Bauen und Immobilien FOKUSTHEMA

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Bauen und Immobilien FOKUSTHEMA
07|08.2020

Unternehmermagazin für die Region FrankfurtRheinMain               A 4836 | Jahrgang 143

                                                                    FOKUS THEMA

                    Bauen und Immobilien

45_ „Bürokratie gibt           50_ „Wir haben                63_ Hebesatz-Umfrage:
Scheinsicherheit“              schon viel erreicht“          Gewerbesteuer konstant
Unternehmensförderung          Digitalisierung               IHK-Bezirk Frankfurt

                                 www.frankfurt-main.ihk.de
Bauen und Immobilien FOKUSTHEMA
Uns bewegt, was Sie bewegt.
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Ihr persönlicher Betreuer begleitet Sie in allen Phasen Ihrer unternehmerischen
Entwicklung. Als starker, strategischer Partner kennt er Ihre Bedürfnisse und zieht
bei speziellen Anforderungen andere Fachberater und Verbundpartner hinzu.

Gebündeltes Wissen, das Sie für Ihren Erfolg nutzen können. Gemeinsam mit Ihnen
erarbeiten wir Lösungen, damit Sie Ihre gesteckten Ziele erreichen.

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www.frankfurter-sparkasse.de/firmenkunden
Bauen und Immobilien FOKUSTHEMA
VO RWO R T                                       3

             Liebe Leserinnen, liebe Leser!

             Die Corona-Pandemie ist eine Belastungsprobe für die Wirt-
             schaft und macht auch vor der Bau- und Immobilienbranche
             nicht halt. Wie gravierend die Nachwehen sein werden, lässt
             sich derzeit nur vermuten. Ein Blick auf die Finanzkrise von
             2008 lässt hoffen, dass die Auswirkungen trotz eines fallen-
             den Bruttoinlandsprodukts nicht zu stark sein werden.

             Sicher ist, dass FrankfurtRheinMain auch nach der Krise ein
             attraktiver Wirtschaftsstandort bleiben wird. Dass in den ver-

„
             gangenen zehn Jahren etwa 400 000 sozialversicherungs-
             pflichtig Beschäftigte hinzugekommen sind, unterstreicht die
             Sogwirkung der Region. Die Fachkräfte mit Wohnraum zu
             versorgen, ist dabei eine der dringendsten Herausforderun-
             gen.

Ein Ziel ist es, gemeinsam
neue Wege zu gehen“
             Die IHK Frankfurt initiiert Strategien und Lösungsansätze zu
             immobilienwirtschaftlichen Themen und unterstützt politi-
             sche Entscheidungsträger sowie betroffene Unternehmen.
             Ein Baustein ist die Bereitstellung und Aktivierung von Bau-
             land. Zuletzt wurde daher die Resolution für mehr Bauland
             in FrankfurtRheinMain auf den Weg gebracht, welche von
             22 Organisationen mitgetragen wird. Ein Ziel ist es, gemein-
             sam neue Wege zu gehen und die Kommunen bei der Bau-
             landausweisung öffentlich zu unterstützen.

             Die IHK Frankfurt bietet sich als strategischer Partner an, eine
             stärkere Vernetzung zwischen Politik und Wirtschaft auf den
             Weg zu bringen, um gemeinsam partnerschaftliche Lösungen
             für die zukünftige Prosperität des Wirtschaftsraumes zu ent-
             wickeln.

             Ulrich Caspar
             Präsident, IHK Frankfurt

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                                                                07|08_
                                                                FO KUS T HEM A

                                                                Bauen und
                                                                Immobilien
                                                                Auch wenn eine realistische Prog-
                                                                nose für die Bau- und Immobilien-
                                                                branche angesichts der Corona-
                                                                Pandemie zum jetzigen Zeitpunkt
                                                                noch verfrüht ist, zeichnet sich ab,
                                                                dass sie vergleichsweise unbe-
                                                                schadet durch die Krise kommt.

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                                                                                         INHALT 07|08.20
 3_    Vorwort

 6_    Kurzmeldungen

       Fokusthema Bauen und Immobilien
10_    Baugewerbe: „Alles läuft noch wie gewohnt“
20_    Wohnungsbaupolitik: „Wir benötigen positive Signale“
23_    Fachkräftemangel: Das Branchenimage fördern
26_    Instone Real Estate Development: Vernetzung als Pluspunkt
28_    Hähnlein & Krönert: Corona zwingt zum Umdenken

       Unternehmensreport
32_    Binding-Brauerei: Anstoßen auf das Jubiläum
36_    Grundhöfer Frische & Logistik: Trend zur Regionalität
38_    Toni Bird Control Solutions: Vogelschutz 4.0
40_    Protection Impuls / Reichard: Durchstarter in der Coronakrise

       Metropolregion FrankfurtRheinMain
47_    IHK-Konjunkturumfrage: Dramatischer Konjunktureinbruch
48_    Serie Immobilienstandort: Die Weichen sind gestellt

       Aus- und Weiterbildung
54_    Digitaler Wandel: IT-Berufe neu geordnet
56_    ÖPNV-Ticket: Incentive für Azubis

       IHK intern
61_    Hochtaunus / Main-Taunus: Zu Besuch im Rathaus

       Recht und Steuern
63_    Hebesatz-Umfrage: Gewerbesteuer konstant

66_    Zurückgeblättert | Mein Lieblingsort

Hinweis: In der IHK Frankfurt werden die Corona-bedingten Kontaktbeschränkun-
gen sowie die Abstands- und Hygieneregeln beachtet, auch bei Fotoshootings. Den-
noch kann es sein, dass Sie in dieser Ausgabe vereinzelt Fotos sehen, die vor Inkraft-
treten der Corona-bedingten Abstandsregelungen gemacht wurden. Gleiches gilt für
die verwendeten Fotos aus Bilddatenbanken. Hierfür bitten wir um Verständnis.

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6                                                    KUR ZMEL D UN GEN

                                        S T EUER N
                                                                                                                      TO UR I S MUS
                                        25 Jahre Schuldenuhr
                                                                                                                      Regionalpark Touren-
                                                                                                                      guide
Foto: Picture Alliance / Kai Nietfeld

                                                                                                                                  In der Broschüre werden die schönsten Tou-
                                                                                                                                  ren im Regionalpark RheinMain vorgestellt.
                                                                                                                                  Jede Tour erzählt eine eigene Geschichte,
                                                                                                                                  hält aber auch ganz praktische Tipps bereit.
                                                                                                                      Markierte Highlights oder auch besondere Erlebnispunk-
                                                                                                                      te werden ausführlich erklärt und weisen bei jeder Tour
                                                                                                                      auf ihre speziellen Charakteristika hin. Dies können Be-
                                                                                                                      sonderheiten in der Landschaft, bei Flora und Fauna,
                                                                                                                      kulturelle Highlights oder auch vergessene Orte sein.
                                        In der Coronakrise kommt der Schuldenuhr Deutschlands, die                    Der Regionalpark Tourenguide ist in deutscher und eng-
                                        am 12. Juni 25 Jahre alt wurde, eine besondere Bedeutung zu.                  lischer Sprache erhältlich. www.regionalpark-rhein
                                        Nachdem die gesamtdeutsche Schuldenuhr des Bundes der                         main.de
                                        Steuerzahler rund zwei Jahre rückwärts lief, dokumentiert sie
                                        nun einen Rekordzuwachs von 7 177 Euro Schulden pro Se-
                                        kunde. „In diesen Zeiten ist das Markenzeichen für öffentliche

                                                                                                                                                                                 Foto: Petra Menke
                                        Finanzen ein unverzichtbares Symbol für unsere Forderung
                                        nach einer soliden Haushaltspolitik von Bund, Ländern und
                                        Kommunen“, betont Reiner Holznagel, Präsident des Bundes
                                        der Steuerzahler. www.steuerzahler.de           Schuldenuhr

                                            V ER K EHR

                                            Abbiegeassistenten
                                            werden gefördert
                                            Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infra-
                                            struktur hat ein Programm zur Förderung von Abbiege-                  ME T R O P O L R EGI O N
                                            assistenzsystemen (AAS) bei Lkw und Bussen aufge-
                                            legt. Die Anträge werden in der Reihenfolge des voll-                 Tage der Industriekultur
                                            ständigen Eingangs durch das Bundesamt für Güter-
                                            verkehr beschieden. Gefördert werden 80 Prozent                       Vom 9. bis 13. September widmen sich die Tage der Indus-
                                            der zuwendungsfähigen Ausgaben, maximal jedoch                        triekultur RheinMain dem Thema „Umwelt gestalten“ und
                                            1 500 Euro je Abbiegeassistent. Anträge auf Förderung                 allgemeinen Aspekten der Industriekultur. Im Fokus stehen
                                            von AAS können ausschließlich in elektronischer Form                  dabei Fragen nach dem Einfluss des Menschen auf seine
                                            gestellt werden. https://antrag-gbbmvi.bund.de                        Umwelt seit der Industrialisierung und was Umwelt gestal-
                                                                                                                  ten in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bedeutet. Die
                                                                                                                  18. Auflage der „Tage der Industriekultur“ findet als hybri-
                                                                                                                  des Format mit analogen und digitalen Angeboten statt. Um
                                                                                                                  ein ansprechendes Programm auch mit Coronabeschränkun-
                                                                                                                  gen realisieren zu können, sind neben den klassischen Live-
                                                                                                                  vor-Ort-Formaten wie Führungen, Werksbesichtigungen oder
                                                                                                                  Radtouren auch digitale Angebote wie Videos, Livestreams,
                                                                                                                  virtuelle Rundgänge geplant. www.krfrm.de/tdik2020

