder ca. 50%
nutzbare Bereiche fehlen          Erste konkrete Erfahrungen          der Gesamtbevölkerung von
ebenso wie sämtliche über das     mit den Möglichkeiten und           Kayamandi aus, was wir auch
Wohnen hinausgehende Nut-         Grenzen von „Gemeinschafts-         gleich bei unserer ersten Be-
zungen (Läden, Kleingewerbe,      arbeit“ und „Selbsthilfe“           gehung bemerken konnten:
Marktplatz, Spielplätze...).      konnten die Studierenden            Kaum waren wir losgelaufen,
                                  während der zweiten Hälfte          wurden wir schnell von etwa
Eine detaillierte städtebauli-    unseres Aufenthaltes sam-           30 Kindern umringt, die nicht
che Bestandsaufnahme, Ge-         meln, und zwar bei der prakti-      müde wurden, uns über meh-
spräche mit den Bewohnern,        schen Umsetzung eines Spiel-        rere Stunden zu begleiten.
Diskussionen mit allen Betei-     platz-Projektes, das sie zusam-     Diese beiden Erfahrungen
ligten sowie themenbezogen        men mit den Bewohnern und           veranlassten uns, über unsere
durchgeführte Interviews ha-      vor allem den Kindern von           Arbeit grundsätzlicher nach-
ben die Dringlichkeit der an-     „Costa Land“ realisiert haben       zudenken: Nur theoretisch zu
stehenden Maßnahmen aufge-        (s. auch den nachfolgenden          planen war uns zu wenig ge-
zeigt. Diese betreffen neben      Bericht von Cornelia Kaestle).      worden.
den planerisch-gestalterischen    Die Initiative dafür ging un-
Aspekten ebenso den kon-          mittelbar von den Studieren-        An einem Abend entstand
struktiv-technischen wie auch     den aus, die nicht nur „theore-     deshalb die Idee, aus unserem
den sozialen und ökonomi-         tisch“ arbeiten, sondern auch       Housing Projekt eine Art
schen Bereich. Auf der            den ersten Baustein einer           „Kinder-Projekt“ zu machen,
Grundlage der studentischen       „praktischen“ Wohnumfeld-           und wir entschlossen uns, in
Erhebungen sollen die näch-       verbesserung setzen wollten.        den noch verbleibenden 13 Ta-

                                                         Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
                                                                                                                          9
Bild oben: Die      gen einen Kinderspielplatz zu         Am nächsten Morgen stellten        sehr hart und felsig war. Doch
BaumeisterInnen      bauen. Nach vielen Überle-            wir unsere Idee den Verant-        mit vereinten Kräften konnten
  nach getaner
         Arbeit      gungen, welche Geräte man             wortlichen des Development         wir am Abend stolz sein auf
                     für einen Spielplatz braucht          Trust vor, die sich schnell da-    unser Werk. In den nächsten
                     und wieviele Kinder darauf            für gewinnen ließen. Also stie-    Tagen entstand dann die
 Bild Mitte: Das
  fertig gestellte
                     spielen können, entschieden           gen wir in die genauere Pla-       Rahmenkonstruktion des
      Spiel-Schiff   wir uns letztlich dafür, ein ein-     nung und Organisation des          Schiffbugs, und am letzten Tag
                     ziges großes Spielgerät für alle      „Spiel-Schiffes“ ein: Wie kon-     vor der großen Eröffnungs-
 Bild unten: Die
                     Kinder zu bauen: Ein „Spiel-          struieren wir es, was brauchen     feier konnten wir endlich die
  Malaktion am       Schiff“ zum Klettern, Verstek-        wir an Material und Maschi-        Außenbeplankung anschrau-
  Eröffnungstag      ken und Im-Sand-Spielen soll-         nen, wo bekommen wir beides        ben und die Hauptträger ein-
                     te es werden.                         her, und am wichtigsten, wo        betonieren.
