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bau | immobilien Ausgabe 10/11 | 2022 Die Themen- führer Welche Unternehmen erfolgreich die Trendthemen der Branche wie Nachhaltigkeit, BIM oder Kreislaufwirtschaft besetzen Lieferketten- gesetz Die Auswirkungen auf die Praxis Kollaboration Smart Contracts sorgen dafür, dass es nur wenig Raum für Missverständnisse gibt P. b. b. Verlagspostamt 1170 Wien, Vertriebskennzahl 02 Z030627M, Preis: EUR 4,–
INHALT Editorial Bau und Immobilien Report Kaum Volvos in der Baubranche 12 Es gibt einige Themen in der Branche, an denen es kein Vorbeikommen gibt. »BIM« ist so eines, oder »Lean«, na- türlich auch »Kreislaufwirt- schaft« oder »Nachhaltig- keit« im Allgemeinen. Es ist das Ziel vieler Unternehmen, Die Themenführer: Wer die Trendthemen der Branche erfolgreich besetzt. diese Themen zu besetzen, 16 mit ihnen in einem Atem- 34 Lieferkettengesetz zug genannt zu werden. So Die Auswirkungen auf die wie es dem schwedischen Bauwirtschaft. Automobilhersteller Volvo mit dem Thema »Sicherheit« gelungen ist. Eine exklusive Untersuchung des Webana- lysten und Strategieberaters BG-thinktank für den Bau & Immobilien Report zeigt: 20 Volvos gibt es in der Branche nur wenige. Kaum einem Un- ternehmen gelingt es, eines Interview: »Smart Contracts bieten der Trendthemen erfolgreich wenig Platz für Missverständnisse«, sa- zu besetzen. Zumindest nicht gen Florian Megele und Rene Breyer. in der digitalen Welt, und vor Höhere Gewalt, höhere Preise: Ein allem nicht bei den bauspe- Überblick über aktuell vorherrschende 38 zifischen Themen wie »BIM« Rechtsmeinungen. Baustellenzukunft oder »Lean«. Warum das so Von CO2-reduziert bis ist und es trotzdem einzelne CO2-neutral Vorreiter gibt, erfahren Sie 24 42 ab Seite 12 Künstliche Intelligenz Interview Lafarge Aktuelle und zukünftige Gernot Tritthart über den Einsatzmöglichkeiten Zement der Zukunft 28 46 Lean Baumanagement Asphaltrecycling Fotos: iStock, Refine Das Kano-Modell. Teil 5 der Noch viel ungenutztes Serie Potenzial Bernd Affenzeller Chefredakteur Herausgeber: Dr. Alfons Flatscher [flatscher@report.at] Verlagsleitung: Mag. Gerda Platzer [platzer@report.at] Chefredak- teur: Mag. Bernd Affenzeller [affenzeller@report.at] Autor*innen: Mag. Karin Legat, Layout: Anita Troger Produktion: Report Media LLC Lektorat: Johannes Fiebich, MA Druck: Styria Medieninhaber: Report Verlag GmbH & Co KG, Lienfeldergasse 58/3, A-1160 Wien Telefon: (01) 902 99 E-Mail: office@report.at Web: www.report.at www.report.at 10/11 - 2022 3
Inside Was brisant ist und was sie wissen müssen kurz zitiert »Die Frage finde ich per se nicht zulässig. Denn wenn ich sie zu- lassen würde, müsste ich sagen: China, mach mal! Jeder soll vor der eigenen Haustür kehren, und dann schauen wir einmal, wie weit wir kommen.« Der zukünftige Strabag-CEO Klemens Hasel- steiner im Trend-Interview auf die Frage, ob die Anstrengungen der Strabag, die CO2-Emis- sionen zu reduzieren, nicht obsolet seien, wenn die Voestalpine alleine am Standort Linz mehr als das Zehnfache emittiert. Wienerberger »Diese WM verdient Missach- tung. Zu viele Bauarbeiter muss- wehrt sich ten dafür sterben. Das sind die Wienerberger verspricht trotz anderslautender Branchengerüchte Versor- »Spiele« der Toten. »Spiele« der gungssicherheit am Ziegelmarkt und weitgehend stabile Preise. Mit dem Halbwaisen – hunderte Kinder Umstieg auf Elektroöfen will der Branchenführer unabhängig vom Gas von Wanderarbeitern haben auf werden und die CO2-Bilanz um 90 Prozent verbessern. den Baustellen von Katar ihre N Väter verloren. Sorry, ich habe achdem in den letzten Wo- befüllt werden. »Damit können wir kein Interesse an dieser WM.« chen Gerüchte die Runde ge- aktuell die Preise weitgehend stabil Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der macht haben, dass aufgrund halten«, so Marchner. Die geplanten Gewerkschaft Bau-Holz, au fdie Frage, ob er steigender Energiepreise nur noch Preiserhöhungen für 2023 von sieben die Hälfte der benötigten Ziegelmen- Prozent im Premiumsegment und et- an der WM-Umfrage des Bau & Immobilien gen produziert werden können und was über zehn Prozent im Standard- Report teilnehmen möchte. Preissteigerungen von 25 Prozent und segment seien unter der Inflationsrate mehr drohen, widerspricht Branchen- und nicht den Energiepreisen sondern »Bauprozesse sind grauslich und führer Wienerberger jetzt deutlich. Die den Lohnerhöhungen geschuldet. kostenintensiv.« Versorgung sei gesichert, die Preisstei- Um sich langfristig vom Gas unab- Benedikt Stockert, FSM Rechtsanwälte, gerungen deutlich geringer. »Die Fra- hängig zu machen, wird am Standort ge, wie man sich mit Energie versorgt, Uttendorf ab Sommer 2023 der beste- plaudert aus der Schule. ist eine unternehmerische Entschei- hende gasbefeuerte Tunnelofen durch dung«, erklärt Johann Marchner, Ge- einen Elektroofen ersetzt, der die »Man sollte darüber nachden- schäftsführer Wienerberger Österreich. CO2-Bilanz um 90 Prozent verbessern ken, die Flächenwidmung in die Wer auf den Spotmarkt gesetzt hat, soll. Dafür wird eine Photovoltaik-An- Hände von Profis zu geben«, hätte jetzt mit Problemen zu kämpfen. lage mit 1.350 Modulen auf 3.500 m² Wienerberger habe sich schon in der Dachfläche der Produktionshalle er- Foto: Manfred Fesl Gernot Tritthart, Sales & Marketingdirektor Vergangenheit für langfristige Lie- richtet. Die Investitionssumme liegt Lafarge Österreich, weiß, dass er sich auf fervereinbarungen entschieden und im »guten zweistelligen Millionenbe- dünnes Eis begibt. eigene Gasspeicher gekauft, die nun reich«, so Marchner. 4 10/11 - 2022 www.report.at
börse Rekord für Ringer Schalungshersteller Ringer konnte im Trister September abgelaufenen Geschäftsjahr den Um- satz um 33,3 % auf 64,4 Millionen Der September brachte für alle an der Wiener Börse gelisteten Titel der Bau- und Euro steigern und erreichte damit eine Immobilienbranche teils herbe Verluste. Lediglich die Strabag konnte ein hauch- neue Höchstmarke. »Die Entwicklun- dünnes Plus über die Ziellinie retten. Am stärksten von der Talfahrt betroffen war gen auf dem Baumarkt waren 2021 Palfinger. Der Kranhersteller verlor in nur einem Monat fast ein Viertel seines höchst positiv, die Auftragsbücher un- Börsewertes. serer Kunden waren voll, um nicht Unternehmen 31.08.2022 30.09.2022 Performance zu sagen auf Rekordniveau«, so Ge- 1 Strabag 38,25 € 38,60 € 0,92 % schäftsführer Peter Rungger. Stark ge- stiegen ist der Exportanteil von 15 % 2 S Immo 22,75 € 22,70 € -0,22 % auf 23 %. Besonders stark zugelegt hat 3 CA Immo 31,75 € 30,40 € -4,25 % die Nachfrage nach Ringer-Produkten 4 Wienerberger 23,34 € 20,60 € -11,74 % in Slowenien und Kroatien, gefolgt von 5 UBM 31,10 € 27,00 € -13,18 % Deutschland, Schweiz und Skandinavi- en. Einen entscheidenden Beitrag dazu 6 Warimpex 0,81 € 0,70 € -13,58 % leistete die Gründung von Tochterun- 7 Immofinanz 14,80 € 12,48 € -15,68 % ternehmen in Slowenien und Kroatien. Quelle: Börse Wien 8 Porr 11,42 € 9,00 € -21,19 % Zusätzlich entwickelte sich aber auch der Heimmarkt in Österreich extrem 9 Palfinger 25,95 € 19,70 € -24,08 % positiv. Immobilien ATX (IATX) 350,01 € 320,33 € -8,48 %