                                                                                      I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
Bauen und Immobilien FOKUSTHEMA
Foto: Picture Alliance / Eventpress
                                                                    KUR ZMEL D UN GEN

                                                                                              FR A NK FUR T                            Wedo it!
                                                                                                                                       DESINFIZIEREN –
                                                                                              Fashion Week                             GEGEN VIREN UND
                                                                                                                                       BAKTERIEN
                                                                                              in Frankfurt
                                                                                              Die zukünftige Ausrichtung der Fa-
                                                                                              shion Week in Frankfurt bringt noch
                                                                                              mehr europäischen und internatio-
                                                                                              nalen Glanz in die Mainmetropole.
                                                                                              „Für den Wirtschaftsstandort Frank-
                                                                                              furt ist es eine gute Nachricht, dass
                                                                                              wir diese renommierte Messe nach                                   Made in Germany

                                                                                              Frankfurt geholt haben“, betont IHK-
                                                                                              Präsident Ulrich Caspar. Es sei ein
                                                                                              wichtiges Signal für den Messe-
                                                                                              platz: „Dass die Fashion Week auf
                                                                                              dem Weg zu ihrer weiteren Interna-
                                                                                              tionalisierung den Standort Frank-
                                                                                              furt wählt, ist ein Beleg für die spe-
                                                                                              zifische Bedeutung Frankfurts im
                                                                                              globalen Messegeschehen.“

                                        UN T ER NEHMEN S FÖ R D ERUN G

                                        Hessischer Integrationspreis
                                                    Zum 17. Mal vergibt die hessische Landesregierung den Integ-
                                                    rationspreis. Prämiert werden damit Maßnahmen, die durch he­
                                                    rausragendes Engagement die Integration, das Zusammenleben
                                                    und das Miteinander in der Migrationsgesellschaft deutlich ver-                                      Desinfektions-
                                        bessern oder das Einleben von Neuzugewanderten in Hessen erleichtern.
                                                                                                                                                         mittelhalter
                                                                                                                                                         von WEDO®
                                        ­Einsendeschluss ist der 17. Juli.                                                                  5,7 kg
                                                                                                                                                         •für Eurospender
                                                                                                                                                          oder für eigene
                                                                                                                                                          Flaschen
                                                                                                                                                         •mit Ablagefach
                                      IHK-B E ZIR K                                                                                                       für Zubehör
                                                                                                                                                         •mit extra schwerem
                                      Ausbildungsbereitschaft steigt                                                                                      Standfuß (5,8 kg)
                                                                                                                                                         •oder zur Wand-
                                                                                                                                                          montage
                                                                               Eine deutliche Zunahme bei den Angeboten
Foto: Getty Images / Monty Rakusen

                                                                                                                                                         Wählen Sie Ihren
                                                                               zur Berufsausbildung von IHK-Unternehmen                                  Favoriten!
                                                                               registriert die IHK Frankfurt: In der Internet-
                                                                               Börse waren Anfang Juni knapp 1100 Angebo-                                       5,8 kg
                                                                               te zu finden und damit zehn Prozent mehr als
                                                                               im Vorjahr. Fachoberschüler, Real- und Haupt-
                                                                               schüler, die alle in den vergangenen Wochen
                                                                               ihre schriftlichen Abschlussprüfungen hinter
                                                                               sich gebracht haben, sollten sich jetzt bewer-
                                                                               ben. Rund die Hälfte der Angebote verlangt
                                                                               die Mittlere Reife als Abschluss. www.ihk-
                                                                               lehrstellenboerse.de

                                                                                                                                                           wedo.de
                                                             I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
Bauen und Immobilien FOKUSTHEMA
8                                                     KUR ZMEL D UN GEN

                                                                                                                                                                              Foto: Picture Alliance / Arne Dedert
                                        TO UR I S MUS

                                        Reiseland Hessen entdecken
                                        Gemeinsam mit dem Hessischen Tourismusverband und der HA
                                        Hessen Agentur startet das hessische Wirtschaftsministerium mit
                                        #SommerinHessen eine Aktion rund um Ausflugsziele und Freizeit-
                                        aktivitäten in Hessen. Eine interaktive Karte erlaubt die Suche nach
                                        Museen, Sehenswürdigkeiten, Tierparks, Outdoor-Aktivitäten oder
                                        Gästeführungen. Alle Angebote sind unter Berücksichtigung der ak-
                                        tuellen Lockerungsmaßnahmen sowie coronabedingten Hygiene-
                                        und Abstandsregeln erlebbar. Die Aktion soll dazu beitragen, den
                                        Tourismus und die Gastronomie zu stärken und zu unterstützen.
                                        www.hessen-tourismus.de               Sommer in Hessen

                                    UN T ER NEHMEN S FÖ R D ERUN G                                             FR A NK FUR T

                                    Hessischer Gründerpreis                                                    Entwurfskonzepte für
                                    Aufgrund der Coronakrise wurde die Bewerbungsfrist für den
                                                                                                               neuen Stadtteil
                                    Hessischen Gründerpreis bis 17. August verlängert. Er wird
                                    in den Kategorien Innovative Geschäftsidee, Zukunftsfähige                 Für die Entwicklung eines oder mehrerer Stadtquartiere im
                                    Nachfolge, Gesellschaftliche Wirkung sowie Gründungen aus                  Nordwesten Frankfurts liegen erste Ansätze für städtebau-
                                    der Hochschule vergeben. www.hessischer-gruen                              liche Konzepte vor. Im Rahmen einer Mehrfachbeauftragung
                                    derpreis.de                                                                arbeiten aktuell sieben Planungsteams an Entwürfen zur
                                                                                                               städtebaulichen und landschaftlichen Gestaltung der Quar-
                                                                                                               tiere. Erste Zwischenarbeitsstände standen im Mai online zur
                                    IN T ER N AT I O N A L                                                     Diskussion. Eine weitere Möglichkeit, den Planern Anregun-
                                                                                                               gen mitzugeben, ist für August vorgesehen. Die finalen Er-
                                    Enterprise Europe Network                                                  gebnisse liegen mit der Preisgerichtssitzung im November
                                                                                                               vor. www.ffm.de/nordwest
Foto: Getty Images / Thomas Vogel

                                                                                                                   V ER K EHR

                                                                                                                   Grünes Licht für Elektro-
                                                                                                                   mobilitätskonzept
                                    Das Enterprise Europe Network (EEN) begleitet Unternehmen                      Mit dem Beschluss plant die Römer-Koalition unter an-
                                    beim Erschließen neuer Märkte. Im Fokus steht die Unter-                       derem, Schnellladepunkte mit Priorität in Frankfurt auf-
                                    stützung bei der Suche nach Partnern für Vertrieb oder Pro-                    zubauen. Der Bedarf an öffentlich zugänglichen Lade-
                                    duktion im Ausland. Außerdem vermittelt das Netzwerk inter-                    punkten wird je nach Marktentwicklung für die kom-
                                    nationale Kooperationen in den Bereichen Forschung und                         menden zehn Jahre auf mehr als 800 geschätzt – dies
                                    Innovation. Das Beratungsnetzwerk ist EU-gefördert. Bei                        sind siebenmal mehr als derzeit. Laut den Zahlen des
                                    Interesse stellt das EEN-Team der IHK Frankfurt für Unterneh-                  Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft
                                    men den Kontakt ins Ausland her und sucht Kooperationspart-                    vom Januar besteht in Frankfurt ein großer Nachhol­
                                    ner. Kontakt: Viviane Volk, Telefon 0 69 / 21 97-13 59, v.volk@                bedarf bei der Ladeinfrastruktur.
                                    frankfurt-main.ihk.de, https://een-deutschland.de

                                                                                   I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
Bauen und Immobilien FOKUSTHEMA
KUR ZMEL D UN GEN                                                                                                     9

V ER K EHR
                                                                                                             E X I S T ENZGRÜND UN G
Beschleunigter Ausbau
von Radwegen                                                                                                 Zahl der Neugründungen
                                                                                                             steigt
In den kommenden Jahren stehen 176,5 Millionen Euro Bau-
und Fördermittel für Radschnellverbindungen, Radwege an                                                                  In 2019 wurden in Frankfurt rund 8 400 Unter-
Landesstraßen und Fördermittel für die Nahmobilität in den                                                               nehmen, davon knapp 7 400 Neugründungen,
Kommunen zur Verfügung. Hinzu kommen weitere 67,5 Mil-                                                                   angemeldet. Im Hochtaunus waren es etwa
lionen an Bundesmitteln für Radwege an Bundesstraßen, die                                                                2 500 Unternehmen (davon knapp 1900 Neu-
vom Land Hessen verbaut                                                                                      gründungen) und im Main-Taunus rund 2 700 Unterneh-