                                                           bauen wir es hin? Bei den
                                                           Ortsbegehungen hatten wir          Am Sonntag, dem Tag der Er-
                                                           schon einige brachliegende         öffnung, hissten wir noch un-
                                                           Grundstücke entdeckt. Jetzt        ser leuchtendes Sonnensegel
                                                           brauchten wir nur noch die         über dem Sandkasten und so-
                                                           Genehmigung der Stadt              fort setzten sich die Kinder in
                                                           Stellenbosch. Alicia, die Stadt-   den vom Segel erzeugten
                                                           rätin von Stellenbosch, die        Schatten. Pünktlich um 15.30
                                                           ebenfalls im Quartier Costa        Uhr begann die feierliche Er-
                                                           Land wohnt, konnten wir mit        öffnung des „Spiel-Schiffes“,
                                                           unserem Vorhaben sofort be-        zu der wir per Flyer alle Haus-
                                                           geistern.                          halte des Quartiers eingeladen
                                                                                              hatten. Etwa 200 Kinder tum-
                                                           Wir fingen gleich am nächsten      melten sich um das Schiff her-
                                                           Tag an, mit einigen Anwoh-         um und konnten die „Freiga-
                                                           nern das zugewiesene Grund-        be“ kaum erwarten. Nachdem
                                                           stück zu säubern. Nach einiger     die Stadträtin Alicia eine kur-
                                                           Zeit wurden wir von unseren        ze Eröffnungsrede gehalten
                                                           Helfern gefragt, was sie denn      hatte und auch einige Mütter
                                                           für ihre Arbeit bekommen           spontan ihre Dankbarkeit
                                                           würden. Darauf konnten wir         zeigten, luden wir die Kinder
                                                           nur antworten, dass sie, eben-     ein, gemeinsam mit uns das
                                                           so wie wir, nichts dafür be-       Schiff zu bemalen. Schnell
                                                           kommen, sondern es ihren           wurden lange Schlangen gebil-
                                                           Kindern zuliebe tun würden.        det, in die sich alle recht ge-
                                                           Nach dieser Feststellung blie-     ordnet einreihten. Am Anfang
                                                           ben nur ein paar Frauen übrig,     der Schlange standen jeweils
                                                           die helfen wollten, einen          Studenten von uns mit bunten
                                                           Spielplatz für ihre Kinder zu      Farben. Wir bemalten damit
                                                           bauen.                             die Hände der Kinder, die die-
                                                                                              se dann an den Bug des Schif-
                                                           Nachdem das Grundstück von         fes drückten. Nach kurzer
                                                           Müll und anderen Dingen ge-        Zeit erstrahlte unser Schiff
                                                           reinigt worden war, mussten        mit ca. 200 bunten Kinderhän-
                                                           die fünf Löcher gegraben wer-      den in der Nachmittagssonne.
                                                           den, in die später die Haupt-      Richtig stolz standen wir noch
                                                           träger der Schiffskonstruktion     am Abend davor und konnten
                                                           einbetoniert werden sollten.       es selber kaum glauben, was
                                                           Also haben wir alles ausge-        wir in so kurzer Zeit auf die
                                                           messen und mit der Hilfe der       Beine gestellt hatten!
                                                           Frauen und vieler Kinder an-
                                                           gefangen, mit Spaten und           Das Schiff stellt einen Ansatz-
                                                           Spitzhacke die Löcher mög-         punkt dar, um einen ersten
                                                           lichst tief auszuheben. Das        „öffentlichen“ Platz im Quar-
                                                           stellte sich als große Heraus-     tier Costa Land zu entwickeln.
                                                           forderung dar, weil der Boden      Wir haben bereits neben dem

10     Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
Schiff drei Bäume angepflanzt     „Hilfe zur Selbsthilfe“ bleibt     mühen, sondern dass sie sel-
und die weitere Entwicklungs-     zu sagen, dass die Menschen        ber aktiv werden müssen. Das
planung des Umfelds begon-        noch viel besser angeleitet        ist sicher noch ein langer Weg,
nen. Neben dem Spielplatz         werden müssen, wie sie selber      aber unser Pilotprojekt war
soll unter anderem ein Be-        ihr Glück in die Hand nehmen       ein erster Versuch in diese
reich mit Marktständen ent-       können. Sie müssen lernen,         Richtung.