Inside Gerald Schönthaler Helmut Reiterer Markus Scheffer Markus Stampfer Karriere Neuer Geschäftsführer Neuer Werksleiter Neuer Geschäftsführer Neuer Bereichsleiter Der ehemalige Geschäftsfüh- Helmut Reiterer übernimmt Markus Scheffer löst Inte- Markus Stampfer wird neuer rer von Hünnebeck Austria, die Leitung des Lafarge Ze- rims-Geschäftsführer Erich Leiter Hausbau bei Bauträ- Gerald Schönthaler, über- mentwerks in Mannersdorf Ifsits ab und übernimmt die ger Glorit nimmt die Geschäftsführung von Christopher Ehrenberg. Geschäftsführung von Vail- von Rubner Ingenieurholzbau. lant Group Österreich. Energiewende Regierung unterstützt energieintensive Industrie Die Bundesregierung startet eine umfassende Klima- und Transformations- zu gestalten. Das soll einerseits die offensive für Österreichs Industriebetriebe. Bis 2030 stehen 5,7 Milliarden Wertschöpfung in Österreich stärken und andererseits zu mehr Unabhän- Euro bereit. Die Industrie zeigt sich zufrieden. gigkeit von fossilen Energieimpor- ten aus Russland führen. Bis 2030 stehen fixe Förderungen von insge- samt rund 5,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Um langfristige Stabili- tät zu schaffen, wird das Förderpaket »Klima- und Transformationsoffensi- ve« auch gesetzlich verankert. Für Berthold Kren, Präsident der Vereinigung der Österreichischen Ze- Die Industrie erhält Unterstützung für die Energiewende. mentindustrie VÖZ ist die Offensive der Regierung »ein Meilenstein auf M it einer Novelle des Umweltförde- rungsgesetzes und mit einem eige- nen Vorbelastungsgesetz soll die Finan- deutliche Aufstockung der verfügbaren Fördermittel. Die Klima- und Transformationsof- dem Weg zur Klimaneutralität«. Die österreichische Zementindustrie hat das ehrgeizige Ziel formuliert, bis zierung von Klimaschutzmaßnahmen für fensive hat das Ziel österreichische In- 2050 klimaneutral zu sein. »Diese die Industrie mittel- bis langfristig abge- dustriebetriebe dabei zu unterstützen, Offensive macht einige unserer am- sichert werden. Darin enthalten ist eine ihre Produktionsprozesse klimaneutral bitionierten Ziele möglich«, so Kren. Klima- und Transformationsoffensive im Überblick Maßnahmen Details Gesamt bis 2030 Fotos: beigestellt, Vaillant Group, iStock Transformation der Industrie 175 Mio. Euro 2023, danach 400 Mio. Euro/Jahr 2,975 Mrd. Euro Zusätzliche Energieeffizienzmaßnahmen 190 Mio. Euro/Jahr 1,52 Mrd. Euro Förderung von Forschungs- und Wirtschaftsstandort (bis 2026) +15,2 % 600 Mio. Euro Fortführung der Umweltförderung (bis 2026) +16,0 % 600 Mio. Euro 6 10/11 - 2022 www.report.at
Statistik Austria I m Wohnhaus- und Siedlungsbau haben die Baukosten laut Statistik Baukosten steigen weiter Austria gegenüber dem Vorjahres- monat um 7,4 % zugelegt, im Stra- Auch im September lagen die Baukosten laut Statistik Austria weiter deut- ßenbau um 19 %, im Brückenbau um 7,6 % und im Siedlungswasserbau lich über dem Vorjahr. Während die Dynamik der Steigerungen in den letz- um 12,3 %. Starke Kostenanstiege ten Monaten etwas abgenommen hat, lag der September in etwa auf dem gibt es in der Warengruppe Baus- Niveau vom August. tahl und Baustahlgitter, was sich insbesondere im Brückenbau zeigte. Kostenentwicklung 2022* Auch die Kosten für Kunststoffroh- Wohnhaus- und Siedlungs- re stiegen erheblich. Im Wohnhaus- Monat Straßenbau Brückenbau Siedlungsbau wasserbau und Siedlungsbau war darüber hi- 1 Jänner +11,9 % +12,5 % +14,5 % +11,0 % naus die Warengruppe Polystyrol, Schaumstoffplatten ein beträchtli- 2 Februar +11,5 % +12,5 % +13,2 % +11,0 % cher Kostentreiber. Die Warengrup- 3 März +15,2 % +21,7 % +20,4 % +15,6 % pen bituminöses Mischgut sowie 4 April +16,0 % +21,5 % +21,1 % + 16,1 % Diesel, Treibstoffe verzeichneten 5 ebenfalls deutliche Kostenanstiege, Mai +13,9 % +20,3 % +17,6 % + 15,8 % was sich vor allem auf die Tiefbau- 6 Juni + 10,7 % + 19,5 % + 12,8 % + 14,1 % sparten, insbesondere den Straßen- 7 Juli + 8,5 % + 18,8 % + 9,1 % + 13,1 % bau, auswirkte. Zudem gab es in der 8 August + 7,3 % + 18,5 % + 7,3 % + 12,4 % Warengruppen Gusseisenwaren und -rohre starke Kostenanstiege, was 9 September + 7,4 % + 19,0 % + 7,6 % + 12,3 % besonders den Siedlungswasserbau *Gegenüber Vergleichsmonat 2021 Quelle: Statistik Austria beeinflusste. UNSERE GRÖSSTE BAUSTELLE: DIE ZUKUNFT. Wir werden klimaneutral bis 2040. Hand drauf! work-on-progress.strabag.com
kommentar Was Meinung ist und wer Position bezieht Das Image der Baubranche ist sicher ausbaufähig, sinnstiftend ist die Tätigkeit allemal. Dr. Andreas Pfeiler ⁄ Geschäftsführer ⁄ Fachverband Steine-Keramik Der Wettbewerb um die Fachkraft Der Fachkräftemangel ist auch in der Bauwirtschaft evident. Arbeitgeber müssen attraktive Rahmenbedingun- gen schaffen. Die vielfach geforderte Arbeitszeitflexibilisierung ist aber nicht immer möglich, kreative Lösun- gen sind gefragt. D ie Pandemie und die anhaltende Krise haben nicht nur die Lieferketten verändert, sondern auch der Arbeits- markt befindet sich in einem Umbruch. Verantwort- lich für diese Entwicklung sind mehrere Umstände. So hat zum einen die Pandemie dazu beigetragen, dass insbesonde- re in den Bereichen Bau und Tourismus viele Arbeitskräfte in je- ne Märkte gingen, die nicht von Sperren, Grenzschließungen oder sonstigen Einschränkungen betroffen waren. Zum anderen hat sich der Arbeitsmarkt generationsmäßig verändert. Nicht nur die per- sönlichen Beweggründe der Arbeitnehmer verändern den Markt, Die Work-Life-Balance ist für die junge Generation wichtiger auch die Demografie trägt ihren Teil dazu bei – die »Babyboomer« als Gehalt und Karriere. gehen in den nächsten Jahren in Pension und mit Ihnen geht Wissen und Erfahrung verloren – ohne notwendigen Weitblick kann das zu Der Flexibilisierungsprozess ist daher behutsam anzugehen und strukturellen Problemen im Betrieb führen. ist stark vom Aufgabenbereich des Arbeitnehmers abhängig. Und was für Arbeitnehmer A passt, kann für Arbeitnehmer B völlig un- Komplexe Flexibilisierung passend sein. Dennoch muss es uns durch attraktive Angebote und Perspektiven gelingen, den Schwund an potenziellen Arbeitnehmern Karriere und Gehalt stehen bei der jungen Generation immer am Bau und deren Zulieferern zu kompensieren – bis zu 30 % werden seltener ganz oben auf der Wunschliste. »Work-Life-Balance« und in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Pension gehen. Nur darauf zu sinnstiftende Arbeit gewinnen zunehmend an Wichtigkeit. Aber hoffen, dass sich schon jemand finden wird, ist eindeutig zu wenig. nicht jede Branche kann diesen Wünschen gerecht werden. Techni- sche Kriterien und Branchenspezifika spielen eine nicht unwesent- Vorteil Bauwirtschaft liche Rolle, wenn man das Thema Arbeitszeitflexibilisierung