                                                                    Foto: Picture Alliance / Lukas Görlach
werden sollen. Die Landes-                                                                                   men (davon knapp 2 150 Neugründungen). Nach Anga-
straßenbaubehörde Hessen                                                                                     ben des Statistischen Landesamtes stieg die Zahl der
Mobil wird zudem eine neue,                                                                                  Gewerbeanmeldungen im Vergleich zum Vorjahr um
18-köpfige Task Force Rad-                                                                                   4,1 Prozent in Frankfurt, um 1,6 Prozent im Hochtaunus
wege einrichten, um die Pla-                                                                                 und um 3,1 Prozent im Main-Taunus. Die Gewerbeab-
nung von Radwegen voran-                                                                                     meldungen 2019 sind in Frankfurt und den beiden Krei-
zubringen. Zudem wurden                                                                                      sen geringer als die Gewerbeanmeldungen und auch
40 zusätzliche Radwegepro-                                                                                   niedriger als die Abmeldungen in 2018, sodass für den
jekte an Landesstraßen iden-                                                                                 Bezirk der IHK Frankfurt in 2019 eine Zunahme an Unter-
tifiziert, die gemeinsam in                                                                                  nehmen verzeichnet werden konnte. www.statistik.
Kooperation der Kommunen                                                                                     hessen.de          Gewerbeanzeigen in Hessen 2019
umgesetzt werden können.

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                                            I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
Bauen und Immobilien FOKUSTHEMA
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     Fokusthema

     Bauen und Immobilien

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B auen und Immobilien                                                                   11

                                                         B AU GE WER B E

   „Alles läuft noch wie gewohnt“
 Auch wenn eine realistische Prognose für die Baubranche angesichts der Corona-Pandemie zum jetzigen
Zeitpunkt noch verfrüht ist, zeichnet sich ab, dass sie vergleichsweise unbeschadet durch die Krise kommt.

So entspannt wie Karl Greiner wirken aktuell nur wenige Geschäftsführer. Kein
Wunder: Die Coronakrise macht ihm unmittelbar noch nicht zu schaffen. Während
Restaurants, Hotels und viele Läden in und um Frankfurt geschlossen blieben, hiel-
ten Maurer und Zimmermänner, Dachdecker und Kranführer, Einschaler und Erd-

„
bauer die Arbeiten auf den Baustellen der Hofheimer Firmengruppe Weiß Wohn-
bauprojekte wie gewohnt am Laufen. „Anders als auf Großbaustellen arbeiten wir
nicht mit Subunternehmen aus Osteuropa, deren Mitarbeiter nicht mehr über die
Grenzen kamen. Wir beschäftigen bevorzugt Handwerksbetriebe aus der Region“,
sagt Greiner.

           Verbotspolitik schafft keinen
           bezahlbaren Wohnraum“
Vorbereitungen für künftige Projekte mit Behörden, Verwaltung, Planern und Fach-
ingenieuren liefen derzeit über Video- und Telefonkonferenzen erstaunlich effek-
tiv. Planungsrechtlich und politisch erforderliche Gremiensitzungen finden für
das Unternehmen erst wieder im Herbst statt und führen deshalb zu keinen co-
ronabedingten Verzögerungen. Wie die gesamte Branche gewährleistet die auf

                     „Unsere Baustellen laufen derzeit noch wie Schweizer Uhrwerke.“
                     Karl Greiner, Geschäftsführer, Weiß Wohnbauprojekte

Wohnimmobilien spezialisierte Firmengruppe Weiß vor Ort Abstands- und Hygiene-                                  IHK O NL INE
regeln. Sie installierte Toiletten mit Desinfektionsspendern oder mobile Stationen
zum Desinfizieren der Hände; Pausen wurden zeitversetzt gemacht. „Unsere Bau-                                  Aktuelle Meldungen aus
stellen laufen derzeit noch wie Schweizer Uhrwerke“, stellt der 52-Jährige erleich-                            der Bau- und Immobilien-
tert fest, dem das Homeschooling mit seinen beiden Kindern mehr Kopfzerbrechen                                 wirtschaft, Publikationen,
bereitete als das Business.                                                                                    Positionen, Merkblätter
                                                                                                     und Veranstaltungshinweise finden
Resolution für mehr Bauland in FrankfurtRheinMain                                                    Sie unter

Ein Lichtblick in turbulenten Zeiten mit großen Sorgen und vielen Klagen der                         www.frankfurt-main.ihk.de/­
Wirtschaft. Am 11. März erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die                           immobilien

                                              I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
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                       Ausbreitung des Coronavirus zur Pan-         wir jedoch, dass es herausfordernd           Corona und die Folgen
                       demie. Doch wohl die wenigsten Unter-        ist, hinzuziehende, dringend benötig-
                       nehmen konnten sich zu diesem Zeit-          te Fachkräfte in FrankfurtRheinMain          Nur sechs Wochen nach Unterzeich-
                       punkt vorstellen, mit welcher Wucht          unterzubringen – es mangelt einfach          nung der Baulandresolution meldete
                       Covid-19 die Wirtschaft treffen würde.       an Wohnungen.“ Die Schaffung von             die Bundesagentur für Arbeit, dass in
                       Entsprechend zuversichtlich und ent-         Wohnraum und die Ausweisung von              Deutschland 751 000 Betriebe für bis zu
                       spannt lächelten 22 Vertreter von Or-
                       ganisationen, Verbänden und Interes­
                       senvertretungen in die Kamera, als
                                                                                          „Nach jeder Krise kommt ein Aufschwung, der zusätzliche
                       sie am 13. März in der IHK Frankfurt
                                                                                          Arbeitsplätze schafft – und die entstehen vor allem in den
                       die „Resolution für mehr Bauland in
                                                                                         ­Ballungsräumen.“
                       FrankfurtRheinMain“ unterzeichneten.
                                                                                         Ulrich Caspar, Präsident, IHK Frankfurt

                       Fachkräfte benötigen Wohnraum

                       Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frank-      Bauland sei deswegen ein gemeinsa-           zehn Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeit
                       furt, bringt auf den Punkt, was die Un-      mes Projekt der Region, wolle sie ein        beantragt hätten. Die Zahl der Arbeits-
                       terzeichner umtreibt: „Der Fachkräf­         erfolgreicher Wirtschaftsstandort blei-      losen steige kräftig. Rund jedes sechste
                       temangel setzt unseren Mitgliedsun­          ben. Kommunen und Bürgermeister,             Einzelhandelsgeschäft in Deutschland
                       ternehmen zu. Von deren Prosperität          die sich der Herausforderung stellen,        könnte nach Angaben des Handelsver-
                       hängt in starkem Maße der Wohlstand          die mit Flächenentwicklungen und der         bands Deutschland (HDE) infolge der
                       unserer Region ab. Immer wieder hören        Erschließung neuer Baugebiete ver-           Coronakrise Insolvenz anmelden müs-
                                                                    bunden sind, sagte Caspar die volle          sen, das wären bis zu 50 000 Geschäf-
                                                                    Unterstützung zu. Dass sich hier eine        te. Der Branchenverband Dehoga warn-
                            Veranstaltungsnewsletter                mächtige Allianz aus IHK, Bauindustrie,      te davor, dass von den gut 223 000
                                                                    Wohnungsunternehmen, Architekten,            Hotel- und Gastronomiebetrieben in
                            Verpassen Sie keine Veranstaltungen     Hoteliers, DGB-Gewerkschaften, Ge-           Deutschland etwa 70 000 aufgrund der
                            aus dem Bereich der Bau- und Im-        werbevereinen, Mieterschutzvereinen,         Coronakrise Pleite gehen könnten. Wel-
                            mobilienwirtschaft und der Metropol-    Hochschulen, Einzelhändlern, Hand-           che Folgen hat die Pandemie für die Im-
                            region FrankfurtRheinMain mehr. Jetzt   werk und hessischen Unternehmerver-          mobilien- und Bauwirtschaft in der Wirt-
Fotos: Jochen Müller

                            registrieren unter www.frankfurt-       bänden zusammengefunden hat, zeigt,          schaftsregion Frankfurt? Welche Be-
                            main.ihk.de/event-bui                   wie stark beim Thema Bauland Gefahr          deutung hat die Baulandresolution jetzt
                                                                    im Verzug ist.                               überhaupt noch?
B auen und Immobilien
                                                                                                                              Mehrfamilienhaus mit
                                                                                                                              8 Wohnungen
Nicht an allen Unternehmen der Bau- und Immobilienwirt-                   IMMOBILIE DES MONATS                                FLÖRSHEIM AM MAIN
schaft geht die Krise aktuell so spurlos vorüber wie an der                                                                   OBJEKT ID: 1501
                                                                                                                              PREIS: PREIS AUF ANFRAGE
Firmengruppe Weiß. „Einzelhändler und Gastronomen haben
bei uns zu 100 Prozent die Mietzahlungen bis Ende Juni aus-
gesetzt und nutzen die vom Gesetzgeber eingeräumte Mög-
lichkeit, die gestundeten Mieten bis 2022 zurückzahlen zu
können“, berichtet Jürgen Conzelmann, Geschäftsführer der
Conzelmann – Grundstücks- und Beteiligungsgesellschaft.
Absolut nicht nachvollziehbar ist für den Vorsitzenden von
Haus & Grund Frankfurt, dass selbst kapitalkräftige Konzer-
ne wie Adidas, C&A oder Deichmann ohne Ankündigung und
Rücksprache mit den Vermietern umgehend ihre Mietzahlun-
gen eingestellt hätten. Ein Missbrauch, der schließlich auch
die Politik auf den Plan rief und etwa im Falle von Adidas kor-
rigiert wurde.