stehen, der auch den älteren      dass man nicht immer nur da-
Einwohnern einen Treffpunkt       sitzen und abwarten kann, bis            Dipl.-Ing.(FH) Cornelia Kaestle,
bieten kann. Zum Thema            sich andere um ihr Glück be-                        Absolventin des Fb 1

Ausstellung „Gestaltungsgrundlehre“
Im Wintersemester 2004/05         Qualitätskriterien von Kultur-
von Oktober bis Ende Februar      arbeit konkurrieren in der
zeigt der Studiengang Sozial-     Praxis notwendig mit dem
pädagogik der Fachhochschu-       Recht aufs Ungekonnte. Di-
le Frankfurt am Main Arbeits-     lettantismus darf dem sozial-
ergebnisse aus der Lehrveran-     pädagogischen „Blick“ kein
staltung „Gestaltungsgrund-       Problem sein. Das gilt auch
lehre“. Zu sehen sind Origi-      für Arbeitsfelder der Sozialen
nalarbeiten von Studentinnen      Arbeit wie KITA, verbandli-
und Studenten, aber auch do-      che und offene Jugendarbeit,
kumentierende Fotografien -       Heimerziehung und Alten-
zum Beispiel von plastischen      arbeit, die kulturelle Aneig-
Arbeiten oder von Arbeitspro-     nungs- und Betätigungsmög-
ben aus vergangenen Jahren.       lichkeiten erlauben, die in der
                                  klassischen Sozialarbeit sonst
Rainer Treptow stellte 1988       nicht zur Verfügung stehen.
fest: Soziale Arbeit hat ein
kulturelles Mandat. Kulturel-     Unter Fachleuten gilt als
les Kapital wird vermittelt       Qualitätskriterium für das
durch Angebote sozialer Kul-      Studium ästhetischer Hand-
turarbeit beziehungsweise kul-    lungsmöglichkeiten: Ästheti-
tureller Sozialarbeit. Die dazu   sche Handlungsfähigkeit muss
notwendige ästhetisch-hand-       vielfältig angeregt werden,
werkliche und Ausdrucks-          eine Fülle von Vorstufen,
Kompetenz ist „Mittel für ei-     Entwicklungs- und Über-
nen der Sozialarbeit zugewie-     gangsstadien durchlaufen, be-
senen Zweck“. Zentral sind        vor das selbst- und wirklich-
die „im Versuch freigesetzten     keitserkundende ästhetische
subjektiven Erlebnisinhalte in    Ausdrucks-, Darstellungs- und      nahmeerleben bleibt. Eine
ihrer Bedeutung für die Be-       Verstehensinstrumentarium          „medienspezifische Kompe-
wältigung von Lebensschwie-       bewusst gebraucht und um-          tenz“ kann hier nur veran-
rigkeiten“ und die Entwick-       fänglich der eigenen Regel-        schaulicht, jedoch kaum er-
lungsförderung von Kindern.       gebung unterliegt (Richter-        worben werden.
„Eine solcherart vorgeordnete     Reichenbach). Angesichts der
Zielsetzung lässt dem Eigen-      von der Studienordnung auf-        Wir bemühen uns natürlich
recht des ästhetischen Gegen-     genötigten Einschränkungen         seit Jahren darum, den Stu-
standes keinen Raum.“ Die         an Zeit und Bewertung ist un-      dentinnen und Studenten, die
ästhetische Praxis der Kunst      schwer festzustellen, dass der     zu uns kommen, so viel „äs-
kann kein Bezugsfeld sein. Sie    Erwerb eines Instrumentari-        thetische Handlungsfähigkeit“
muss indifferent bleiben ge-      ums ästhetisch-schöpferischer      wie möglich zu vermitteln.
genüber allen externen Funk-      Tätigkeit für unsere Absolven-     Was dabei zustande kommen
tionalisierungen. Güte- und       ten Einzelerfahrung und Aus-       kann, zeigt die Ausstellung

                                                        Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
                                                                                                                         11
„Gestaltungsgrundlehre“ in              werten. Viele Teilnehmer erle-    drucksmedium“ gezeigt wer-
                 exemplarisch ausgewählten               ben, dass sie in der Lage sind,   den.
                 Arbeitsproben.                          aus dem Stand sehr persönli-
                                                         che, sie selbst oft beeindruk-    Der Weg der Identitäts-Arbeit
                 Die Ausstellung ist in fünf             kende Bilder herzustellen, die    im ästhetischen Medium setzt
                 Werkgruppen gegliedert.                 so ganz nebenbei entstanden       sich fort in der dritten Werk-
                                                         sind.                             gruppe: Das Portrait. Experi-
                 Die erste Werkgruppe besteht                                              mente mit meinem Selbst-
                 aus vier „Bildern“, die kurz            Karin-Sophie Richter-             Bild.