umset- zen will. Der Bau ist ein Musterbeispiel, wenn es um Komplexität bei Der Markt mag sich wandeln, der Baubereich gehört allerdings Fotos: FV Steine-Keramik/Lukas Lorenz, iStock der Flexibilisierung geht. So bestimmen Aushärtezeiten von Beton zu den Grundversorgern unserer Gesellschaft und bietet dadurch oder Trocknungszeiten anderer Baustoffe die Arbeitsabläufe und auch eine gewisse Sicherheit. Er befriedigt die Grundbedürfnisse dadurch die Arbeitszeit ganz wesentlich. Ein Flexibilisierungspro- unserer Gesellschaft nach einem Dach über dem Kopf und nach zess kann da schon recht anspruchsvoll werden. Insbesondere wenn Mobilität und Infrastruktur. Auch das mag ein Anreiz sein, der nicht man bedenkt, dass viele Gewerke aufeinander abzustimmen sind. unerheblich ist. Das Image ist sicher ausbaufähig, sinnstiftend ist Ohne gegenseitige Rücksichtnahme werden daher lediglich Bauzeit- die Tätigkeit allemal. Es liegt nun an uns, in den Wettbewerb um pläne und dadurch die Endkonsumenten leiden. Das muss Arbeit- die Fachkraft einzusteigen, und die Schnittmenge der beiderseitigen geber wie Arbeitnehmer bewusst sein. Bedürfnisse so groß wie möglich zu gestalten. n 8 10/11 - 2022 www.report.at
Inside Wohnbau I Baupakt-Partner fordern neue Sanierungsoffensive Um den Energiebedarf von Gebäuden zu senken und Energiekosten zu spa- ren, fordern die Baupaktpartner eine Dämmungs-Offensive. Dafür brauche es stärkere Anreize und ein erhöhtes Bewusstsein, dass sich eine Sanierung gerade jetzt gleich mehrfach rechnet. Effizienzvergleich Gebäudestandards Zur Versorgung von rund 19.000 Wohneinheiten (à 100 m2) mit Heizstrom bedarf es (jahresbilanziell) ... Enegiebedarf mit einer Wärmepumpe von Passivhaus bis zum unsanierten Altbau Regierung muss jetzt handeln Abg. z. NR Josef Muchitsch, Anzahl der Windenergieanlagen (3 MW) 1 2,6 6 14 Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz: Primärenegie (kWh Strom) 400 1.050 2.400 5.600 Nutzenergie (kWh 400 Wärme) 1.500 4.000 8.000 16.000 »Was hilft es, wenn nur Heizsysteme umgestellt werden, aber die Gebäude nicht – oder nur sehr schlecht Passivhaus Niedrigen- Haus ca. 20 Altbau – isoliert bleiben? Deshalb ergiehaus Jahre alt unsaniert fordern wir die Bundesregie- Spezifische Nutzenergie 15 kWh/m2 40 kWh/m2 80 kWh/m2 160 kWh/m2 rung auf, dass nun auch die finanziell wesentlich aufwän- Quelle: Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie: »Heizen ohne Öl und Gas bis 2035. Ein Sofortpro- digeren Gebäudesanierungen gramm für erneuerbare Wärme und effiziente Gebäude, Studie im Auftrag von Greenpeace e.V. 2022 attraktiv gefördert werden. E Nur dann kann man von einem ine gute Dämmung bedeutet weniger ger, Bundesinnungsmeister der Bundesin- echten und nachhaltigen Heiz- und Kühlbedarf und damit gerin- nung Bau, überzeugt. Vor allem müsse laut Klimaschutz sprechen, bei geren Energieverbrauch. Das senkt die und deutlich kommuniziert werden, dass sich dem vor allem Energie Kosten und spart knappe Ressourcen. Gleich- eine thermische Sanierung in der Regel in un- eingespart wird. Zusätzlich zeitig stärkt das Dämmen die regionale Wert- ter zehn Jahren rechnet, bei aktuellen Energie- sichern und schaffen wir so für schöpfung, erhält und schafft Arbeitsplätze preisen oftmals sogar deutlich schneller. 2023 und die Folgejahre und senkt den CO2-Ausstoß. Deshalb fordern Die Politik dürfe die Bevölkerung beim tausende Arbeitsplätze. Aktuell die Baupaktpartner Fachverband Steine-Kera- Energiesparen nicht allein lassen. Nur mit sind die Auftragsbücher am mik, Bundesinnung Bau, Gewerkschaft Bau- einer kräftigen Erhöhung des Förderbetrags Bau zwar noch voll – das wird sich nächstes Jahr aber leider Holz und Global 2000 die kurzfristige Bereit- könne die stagnierende Sanierungsrate end- ändern. Weder Private noch stellung eines Förderbetrags, der vor allem lich steigen. Eine Analyse des SORA-Instituts Kommunen werden sich durch jenen hilft, die sich eine Sanierung eigent- zeigt, dass bei einer Fördersumme ab 20.000 die enormen Preissteigerun- lich sonst nicht leisten könnten. »Pro thermi- Euro die Investitionsbereitschaft deutlich gen Bau-Investitionen leisten scher Sanierung soll die Fördersumme von steigt. Daher fordern die Baupaktpartner, dass können. Der massive Rückgang 6.000 Euro auf 20.000 Euro erhöht werden«, die finanziellen Anreize auf dieses Niveau er- bei den privaten Wohnkrediten so Johannes Wahlmüller, Klima- und Ener- höht werden müssen. wird sich ab 2023 im Woh- gie-Campaigner Global 2000. Es gehe um die Frage, wie weniger Ener- nungsneubau negativ Weiters brauche es ein erhöhtes Bewusst- gie verbraucht werden kann ohne auf Lebens- auswirken. Die Regierung sein für die Sinnhaftigkeit einer Dämmung. qualität zu verzichten. »All diese Eigenschaf- muss jetzt handeln, damit wir »Durch eine öffentliche, breitenwirksame ten könnten wir auf einen Schlag realisieren, in den nächsten Jahren Fotos: beigestellt Werbekampagne und ein klares politisches indem wir unseren Häusern einen ›Pullover‹ Energie sparen und Arbeits- Bekenntnis kann die Investitionsbereitschaft überziehen«, sagt Robert Schmid, Obmann plätze sichern können.« deutlich erhöht werden«, ist Robert Jägersber- des Fachverbands Steine-Keramik. 10 10/11- 2022 www.report.at
Die Ausgaben für die Wohnbauförderung stürzten 2021 auf den niedrigsten Wert seit 30 Jahren ab. Wohnbau II ren es 78.000 und 2021 nur mehr 73.000 Wohneinheiten. »Für 2022 sieht es nach Ende des Neubaubooms einem deutlichen Einbruch auf nur noch geschätzte 62.000 baubewilligte Wohnun- Im Jahr 2021 sind die Ausgaben der Wohnbauförderung unter zwei Milli- gen aus«, erklärt Studienautor Wolfgang arden Euro gesunden und haben damit das tiefste Niveau seit 30 Jahren Amann. Die Ausgaben der Wohnbauförde- erreicht. Gegenüber dem Vorjahr ist auch die Zahl geförderten Wohnein- rung beliefen sich auf 1,91 Milliarden Euro. heiten um 22 Prozent zurückgegangen. Verhalten positive Signale gibt Dies ist ein Rückgang von sechs Prozent ge- es bei der Sanierungsförderung. genüber 2020 und der niedrigste Wert seit D 30 Jahren. Damit einhergehend sind auch ie Ergebnisse der aktuellen Wohn- die Förderungszahlen stark rückläufig. Ös- bauförderungsstatistik, die all- terreichweit wurden im letzten Jahr nur jährlich vom Fachverband der noch 18.400 Wohneinheiten gefördert. Der Stein- und keramischen Industrie mit dem Förderungsdurchsatz – das Verhältnis von Institut für Immobilien, Bauen und Woh- baubewilligten zu geförderten Bauten – ist nen (IIBW) erstellt wird, liefert schwarz auf bei Eigenheimen unter 15 % gesunken. weiß, was ohnehin jeder geahnt hat. »Erst- Einzig bei der Sanierungsförderung mal seit vielen Jahren gab es im vergange- gab es im vergangenen Jahr einen positi- nen Jahr sowohl bei den Baubewilligungen ven Trend. Die Förderausgaben für Wohn- als auch bei den ausgeschütteten Förder- haussanierungen stiegen 2021 um knapp mitteln und den geförderten Wohnein- zehn Prozent auf über 510 Millionen Euro. heiten gleichzeitig massive Rückgänge«, Insgesamt wurden knapp über 27.000 Ei- hebt Robert Schmid, Obmann des Fach- genheime und etwa 45.000 Geschoßwoh- verbands der Stein- und keramischen In- nungen gefördert saniert. Zusammenge- »Die Sanierungsförderung kann dustrie hervor. »Die steigenden Baukosten nicht hoch genug eingeschätzt rechnet ist das ein Plus von 20 %. »Vor dem aufgrund zunehmender Energiepreise und werden«, sagt Robert Schmid, Fach- Hintergrund der steigenden Energiepreise neugeordneter Lieferketten trugen dazu verband Steine Keramik. und der dringenden Notwendigkeit, den bei, dass immer seltener Fixpreisangebote Energieverbrauch zu reduzieren, kann die abgegeben werden konnten. Diese Variabi- Nach historischen Höchstwerten mit Bedeutung der Sanierungsförderung nicht lität dämpfte natürlich die Nachfrage«, so 85.000 Baubewilligungen 2019 ging es die hoch genug eingeschätzt werden«, hebt Schmid. folgenden Jahre stetig bergab. 