Einzelhandelsimmobilien und Hotels besonders betroffen                     ca. 595 m2              ca. 542 m2                   8                   11
                                                                                 Verbrauchsausweis, 179 kWh/(m · a), F, Gas, Baujahr 1992
Conzelmann selbst hat sich mit seinen Mietern auf eine
50-prozentige Mietsenkung geeinigt, damit diese besser kal-
                                                                                    Haben wir Ihr Interesse für diese
kulieren können. „Die Mietrückstände können viele Händler
                                                                                interessante Anlageimmobilie geweckt?
und Hoteliers auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht beglei-
chen, weil ihnen schlicht der Umsatz fehlt“, sagt der Unter-            Dann rufen Sie einfach Jennifer Peters in unserem Frankfurter
                                                                        Büro unter 069 - 23 80 79 30 an oder schreiben Sie uns eine
nehmer, der 2019 den Vorsitz des Bau- und Immobilienaus-
                                                                        Email an jennifer.peters@ppsir.de.
schusses bei der IHK Frankfurt übernommen hat. Dessen
33 Mitglieder erarbeiten Strategien und Lösungsansätze zu
immobilienwirtschaftlichen Fragestellungen.

Aus Sicht der Helaba, die Ende März die möglichen Auswir-
kungen auf die Immobilienwirtschaft unter die Lupe nahm,                    Sie möchten Ihre Immobilie zeitnah verkaufen
                                                                                      und u.a. hier bewerben?
sind Einzelhandelsimmobilien und Hotels von den umfang-
reichen Schließungen am stärksten belastet. Eine Ausnahme               Dann rufen Sie einfach Olivier Peters in unserem Frankfurter
seien lediglich Anbieter von Lebensmitteln. „Selbst unter der           Büro unter 069 - 23 80 79 30 an oder schreiben Sie uns eine
                                                                        Email an olivier.peters@ppsir.de.
Annahme, dass es dank der umfangreichen Hilfsprogram-
me gelingt, Entlassungen und Insolvenzen in größerem Aus-
maß zu verhindern, werden vermutlich gegenüber dem On-
linehandel weniger konkurrenzfähige stationäre Einzelhändler                                         Wir freuen uns auf Sie!
die vorübergehenden Schließungen nicht überleben“, so die
Studie. Mietausfälle und steigende Leerstände, vor allem in

    Aktivierung von Bauland                                                  MEHRFACH AUSGEZEICHNETER SERVICE

    22 Organisationen, Verbände und Interessenvertretungen
    haben im März die „Resolution für mehr Bauland in Frankfurt-                                           CAPITAL
    RheinMain“ unterzeichnet. Sie bekennen sich dazu, dass die
                                                                                                            FOCUS
    Ausweisung von zusätzlichem Bauland und die Schaffung von
    Baurecht ein gemeinsames Projekt der Region ist, und bieten                                           DIE WELT
    den verantwortlichen Amtsträgern an, diese hierbei aktiv und
    öffentlich zu unterstützen. Den Resolutionstext und die Liste der
                                                                                                 SOTHEBY'S INTERNATIONAL REALTY
    Unterzeichner finden Sie unter www.frankfurt-main.ihk.
    de/bauland

                                                                                   Danziger Straße 50 a   Arndtstraße 24        Louisenstraße 84
                                                                                   65191 Wiesbaden        60325 Frankfurt       61348 Bad Homburg
                                                                                   0611 - 89 05 92 10     069 - 23 80 79 30     06172 - 94 49 153

                                                                                          peters-sothebysrealty.com
14                                                                 FO KUS T HEM A

AKTUELLE ZAHLEN                                                                                               relativ geringen Angebots hält der Im-
                                                                                                              mobiliendienstleister deutliche Rück-
                                                                                                              gänge bei den Mieten allerdings eher
Die Konjunkturumfrage der IHK Frankfurt zum Frühsommer zeigt, dass sich die Stimmung                          für unwahrscheinlich. Ein verstärkter
im Baugewerbe nach den Boomjahren nun spürbar verschlechtert:                                                 Trend zum flexiblen Arbeiten könnte je-
• Der Geschäftslagesaldo sinkt um 36 auf neun Punkte.                                                         doch zu niedrigeren Pro-Kopf-Büroflä-
                                                                                                              chen und damit zu einer sinkenden Flä-
• Der Erwartungssaldo fällt von 17 Punkten auf minus 33 Punkte.
                                                                                                              chennachfrage führen, nennt die Helaba
• Der Investitionssaldo fällt um 51 auf minus 42 Punkte.                                                      in ihrem Report eine weitere mögliche
• Laut Beschäftigungssaldo (minus 20 Punkte) wird die Zahl der Beschäftigten abnehmen.                        Folge der Pandemie.

• Der Geschäftsklimaindex fällt drastisch von zuletzt 130 auf 86 Punkte.
                                                                                                              Reaktion auf neue Rahmen­
Weitere Ergebnisse, auch aus den einzelnen Branchen, finden Sie im Konjunkturbericht                          bedingungen
der IHK Frankfurt: www.frankfurt-main.ihk.de/konjunkturbericht
                                                                                                              In welchem Umfang sich die Corona-
                                                                                                              krise auf die Entwicklung bei Logistik-
weniger begünstigten Einzelhandelsla-              Quartal 2020. Es sei im Gesamtjahr mit                     immobilien auswirken werde, sei zum
gen, seien zu befürchten.                          einem niedrigeren Flächenumsatz und                        heutigen Zeitpunkt noch nicht seriös
                                                   höheren Leerstand zu rechnen als 2019.                     quantifizierbar, sagt Christopher Raa-
Investitionen werden verschoben                    Zuletzt war die Nachfrage vor allem von                    be, Managing Director und Head of
                                                   Beratungsgesellschaften sowie Unter-                       Logistics & Industrial der BNP Pari-
Bei den Büroimmobilien dürften Miet-               nehmen der Informations- und Kommu-                        bas Real Estate. „Während einerseits
gesuche und Investitionen wegen der                nikationsbranche getrieben worden, wo-                     zu erwarten ist, dass Mietgesuche
Coronakrise teilweise verschoben wer-              bei Innenstadtlagen und hier besonders                     sowie Investitionen von Produktions-
den, heißt es im aktuellen Marktbericht            das Bankenviertel sehr begehrt sind.                       unternehmen teilweise verschoben
der BNP Paribas Real Estate zum ersten             Aufgrund des im langfristigen Vergleich                    werden, reagieren viele Logistiker und

     D R EI FR AGEN A N

                             Helmut Christmann, Vorstandsvorsitzender, Frankfurter
                             ­Immobilienbörse bei der IHK Frankfurt, über den Immobilien-
                              markt in den Landkreisen Hochtaunus und Main-Taunus

     Herr Christmann, was macht den                 Wie beeinflusst die Corona-Pan-                           Mit den Bürgern vor Ort muss ein in-
     Immobilienmarkt im Hochtaunus                  demie den regionalen Immobilien-                          tensiver Dialog geführt werden, damit
     und Main-Taunus besonders at-                  markt?                                                    Neubauprojekte nicht bereits in der
     traktiv?                                       Die Miet- und Kaufnachfrage verrin-                       frühen Planungsphase an mangelnder
     Der hohe Freizeitwert, die gute Infra-         gert sich, jedoch erkenne ich noch                        Akzeptanz scheitern. Auch müssen
     struktur und die Nähe zur Mainme-              keine großen Preisrückgänge. Die der-                     investitionshemmende Gesetze und
     tropole machen sie – neben den im              zeitige Situation lässt die Preise eher                   Verordnungen überdacht werden, da-
     Vergleich zu Frankfurt günstigeren             einfrieren.                                               mit ein Anreiz für private Investitionen
     Miet- und Kaufpreisen – zu stark nach-                                                                   geschaffen wird. Ein gemeinsames
     gefragten Wohn- und Gewerbestand-              Welche Hemmnisse müssten ab-                              Vorgehen bei der Baulandausweisung
     orten.                                         gebaut werden, damit der Immobi-                          ist in allen Kommunen nötig.
                                                    lienmarkt im Frankfurter Umland
                                                    unterstützt wird?                                         Die Fragen stellte Luisa Quirin,
                                                                                                              IHK Frankfurt.