                 hintereinander mit einer Zeit-          Reichenbach bemerkt dazu:
                 beschränkung auf drei Minu-             „Das Ich steht im Zentrum         Um den Einstieg in das „Por-
                 ten pro Bild und einer einge-           der Auseinandersetzung, er-       traitieren“ zu erleichtern, fo-
                 schränkten Farbwahl - zwei              lebt sich hervorbringend, er-     tografieren sich die Teilneh-
                 aus den Grundfarben Rot,                probt eigene Vorstellungen        mer gegenseitig mit einer So-
                 Gelb, Blau zuzüglich Schwarz            und erkennt dabei Form und        fortbild-Kamera. Von den Fo-
                 und Weiß - mit den Händen               Weg selbstgeleiteter Handlun-     tos werden vergrößerte Foto-
                 auf Papierbögen im Format 70            gen.“ In: Wichelhaus (Hg.):       kopien (A3) angefertigt, die
                 mal 100 cm gemalt werden.               Kunsttheorie, Kunst-              schon eine Interpretation dar-
                 Die Papierfläche soll am Ende           psychologie, Kunsttherapie.       stellen.
                 möglichst ganz mit Farbe be-            Düsseldorf 1993, S.104.) „Äs-
                 deckt sein. Um eine ungehin-            thetische Arbeit ist immer        Sie erleichtern die Arbeit
                 derte Malbewegung mit den               Auseinandersetzung mit sich       durch die Umwandlung vom
                 Armen zu ermöglichen, sind              und seinen Vorstellungen, also    dreidimensionalen „Kopf“ in
                 die Wände des Werkraums                 Identitätsarbeit.“                zweidimensionales Hell-Dun-
                 mit Spanplatten abgestellt                                                kel und vergröberte grafische
                 worden, vor denen stehend               Die Themenstellung der zwei-      Formen. Diese werden zu-
                 mit dem ganzen Arm auf die              ten Werkgruppe akzentuiert        nächst auf aufgelegtem Trans-
                 nebeneinander befestigten Pa-           und begünstigt diese Erfah-       parent-Papier „nachgezeich-
                 pierbögen gemalt wird. Die              rung: Es entsteht ein „Körper-    net“, um die Konfrontation
                 Angst, sich und die Umge-               Bild“.                            mit dem eigenen Gesicht
                 bung zu beschmutzen, würde                                                „schonend“ anzubahnen.
                 den Arbeitsprozess behindern.           Zu Beginn werden die Teil-        Dann können die Kopien mit
                 Deshalb tragen die Teilneh-             nehmer gebeten, sich so, wie      Farben aller Art, Stiften und
                 mer „Arbeitskleidung“ und               es ihrer momentanen Selbst-       anderen Materialien bearbei-
                 der Boden wird mit Papier-              empfindung entspricht, auf        tet werden mit dem Ziel,
                 bahnen abgedeckt. Nach je-              eine körperlange Papierbahn       „mögliche Dimensionen von
                 dem Arbeitsgang werden die              zu legen. Der Körperumriss        sich selbst vorzustellen und
                 entstandenen „Bilder“ be-               wird von einer anderen Teil-      bildnerisch zu konkretisieren“.
                 trachtet und auf einem                  nehmerin nachgezeichnet.          (RR S.144)
                 „Trockner“ in Sicherheit ge-            Das baut Gestaltungsängste in
                 bracht.                                 der Richtung ab, dass man         Schließlich wird das kopierte
                                                         >keine Person< zeichnen           Selbst-Bild zum Anlass einer
                 Zeit und Anzahl der Farben              kann. Das Körperbild wird         Collage-Arbeit, bei der zusätz-
                 sind eingeschränkt, um den              dann ohne Farb- und Zeit-         liches, fremdes Bildmaterial
                 Zugang zu erleichtern, einge-           begrenzung in Einzelarbeit        verwendet werden kann. Eine
                 übte Blockaden abzubauen,               ausgeführt, sowohl mit der        abschließende Reflexion er-
                 das Überlegen, Planen, Analy-           Hand als auch mit dem Pinsel.     folgt erneut indirekt an Bei-
                 sieren und Kritisieren mög-             Weitere Arbeitshinweise oder      spielen ästhetischer Auseinan-
                 lichst auszuschalten und einen          Anregungen werden nicht ge-       dersetzung mit sich selbst aus
                 spontanen Malprozess zu er-             geben.                            der Kunstgeschichte des
                 möglichen. Für den gesamten                                               Selbstportraits.