2020 wa- Schmid hervor. Förderungszusicherungen 2021 Ö B K NÖ OÖ S St T V W Wohneinheiten 18.400 570 290 4.540 4.210 1.100 2.210 1.960 1.020 2.460 Vergleich Vorjahr -22 % +29 % -48 % -15 % -2 % +54 % -7 % +8 % +3 % -66 % Vergleich 10-Jahresschnitt -32 % -46 % -67 % -21 % -21 % -19 % -26 % -9 % -18 % -61 % Fotos: iStock Quelle: Förderungsstellen der Länder, BMF, IIBW. Daten gerundet www.report.at 10/11 - 2022 11
Analyse Nachhaltigkeit | Lean | ESG | BIM und Kreislaufwirtschaft Die Themenführer der Branche Wienerberger steht für »Nachhaltigkeit«, Lafarge für »Kreis- laufwirtschaft« und die Strabag für »BIM« – zumindest im Netz. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Onlineanaly- se von BG-thinktank für den Bau & Immobilien Report, die untersucht, welche Unternehmen die aktuellen Trendthe- men der Branche online »besetzen« und die Kommunikati- on im Netz dominieren. E xklusiv für den Bau & Immobilien Report hat der Web-Analyst und Strategieberater BG-think tank eine umfassende Studie durchgeführt, welchen Unternehmen es gelingt, online – von klassischen News-Plattformen über die sozialen Medien bis zu Blogs – Trendthemen wie »Nach- haltigkeit«, »Lean«, »ESG«, »BIM« und »Kreis- laufwirtschaft« zu besetzen. Mittels einer qua- litativen und quantitativen Analyse wurde die Fotos: iStock Verschränkung mit 25 vorab definierten Unter- Text | Bernd Affenzeller nehmen (siehe Kasten »Analysedesign«) mit den 12 10/11 - 2022 www.report.at
Für alles, was Sie planen, hat Analysedesign A-NULL Für die vorliegende Analyse hat die Lösung BG Thinktank eine quantitative und qualitative Onlineanalyse (Onlineartikel, Reichweite, Ka- nalverteilung und Vergleich der BAUSOFTWARE Social-Media-Kommunikation) Individuelle Anwendungen durchgeführt. Grundlage dieser für Bauplanende Auswertung sind alle Veröf- fentlichungen in traditionellen Onlinemedien (News, Newsagg- regatoren, Pressemeldungspor- tale, Bewertungsportale, Foren, Websites) und sozialen Medien (Blogs, Twitter, Social Networks, Bilder- & Video-Sharing-Sites) im Beobachtungszeitraum 1. September 2022 bis 30. Septem- ber 2022 mit dem Quellenland Österreich. Untersucht wurden folgende Unternehmen: Ardex, SCHULUNGEN Austrotherm, Baumit, Binderholz, Aus- und Weiterbildung Doka, Egger, Habau, Internorm, für mehr Erfolg Kirchdorfer, Knauf, Lafarge, Leyrer + Graf, Mapei, Peri, Porr, Rhomberg Bau, Saint-Gobain, Strabag, Swietelsky, Synthesa, Unger Stahlbau, Velux, Wiener- berger, Zeppelin Rental. CONSULTING genannten Themen untersucht. Dabei zeigt sich, Gemeinsam schneller dass es speziell bei den bauspezifischen Themen zum Ziel OnlineBeiträge wie »BIM« oder »Lean Construction/Lean Ma- unter Einbezug der definierten Unternehmen nagement« viel Luft nach oben gibt. Während im Beobachtungszeitraum September 2022 ins- Thema Anzahl Beiträge* gesamt 603 Onlinebeiträge gab, in denen zumin- Nachhaltigkeit 603 dest eines der definierten Unternehmen und das Thema »Nachhaltigkeit« vorkamen, 279 Bei- ESG 279 träge zum Thema »ESG« und 112 zum Thema Kreislaufwirtschaft 112 »Kreislaufwirtschaft«, waren es gerade einmal BIM 69 69 Beiträge, in denen »BIM« und eines der 25 Lean Construction/ Unternehmen genannt wurden und gar nur 19 19 beim Thema »Lean Construction«. Lean Management Während es bei BIM zumindest der Strabag Quelle: BG thinktank gelingt, das Thema zu besetzen, ist das Feld bei *Anzahl der Beiträge, in denen zumindest eines der Lean völlig ausgeglichen. Auch die Reichwei- 25 vorab definierten Unternehmen mit einem der Themen genannt wurde. Zeitraum: September 2022. ten sind gering. »Die Themen bleiben innerhalb der Bau-Bubble und schaffen es so gut wie nie WWW.A-NULL.COM
Analyse Die Top 10 Über Onlineartikel zu den Themen »Nachhaltig- BG-thinktank keit«, »Kreislaufwirtschaft«, »ESG«, »BIM« oder »Lean Construction/Lean Manage- BG-thinktank ist Partner ment« führender Unternehmen für digitale Positionierung Unternehmen Artikel* und Vermarktung. Von der Strategie bis hin zur Umset- 1 Strabag 121 zung begleitet Bg-thinktank 2 Wienerberger 113 Unternehmen entlang ihrer 3 Saint-Gobain 89 gesamten digitalen Roadmap, um Umsätze zu steigern, die 4 Porr 76 Markenpositionierung zu 5 Ardex 59 stärken und Ressourcen effi- 6 Lafarge 35 zient einzusetzen. Im Fokus in reichweitenstarke Leitmedien«, erklärt steht dabei vor allem der 7 Velux 30 Christina Pufitsch, Manager Digital Stra- Aufbau von automatisiertem 8 Knauf 29 tegy & Communication bei BG-thinktank. Online-Marketing, Entwick- 9 Baumit 28 Und COO Clara Eder ergänzt. »Die The- lung abteilungsübergrei- men werden auch zu wenig für das Mar- fender Redaktionsprozesse 10 Rhomberg 25 keting genutzt. Es macht den Anschein als und Content Hubs, sowie die würden die Unternehmen sich gar nicht zu Positionierung des CEOs als Die Strabag wird in 121 Onlinebeiträgen mit BIM oder Lean positionieren wollen.« Sprachrohr des Unterneh- zumindest einem der fünf Trendthemen ge- mens. nannt, gefolgt von Wienerberger mit 113 und Gute Positionierung zu Saint-Gobain mit 89. www.bg-thinktank.com » grünen « Themen Im Gegensatz zu BIM und Lean ge- Die Top 10 lingt es der Branche aber ganz gut, sich auf Kreislaufwirtschaft gelingt es Lafarge, Onlineartikel zum Thema zu den großen Metathemen unserer Zeit sich von der Masse an generischer Nach- »Nachhaltigkeit« wie »Nachhaltigkeit« und »Kreislaufwirt- haltigkeitskommunikation abzuheben«, schaft« zu positionieren. Zwar gäbe es wie erklärt Pufitsch. Unternehmen Artikel* in anderen Branchen auch hier Unterneh- Unbestritten ist »Nachhaltigkeit« auch 1 Wienerberger 98 men, bei den diese Themen nur ein Trend in der Baubranche das zentrale Thema. Al- sind, bei dem sie mitschwimmen wollen, leine im September gab es 7.080 Onlinearti- 2 Strabag 97 es gibt aber auch absolute Best Practices, kel über Nachhaltigkeit in Verbindung mit 3 Saint-Gobain 65 erklärt Pufitsch. »Beim Thema Kreislauf- der Baubranche, in immerhin 603 Artikel 4 Ardex 59 wirtschaft sticht Lafarge hervor. Die beset- wurde auch zumindest eines der vorab defi- 5 Porr 58 zen das Thema sehr gut. Es gibt pointierte nierten Unternehmen genannt. »Man sieht, Aussagen und auch Hintergrundinfos.