                                                       I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
B auen und Immobilien                                                           15

                                                                                          der ABG Frankfurt Holding Wohnungs-
                       „Viele Logistiker und Handelsunternehmen reagieren aktuell in      bau- und Beteiligungsgesellschaft, in
                       Rekordzeit auf die durch die Krise sich ändernden Rahmenbedin-     deren 53 000 Wohnungen ein Viertel
                       gungen und suchen zusätzliche Flächen.“                            der Frankfurter Bevölkerung lebt, hält
                       Christopher Raabe, Managing Director und Head of Logistics &       auch an seinen Plänen fest: „Wir setzen
                       Industrial, BNP Paribas Real Estate                                unser ambitioniertes Neubau-Programm
                                                                                          weiter um.“ Geplant seien in den nächs-
                                                                                          ten fünf Jahren 10 000 neue Wohnun-
Handelsunternehmen aktuell in Rekord-        Drittel unterboten und der langfristi-       gen, 2,8 Milliarden Euro würden inves-
zeit auf die durch die Krise sich ändern-    ge Durchschnitt um 41 Prozent unter-         tiert werden. Bezahlbarer Wohnraum
den Rahmenbedingungen und suchen             schritten. Ursachen seien das Wirt-          bleibe gefragt. Der ABG haben die ge-
zusätzliche Flächen.“                        schaftswachstum, das sich schon 2019         schlossenen Läden vor allem einen Um-
                                             abgeschwächt habe, und eine Dis-             satzeinbruch bei den firmeneigenen
In das erste Quartal 2020 war der            krepanz zwischen Angebot und Nach-           Parkhäusern beschert. Ob sich die feh-
Frankfurter Logistik- und Lagerflä-          frage, heißt es in einer Analyse der         lenden Einnahmen auf geplante Inves-
chenmarkt allerdings schon schwach           BNP Paribas Real Estate. Gefragt wa-         titionen in neue Wohnungen auswirken
gestartet. Mit einem Flächenum-              ren vor allem Spezialimmobilien, etwa        würden, das könne man aktuell noch
satz von 74 000 Quadratmetern wur-           Kühllager, die kurzfristig kaum verfüg-      nicht absehen. Die von der Bundesre-
de das Vorjahresergebnis um gut ein          bar waren. Treiber der Nachfrage in          gierung eingeräumte Möglichkeit, Mie-
                                             FrankfurtRheinMain waren die E-Com-          ten zu stunden, hätten mit noch nicht
                                             merce-Unternehmen.                           einmal einem Prozent allerdings nur er-
    HIHK-Positionspapier                                                                  staunlich wenige Mieter in Anspruch ge-
                                             Bezahlbarer Wohnraum ist gefragt             nommen, sagt Junker. „Offenbar ist die
    Das Positionspapier „Unternehmen                                                      finanzielle Not nicht so groß, und den
    brauchen Fachkräfte – Fachkräfte         Am wenigsten werden Wohnimmobilien           Mietern ist klar, dass sie die Mieten zu
    brauchen Wohnraum“ des Hessischen        unter der Krise leiden, sind sich Exper-     einem späteren Zeitpunkt zahlen müs-
    Industrie- und Handelskammertages        ten einig. Frank Junker, Geschäftsführer     sen.“
    (HIHK) zeigt anhand von drei Kernpunk-
    ten auf, wie mehr Wohnraum für Fach-
    kräfte geschaffen werden kann: Flächen
    strategisch entwickeln, Kosten des                              „Wir setzen unser ambitioniertes Neubau-Programm weiter um.“
    Wohnungsbaus reduzieren, die richtigen                          Frank Junker, Geschäftsführer, ABG Frankfurt Holding Wohnungs-
    Anreize setzen. www.frankfurt-                                  bau- und Beteiligungsgesellschaft
    main.ihk.de/publikationen
16                                                        FO KUS T HEM A

Blick in die Zukunft                            seinen zehn Baustellen in und um Frank-     und der steigenden Angst vor einer In-
                                                furt sei weitergebaut worden. „Die Bau-     flation, bleiben Wohnimmobilien oh-
Dieter Stahnke, Geschäftsführer von             trupps aus Osteuropa sind in der Region     nehin eine attraktive Anlageklasse“,
Jöst Bauunternehmen, welches in allen           geblieben und fahren jetzt, nach den Lo-    ist Greiner überzeugt. Vor allem bei
Immobiliensegmenten als Generalunter-
nehmer baut, blickt trotz der Turbulen-
zen ebenfalls optimistisch in die Zu-
                                                                     „Weder wackeln Finanzierungen bei unseren laufenden Projek-
kunft. „Weder wackeln Finanzierungen
                                                                     ten, noch halten sich die institutionellen Investoren bei Neuab-
bei unseren laufenden Projekten, noch
                                                                     schlüssen zurück.“
halten sich die institutionellen Inves-
                                                                     Dieter Stahnke, Geschäftsführer, Jöst Bauunternehmen
toren bei Neuabschlüssen zurück. Al-
les läuft noch wie gewohnt.“ Auch auf

                                                ckerungen im Grenzverkehr, wieder ab-       Wohnimmobilien mit hoher Konzept-
      IHK-Ausschuss Bau- und                    wechselnd nach Hause.“                      und Planungsqualität werde die Nach-
     ­Immobilienwirtschaft                                                                  frage hoch bleiben. Auch während der
                                                Niedriges Zinsniveau                        Finanzkrise sind laut IVD in Deutschland
     Der IHK-Ausschuss Bau- und Immobi-                                                     die Preise für Immobilien gestiegen.
     lienwirtschaft formuliert Strategien       Dass zumindest einzelne Segmente der
     und Lösungsansätze zu immobilienwirt-      Immobilienbranche recht ungeschoren         Stetiger Aufwärtstrend
     schaftlichen Themen und unterstützt        durch die Pandemie kommen könnten,
     politische Entscheidungsträger sowie       belegt auch die jüngste Analyse des         Dass die Pandemie nichts an dem in der
     betroffene Unternehmen. Themen-            Immobilienverbandes IVD. Am deut-           Baulandresolution formulierten Engpass
     schwerpunkte des Gremiums sind ins-        schen Wohnimmobilienmarkt habe es           ändert, darin sind sich die befragten
     besondere Megatrends in der Bau- und       bis einschließlich April weder bei den      Akteure der Bau- und Immobilienwirt-
     Immobilienwirtschaft, Stellungnahmen       Kaufpreisen noch bei Mieten größe-          schaft einig. „Trotz der aktuellen Krise
     zu aktuellen Gesetzen, Regularien und      re Auswirkungen gegeben. Bis Jahres-        müssen wir für die Zeit danach planen.
     Satzungen sowie Stadtentwicklung und       ende seien keine massiven Nachfra-          Die Probleme, die zuvor da waren, sind
     städtebauliche Projekte in Frankfurt und   geverluste oder Preiseinbrüche zu er-       ja nachher nicht weg“, ist Conzelmann,
     der Metropolregion. www.frank              warten. „Und angesichts des weiterhin       Vorsitzender des IHK-Ausschusses Bau-
     furt-main.ihk.de/ausschuesse               niedrigen Zinsniveaus am Kapitalmarkt,      und Immobilienwirtschaft, überzeugt.
                                                des nach wie vor knappen Angebots           Der Trend, dass die Menschen in die
B auen und Immobilien                                                         17

     D R EI FR AGEN A N

                          Thomas Horn, Direktor, Regionalverband FrankfurtRheinMain, über die
                          Beschleunigung von Planungsprozessen bei der Flächenaktivierung

     Herr Horn, was sind die Hemmnis-        Aufgrund der immer weiter verfei-       Für eine beschleunigte Umsetzung
     se bei der Aktivierung von Flächen      nerten Beteiligungsrechte für Bürger,   großer infrastruktureller Pionierpro-
     für Wohnen und Gewerbe?                 Fachbehörden und Verbände kann der      jekte wie dem Frankfurter Fernbahn-
     An erster Stelle stehen schwierige      am Gemeinwohl orientierte demokra-      tunnel bedarf es einer umfassenden
     Eigentumsverhältnisse, gefolgt von      tische Gestaltungsanspruch der Kom-     Reform: Beschleunigungsgesetze,
     Folgekosten für soziale und techni-     munalparlamente oftmals nicht mehr      Straffung des Rechtswegs und am
     sche Infrastruktur, einer erschwerten   ausreichend durchgesetzt werden.        Gemeinwohl orientierte gesetzliche
     politischen Entscheidungsfindung so-    Das Planungsrecht muss von einem        Vorfahrtsregeln. Das verkürzt auch
     wie der Berücksichtigung von Um-        Verhinderungs- wieder zu einem Ge-      die Planungszeiten.
     weltbelangen.                           staltungsrecht entwickelt werden.
                                                                                     Die Fragen stellte Ann-Kristin
     Wie können Planungsverfahren be-        Was heißt das für Großprojekte          ­Engelhardt, IHK Frankfurt.
     schleunigt werden?                      von überregionaler Bedeutung?