                 Kurs wird verabredet, dass              Die in mehrstündiger Arbeits-
                 niemand die entstandenen                zeit entstandenen Produkte        Die vierte Werkgruppe zeigt
                 Produkte „deuten“ wird. Es              werden indirekt besprochen        plastische Arbeiten mit dem
                 wird dadurch vermieden, dass            und diskutiert an ausgewähl-      Material Ton. Um klischeehaf-
                 den Bildern fertige Deutungs-           ten Beispielen aus der Kunst-     te und eingeübte Symbolisie-
                 schemata je nach Bedarf über-           geschichte, die als Diapositive   rungen zu vermeiden, der Ori-
                 gestülpt werden und sie ent-            zum Thema „Körper als Aus-        entierung an nachbarlichen

12   Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
Lösungen zuvorzukommen
und den Weg zur Selbstver-
ständigung und Selbstklärung
zu erleichtern, wird das For-
men des Materials Ton ohne
Sichtkontrolle angeboten. Mit
Hilfe eines Schals am Sehen
gehindert, bearbeiten die Teil-
nehmer „blind“ und ohne
Zeitbegrenzung einen Klum-
pen Ton. Am Ende können sie
„sehend“ prüfen, ob sie ihr
Werk weiter bearbeiten oder
der Öffentlichkeit endgültig
entziehen wollen.

Die Tonplastiken können
dann erst einmal in verschie-
denen Ansichten gezeichnet
und mit der Sofortbildkamera
fotografiert werden. Die Ver-
größerungen der Fotos wer-
den „ästhetisch“ untersucht.
Sie können farbig differen-
ziert, ergänzt und collagiert
werden. Zuletzt - da inzwi-
schen getrocknet - können die
Plastiken in einer weiteren
Differenzierungsphase farbig
verfremdet und experimentell
verändert werden. An den
blind, mit Hilfe „innerer Bil-
der“ geformten „Tonfiguren“
werden Vorstellungen hervor-
gebracht, die in der Nachar-
beit wahrgenommen und pro-
duktiv verändert werden kön-       rischen Figur zusammen, die       de. Am Ende sollte an Klaus                            Literatur:
nen. Die Ergebnisse dienen         erkennbar, ablesbar hervor-       Mollenhauer erinnert werden,             Müller-Rolli, S. (HG.)
                                                                                                              Kulturpädagogik und
ihrerseits als Auseinander-        tritt und Assoziationen er-       der sich 1996 zu „Grundfra-                       Kulturarbeit
setzungsanreiz für Andere.         möglicht. Vergleichbar dem        gen ästhetischer Bildung“ ge-                 Weinheim 1988
                                   Kind, das auf Tapeten, Holz-      äußert hat. Micha Brumlik hat
Die fünfte Werkgruppe zeigt        furnieren, Wolken-                versucht, sich die darin ent-            Richter-Reichenbach,
                                                                                                                                K.-S.
den Umgang mit der Technik         formationen „Bilder“ ent-         deckten Widersprüche zu er-                       Identität und
des Aquarellierens und des ex-     deckt und benennt. Bilder die-    klären mit der Vermutung:                Ästhetisches Handeln
perimentellen Umgangs mit          ser Art legen Wirklichkeiten      „... dass er das, was ihm das               Weinheim (1997)
Farbe am Beispiel der Tusch-       nur nahe, bezeichnen sie aber     Bedeutsamste und Liebste
malerei.                           nicht eindeutig. Die Dechif-      war, die Bildung im Lichte der
                                   frierung obliegt dem Betrach-     Kunst, vor Zugriffen retten
Aquarellpapier wird nachein-       ter. Sie gelingt nur, wenn in     wollte, die sowohl das Erfah-
ander bemalt, ausgewaschen         den angebotenen Strukturen        rungspotential der Kunst wie
und wieder übermalt, bis eine      in einem Prozess der Selbst-      die Autonomie der Individuen
„Struktur“ sichtbar wird, die -    Erfindung eigene Strebungen       gefährden könnten“. (nP 5/98)
bildnerisch „ergriffen“ auf        deponiert werden können. Die      Dem ist nichts hinzuzufügen.
eine „Wirklichkeit“ hin „be-       Auslegung verbleibt in der
wegt“ wird. Sie ist Resultat ei-   Kontrolle des Handelnden.
ner malerischen Aktion: Flek-      Das ermutigt ihn zu eigenen
ken, Linien, Bögen, Kurven         Vorstellungen, ermöglicht Ex-
schließen sich zu einer bildne-    perimente und weckt Neugier-                   Prof. Rolf Bleymehl, Fb 4

                                                        Frankfurter Fachhochschul Zeitung - Juli/August/September 2004
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