« La- dass sich die Unternehmen zu diesem The- 6 Lafarge 34 farge gelingt es, eine Hands-on-Mentalität ma positionieren wollen«, sagt Eder. Das ist 7 Rhomberg 30 zu vermittelt. Es wird nicht nur kommu- auch wenig verwunderlich. Das Thema ist 8 Baumit 27 niziert, dass man etwas tut, sondern auch, fast ausschließlich positiv besetzt. »Nach- was man tut. »Durch den gezielten Fokus haltiges Agieren wird gleichgesetzt mit In- 8 Velux 27 novation und die Unternehmen können 10 Knauf 21 sich dadurch als zukunftsfit präsentieren«, Quelle: BG thinktank erklärt Pufitsch. Vereinzelt gibt es zwar Beim Thema »Nachhaltigkeit« hat Wienerber- auch negative oder kritische Beiträge – ger mit 98 Artikeln knapp die Nase vor Wiener- Stichwort: Greenwashing – die sind aber berger mit 97; Saint-Gobain komplettiert das die absolute Ausnahme. Nur 4,8 Prozent Treppchen mit 65 Artikeln. der Beiträge haben eine negative Konnota- tion, aber über 53 Prozent ein klar positive. Quelle: BG thinktank *Nach Artikelmenge in deutschsprachigen Medien im Tipps zur Positionierung »Es macht den Anschein als würden die Beobachtungszeitraum September 2022; Mehrfachnen- Unternehmen sich gar nicht zu BIM oder Fotos: iStock nungen innerhalb eines Artikels möglich; Zuordnung nur bei eindeutiger Erkennbarkeit. Lean positionieren wollen«, sagt Clara Unternehmen, die sich langfristig zu Eder, COO bei BG-thinktank. einem Thema positionieren wollen, die ein 14 10/11 - 2022 www.report.at
Die Top 5 Onlineartikel zum Thema Onlineartikel zum Thema Onlineartikel zum Thema »Kreislaufwirtschaft« »BIM« »ESG« Unternehmen Artikel* Unternehmen Artikel* Unternehmen Artikel* 1 Lafarge 29 1 Strabag 28 1 Wienerberger 48 2 Wienerberger 12 2 Porr 9 2 Ardex 28 3 Rhomberg 10 3 Knauf 8 3 Strabag 26 4 Baumit 9 4 Peri 4 4 Saint-Gobain 16 4 Saint Gobain 9 4 Rhomberg 4 5 Porr 9 Keinem Unternehmen gelingt es so gut, das Beim Thema »BIM« liegt die Strabag mit 28 5 Knauf 9 Thema »Kreislaufwirtschaft« zu besetzen, wie Artikeln klar vor der Porr mit neun und Knauf In 48 Artikeln wurde das Thema »ESG« mit Lafarge. Mit Respektabstand folgen Wienerber- mit acht Artikeln. Wienerberger genannt, Ardex kommt 28 mal ger und Rhomberg. vor, die Strabag immerhin noch 26 mal. Quelle: BG thinktank *Nach Artikelmenge in deutschsprachigen Medien im Beobachtungszeitraum September 2022; Mehrfachnennungen innerhalb eines Artikels möglich; Zuordnung nur bei eindeutiger Erkennbarkeit. Thema »besetzen« wollen, müssen vor al- bei könne man auch Rückschläge eingeste- lem eines machen: Authentisch kommuni- hen. »Das macht die Kommunikation au- zieren. »Unternehmen, die meinen, unbe- thentischer und sympathischer«, ist Eder dingt auf einen Zug aufspringen zu müssen, überzeugt. In diese Richtung geht auch die auch wenn der nicht zum Unternehmen aktuelle Kampagne der Strabag. In einem passt, erleiden unweigerlich Schiffbruch. zweiminütigen Imagefilm wird offen ge- Das kann nur schief gehen«, ist Pufitsch sagt, dass Bauen dreckig ist, Baumaschinen überzeugt. Außerdem muss die Kommu- laut und Baustoffe schmutzig sind und die nikation einen echten Mehrwert liefern, es Branche für 38 Prozent der CO2-Emissio- »Unternehmen, die auf einen Zug auf- muss auch Insights geben, den Blick hinter springen wollen, der nicht zum Unterneh- nen verantwortlich ist. »Wir gehören also die Kulissen. »Zu sagen ›Wir sparen CO2‹ men passt, werden unweigerlich Schiff- sicher nicht zu den Guten«, heißt es. Und reicht nicht aus. Man muss auch sagen, wie bruch erleiden«, sagt Christina Pufitsch, weiter: »Bis jetzt!« Denn die Baubranche sit- das gelingen soll, konkrete Projekte und Manager Digital Strategy & Communica- ze an einem der längsten Hebel, um etwas zu Maßnahmen vorstellen«, sagt Eder. Da- tion bei BG-thinktank. verändern. n BAUMANAGEMENTSOFTWARE | AVA | BAUDATEN ABK. Software, die begeistert. Die OpenBIM-Lösung für Ihren erfolgreichen BIM-Einstieg! www.abk.at www.baudaten.info
Lieferketten Das deutsche Lieferkettengesetz Am 1.1.2023 tritt das deutsche Lieferketten- sorgfaltspflichtengesetz in Lieferkettengesetz Kraft. Für österreichische Unternehmen, die dem deutschen Markt zuliefern oder direkt auf ihm ope- für die Bau- und Immobilienwirtschaft rieren, führt das mittelbar oder unmittelbar zur Notwendigkeit, Complian- Die geplante Lieferketten-Richtlinie der EU wird auch auf die Bau- und Im- ce-Pflichten einzuhalten: mobilienbranche weitreichende Auswirkungen haben. Dasselbe gilt für das Einrichtung eines Risikoma- deutsche Lieferkettensorgfaltsplichtengesetz, das mit Anfang 2023 in Kraft nagements (§ 4 Abs 1 LkSG). tritt. Eine nationale Gesetzgebung in Österreich steht noch aus. Der Bau & Immobilien Report zeigt den aktuellen Stand der Rechtsentwicklung und mit Festlegung einer betriebsin- ternen Zuständigkeit welchen konkreten Praxisauswirkungen zu rechnen ist. (§ 4 Abs 3 LkSG). Text | Markus Beham und Stephan Heid D Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen (§ 5 LkSG). as Thema von Lieferketten in der Stand der Lieferket tenge- Bau- und Immobilienwirtschaft setzgebung in Europa Abgabe einer Grundsatzer- ist vor dem Hintergrund des Phä- Die Logik von Lieferkettengesetzen ergibt klärung (§ 6 Abs 2 LkSG). nomens der Lieferkettengesetz- sich aus den unterschiedlichen Anforderun- Verankerung von Präventi- gebung, sei es auf nationaler Ebene oder auf gen entlang globalisierter Lieferketten, ins- onsmaßnahmen im eigenen jener der Europäischen Union, von besonde- besondere was Arbeitsbedingungen (Stich- Geschäftsbereich rer Relevanz für die Branche. Insbesondere wort »modern slavery«), Menschenrechte (§ 6 Abs 1 und 3 LkSG) und das mit 1.1.2023 in Kraft tretende deutsche und Umweltstandards betrifft. Grundsätzlich gegenüber unmittelbaren Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sowie der können Zulieferer nur im Rechtsrahmen ihres Zulieferern (§ 6 Abs 4 LkSG). Richtlinienvorschlag der Europäischen Kom- jeweiligen Heimatstaats zur Verantwortung Ergreifen von Abhilfemaß- mission vom 23.2.2022 für eine Corporate gezogen werden. Dem steht das Ende der Lie- nahmen Sustainability Due Diligence (CSDD) stehen ferkette als wirtschaftlicher Hebel gegenüber, (§ 7 Absatz 1 bis 3 LkSG). hierbei im Fokus. indem auf Bestellerseite im Vorhinein ver- Aufgrund der grenzüberschreitenden tragliche Vereinbarungen getroffen werden Einrichtung eines Beschwer- deverfahrens (§ 8 LkSG). Baustoffbeschaffung ist der Bausektor be- oder im Fall von Verstößen Geschäftsbezie- sonders stark von diesen Entwicklungen be- hungen beendet werden. Umsetzung von Sorgfalts- troffen. Beginnend bei Rohstoffen wie dem Erste gesetzliche Regelungen gibt es etwa pflichten in Bezug auf Risiken für die Betonproduktion unerlässlichen bereits in Frankreich (2017), in den Nieder- bei mittelbaren Zulieferern Sand wird etwa davon ausgegangen, dass landen (2019) und in Deutschland (Gesetz (§ 9 LkSG). 10–15 % aus illegaler Förderung stammen.1 über die unternehmerischen Sorgfaltspflich- Dokumentation In der Praxis ist für Unternehmen aber oft ten in Lieferketten – Lieferkettensorgfalts- (§ 10 Abs 1 LkSG) und Bericht- nur schwer nachvollziehbar, wie sich die Lie- plichtengesetz). In Österreich existieren bis- erstattung (§ 10 Abs 2 LkSG). Fotos: iStock ferkette im Hinblick auf einzelne Baustoffe her nur Vorschläge für ein Lieferkettengesetz und deren Komponenten zusammensetzt. bzw. ein »Sozialverantwortungsgesetz«. 16 10/11 - 2022 www.report.at