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18                                                            FO KUS T HEM A

Großstädte streben, bleibe aktuell. Die        Frankfurt stieg die Zahl der sozialver-                   Industrie will gar keine Stellen strei-
jüngsten Zahlen belegen einen steten           sicherungspflichtig Beschäftigten von                     chen. Und im Grundstücks- und Woh-
Aufwärtstrend.                                 rund 495 000 im Jahr 2000 auf zuletzt                     nungswesen seien es nur zwei Pro-
                                               gut 600 000 (2019). An diesem Trend                       zent, auf dem Bau drei Prozent. Im
Beschleunigter Strukturwandel                  werde sich trotz der Corona-Pandemie                      IHK-Bezirk Frankfurt waren Ende Juni

Ende vergangenen Jahres lebten fast
759 000 Menschen in Frankfurt, der
fünftgrößten Stadt Deutschlands, rund                                         „Trotz der aktuellen Krise müssen wir für die Zeit danach planen.“
138 000 mehr als zur Jahrtausendwen-                                          Jürgen Conzelmann, Vorsitzender, Ausschuss Bau- und Immobi-
de. Jahrelang florierte die Wirtschaft                                        lienwirtschaft, IHK Frankfurt
und schuf Stellen. Sie zog nicht nur
deutsche, sondern auch ausländische
Arbeitnehmer an den Main. Laut Jah-
resbericht der Wirtschaftsförderung            nichts ändern, ist auch IHK-Präsident                     2019 gut 26 000 Mitarbeiter im Bau-
                                               Caspar überzeugt: „Nach jeder Krise                       gewerbe beschäftigt. Und während
                                               kommt ein Aufschwung, der zusätzli-                       in Bayern insgesamt 22 Prozent der
     Frankfurt Fairmieten                      che Arbeitsplätze schafft, und die ent-                   Unternehmen Beschäftigte abbauen
                                               stehen vor allem in den Ballungsräu-                      wollen, sind es in Hessen laut ifo Insti-
     Das Programm „Frankfurt Fairmie-          men.“ Gleichzeitig beschleunige sich                      tut nur 16 Prozent.
     ten“ bietet in zahlreichen Frankfurter    der Strukturwandel. Für diesen sei die
     Stadtteilen Wohnungen für Menschen        Wirtschaftsregion FrankfurtRheinMain                      Falsche Signale
     mit mittleren Einkommen an. Dabei         mit ihren wachstumsstarken Branchen
     werden die Mieten nach dem jeweiligen     wie IT, Chemie und Pharma gut aufge-                      Die Baulandresolution und ein im Febru-
     Einkommen, der Haushaltsgröße und         stellt.                                                   ar veröffentlichtes Positionspapier des
     weiteren Faktoren individuell berechnet                                                             Hessischen Industrie- und Handelskam-
     und angepasst. Über ein neues Online-     Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt                         mertages zur Wohnraumpolitik haben
     portal beim Amt für Wohnungswesen                                                                   für Caspar deshalb nichts an Aktualität
     können Interessierte überprüfen, ob sie   Dazu passt die jüngste Meldung des                        eingebüßt. Im Gegenteil: „Die Immobi-
     förderberechtigt sind und zugleich auf    Münchner ifo Instituts. Weniger stark                     lienbranche kommt aus einer Boompha-
     dieser Plattform einen Überblick über     von Kündigungen bedroht sei etwa die                      se. Mit zunehmender Arbeitslosigkeit,
     passende Wohnungsangebote erhalten.       chemische Industrie, in der nur fünf                      Kurzarbeit, aber auch einigen Insolven-
     www.frankfurt-fairmieten.de               Prozent der Unternehmen Personal-                         zen wird die Nachfrage am Immobilien-
                                               abbau planten. Die pharmazeutische                        markt zumindest etwas sinken, und das

                                                  I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
B auen und Immobilien                                                             19

    Auf IT gebaut – Bauberufe mit Zukunft 2021

    Der Wettbewerb „Auf IT gebaut – Bauberufe mit Zukunft 2021“ des RKW-Kompetenzzen-
    trums startet in die nächste Runde: Azubis, Studierende, junge Beschäftigte und Start-ups
    der Wertschöpfungskette Bau können sich noch bis zum 9. November online bewerben.
    Prämiert werden innovative und praxisnahe Digitallösungen für die Bauwirtschaft in den
    Bereichen Architektur, Baubetriebswirtschaft, Bauingenieurwesen sowie Handwerk und
    Technik. Auch ein Sonderpreis Start-up wird ausgelobt. www.aufitgebaut.de

sorgt für Verunsicherung.“ Umso wichti-           Wohnungsbaus reduzieren sowie richti-
ger sei es, jetzt an die Deregulierung zu         ge Anreize setzen.
gehen. Aus der Politik kämen jedoch die
falschen Signale.                                 Planungsverfahren beschleunigen

Der jüngst verabschiedete sogenannte              Um Flächen für Wohnen und Gewerbe
„Frankfurter Baulandbeschluss“, wonach            strategischer zu entwickeln, schlägt der
Investoren nur noch 30 Prozent der Flä-           HIHK den Aufbau eines Flächenmonito-
che frei bebauen dürfen, sei ein Instru-          rings vor, um einen Überblick über Bau-
ment zur Einschränkung des Wohnungs-              tätigkeiten und bestehende Potenzial-
baus, da die vielen Hemmnisse abschre-            flächen zu erhalten. Auch Verdichtungs-
ckend wirken. „Der Beschluss wurde im             potenziale seien zu nutzen, durch mehr
Boom geboren und kommt jetzt in einer             Geschosse und eine höhere Geschoss-
rezessiven Phase zur Umsetzung. Das               flächenzahl. Viel zu langwierig seien
passt einfach nicht zusammen“, stellt             schließlich die Planungs- und Genehmi-
Greiner fest. Auch die IHK Frankfurt hat-         gungsverfahren. „Im Moment kann es
te sich deshalb für eine Verschiebung             vorkommen, dass es fünf bis 15 Jah-
ausgesprochen, allerdings vergeblich.             re dauert, bis aus Rohbauland baureifes
„Verbotspolitik schafft keinen bezahlba-          Land mit einer Baugenehmigung für ein
ren Wohnraum“, kritisiert Conzelmann.             Projekt wird“, heißt es. Arbeitsabläufe in
                                                  den Ämtern müssten standardisiert und
Die richtigen Akzente setzen                      Fachpersonal in den Genehmigungsbe-
                                                  hörden aufgebaut werden.
„Auch andere Regelungen wie die Mi-
lieuschutzsatzung, die Vorschriften               Günstiger könnte der Wohnungsbau
beim Ausbau von Dachgeschossen oder               durch eine Senkung der Grunderwerb-
bei der Nachverdichtung ebenso wie                steuer sein, die mit sechs Prozent die
Mietpreisbremse oder der jüngst vom               zweithöchste unter den Bundesländern
Berliner Senat beschlossene Mieten-               ist, sowie durch das Absenken kosten-
deckel sind nicht kompatibel, erst recht          intensiver Baustandards und das Um-
nicht in einer Krise“, ergänzt Caspar. An         setzen von Modellprojekten. Zu sinn-                         D IE AU TO R IN
Konzepten, wie man die Herausforde-               vollen Instrumenten zählt der HIHK
rungen meistern kann, mangelt es kei-             beispielsweise das Kommunale Inves-
nesfalls. In einem im Februar veröffent-          titionsprogramm auf. Viel Zeit bleibt
lichten Positionspapier „Unternehmen              nicht. Unternehmer wie Greiner und
brauchen Fachkräfte – Fachkräfte brau-            Stahnke beobachten schon heute, dass
chen Wohnraum“ formuliert der Hessi-              immer mehr Investoren sich von Frank-
sche Industrie- und Handelskammertag              furt abwenden und den Blick ins Um-                            Eli Hamacher
(HIHK) zahlreiche Vorschläge. Im Kern             land oder gleich ins benachbarte Aus-                      Wirtschaftsjournalistin,
geht es um drei Forderungen – näm-                land und zwar nach Österreich oder in                       Moderatorin, Berlin
lich Flächen entwickeln, Kosten des               die Schweiz wenden.                                        eh@elihamacher.de

                                                      I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
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                                                                                                                                              Foto: Picture Alliance / Arne Dedert
Neubauten im Frankfurter Europaviertel.

                                               WO HNUN GS B AUP O L I T IK

   „Wir benötigen positive Signale“
                  Ein Gespräch mit Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frankfurt, und Mike Josef, Stadt-
                 rat und Planungsdezernent der Stadt Frankfurt, über das Zusammenwirken von Poli-
                       tik und Wirtschaft bei der Baulandentwicklung und Flächenmobilisierung.