Für österreichische Unternehmen ist Die Autoren das deutsche Lieferkettensorgfaltsplich- tengesetz (LkSG) von besonderer Bedeu- tung, wenn sie dem deutschen Markt zu- liefern oder direkt auf ihm operieren. Das LkSG umfasst Sorgfaltspflichten im Hin- blick auf Arbeitsbedingungen und Men- schenrechte entlang der Lieferkette. Ös- terreichische Unternehmen, die mit deut- schen Vertragspartnern in Beziehungen treten, werden sich voraussichtlich mit DDr. Markus Beham, LL.M. RA Dr. Stephan Heid vertraglichen Haftungs- und Regress- ansprüchen auseinandersetzen müssen, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehr- ist Partner der Lebenszykluskanzlei Heid die auf von ihnen zu verantwortende Ver- stuhls für Staats- und Verwaltungsrecht, und Partner Rechtsanwälte. stöße gegen das LkSG durch das deutsche Völkerrecht, Europäisches und Internati- Unternehmen abzielen. onales Wirtschaftsrecht der Universität www.jura.uni-passau.de/ Das LkSG ist auf Unternehmen an- Passau. www.heid-partner.at/ wendbar, die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungs- sitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz in Deutschland haben und in der Regel min- destens 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen (einschließlich ins Ausland entsandter Arbeitnehmer), oder auf Un- ternehmen, die eine Zweigniederlassung gemäß § 13d des Handelsgesetzbuchs im Inland haben und in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäfti- gen. Ab 1.1.2024 senkt sich die Schwelle auf 1.000 Arbeitnehmer. Gemäß § 3 Abs 1 LkSG sind betroffene Unternehmen »dazu verpflichtet, in ihren Lieferketten die [...] menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflich- ten in angemessener Weise zu beachten mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen oder sie zu minimieren oder die Verlet- zung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu beenden«. Die spezifischen Pflichten reichen von der Einrichtung eines Risikomanagements über die Durchführung regelmäßiger Ri- sikoanalysen und die Abgabe einer Grund- satzerklärung bis zur Dokumentation und Berichterstattung (siehe Kasten links). Als Sanktionen für Verstöße drohen gemäß § 24 LkSG Bußgelder mit Höchst- beträgen zwischen 100.000 und acht Mil- lionen Euro sowie zusätzlich Abschöp- fung des durch den Verstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteils. Darüber hinaus kann nach § 22 LkSG als weitere »Neben- GARANTIERT ZUKUNFTSORIENTIERT. folge« der Ausschluss von der Vergabe öf- Wir von LEYRER + GRAF halten unsere Versprechen nicht nur, wir garantieren sie sogar. Und fühlen uns als eigentümergeführtes, österreichisches Bauunternehmen verpflichtet, 1 Siehe UNEP 2019. Sand and Sustainability: Finding New durch zukunftsorientiertes, nachhaltiges Denken und Handeln einen langfristigen Beitrag Solutions for Environmental Governance of Global Sand für unser Land zu leisten. Auf uns können Sie bauen. Und vertrauen. Resources. GRID-Geneva, United Nations Environment Programme, Geneva, Switzerland, S. 4. LEYRER + GRAF Baugesellschaft m.b.H. Hochbau Tiefbau Energie + Telekom Holztechnik | www.leyrer-graf.at Ing. Manuela Foltyn, Kalkulantin
Lieferketten »Bei Verstößen gegen Lieferketten- gesetze drohen nicht nur Bußgelder samt Nebenfolgen, auch zivilrechtli- che Haftungen stehen im Raum.« fentlicher Aufträge mit Eintragung im deut- die Kontrolle der Wirksamkeit von Strategien schen Wettbewerbsregister bis zur Selbstrei- und Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfalts- nigung im Verfahren oder durch Löschen aus pflicht (siehe Kasten rechts). dem Register eintreten. Eine derartige Ein- Hervorzuheben ist, dass Unternehmen die tragung könnte bereits nach geltendem ös- Sorgfaltspflichten als Teil ihrer Unternehmen- Lieferkettengesetz terreichischen Vergaberecht als Folge einer spolitik einbeziehen und über eine Strategie auf europäischer »schweren beruflichen Verfehlung gegen Be- zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verfügen Ebene stimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Um- müssen, die »eine Beschreibung des Ansatzes, weltrechts«) zu einer bis zu dreijährigen »Ver- den das Unternehmen – auch langfristig – gabesperre« auch für öffentliche Aufträge von hinsichtlich der Sorgfaltspflicht verfolgt«, »ei- österreichischen Auftraggebern führen (§ 78 nen Verhaltenskodex, in dem die Regeln und Wann die Corporate Sus- Abs 1 Z 5 iVm § 83 Abs 5 Z 2 BVergG). Grundsätze beschrieben werden, die von den tainability Due Diligence Beschäftigten und Tochterunternehmen des (CSDD) in Kraft tritt und EU-Richtlinienvorschlag Unternehmens einzuhalten sind«, sowie »eine wie die Richtlinie konkret Auch der Richtlinienvorschlag der Kom- Beschreibung der Verfahren zur Umsetzung ausgestaltet sein wird, mission vom 23.2.2022 für eine europäische der Sorgfaltspflicht, einschließlich der Maß- ist noch offen. Aber der CSDD will die Wertschöpfungsketten von nahmen zur Überprüfung der Einhaltung des Richtlinienvorschlag der Unternehmen nachhaltiger gestalten und zielt Verhaltenskodexes und zur Ausweitung sei- Europäischen Kommission neben der Vermeidung von Menschenrechts- ner Anwendung auf etablierte Geschäftsbe- vom 23.2.2022 sieht unter verletzungen insbesondere auch auf Umwel- ziehungen« enthält. anderem folgende Sorg- tauswirkungen ab. Wann und in welcher fina- Als Sanktionen sind die »Verhängung faltspflichten vor: len Form die CSDD in Kraft tritt und bis wann wirksamer, verhältnismäßiger und abschre- die Richtlinie von den Mitgliedstaaten umzu- ckender Sanktionen, einschließlich Geldbu- Einbezug der Sorgfalts- setzen sein wird, ist derzeit nicht absehbar. ßen und Befolgungsanordnungen« sowie – pflichten als integraler Der Anwendungsbereich soll sich auf drei weit über das LkSG hinausgehend – eine zi- Bestandteil der Unternehmen- unterschiedliche Gruppen von Unterneh- vilrechtliche Haftung bei Verstößen gegen spolitik (Art. 5 CSDD). men erstrecken: Gruppe 1 sind alle EU-Ge- Kardinalpflichten (Präventions- und Abhilfe- sellschaften mit beschränkter Haftung von maßnahmen) vorgesehen. Besonders umstrit- Ermittlung tatsächlicher erheblicher Größe und Wirtschaftskraft ten ist, welche Voraussetzungen (Beweislast) oder potenzieller negativer (= mindestens 500 Beschäftigten und ein Net- und welches Ausmaß diese Haftung (»etab- Auswirkungen auf die Men- toumsatz von mindestens EUR 150 Mio. welt- lierte Geschäftsbeziehungen«) umfassen soll. schenrechte und die Umwelt weit); Gruppe 2 sind andere Gesellschaften (Art. 6 CSDD). mit beschränkter Haftung, die in bestimmten Relevanz für die Praxis Verhinderung oder Abschwä- ressourcenintensiven Branchen (z. B. Abbau Das deutsche LkSG wird bereits ab chung potenzieller Auswirkun- von Bodenschätzen) tätig sind und die nicht 1.1.2023 auch für österreichische Unterneh- gen (Art. 7 CSDD). beide Schwellenwerte der Gruppe 1 erfül- men in der Praxis zu Anpassungen im unter- Beendigung tatsächlicher len, aber mehr als 250 Beschäftigte und einen nehmerischen Handeln führen (müssen): Ei- Auswirkungen oder Reduktion Nettoumsatz von mindestens 40 Mio. EUR nerseits in Form aktiver Handlungspflichten auf ein Minimum (Art. 8 CSDD). weltweit haben (zwei Jahre ab Umsetzung); im Fall deutscher Niederlassungen und ande- Gruppe 3 sind schließlich in der EU täti- rerseits mittelbar über Lieferkettenpartner- Einrichtung eines Beschwer- ge Unternehmen aus Drittstaaten, die einen pflichten im Fall von Zulieferung an deutsche deverfahrens (Art. 9 CSDD). Umsatz in Höhe von Gruppe 1 und Gruppe 2 Unternehmen. Spätestens nach Inkrafttreten Kontrolle der Wirksamkeit innerhalb der EU erwirtschaften. Artikel 4 und – möglicherweise weitergehender – na- von Strategien und Maßnah- des Richtlinienvorschlags definiert ähnlich tionaler Umsetzung der definitiven Richtlinie men zur Erfüllung der Sorg- wie das LkSG eine Reihe von Sorgfaltspflich- zu CSDD müssen österreichische Unterneh- faltspflicht (Art. 10 CSDD). ten, dazu zählen der Einbezug der Sorgfalts- men künftig auch weitere soziale und ökologi- Öffentliche Kommunikation pflichten als integraler Bestandteil der Unter- sche Faktoren bei der Wahl der Geschäftspart- hinsichtlich der Wahrnehmung nehmenspolitik, die Ermittlung tatsächlicher ner beachten, da ansonsten neben Bußgeldern von Sorgfaltspflichten (Art. 11 oder potenzieller negativer Auswirkungen samt Nebenfolgen auch eine zivilrechtliche CSDD). auf die Menschenrechte und die Umwelt oder Haftung die Folge sein könnte. n 18 10/11 - 2022 www.report.at
Preise »Dort, wo es noch keine Judikatur gibt, gibt es immer unterschiedliche Rechtsmeinungen.« Höhere Gewalt, höhere Preise Ohne Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gibt es verschiedene Rechtsmeinungen. Bei den Bau- und Mate- rialpreisen in Folge der Coronapandemie ist das seit mehr als zweieinhalb Jahren der Fall und auch für die Aus- wirkungen des Ukraine-Krieges fehlt die Judikatur. Ein Überblick über aktuell vorherrschende Rechtsmeinungen. Text | Bernd Affenzeller S eit über zweieinhalb Jahren ist die Co- Gewalt ist, weniger eindeutig ist die Sach- ronapandemie ein ständiger Begleiter. lage im Fall des Ukraine-Krieges. Ein krie- Fast ebenso lange begleitet uns auf ju- gerischer Akt auf heimischem Boden wäre ristischer Ebene das Thema »höhere unstrittig höhere Gewalt. Die Ukraine liegt Gewalt« und die Frage, wer für pandemie- aber weit im Osten. »Dennoch ist davon aus- bedingte Folgen das Risiko zu tragen hat. zugehen, dass aufgrund der Unterbrechung Trotz der langen Zeitspanne steht eine Ent- der globalen Lieferketten auch hier ein Fall scheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) höherer Gewalt vorliegt«, sagt Benedikt Sto- noch aus. Entsprechend zahlreich und mitun- ckert, Partner bei FSM Rechtsanwälte. Die ter auch widersprüchlich sind die verschiede- Entscheidung, ob dem tatsächlich so ist, nen Rechtsmeinungen zum Thema. Gemein- wird auch hier der OGH treffen. Stockert sam mit FSM Rechtsanwälte bietet der Bau & rechnet demnächst mit einem ersten Urteil. Immobilien Report einen Überblick über die Bis der OGH seine Entscheidungen verschiedenen Meinungsstände, wie mit getroffen hat, herrscht ein Wettstreit der Preissteigerungen bei Fällen höherer Gewalt Rechtsmeinungen. Dabei zeigt sich einmal umzugehen ist. mehr, dass die Juristerei keine exakte Wis- senschaft ist. »Ohne Judikatur gibt es unter- Hintergrund schiedliche Meinungsstände, die nicht sel- Unter höherer Gewalt versteht man ein ten von bestimmten Lobbys getrieben sind«, von außen einwirkendes außergewöhnliches so Stockert. Er geht davon aus, dass vor der Fotos: iStock, FSM Rechtsanwälte Ereignis, das nicht in einer gewissen Regel- »Im Fall der höheren Gewalt ist Pandemie vereinbarte Festpreise im Streit- nicht nur die technische Ebene mäßigkeit vorkommt und dessen schädigen- fall eher nicht halten werden. »Bei veränder- vom Sachverständigen zu prüfen, de Folgen auch nicht durch äußerst zumut- sondern vorab auch die juristische lichen Preisen wird es wohl darauf ankom- bare Sorgfalt abgewendet werden können. Ausgangslage durch den Richter«, men, inwieweit der vereinbarte Index die Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, sagt Benedikt Stockert, Partner Preiserhöhung ausgleicht«, ergänzt Gabriel dass die Coronapandemie ein Fall höherer FSM Rechtsanwälte. Kielbasa, Rechtsanwaltsanwärter bei FSM. 20 10/11 - 2022 www.report.at
PraxisTipps für neue Verträge für bestehende Verträge Aufnahme einer Vertragsbestimmung für nicht vorhersehbare Fälle Aufgrund aktueller Rechtsunsicherheit und damit einhergehender höherer Gewalt, die außergewöhnliche Preissteigerungen zur Folge Kostenrisiken Versuch des Abschlusses außergerichtlicher Einigung haben, mit folgendem Inhalt: und Nachtragsvereinbarungen; Fall der außergewöhnlichen Preissteigerung prozentuell vordefi- Dokumentation der Art und des Ausmaßes der außergewöhnlichen nieren; Preissteigerungen anhand geeigneter – objektiver – Nachweise; Klare Beweislastregelungen, zum Beispiel: Darlegung der Auswirkungen auf die jeweiligen LV-Positionen und AN hat die von der Preissteigerung betroffenen Materialien/Bau- Einhaltung der Bestimmungen der ÖNORM B2110 zur Anmeldung stoffe konkret zu bezeichnen und die Preiserhöhung konkret dar- von Forderungen dem Grunde und der Höhe nach (Punkt 7.3.2 und zulegen; 7.4.1 der ÖNORM B2110). AN hat geeignete Nachweise beizulegen, aus denen die geltend gemachte Preiserhöhung ableitbar ist, und (Zusätzliche) Regelung zur Anpassung von Eigenkosten, Gewinnzu- schlägen und Ähnlichem. Bestehende Verträge ßen, Auftraggeber bevorzugen in der Regel Unabhängig von der aktuellen Rechtsla- Festpreise. Die Tendenz geht aktuell aber klar ge empfiehlt Stockert seinen Klienten, auch in Richtung veränderlicher Preise. »Dabei ist es im Streitfall eine gemeinsame Lösung zu su- sinnvoll, mehrere Indizes heranzuziehen, nicht chen und einen Nachtrag zu finden. »Bau- nur den Baukostenindex, sondern auch bran- prozesse sind grauslig und kostenintensiv«, chenspezifische Indizes.« Aber auch Festpreis- nimmt er kein Blatt vor den Mund. Dazu sei verträge werden immer noch abgeschlossen, der Ausgang oft völlig ungewiss, weil es sich die lassen sich Auftragnehmer aber mit einem um reine Sachverständigenprozesse handelt. ordentlichen Risikoaufschlag versüßen. »Das »Im Fall der höheren Gewalt ist nicht nur die muss jeder Auftraggeber für sich entscheiden, technische Ebene vom Sachverständigen zu ob ihm die Preissicherheit diesen Aufschlag prüfen, sondern vorab auch die juristische »Bei Neuabschlüssen sollten wert ist«, so Stockert. Ausgangslage durch den Richter.« unbedingt zusätzliche Klauseln Außerdem empfehlen Stockert und Kielba- für nicht vorhersehbare Fälle sa bei Neuabschlüssen, zusätzliche Klauseln für Neue Verträge höherer Gewalt aufgenommen nicht vorhersehbare Fälle höherer Gewalt, die Naturgemäß wollen Auftragnehmer eher werden«, empfiehlt Gabriel außergewöhnliche Preissteigerungen zur Folge Verträge mit veränderlichen Preisen abschlie- Kielbasa, Rechtsanwaltsanwär- haben, in den Vertrag aufzunehmen. So sollte ter FSM Rechtsanwälte. Fundament der Zukunft Bauen wir gemeinsam am Fundament der Zukunft! CO2 -re Zeme duzierter Der grüne Zement nt fü Klima r unsere zukun ft www.lafarge.at