Frankfurt verzeichnete in den vergange-     steht aber, dass der Frankfurter Woh-                    Durch die Pandemie haben sich die
nen Jahren enorme Einwohnerzuwäch-          nungsmarkt immer noch von Engpäs-                        Rahmenbedingungen für die Wirtschaft
se, wodurch die Nachfrage nach Wohn-        sen geprägt ist – insbesondere im be-                    gravierend verändert. Alles deutet auf
raum entsprechend gestiegen ist. Wie        zahlbaren beziehungsweise preiswer-                      ein rezessives Marktumfeld hin, das
stellt sich aus Ihrer Sicht die Situation   ten Segment.                                             auch auf den Immobilienmärkten Spu-
auf dem Wohnungsmarkt in der Stadt                                                                   ren hinterlassen wird. Welche Auswir-
dar?                                        CASPAR Im gesamten Bezirk der IHK                        kungen hat dies auf die Wohnungsbau-
JOSEF Das hängt stark davon ab, wie         Frankfurt sind seit der Jahrtausend-                     politik beziehungsweise -strategie der
viel Geld ein Wohnungssuchender in          wende knapp 170 000 neue Stellen                         Stadt?
der Tasche hat. Der Wohnungsmarkt           ­entstanden. Hinzu kommen in Sum-                        JOSEF Wir alle wissen, dass Progno-
boomt jedenfalls. Seit 2016 wurden           me fast 144 000 Einwohner. Zum Ver-                     sen ihre Eigenheiten haben. Aus heu-
insgesamt 24 000 Baugenehmigun-              gleich: Zwischen 2000 und 2018 wur-                     tiger Sicht besteht für uns jedenfalls
gen erteilt und über 15 000 Wohnun-          den in Frankfurt und den beiden Land-                   kein Anlass, von dem eingeschlagenen
gen fertiggestellt. Bezogen auf die          kreisen Hochtaunus und Main-Taunus                      Kurs abzuweichen. Nach wie vor ist es
vergangenen zehn Jahre haben wir             rund 71 000 Wohnungen gebaut. Wir                       unsere zentrale Aufgabe, ein quantita-
bei der Anzahl der genehmigten Woh-          sehen also nach wie vor erheblichen                     tiv und qualitativ ausreichendes Ange-
nungen 2018 den besten und 2019              Bedarf an Wohnraum, vor allem für                       bot an Wohnraum zu schaffen. Denn
den drittbesten Wert erreicht. Fest          dringend benötigte Fachkräfte.                          2019 verzeichneten wir einen Zuwachs

                                              I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
B auen und Immobilien                                                                          21

                       von 11 000 Einwohnern. Hinzu kommt                       Insbesondere die Berechnungen nach-                        Baulandbeschluss vernünftige Rahmen-
                       noch der Nachfrageüberhang aus den                       zuvollziehen beziehungsweise aufgrund                      bedingungen für die Bodenentwick-
                       vergangenen Jahren. Es ist also gera-                    der Vorgaben ein Projekt überhaupt kal-                    lung haben und gleichzeitig Transparenz
                       de jetzt wichtig, preiswerten Wohnraum                   kulieren zu können, bereitet den Projekt-                  herstellen. Denn damit sind die formu-
                       zu schaffen – und zwar nicht nur im ge-                  entwicklern erhebliche Schwierigkeiten.                    lierten Anforderungen für alle gleich.
                       förderten, sondern insbesondere im frei                  Hinter vorgehaltener Hand heißt es mit-                    Gleichwohl haben und werden wir wei-
                       finanzierten Bereich. Der Baulandbe-                     unter, der Beschluss sei „nicht zu Ende                    terhin mit den Marktteilnehmern gezielt
                       schluss zielt genau darauf ab.                           gedacht“, die Stadt sei „zu gierig“. Kön-                  das Gespräch suchen. Ich habe großes

                                                                              „
                                                                                nen Sie die Kritik nachvollziehen?                         Interesse daran, es immobilienökono-
                       Teilt die IHK Frankfurt diese Einschät-                  JOSEF Die Erfahrungen, die andere                          misch nachzuvollziehen, wenn jemand
                       zung?                                                    Städte mit der Einführung einer sozial                     auf dem Standpunkt steht, die Anforde-
                       CASPAR Grundsätzlich begrüßen wir                        gerechten Bodennutzung gemacht ha-                         rungen seien zu hoch, das Projekt wür-
                       eine aktive Baulandausweisungs- und                      ben, zeigen, dass es bei weitreichenden                    de sich nicht mehr rechnen. Aber noch
                       Wohnbauförderungspolitik der Stadt,

                                                                                                Stadtplanung muss man
                       sofern diese zu einer erhöhten Neubau-
                       tätigkeit führt. Moderate und realisierba-
                       re Quotenmodelle zur Schaffung von ge-
                       förderten Wohnungen müssen ja nicht
                                                                                                langfristig denken“
                       per se falsch sein. Im sogenannten Bau-                                                            Mike Josef, Planungsdezernent, Stadt Frankfurt
                       landbeschluss – es handelt sich ja um
                       eine Wohnbaueinschränkung – sehen                        Veränderungen ganz normal ist, wenn                        mal: Der Baulandbeschluss ist nur ein
                       wir allerdings keinen Beitrag für eine zu-               es anfangs ruckelt. In München hat die                     Instrument von vielen, das wir einset-
                       kunftsorientierte Baulandpolitik. Ganz                   Debatte fünf Jahre gedauert und trotz-                     zen, um planungs- und wohnungspoli-
                       im Gegenteil.                                            dem wurde nicht aufgehört zu bauen.                        tisch gegenzusteuern.
                                                                                Ich bin da ganz pragmatisch. Sicherlich
                       Beim Baulandbeschluss scheiden sich                      müssen wir evaluieren, was sich be-                        CASPAR Uns geht es um mehr und
                       die Geister. Er sorgt in der Immobi-                     währt und was nicht. Es wird seine Zeit                    auch günstigen Wohnraum. Aus Sicht
                       lienbranche nicht nur für Verunsiche-                    brauchen, bis sich das einspielt. Ent-                     der IHK wird diese – nicht mehr in die
                       rung, sondern auch für Unverständnis.                    scheidend ist jedoch, dass wir mit dem                     Zeit passende – Überregulierung viele
                                                                                                                                           Investoren hindern, in Frankfurt Woh-
                                                                                                                                           nungen zu bauen. In München wurde
Foto: Stefan Krutsch

                                                                                                                                           zwar nicht aufgehört zu bauen, aber er-
                                                                                                                                           heblich zu wenig, da viele Investoren
                                                                                                                                           stattdessen im Umland investieren. Das
                                                                                                                                           Ergebnis sind die bundesweit höchsten
                                                                                                                                           Mieten. Von München lernen, heißt aus
                                                                                                                                           Fehlern lernen. Die Vorgaben zu preis-
                                                                                                                                           reduzierten Wohnungen führen zu Ein-
                                                                                                                                           nahmeverlusten, die an anderer Stelle –
                                                                                                                                           über eine Erhöhung der Preise für die
                                                                                                                                           frei finanzierten Wohnungen – kompen-
                                                                                                                                           siert werden müssen. Das erhöht sogar
                                                                                                                                           noch die Mieten im Mietspiegel.

                                                                                                                                           Sie stimmen sicherlich darin überein,
                                                                                                                                           dass die Lösung des Wohnungsprob-
                                                                                                                                           lems im Boden liegt. Bauland ist aber
                                                                                                                                           gerade in Frankfurt der limitierende
                                                                                                                                           Faktor. Wie realistisch ist es, dass in-
                                                                                                                                           nerhalb der nächsten zehn Jahre im
                                                                                                                                           Frankfurter Nordwesten neuer Wohn-
                                                                                                                                           raum entsteht?
                       Mike Josef, Stadtrat und Planungsdezernent, Stadt Frankfurt: „Wir wollen das Wachstum der Region mit ihr ge-
                       meinsam gestalten.“

                                                                                    I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
22                                                                          FO KUS T HEM A
Foto: Stefan Krutsch

                       Ulrich Caspar, Präsident, IHK Frankfurt: „Nach dem Ende der Krise benötigen wir positive Signale, die zur Investi-
                       tionsbereitschaft auf dem Wohnungsmarkt beitragen.“

                       JOSEF Ich gehe fest davon aus, dass                        Wohnraum und Infrastruktur entstehen
                       wir dort den neuen „Stadtteil der Quar-                    soll. Wir wollen das Wachstum der Re-
                       tiere“ entwickeln.                                         gion jedenfalls mit ihr gemeinsam ge-

        „
                                                                                  stalten. Mit einem konkreten gemein-
                       CASPAR Es gibt eine Knappheit an Bau-                      samen Projekt, beispielsweise westlich
                       land. Wir begrüßen deswegen auch den                       der A 5, könnte man deutlich machen,
                                                                                                                                                        IHK O NL INE
                       geplanten neuen „Stadtteil der Quartie-                    dass wir alle im selben Boot sitzen. Dies
                       re“. Wir brauchen aber mehrere solcher                     kann auch im Rahmen einer Internatio-
                       Gebiete in Frankfurt und in der Region.                    nalen Bauausstellung erfolgen.                                        Die ausführliche Version
                                                                                                                                                        des Interviews können
                                      Deregulierung wäre jetzt                                                                                          Sie online nachlesen:

                                      das Gebot der Stunde“                                                                                   www.frankfurt-main.ihk.de/­
                                                                                                                                              wohnungsbau
                                                                           Ulrich Caspar, Präsident, IHK Frankfurt

                       Herr Josef, wird es eher die große oder                    Herr Caspar, was erwartet die IHK beim
                       die kleine Lösung geben?                                   Thema Wohnraumversorgung jetzt ganz
                       JOSEF Stadtplanung muss man lang-                          konkret von den politischen Akteuren?
                       fristig denken. Die Entwicklung des In-                    CASPAR Um den Herausforderungen
                       tegrierten Stadtentwicklungskonzepts                       auf dem angespannten Wohnungsmarkt                                    IN T ERV IE W
                       2030+ hat gezeigt, dass die Möglichkei-                    zu begegnen, muss sich das Angebot
                       ten innerhalb der Stadt begrenzt sind.                     durch die Ausweisung von mehr Bau-
                       Wir werden also im östlichen Teil anfan-                   land und mehr Baurecht erhöhen. Vor
                       gen. Es ist allerdings nur eine Frage der                  allem nach Ende der Krise benötigen
                       Zeit und der weiteren Bevölkerungsent-                     wir positive Signale, die zur Investitions-
                       wicklung, ob und wann auch der west-                       bereitschaft auf dem Wohnungsmarkt
                       liche Teil entwickelt wird. Es kann aber                   beitragen. Deregulierung wäre jetzt das                               Alexandra May
                       nicht sein, dass das Umland nur Gewer-                     Gebot der Stunde, viele Satzungen kom-                      Immobilienökonomin (EBS), Wiesbaden
                       beflächen ausweist und in Frankfurt der                    men noch aus einer anderen Zeit.                               office@alexandra-may.com

                                                                                       I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
B auen und Immobilien                                                                     23

Fotos: Jochen Müller

                       Berufe im Baugewerbe haben Zukunft und bieten Karrierechancen.

                                                                                        FACHK R Ä F T EM A N GEL

                             Das Branchenimage fördern
                                               Die Coronakrise versetzt der Bauwirtschaft auch in FrankfurtRheinMain
                                            einen D
                                                  ­ ämpfer. Die Nachwuchsgewinnung vor Ort gewinnt daher zunehmend
                                               an B­ edeutung. Ein Beispiel hierfür ist die „Initiative Zukunft Fachkraft“.

                       Bis zum Frühsommer 2016 lief die Bau-                 Fachkräftemangel bleibt Toprisiko                          an Fachkräften als Risiko an. Am meis-
                       konjunktur relativ gleich zur allgemei-                                                                          ten hatte darunter das Baugewerbe zu
                       nen Konjunkturentwicklung und partizi-                Der IHK-Konjunkturklimaindex lag zum                       leiden (71 Prozent). Erst mit Abstand
                       pierte am konjunkturellen Aufschwung                  Jahresbeginn für die regionale Wirt-                       folgten die personenbezogenen Dienst-
                       nach der Finanzkrise im Jahr 2009. An-                schaft bei 115 Punkten. Die regiona-                       leister (64 Prozent), das Gastgewerbe
                       schließend fand im Herbst 2016 die                    le Bauwirtschaft übertraf diesen Bran-                     (62 Prozent) und der Einzelhandel (58
                       positive Entkopplung statt: Seitdem                   chendurchschnitt mit 130 Punkten                           Prozent).
                       verläuft die Konjunkturentwicklung im                 deutlich. Der Fachkräftemangel war zu
                       regionalen Baugewerbe ununterbro-                     diesem Zeitpunkt das Toprisiko für die                     Zu Beginn der Coronakrise z­eigte sich
                       chen oberhalb des gesamtwirtschaft-                   weitere wirtschaftliche Entwicklung in                     auch das Baugewerbe betroffen. Aber
                       lichen Durchschnitts im IHK-Bezirk                    der Region. Jedes zweite Unterneh-                         schon zu diesem Zeitpunkt war die Be-
                       Frankfurt.                                            men (49 Prozent) führte die Knappheit                      troffenheit im Vergleich zum gesamt-

                                                                                 I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
24                                                                         FO KUS T HEM A

                                                                                                                      Praktische Einblicke

                                                                                                                      Neben der Aufrechterhaltung der Aus-
                                                                                                                      bildung in Krisenzeiten spielt die beruf-
                                                                                                                      liche Orientierung an den Schulen wei-
                                                                                                                      terhin eine große Rolle. Die positive
                                                                                                                      Imagebildung über die Möglichkeiten im
                                                                                                                      Baubereich wird von Unternehmen und
                                                                                                                      Verbänden weiter forciert. Ein erfolgrei-
                                                                                                                      ches Beispiel aus der Region ist die „Ini­
                                                                                                                      tiative Zukunft Fachkraft“ von Thomas
                                                                                                                      Reimann, Vorstandsvorsitzender, Alea.
                                                                                                                      Sie wird unter anderem von der IHK
                                                                                                                      Frankfurt unterstützt. Über praktische
                                                                                                                      Einblicke wird den Schülern bereits früh
                                                                                                                      ein Einblick in die verschiedenen beruf-
Die „Initiative Zukunft Fachkraft“ hat sich zum Ziel gesetzt, junge Menschen für Bauberufe zu begeistern.             lichen Entwicklungs- und Karrieremög-
                                                                                                                      lichkeiten im Baugewerbe gegeben.
wirtschaftlichen Durchschnitt und an-                      wirtschaftliche Grundlage einem hö­
deren Branchen relativ gering. So kam                      heren Risiko wie derzeit ausgesetzt ist.
eine DIHK-Blitzumfrage Ende März zum                       Umso wichtiger ist die Aufrechterhal-
Ergebnis, dass 81 Prozent der teilneh-                     tung der staatlichen Auftragsvergabe
menden Unternehmen mit einem Um-                           als stabilisierender Faktor am Markt.
satzrückgang in 2020 gegenüber 2019
rechneten. Das Baugewerbe zeigte mit                       Verzögerungen auf Baustellen
einem Anteil von 72 Prozent eine gerin-
gere, wenn auch ebenfalls hohe Betrof-                     Trotz der möglichen Fortführung der Bau-
fenheit.                                                   stellen zeigt die Coronakrise weiterhin
                                                                                                                                  IHK O NL INE
                                                           Auswirkungen. Lieferketten stehen ver-
Stabilisierender Faktor                                    mehrt unter Druck. Auf den Baustellen
                                                           selbst kommt es durch die verschärften                     Weitere Infos über das Projekt „Initia-
Die Entscheidung der Bundesbehörden,                       Hygienebestimmungen wie Abstands-                          tive Zukunft Fachkraft“ gibt es beim
dass die Baustellen im Hoch-, Straßen-                     regelungen zu Verzögerungen. Von                           BDB Bund Deutscher Baumeister,
und Wasserbau im Zuge des Herunter-                        Schwierigkeiten beim Personaleinsatz                       Architekten und Ingenieure Hessen:
fahrens der Wirtschaft offen gehalten                      sind insbesondere größere Konzerne mit
werden, und deren offizielle Verkündung                    (ausländischen) Nachunternehmen be-                        https://bdb-baumeister.de
fielen auf das Ende des DIHK-Befra-                        troffen. Hier machen sich die Einschrän-                        Initiative Zukunft Fachkraft
gungszeitraumes Ende März. In einer                        kungen beim Grenzübertritt bemerk-
vier Wochen später veröffentlichten Um-                    bar. Viele Bauarbeiter aus dem Ausland
frage des Zentralverbandes des deut-                       können aufgrund der Einschränkungen
schen Baugewerbes lässt sich daher be-                     beim Grenzübertritt nicht oder nur einge-
reits eine deutliche Besserung in den                      schränkt zu den Baustellen anreisen.
Zahlen ablesen: Demnach berichteten
zu diesem Zeitpunkt rund 30 Prozent der                    Die Bauwirtschaft ist in dieser Zeit mehr                              D ER AU TO R
teilnehmenden Bauunternehmen von                           als zuvor auf die Ausbildung des eige-
einem aktuellen Umsatzrückgang.                            nen Nachwuchses vor Ort angewiesen.
                                                           Das Baugewerbe kann ein wichtiges
Einen deutlichen Einbruch, etwa am                         Zugpferd beim Weg aus der Krise sein,
Wohnungsmarkt, erwarten Immobilien-                        benötigt hierfür jedoch gut ausgebilde-
ökonomen indessen nicht. Die Unter-                        te Fachkräfte. So betonen die Branchen-
nehmen und Privatpersonen werden                           verbände die Bedeutung der dualen                                   Simon Peschges
ihre Investitionen in Immobilien jedoch                    Ausbildung und insbesondere der Aus-                            Chefvolkswirt, IHK Frankfurt
nach unten anpassen, wenn die eigene                       bildungszentren gerade in diesen Zeiten.                    s.peschges@frankfurt-main.ihk.de

                                                               I H K W i r t s c h a f t s F O R U M 0 7| 0 8 . 2 0
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