Preise Bauverträge: Preissteigerungen bei Fällen höherer Gewalt Allgemeines Höhere Gewalt ist ein von außen einwirkendes außergewöhnliches Ereignis, welches nicht in einer gewissen Regelmäßigkeit vorkommt, dessen schädigende Folgen auch nicht durch äußerst zumutbare Sorgfalt abgewendet werden können. Es besteht ein grundsätzliches Einverständnis darüber, dass es sich bei der COVID-19-Pandemie um einen Fall höherer Gewalt handelt. Der nachfolgend dargestellte Meinungsstand bezieht sich daher auf die COVID-19-Pandemie. Es ist aber anzunehmen, dass diese Ausführungen auf die Auswirkungen der Ukraine-Krise auf Bau- und Materialpreise übertragen werden können. Hinweis: Die Ausführungen gelten nur für Verträge, die vor Eintritt der Auswirkungen von Fällen höherer Gewalt abgeschlossen werden. Werden Verträge im Wissen über solche Ereignisse abgeschlossen, kann man sich für diese grundsätzlich nicht mehr auf höhere Gewalt berufen. Darstellung der Meinungsstände Pandemiebedingte Preissteigerung als Risiko der »neutralen Sphäre« trifft grundsätzlich den AN. Höhere Gewalt bildet aber einen Sonderfall der neutralen Sphäre. Es kommt zum vorübergehenden Aussetzen der wechselseitigen Leistungspflichten: Einerseits ist AN bis zum Wegfall des Hindernisses nicht zur Erbringung der Bauleistungen verpflichtet, andererseits ist AG für die Zeit des Stillstands ABGB-Verträge von seiner Zahlungspflicht befreit (vorübergehender Wegfall der Geschäftsgrundlage). (bei Festpreisen) Alternativ ist AN zur Vertragsanpassung berechtigt, Vertragsauflösung nachrangig. Dies setzt voraus: (i) Unerschwinglichkeit ist auf ein zufälliges Ereignis zurückzuführen, z. B. höhere Gewalt, (ii) nicht vom AN verschuldet/ihm vorwerfbar, (iii) Unerschwinglichkeit für AN unvorhersehbar und (iv) Preissteigerung exorbitant, ca. 50 % (wirtschaftliche Unerschwinglichkeit).* *Kletecka, Rechtsgutachten zur Frage der Möglichkeit einer einseitigen Vertragsanpassung bzw. Vertragsauflösung eines Bauvertrages bei unvorhersehbarer nachträglicher Änderung der Preise und/oder Verfügbarkeit von Baustoffen (Sep. 2021); ähnlich Verband österreichischer Biege- und Verlegetechnik (in Zusammenarbeit mit Schiefer Rechtsanwälte), Leitfaden zum Umgang mit den aktuellen Preissteigerungen auf dem Baustahlmarkt (Nov. 2021). Pandemiebedingte Preissteigerung als Risiko der »neutralen« Sphäre trifft grundsätzlich den AN. Die neutrale Sphäre unterschei- det aber zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Fällen, deren Risiken zwischen AG und AN aufzuteilen sind (ähnlich ABGB-Verträge Kletecka). AN ist bei außergewöhnlichen Fällen zur Vertragsanpassung berechtigt, Vertragsauflösung nachrangig (wirtschaftliche (ohne Unterscheidung zwi- schen Fest- und veränderli- Unerschwinglichkeit, siehe »ABGB-Verträge bei Festpreisen«). chen Preisen) Vertragsanpassung kann auch durch entsprechende Aufzahlung des Entgelts erfolgen (ableitbar aus den Bestimmungen zur Verkürzung über die Hälfte und Gewährleistung).** **Karasek/Ring, Materialpreissteigerungen – Ist die Risikoverteilung im Werkvertragsrecht des ABGB und bei Anwendung der ÖNORM B2110 in Stein gemeißelt? bauaktuell 2021, 190 ff; Ring, Nachträgliche Preissteigerungen bei Bauwerksverträgen (I) und (II), ecolex 2021/511 und 2021/570. Preisanpassung richtet sich grundsätzlich nach dem vereinbarten Index. Geht die tatsächliche außergewöhnliche Kostenentwick- lung über den Index hinaus, gelten sinngemäß die Ausführungen zu »ABGB-Verträge bei Festpreisen«* ABGB-Verträge (bei veränderlichen Preisen) Preisanpassung richtet sich grundsätzlich nach dem vereinbarten Index. Geht die tatsächliche außergewöhnliche Kostenentwick- lung über den Index hinaus, ist zu ermitteln, was vernünftige Parteien vereinbart hätten, hätten sie von Anfang an gewusst, dass der vereinbarte Index die Preissteigerungen nicht abdecken wird (ergänzende Vertragsauslegung).*** ***Verband österreichischer Biege- und Verlegetechnik (in Zusammenarbeit mit Schiefer Rechtsanwälte), Leitfaden zum Umgang mit den aktuellen Preissteigerungen auf dem Baustahlmarkt (November 2021). Pandemiebedingte Preissteigerung als Risiko der »neutralen« Sphäre trifft den AG (siehe Punkt 7.2.1 ÖNORM B2110). Der AN kann darauf zurückführende Preissteigerungen im Rahmen von Mehrkostenforderungen geltend machen.* Pandemiebedingte Preissteigerung als Risiko der »neutralen« Sphäre trifft den AG (siehe Punkt 7.2.1 ÖNORM B2110). Der AN kann darauf zurückführende Preissteigerungen im Rahmen von Mehrkostenforderungen geltend machen. Die vereinbarten Preise gehören zu den Umständen der Leistungserbringung und somit zum Leistungsumfang (siehe Punkt 3.8 ÖNORM B2110), weshalb eine außergewöhnliche Preissteigerung eine Leistungsabweichung darstellt.*** ÖNORM-Verträge (bei Festpreisen) Die Übernahme des Risikos pandemiebedingter Preissteigerungen richtet sich nach dem Vertragsinhalt: Im Zweifel ist die Übernahme solcher Risiken durch den AN nicht anzunehmen (Vertragsauslegung); wurde das Risiko aber doch vom AN übernommen, kann eine solche Vereinbarung dennoch unwirksam sein (gröbliche Benachteiligung).**** Pandemiebedingte Preissteigerung als Risiko der »neutralen« Sphäre trifft den AG (siehe Punkt 7.2.1 ÖNORM B2110). Die vereinbarten Preise gehören aber nicht zu den Umständen der Leistungserbringung und daher nicht zum Leistungsumfang. Es können daher keine Mehrkostenforderungen geltend gemacht werden. AN ist aber zur Vertragsanpassung berechtigt, Vertragsauflösung nachrangig (wirtschaftliche Unerschwinglichkeit, siehe »ABGB-Verträge bei Festpreisen«).***** Fotos: iStock **** Schopper, COVID-19-bedingte Preissteigerungen und Lieferengpässe bei ÖNORM-Bauverträgen, ZRB 2021, 47 ff. ***** Müller/Lackner/Heck/Schiefer, Auswirkungen der aktuellen Materialpreissteigerungen und Lieferkettenstörungen, bauaktuell 2021, 142 ff. 22 10/11 - 2022 www.report.at
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